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DENKSCHRIFTEN
DER
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KÖNIGLICHEN
ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU MÜNCHEN.
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DENKSCHRIFTEN
DER
KÖNIGLICHEN
AKADEMIEDERWISSENSCHAFTEN
ZU MÜNCHEN
FÜR DIE JAHRE
I8SII uno 1812.
— Zen Dunn de
AGERON,
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MÜNCHEN,
auf Kosten der Akademie. ‚ı8ı2.
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Geschichte der Akademie
in den Jahren ı$8ıı und 1812.
a. Vorerinnerung, 4 : . - e 3 p-L
. Oeffentliche Versammlungen, . er
. Allgemeine Versammlungen, - p: X
. Philologisch- philosophische Classe, und ihr Attribut,
das Antiquarium, : e - - = p- XV.
. Mathematisch-physikalische Classe und die ihr bey-
geordneten Attribute, 2 . . : p- XVL
. Historische Classe und ihr Attribut, das königl.
Münzkabinet, . 4 e A F p- XXXL
. Preisaufgaben, . - h . E . . p- XXXIX,
. Veränderungen im Personal, und biographische
Denkmale verstorbener Mitglieder, . . p. XLV.
Abhand-
.Abhandlungen*)
Classe der Mathematik und Physik.
ı. Ueber die Pristleyische grüne ‚Materie, von Fr. v. P.
SCHRANK. . . . . . . h - UND
2. Kritische Uebersicht der einzelnen Arten aus der Gattung
von Eidechsen, welche nach Schneider Wandkletterer,
nach Linne Geckonen heifsen, von J. G. ScHNEIDER
zu Frankfurt a. d. O. £ ü . R > . pP. 33
(Hierzu Tab. I.)
3. Abbildungen und Beschreibungen einiger Fische aus Ja-
pan und einiger Mollusken aus Brasilien, welche bey
Gelegenheit der ersten rufs. kaiserl. Erdumseglung le-
bendig beobachtet wurden, v. Dr. Tıresıus in St. Pe-
sersburg, Naturalisten der Expedition, . Kr San U
(Hierzu Tab, 1I. II. IV.)
4. S. Th. Sömmeenms über einen Ornithocephalus, , ep
(Hierzu Tab, V. VI. VI.)
5. Tanypus, eine neue Vogelgattung, von Mich. Orrzt, . p. 159
(Hierzu. Tab. VII )
6. LA. H. Reımanus M.D. et Prof. Hamburgensis, de cerebro
et nervis commentariolus, - - - Si DD ROT
7. Curtii Sprenger, Professoris Hallensis dissertatio de Ger-
manis rei herbariae patribus, . ® 5 a . P- 185
8. Omphalodes, eine wiederhergestellte Gattung, von Fr.v.P.
ScHRANK, - q r e & a A ee,
9.
®) Darüber, dafs in diesem Bande keine Abhandlungen der philologisch - philosopki-
schen Classe erscheinen, siehe gleich weiter unten Geschichte der Akademie, Vor-
erinnerung, p. 1.
9. Memoire sur plusieurs nouvelles varistes de Jormes de-
terminables de topaze; p. J. A. Moxteıno. r A
(Hierzu Tab. IX. X, XI.)
ı0. Bemerkungen über die Eigenthümlichkeit der Ameisen-
säure, A. F. Genen. s A 4 3 : A
(Hierzu Tab. XII.)
11. S. Th. Sönmerring Versuche und Betrachtungen über die
Verschiedenheit der Verdünstungen des Weingeistes
durch Häute von Thieren und Federhazen. .
ı2. Ueber die blauen Schatten, von Fr. v. P. Scarask. .
13. Physisch - mathematische Abhandlung über die Bewegung
des Wassers in offenen Canälen von C. Christian
Las6sporr zu Heidelberg. . : - . -
_ (Hierzu Tab. XIII.)
14. Altitudines Massiliae, Manheimü, Ratisbonae, Monachi,
St. Andex, Tegernsee et Montis St. Gotthardi supra
libellam maris mediterranei ope barometricarum et
thermometricarum observationum determinatae ab
Ab. Gel. Kınner. . - A x Fr 3 2
15. De positu basis et retis iriangulorum impensa regis per
totam Bojoariam porrectorum ad meridiarium spe-
culae astronomicae regiae relato azimuthis observa-
tis et ad calculos revocatis nunc primum_ definito
a C. F. Seyrrer. . ; . 2 e en
Glasse der Geschichte.
Die Fereinigung des baierischen Staates aus den einzelnen
‚Bestandtheilen der ältesten Stämme, Gauen und-Ge-
biete, historisch entwickelt von Carl Heinr. Lanc.
Erste Abtheilung . 5 . £ R . .
( Hierzu. eine. Landkarte.)
m —
p- 223
Pp- 243
P- 273
P- 293
P- 313
p- 437
p- 499
Ver-
Verzeichnifß
der
zu diesem Bande gehörenden Kupfertafeln.
u
Tab. I. gehört zu der Abhandlung — p. 3ı.
Tab. I
Tab. II gehören — =
ab. IV.
Tab. V
Tab. VI
Tab. VII.
Tab. VII. gehört zu der Abhandlung
Tab. IX.
Tab. X. gehören zu der Abh.
Tab. XI.
Tab. XII. gehört zu der Abhandlung
Tab. XIO. — _-—-..—-
gehören — —_
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71.
89.
199.
223.
243.
313.
Die Landkarte gehöret zu der historischen Abhandlung des königl.
Reichs - Archivdirectors u. geh. Refer. Lang.
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Geschichte der Akademie
in den Jahren ı8ıı und 1812.
nn
ea) Vorerinnerung
Dem zu Folge, was dem vorhergehenden Bande der Denkschriften,
der die Jahre ıg09 und ıo umfalst (pag. II.) vorausgeschickt wurde,
sollte für das Jahr 1grı wieder ein eigner Band erscheinen, und jenes
- Zusammenfassen zweyer Jahre nur als eine Ausnahme angesehen
werden. Indefs ist auch dieser neue Band so stark geworden, und die
Vollendung desselben hat sieh durch mancherley Hindernisse des
Druckes, der Kupferstiche und Illuminirung so weit hinausgeschoben,
dafs auch er wieder zwey Jahre umfassen muls. Der Reichthum an
Abhandlungen aus dem Gebiete der zweyten Classe, welche auf baldi-
ge Bekanntmachung Anspruch machten, ist zugleich Ursache, dafs die
historische Klasse nur einen einzigen Beytrag dazu geliefert hat, und
die philologisch - philosophische für diesesmal ganz auf den ihr gebüh-
renden -Raum verzichtete. Für 1813 soll unfehlbar wieder ein eigner
Band erscheinen.
I Geschichte
6b) Oeffentliche Versammlungen.
Die neunte, seit der Erneuung der Akademie gehaltene öf-
‚fentliche Versammlung fiel auf den 28. März 1811. Der Gen Secret.
zeigte an, dafs jetzt, bey Ablauf.des Termins, sechs Preis wer-
bende Biographien Kaiser Ludwigs des Baiern eingelaufen wären,
und dafs der Ausspruch in der öffentlichen October-Sitzung erfol-
gen solle. — Darauf gab der Freyherr von Moll in einer Vor-
lesung eine Uebersicht über den grofsen Zuwachs, den das natur-
historische Fach der Central-Bibliothek und das akademische Mu-
seum der Naturgeschichte selbst durch eine reiche Auswahl von Bü-
chern und Naturalien so eben aus den berühmten Sammlungen des
Ritters von Cobres in Augsburg erhalten hatte. ‚„‚Das Vaterland, hiefs
es, war in Gefahr, Seltenheiten von grolsem Werthe an Naturalien
und naturhistorischen Büchern zu verlieren. Während eines Zeitraums
von 40 Jahren hatte sie ein Privatmann mit einem Aufwande, mit ei-
nem Sammlungs-Eifer, mit einem Glücke, die nur selten Eıner aus
ganzen Generationen verbindet, zusammengebracht. Die Sammlung
des Ritters von Cobres in Augsburg — welcher Botanist kennt nicht
die Cobresia! — war seit lange ein Gegenstand der Bewunderung al-
ler Reisenden von Bildung. Seine naturhistorische Bibliothek war
wohl als solche die Königin unter den .Privatbibliotheken des Continen-
tes; vielleicht gewann in Europa nur die Banksische im Wettstreite
mitihr. Deutsche Naturforscher kannten sie mehr durch den Edel-
muth, womit der Besitzer die seltensten und kostbarsten Werke in
grolse Fernen mittheilte, als durch die Deliciae Cobresianae, in
welchen gewils nur der dritte Theil dieses naturgeschichtlichen Bücher-
schatzes verzeichnet ist. — „Gehemmt in der Vermehrung und Ergän-
zung
der Akademie, IH
zung seiner naturhistorischen Schätze während der letzten 20 Jahre
durch die drückenden Lasten des Krieges und bis in sein 63stes Jahr
vorgerückt, entschlofs er sich zu dem Verkauf seiner Bücher und
Naturalien.“ — Es war schon seit zwey Jahren davon die Rede
gewesen, den Verkauf dieser grolsen Privatsammlungen zur Bereiche-
rung der königlichen nicht unbenutzt zu lassen; allein der Erwerb
des Ganzen war deshalb nicht ausführbar, weil die königliche Biblio-
thek und Naturaliensammlung auf diese WVeise mit einer Menge
Doppelstücken wäre überladen worden. Jetzt, wo der Besitzer den
Verkauf im Einzelnen öffentlich ausbot, entschlofs sich Sr. Königl.
Hoheit, der Kronpringe, der Akad. d. Wiss. durch eine Urkunde vom
5. März, ein Geschenk mit einer um zwölf Tausend Gulden aus
den Cobresischen Sammlungen erkauften Auswahl zu machen, nem-
lich mit mehr als zweytausend Nummern prächtiger, seltener oder
sonst überhaupt zur Ergänzung des Faches der Naturgeschichte in der
k. Centralbibliothek dienender Bücher, und einer Folge von 530 Stücken
der ausgezeichnetsten Naturalien, — eine glänzende Bereicherung, diein
den Annalen der Akademie und der ihr anvertrauten grolsen Samm-
lungen unvergelslich seyn wird.
Hr. Dr. Schrank gab hierauf in einer Vorlesung Nachricht
von Wiederholung der Versuche über die Phosphore, welche
von Beccari bereits gegen das Ende der ersten Hälfte des verflos-
senen Jahrhunderts angestellt, allenthalben mit Bewunderung aufge-
nommen, aber weder hinlänglieh erwogen, noch nachgemacht wur-
den. Er suchte durch Mittheilung seiner Versuche und Erörterun-
gen nicht blos die von ihrem ersten Entdecker nicht ganz entwickel-
a*® : ten
av Geschichte
ten Erscheinungen besser aufzuklären, und den Unterschied zwi-
schen wahren Phosphoren, dergleichen der Bologneserstein, der Dia-
mant u. a. sind, und den kurzleuchtenden Beccarischen deutlicher
anzugeben, sondern auch zur Bestätigung .der Lehre beyzutragen:
dafs das Licht nicht Ausfluls, sondern Wirkung leuchtender Körper
sey. (Diese Abhandlung findet sich abgedruckt in dem Magazin der
Berliner Gesellschaft naturforschender Freunde. Fünfter Jahrgang.
P- 145.)
Die nun folgende Vorlesung des Hrn. Can. Imhof handelte
von den Wirkungen des Schiefsens als Mittels gegen die Gewitter
und ‚besonders gegen den Hagel. — Vor 25 Jahren legte die Aka-
demie den Naturforschern eine Preisfrage über die Wirkung des
Abfeuerns des Geschützes auf heranziehende Wetterwolken vor. Die
zu Gunsten des Schielsens verfalste Abhandlung des würdigen bai-
rischen Gelehrten und Akademikers, Hrn. Placidus Heinrich, er-
hielt einstimmig den Breis. Der Mifsbrauch und manche üble Fol-
gen des Wetterschiefsens bey vielen Dorfgemeinden hatten indels
das Verbot desselben bewirkt; mehrere solcher Gemeinden gaben
dringende Bittschriften ein, dals es wieder erlaubt werde. Das Gut-
achten hierüber, das der Akademie abgefordert wurde, war die‘
nächste Veranlassung dieser Abhandlung des Hrn. Imhof. DerVer-
fasser giebt Kunde von den Versuchen, die er zu diesem Zwecke
angestellt hat, und zieht daraus die Folge, dafs weder eine chemi-
sche noch mechanische Wirkung des Schiefsens auf Gewitterwolken
Statt finde. (Die Abhandlung wurde im Formate der Denkschriften
besonders gedruckt. München, 1811. 24 Seiten.)
B In
der Akademie, Yv
K
* *
In der roten öffentlichen Sitzung, am 12. Oct. 1811, hielt
Dir. Schlichtegroll zur Feyer des Namenstages Sr. Kön. Maj,
eine ‚Vorlesung „über die Geschichte des Studiums der alten Münz-
kunde.“ — Dann wurde durch den Präsidenten der Ausspruch der
Akademie über die preiswerbenden Biographien Ludwig des
Baiern bekannt gemacht. (S. den vorhergehenden Band, Gesch.
d. Ak. p. XXXIX.) Unter den sieben eingelaufenen Schriften war
der mit dem Spruche: Quamgtam o! der Preis zuerkannt worden;
einer anderen, mit dem Spruche: Hic pius etc, eine Belohnung
von dreylsig Ducaten, mit dem Zusatze „sie solle, da sie eine sehr
schätzbare chronologisch geordnete Sammlung von Materialien. ent-
halte, auch gedruckt werden, wenn sie zuvor durch die Urkunden
‚des k. Archivs ergänzt seyn würde.“ — Nachdem der Hofr. Breyer
'einen gedrängten Auszug aus der gekrönten Schrift, mit Angabe
der Vorzüge derselben vorgelesen hatte, — es traf sich, dafs diese
Feyer des Andenkens des grofsen Kaisers gerade an dem Tage be-
'gangen wurde, an welchem er vor 465 Jahren gestorben war, — wurden
die beyden Devisen entsiegelt, und darauf bekannt gemacht, dafs der
Verfasser der gekrönten Schrift Hr. Conrad Mannert, königl. Hof-
rath und Professor in Landshut; — der Verfasser der zweyten Schrift,
Hr. Roman Zirngiebl, königl. geistlicher Rath und Archivar in
Regensburg, sey.
(Die gesammten Vorlesungen dieser Versammlung sind ge-
druckt erschienen: „Oeffentliche Sitzung der königl. Akad. d. Wiss.
zur Feyer des allerhöchsten Namenstages Sr. Kön. Majestät den 12.
Oct.
VI A Geschichte
Oct. 1812.“ 4. 75 Seiten. — Die gekrönte Schrift wurde, gegen Ab-
gabe von einer Anzahl Exemplare an die Akademie, dem Verfasser zur
Herausgabe überlassen; sie erschien einige Monate darauf: ‚Kaiser
Ludwig IV. oder der Baier; von Konrad Mannert. Landshut 1812. $-
540 Seiten.)
® ®
Da in der vorigen öffentlichen Sitzung der gewöhnliche allge-
meine Jahrsbericht aus Mangel an Zeit nicht erstattet werden Konnte,
'so geschah es am 21. Dee. ıg11, welche Versammlung des Kronprin-
zen Königl. Hoheit, mit Ihrer Gegenwart beehrte, (in der IIten öffent-
lichen Sitzung; dieser Jahresbericht des Genegal-Secretärs, der vier-
te in der Reihe, erschien alsbald im Druck.) — Aufgefordert durch
das freudenreiche Ereignils der Geburt desPrinzen Maximilian, den
28.Nov., las der Dir. Streber ein Andenken an die nächsten Stamm-
väter des königlichen Hauses, das sogleich gedruckt wurde. („Erinne-
rung an Pfalzgraf Karl, Stifter der Birkenfeldischen Linie, als Stamm-
vater des jetzigen königlich - und herzoglich -Baierschen Hauses und an
dessen Nachkommen; mit einer Stammtafel und drey in Kupfer ge-
stochenen Münzen.“ München, bey Lindauer, 1812. 28 Seit. 4.) —
Der königl. Oberfinanzrath Dr. Roth verlas eine Abhandlung über den
literarischen Charakter des im vorigen Jahre verstorbenen königl. wür-
tembergischen Staatsministers, Freyherrn v. Spittler, ehemaligen
auswärtigen Mitgliedes unserer Akademie. — Der Prof. Thiersch
beschlofs die Sitzung durch eine Vorlesung über die Gedichte des He-
siodus, ihren Ursprung und Zusammenhang mit den Homerischen. Er
entwickelte die Gründe, wefshalb man den Hesiod weder zum Zeitge-
noSs-
der Akademie. UVH
nossen, noch zum Nachahmer des Homer machen könne, und um die
Frage zu beantworten ; woher demungeachtet die grofse Aehnlichkeit
und offenbare Verwandtschaft in den Gedichten beyder Sänger? —
zeigte er zuerst, dals wir in den Hesiodischen Werken Bruchstücke
verschiedener Dichter aus verschiedenen Zeiten besitzen und aus ihnen
auf ein episches Zeitalter in Böotien schliefsen dürfen, welches zahl-
reiche und vielumfassende Gesänge hervorgebracht habe; durch diese
Annahme zweyer epischen Schulen, einer in Böotien und einer in
Jonien, die ursprünglich Eine waren, und erst durch die Trennung
der Nation beym Einfall der Dorier geschieden wurden, scheine die
Frage beantwortet. (Der Verfasser behielt sich vor, seine Abhandlung
mit den nöthigen Nachweisungen und Anmerkungen zu versehen, und
sie alsdann der ersten Classe der Akademie einzureichen.)
*
* *
Die zwölfte öffentliche Sitzung, zur Feyer des Stiftungstages
der Akademie, den 23. März 1812 (wegen eintretender Festtage den 31.
März gehalten) verlas der General-Secretär eine Denkschrift auf die
_ beyden jüngst verstorbenen Mitglieder der Akademie, den Grafen An-
ton von Törring-Seefeld, Ehrenmitglied und ehemaligen vieljäh-
sigen Präsidenten der Akademie, und den Geheimenrath und Biblio-
thekdirektor von Krenner. (Sie wurde damals einzeln gedruckt aus-
gegeben, und findet sich als Beylage zu der Geschichte der Akademie
in diesem Bande.) — Der Oberfinanzrath von Sutner , Mitglied der
historischen Classe, las eine „Abhandlung über die V erfassung der äl-
teren städtischen Gewerbspolizey ‚ insonderheit der Stadt München.“
(Sie erscheint aufgenommen in dem zweyten Band der historischen
o
Samm- -
vYIII Geschichte
Sammlungen, — (vergl. die Geschichte der Akademie in dem vo-
rigen Bande p. XXXIV.) — welche die Akademie herausgiebt; dieser
Band wird so eben die Presse verlassen.
Zum Schlufs dieser Versammlung wurde die historische
Preisaufgabe für ıg14 bekannt gemacht. (Das Programm über
dieselbe siehe unten, lit. g. Preisaufgaben..)
*
# *
Man hatte gehofft, die Reparaturen in dem, der ersten Clas-
se als Attribut beygegebenen Antiquarium würden im May die-
ses Jahres vollendet seyn, und solches zur Feyer des Geburtsfestes
Sr. Majestät des Königes können eröffnet werden. Die Arbeiten
liefsen sich aber nicht beendigen, und so mufste die Eröffnung
jenes schönen Saales noch ausgesetzt bleiben. Inzwischen hielt die
Akademie die beschlossene öffentliche Sitzung (die dreyzehnte) am
26. May, als am Vorabend des Geburtsfestes Sr. Königl. Majestät.
Die Vorlesung des Director Weiller handelte „von dem Verhält-
nisse der philosophischen Versuche zur Philosophie;“ er zeigte, wie
in allen Schöpfungen philosophischer Systeme, von den Mythologieen
der jugendlichen Welt an bis zu dem Idealismus der spätern und
neuesten. Zeiten herab sich das Bestreben nach Wahrheit zur Ehre
der Menschheit oflenbare, wie durch jeden dieser Versuche eine Sei-
te des verschleyerten Isis-Bildes der Wahrheit, aber nie das Ganze
enthüllt werde, wie nun und nimmer Uebereinstimmung der Resul-
tate unter den philosophischen Forschern, aber wohl das zu erwar-
ten und zu wünschen sey, dals jeder, sich der eignen Redlichkeit
bey
der Akademie. IX
bey seinen Bemühungen bewulst, diese auch wieder bey andern an-
erkennen und achten möge. (Diese Abhandlung erschien besonders ge-
druckt, Münch., b. Giel 1812. 8. 40 Seit,) — Hr. Prof.Bernh. Stark las
eine Abhandlung „über die von Zeit zu Zeit im Königreiche Baiern ge-
fundenen Römischen Alterthümer“ und berührte die Römerstralsen,
die Meilensteine, die Spuren von Römischen Standlagern, Brücken
und Gebäuden, von Grabmälern und den darin sich gewöhnlich fin-
denden Waffen, Geräthschaften und Münzen,
Am 13. Oct. wurde die vierzehnte öffentliche Sitzung ge-
halten. Der General-Secretair der Akademie erstattete den fünf-
ten Jahresbericht, der alsdann im Druck erschienen ist, und der
kön. Oberfinanzrath Hr. Dr. Roth las zur Feyer des Tages „Verglei-
chende Betrachtungen über Thucydides und Tacitus.“ (Diese Vorlesung
wurde sogleich besonders gedruckt, und am Tage der Sitzung ausge-
theilt. Sie füllt 23 Seiten, in 4.)
Zum Schluls wurden zwey physikalische Preisaufgaben für
die Jahre 1814 und 1815 bekannt gemacht. (Das sie betreffende
Programm siehe unten lit. g. Preisaufgaben.)
X Geschichte
c) Allgemeine Versammlungen.
Am 15. März ıgı1 wurde die ı6te allg. Vers. gehalten. — Einfüh-
rung der drey Adjuncten, derHHn. Spix, Thiersch und Docen. —
Anzeige der Erweiterung der naturhistorischen Sääle; über die ver-
schiedenen Druckschriften, die eben unter der Presse sind u. s. w.
Ballotage über Hn. Geh.Hofr. Harles, M.D.und Aufnahme desselben.
I7te am 24. April, ıgı1r. Einführung des neuen Adjuncten,
Hn.Mich. Oppel, und Verpflichtung des Adj.Hn. Dr. Spix als Conser-
vator der zoologisch-zootomischen Sammlung; — Ballotage über
den Hn. Ob.Fin. Rath Roth, zum aufserordentl. wirkl. Mitgliede der
histor. Classe, des Hn. Pfarrer Pfister zum auswärt. ord. Mitgliede
derselben Classe, und des Hn. Grafen von Rzewuski zum Ehrenmit-
gliede. — Anzeige des Todes des ordentl. Mitgliedes, Hn. Ign. Hardt,
und Vorlesung einer biographischen Nachricht üher ihn. — Nach-
richt von allgem. Angelegenheiten der Akademie,
ı8te, am 5. Jul. 1gı1. Anzeige des Todes des ordentl. Mitgl.,
Geh. R. Reinwald’s. — Einführung des Hn. Reichs - Archivdir.
Lang als ordentlichen besuchenden Mitgliedes der historischen Clas-
se.— Erwählung des Hn.Ritter v. Cobres in Angsburg, des Hn. k. Ar-
chivar Oesterreicher in Bamberg, und desHn.Prälaten Schmid in
Ulm zu corresp. Mitgliedern. — Bericht über die Arbeiten der Clas-
sen und Commissionen. — Vorlegung der geschenkten Bücher.
Igte, am 29. Jan. 1812. Anzeige des eben erfolgten Todes
des Hn. Geh. Raths v. Krenner, Mitgl. der histor. Classe, und Dir.
der
v
der Akademie. XI
der Centralbibliothek. — Mittheilung mehrerer kön. Verordnungen
und Entschliefsungen ; Anzeige erhaltener Geschenke an Büchern,
auch an einem akustischen Apparate, den der eben gegenwärtige
Correspondent Hr. Dr. Chladni der Akademie verehrte.
In der Sitzung am 6. März 1812 (der 20sten) wurde über die HHn.
HHn.Brunacci inMailand, Monteiro inParis,undRitterv.Koch-
Sternfeld inSalzburg gestimmt, und sie nach erhaltener Genehmigung
der Wahl der erste zum’ auswärt. Mitgliede, die beyden andern zu
corresp., ernannt. — Anzeige an die Ak., dafs Sr, K. Maj. den
Hn. Geh. Rath v. Ringel, Ehrenmitglied der Ak., zum Dir. der
Centralbibl. und zum kön. Commissair bey der Ak, ernannt habe. — Die
Ak. verhandelte die Frage, wie es künftighin bey der Herausgabe
der geltrönten Preisschriften und den Vortheiien, die dabey der
Verf. noch haben solle, zu halten sey. Diese Bestimmungen finden
sich künftighin in jedem Programme einer Preissetzung ausgesprochen.
Die 2ıste, 22ste und 23ste Sitzung, den 25. März, 13. May
und 3. Sept. waren allein zur vorläufigen Anhörung der Reden und
Abhandlungen bestimmt, welche in den drey oben erwähnten öf-
fentlichen Sitzungen am 28. März, am 26. May und am 12. Oct. vor-
gelesen wurden.
In der 24sten Sitzung, am 17. Oct. 1812 wurden ‚ nachdem
schon in der ersten und zweyten Classe beyfällig ballotirt worden, durch
Mehrheit der Stimmen erwählt: r. Hr. Dir. v. Schreibers, k. k.
Aufseher der naturhistor. Sammlungen zu ‚Wien, zum ord. ausw. Mit-
Di glied. —_
XI Geschichte £
glied. — 2. Hr. Prof. Steffens in Halle, zum ord. auswärt. Mitgl.—
3. Hr. Prof. v.Raumer in Breslau, z. corresp. Mitgl.— 4.Hr. Prof. Tie-
demann in Landshut, 2. corresp. Mitgl.— 5. Hr. Dr.Hoppe inRegens-
burg, z. corresp. Mitgl. — 6. Hr. Hofr. v. Hammer z. ord. ausw. M.;
die königl. Genehmigung erfolgte unter dem 30. Oct. — Publicirung
Mr k. Reskripte vom 4. und 17. Oct., vermöge deren die Stelle eines
Präsidenten cessirt, der General- Secretair den Geschäftsgang des Ge-
.samt-Institutes, den der einzelnen {lassen aber die Secretaire der:el-
ben zu leiten haben. Bestätigt werden als General-Secretair der Dir.
Schlichtegroll; eben derselbe als Secretair der ersten Classe; der
Geh. Rath Freyherr v. Moll als Secr. der zweyten Classe; der Geistl.
R. Westenrieder als Secr. der lllten Classe. In diesen Secretaria-
ten werden ihnen für das J. 18:3 Assistenten zugetheilt, und zwar dem
Gen.Secr. der Geistl. R. Westenrieder; dem Secret. der ersten
Classe der Kirch.Rath Martini; dem Secr. der zweyten Classe der
Geh. Rath Sömmerring; dem Secret. der dritten Classe der Geh.
Befer. und Reichs-Archivs-Director Lang. — Publicirung noch eini-
ger andern k. Reskripte und Vorlegung als Geschenk eingesandter
Bücher. — Mittheilung eines Berichtes des zu Paris sich aufhaltenden
Eleven der Akad., des Dr. Ruhland an die Akad., über seine dorti-
gen botanischen, physikalischen und chemischen Studien.
In der 25sten Sitzung, am 5. Dec., wurde vorschriftsmälsig der
gesammten Akad. von allem, was im Laufe des verflossenen Monats
vorgefallen war, Nachricht gegeben; zunächst der am 29. Oct. erfolg-
te Tod des ordentlichen besuchenden Mitgliedes, des Medicinalrathes
Dr. Güthe angezeigt; — mehrere, das Allgemeine betreffende k. Re-
skripte
der Akademie. XII
skripte publicirt, darunter das v. 2. Dec., wodurch der Akademie eine
bedeutende Summe von dem Ertrag des erhöhten Kalender - Stempels
als Vermehrung ihres Fonds zugesprochen wird, welches als ein aber-
maliges Unterpfand der Huld Sr. K. Maj. gegen unser Gesamt Institut
mit dem lebhaftesten Danke erkannt wurde..— Nachricht, dafs der
Entwurf zu einer Feuersicherungs-Anstalt für das akademische
° Gebäude von der hiemit beauftragten. Commission vermittelst Berich-
tes Sr. K. Maj. zur Genehmigung vorgelegt worden und die allerh. Ent-
schlielsung erwartet werde. — Vorlegung des Protokolles der 56sten
Sitzung der Biblioth. Administrations- Commission, am 23. Nov. —
Hierauf that jeder der drey Classen-Secretaire Vortrag über das, was
im Laufe des verflossenen Monats bey seiner Classe vorgekommen war,
welches künftighin in jeder allgemeinen Sitzung geschehen, und da-
durch bewirkt werden soll, dafs das Gesamt-Institut von allen akade-
mischen Angelegenheiten in Kenntnifs gesetzt werde.
In der 26sten, am 30. Dec. Anzeige des Todes des k. Kreis-
“ schulrath Schubauer zu Regensburg. — Allerhöchste Genehmigung
des vorgelegten Entwurfes zu einer Feuersicherungs- Ordnung für das
akademische Gebäude und Auftrag zur schleunigen Ausführung. —
Publication mehrerer kön. Reskripte, die allgemeine Aufsicht über das
akademische Gebäude und über die Mobilien-Inventarien, dann die
genaue Befolgung des {. XIV. der Constit. Urkunde betreffend. — Vorle-
gung von Büchergeschenken. — Die drey Classen-Secretaire trugen
abermals das Merkwürdigere aus den Verhandlungen ihrer Classen
und Administrat.Commissionen vor.
Die
XIV Geschichte
Die Administrations-Commission über die k. Cen-
'tralbibliothek hielt siebzehn Sitzungen (die 4oste d. 9. Jan.
ı8ıı, die 56ste d. 23. Nov. 1812) und suchte zum Besten dieser gro-
fsen Sammlung zu wirken und anzuregen, was den Umständen nach
geschehen konnte. Die Veränderungen im Personal, indem nach Be-
förderung des Freyherrn v. Are tin zum Director des Appellat.Gerich-
tesin Neuburg an der Donau, der neue Biblioth.Director Geh. Rath
v. Krenner schon im ersten Jahre wieder starb, und den Bibliothe-
kar Hofr. Hamber 8 er, auf dessen erprobte Geschicklichkeit in Vollen-
dung der Anordnung der Bibliothek so. viel gerechnet war, eine lange
Krankheit und deren Folgen aller-Thätigkeit entzogen, — hemmten auf
einige Zeit die schnelleren Fortschritte im Ordnen und Katalogiren; da-
hingegen der nun wirklich ausgeführte beträchtliche Anbau zur nothwen-
digen Erweiterung des Locals, und die grofse Theilnahme, mit welcher
der jetzige Director, Hr. Geh. Rath v. Ringel, die Vollendung der An-
ordnung leitet und fördert, wieder so erfreuliche Ereignisse sind, dafs
wir Hoffnung haben, die im vorigen Bande (p. XXII) versprochene Ueber-
sicht der neuern Geschichte der Bibliothek bald geben zu können. — Fer-
ner sind noch die Herstellung und Einführung einer neuen Bibliothek-Ord-
nung, durch welche die Verwaltung dieser grolsen Bücher-Sammlung
und der Dienst an derselben festgesetzt wird *), die Bereicherung durch
Ankauf mehrerer Tausend Bücher aus der naturhistorischen Bibliothek
des Rütter v. Cobres, durch Einverleibung der St. Emmeramer und
mehrerer anderer Bibliotheken, als Hauptereignisse dieses Institutes in
den verflossenen zwey Jahren anzusehen.
: d)
*) Im Druck erschienen unter dem Titel: ‚„‚Dienst-Ordnung für die königliche Cen-
tralbibliothek in München, genehmigt durch allerhöchstes Reseript vom 20. Oct.
1811. München, b. Storno, ı8ı1. 27 Seiten. 4.‘
der Akademie. XV
d) Philologisch-philosophische Classe und ihr Attribut, das Antiquarium.
Diese Classe hielt im J. ıgıı fünf, und 1812 sechs Sitzun-
gen. Prüfung der Pasigraphischen Versuche des Hrn. Prof. Schmid
in Dillingen, — Vorschläge zu Inschriften auf das Portal des botani-
schen Gartens und andere Monumente, beschäftigten von Zeit zu Zeit
die Classe. — In der Sitzung am 5ten Noy. las Hr. Dir. Weil-
ler eine Abhandlung „über die Natur und Quelle philosophischer
Eräiketen “; und in der am 18. Dec. Hr. Adj. Docen einen Aufsatz
„über Aufstellung und Annahme einer allgemeinen orthographischen
Norm der teutschen Schriftsprache. — Zwey andere vorgelesene Ab-
handlungen von Mitgliedern dieser Classe sind oben bey der ı3ten öf-
fentlichen Sitzung erwähnt worden *).
Für
*) Aufserdem sind im Laufe dieser zwey Jahre ı81ı und ı2 von den residirenden
Mitgliedern und Adjuneten dieser Classe noch zum Druck befördert worden:
Vom Hn.Dir. Schelling: Denkmal der Schrift von den göttlichen Dingen des
Herrn. Fr. H. Jacobi u. s. w. Tübingen in der J. 6, Cotta'schen Buchh, 8.
1812.
Vom Hrn. Dir. Weiller: der 2te Theil der „Ideen zur Geschichte der
Entwickelung des religiösen Glaubens“, München, b. Giel ı812. — Der „‚Grund-
rifs der Geschichte der Philosophie.“ — Die zwey Jahresberichte über die
Studien-Anstalt in München,
Vom Hrn Prof, Thiersch: „Griechische Grammatik des gemeinen und Ho-
merischen Dialektes. 1812.‘ — ,,‚Kürzere Grammatik des gemeinen Dialektes
für Anfänger. 1812. — „Acta philologorum Monacensium. Faseic. I, II und IH.
1812.
Vom Hrn, Bibl. Custos Docen wurde ı8ıı in Verbindung mit den HHn.
von der Hagen und Büsching das erste Heft des Ilten Bandes des „Mu-
seums für altdeutsche Literatur und Kunst‘ herausgegeben ; ı81ı2 eben so das
ıste Stück der „Sammlungen zur Geschiehte und Kritik der ältern deutschen
Li-
XyviI Geschichte
Für das Antiquarium konnte noch nichts weiter geschehen,
als dafs die mühsamen Bau- und Mahlerey - Reparaturen in diesem vor
212 Jahren durch den Kurfürsten Maximilian I. erbauten schönen Saale
möglichst betrieben wurden, so dafs sie nun wirklich auch beendet
sind. Der vierte Jahresbericht des General-Sekretairs giebt p. 89 ff.
eine Beschreibung dieses merkwürdigen Saales, der nun im nächsten
Jahre zu seiner künftigen Bestimmung eingeweiht werden wird.
e) Mathematisch-physikalische Classe und die ihr beygeordneten Attribute.
Ueber die Arbeiten dieser Classe in dem J. ıgı1 giebt der be-
reits gedruckte vierte Bericht des Secretairs derselben eine vollstän-
dige Uebersicht. Aus demselben und den Protokollen der Sitzungen
im J. 1812 stehe hier das Wesentlichste.
Die Classe hielt im J. ıgı1 eilf, imJ. 1812 fünfzehn Sitzun-
gen; die beyden Administrations - Commissionen zusammen im J. 1811
zwölf, ıgı2 abermals zwölt.
Den 23.Febr. ıgrı Prüfung von Deischl’s ök. Ofen, Schar-
rer’s und Moritz Stahlproben; Vorträge über die in Widerspruch
= ge-
Literatur. — Auch besorgte derselbe im Laufe des letztern Jahres die Vollendung
des nächstens auszugebenden gten Bandes der ,„v. Aretinschen Beyträge zur
Geschichte und Literatur“, mit welchem dieses für Bibliographie reichhaltige
Magazin geschlossen seyn wird.
der Akademie. XVII
‚gerathene Auswahl des Platzes für den botanischen Garten; Hr. Dir.
Seyffer berichtet über Heinzler’s Auflösung zweyer Probleme die
Formation einer ununterbrocheuen Reihe von Quadratzahlen, und eine
versuchte vollkommne Berechnung der Zirkelfläche betreffend.
Am 30. März hörte die Classe Bericht über drey Aufsätze des
Hrn. Prälaten Arbuthnot in Regenshurg: „Was ist die Sonne und
woher die Wärme und das Licht, das wir in ihrer Gegenwart wahrneh-
men? Ist es wahrscheinlich, dafs ein Körper aus dem Monde, durch
einen Vulkan geworfen, auf unsre Erde fallen könne? Ursache der
Abweichung eines von der Höhe herabfallenden Körpers von der senk-
rechten Linie gegen Orient.“ — Des H. Hofr. Tilesius in St. Peters-
burg Aufsatz über einige Fische aus Japan und einige Mollusken und
Pflanzenthiere in Brasilien.
Den$. AprillasH. Dir.Schrank einen Aufsatz über Capuzenför-
mige Lindenblätter;— H.Gehlen über das Vorkommen der Porzellan-
erde bey Passau.
Am 2. May kam vor eine anonyme Abhandlung: ‚Das neufrän-
kische metrische Decimalsystem verglichen mit den alt- europäischen
Maas - Gewicht- und Rechnungswesen ;— Mr. Monteiro mdmoire sur
plusieurs nouvelles varietes de formes determinables de topaze; (s.
diesen Band. p.223.)
Am 18. Jun. erstatteten die HH. Schrank und Güthe Bericht
über H, D. Panzers inHerspruck „Ideen zu einer künftigen Revision der
c Grä-
XVIO . Geschichte
Gräsergattungen; Imhof undBaaderüberH. Geh. Hofr. Langsdorf
in Heidelberg ‚„‚phys. mathem. Abhandinng über die Bewegung des
Wassers in offnen Canälen‘‘; Sömmerring überdes H. Dr. Reima-
rus in Hamburg Commentariolus de cerebro, — - woraul die Classe
die Aufnahme dieser drey Abhandlungen in die Denkschriften be-
schlofs (sie befinden sich in diesem Bande); — Berichte über H.
Beils in Fürth Copierbuch, Desaudray’s Feuerleiterund Starks
Waage.
Am 4. Jul. theilteH.Dir.Schrank „botanische Beobachtungen“
mit; — H. Dir. Flurl „Nachrichten über das Vorkommen des Brand-
schiefers und die Benutzung desselben zur Gewinnung von Steinöl in
der Gegend von Seefeld im Landgerichte Telfs; — H.Gehlen „Unter-
suchung einer noch unbestimmten Steinart von Hafnerszell bey Pas-
sau,“ die er für eine Art Prehnit erklärt; und „Nachricht über eine
besondere Abänderung von Flötzkalk, nebst chemischer Analyse.“
Den 27. Aug. gabH.Hofr.Gehlen die Resultate seiner Analysen
des Prehnits vom Fassathale und von Ratschinges, und fügte sehr in-
teressante Bemerkungen über die chemische Analyse der Mineralien
überhaupt bey. Sie betrafen zuerst die Wiedereinführung des koh-
lensäuerlichen Natrons statt der durch KHlaproth und seine Nachfol-
ger angewandten kaustischen; dann die Anwendung des kohlensauren
Baryts zur Aufschliefsung alkalihaltiger Mineralien. — Derselbe las
eine Abhandlung über die „Analyse verschiedener bittererdiger Fossi-
- lien mit dabey gemachten chemischen und chemisch -mineralogischen
Bemerkungen. — Hr.Dir.Seyffer übergab, nebst einigen Notizen über
den
der Akademie, XIX
den am 26. aufgefundenen Kometen, einen Aufsatz über die Mondsfin-
sternils vom 2. Sept.
Den 12. Sept. Hofr. Gehlen gab Nachricht von der Analyse
eines bisher für blätterigen Zeolith erklärten Fossils aus der Mandel-
stein-Formation des Fassathales, wozu Commenthur Petzl die äufsere
Beschreibung dieses Fossils fügte. — Beyde gaben noch Kenntnils
von einem strahligen Cölestin, gefunden bey Greden im Innkreise.
Den 31. Oct. theilte der Secretär der Classe „Beobachtungen
über den natürlichen Magnetism von Hn. Geh. Hofr. Suckow in Hei-
delberg mit. — Dir. Schrank verlas seine zweyte Abhandlung ‚über
die Pristleysche grüne Materie.“ — Hr. Dr. Panzer in Hers-
bruck, corresp. Mitgl. d. Ak., hatte unter der Aufschrift „‚Florae pa-
triae Bavaricae hunc Novitiorum manipulum decenter offert Flora No-
rimbergensis 1g11°“ — eine Sammlung von 25 getrockneten, zeither
in der Flora von Baiern vermilsten, Pflanzen eingesendet, alle mit sehr
sorgfältigen Bestimmungen, der Angabe des Wohnortes, und, was
noch wichtiger ist, des Standortes. — Der HHn. Imhof und Geh-
len Bericht über des Zöglings, H. Dr.Ruhland, Abhandlung ‚von den
beyden entgegengesetzten Formen des Wassers als Eis und Dunst.“
Den 28.Nor. fiengH.Dir. Flurl die Vorlesung einer Abhandlung
„über das Vorkommen der Steinkohlen zu Häring sowohl in geognosti-
scher als oryktognostischer Rücksicht“ an. — Die HHn. Baader
und Imhof erstatteten Bericht über Max. Adlers Sanduhr, und des
Pa “Post.
XX Geschichte
Post-Expedit. H.Streitel zu Augsburg „Bemerkungen und Vorschläge
zur Verbesserung der Postwägen.“
Den 31. Dec. ıgı1 hörte die Classe die Berichte des Hrn. Can.
Imhof über eine neue Feuerspritze vom Hrn. Dir. Baader, womit
der Erfinder zugleich interessante Versuche machte; — der Hilln,
Schrank und Güthe über die bedenkliche Vermehrung des Erbsen-
käfers in einigen Gegenden Baierns, die Mittel zu seiner Verminderung
und zur Reinigung der von ihm angegriffenen Erbsen; der HHn.
Schrank, Güthe und Gehlen über Senators Schnaufers zu
Baireuth Fabricate aus Samenseide und Bast der Asclepias Syriaca, —
und über der HHn. Grader und Krämer baumwollenartig bearbeite-
tes Werg.
Den 27. Jan. 1812 wurde Hr. Brunacci in Mayland zum aus-
wärtigen ordentlichen, und Hr. Monteiro zu Paris zum correspond.
Mitgliede erwählt; dann gab unter andern die Glasse das von ihr be-
gehrte Gutachten über nähere Verbindung der botanischen Gesellschaft
in Regensburg mit der Akad. der Wiss.; — Hr. Dr. Chladni, cor-
respondir. Mitgl. der Akad., las einen Aufsatz über Gediegen-Eisen,
und besonders über eine noch unbekannte, im Mayländischen gefun-
dene Gediegen-Eisen-Masse, — Hr. Gehlen erstattet Bericht über
unsers correspond. Mitgliedes. Hrn. Prof. Sehn aubert in Gharkow
Versuche über die Gold- und Silberscheidung und einige neue Metho-
den selbige auszuführen.
Am.29. Febr. verlas Hr. Can. Imhof die in Folge eines k. Re-
scriptes
der Akademie. XXI
scriptes verfalste „zweckmälsige und leichtfafsliche Anweisung zur
Aufstellung höchst wöhlfeiler Wetterstangen“ u. s. w. — Hr. Dr.
Geh len erstattete Bericht über Unterholzers in Innsbruck Mais-
syrup, so wie über des Apotheker Hofmann in Dachau Antrag eine
Runkelrüben - Zuckerfabrik zu errichten, und seine vorgelegten Proben
vonRohzucker, braunem Candis, Hutzucker, Liqueur, Rum u. s. w.—
Derselbesabermals über Schnauffers Fabricate aus der Asclepias
Syr.— Hr. Dir. Seyffer legte seine Elementa eclipseos lunae totalis
d. 27. Febr. 1812 observatae — vor.
Am 28. März stimmte die Classe für die Aufnahme des Hrn.Dir.
v. Schreibers in Wien und des Hrn. Prof. Steffens in Halle zum
aulserordentl. Mitgl., und des Hrn. Prof. v. Raumer zum corresp. —
Prüfung der Baaderschen Löschflasche im Vergleiche mit der Hand-
feuerspritze des Drechslers Rathgeber zu Gumpenhausen. — Prüfung
der von dem Uhrmacher Beborrer zu Pfersen vorgelegten Proben
von Triebstahl. — Hr. Dir. Seyffer über des Hrn. Prof. David in
Prag Antrag, diese Stadt mit München oder Regensburg durch Pulver-
signale zu verbinden; — Hr. G.R. Sömmerring über Hrn. Prof.
Tiedemanns Abh. von den Speicheldrüsen der Schlangen.
Am 27. April wurden Hr. Prof. Tiedemann in Landshut und
Hr. Dr. Hoppe in Regensburg von der Classe durch Stimmenmehr-
heit zu correspondirenden Mitgliedern erwählt. — Beschluls über
den Bau des Gewächshauses und der Wohngebäude im botanischen
Garten, —
XXI. Geschichte
Am 5. May legte Hr. Dir. Seyffer seine in dem gegenwärtigen
Bande abgedruckte Abhandlung de positu bäsis et retis triangulo-
rum etc. vor. — Der Zögling der Akad., Dr. Ruhland, berichtet
von Paris aus über seine dortigen Studien und rühmt die Bereit-
willigheit, mit welcher ihm die dortigen ersten Physiker, Chemiker,
Botaniker, und die Aufseher der kais. Bibliothek bey seinen litera-
rischen Arbeiten unterstützen. — Der HHn. Imhof und Baader
Bericht über des Schlossergesellen Leimberger erfundene Ma-
schinen Br Verbesserung des Kattundruckes. — Hr. Ober-Berg-
Rath Jos. Baader verliest Bemerkungen über den Bau eiserner
Brücken und einen Vorschlag zu einer neuen Construction dersel-
ben. — Hn. H. Gehlens Berichte über Knoglers in Ingolstadt
Waid-Indig-Erzeugung; die Classe beschloß, Hn. Gehlen um die
Zeit des Weidschnittes nach Ingolstadt zu senden, um dem sehr
unternehmenden Knogler mit seinen chemischen Henntnissen zur
Hülfe zu seyn.
Am 23. May wurde ein k. Reskript vom 30. April verlesen,
nach welchem im Betreff der Zuckerfabrication aus Runkelrüben
zwar der allerh. Wille sie zu befördern, zugleich aber erklärt wird,
dafs nur diejenigen Concessionen zu dergleichen Fabriken erhalten
sollen, die wenigstens roo Zentner producirt haben würden u. s.
w. — H. Can. Imhof verliest seinen, HHn. Prof. Ellingers und
Salinenrath Reichenbachs Berichte über H.y. Ransons neue Con-
struction von Brücken. — Hr. Hofr. Gehlen erstattet einen aus-
führlichen Bericht über Zuckerproben aus Waitzen- und Kartoffel-
mehl, welche der Akad. von der allerh. Stelle mit dem Auftrage
ZU=-
der Akademie. XXI
zugetheilt worden waren, dieselben in Hinsicht der Qualität sowohl
an und für sich, als im Verhältnisse zu dem Runkelrüben- Ahorn-
und Colonialzucker genau zu prüfen und zugleich über die Frage,
wie. fern durch diesen Zucker der Colonialzucker bleibend ersetzt
werden könne, ein Gutachten abzugeben. (Der Bericht gesteht
zwar dem Runkelrüben- und noch mehr dem Ahorn-Zucker Vor-
züge vor dem Waitzen- und Kartoffelzucker zu, erklärt aber auch
die letztere Fabrication jeder Unterstützung der Regierung werth,
so bald der Preis desselben so gering ausfalle, dafs er mit dem Rohr-
zucker auch nach dem Seefrieden Concurrenz halten könne.) — Noch
berichtete Hr. H. Gehlen über des Kammerpräsid. v. Resch in
Erfurt „Sieg des Waidindigs über den ausländischen Indig.“
Am ı7. Jun: Gehlen’s Bericht über Boutschouter’s
und Ziegler’s Antrag, den Flachs wie Seide zuzubereiten. —
Derselbe und Can. Imhof über Scherer’s in Dinkelsbühl Papier-
Stein-Tafeln. — Die HHn. Imhof und Baader über eine Stock-
uhr des Uhrmacher Schmidt in Neustadt an der Donau von sehr
einfachen Mechanismus. — Dieselben über des Bau-Inspector Voit
in Eichstädt Mörtelmaschine. — Die HHn. Imhof und Flurl über
des Hofr. Jung in Frankfurt Abhandlung „über eine neue Abdün-
stungsweise der Salzsohle vermittelst Brennspiegels.“ — Hr. Dir.
Seyffer über v. Ranson’s Berichtigung des geometrischen Lehr-
satzes von dem Verhältnis des Cylinders zum Kegel und zur Kugel.
Am ı1. Jul. wurde der Plan zur „Bearbeitung einer natürlichen
und technischen Beschreibung des Königreiches“, der schon zu An-
fang
XXIV Geschichte
fang des Jahres 1809 entworfen war, von neuem verlesen und in Bera-
thung genommen, da inzwischen mehrere Mitglieder, auf deren Bey-
träge gerechnet war, gestorben, andere hinzugekommen sind; Bericht
darüber zur höchsten Stelle.
Am 17. Jul. unter andern, Bericht der HHn. Imhof und Baa-
der über eine „Abhandlung über die Kröpfungen der Mühlengerinne,
wonach die Kraft des Aufschlagwassers auf die Radschaufeln ihres Or-
tes die gröfste wird.“ — Hr. Hofr. Gehlen übergiebt in Folge aller-
höchsten Befehls eine „Anleitung zur Bereitung des Syrups und
Zuckers aus den Stengeln des Mais, Türkenkorns oder Kukuruck“ —
die hierauf bey den Mitgliedern der Classe circulirte. — Derselbe
„über eine kleine tragbare Höllenmaschine, deren Untersuchung ihm
von der hies. k. Polizey aufgetragen worden war.“ Er schlofs den
Bericht mit dem Vorschlage, die Akad. möge bey allerhöchster Stelle-
den Antrag machen, a) dafs die Verfertigung und der Verkauf der
Vexiermittel, die mit Explosion verbunden sind, insbesondere des
Knallsilbers verboten werden möchte; b) bey dem Verkauf des oxy-
dirtsalzsauren Ralı und Natron ähnliche Maasregeln wie bey den Gif-
ten eintreten zu lassen. Die Akademie berichtete hierüber in Bezug auf
$. VI der Const.Urkunde zur höchsten Stelle.
Am 16. Sept. las Hr. Dir. Schrank einen Aufsatz über drey
seltene Baierische Pllauzen, Prenanthes chondrilloides, Jacobaea ca-
miolica und Hieracium repandum vor; ingleichen einen andern über
eine neue Pflanzengattung Siebera cherleriodes, die ein böhmischer
Betanist in dem marenwalder Gebirge gefunden. — Hr. Med.
e Rath
der Akademie. j XXV
Rath Güthe super Alo@ arborescente Descandolli. — Hr. Dir.
Flurl den dritten Abschnitt seiner Abhandlung über das Vorkommen
der Steinkohlen bey Häring.
Am 20. Oct. Hr. Gehlen, dem so eben durch allerh. Rescript
die Zufriedenheit über seine fortgesetzten Versuche des Waid-Indig
des Färber Knogler zu Ingolstadt zu erkennen gegeben worden,
legte der Classe einen abermaligen Bericht über seine theils in Mün-
chen, theils in Ingolstadt angestellten Versuche vor; — derselbe fer-
ner die Analysen zweyer in Baiern vorkommenden ‚Fossilien, eines
Tantalium- oder Columbium-Erzes, und einer noch nicht bekannten
Abänderung des Urgrims oder Titaneisens. — Hr. Adj. D. Spix zwey
Exemplare des seltenen Proteus Anguinus, ein von dem k. k. Dir. der
Naturaliensammlung zu Wien, Hn. v. Schreibers, der Akademie
gemachtes Geschenk.
Am 24. Nov. Mittheilung eines k. Rescripts; mit Abschrift eines
im Regierungsblatte bekanntgemachten Aufrufs an die Botanisten des
Königreiches, zur Mittheilung von Floren ihrer Gegend, und auf
Begehren zu Einsendung von Samen und lebenden Pflanzen ;— Schrei-
ben und Büchergeschenke des Hn.“Prof. A. Bonn in Amsterdam ; —
Nachricht durch das k. Gen. Commissariat des Salzachkreises von ei-
nem monströsen Kinde. — Hr. Adj. und Conseryator Dr. Spix las
eine „Darstellung des gesammten innern Körperbaues des gemeinen
Blutigels (Hirudo medicinalis Lin.)
Den 19. Dee. Anzeige an die Classe, dals zu Folge eines k. Re-
d scripts
XXVI . Geschichte
scripts v. 16. Nov. dem Senator Schnauffer in Baireuth dreyfsig
Tagewerk V\aldgrund zur Pflanzung der Syrischen Seidenpflanze le-
benslänglich überlassen werden. — Festsetzung der Form, wie es mit
Prüfung der zum Druck in den Denkschriften bestimmten Abhandlun-
gen in dieser Olasse künftig gehalten werden solle. — Eingesandte
Berichte an die höchste Stelle über die durch Commissionen der Classe
angestellten Prüfungen a) der Stahlproben von Müller und Beck in
Augsburg; b) der Flachsspinnmaschine des Hn.Dr.Bitschnau in Plu-
denz. — Die HHn. Jos. Baader uni Wiebeking lasen Aufsätze
und Vorträge über die von ihnen construirten eisernen Brückenmodel-
le vor; Discussion hierüber, und Beschluls der Classe, bey der kön.
Regierung darauf anzutragen, dafs mit den Modellen der genannten
beyden Mitglieder Versuche durch Beschweren derselben bis zum Bru-
che gemacht werden möehten.
Am 21. Dec. Vortrag des Hn. Sal.Rath Reichenbach über ei-
serne Brücken in Bezug auf die Verhandlung in letzter Sitzung. — Hr.
Conserv. und Adj. Dr. Spix las eine Abh. über die Affen der alten und
neuen Welt im Allgemeinen und insbesondere den schwarzen Heulaf-
fen (Siımia Belzebuth L.) und’über den Moloch (Simia Moloch Hof-
mannsegg). — Hr. Adj. Oppelläs eine Abh. über die Europäischen
Vipern. — Hr.v.Steffenelli, Zögling der Ak., las eine Abhandl.
über die Auflösung aller sphärischen sowohl als geradlinigten Drey-
ecke durch eine einzige Grundformel.
Die Sitzung der Classe am 29. Dec. war, zu Folge eines allerh.
Rescripts vom 6. Dec., allein der Berathung über den Plan gewidmet,
nach
j der Akademie. XXVI
rec welchem die Bearbeitung der natürlichen _ und technischen
Beschreibung des Königreiches wirklich ausgeführt, und wie die ein-
zelnen hierzu gehäfigen Arbeiten im der Form von Beyträgen vom An-
fang des J. 1813 an von der Akademie herausgegeben werden sollen.
Der gelalste Beschluls hierüber wurde sofort Sr. Königl. Maj. vorge-
legt *).
So
*) Aufser den, bey Aufzählung dieser Sitzungen erwähnten Abhandlungen haben
die Mitglicder dieser Classe im Laufe der Jahre ı8ıı und ı2 folgende Schriften
herausgegeban:
Hr. Dir. Schrank begann seine Flora Monacensis; lieferte Beyträge zu dem
Magazine der Gesellschaft naturforschender Freunde in Berlin; zu Hn. Hop-
pe's botanischem Taschenbuche; zu dem Wochenblatte des landwirthschaftli-
chen Vereins in Baiern, welches er im J. ı812 redigirte. Er gab „die Feste
des Herrn, ein Erbauungsbuch‘“ — heraus. — Zu den Annalen der Wetterauischen
Gesellschaft gab er: Betrachtungen über die Classification der Moose. (Il. Bd.
1, Heft.)
Hr, Geh. R. Sömmerring: Onderzock der Gronden voor een veronderstelde
wederopneming van Zenawyocht door de Waterraten, en der nuttige Gevolgen,
welke darruit voor de Genes-en Heelkunde zouden kunnen afgeleid worden; te
Amsterdam, bey Lodewik van Es. MDCCvcXI. gr. 8. — Ueber den Saft, wel-
cher aus den Nerven wieder eingesaugt wird, in gesundem und krankem Zu-
stande des menschlichen Körpers. Eine Abhandlung, welche zu Amsterdam den
e Preis des Monnikhof’schen Legats im Jahre ı810 erhielt; Landshut bey H. Ph.
Krüll, ı8ı1. gr. & — Ueber Ursachen, Erkenntnißs und Behandlung der Na-
belbrüche. Eine im Jahre ı807 zu Amsterdam gekrönte Preisschrift mit einer
Kupfertafel. Frankfurt am Mayn bey J. F, Wenner, ı8ıı. gr.8. — Ueber die
Ursache, Erkenntnils und Behandlung der Brüche am Bauche und Becken, aulser
der Nabel- und Leistengegend. Eine im Jahre 1808 zu Amsterdam gekrönte
Preisschrift. ebend. ı811. gr. 8,
Hr. Geh. Rath Freyh. v. Moll gab ı8ııu, 12 die erste, zweyte und dritte Liefe-
zung des zten Bandes und die ersteLieferung des 3ten Bandes der ‚‚Neuen Jahr-
bücher der Berg- und Hüttenkunde“ heraus,
Hr. Geh, R. Wiebeking liefs während des Jahres ı811 drucken: „Theoretisch-
„praklische Wasserbaukunst, neue umgearbeitete und vermehrte Ausgabe, ıster
d2 „Bd.
XXVIO Geschichte
So wurden also die Gegenstände des Wirkungskreises der Clas-
se in den eben aufgezählten Versammlungen derselben und in den
Sitzungen der Administrations-Commissionen über die Attribute ver-
handelt. Wenn sich die Sitzungen der Commissionen im Vergleich
mit den vorhergehenden Jahren beynahe verdoppelten, so ist diels ein
an-
„Bd. mit 68 Kupfern. 4. — im J. ı8ı2, 2ter Band; — von den „Beyträgen
„zur Wasser- Brücken- und Straßenbaukunde‘ die „ste Lieferung als einen
„‚Nachtrag zur ersten Auflage der allgemeinen Wasserbaukunst, den Flufs- und
„Wehrbau betr. oder Abhandlung über den Bau des massiven Wehres, welches
„im Jahre ı810 bey der Stadt Landshut in Baiern in dem Isarilusse, nach dem
„Vorschlage und unterDirection des Verfassers ausgeführt ist,“ 4. mit ı Kupf. —
Während des J. 1812: die 5te Lieferung der Beyträge den Bau und die Con-
struction der eisernen Brücken betreffend. — Die 6te Lieferung der Beyträge,
die Beschreibung des bey Lindau angelegten Hafens enthaltend; beyde mit
Kupfern; auch besonders herausgegeben unter dem Titel: Beschreibung des
auf Sr, Maj des Königs von Baiern im 3. ı812 angelegten Sechafens am Con-
stanzer See bey Lindau, mit 5 Kupf. — Französisch: Description du Port pres
de Lindau etc,
Hr. Hofr. Gehlen bearbeitete ein vollständiges Register zu den 6 Bänden
des N. Berlin. Jahrbuches der Pharmacie; er nahm fortwährend den thätigsten
Antheil an dem Schweiggerschen neuen Journale für Chemie und Physik; er
lieferte Beyträge zu den N. Jahrbüchern der Berg- und Hüttenkunde und zu
Döbereiner’s Jahrbuch der Pharmacie.
Hr. Salinenratı Reichenbach liefs eine „Theorie der Brückenbögen und.
„Vorschläge zu eisernen Brücken in jeder beliebigen Größe, mit 4 Kupf. Mun-
„chen ı8ı1, 4.% drucken.
Hr. Dr. Spix gab seine „Geschichte und Beurtheilung aller Systeme in der
Zoologie nach ihrer Entwicklungsfolge von Aristoteles bis auf die gegenwärtige
Zeit, Nürnberg, 8.“ heraus.
Hr. Adj. Oppel liefs die „Ordnungen und Gattungen der Reptilien als Pro-
drom einer Naturgeschiehte derselben, München, in Comin. bey Lindauer, 4.
drucken. :
Der Zögling, Hr. Dr. Ruhland, gegenwärtig in Paris, um sich der Be-
tanik und Physik zu widmen, hat Uebersetzungen, Auszüge und eigene Außätze
in das neue Journal für Chemie und Physik, und in Delametherie's Jour-
nal de Physique geliefert,
der Akademie. XXIX
angenehmer Beweis der bedeutenden Erweiterung der bereits beste-
henden Attribute und des allmähligen Hervorgehens der andern, die
noch in Bau und Anlage begriffen sind.
Das Museum der Naturgeschichte hat durch zwey Sää-
le und zwey Zimmer einen grolsen Zuwachs an Raum gewonnen. Der
zoologisch - zootomischen Sammlung ist ein eigner Conservator vorge-
setzt worden; bey der systematischen Aufstellung in dem erweiterten
Local wurde jedem Stücke der zoologischen und mineralogischen
Sammlung die Benennung in lateinischer, teutscher und französischer
Sprache beygefügt. Ueberall hat man durch offne Aufstellung in Glas-
schränken und durch jene Aufschriften den Besuch der Cabinete
fruchtbarer für die Verbreitung naturhistorischer Kenntnisse und be-
sonders erweckend zur Vergleichung der so mannichfaltigen Formen
zu machen gesucht. Systematische Verzeichnisse aller thierischen und
mineralischen Körper der akademischen Sammlungen beschäftigen ge-
genwärtig die Conseryatoren; diese Verzeichnisse sollen Abtheilungs-
weis mit der Geschichte der Ak. vor den Denkschriften abgedruckt
werden. Die grolsen Vermehrungen, welche die naturhistorischen
Sammlungen im J. ıgıı besonders durch Geschenke Sr. Maj. des Rö-
nigs, und Sr. K. Hoheit des Kronprinzen erhielten, macht der vierte
Bericht des Sekretärs der phys. Classe p. 245 ff. nahmhaft; ähnlich
grolser Zuwachs fand in dem J. 1812 statt; besonders gewann die mi-
neralogische Sammlung durch Einverleibung des grofsen Vorraths von
Mineralien, der, ursprünglich für den Unterricht der Bergeleven, bey
dem kön. Oberstbergamt gesammelt worden war. Der Corridor für
die vaterländischen Mineralien ist vollendet und höchst belehrend ein-
ge
XXX Geschichte
gerichtet; ihn eröffnet die allgemeine oryktognostische Sammlung aller
Mineralien im Königreich Baiern; dann folgen die Reihen derselben
geo- und topographisch abgesondert und geordnet nach den Kreisen
des Königreiches und nach Revierenz so dals dadurch anschaulich eine
Bavaria mineralogica gebildet und der Reichthum des Landes an diesen
Erzeugnissen in den unterrichtendsten Beziehungen vor Augen gelegt
wird.
Die mathematisch-physikalischeSammlungenerhiel-
ten schätzbare Vermehrungen im J. ıg11, welche der erwähnte vierte
Bericht p. 247 nahmhaft macht; im folgenden Jahre besonders aus dem
ehemaligen St. Emmeraner physikalischen Cabinete.
Zu der polytechnischen Sammlung kamen besonders 59
Modelle für Wasser - Strafsen- und Brückenbau, welche aus dem Local
der Generaldirection dieses Zweiges der Administration in das aka-
demische Gebäude versetzt wurden.
Für das astronomische Observatorium sind die drey
. grofsen Instrumente vollendet worden, welche in dem Reichenbach-
Utzschneiderischen Institute für dasselbe bestellt waren *); eine
Ver-
*) ı. Ein dreyfüfsiger vollständiger astronomischer Multiplications-Kreis, mit
dreylsigzölligen Azimutal-Freis, silbernen limdis, der Hauptkreistheilung von
2 zu 2 Secunden, und der Azimutalkreistheilung von 4 zu 4 Secunden; dann
der Objectiv-Oeffnung von 3 ıfj Zoll und den Vergrölserungen von 100, 150 und 200,
2. Ein sechsfüfßsiges v«llständiges Mittagsrohr, mit einer Objectiv - Oeffnung
von 4 ıf4 Zoll, und den Vergröfserungen von 100, ı50 und 200.
3. Ein
der Akademie, ; AXXI
grölserung der Sternwarte, um dieselbe gehörig aufstellen zu kön-
nen, ist bereits beschlossen.
Eben so die Herstellung des chemischen Laborato-
riums und der anatomischen Anstalt.
Der botanische Garten hatte im J. ıg11* seine vollende-
te Einfassung und das Portal erhalten; die vorbereitenden Arbeiten
und die Pflanzungen im Arboretum waren mit Eifer betrieben wor-
den. Im Frühling des J. 1812 wurde er von der k. Hofgarten -In-
tendanz, die sich um die erste Anlage sehr verdient gemacht, der Lei-
tang des akademischen Botanikers übergeben. Das grofse über 462
Schuh lange Glashaus wurde aufgeführt, und wird nebst den Woh-
nungen des Botanikers und Gärtners im nächsten Sommer vollendet
dastehen.
‚f) Historische Classe und das mit ihr verbundene Münz - Cabinet.
Diese Classe hielt im J. ıg1ı dreyzehn, im J. 1812, zwölf
S
Versammlungen. Es werde hier aus den Protokollen derselben das
Merkwwürdigere herausgehoben und angeführt:
Am
3, Ein vollständiges Aequatorial nach der neuesten Construction, mit drey-
fsigzölligen Declinations- und dreyfsigzölligen Aequatorial- Kreis, von 4 zu 4 Se-
eunden auf silbernem Limbus getheilt, einer Objectiv-Oeffnung von 3 ı/4 Zoll
den Vergröfßseruugen von ı00, ı50 und 200, nebst einem Schraubenmierometer.
XXXI Geschichte
Am 26. Jan. ıgıı wurde zu Folge eines allerh. Rescripts vom
7. Jan. die Frage über die Stelle, wo in der Münchner Hauptpfarrkir-
che zu U.L. Fr. Kaiser Ludwig der Baier begraben sey, in Untersu-
chung genommen. Vergl. vor. Band, p. XXXIV; worauf
am 22. Febr. ein k. Rescript bekannt gemacht wurde, welches
die Untersuchung der Fürstengruft in der Hauptpfarrkirche zu). L. Fr.
anbefahl. Es wurden deshalb mehrere Zusammentritte gehalten, wor-
über nach vollkommner Beendigung dieser Sache das Verfügte be-
kannt gemacht werden soll. — Der Hr. Geh, Rath v. Krenner las die
Fortsetzung seiner Abhandlung über die Siegel der ältesten Bürgerge-
schlechter Münchens.
Am 23. März wurde über die Herausgabe des XXsten Ban-
des der Mon. Boica, der bis. auf Titel und Vorrede abgedruckt sey,
und über das, was den Inhalt der folgenden Bände ausmachen sol-
le, gehandelt. — Einige eingesandte Abhandlungen des Hrn. Ar-
chivar Oesterreicher in Bamberg vorgelegt.
Am 24. April, wurden, unter mehrern Verhandlungen, die
als preiswerbend eingelaufenen Biographieen Rais. Ludwig des Baiern
vorgelegt, und da der Einsendungstermin abgelaufen war, zur Be-
- urtheilung unter die Mitglieder der Classe vertheilt. —
Am 29. May las Hr. Ob.Fin.Rath Roth eine Denkrede auf
Johannes von Müller.
2 der‘ Akademie. XXXIH
Am 15.Jun. Vorlegung einer von dem corresp. Mitglied, Hn.
Kreisrath Destouches in Amberg eingesandten Abhandlung „über
die anonymen Geschichtschreiber des Mittelalters.“ — Von dem
Präsidenten Freyherrn y. Egcekher in Amberg war eingeschickt
worden, „mit Gründen belegte Beschreibung einiger am St. Lorenz-
berg bey Altenried, Amt Burglengenfeld, gefundenen kupfernen In-
strumente.“ — Hr. Dir. Strebers Bericht über des Hn. Archiy.
Oesterreicher Aufsatz, „eine dem Bamberger Bischof Eberhard I,
irrig zugeschriebene Münze betreffend.“
Am 27. Jul. Vorlesung eines Schreibens des k. Hn. Gen.
Commiss. im Salzachkreise Grafen v. Preyfsing, über dort ge-
- fundene Alterthümer. — Hr. Dir. v. Obernberg las einen Auf-
satz über die in der Gegend von Tacharding gefundenen musivi-
schen Fuflsböden und andere Alterthümer.
Am 29. Aug. Vorlegung zweyer eingesandten Abhandlungen
a) Friderici Wunder, prof. Monac., comment. histor. de antiquis-
simo Thuringiae cum Francia orientali nexu; 5) des geh. Rath Joh.
Ad. v. Schultes zu Coburg „diplomatische Beyträge zur Geschich-
te der Grafen von Andechs, nachherigen Markgrafen von Meran.“ —
Die Classe vereinigte sich über eine neue historische Preisfrage. s.
unten. lit. h.
Am 30. Sept. Die Mitglieder lasen ihre schriftlichen Vota
über die eingesandten sieben Biographien Kais. Ludwig des B. Die
Entscheidung ist oben p. V erwähnt worden.
e Am
XXNIV © Geschichte .
Am 9. Nov. wurden abermals mehrere handschriftliche Ein-
sendungen des Hn. Archiv. Oester reicher vorgelegt. — Das k.
Landgericht zu Wassertrüdingen im Rezatkreise schickte in einem
alten Gemäuer gefundene Gold- und Silbermünzen ein, 354 fl. am
Werth; dieser wurde den Findern mit einer Zugabe ersetzt, und
noch drey silberne Jettons der Akad. beygefügt. "
In den letzten drey Sitzungen des Jahres ıgıı, am 16. und
23. Nor. und 28. Dec. war die Classe mit administrativen und die
Observranz betreffenden Gegenständen beschäftig. — Eben so in
der. ersten Sitzung des Jahres ıg12, am 29. Jan,
Den 22. Febr. ıgı2 las der Secretär eine Untersuchung des
Hn. Archiv. Oesterreicher in Bamberg: „ob der letzte Herzog
von Meran Otto II. eines gewaltsamen Todes gestorben sey?“ —
Hr. Dir. v. Obernberg machte einen Antrag, wie die Nachgra-
bungen nach den Alterthümern und Ruinen in der Gegend von Ta-
charding am zweckmälsigsten fortzusetzen wären.
Am 21. März und 18. April Vorlesung von Abhandlungen des
Hn. Arch. Oesterreicher „über das Geschlecht des Erzbischof
Aribo zu Mainz“ und das Geschlecht des Bamberger Bischof Her-
man II. u. s. w.
Am 26. May. Die Urkunden von der Münchner Kirche zum
h. Geist wurden zur Auswahl für den XXI. Bd. der Mon. Boica vor-
gelegt. — Der Secretär las einen Aufsatz über die Bewohner des
Schlos-
der Akademie. XXXV
Schlosses Wittelsbach vom scheyrischen Hause, worinn er zeigte,
dafs der erste Herzog scheyrischer Abkunft, Otto major, keineswegs
'zu Wittelsbach, sondern zu Wartenberg im Landgericht Erding,
dann zu Hellheim gewohnt, und dafs das Schlols Wittelsbach nur
denjenigen Otto, wegen dessen das Schlofs Wittelsbach selbst
vom regierenden bairischen Herzog Ludwig zerstört worden ist,
und vorher den Vater jenes Otto zu Bewohnern gehabt habe. —
Der Hr. Reichs-Arch. Dir. und Geh. Refer. Lang las eine histor.
Abhandlung: „Die Entstehung des jetzigen baierischen Staates aus
seinen einzelnen Bestandtheilen nach den ältesten Geschichtsmomen-
ten entwickelt.“ (s. in diesem Bande.)
Am 9. Jun. durch k. Rescript vom 28. May wird das zeithe-
rige Ehrenmitglied der Ak., Ob.Fin.Rath v. Sutner unter die or-
dentlichen frequentir. Mitglieder dieser Classe versetzt. — Der Se-
eretär las auf Veranlassung eines k. Rescripts, eine Darstellung über
das zeitherige Verfahren bey Herausgabe der Mon. Boica; die Clas-
se ernannte hierauf ein Commite, welches die fernere Herausgabe
der letzten Bände der Mon. Boica zu leiten haben soll.
Am 28. Jul, las das gegenwärtige, corresp. Mitglied, Hr. Arch.
_ Oesterreicher eine Abh. über die Abstammung des Bamberg.
Bischofs Eberhard I. — Hr. Dir. Streber eine von dem Hn.
Landrichter zu Laufen Seethaler eingesandte topograph. Beschrei-
bung „der Veste und des See’s Abtsee und deren Umgebungen. —
Am 29. Aug. wurden der Classe unter andern zwey einge-
e ? ? sandte
XXXVI Geschichte
sandte Abhandlungen vorgelegt: von Hn. Roger Schranzhofer,
Tumultus rusticorum Majensium, ex litteris missivis, ex relationibus,
diariis et actis Meranensibus compacta; — vom Hn. Prof. Deuber
in Bamberg: Pfalzgraf Hermann von Stahleck 1138— 1157,
eine historisch - diplomatische Untersuchung.
Am 30. Sept. Vorlegung von 46 durch Hn. Landrichter Wild
zu Wetterfeld eingeschickter, von einem Hirtenknaben gefundener
alter Groschen von Bischöfen, Herzögen und Städten. — Hr. Adr.
Dr. Jacob machte der Akad. mit drey seltenen baierischen Medail-
len ein Geschenk.
Am 31. Oct. Hr. Dir. Streber erstattete der Classe Bericht _
über seine im September nach Regensburg unternommene Reise
zur Uebernahme der Münz- und Gemmensammlung des Hn. Fürst-
Abts von St. Emmeran. — Hr. Geh. Refer. und Reichs-Archir. Dir.
Lang legte eine aus dem Nürnberger Archiv erhaltene geschriebe-
ne Liedersammlung des Meistersängers Beham, ohngefähr aus dem
J. 1350 vor, welches Mspt. dann an die k. Centralbibliothek abgege-
ben wurde. — Ebenderselbe machte die Klasse durch Anschauung
mit der bis jetzt ältesten Original-Urkunde des Reichs-Archives, von
Kaiser Karl dem Grofsen, aus dem J. 794 bekannt, und zur beleh-
renden Vergleichung mit einer verfälschten aus dem Passauer Ar-
chiv von 802.
Am 25. Nor. Mittheilung eines kön. Rescripts vom 5. Nor.,
wodurch der historischen Classe der Auftrag geschieht, eine histor.
chro-
der Akademie XXXVU
chronologische Beschreibung” der im Eingange zur k. Schatzkammer
befindlichen Familien-Portraits herzustellen; Hr. Geistl. Rath We-
stenrieder und Dir. Streber übernahmen den Vollzug; — ei-
nes andern k. Rescripts v. 20. Nov., wodurch dem k. Münz-Cabinct
die in dem Dechanthofe der alten Capelle zu Regensburg vorgefun-
denen Medaillen gegen Ersatz des Metallwerthes zugesprochen
werden. -
Am 28. Dec. ıgr2. Mittheilung eines k. Reskripts v. 7. Dec.,
wodurch der Ob.Fin.Rath v. Sutner an die Stelle des verstorbe-
nen Geh. R. v. Krenner zum Mitglied der Administrations-Comm.
über das k. Münz-Cab. ernannt wird. — Es wurde ein Bericht des
Hn. Archiv. Zirngiebl in Regensburg über die Grabsteine zu St.
Emmeran vorgelesen. — Der Secretair legte der Classe die Vorrede
zu dem XXI. Band der Mon. Boica vor. — Dem Hn. Dir. Streber
wurde durch ein kön. Rescript die allerhöchste Zufriedenheit mit dem
Geschäft der Uebernahme des Münz- und Gemmencabinets des Hn.
Fürst-Abt v. St. Emmeram bezeugt, so wie solches auch dem letzteren
durch Auftrag an das k. Gen.Commissariat des Regenkreises gesche-
ken war.
Die Classe *) beförderte den 2osten und 21sten Band der Mon.
Boica zum Druck; der letztere enthält die Supplemente zu den in den
vo-
*) An aufserakademischen schriftstellerischen Arbeiten erschienen von den Mitglie-
dern der historischen Classe :
Vom Hn. Geistl. Rath Westenrieder der XVlIIte und XIXte Jahrgang
seines
XXXVII Geschichte: ' .
vorigen Bänden gelieferten Münchner Klöstern und Kirchen, und die
Documente des ehemaligen Rlosters St. Salvator zu München. — Die
oben erwähnte, in der Sitzung am 9. Jun. 1812 festgesetzte Commis-
sion, welche unter Mitwirkung des inzwischen organisirten Reichsar-
chives, mit geschärfter Kritik und erhöhter Sorgfalt sich die Beendi-
gung dieser Urkundensammlung angelegen seyn läfst, hielt mehrere
Versammlungen (den ı1. Jun., den 2. Jul., den ı8. Jul., den ı. Dec.
1802), in welchen die Bestimmung des Inhaltes der künftigen Bände
"den Gegenstand der Berathungen ausmachte.
Eben so hielt die Administrations- Commission über das
k. Münz-Cabinet mehrere Sitzungen, deren Protokolle der histo-
rischen Classe vorgelegt wurden. Die Bereicherungen, welche die-
ses kostbare Attribut der Akad. in den Jahren 1811 und ı2, besen-
ders durch das Hinzukommen der ehemaligen Cousineryschen Samm-
lung und der des Hn. Fürst-Abtes von St. Emmeram bekommen
hat, sind so merkwürdig, dafs sie hier nur erwähnt werden können,
und dafs nun um so mehr die Fortsetzung der Geschichte dieses
belehrenden, jetzt unter die ersten Institute seiner Art gehörenden
Münzschatzes von dem Aufseher desselben baldigst zu wünschen ist.
; Wie
seines historischen Kalenders; — der gte Band der Beyträge zur vaterländi-
schen Geschichte,
Vom Hn. Hofr. Breyer: Geschichte des 3ojährigen Krieges. Nach- unge-
druckten Papieren. 1811. I. Bd. 8. — Beyträge zur Geschichte des 3ojährigen
Krieges. ı812, 8, — Leben Geofrey Chaucers. Nach dem Englischen Hn.
Will, Godwins frey bearbeitet, ı8ı2. 8,
Vom Hr. Geh, Refer. und Reichs-Arch. Dir. Lang: Neuere Geschichte des
Fürstenthums Baireuth. Illter Theil. Nürnberg, ı8ı1. 8.
der Akademie. XXXIX
Wie viele und wie reiche Vermehrungen, welch grofse Fortschritte
in der Anordnung des Ganzen hat derselbe aufzuzählen, seit er die
Geschichte des ihm anvertrauten Schatzes in dem Band der Denk-
schriften für 1808 dem Druck übergab!
g) Preisaufgabenm.
. Von dem zugesprochenen Preise für die befriedigendste Bio-
graphie Kaiser Ludwig’s des Baiern ist oben Seite V bey Erwäh-
„aung der ıoten öffentlichen Sitzung Nachricht gegeben worden.
*
* *
In der zwölften öffentlichen Sitzung, am 28. März ı812
wurde cine historische Preisaufgabe für das J. 1814 bekannt
gemacht, worüber das ankündigende Programm also lautet:
Da von bewährten Geschichtforschern die Herzoge Wilhelm IV. und Al-
brecht V. von Baiern unter die gelehrten, und für Wissenschaft und Kunst beson-
ders thätigen Fürsten, ihres Zeitalters gezählet werden, so wird eine gründliche Dar-
stellung dessen, wodurch sie diesen Ruhm erworben, einen willkommenen Beytrag zur
Kenntnifs einer der wiehtigsten Epochen der baierischen Geschiehte geben. Diese Er-
En: veranlafst die historische Klasse der königl. Akademie der Wissenschaften,
Kenner und Freunde der Geschichte zur Lösung folgender Aufgabe einzuladen:
„Was ist von den beyden Herzogen von Baiern, Wilhelm IV. und Albre cht P.
„unmittelbar selbst, oder vermöge ihrer Unterstützung und Aufmunterung durch An-
„dere unter ihrer Regierung für Wissenschaften und Künste geschehen, — und wel
„ches
XL Geschichte
„ches war überhaupt der Zustand der höhern Geistesbildung in Baiern während jener
„Periode?‘* »
Die Absicht der Akademie ist nicht, blofs eine Zusammenstellung der einzel-
nen hieher gehörenden Notizen zu erhalten, die in vielen, dem Gelehrten wohl bekann-
ten, Werken zerstreut sind. Allerdings wird eine sorgfältige Sammlung dieser Noti-
zen, aber auch, und vornehmlich eine geschickte Verarbeitung derselben erwartet; da-
mit der bemerkte Theil der Regierungsgeschichte beyder Herzoge in historisches Licht
gesetzt werde, welches nur durch vollständige Entwickelung sowohl der Ursachen als
der Wirkungen und durch strenge Nachweisung ihrer Verbindung zu erreichen ist, —
Demnach wird zuerst der Zustand darzustellen seyn, in welchem jeder der erwähnten
Herzoge Wissenschaft und Kunst in Baiern beym Antritte seiner Regierung fand, So
wünschenswerth es ist, dafs diese Darstellung, so weit sie Baierns Eigenthümlichkeit
betrifft, umständlich werde; so verdienstlich wird es seyn, dasjenige, was über Deutseh-
land und Europa entweder vorangestellt oder beygefügt werden muß, durch wenige,
jedoch befriedigende Züge anzudeuten. Ausführlich ist hiernächt die ganze Thätigkeit
der beyden Herzoge für die Wissenschaften und Künste, in Verbindung mit der in
dieser Hinsicht hervortretenden Wirksamkeit der Zeitumstände zu schildern: wie durch
Anlage, Erziehung, Fortbildung im Leben, diese Fürsten Sin® und Tüchtigkeit für so
edle Betrebungen erlangt, welche Anstalten für die höhere Geistesbildung sie getrof-
fen; welche Unterstützungen, Ermunterungen und Beförderungen, Gelehrsamkeit und
Kunstilleifs ihnen verdanken; auf welche Art Umstände und Zeitgeist günstig oder un-
günstig eingewirkt, Vorliebe zu einzelnen Fächern oder Abneigung hervorgebracht,
auch die Behandlungsweisen bestimmt haben? — so dals nicht nur die Stufen, auf
welche Wissenschaften und Künste sich damals erhoben, sondern auch die Mittel of-
fenbar werden, durch welche sie dahin geliehen, und das Verdienst, welches daran
den zwey Herzogen gebührt. Nach dieser Ausführung ist dasjenige, was aus dersel-
ben sich ergeben wird, in eine Uebersicht zu fassen, die nun, als Gegenstück zu jener
ersten vorbereitenden, das Resultat der Fortschritte der höheren Geistesbildung unter
beyden Regierungen darstelle, somit den richtigen Maafsstab zur Schätzung ihres Wer-
thes in Vergleichung mit jener frühern Zeit darbiete. — Ueber die Form dieser Ar-
beit gedenkt man zwar nichts vorzuschreiben. Den Gelehrten, welche sich derselben
unterziehen wollen, kann es indessen nicht entgehen ‚- dafs der Gegenstand nicht min- '
der
der Akademie. ö XLI
der die historische Kunst, als die Forschung in Anspruch nehme. Ein wohl geordne-
ter, einfacher, ruhiger und klarer Vortrag, eine dem Gegenstand vollkommen angemes-
sene, würdige Sprache wird unerläfsliche Bedingung seyn. Die Akademie wünscht,
dafs das Werk, dem sie als dem gründlichsten, den Preis zuerkennen wird, auch das
am besten geschriebene seyn möge.
Die Preisschriften, lesbar und von einer andern, als des Verfassers Hand
goschrieben, werden mit einem Sinnspruche bezeichnet, welcher auch auf das versic-
gelte, den Namen des Verfassers enthaltende Blatt zu setzen ist. Sie werden vor dem
38. März 1814 an den General-Selretär der Akademie der Wissenschaften eingesandt.
Die Entscheidung wird am Maximilianstage 1814 bekannt gemacht werden.
Der Preis besteht in fünfzig Dukaten. — Die gekrönte Schrift ist ein Ei-
genthum der Akademie; das Original wird in ihr Archiv niedergelegt. Sie wird einem
Verleger übergeben, um in dem Formate der akademischen Denkschriften gedruckt zu
werden. Das Honorar, welches der Verleger dafür bezahlt, wird dem Verfasser, ne-
ben dem Preise, zugestellt. — Auch alle übrigen nicht gekrönten Schriften werden
in das Archiv der Akademie gelegt, nachdem die verschlossenen Zettel, welche die
Namen der Verfasser enthalten, in einer Versammlung uneröffnet vernichtet seyn wer-
den. In dem Falle, dafs ein Verfasser keine Abschrift zurückbehalten hätte und eine
solche zu erhalten wünschte, wird sie ihm auf sein Anmelden zugefertigt werden.
In der vierzehnten öffentlichen Sitzung, am 13. Oct, 1812
wurden zwey physikalische Preisfragen bekannt gemacht, und dar-
über folgendes Programm ausgegeben:
I.
Zu denjenigen neuern Forschungen in der Physik und Chemie, die besonders
tief eindringend sind, gehören ohne Zweifel auch die des Physikers Dalton. Die
Akademie meynt daher dem Bedürfnisse jener Wissenschaften zu entsprechen, wenn
f sie
XL Geschichte
sie die bereits begonnene Prüfung jener Forschungen zu beleben und entscheidende
Resultate derselben zu bewirken sucht; sie stellt desbalb folgende Preisfrage auf:
„Was gehet aus Dalton's bekannten Untersuchungen über die Verdünstung der
Flüssigkeiten, den Zustand gemischter Gasarten u. s. w, als bewährte Thatsache
hervor? Welcher Gewinn überhaupt für die Physik und Chemie ergiebt sich aus
ihnen? Was für Aussichten bieten sie für die weitern Fortschritte dieser Wissen-
schaften dar?“ —
Die Akad. der Wissensch, wünscht nicht nur, dafs bey Lösung dieser Aufga-
be entwickelt werde, was durch Dalton’s eigene Versuche, dann durch die gleich-
zeitigen ähnlichen anderer Naturforscher, wie Schmidt's, Gay-Lussac’s, und
durch die frühern verwandten, zum Theil aus andern Gesichtspunkten angestellten,
Saussure's, de Luc's, u. a, sicher dargethan ist, — dafs diese Versuche, wo sie
noch zweifelhaft sind, durch neue geprüft, und wo die Natur der Sache es zuläfst,
weiter fortgeführt werden: sondern sie wünscht auch durch eindringende Kritik ausge-
führt zu sehen, ob und in wie fern die theoretischen Ausichten, welche Dalton in
Folge seiner Untersuchungen aufgestellt hat, in diesen wirklich begründet und mit äl-
teren erwiesenen Thatsachen und daraus abgezogenen Grundsätzen in Uebereinstim-
mung zu bringen sind; oder, wenn dieses nicht der Fall wäre, welche Berichtigungen
und Erweiterungen unsere bisherigen Ansichten dadurch erhalten?
Da die bisherigen Verhandlangen über diesen Gegenstand noch nicht sehr
zahlreich und Be zu übersehen sind, auch die experimentale Untersuchung
nicht gar zu schwierig und ausgedehnt ist, so wird zum Schlufs der Einsendungszeit
preiswerbender Schriften der ı2. October 1813 bestimmt, worauf bey der Feyer des
Stiftungstages der Akademie am ı8, März ı814 der Ausspruch erfolgen soll
Der Preis besteht in Hundert Dukaten,
Mm.
Das Stickgas, dafs den gröfsten Theil der Atmosphäre, dieses Schauplatzes,
Erregungs- und Unterhaltungs - Mittels aller auf der Erd-Oberfläche vorgehenden Pro-
zesse,
der Akademie. ; XEHI
zesse, ausmacht und in seinen Eigenschaften in vielfacher Hinsicht so besonders sich
auszeichnet, hat bisher allen Bemühungen der Naturforscher, seine innere Natur und
Genesis zu ergründen, Trotz geboten. Gleichwohl, scheint es, ist der Zustand der
Dinge gegenwärtig ein solcher, dafs auf der eiuen Seite, ohne Enthüllung derselben,
die Wissenschaft keine bedeutenden Fortschritte machen, und besonders keinen inne-
ren Zusammenhang und Schlufs erlangen kann, und auf der andern Seite, dafs man
an die Gränze gekommen ist, wo es nur eines genialischen Blickes, eines glücklichen
Griffes bedarf, um den Schleier zu heben und eine, alle bisherigen überglänzende
Epoche in der Naturkenntnils herbey zu führen. — Die Akademie wünscht deshalb,
die Aufmerksamkeit der Naturforscher vorzüglich und anhaltend auf diesen Gegenstand
zu richten, und wirft die Preisfrage auf:
„Welches ist die Natur und Erzeugungsweise des Stickgases?‘“
Sie erwartet bey Beantwortung dieser Frage a) eine so viel möglich vollstän-
dige, mit Anführung der Quellen belegte Geschichte und Würdigung der bisherigen
Beobachtungen, Versuche und Betrachtungen über ‘das Stickgas. Die Vergleichung
derselben unter sich und mit dem gegenwärtigen Stande der Wissenschaft muß noth-
wendig schon zu merkwürdigen und wichtigen Resultaten führen; — 5) Neue Versu-
ehe, durch welche man zur Lösung jener Aufgabe gelangen könnte. Die-für die erste
Abtheilung geführte Untersuchung wird dazu reichen Stoff darbieten, und die Akade-
mie will.daher der Eigenthümlichkeit jegliches Preisbewerbers darin nicht vorgreifen.
Nur’ mufs sie wünschen, dafs hey dieser Gelegenheit so. manche umlaufende zweifelhaf-
te oder nicht von allen Seiten betrachtete Versuche, die auf den Gegenstand der
Frage Bezug haben, nach ihrem wahren Werthe bestimmt und völlig durchgeführt
werden,
Die Akademie erkennt sehr wohl, wie die Wichtigkeit der Aufgabe, so die
Gröfse der Arbeit, welche ihre Lösung erfordert, Sie bestimmt daher den Zeitraum
von zwey Jahren für .die Einsendung der preiswerbenden Schriften, nemlich bis zum
*2. October ı814, und setzt den doppelten Preis von zweyhundert Ducaten. Der Aus-
spruch über die eingekommenen Preisschrifien wird bey der Feyer des Stiftungstages,
den 28, März 1815 geschehen,
S e f® Da
XLIV Geschichte
£ Da der eigentliche Zweck der Aufgabe ist: die Natur und Erzeugungsweise
des Stickgases kennen zu lernen, die wirkliche und völlige Lösung dieser Aufgabe aber
keine andere als eine durchaus gute und befriedigende seyn kann, so wird demjenigen
Naturforscher , welchem diese Lösung wirklich gelingt, jener volle doppelte Preis zu-
erkannt werden, auch wenn er den Theil der Aufgabe, der das Geschichtliche des Ge-
genstandes betrifft, nicht erfüllt hätte, und die Zuerkennung soll nach erfolgter Prü-
fung und Bewährung der Angaben bey der dann nächsten feyerlichen Veranlassung ge-
schehen, wenn die Lösung beträchtlich vor dem angesetzten Zeitraum erfolgt wäre,
um bey der Wichtigkeit des Gegenstandes für die ganze Naturforschung das Bekannt-
werden der Entdeckung nicht aufzuhalten und auch dem Verfasser die Ehre der Ent-
deckung zu sichern. Im Fall aber eine solche völlige Lösung nicht erfolgte, wird
die Akad. d. Wissensch. nach Ablauf des bestimmten Zeitpunktes dennoch für diejeni-
ge von den eingegangenen Schriften, welche den Forderungen der Aufgabe am besten
nachkommt und über den Gegenstand das meiste Licht verbreitet, eine dem Werthe
der Schrift und der Beschaffenheit der angestellten Versuche entsprechende angemes-
sene Belohnung in Antrag bringen. °
So eine gänzliche Freyheit jedem Preiswerber in seinen Ansichten und in der
Behandlung des Stoffes bey obigen Preisfragen gelassen ist, so bedingt die Akademie
doch ausdrücklich Folgendes: ı) dafs in den zu erwartenden Preisschriften die Dar-
stellung einfach und deutlich sey und wie sie für eine Untersuchung geeignet ist, die
überhaupt wissenschaftlich, nicht in irgend einer besondern Form geführt wird;
2) die Versuche müssen so weit geführt seyn, dafs sie unter den bestimmten Bedin-
gungen in der Wiederholung gelingen, weshalb alle bey Anstellung derselben beach-
teten Momente anzugeben sind, theils um den Grad der Vorsicht, die dabey Statt
fand, und des Zutrauens, das sie verdienen, beurtheilen zu können, theils weil zur
Beurtheilung der Preiswürdigkeit die Wiederhohlung wenigstens der Hauptversuche
nöthig ist.
Die preiswerbenden Schriften , lesbar und von einer andern als des Verfas-
sersHandgeschrieben, werden mit einem Wahlspruch bezeichnet, welcher auch auf das ver-
siegelte, den Namen des Verfassers enthaltende Blatt zu setzen ist. Sie werden vor
Ablauf der oben bestimmten Zeiträume an den Secretair der physikalischen Klasse
eingesandt.
"Die
der Akademie, XL\
Die mit dem Preise gekrönten sind Eigenthum der Akademie; das Original
wird in ihr Archiv niedergelegt Sie werden einem Verleger übergeben, und im For-
mate der akademischen Denkschriften gedruckt. Das Honorar, welches der Verleger
dafür bezahlt, wird dem Verfasser neben dem Preise (oder der im angeführten Falle
zu ertheilenden Belehnung) ebenfalls zukommen.
Auch alle übrigen nicht gekrönten Schriften werden in das Archiv der Aka-
demie gelegt, nachdem die verschlossenen Zettel, welche die Namen der Verfasser ent-
halten, in einer Versammlung uneröffnet vernichtet seyn werden. In dem Falle, dals
ein Verfasser keine Abschrift zurückbehalten hätte und eine solche zu erhalten wünsch-
te, wird sie ihm auf sein Anmelden zugefertigt werden,
Es gehet demnach der Einsendungstermin für die erste phy-
sikalische Preisaufgabe, über die Verdünstung der Flüssigkeiten,
den 12. Oct. 1813 zu Ende; — der für die historische, den 28.
März,‘ 1814; — der für die zweyte physikalische den nn.
Oct. 1814. Der Ausspruch erfolgt in der jedesmaligen nächsten
öffentlichen Sitzung.
Ah) Veränderungen im Personal.
Die Akademie verlor in den Jahren ıgıı und ı2 durch den
Tod vier residirende Mitglieder, drey Ehrenmitglieder; und
dreyzehn unter den auswärtigen und correspondirenden.
Besidirende:
am 10. April ıgı1 den geistl. Rath und Unterbibliothekar
-Ignatz Hardt;
am 27. Jun. ıgır den k. Geheimen Legat. Rath Joh. Lud.
Reinwald;
am
XLVI Geschichte
am 13.Jan. 1812 den k. wirkl. Geh. Rath und Vorstand des
Reichsherolden Amtes Joh. Nep. Gottfr. v. Krenner *);
am 29. Oct. ıgr2 denMed.Rath Dr. Joh. Melch. Güthe.
Ehrenmitglieder :
Am 16. Dec. ıgır den k. Rechnungsbeamten Franz Xaver
Ruedörfer.
Am’ 6. Febr. ıg12 den k. Obersthofmeister u. s. w. Grafen
Anton v. Törring- Seefeld.
Am ıg9. Dec. Joachim Schubauer, k. Kreisschulrath in
Regensburg.
Auswärtige ordentliche und cerrespondirende Mitglieder.
Den Buchhändler Nicolai und Prof. Spalding in Berlin; —
Dr. Careno in Wien; — den russ. Staatsrath Pallas, gestor-
ben in Berlin; — v. Murr in Nürnberg;— v.Schreber und Esper
in Erlangen; — Griesbach in Jena; — Heyne in Göttingen; —
Wildenow in Berlin; — Hegewisch in Biel; — Nagel in
Moosburg; — Larcher in Paris.
: Zöglıng:
Am 18.May 1312 den Zögling der Akad., Ignatz Mayer, zw
Landshut.
Der Präsident der Akademie, Hr. geh. Rath v. Jacobi, suchte
wegen seiner Gesundheit bey Sr. Kön. Maj. um die Versetzung in den-
Ruhe-
*) Das biographische Denkmal desselben uni des Grafen von Törring- Seefeld
folgt als Beylage dieser Geschichte der Akademie in den zwey letzten Jahren.
der Akademie, XLVI
Ruhestand nach, und erhielt die Gewährung seiner Bitte durch ein ch-
renvolles kön. Rescript vom 18. Sept. ıgı2. — Die dadurch veran-
lafsten Veränderungen s. oben p. XlI angeführt. —
Hr. Adjunct Waller bat wegen andauernder Kränklickeit um
Entlassung, und’ erhielt solche mit dem Ausdruck der Zufriedenheit
unseres allergnädigsten Königes.
* *
Hinzugekommen sind zu den ordentlichen residirenden Mitglie-
dern: Hr. Ob.Fin.Rath v. Sutner (vorheriges Ehrenmitglied) und Hr.
‘Geh. Referend. und Reichs-Arch.Director Lang. —
Zu den aufserordentlichen wirkl. Mitgliedern: Hr. Prof.
Stark. — Hr. Ob.Fin.Rath Dr. Roth. —
Zu den Ehrenmitgliedern: Hr. Graf von Rzewuski. — Zu
‚den auswärt. ordentlichen und correspond. Mitgliedern, die HHn. Geh.
Hofr. und Dr. Med. Harles in Erlangen; — Ritter v. Cobresin
Augsburg; — Pfarrer Pfister im Würtembergischen; — Prälat
Schmid in Ulm; — Archivar Oesterreicher in Bamberg; —
Brunacei in Mayland; — Monteiro in Paris; — Dir. v. Schrei-
bersin Wien; — Prof. Steffens in Halle; — Prof. v. Raumer in
‚Breslau; — Prof. Tiedemann inLandshut; — Med.Rath Dr. Hop-
pe in Regensburg ; — Hofr. v. Hammerin Wien. —
'Zu den Adjuncten der Hr. Conseryat. Dr. Spix; — Hr. Prof.
'Thiersch; — Hr. Biblioth.Custos Docen;— Hr. Oppel.
— Und
XLVII Geschichte
*
* *
— Und so liegen dann in der gedrängten Uebersicht dessen,
was in den letzten Jahren für die Akademie der Wissenschaften ge-
schehen und durch sie bewirkt worden ist, abermals die Beweise der
ermunternden Huld vor Augen, mit welcher unser höchstverehr-
ter König unsere grolse Stiftung förderte; die Beweise des Wohl-
wollens und der Theilnahme der ersten Männer des Staates und der
verdienstvollesten Vaterlandsfreunde ; die Beweise des Zutrauens und
der Achtung auswärtiger wissenschaftlicher Verbindungen und einzel-
ner angesehener Gelehrten, so wie die des regen Eifers der Mitglie-
der, dem Zwecke ihrer preiswürdigen Verbindung zu entsprechen, die
literarischen Schätze des Vaterlandes treu zu bewahren, zu vermehren
und nutzbar zu machen, die Wissenschaften- selbst zu fördern und zu
erweitern, dadurch den Ruhm Baierns zu erhöhen, und sich auf diese
Weise dem Besten der Könige dankbar zu beweisen, Ihm, unter Dem
so viel Schönes und Ruhmwerthes in einem glücklichen Reiche gedeiht,
und Dem wir in unserm einsamen und öffentlichen Leben täglich dafür
die reinsten Opfer unaussprechlicher Verehrung darbringen.
München, den ı. Januar 1813.
Der Generual- Secretair
der RK. Ak. der Wiss.
Anden-
augen koe:‘n
an die beiden
jüngstverstorbenen Mitglieder der Akademie der
Wissenschaften zu München,
Grafen Anton von Törring zu Seefeld,
“
Sr. Maj. des Königs von Baiern Obersthofmeister, Grofskreuz des St,
Huberti Ordens’ etc.
und
Joh. Nepomuk Gottfried von Krenner,
Commandepr des Ordens der ‚Baier, Krone, Kön, Baier. wirkl. geheimer Rath
Chef des Heroldenamtes, und Directors der Kön. Central -Bibliothek.
®
Vorgele sen
in einer öffentlichen Versammlung der Akad. am 28, März 1812.
von
dem Gen. Secretär derselben.
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München, INBNLLZ2.
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Kirn sind einige Monate seit der letzten öffentlichen Versammlung
unserer Alktademie verflossen, und schon betrauern wir abermals
den Verlust zweier vieljährigen verehrten Theilnehmer unsers Ver-
eines, des Ehrenmitgliedes Grafen Anton von Törring Seefeld,
der seit 47 Jahren ihm zugehörte und jetzt sowohl an Lebensjahren
als an Dauer seiner Verbindung mit uns der Älteste darin war —
und des ordentlichen Mitgliedes, Joh. Nepomuk Gottfr. von
Krenner, seit 30 Jahren des unsrigen, — beide vielfach verdient
um das Vaterland, um diese Stiftung und um die Kultur der Wis-
senschaften in diesem. Lande, theils durch Beispiel und Ermunte-
rung, theils durch eigene Theilnahme, Lehre und Forschung.
Es ist eine rühmliche Sitte, dals keiner aus diesem wissen-
schaftlichen Bunde scheiden soll, dessen Urne wir nicht in einer
unserer feierlichen Versammlungen mit einem Kranze von Immer-
grün umwinden ; und wem gebührte diese Huldigung gerechter, als
denjenigen, die, ihre eigene schöne Gesinnung in Achtung würdiger
Vorfahren bewährt haben, dem Grafen Anton von Törring-
Seefeld, der einst vor 34 Jahren das Andenken des verdienstrei-
chen Icekstadt in dem Kreise unserer akademischen Vorvordern
durch. eine öllentliche Rede ehrte 9, und unserm Krenner, des-
'sen letzte literarische Arbeit sich mit den uralten Bürgergeschlech-
tern
a) „Der Verlurst eines weisen Mannes bei dem Hintritt des Freiherrn von Ick-
stadt, Sr. kuril. Durchl. in Baiern geb Rath und Director der hohen Schule
zu Ingolstadt, abgelesen von Anton Grafen von Törring zu Seefeld, den 17,
April 1777. 4to. >
4
tern dieser Stadt beschäftigte, und der die verblichenen Züge ihrer
ehrenwerthen Namen mit frommer Mühe wieder auffrischte! °
So ist demnach dem Sprechenden der Auftrag geworden,
heute, am Feste der Stiftung unsers Vereines, das unser verehrli-
ches Mitglied, Hr. v. Sufner, mit einer Vorlesung ‚über die Ver-
fassung der ältern Gewerbs -Polizei der Stadt München” feiern wird,
zuvor dem Andenken dieser beiden, zulezt von uns geschiedenen,
um unsere Akademie vielfach verdienten Männer, nach alter guter
Sitte zu huldigen, und eine Blume dankbaren Andenkens auf ihre
frischen Gräber zu pflanzen,
Graf Anton von Törring-Seefeld, der Sprofse jenes
durch Alter ehrwürdigen Geschlechtes der Baiern b), aus welchem
diesem Laa:ıe in der lanzen Reihe seiner Geschichten so mancher
achtungswerthe Nane, wie einheimischer Heroen, erwachsen ist,
war noch unter der Regierung Kurfürst Maximilian Emanuels (22.
Jul. 1725) geboren, und sah demnach — ein seltenes Geschick —
fünf Regenten auf dem Throne des Vaterlandes. Seine Erziehung
— er erhielt bis in das ı5te Jahr Hausunterricht — erfüllte ihn
mit liberalen Ansichten der Gesellschaft, der religiösen und bürger-
lichen Verhältnilse, so dafs er bei seinem Hineinleben in ganz neue
Geschlechter und neue Fornen sich doch nicht überlebte, sondern
seinen frohen, hellen Geist in eine Enkelwelt mitbrachte und fest-
hielt. Als jüngerer Sohn ward er dem Kriegsstande zugetheilt und
trat unter Kaiser Karl VII. Regierung, 16 Jahr alt, in das Kürafsier-
Fıegiment, das von einem Glied seiner Familie, dem Feldmarschall
Grafen Törring, den Namen führte. Er diente 14 Jahre hindurch
und bis zum Rittmeister, und das mit aller der Anhänglichkeit und
Lust, die dieser Stand einer kräftigen Natur so leicht abgewinnt,
Als
b) S. Parnallus boieus. Bd. III. pag. 194, 276 ete. — W. Hund baierisches Stamm-
buch, H. 317. — Einzingers von Einzig Baierischer Löw. I. 109. etc. II. 541.
5
Als er vor 41 Jahren an dem heutigen Tage (den 28. März 1771)
zum Geburtsfeste unsers unvergelslichen Stifters, Kurfürst Maximilian
Joseph Ill, in der zu Alten - Oettingen entstandenen literarischen und
landwirthschaftlichen Gesellschaft ‚von den alten Verdiensten des
Baierischen Regentenhauses um das teutsche, Reich” sprach 9, so
entschuldigt er, vielleicht zu lange bei-Schilderung kriegerischer
Begebenheiten verweilt zu haben, damit: ‚da ein jeder von seinem
Lieblingsgegenstande reden zu können sich erfreue, er aber vca
Jugend an in den Waffen seine einzige Freude gefunden, so werde
sein rege gewordener Eifer gebilliget werden, wenn er sich bei je-
nen Thaten am längsten aufgehalten, die immer so vielen Reiz für
ihn gehabt hätten.” Die mit dem Kriegsstande verbundene Abhär-
tung in seinen frühern Jahren belohnte sich durch eine bis in das
höchste Alter dauerhafte Gesundheit, so dafs er noch nach seinem
goten Jahre an Jagdpartieen, die er von jeher liebte, Theil nehmen
konnte und mit Freuden Theil nahm.
Als sein älterer Bruder Maximilian ihm die-Rechte der Erstge-
burt abtrat (1755), verliels er den Kriegsdienst, verheirathete sich 4),
und lebte nun der Sorge für die Verwaltung seiner Güter und für die
Erziehung seiner Familie. Doch brauchte ihn Kurfürst Karl Theodor
späterhin zu wichtigen und ehrenvollen Geschäften und Sendungen ®);.
unser
e) „Gründliche Beweise von den vorzüglichen, uralten Verdiensten des durchl.
Hauses Baiern um das teutsche Reich, abgelesen von Anton Gr. v. Törring
zu Seefeld, der churbaier. Akad. d. Wiss. in München, wie auch landwirth-
schaftl. Gesellschaft zu Alten - Oetting Mitgliede, den 28. März 1771. 4. 36
Seiten.” Auch in Einauers Bibliothek zum Gebrauche der Baierischen
Staats- Kirchen- und Gelehrten -Geschichte. Bd. II. 1772. 8.
d) Mit der Gräfin Emanuele Marie Josephe Sedelnizi, aus einem alten polnischen
Geschlechte.
e), Er ernannte ihn zum wirkl. geh. Rath, dann zum bevollmächtigten Gesandten
5. an dem für Baiern so wichtigen Friedens-Congrels in Teschen (1779) und®
an das Hoflager des Königs von Preufsen; wenige Jahre nachher zum Kaın-
merpräsidenten und Finanzminister.
EZ
6 . or
ünser allergnädigster König ertheilte ihm zulezt das oberste seiner
Hofämter, und bewies ihm auf alle Weise Vertrauen und ehren-
des Wohlwollen.
Gleich, nachdem er den Kriegsdienst verlalsen hatte, machte
ihm die Verwaltung seiner ansehnlichen, theils an den reitzenden _
Ufern des Ammer- und Seefelder-Sees, theils im Ober- und Unter-
lande Baierns gelegenen Stammherrschaften, die Beschäftigung mit
dem Feldbau zu einer willkommenen Pflicht; er ergab sich ihr nun
mit Liebe, und füllte so, durch seinen frühern Dienst in der vater-
ländischen Armee, und durch die spätere ernstliche Betreibung der
Landwirthschaft, den schönen Beruf aus, der eigentlich dem Adel
eines Landes und Reiches obliegt. Damals, unter der preifswerthen
Regierung des Kurfürsten Maximilian Joseph III., regte sich überall im _
Baierischen Vaterlande der Geist einer rühmlichen und heitern Thä-
tigkeit. So wie schon die Stiftung der Akademie der Wifs. im J.
1759. eine Folge hiervon war, So wirkte diese mit Freude aufgenom-
mene und gedeihende Anstalt wieder rückwärts auf die Beförderung
und Verbreitung jenes Geistes. Denn wenn jemals eine Akademie
der Wils.-bey ihrem Entstehen den wohlthätigen Einflufs auf das
Ganze des Staates äulserte, den weise, Licht- und Ruhmliebende Stif-
„ter durch solche Anstalten zu erzwecken suchen, so that diels of-
fenbar unsere Akademie in jenen denkwürdigen Tagen. Wie etwa in
den Zeiten beym Wiederaufleben der Wilsenschaften um die Mitte des
ı5ten Jahrhunderts durch die mehrsten Länder Europa’s eine lebendige
und wetteifernde geistige Thätigkeit entstand und sich schnell ver-
breitete, so ergriff jetzt in diesem Staate eine begeisternde Freude an
Erkenntnifs der Naturgesetze und der Geschichte der Vorfahren alle
Gemüther. Prälaten der Kirche, Klostergeistliche, Adel und Ge-
schäftsmänner wetteiferten miteinander, an diesem Verein Theil zu
nehmen, ihm und dadurch dem Vaterlande Ehre zu machen." Es
war nicht das Weiterbringen der Wilsenschaften an sich, wonach
diese neue Akademie in ihrer Bescheidenheit und im richtigen Ge-
i fühl
©
7
fühl ihrer Kräfte zunächst strebte; es war mehr die Verbreitung von
Einsichten in die Gesetze der Natur, Zerstörung des Aberglaubens,
Belebung der Landeskultur und des Studiums der vaterländischen
Geschichte, was sie bezweckte und in vieler Hinsicht wohlthätig
bewirkte.
Gleich einer der ersten Präsidenten dieser Akademie war aus
der Törring’schen Familie gewesen f); jetzt sechs Jahre nach ihrer
Stiftung, nahm die Akademie auch diesen regsamen, Beyspielgeben-
den Landwirth, den Grafen Anton, unter ihre Ehrenmitglieder auf;
(1765.) er hielt sich dadurch für wirklich geehrt, und als die Aka-
demie 1768 einen Preis auf die beste Schrift über Verbelserung des
Hopfenbaues aussetzte, war er es, der sich unter die Mitbewerber
stellte, und defisen Schrift den Vorzug erhielt 8).
Das Wohlgefallen, die innige Freude an geselligem Wirken
und gegenseitigem Aufmuntern, erprobt an dem Bryspiel der Akad.
der Wils. erzeugte ähnliche Verbindungen zu bestimmten nützlichen
Zwecken im Vaterlande. So die landwirthschaftliche Gesellschaft
anfangs zu Alten-Oetting, später zu Burghausen bh). Graf Törring
Seefeld war eins ihrer thätigsten Mitglieder. Es ist vorhin schon
einer Rede erwähnt worden, die er 1771 zu Alten-Oetting hielt;
eini-
f) Der Kurfürstl. geh. Rath und Kammerpräsident Graf Emanuel von Törring. S.
“ Westenrieders Gesch. d. Akad. Th. I. p. 84 und ı09.
g) Anton Reichsgrafen von Törring zu Seefeld, der kurfürstl, Akad. d. Wifs. Mit-
glieds, „gründlich und nützlich erörterte ökonomische Preisfrage, so von ob-
besägter Akademie f. d. J. 1768. vorgelegt wurde, nämlich, ob der Baierische
Hopfen dem Böhmischen an Güte gleich sey? etc. München, 1769. 4.— Wei-
tere Abhandlung von Verbefserung des Hopfenbaues. München, 1773. 4. ı
k) Da diese Gesellschaft während der Zeit ihrer Dauer eines rühmlichen Namens
genols, so wird es den Freunden der vaterländischen Literargeschichte nicht
unwillkommen seyn, in der Beilage A. eine etwas ausführlichere Nachricht
über dieselbe zu finden,
8 TLPF EHRE
einige Jahre darauf that er, dafselbe, zu Burghausen, und sprach da
über die Erziehung der Jugend i). Seine Schrift, „über die Verbef-
serung der Wiesen“ !) zeugt von seiner lebhaften Theilnahme an die-
sen vereinten Bemühungen zur Emporbringung delsen, was das Wich-
tigste in jedem Lande, und vorzüglich in unserm Baierischen Vater-
lande ist, der Landwirthschaft. Von dem richtigen Gesichtspunkte
ausgehend, dals alles theoretische Behandeln dieses Faches wenig.
fruchtet, wenn es nicht mit wirklicher Anwendung und Ausführung
verbunden ist, wenn es nicht bis zum täglichen Leben des Landbe-
bauers heruntersteigt, stiftete Graf Törring 1789 eine eigene,. ganz
praktische Feldbauso cietät auf seiner Herrschaft Seefeld, die
vom Kurfürsten Karl Theodor öffentliche Bestätigung erhielt, die aus
Adel, Pfarrern, Beamten und Bauern bestand, und nach einem wohl
entworfenen gedruckten Plane und durch’ öffentliche zweckmälsige
Feyerlichkeiten zur Ermunterung des verbefserten Feldbaues vieles
beitrug !). Und wenn Graf Anton das Eingehen jener Gesellschaft
zu Burghausen und das Erkalten der Theilnahme an der zu Seefeld
mit Bedauern erlebte, so war es ihm durch seine Nestorjahre auch
wieder vergönnt, noch das Aufblühen des ganz in seinem Sinne ge-
stifteten grolsen Jlandwirthschaftlichen V ereins in Baiern zu
sehen, dieser wohlangelegten, umfalsenden, nicht genug zu preisenden
Anstalt, die sich ohne Geräusch gebildet und durch den Zusammen-
tritt der Einsichtsvollsten und Besten schon in den ersten Jahren
ihres Bestehens zu einer weitverbreiteten Wohlthätigkeit erhoben
hat. ö
In
1) Burghausen, 1777. 4-
k) In dem kurbaier. Intelligenzblatt und in den philos, Abhandlungen d. Akad,
d. Wiß. Bd. IX. p, 3oı.
1) S. Ulrich Birzele’s Kalender auf das Jahr ı791. Neuburg a. d. Donau. — We-
stenrieders Gesch. d. Akad. Th. IL. pag. 481. — Der baierische Landbot von
d, J. 1791. — Eine Nachricht über dieselbe, besonders aus dem angeführten
Kalender von Birzele gezogen, s, in der Beilage B.
9
In den Siebenzigern des vorigen Jahrhunderts versuchte sich
der Graf in einigen dramatischen Uebersetzungen und Arbeiten m),
die aber nur als Orts - und Zeiterscheinungen anzusehen sind und
keinen bleibenden Werth haben.. Zeugen sie indefs auch wirklich
nur von den ersten Anfängen der Geschmaksbildung für teutsche
Literatur in seinen damaligen Umgebungen, so wurde doch über-
haupt durch diese Versuche, unternommen von einem Manne seines
Standes und seiner Verhältnilse, hier der Wetteifer angeregt, dem
bald darauf unsere Bühne vaterländische Stücke von einem bleiben-
den VW\erthe verdankte, die sich bis auf unsere Tage mit Beifall
erhalten haben, und ein Eigenthum der Nation geworden sind.
" Jenes bethätigte herzliche Theilnehmen an Verbindungen zu
wissenschaftlichen oder „gemeinnützigen Zwecken ®) und diese Be-
rührungen mit der Literatur waren es unstreitig, welche die Akade-
mie vermochten, ihn 1780 zum Vicepräsidenten und späterhin (1793)
zum Präsidenten der Akademie in Vorschlag zu bringen, welches
auch von dem Regenten bestätigt wurde. WVaren nun gleich die
Wissenschaften dem Gesichtskreise entwachsen, in welchem er ei-
nige Bekanntschaft mit ihnen gemacht hatte, und konnte er zu
ihrer Förderung durch seine Leitung der Akademie nicht beitragen
so bleibt ihm doch der Ruhm, dals er über die Beobachtung der
Grundgesetze der Gesellschaft wachte, und aus zu grofser Anhänglich-
keit an das Alte keine Verbesserung hinderte, bis seine steigenden
Jahre es ihm*selbst wünschenswerth machten, dafs bey Erneuerung
und Erweiterung der Akademie ihm die Leitung derselben abgenom-
men würde. '
Graf
m) Der Zerstreute. Lustspiel a. d. Französ. 1773. — Der Schuster und sein
Freund. Lustspiel 1776. — Die Belagerung der Stadt Aubigny, ein heroi-
sches Sehauspiel. 1778, x
.
n) Hieher gehören noch: „Betrachtungen über die alten Deutschen,” eine Rede,
die er vor 3ı Jahren zur Feyer des heutigen Tages in der Akademie hielt.
München, 1781. 4.
Pr}
Io
Graf Törring- Scefeld hat Zeiten erlebt, die mit denen sei-
ner jugendlichen und männlichen Jahre einen geraden Gegensatz
bilden, wo die mehrsten Formen, die er als ehrwürdig gekannt
hatte, zerbrochen und von neuen, ganz abweichenden ersetzt wur-
den — und doch ward er kein mürrischer Greis. Frohsinn, Ge-
selligkeit, verschwiegene Treue gegen Freunde, Anerkennung frem-
des Verdienstes, ausgebreitete, beharrliche Wohlthätigkeit gegen
Arme und Leidende, — wovon sein vieljähriger Vorsitz in der hie-
sigen, im Stillen Gutes wirkenden mildthätigen Gesellschaft
allein schon Beweis ist — einfache Lebensart mitten unter den
Zerstreuungen des Hofes, und Härte gegen sich selbst begleiteten
ihn bis in sein g7tes Jahr, und vielleicht würde er auch jetzt dem
Alter noch nicht unterlegen haben, wenn er .die letztere an einem
rauhen Wintertage gegen die besorgten Aufiorderungen der Seini-
gen nicht zu weit getrieben hätte. Geschätzt und geehrt von sei-
nem Könige, gekannt und geachtet von dem ganzen Volke der
Baiern, that er, begleitet von dem Ruhm eines vorzüglich redlichen
Mannes und eines treuen, einsichtsvollen Patrioten — bescheidene
Beywörter, die aber, wie ein Heiligthum, so viel Ehrwürdiges in
sich schliefsen und vor dem Richterstuhl des Menschenwerthes viel
Glänzendere aufwiegen — that er als ein zufriedener, eine glück-
liche Reise vollendender Wanderer den Schritt in das Land jenseits
der Gräber, seinem geehrten, schon ih Enkeln fortblühenden Ge-
shlechte und uns allen das Bild seiner ungeschminkten Tugenden
zurücklassend. —
Ar
0
Durch eigentlich gelehrte Studien und Forschungen, so wie
durch eine fortgesetzte und sogar bis zu seinem frühen Tode im-
mer. wachsende Theilnahme war noch enger mit unserer Akademie
verbunden Johann Nepomuk Gottfried von Krenner, den
wır um so schmerzlicher betrauern, da er uns in der Mitte einer
- noch
I
noch kräftigen, vielseitigen Wirksamkeit entrissen worden ist. Es
giebt in der Geschichte der Staaten, der Kirche und der Wissen-
schaften Epochen, wo sich zwey Zeitalter trennen und scheiden,
wo in Folge grofser Begebenheiten eine Welt vor unsern Augen un-
_ ter- und eine neue hervorgeht, wo ganze Gebäude von Meinungen,
‘Gesetzen, von Herkommen zusammen sinken oder stürzen, wo die
Kenntnifs und Handhabung dieser Gesetze und Förmlichkeiten, die
bis dahin den, der sie besals oder übte, mit Ansehn und Würde
umgab, auf einmal zu einem Alterthum wird, das keinen Werth,
als den geschichtlichen hat. Dann stehen die Männer, die für jene
Verhältnifse und Formen sich gebildet hatten, und den vorigen Ge-
schlechtern dadurch wichtig waren, als einzelne, sehr merkwür-
dige, und, wenn .sie dabei eine höhere Bildung zeigen, und mit
Ruhe und Würde in. die neue Welt hereinschreiten, zugleich als
schr ehrenwerthe Repräsentanten einer untergegangenen Zeit da,
die mit ihren Fehlern und Vorzügen auf immer dahin ist, und nun
allein der Geschichte angehört. — Ein solcher war der geh. Rath
v. Krenner für die Kenntnis der Verfassung und Staatsrechtlichen
Verhältnifse des teutschen Reiches von seiner Entstehung in dem
Mittelalter bis ‚auf die jetzigen Zeiten. Gleich seinem berühmten
Lehrer Pütter trug er die ganze verwickelte Gesetzgebung, die
Gebräuche und Herkömmlichkeiten Teutschlandes, wie es durch
“ den Reichsverband zusammen gehalten wurde, mit treuer Liebe zu
defsen alterthümlicher Gestalt in seinem Gedächtnifse, war den
ältern Zeitgenofsen achtbar durch gemeinschaftliche Studien und
Erinnerungen, der jüngern Welt ehrwürdig durch seine gründliche
Gelehrsamkeit in vaterländischen Angelegenheiten und Geschichten,
beyden durch hohe Redlichkeit und Treue in seinen vielfachen
Berufsgeschäften.
Es ist ein rühmlicher und ehrenvoller Weg, auf welchem
er zu diesem Standort, der letzten Priode seines Lebens gelangte. —
Stammend yon einem, in ansehnlichen Aemtern stehenden Vater
ar * und
12 —
und gebohren in München (1759, ıı Jul.) erhielt er durch sorgfältig
gewählte Lehrer Privatunterricht, der so zweckmäfsig war, dals
sich früh die Liebe zu gründlicher Gelehrsamkeit bei ihm bildete.
Er besuchte die Universität zu Ingolstadt, wo unter andern
auch Weishaupt sein Lehrer war, und ging schon im zoten Jahre
nach Göttingen, um sich in den Fächern des Staatsrechtes, der
Diplomatik und der Staatenkunde noch mehr auszubilden und selbst
darin als Lehrer auftreten zu können. Pütter, Gatterer und Schlö-
zer waren die Meister, an die er sich vorzüglich hielt, und für die
er immerfort die gröfste Achtung beybehielt und äufserte. Der
Ruhm und das Ansehen, das sie als akademische Lehrer genolsen,
trugevorzüglich dazu bey, dafs auch er sich dem. akademischen
Lehrstuhl bestimmte und mit allem Ernst seines Wesens seinen
Studien diese Richtung gab.
Er wollte aber mit der theoretischen Kenntnils der verwick-
elten Verfalsung Teutschlandes und seiner höchsten Gerichtshöfe
auch die eigene Uebung verbinden, ehe er als Lehrer des vaterlän-
dischen Staatsrechtes aufträte. Er verweilte deshalb ein Jahr in
Wetzlar, (1780) um sich dort mit den Vorstehern und dem Gang
der Geschäfte am Reichskammergerichte bekannt zu machen. Der
Ruf seines Fleifses und seiner erworbenen Geschicklichkeit ver-
breitete sich schon vor seiner Zurückkunft in dem Vaterlande, und
so kam es, dafs ihm, dem sich auszeichnenden jungen Gelehrten,
die Akademie der Wissenschaften zu München das Diplom als aufser,
ordentliches Mitglied der historischen Clalse bereits nach Wetzlar
zusandte (2. Januar 1781.)
Sogleich nach seiner Zurückkunft ins Vaterland wurde er
zum öffentlichen Lehrer der teutschen Reichsgeschickte, des baier-
schen Staatsrechtes und der Europäischen Staatenkunde auf der
vaterländischen Universität zu Ingolstadt ernannt. Durch Achenwall
und Schlözer war die Statistik als eine neue, sehr belehrende,
Ge-
13
Geschichte und Geographie mannigfaltig belebende Wilsenschaft in
den Kreis der Universitätsvorträge eingeführt worden. J. G. von
Krenner war der erste, der auf der vaterländischen Universität dar-
über Vorlesungen hielt; zu dem Anziehenden des Gegenstandes selbst
kam der Reiz der Neuheit, und so hatte er allein schon durch diese
Vorträge sich den Weg zu einem schnellen und ermunternden Bey-
fall gebahnt. Eben so erwarb er sich, angeleitet durch seine be-
rühmten Lehrer zu einer vorurtheilsfreyen und kritischen Behand-
lung der Geschichte und des Staatsrechtes, in diesen Lehr-
fächern ein ungemeines Verdienst. Sein Hörsaal war gefüllt; durch
ihn belebte sich” das ernsthafte Studium der vaterländischen Ge-
schichte, des baierischen Staats- und Fürstenrechts, und noch erin-
nern sich jetzt viele angesehene Baiersche Staatsbeamte mit Dank-
barkeit seines durch Gründlichkeit sich auszeichnenden, an neuen
Ansichten reichen Vortrags. Er pflegte sich mit Sorgfalt vorzube-
reiten, beherrschte seinen Gegenstand und sprach dann mit grolser.
Lebendigkeit und Klarheit; seine Schüler hingen an seinem Munde-
Mehrere darunter, wie von Hellersberg, Fe/smaier und andere, ha-
ben sich in diesen Fächern als Lehrer und Schriftsteller einen rühm-
lichen Namen und ihm öffentlich Ehre gemacht. Auch war er be-
müht, durch Zutritt, den er seinen Zuhörern zu sich verstattete,
und durch geselligen Umgang zu ihrer Bildung beyzutragen.
Der Lehrer der Rechtskunde und namentlich des Staatsrech-
tes auf einer teutschen Universität hat dadurch einen schönen Be-
ruf, dafs sein Amt ihn nicht den praktischen Geschäften entirem-
det, und dafs wir also in ihm oft das sehen, was uns in der Grie-
chen- und Römerwelt mit so grofser Achtung und Bewunderung
erfüllt, einen durch gründliche, vielseitige Studien, durch den be-
ständigen Vortrag seiner Wissenschaft gebildeten Geist, aber zu«
gleich täglich bereit, dem Staate, dem Gemeinwesen, den Tribuna-
len, dem Regenten unmittelbare und in das tägliche Leben und
Wirken eingreifende Dienste zu leisten. Welch glänzende Reihe
von
14
von den erleuchtetsten verdienstvollsten, öffentlichen Beamten kann
die teutsche Staaten- und Literar- Geschichte aufweisen, die auf dem
akademischen Lehrstuhl ihren Blick für das Praktische schärften
und berichtigten, dann handelnd eintraten und die Wohlthäter und
der Ruhm ihrer Länder wurden! — Geh. Rath von Krenner zeigte
durch seine Lehrvorträge und durch einige Staatsschriften so viel
genaue Kenrtnifs von den vaterländischen Staats- und Fürstenrechts-
verhältnifsen, dafs er 1792 zum Fiskal bey dem Reichs - Vicariats-
Hofgericht ernannt, mit seinem Bruder in den Adelstand erhoben,
und das Jahr darauf als wirklicher Oberlandesregierungsrath, doch
mit Beibehaltung seiner Profefsur, angestelit wurde. Wenn man
ihn nach München in das Raths-Collegium einberief, so gab er
jüngeren Docenten den Auftrag, mit Unterstützung seiner Hefte die
Collegia zu vollenden, und trug so wieder dazu bey, dafs diese
Freude an dem Berufe des Lehrers fanden und mit Ehren darin
auftraten. — Wie mufste diese Verbindung des Lehramtes und 'der
praktischen Wirksamkeit Krenners Einfluls auf die Bildung der va-
terländischen Jugend zu Rechtskundigen Männern vermehren, da sie
in ihm den forschenden Lehrer und den ausübenden Beamten zu-
gleich sahen und ehrten, und vor seinem Lehrstuhl, wie die römi-
sche Jugend vor dem Richterstuhl des Prätors, sich in Auffassung
der Grundsätze des Rechts und in der Anwendung derselben zu-
gleich bildeten!
Inzwischen hatte ein vieljähriger Krieg Friedensverhandlungen
herbeygeführt, die wegen der verwickelten Lage der Dinge und der
vielen. zu bewirkenden Ausgleichungen unter die schwierigsten ge-
hörten, welche die Geschichte der Friedensschlüfse aufzuweisen hat.
Jeder teutsche Regent schickte dazu Männer, die sich eines beson-
deren Vertrauens werth- gemacht hatten; die Wahl hierzu war schon
ein ehrenvolles Zeugnifs. Indem Krenner im Februar 1798 als
Baierischer Legationsrath mit zu dem Friedens-Congrels nach Ra-
stadt
15
stadt abgeordnet wurde, legte seine Regierung ein abermaliges sol-
ches Zeugnils öffentlich über ihn ab.
In solchen Erweisen des Zutrauens und der Achtung fuhr
1799, nach des Kurfürsten Carl Theodor’s Tode, der neue Regent,
unser allergnädigster König, fort. J. Gottfr. von Krenner, nun ganz
dem praktischen Leben zugetheilt, ‘wurde nach München versetzt,
leistete in jenen kriegerischen und tumultuarischen Jahren, ansehn-
liche Staatsämter bekleidend, die wichtigsten Dienste und falste im
Auftrage seines Monarchen mehrere staatsrechtliche Schriften ab 0).
Auch arbeitete er um,diese Zeit seine Anleitung zur näheren Kennt-
nils der Baierischen Landtage des Mittelalters aus, ein äulserst wich-
tiges Geschichtsbuch, das mit dem gro/sen Werke über die Baieri-
schen Landtags- Verhandlungen p) ein innigst verbundenes Ganzes
ausmacht.
Jetzt war nach dem Wiener Frieden (1805) eine Umänderung
aller zeitherigen staatsrechtlichen Verhältnifse in Teutschland her-
beygeführt. Geh. Rath v. Krenner zeigte nun, dafs ihm aufser dem
Wissen und der Uebung, die sich auf jene alte Verfassung bezog,
noch andere vielseitige Brauchbarkeit eigen sey. Die Archive, die
Rechte und Verhältnisse der adelichen Familien in dem vergröfser-
ten, zum Königreiche erwachsenen Staate, die Revision der höch-
sten Tribunale, die Gesetzgebung waren die wichtigen Gegenstände»
an deren Bearbeitung ihm eine namhafte Theilnahme übertragen
wurde; alle hiemit beschäftigten Rafhsversammlungen .und Ausschülse
erfreuten sich seiner fleilsigen, treuen, gründlichen Mitwirkung, die
_ dann auch durch immer neue Auszeichnungen und Belohnungen bis
in das letzte Jahr seines Lebens von seinem, ihm wohlwollenden
Könige anerkannt, vergolten und geehrt wurden.
Als
o) Ein Verzeichnis seiner sämmtlichen Schriften siehe in der Beilage C.
P) Die Herausgabe desselben besorgie Herr Geh. Rath Franz von Krenner, der
Bruder des Verstorbenen.
16
Als die Akademie der Wiss. durch die neue Constitution
einen erweiterten Wirkungskreis erhielt, regte sich in dem wissen-
schaftlichen Manne der Wunsch, von ihr nicht blofs als Ehrenmit-
glied das Zeugnils anerkannter Achtung und Liebe zur Literatur zu
besitzen, sondern ihrer historischen CGlasse als ein besuchender
Mitarbeiter zuzugehören. Mit Freuden sah die Akademie diesen
Wunsch erfüllt und seitdem nahm er an den Arbeiten der histori-
schen Classe durch Prüfung, durch Berathung und durch eigene
mitgetheilte gründliche Forschung seinen thätigen und freudigen
Antheil.
Hiezu kam noch die’ engere Verbindung, in welche ihn im
letzten Jahre seines Lebens die Direktion der grolsen königl. Cen-
tral-Bibliothek mit der Akademie setzte, wo er durch seine Würde
zur Aufrechthaltung des Geschäftsganges und durch Zutrauen ein-
Nlölsende Güte zur Ermunterung seiner Untergebenen in ihrem müh-
samen Geschälte nützlich mitgewirkt und sich unvergelslich ge-
macht hat.
Seine letzte gelehrte Arbeit, die er noch im Niederschreiben
vollendete, deren gänzlichen Abdruck er aber nicht mehr erlebte,
handelt „über die Siegel vieler Münchner Bürgergeschlechter bereits
im XIIL und XIV. Jahrhundert.” Ihr Titel ist viel bescheidener
und enger, als eine so vielseitige Forschung über die alte Stadt-
und Landesgeschichte verdient. Es ist ein ganz und höchst müh-
sam aus den Quellen geschöpfver Beitrag zur Geschichte dieser
Hauptstadt des Königreiches, die zwar nicht unter die ältesten
Teutschlandes gehort, deren Urkunden jedoch weit genug hinauf
steigen, um aus ihnen vieles Merkwürtlige zur Darstellung des Mit-
telalters überhaupt ausheben zu können. Nachdem die Forschung
über Verfassung und Schicksale einzelner Städte in ihrer Wichtig-
keit für Geschichte der Gesittung und des Zeitgeistes von allen,
die hier ein Urtheil zu fällen haben, anerkannt worden, erscheint
auch
17
,
auch eine solche Arbeit in ihrer vollen Verdienstlichkeit. Nicht
blofs die Siegel der alten angesehenen Familien von München wer-
den hier abgehandelt, sondern zugleich die Entstehung des Stadt-
Regiments, der Familien-Namen,. der ältesten Gewerbe, der Stadt-
mauern und alten Hauptgebäude von München, und mehrere noch ent-
fernter liegende Punkte der Geschichte und Verfassung von Baiern.
«Ülles ist, wie selbst die Form verräth, aus mühsamer, in abgerissenen,
von Amtsgeschäften freyen Stunden unternommener Forschung ent-
standen; daher wird den Freunden vaterländischer Geschichte, die
nicht blofs leichte Unterhaltung suchen, sondern zu einer anstrengen-
den Auffassung dieser Gegenstände Kraft und Lust haben, diese seine
letzte Arbeit ein willkommenes Geschenk seyn, und sie werden sich
für die Beharrlichkeit, sie mit Aufmerksamkeit durchzulesen ‚ reich-
lich belohnt finden.
Für dergleichen Forschungen aus Urkunden zur Aufhellung
der ältern Baierschen Geschichte ist Geh. Rath von Krenner zu früh
gestorben. Ihm standen noch viele Erinnerungen zu Gebot von Ge-
bäuden, Einrichtungen, Gebräuchen, Benennungen, die nun theils
nicht mehr sind, theils bald gänzlich vergessen seyn werden. Dadurch
wurden ihm seine fleifsigen und scharfsinnigen Forschungen erleich.
tert. Ihnen hätte für das Beste der Geschichte noch der ganze Herbst
seines Lebens bis in ein spätes Alter gewidmet seyn sollen; denn nur
wenige sind deren unter unsern Zeitgenossen, die, alle Hilfsmittel, die
er besals, in sich vereinigend, ihn hierin ersetzen können, und — wie
bald wird keiner mehr da seyn! Und doch hat ein Zeitalter, wie das
unsrige, das zwischen einer alten und einer neuen Zeit mitten inne
steht, in dieser Hinsicht offenbar eine heilige Verpflichtung gegen die
Nachwelt auf sich. Das, was wir nech kannten und sahen, was der
Strom der Zeit vor unsern Augen, und indem wir verwundernd an Ufer
standen, mit sich fortrifs, soll — so ruft die hohe Muse der Geschichte
uns zu — nicht ganz aus der Erinnerung verschwinden, soll im beleh-
renden Bilde noch leben und im Andenken unserer Enkel. Wenn der
3 PT ein
18
einzelae Patriot von Geist und Herz schon diese Verpflichtung, die
Geschlechter durch treue Ueberlieferung an einander zu knüpfen, auf
sich hat, so unstreitig noch mehr ein Verein, wie der unsrige, in des-
sen Mitte sich wieder ein engerer Kreis zur Pflege der Geschichte und
namentlich der vaterländischen Geschichte, anheischig gemacht hat.
Hier im Schoofse der Altad. der Wiss. soll sich die Kunde der vater-
ländischen Dinge und Angelegenheiten erhalten, deren Andenken sonst.
bald verwischt seyn wird; hier die gerechte Schätzung dessen, was
war, wenn essich auch überlebt und überdauert hatte und dem Stur-
me der Zeit nicht mehr zu widerstehen vermochte; hier die Achtung
für die Trümmern, über die der gemeine Haufe der Nachkommen
sonst gedankenlos hinschreiten wird. — Und so erfüllte Geh. Rath
v. Krenner die Pflichten, die in dem Begriff unsers Vereins liegen,
und die der Wille unsers erhabenen Beschützers in der Erneuerungs-
urkunde der Akad. uns ausdrücklich zu solchen macht, auf eine mu-
sterhafte Weise.
Auf denn, ihr Jünglinge der Nation, tretet um uns und zu
uns, und helft uns diesen schönen Beruf erfüllen; setzt bey dem.
kommenden Geschlechte fort, was wir begonnen, und ehrt mit uns
durch Nacheifer das Andenken derer, die, wie die beyden ruhmwür-
digen Männer, welche wir heute betrauern, die beyden Dinge förder-
ten, die jedem wackern und tüchtigen Volke theuer seyn müssen, ohne
die es nicht gedeihtund kein Volk ist— den Feldbau und die Geschichte
des Vaterlandes!
“ BE ey-
N Deyrage A.
Nachricht von der literarisch- öhonomischen Gesellschaft, erst zu Altenötting,
dann zu Burghausen; yon 1766 bis ı800 *).
u
As die Akad, der Wissensch, zu München 1765 angefangen hatte, ihre Aufmerksam-
keit der Verbesserung der teutschen Sprache in Baiern,, dem Unterricht in den
Volksschulen u. dgl. zuzuwenden, nahmen zu Oettingen und in der Gegend einige
wackere Männer, welche in einem dortigen Gasthause gesellschaftlich zusammen zu
kommen pflegten, hieraus Anlals, auch ihrer Seits einen Schritt vorwärts zu thun,
Es waren diefs mehrere dort garnisonirende Officiere, der Weltpriester Xaver von
Hoppenbichl aus Alten-Octting und einige Beamte. Anfänglich begnügte man sich
blofs auf Verbesserung der Muttersprache in der geselligen Unterhaltung zu schen
man erkannte das Fehlerhafte der damaligen Gewohnheit, in Gesprächen ohne Noth
lateinische, französische und italiänische Worte einzumischen, und setzte Geldstrafen
darauf, wenn jemand ein fremdes Wort in ein teutsches Gespräch mengte. Wie nö-
thig es war, in Baiern damals auf Verbesserung der Sprache zu achten, um nicht
zu schr gegen deren Fortbildung in andern Gegenden Teutschlands zurück zu bleiben,
erhellet gerade aus der Beschaffenheit der Reden und Druckschriften dieser Gesellschaft,
die doch diesen Gegenstand mit so vielem Eifer ins Auge gefafst hatte. Und gleiehwobl
sahı sich Hoppenbichl über die Stiftung dieses Vereins von Finsterlingen als ein Neue-
rungssüchtiger verschrieen und mancherley Verfolgungen ausgesetzt, Aber diefs be-
wirkte nur, dafs sich der Eifer vermehrte, und die Gesellschaft sich auch Beschäftigung
mit physikalischen und moralischen Wahrheiten zum Zweck setzte,
Am 28. März 1766, dem Geburtstag des Kurfürsten, hielt Hoppenbichl in
diesem Zirkel@ie erste Rede, „über die Glückseligkeit eines Landes durch den Flor
der Wissenschaften,” — Nun erhielt das Ganze mehr Festigkeit; man bewarb sich
um entferntere Mitgliederund forderte unter andern auch den. damals berühmten Hof-
kammerrath Kohlenbrenner in München zur Theilnahme auf. Bey einem Besuch
des Kurfürsten in Alten. Oetting stellte Hoppenbichl demselben seine Freunde vor;
der Kurfürst bezeugte der Gesellschaft seinen Beyfall und munterte sie auf, nur so
fortzufahren. Nun traten mehrere Herrn vom Hofe dem Zirkel bey; man konnte
jetzt eine ordentliche Versammlung bilden, die sich einen Präsidenten, Vicepräsiden-
ten
*) Geschöpft theils aus Hrn. Göhls von Pothorstein Rede von dem Ursprunge,
der Fortsetzung und dermaligen Lage der churpf. baier. sittlich - Jandwirth-
schaftlichen Akademie zu Burghausen 1792. 8. — theils aus mündlichen Mit-
theilungen des lIrn. Dir. Schrank. — vergl. Geogr. statistisch -topographisches
Lexicon v. Baiern. I, B, 8. 66. — Annalen der baier. Litteratur. 3761. ı. B.
Seite 24. :
„
20
ten un] Direetor wählte, am Geburts - oder Namensfeste des Landesfürsten öffentliche !
Reden über moralische und andere Gegenstände hielt und drucken ließ, und eine
Naturaliensammlung anlegte, welche mehrmals von dem Kurfürsten bey seiner Anwe-
seuheit in Alten - Oetting besucht und mit Beyfall gesehen wurde.
Kohlenbrenner, der oft in seinem Wochenblatte der Gesellschaft rühmli-
che Erwähnung tbat, machte sie jetzt aufmerksam darauf, dafs ihr ein bestimmter
Zweck mangle, und rieth, "die Landwirthschaft, deren theoretischen und praktischen
Theil er ohnediels durch seine Schriften zu befördern suchte, zu ihrem Gegenstand
zu wäh len; er versprach, wenn sein Vorschlag durchgehen sollte, bey dem Kurfür_
sten eine öffentliche Anerkennung der Gesellschaft und ein Jahrgeld zu bewirken. Der
Vorschlag ward angenommen und Kohlenbrenner hielt Wort. Der Kurfürst bewilligte
1769 jährlich 500 fl., und ein Siegel, ‚die baierischen Wecken mit einem Herzschilde;
„in demselben ein Pflug;" — bestätigte die Statuten dieses Vereins unter dem Namen
einer „Kurbaierischen Landes - Oekonomie - Gesellschaft,” und liefs von der geheimen
Kanzlei aus, den rühmlichen Zweck derselben den vier Rentämtern anzeigen und em-
pfehlen.
Als in der Folge einige Offciere von Oetting verlegt wurden und die täglich
zusammen kommenden Personen dieses Zirkels sich minderten, hingegen mehrere Regie-
rungsräthe, Professoren, Beamte und andere Personen zu Burghausen demselben als
auswärtige Mitglieder beygetreten waren, falste man ı772 den Entschlußs, die Gesell-
schaft in das größsere und geselligere Burghausen zu verlegen, und Beneficiat
Hoppenbichl, der Stifter und thätigste unter den Theilnehmern, erhielt vom Erzbi-
schof von Salzburg die Erlaubnils, sein Beneficium zu Burghausen zu genielsen. Leo-
pold. Freyherr von Hartmann war nun Vice-Präsident und Hoppenbichl Direetor.
Hartmann hielt am 28. März 1772 die erste öffentliche Rede zu Burghausen „über die
Verbesserung der Erde”; — sie wurde in Schweden bekannt und erwarb ihm vom
Könige von Schweden den Wasa-Orden. Von nun an hielt er jährlich‘ zwey öffentli-
che Versammlungen, "verwendete die Einkünfte der Gesellschaft auf den Druck der-
selben und auf die Vermehrung der Sammlungen, zog sich aber , besonders nach Hoppen-
bichl's Tod, den Vorwurf von den Mitgliedern zu, dafs er alles einseitig betreibe, und
dafs aufser den paar öffentlichen Versammlungen kein Leben in der Gesellschaft sey.
Indefs vermehrte sich die naturhistorische Sammlung, besonders die der Conchylien,
und auch in der Bibliothek der Gesellschaft befand sich manches interessante Buch,
ohne dafs sie jedoch jemals sehr beträchtlich wurde.
Nach Hoppenbichl’s Tod 1779, wählte die Gesellschaft, welche durch ‚den
neuen Kurfürsten Karl Theodor bestätigt worden war, zum Director den kurz vorher
als Professor an das dortige Gymnasium gekommenen Franz v. Paula Schrank, wegen
des Rulımes, den derselbe schon damals als Naturforscher genofs; denn seine vorzüg-
lich-
ne 21
lichsten Kenntnisse im, Fache der Oekonomie hat er sich erst später erworben, Er
‚suchte so viel es seine Schulgeschäfte erlaubten, das Naturalien-Cabinet besser zu
ordnen, wurde aber darin unterbrochen, da mehrere Mitglieder die zeitherige un.
wissenschaftliche Aufstellung aus Gewohnheit vorzogen; auch war aus Mangel an Zu-
sammenkünften an eine bessere Einrichtung der ganzen Gesellschaft nicht zu denken.
So blieb es die drey Jahre hindurch, die Prof. Schrank als Professor zu Burghausen
verlebte; in den folgenden drey Jahren, während welcher derselbe, da die Schulen
den Klöstern zugetheilt worden waren, als reducirter Professor lebte, brachte er den
Sommer auf Reisen zu, und beschäftigte sich in den Wintern mit Ausarbeitung ver-
schiedener Schriften, ohne die Gesellschaft zu einer gröfseren Thätigkeit bringen zu
können, — Nachdem Prof. Schrank im J. 1784 als Universitäts - Professor nach Ingol-
stadt versetzt worden war, erwählte man den geistlichen Rath Sutor zum Director des
sittlichen, und den Klosterrichter von Raitenhaslach Ignaz Weinmann, zum Director
des landwirthschaftlichen Faches, Als 1791 Freyherr von Hartmann starb, wurde der
Regierungs-Kanzler Freyherr von Schacki Vice-Präsident, und der Regierungsrath
v. Göhl Director; man war, zu Folge der 1792 von dem letztern gehaltenen Rede, be-
müht, die Gesellschaft, die sich nun die churpfalzbaierische sittlich- land-
wirthschaftliche Akademie zu Burghausen nannte, neu zu beleben und
nützlich zu machen, Es war aber dem Kurfürsten Karl Theodor vorgestellt worden,
dals die jährliehe Summe von 500 fl. besser angelegt seyn würde, wenn man sie zu
Stipendien für studirende Kammeralisten auf der Universität verwendete, welchen
Vorschlag er auch genehmigte. Indels war die Gesellschaft darum doch noch nicht
aufgehoben, sondern setzte sich, obschon schwach, ohne öffentliche Unterstützung
fort, bis 1802 das Regierungs -Collegium in Burghausen aufgehoben, die Räthe an an-
dere Orte versetzt, und dadurch diesem literarischen Institut, das eine Zeit hindurch
in seinen nächsten Kreisen nützlich gewirkt hatte, gerade die ansehnlichsten Glieder
entzogen wurden. Die vorhandene Naturaliensammlung ist dem Gymnasium in Burg-
hausen zugetheilt worden,
Die mehresten gedruckten Reden und Abhandlungen der Gesellschaft sind vom
Frhrn. v, Hartmann; andere Mitglieder von denen Reden und Abhandlungen, theils
politisch-moralischen, theils ökonomischen Inhalts, gedruckt wurden, sind:
Jos. v. Hoppenbichl;— Joh. Mart. Strixner. — Franz Steer. — Casi-
mir v. Hoppenbichl, — Ludw. Rousseau. — Frhr. Huber v. Maur. — Graf
v. Haslang. — Gr. v. Spreti. — Benno Hertl. — Frhr. v. Lerchenfeld. —
Andr. v. Schacki. — Gr. Ant, v. Törring-Seefeld. — Ant. Oberbauer, —
— Leop. Wöckl. — Marquis y. Bethusy. — Gr. v. Olivier, — Otto Leo. —
Jos. v, Specekner. — Lor. Hübner. — Ign, Hübner. — G. G. Strelin, — Gr.
v. Auersperg. — Sutor, — Stubbeck. — Rölsner. — Fr. Xav. Mayr. —
Weitzenbeck. — Frhr. v. Böcklin. — Gr. v.Morawitzki. — y. Göhl. —
Eine
22
Eine vollständige Sammlung dieser kleinen Schriften findet sich auf der kön,
Bibliothek zu München. “
— u
BeylageiB
Kurze Nachricht von der Ackerbausocietät in Seefeld.
= jenem. Neuburger Kalender für 1791 sind die Gesetze dieser Ackerbau- und Jagd-
Gesellschaft, oder wie sie eigentlich heifsen, „Gesetze und Regeln für die Freunde
im Acker undäufderJagd,” abgedruckt. Der Kurfürst bestätigte sie, und liels den Grafen
versichern, dafs, so wie die Errichtung dieser Gesellschaft den Dank des Vaterlandes
verdiene, die sich auch seines besondern Beyfalls zu erfreuen haben solle. Der Stifter
giebt als Zwecke der Gesellschaft an: Aufmunterung zum Verbessern der Landeskul-
tur, zur Anwendung‘ besondern Fleifses im Hauswesen, zur verständigen Erziehung
der Kinder, zur Führung guter und friedlicher Haushaltung und Eintracht mit ihren
Nachbarn.‘ Diejenigen Bauersmänner, die aufnahmswürdig erkannt werden sollten,
mulsten über diese Eigenschaften ein gerichtliches und pfarrherrliches schriftliches
Zeugnifs beybringen, worauf dann in der nächsten Zusammenkunft durch die sämmtli-
chen Mitglieder über die Aufnahme selbst entschieden und dem Aufgenommener ein
Ordenszeichen, das einen Pflug vorstellt mit der Inschrift: „Heil dem Ackersmann
wie dem Hausvater!” zum täglichen Tragen an einem Bande überreicht wurde.
Die Aufnahme geschah in der Hauptversammlung, die den ı3, Juny, am St.
Antonius- Tag, Namenstag des Stifters, in der Kapelle zu Griensink gehalten und von
einem feyerlichen Hochamte begleitet wurde, Der'Graf hatte diese Capelle einst auf
Bitten der dortigen Landleutc mitten im Walde an einer Stelle erbaut, wo ein von
ihnen besonders verehrtes Marienbild seit alten Zeiten an einem Baume im Freyen
befestigt gewesen war. An dem feyerlichen Ordenstage stand auf der Seite neben dem
Altar ein Tisch, auf welchem eine kleine Garbe und ein Jagdhorn als Embleme der
Gesellschaft lagen. Der Bauer nun, der jenes Ehrenzeichen erlangt hatte und also
Mitglied der Gesellschaft war, konnte ohne besondere Einwilligung der Herrschaft
mit keiner gerichtlichen Strafe und durchaus mit keiner beschimpfenden, belegt wer-
den, hatte vermöge desselben ohne Anmelden freyen Zutritt bey dem Gericht und
bey. der Herrschaft, und war auf immer von den Frohnen beym Treibjagen frey. Eine
vor-
23
vorzügliche Pflicht der Mitglieder war, zu verhüten, dafs durch die Jagd dem Acker-
manne kein Schaden zugefügt werde; deswegen wurde von dem Grafen eine schon
bestehende Jagdgesellschaft mit dieser, Feldbau - Societät in Verbindung gesetzt, und
in die Constitution der Grundsatz ausdrücklich aufgenommen: „‚das Auge des Jägers
soll sich an jedem Felde weiden und im Vorübergehen Gottes Seegen erbitten; jeder
rufe laut: Heil unserm Bruder!” — Es wurden des Jahres hindurch mehrere Zusam-
menkünfte zur Berathung über ökonomische Gegenstände gehalten, im späten Herbste
aber eine Final - Verfammlung, wo alle im Laufe des Jahres gemachten Proben und
Versuche in den verschiedenen Zweigen der Feldwirthschaft erwogen und die Getreide-
Gattungen vorgelegt werden sollten. ‚Wenn auch andere angränzende Herrschaften
eine dergleichen Societät in ihren Ortschaften zu errichten und zum Besten ihrer Un-
terthanen und des geliebten Vaterlandes die Landeskultur zu erweitern und zu verbessern
bedacht seyn sollten, so wird man mit Vergnügen dazu beytragen und ihnen alles diefs.
Orts Einkommende mit Freude communiciren, in der Hoffnung, dafs sie es gegensei-
tig eben so halten werden.” — Es wurden den Mitgliedern Fragpunkte ökonomischen
Inhalts vorgelegt, zu deren Beantwortung sie und besonders die Pfarrer unter ihnen
aufgefordert waren. Sie gehen sehr in das Einzelne und waren dadurch recht geeig-
net, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Gegenstände zu lenken. Aus ihnen sollten all-
mählig wichtigere Preisfragen gebildet werden, — Es ist so viel Wohlausgedachtes und
Zweckmäfßsiges in dieser Einrichtung, dafs die Nachricht von dieser Gesellschaft, die
übrigens nicht eingegangen ist, sondern bey erneutem Interesse äuch wieder in leb-
kaftere Wirksamkeit treten kann, allein schon im Stande wäre, das Andenken ihres
menschenfreundlichen Stifters in verdienten Ehren zu erhalten,
Beesrl. ao eG.
j;
3. Nepomuk Gottfried von Krenners im Druck herausgegebene Schriften:
Gremien, Vorschläge und Wünsche zur Verbesserung des Frauenzimmer - Unter-
richts. 8. München, 1779.
S. Götting. gelehrte Anzeigen, 1780 — 178. Baier. Beiträge 1780, An-
nalen der baier. Literatur. Ä :
Ueber das rechtliche Studium der teutschen Staatsgeschichte, 4. Eichstätt, 1782,
S. Finauers hist. lat. Magaz. St. 2. S. 187, Nürnberg. gel Z. ı7B2. S.495
Annalen der baier. Literatur B. III. S. 128.
Kurze, aber wesentliche Uebersicht des dreylsigjährigen deutschen Kriegs. 8, Ingolst, 1783.
Nachricht und Beleuchtung der Gründe, aus welchen sich die Erzstift-Salzburgische
Lande in dem jüngsten Zwischenreichs-Falle von dem kurpfälzischen Reichs-Vika-
riats-
4
riats- Sprengel haben ausziehen wollen. Mit XLVII. Beilagen. Auf Se, Kurfürstl,
Durchl. zu Pfalz-Baiern höchsten Befehl in den Druck gegeben. Fol, 1793.
Ueber den kurpfälzischen Reichs - Vikariats - Sprengel. 4., Ingolstadt, 1798.
S. Münchn. Intelligenzblatt 1793. S. 250. Jen. Allg. Lit. Zeit.
Ueber Land- Hofmarchs- und Dorfgerichte in Baiern. Versuch einer Auflösung der
von der kurf. Akademie der Wissensch, in München für die Jahre 1794 und 1796
aufgeworfenen historischen Preisfrage , nebst einem kleinen Urkundenbuche. ıtes
Stück, 4. München, 1795 *). ‚
S. Allgem. jur. Bibl. Band ı. S. 160— 163. Neueste landschafil.. Biblioth,
1800. St. ı. 5. 32 — 36.
Ueber gemischte und folgende Weibs-Ritterlehen, nach den Gewohnheiten und Ge
sen der kürfürstl. Lehenhöfe in Baiern dargestellt. Mit mehreren noch unge-
druckten Urkunden, und einem Anfange über den Ursprung der baierischen Beu-
tellehen begleitet. 8. Rastatt, 1798.
S. Bemerkungen über J. N. G. von Krenners Abhandlung über gemischte
und folgende Weibs-Ritterlehen, so weit es die Familie von Glosen
tangirt. Mit mehrern Beylagen. 8, Frankfurt 1799.
Anleitung zu dem näheren Kenntnisse der baierischen Landtage des Mittelalters. Von
. dem Entsteben der einzelnen baierischen Landschafts - Korporationen seit dem
Jahre 1302, bis auf derselben allgemeine Vereinigung im Jahre 1505. Nebst einer
Anzeige der von dem Jahre ı505 bis 1516 abgehaltenen baierischen Universal-
Landtage. 8” Münchent 1804 **). : £
Ueber die Siegel vieler Münchner-Bürger- Geschlechter, bereits in dem Anfange des
XIV. Jahrhundertes. 4. München, ıBıı. R
(Diese Abhandlung findet sich in dem Vten Band der neben den Denkschriften
herausgegebenen historischen Sammlungen der Akad. d. Wiss.)
Mehrere Aufsätze im Münchner Intelligenzblatte und anderen periodischen Schriften.
*) Das zweyte Stück soll in der Handschrift fertig liegen.
®#) Dieses äufserst wichtige Geschichtswerk bildet mit der Ausgabe der baierischen
Landtags- Handlungen seines Hrn. Bruders ein innig verbundenes Ganzes.
DENKSCHRIFTEN
DER
KÖNIGLICHEN
ARADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ZU MÜNCHEN.
FÜR DIE JAHRE
ı8ı1ı UnD ı$1ı2.
MATHEMATIK UND NATURWISSENSCHAFTEN.
er en Mr Fe
ss0:2:.08r890rL OADBEOHOGETCEOGSCO>EOOIGOGTLEOEGEROSGODHSB0sEeeBsaee
l.
Ueber
die Pristleyische grüne Materie,
von
Franz v. PAULA SCHRANK;
vorgelesen in der math. physik. Classe der königl. Akademie der Wiss.
am 28. Juli ıgıo.
Wenn der schwesterliche Verband, in welchem die Wissenschaf-
ten unter einander stehen, ein mächtiges Hilfsmittel zu ihrer Vervoll-
kommnung ist, so läfst sich doch auch nicht läugnen, dafs eben
dieser Verband nur gar zu oft ihren Fortgang hindere, indem er
Irrthümer veranlafst, welche, durch das Ansehen grolser Männer
unterstützt, für die einzelnen Wissenschaften desto nachtheiligere
Folgen haben, je geschickter dergleichen Irrthümer zuweilen sind,
zu Grundlagen sinnreicher Lehrgebäude zu dienen, die, mit dem
‘ ganzen Feuer einer üppigen Phantasie vorgetragen, eine Revolution
in diesen Wissenschaften bewirken, welche, wenn sie gleich nicht
gerade für dieselben tödtlich ist, doch immer ihren weitern Fort-
gang dadurch hemmt, dafs theils mehrere gute Köpfe eine Zeit lang
irre geführet, theils andere genöthiget werden, ihre Mulse auf neue
Untersuchungen längstbekannter Sachen zu verwenden, und sie den
Forschungen unbekannter Dinge zu entziehen.
En Die
4
Die grüne Materie, welche der berühmte Pristley nicht
eben zuerst entdeckt, aber zuerst in die Physik eingeführt hat, ist
von dieser Art. Das Vermögen, Lebensluft abzuscheiden, welches
ihr in einem so ausnehmenden Grade zukömmt, machte alle Welt
auf sie aufmerksam. Allein man beschäftigte sich lange mit ihr,
ohne sich darum zu bekümmern, was sie etwa seyn dürfte; ob sie
den Gelehrten auch sonst schon bekannt sey, und welchen Namen
ihr diese mochten gegeben haben. Dadurch entstanden dunkle,
und eben darum schwankende Begriffe, die man in der Folge wohl
allerdings aufzuklären versuchte, wobey man aber, da man nicht
mit allen zu diesem Unternehmen nöthigen Vorkenntnissen versehen
‚war, die Sache nur noch mehr verwirrte, und statt der bisherigen
undeutlichen Begriffe, die dem Physiker nicht schädlich waren,
baare Irrthümer in die Naturgeschichte einführte.
Pristley hielt seine grüne Materie anfänglich :) für eine
unorganische Substanz, oder, nach seinem Ausdrucke, für eine Sub-
stanz, welche weder zum Thier - noch Pflanzenreiche gehöre. In
der Folge 2) nimmt er auf das Ansehen eines Freundes an, sie
dürfte wohl irgend eine Conferve seyn; und Forster gab sie für
Conferva (Lepraria) botryoides an. Aber Senebier, welcher an-
fänglich ebenfalls Forster’s Meinung zugethan war, erkannte sie
später 3) für eine Conferve, welche Linne nicht beschrieben habe,
die aber bey HaNer 4) unter dem Namen Conferva cespitosa filis
rectis undique divergentibus vorkomme, welche also doch Linn&'s
Conferva fontinalis 5) wäre. Ingenhousz endlich hält sie für
eine
ı) Experiments and observations relating to various branches of Natural Philosophy.
London 1779, 8. p. 335 — 360.
2) Experiments etc. Tom. II, p. ı0.
3) Memoires physico - chemiques sur influence de la lumiere solaire, Tome n.
p- 6. — Uebers. II. Band, S. 4
4) Hist. stirp. Helvet, n, 2114.
5) Spee. plant. p. »633. n, 2.
-
- [9]
eine Anhäufung einer ungeheuren Anzahl grüner Insekten (Aufguls-
thierchen), denen er drey Jahre seine ganze Aufmerksamkeit ge-
schenket hat 6); und, wenn man es sonderbar finden sollte, so
beruft er sich auf den Abt Fontana, welcher andere Insekten
(Infusorien) gefunden habe, die es ebenfalls thun 7).
‘ Wirklich giebt es aufser der Pristley’schen grünen Mate-
rie noch mehrere grüne Substanzen, welche ganz ungezweifelt zum
Thierreiche gehören. Sie sind
1. Vibrio vegetalis 8); aber dieses Thierchen ‚erscheint nie-
mals in solcher Menge, dafs das Wasser davon grün würde; doch
kann seine große Achnlichkeit mit einer CGonferve leicht verführen,
die, obgleich äulserst langsame, Bewegung, welche man an ihm
wahrnimmt, auch wahren Conferven zuzuschreiben. }
2. Verschiedene Oscillatorien, wie Vauchar diese Thierchen
nennt 9). Sie gehören allerdings unter die Thiere, und keineswegs
zu.den Pflanzen, wie ich das bey einer andern Gelegenheit darthun
werde. Vaucher selbst ist geneigt, ihnen unter den T'hieren den
Platz anzuweisen, und hätte bey unsern Helminthologen ohne Mühe
eine Gattung finden können, zu welcher sie gehören. Das vorher-
schende Thierchen, welches aber nur einzeln vorkömmt, ist nämlich
ilir Gattungsgenosse. Sie kommen aufserordentlich häufig vor, hal-
ten sich am Boden, und bedecken ihn ganz, der daher von den grü-
nen Arten dieser Gattung ganz grün wird.
"4
6) Vermischte Schrift. II. B. S. 129 — 236, e
7) Das, S. ı72,
8) Faun. Boic. n. 2853.
9) Mistoire des Conferves d’ cau douce, Geneve, 1803, 4°. v
3. Cercaria viridis +0), auch von Ingenhousz gekannt ıı),
Die Oberfläche stehender Ausgufswässer wird oft im Sommer ganz
grün davon. Ich habe dieses Aufgulsthierchen nach den verschie-
denen Gestalten, die es annimmt, in den ältern Schriften dieser
Akademie vor vielen Jahren !2) beschrieben, und zweifle nicht, dafs
es eben dasselbe sey, wovon der Abt Fontana bey Ingenhousz
spricht. Aber daran zweifle ich, dafs ihm diese Thierchen Lebens-
luft gegeben haben. Ich gebe gerne zu, dafs er aus dem Wasser,
in welchem sie waren, Sauerstoffgas erhalten habe; nur das be-
zweifle ich, dafs dieses aus den grünen Schwanzthierchen entwickelt
worden sey. Konnte Fontana unter dem üppigen Himmel Italiens
sicher seyn, dafs das Wasser, in welchem er sie hielt, nicht schon
sich bereits entwickelnde Pristley’ische Materie beherberge? Er
wäre nicht der Einzige, der sich in diesem Stücke in seinen Fol-
gerungen übereilet hätte. Hat doch auch Graf Rumford mittels
einer grofsen Menge eben so sinnreicher als mühsamer Versuche
darzuthun gesucht, auch aus roher Seide lasse sich unter Einwir-
kung des Sonnenlichts Oxygen entwickeln. Gleichwohl kam dieses
nicht aus der rohen Seide, sondern aus der bereits gebildeten, aber
noch höchst fein im Wasser vertheilten Pristley’ischen Materie,
wie ich das an einem andern Orte :3) aus seinen eigenen Versuchen
erwiesen habe.
4. Enchelis Pulvisculus 4). Dieses Walzenthierchen kömmt
im Wasser, in welchem die gemeine Wasserlinse wächst, im hohen
Sommer in ungeheurer Menge vor, färbt zwar das Wasser nicht
grün,
ı0) Faun. Boic. n. 2902.
11) Verm. Schrift. I. B. S. 170, 3
12) Neue Abhandl. der Akad, zu Münch. II. B. S. 472.
13) Briefe an Nau, S. ı3ı,
14) Faun, Boic. n, 2834.
m
/
grün, aber wohl die weifsen Tassen, in welchen man ein solches
Wasser eine Zeit lang stehen läfst.
5. Vibrio Lunula »5), zwar sehr gemein in ruhigen: Wassern,
aber nie in künstlichen Aufgüssen, nie in solcher Menge, dals da-
von die Gefälse oder das Wasser grün gefärbt würden,
6. Volvox globator 16), in seiner Jugend grün; sehr gemein
in dem stehenden Wasser der Waldgräben, aber nie in solcher
Menge vorhanden, dafs er dadurch dem Wasser einen grünen Schein
oder den Gefälsen einen grünen Ueberzug gäbe. Eben das gilt von
seinen Gattungsgenossen
7. Volvox Punctum ı7),
8. YVolvox Granulum :3),
9. Volvox Morum 19).
ı0. Gonium pectorale 3°) ist zwar, einzeln gesehen, meistens
farbelos; aber der schwache grünliche Schein, den es hat, wird
sehr merklich, wenn es häufig vorkömmt, und es färbt dann den
Boden und die Wände der Gläser merklich grün. Allein sehr sel-
ten trifft man es in so grolser Menge an, und niemals in künstlichen
Aufgüssen. Endlich
il,
ı5) Daselbs# n. 2847.
16) Das. n. 2831,
17) Das. n, 2815.
ı8) Das. n, 2816.
19) Das. n. 2818.
2») Das, n. 2893.
11. Linza pruniformis 2‘), Sprengel's Coccochloris stagni-
na ?2), die Thierchen nämlich, welche lieblich grün sind, und dem
Ganzen diese Farbe geben: denn die gallertige hohle Kugel, welche
sie bauen, ist schmuzig schlägegelb. Selbst das Wasser, wenn sich
die Thierchen von ihrer Kugel in grofser Menge losgegeben haben,
nimmt davon einen grünlichen Schein an; aber diese Losgebung |
erfolgt selten, und nie erfolgt sie in beträchtlicher Menge in der
sich selbst überlassenen Natur; auch ist diese Sülswasser - Ceralle
selten: ich weils wenigstens niemanden mit Zuverläfsigkeit anzuge-
ben, der sie, aulser mir und dem unermüdlichen Gurt Sprengel,
geschen hätte, und auch von uns hat es jeder nur in einzelnen
Gegenden angetroffen ; doch ist es wahrscheinlich (damit ich das
im Vorbeygehen sage), dafs Weber’s Tremella pruniformis, so
wie die Synonymen, die er anführt 23), hieher gehören.
Alle diese Thierchen sind aber von der Pristley’ischen
grünen Materie sehr verschieden, so ähnlich ihr einige seyn mögen.
Einige kamen den Physikern, welche sich mit Bereitung des Oxy-
gens beschäftigen, wohl niemal zu Gesicht; andere mögen hier und _
da durch ihre Bewegungen wohl einen oder den andern Beobachter
verführt haben, besonders wenn sie der einen oder der andern Art
dieser grünen Materie ähnlich sahen, und dabey Bewegung äusser-
ten. Dazu ist es aber nicht einmal nothwendig, dafs ihnen eben
eine grüne Farbe zukomme. Die kleinsten farbelosen Aufgulsthier-
chen veranlassen durch ihr Anstofsen an ‘die Theilchen der grünen
Materie sehr leicht eine mechanische Bewegung derselben, und man
mus wohl auf seiner Hut seyn, um nicht irre geführt zu werden.
Das kann sogar Naturforschern begegnen, welche sich viele Jahre
am
21) Briefe an Nau, S. 91:
23) Mantißs. I. ad flor. Hal. n. 65,
23) Spicil, for, Götting. p. 279. n. 297:
2
9
am Vergröfserungsglase übten, aber nicht gerade mit den Sitten,
Gewohnheiten, und wechselweisen Beziehungen der mikreskopischen
Welt und ihrer Bewohner vertraut sind.
Das, was eigentlich die grüne Materie der Physiker ist,
kömmt nur zweyerley Wesen zu, von denen das Eine eine unstrei-
tige Conferve, das Andere eine Leprarie ist. Ingenhousz und
Pristley, welche nicht ohne einige Erbitterung über die Natur ih-
rer grünen Materie stritten, hatten nicht einerley Wesen vor sich,
obschon jedem dieser beyden berühmten Männer die Materie des
Andern nicht ganz unbekannt war.
Conferva bullosa der Schriftsteller, welche Ingenhousz
unrichtig Conferva rivularis nennt, und Senebier eben so un-
richtig durch das Hallerische Citat zur Conferva fontinalis bringt,
ist eigentlich keine bestimmte Art, sondern ein Haufen won Arten,
die alle zu einerley Gattung gehören, welche Vaucher Conjugata
nennt, welche aber schicklicher Jugalis genannt werden dürfte.
"Vielfältig sind mehrere Arten, besonders in den künstlichen Auf-
güssen untereinander. Da nun alle die Eigenschaft haben, sich in
ihrem reifern Alter durch seitwärts gehende kurze Anastomosen zu
verbinden, so entsteht dadurch ein schr dichtes Geflecht, welches
die aufsteigenden Luftbläschen nur mit Mühe, und oft gar nicht zu
durchdringen vermögen. Dazu kömmt noch, dals bey diefen Con-
ferven vielfältig sich eine Ulve in grofser Menge einfindet, welche
die noch etwa vorhandenen Zwischenräumchen ausfüllt, und das
Ganze allmählig in eine undurchdringliche Watte verwandelt, die
von den aufwärts dringenden Luftbläschen blasig, und über den
Wasserspiegel hervorgehoben wird, wo sie dann in dem unnatür-
lichen Elemente, der atmosphärischen Luft, allmählig ihre schöne
grüne Farbe verliert, und, wenigstens stellenweise, in ein schmu-
zigcs Gelb verbleicht. Eine Menge Aufgufsthierchen finden sich in
diesem Geflechte ein, unter welchen das berühmt gewordene Rä-
2 \ der-
10
derthierchen nicht das seltenste ist; sogar Naiden kamen mir vor,
nicht etwa in Confervenhaufen, welche ich aus Gräben und Was-
serbecken geholt hätte, sondern in Aufgüssen, die mit reinem a
wasser bereitet waren.
Ich werde Gelegenheit haben, über diese Materie, die ich
‘für diejenige halte, welche Pristley und Senebier vorzüglich
vor Augen hatten, noch umständlicher zu reden; zur gegenwärtigen
Absicht reicht schon- die gegebene Erklärung hin. Ich werde sie
in der Folge immer die füdige grüne Materie, oder Conferva bul-
losa nennen, zum Unterschiede von derjenigen, welche Ingen-
housz vorzüglich bearbeitet hat, und welche Lepra (Lepraria) in-
fusionum ist, die ich in Usteri’s Annalen der Botanik 24) be-
schrieben habe.
Drey Dinge kommen nun vorzüglich zu erörtern: I. ob die
beyderley grünen Materien, welche ich angeführet habe, wirklich
verschiedene Arten seyen; II. ob die Gründe, welche man für ihre
thierische Natur anführt, das auch beweisen, was man will, und
ob sich darthun lasse, dafs sie Pflanzen seyen. III. Soll mich die
Frage beschäftigen, ob diese Materien nach Art anderer organischen
Substanzen aus präformirten Keimen, oder aus der Zersetzung an-
derer organischer Körper gebildet werden. Zufrieden, wenn ich
diese Fragen gelöset habe, und, um den Gegenstand dieser Ab-
"handlung nicht zu überladen, yerspare ich mir dasjenige, was ich
etwa über verschiedene hier vorkommende Organismen zu sagen
hätte, auf eine andere Abhandlung.
Ehe ich aber an die Lösung obiger Fragen selbst komme,
mufs ich noch ein Wort über das vorzügliche- Vermögen sagen,
welches
24) IX. Stück. $. 4.
11
welches diese beyden Substanzen besitzen, reine Luft abzusondern.
Ich finde es nicht ausserordentlich. Dafs die eine und die andere,
im Wasser dem Sonnenlichte ausgesetzt, Oxygen ausathmet, das
haben sie mit allen grünen Pflanzentheilen gemein. Dafs diese Aus-
athmung bey ihnen in gröfserm Maalse , als bey einem andern
Pilanzenkörper von gleichem Gewichte, vor sich geht, kömmt blofs
von der ausserordentlichen Kleinheit ihrer Körper, verbunden mit
ihrer zahllosen Menge, her. Man weils ja, dafs alle Abdampfungen,
also auch die der Luft, unter übrigens gleichen Umständen, im
zusammengesetzten Verhältnisse der Oberflächen, und umgekehrt der
Dicken der abdampfenden Substanzen seyen, und in eben dem
Verhältnisse geht auch ganz gewils die Einsaugung des kohlensauren
Gases aus dem Wasser bey ihnen vor. Aber nun zur Sache!
I. Dafs Pristley und Senebier eine andere Materie bey
ihren Untersuchungen gebraucht haben, als Ingenhousz, indem
jene sie fädig beschreiben, dieser sie körnerig angiebt, das darf
wohl keinem Zweifel unterliegen. Beyderley Materien kommen in
der That in den Aufgüssen vor. Aber geht nicht etwa die eine
dieser Materien in die andere über? Verhalten sie sich nicht etwa
gegen einander, wie die Pulverarien nach Sprengel 25) zu den
Parmelien? Ist nicht etwa meine Lepraria infusionum nur der erste
Anflug der Conferva bullosa, wie es wirklieb Linne’s Byssus ve-
lutina theils von Conferya velutina 26), theils von Conferya crispa-
bilis 27) ist? Das sind eigentlich die Fragen, welche ich jetzt b&»
antworten soll.
Im Frühlinge des Jahrs ı79ı liefs ich einige Weidenzweige
in einem Glase mit Quellwasser wachsen. Das Wasser ward nach
einiger
25) Anleit. z. Kennt. der Gew. IH. 305,
26) Spreng. flor. Hal. n. 1430.
27) Mohr in.Schröd. Journ. ı801. II. B, S. 473.
12
einiger Zeit grünlich; es setzten sich an den Boden des Glases, an
seine Wände, an die Wurzeln, welche die Zweige getrieben hat-
ten, grüne Flecken an, welche nach und nach an Umfang zunah-
men, aus einer körnerigen Materie bestanden, und endlich in Häute
übergiengen, welche ihren körnerigen Ursprung nicht verläugneten,
dabey Luft abgaben, durch deren Hilfe sie auch wechselweise, wenn
sie einmal von der Stelle, an welcher sie safsen, losgegangen wa-
ren, in die Höhe kamen, und wieder niederfielen, Ich erkannte
sie für einen Linnäischen Byssus aus der staubähnlichen Arten-
familie, die ich von der haarförmigen ganz trennen zu müssen
glaubte, und mit dem Gattungsnamen Lepra bezeichnete, den man
heut zu Tage besser durch Lepraria ausdrückt. Sie gab mir Gele-
genheit zu einer kurzen Abhandlung, welche Dr. Usteri in seine
Annalen der Botanik 28) einrückte. Ich bezeichnete sie dort durch:
L. viridis glomerata, in pelliculam continuam punctatam
concrescens.
Es ist kein Zweifel, dafs diese Leprarie diejenige grüne
Materie sey, mit welcher Ingenhousz seine Beobachtungen
grölstentheils angestellet hat. Man darf nur seine Abhandlung le-
sen, um sich davon zu überzeugen. Er beschreibt seine grüne Ma-
terie völlig so, wie ich meine Leprarie, und nennt sie immer kör-
nig. Auch Pristley scheint in ältern Zeiten diese Art von grüner
Materie bearbeitet zu haben, weil sie Forster für Byssus bo-
tryoides L. halten konnte; aber dieser Byssus kömmt sonst niemals
in tropfbarem Wasser vor, sondern lediglich an feuchter Erde, und
wohl auch an den Mauern nahe an der Erde; und auch diese bey-
den werden jetzt als so viele Arten unterschieden.
Wäre
28) IX, St: S, 4. f.
n
>
13
Wäre nun Lepraria infusionum nur eine junge Conferva
bullosa, so mülsten die körnerigen Ansammlungen, aus welchen sie
besteht, nach und nach fädig erscheinen, wie sie älter werden.
Allein das geschah nicht, wie mich mikroskopische Beobachtungen
unmittelbar lehrten. Weil aber damals meine Bemerkungen über
die Aufgufs - Leprarie nur ungesuchte Ausbeute eines Versuches
war, den ich in ganz andern Absichten angestellt hatte, so wieder-
holte ich im J. ı809 diesen Versuch neuerdings, und änderte ihn
manchfältig ab, wie es mir dienlich schien, um die verschiedenen
Fragen zu beantworten, welche ich an mich selber that,
Zuerst wiederholte ich den Versuch von ı791 genau. Ich
setzte den 2}. März in’ ein offenes Blumenglas, welches mit zuge-
leitetem Quellwasser gefüllt war, einige Weidenzweige. Den 26.
zeigte mir mein Suchglas einige kleine Ansammlungen von höchst
feinen Schimmelfäden, über deren weitere Geschichte später geredet
werden soll; mitunter erschienen auch cin Paar Arten von Aufguls-
thierchen, die sehr klein und undeutlich waren. Erst am ı6. April
war das Wasser grünlich geworden, und auch das war blofser
Wiederschein: denn nur am Boden hatte sich körnige grüne Mate-
rie angelegt, welche die folgenden Tage an Menge langsam zu-
nahm, so dafs bis an den 22. April der ganze Boden davon sehr
dünn überzogen war, welswegen auch ihre Farbe schr bleich er-
schien; doch war sie rundum in dem kreisförmigen Winkel, wel-
chen die Wände des kegelförmigen Glases mit dem convexen Boden
machten, sehr satt apfelgrün. Den 27. hatten auch die Wände an-
gefangen, sich mit sehr kleinen lieblich grünen Makeln zu überzie-
hen, die anfänglich ohne Suchglas kaum zu sehen waren, die Form
eines aus freyer Hand übel gezeichneten Kreises hatten, und in ıh-
rem Umfange satter grün zu seyn schienen, als gegen die Mitte
hin. Sie bestanden, mit einem stark vergröfsernden Suchglase an-
gesehen, aus lauter kleinen grünen Körnerchen. Auch die verwe-
seten Schimmelreste und andere Unreinigkeiten, welche zum Theil
von
4
4
von der aufgelöseten Oberhaut der Zweige entstanden waren, be-
schlugen mit dieser grünen Materie.
Weil sie sich aber viel zu langsam gestaltete, so rechnete
ich diesen Umstand den Weidenzweigen zur Last, die durch ihren
starken Wurzeltrieb den Nahrungsstoff zu mächtig aus dem Wasser
an sich zu ziehen schienen, nahm daher den ı1. May diese Zweige
heraus, und gofs frisches Wasser aus derselben Quelle zu: Aber
auch im freyen Wasser konnte ich weder die nächst folgenden Tage,
noch lange darnach etwas fädiges wahrnehmen. Auch die grüne
Materie, welche sich nach und nach am Boden und an den Wänden
des Glases ziemlich häufte, gab sich mir in den herausgenommenen
Tropfen nicht zu erkennen. Den ı. Junius brachte ich ein sehr gu-
tes zusammengesetztes Mikroskop so an, dafs ich die grünen Flecken
an den \Vänden des Glases beobachten konnte, ohne sie auch nur
zu berühren. Ich mochte so viele dieser Flecken durchsuchen, als
ich wollte; überall war nur körnerige Materie da.
Die Beobachtungen hatten also über zwey Monathe gedauert,
ohne dafs die körnerige grüne Materie in eine fädige übergegangen
wäre.. Aber noch viel früher, schon den ı3. März, setzte ich in
einem farbelosen, vollkommen hellen Glase reines Wasser aus der-
selben Quelle, welches ich jedoch mit aufgelund:nem Papiere ver-
schlossen hatte, an das Fenster. Bis den ı7. April war schlechter-
dings nichts wahrzunehmen, was auf grüne Materie, auf Schimme';»
oder auf Aufgufsthierchen Bezug hätte haben können. An diesem-
Tage aber entdeckte ieh endlich am Boden des Glases ein Paar
ganz kleine Flecken von grüner Farbe, die aber nur mit Hilfe einer
Glaslinse zu sehen waren. Ein vortreifliches Suchglas, das ich nun
anwandte, entdeckte mir, dafs sie aus lauter Körnern zusammen ge-
setzt seyen. Bis auf den ıo. May hatten diese kleinen Flecken an
Gröfse nicht nur nicht zugenommen, sondern sie waren sogar aus-
gebleicht, und hatten, ihre ganze Farbe verlohren; nur die Körner
blie-
—
15
blieben zurück. So blieb die Sache bis zum 18. May, ohne dals
ich irgend etwas Organisches zu entdecken vermochte, so viele
Tropfen ich auch‘ in den Brennpunkt meines Mikroskopes brachte.
Ich nahm also den Verband weg, und stellte das Glas ofien an das
Fenster, worauf ich den 28. May, nachdem ich, wegen starker
Ausdünstung, ein paarmal frisches Wasser aus derselben Quelle zu-
gegossen hatte, die allerkleinste Monade 29) in ziemlicher Menge
fand, und zween Tage hernach auch einen grünlichen Schein am
Boden des Glases wahrnahm, welches, wie mich mein vortrefiliches
-Suchglas lehrte, von zerstreuten, ziemlich zahlreichen grünen Kör-
nern herrührte‘, was auch das zusammengesetzte Mikroskop bestä-
tigte,
Zwar gab diese letzte Reihe von Beobachtungen eigentlich
gar kein Resultat zu meinem Zwecke; sie bestätigte nur eine Wahr-
nehmung, die schon Pristley gemacht hat, und Ingenhousz
wenigstens nicht widerspricht 30), dafs die Erzeugung: der grünen
Materie m ganz reinem Wasser viel langsamer vor sich‘ gehe, als
in solchem, worin organische Substanzen verwesen. Aber das fand
ich bey allen meinen Versuchen, die ich jemals gemacht habe,
nicht bestätiget, dafs das Wasser, ehe es grünlich wird, vorher
einen röthlichen Schein annehme. Auch Treviranus hatte: diese
Erscheinung nur einmal, und nur in einem besondern Falle 31); So
viel gieng aber doch aus dieser Reihe von Beobachtungen gleich-
falls hervor, dafs die körnerige Materie sich auch in einer beträcht-
lichen Zeit nicht in die fädige verwandle.
Versuche mit Regenwasser und mit destillirtem Wasser an-
zustellen unterliefs ich. Dafs sich in diesen Wassern die grüne
Ma-
29) Faun, boic. n. 2804. \ °
30) Ingenhousz verm, Schrift, II. S. ı61.
31) Biol, U. 342.
ı6
Materie nur kümmerlich erzeuge, haben Pristley 2) und Ingen-
housz 33) durch Versuche dargethan; Ingenhousz hat sogar ein
Wasser, welches er durch zwo oder drey Stunden kochen liefs,
über anderthalb Jahre an der Sonne aufbewahrt, ohne dafs die
grüne Materie hervor gekommen wäre. Sie erzeugte sich nur,
nachdem ein Stück Fisch oder Fleisch hinzugethan worden war 34).
"Ohne eine Menge änderer Versuche anzuführen, die weiter
nıchts als Wiederholungen der bereits erzählten Erscheinungen ga-
ben, merke ich noch an, dafs sich die körnerige grüne Materie
niemals im Wasser selbst, schwimmend erhielt, wenn das nicht los-
gegangene Häute derselben waren; allemal kam sie nur wie ein
Niederschlag an den untergetauchten festen Körpern, oder an den
mit Wasser treibenden Unreinigkeiten vor. Allerdings hatte alles
Wasser, welches ich aus einem solchen Gefälse in ein reines farbe-
loses Glas herüber gols, eine grünliche Farbe; aber das zusammen-
gesetzte Mikroskop wies mir deutlich, dafs nicht das Wasser mit
dieser Farbe tingirt sey, sondern dafs sie blofs von den darin
schwimmenden oder vielmehr mechanisch aufgehenkten und schwe-
benden festen Atomen, welche sich deutlich als Staubiheilchen, oder
kleine Reste zerstörter organischer Körper auswiesen, reflectirt
werde. Die Zwischenräume dieser Atomen, welche sich im heraus-
genommenen Tropfen wegen der starken Anziehungskraft des Glases
bald zu Boden setzten, blieben vollkommen wasserhell und farbelos.
Eine andere Erscheinung, welche ebenfalls in allen angestell-
ten Versuchen vorkam, war, dafs die in die Aufgüsse versenkten
Talk-
32) Treviran. Biol. II. 299:
33)» Verm. Schrift. II. B. 173.
34) Der Fisch könımt aus dem Wasser, und das Fleisch wird vor dem Gebrauthe
gewaschen.
17
Talkblättchen zuerst, und meistens sehr bald, mit einer körnerigen
Materie beschlugen, welche meistens weilslich, zuweilen mehr oder
weniger halbdurchscheinig war; und dafs es eben diese Körner wa-
ren, welche sich in der Folge grün färbten. Auch an den Wänden
der Gläser waren allemal die ersten Niederschläge, welche sich vor
Färbung des Wassers anlegten, weilslich und körnerig.
Ueber die Natur dieser Körner glaube ich, durch Meerwas-
ser, welches ich in einer farbelosen Flasche aus dem grofsen Canal
zu Venedig geschöpft, und mit nach Landshut gebracht hatte,
Aufschlüsse erhalten zu haben. Diese Flasche stand den ganzen
Winter und Frühling wohlverstopft am Fenster. Frühzeitig entstan-
den an der Innenseite, welche der Sonne zugekehrt war, grofse
weilsliche Flecken, welche sich unter dem Suchglase und dem Mi-
kroskope als körnerig bewiesen. Sie wuchsen nach und nach in
eine Haut zusammen, die sich zum Theile auciı wohl ablösete, und
zu Boden sank. Aber diese Flecken erreichten noch vor Ende des
Winters ihre vollkommene Grölse, und nahmen von derselben Zeit
an nicht mehr zu, änderten auch den ganzen Sommer hindurch
weder Farbe noch Gestalt.
Aus allem dem scheint sehr deutlich hervor zu gehen, dafs
nicht alles, was man an der grünen Materie sieht, sie selbst sey.
Den Körper macht todte Waterie aus, die theils erdiger Natur ist,
theils aus den im Wasser höchst fein vertheilten schleimigen Be-
standtheilen der verweseten Pflanzen und thierischen Substanzen
besteht. Diese erdigen Theile müssen nothwendig nach der Be-
schaffenheit der Gegenden, in welchen. die Versuche angestellt wer-
den, verschieden, bald kalkartig, bald thonig, aber allemal höchst
fein seyn, weil sie entweder im Wasser wirklich aufgelöst, oder
doch, obgleich nur mechanisch, so fein vertheilt sind, dals die
Durchsichtigkeit desselben nicht gemindert wird.
3 Dieses
18
Dieses erhellt noch deutlicher aus Beobachtungen, die ich
mit der fädigen grünen Materie angestellt habe. Jedermann weis,
dafs diese Substanz, wie sie in stillen Bächen, Teichen und Was-
serbecken vorkömmt, bey aller Schlüpfrigkeit, welche ihr oft eigen
ist, gleichwohl rauh anzufühlen, und dafs diese Rauhheit oft be-
trächtlich sey. Deutlicher ward mir aber alles diefs in einer Schale,
in welcher ich Salvinia natans den Winter hindurch in Quellwas-
ser vegetiren liefs. Die fädige grüne Materie erzeugte sich hier in
grolser Menge, klebte fest an den Boden und an die Wände des
Glases, gab sich aber vielfältig los, und erschien dann in der Form
einer Ulve oder Tremelle, welche auf den ersten Anblick Stücken
des Nostocs glich; diese Stücke nahmen eine schmuzig blafsgrüne
Farbe an, welche aber stark mit einer andern sattgrünen (der ei-
gentlichen fädigen Substanz) durchzogen waren. Besah man diese
Massen mit einem Suchglase, so fand man ihre Ränder und Ecken
mit einer unreinweilsen erdigen Substanz beschlagen, welche an den
Wänden der Schaie noch sichtbarer ward, indem sie dort vielfältig
über den Wasserspiegel herauf efllorescirte (wie die anschiessenden
Salze über ihr Auflösungsmittel), und endlich beym Abtrocknen in
ein schmuziges Braun übergieng, was vom anhängenden Schleime
herrührte. Farbe, Gefühl, und das Aufbrausen mit allen Säuren
bewies, dafs diese erdige Substanz Kalkerde sey, welche in der
ganzen Gegend um Landshut die vorwaltende Erdart ist.
Durchaus aber gaben mir alle diejenigen Aufgüsse, in wel-
chen die fädige grüne Materie vorkam, diese Substanz allemal nach
wenigen Tagen, und in grofser Menge. Zwar kamen mir Fälle vor,
in. welchen nebst der körnerigen grünen Materie auch einzelne Fä-
den der fädigen entstanden; aber diese Fäden wuchsen nicht nur
nicht weiter, sondern verbleichten, und starben sichtbar ab, wäh-
rend sich die körnerige Substanz stark vermehrte, und schön grün
war.
Alles
re 19
Ds
Alles ist also dafür, und nichts ist dawider, dafs die beyder-
ley grünen Materien zwo ganz verschiedene Substanzen seyen, und
‘nicht etwa die körnerige als ein blolser Anflug der fädigen betrach-
tet werden könne. Wem bekannt ist, wie schnell, und in welcher
Menge sich die letztere an Orten erzeuge, welche der Sonne aus-
gesetzt sind, wird aus den langen Zeiten, binnen welchen in den
erzählten Versuchen keine erschienen ist, ohne Bedenken schlies-
sen, dafs bey diesen Versuchen entweder die Fruchtkeime fehlten,
oder die Umstände sonst für ihre Erzeugung nicht günstig waren,
die es gleichwohl für die Erzeugung der körnerigen waren, welche
aber niemals fädig wird, auch, wein man ihre Eäute zerreilst, nicht
fädig erscheint. Wenn daher Ingenhousz seine grüne Materie
aus dem Körnerigen in’ das Fädige übergehen sah, so schlichen sich
da Beobachtungsfehler ein, welchen nachzuspüren die Mühe nicht
lohnen würde 35). Wahrscheinlich ist es wohl, dafs in dem immer
nachgefüllien Wasser sich endlich auch hinzugekommene Frucht-
keime der fädigen Materie entwickeln; wahrscheinlich ist es sogar,
dafs sich in allem Wasser die Fruchtkeime der einen und der an-
dern ‚befinden, die sich dann wohl auch beyde entwickeln, sobald
nur die Umstände günstig sind; aber dann ist es ein Nebeneinander-
“ seyn
85) Von Ingenhousz’s Abhandlung über die grüne Materie kann man wohl mit
vollem Rechte das Urtheil fällen, welches O. F. Müller über Linne!s Ab-
handlung von der unsichtbaren (infusorischen) Welt ausgesprochen hat: Lin-
naeus dissertationem de mundo invisibili scripsit, in quo peregrinus fuit. Ingen-
housz hat in der Naturlehre entschiedene Verdienste, und war sinnreich in
Anstellung physikalischer Versuche; aber in der Naturgeschichte feblten ihm
selbst die ersten Elemente. Aus dieser Ursache wirft er in seiner langen Ab-
handlung über die grüne Materie alles untereinander; Thiere aller Art, Pflan-
zen aller Art kommen in dieses wunderliche Gemisch, das er grüne Materie,
wie Linne das Seinige, Chaos infusorium nannte, was auch beydes ist. Gleich-
wohl baut man in unsern Tagen auf dieses Chaos von verworrenen Begriffen
aus mangelhaften Beobachtungen ein System der ganzen a Welt und
ihrer Entstehung und Fortbildung.
2
20
seyn der beyden Materien, keine Entwickelfing der einen aus der
' andern:
-
Ueberhaupt ist die fädige grüne Materie, ich wiederhole es,
nichts weniger als eine einfache Substanz, sondern ein Gemengsel
von vielen, und ihre verschiedenen ergänzenden Theile sind nicht
allemal von einerley Art. Aber es ist hier noch kein schicklicher
Ort, die Gemengtheile derselben anzugeben. Das allein darf ich
hier sagen, dafs Conferva bullosa L. (welches eben die fädige grüne
Materie ist) aus dem System gänzlich ausgestrichen werden müsse,
indem sie nichts weniger als Art, sondern ein Aggregat verschiede-
ner Dinge ist, bey welchem selbst der fädige Theil nicht immer und
in allen Aufgüssen derselbige ist.
II. Welchem Naturreiche gehört nun die grüne Materie der
Physiker an? Ehe ich weiter gehe, merke ich im Allgemeinen an,
der Mensch habe nach einer guten Logik keinen Grund, mehr als
zwey ihm untergeordnete organische Naturreiche anzunehmen, Pflan-
zen nämlich, das ist, organisirte Materie, und Thiere, das ist, be-
seelte Organismen. Nur die Verbindung eines geistigen Wesens,
das da wahrnimmt, wtd will, unterscheidet das Thier von der
Pflanze. Nicht im Unterschiede des Körperbaues, nicht in chemi-
schen Eigenschaften, mit Einem Worte, in nichts, was materiel ist,
kann dieser Unterschied gegründet seyn, was man immer dagegen
gesagt hat, widerspricht die Natur, ist Phantasiespiel, oder dieselbe
logische Sünde, welche die Schule einen Circulus vitiosus, oder
eine Petitio principii nannte. Es giebt kein Mittelding zwischen
Beseeltseyn und Nichtbeseeltseyn, keine Phytozoen oder Zoophyten,
sondern blofs Thiere und Pflanzen, und kann keine geben. Nun
zur Sache!
Man hat die grüne Materie zum Thier gemacht; man hat ge-
sagt, sie sey in ihrem Entstehen Thiere, werde im Verlaufe des
Lebens
21
Lebens Pflanze, und im ausgewachsenen Zustande wieder Thiere.
Ich weis wohl, dafs ich hier mit vieler Sprachunrichtigkeit rede;
aber was kann ich dafür, wenn ich gezwungen bin, eine Ideen-
unrichtigkeit auszudrücken, die noch grölser ist?
Ingenhousz sah die körnerige grüne Materie bey ihrem
Entstehen oder in ihrer Jugend unbeweglich. Er sah aber zugleich
andere Körperchen , diesen Körnern. ganz ähnlich, in einer mehr
oder weniger lebhaften Bewegung, und folgerte daraus, beyderley
Körperchen seyen von einerley Natur, nur seyen jene im Schleime
der grünen Materie verstrickt (welcher Schleim aber zu dieser Zeit
noch nicht vorhanden ist), und darum unbeweglich 36). ‘ Hier
möchte wohl der berühmte Mann ein wenig zu hastig gefolgert ha-
ben. Ein Kurzsichtiger sieht im Saume eines Waldes einige Men-
schen oder Thiere hin und wieder gehen, ohne sie deutlich von
den Bäumen zu unterscheiden, und folgert daraus, er sehe eine
gelagerte Armee, oder eine ungeheure Heerde. Vor dem Mikros-
kope sind wir alle kurzsichtig, besonders wenn von so kleinen
Gegenständen, als die Ingenhousz’ischen Körner sind, die
Rede ist.
In der alten fädigen grünen Materie will er bewegliche Fa-
sern gesehen haben. Man höre seine Worte er
„Auf Wasserflächen, wo die grüne Materie schon vorhanden
ist, trifft man oft schwimmende Massen dieses Grüns an, die von
darin eingeschlossenen Luftbläschen aufgeblähet sind. In solchen
schleimigen Massen ist es, wo man die beweglichen Fasern am
deutlichsten sieht. Manchesmal bemerkt man an ihnen sogar eine
wurm-
36) Vermischte Schrift. I. B, S. 146.
37) Daselbst S. 153,
22
wurmförmige Bewegung, die sich von einem Ende der Faser bis
zum andern fortpflanzet, und einer peristaltischen Bewegung ähn«
lich ist.”
Das ist alles ganz richtig. Ich hatte eben ein Gefäfs voll
dieser fädigen grünen Materie, wie sie Ingenhousz empfiehlt,
und sah alles, wie er; die Bewegungen waren täuschend, ich läugne
es nicht; allein ich machte diese angeblich thierischen Bewegungen
auf eine Art, und noch dazu sehr glücklich nach, welche die ganze
Beobachtung ins Lächerliche versetzt. Ich kämmte mir auf der
Stelle die Haare aus, that den dadurch erhaltenen Haarfılz auf einen
flachen Teller in etwas Wasser, und sah nun an weiland meinen
Haaren dieselben Bewegungen im Grolsen und mit freyen Augen,
welche man in der grünen Materie nur durch das Mikroskop sieht.
In der grünen Materie sah ich sogar noch mehr, als Ingenhousz;
ihre Fäden schienen manchmal sogar eine fortschreitende Bewegung
zu haben, rückten wirklich vor, und machten dabey_ allerley
Schwenkungen.
Um hier die Mechanik einzusehen, mufs man wissen, dafs
Ingenhousz (und in diesem Falle auch ich) die Fäden auf einem
. Planglase in einem Wassertropfen beobachtete. Nimmt man aber
statt dessen ein Uhrglas, und giefst so viel Wasser zu, dafs der
grölste Theil der Fäden mit demselben bedeckt ist, so hat man
beyde Erscheinungen beysammen: alles, was ganz mit Wasser be-
deckt ist, bleibt ruhig und unbewegt; aber diejenigen Fäden, wel-
che über den Wasserspiegel hervorragen, sind in Bewegung. Alle
diese Bewegungen werden also von keinem innern Princip, sondern
blofs von äufsern Ursachen, dem abrinnenden oder vertrocknenden
Wasser, der aufgehobenen Anziehung u. s. w. hervor gebracht, sind
also so wenig thierisch, als die Bewegungen des Taubhabers, oder
der Darmsaiten,
Ganz
23
Ganz etwas anderes ist das, was Ingenhousz von den
weilsen Fäden sagt. Aber man muls zweyerley weilse Fäden unter-
scheiden: die einen erscheinen unter dem Mikroskope als deutliche,
an beyden Enden abgestutzte Röhren, sind nichts weiter, als aus-
geleerte Stücke der Conferven, und haben gar keine Bewegung,
als welche ihnen mechanische Einwirkungen ertheilen; die andern
sind höchstfeine strichförmige Körper, die allerdings in alter grüner
Materie von beyden Arten sehr häufig vorkommen; unter meinem
Mikroskope zeigen sie sich meistens in einer Länge von 3, bey
einer Dicke wie’der feinste Strich an mathematischen Instrumenten,
der noch mit freyen Augen gesehen werden kann; und diese sind
Müller’s VYibrio Baceillus 38): oder sie kommen auch bey einer
scheinbaren Länge von etwa 2° und darüber vor, sind dann aller-
dings etwas dicker, aber kaum um das Doppelte der vorigen Dicke;
diese sind mein Vibrio Filaria 39); beyderley allerdings wahre
Thiere; aber wer wird sagen, die grüne Materie habe sich in sie
verwandelt? Wann sie erscheinen, dann sind die Busenthierchen
und einige Trichoden schon eher erschienen, und das Räderthier-
chen ist wenigstens ihr beständiger Begleiter, oft auch ihr Vorläu-
fer. - Wer kann die Art zu schliefsen billigen: Hoc post hoc, ergo
ex hoc? Wenn dieses Argument gilt, so verwandelt sich auch die
Eiche in Gallwespen und Knoppernwespen, und ein Stück Fleisch
in Fliegen,
Aber Dr. Johann Andreas Scherer 4), und Girod-
Chantrans 4) sahen doch grüne Fäden, also wohl ungezweifelte
Gonferven, Bewegungen machen, welche schlechterdings ein inneres
Prin-
38) Animal. infus. p. 45. Tab, 6. fig. 3,
39) Faun. boic. n. 2852, und Briefe an Nau $. 369. Tab. ı. fig. 8.
40) Jacquin Collect, I. 171 — 185.
42) Recherches chymiques et microscopiques sur les Conferves etc. Paris, 1802, Ato.
24
Princip verriethen, und von keiner mechanischen Einwirkung her-
rühren konnten. Conferven? Dafür werden sie allerdings von die-
sen Schriftstellern gehalten, aber waren es nicht, sondern Oscilla-
torien, wahre Thiere, obgleich vielleicht noch einfacher, als die
Conferven. Wie schlecht mufs ein Rechtshandel bestellt seyn, für
welchen man Zeugen anführt, die die Gegenstände nicht kennen,
worüber sie aussagen!
Bedeutender ist die Beobachtung, welche Gottfr. Reinh.
Tre'viranus gemacht hat. Es hatten sich ihm an den Wänden
eines Glases Klümpchen der grünen Materie gebildet; nie aber
salsen sie an der dem Sonnenlichte entgegengesetzten Seite. Er
gab verschiedentlich dem Glase eine andere Stellung, um zu sehen,
ob dieser Umstand nicht zufällig wäre; aber immer fand er, dafs
sich nach einiger Zeit die grüne Materie von der beleuchteten Seite
nach der dunklern begeben habe 4°). Er folgert aus dieser Er-
scheinung, dafs Klümpchen, welche sich von der unbequemen Stelle
- wegbegeben, doch wohl Thiere seyn mülsten, und es scheint in
der That, man könne gegen diesen Beweis nichts einwenden. Nur
Eine Bedenklichkeit bleibt über, ob diese Fortbewegung willkühr-
lich gewesen sey, und ob dieselben kleinen Massen, welche sich
von der Einen Stelle wegbegaben, die neue Colonie stifteten.
Treviranus sagt nicht, von welcher Art seine grüne Ma-
terie gewesen sey. Mir schien es nicht, dafs es die fädige könne
gewesen seyn: denn diejenige, welche ich seit dem Ende des Oc-
tobers ı808 bis in den Junius ı809 in einer Schale von Porzellan
aufbewahrte, stand die ganze Zeit hindurch in derselben Stellung
am Fenster, und war durchaus an Boden und Wänden allenthalben
und ohne Unterschied gleich häufig, gleich lebhaft. Ich hatte also
) Ver-
4a) Biol, II. B, S. 340.
?
r
.
23
Verdacht, dafs er die körnerige Art vor sich gehabt habe, gofs
daher aus dem Blumenglase, in welchem ich Weidenzweige hatte
wachsen lassen, einen Theil des grünen Wassers in einen niedern
SJayancenen eylindrischen Becher mit flachem Boden herüber, und
bezeichnete zugleich eimen grünen Flecken, noch mit Wasser be-
deckt, aın Glase mit einer Einfassung von Dintenstrichen an der
Aussenseite. Ich mochte aber das Glas in eine Stellung bringen,
in welche ich wollte, der Flecken wich nicht von der Stelle.
Im Becher wollten sich an den Wänden keine Klümpchen
bilden; aber der flache Boden bedeckte sich mit einem Grün, das
immer satter ward, weil es immer dichter ward. Hier war es nun,
wo sich mir das Geheimnifs entdeckte. Ich bemerkte nach einiger
Zeit an diesem Boden verschiedene fast kreisförmige Stellen von
allerley Grölsen, welche ganz weils (die Farbe des Bechers), und
ohne alle grüne Materie waren. Ich vermuthete bald, hier müfsten
Luftblasen gesessen haben, und zersprungen seyn. Noch fand ich
eine sehr kleine; durch gelindes’ Schütteln brachte ich sie zum
Platzen, und ihre Stelle war mit einer verhältnilsmäfsigen weißen
Hreisfläche bezeichnet. So ward also der fürchterlichste Beweis für
die Thierheit der grünen Materie durch eine Luftblase vernichtet!
Ueberall habe ich die Bemerkung gemacht, dafs die eine
und die andere grüne Materie vorzüglich gerne den Boden der Ge-
false, in welchen sie wächst, überkleide. Sie thut das in Gefälsen,
"deren Boden sick" in einer sehr offnen Krummlinie in die Wände
verliert, wie in niedrigen Schalen und Tassen, so gleichförmig
dals man nirgends einen Unterschied an ihrer Menge wahrnimmt.
Wenn aber die Wände mit dem Boden einen rechten Winkel ma-
chen, wie in’cylindrischen Bechern, oder mittels einer sehr stark
gebogenen lirummlinie in den Boden übergehen, wie in eylindri-
schen oder kegelförmigen Gläsern mit eingedrücktem Boden, dann
sauumelt sie sich vorzüglich in den Winkeln, welche dadurch ent-
2 stehen, *
26
stehen, folgt also den Gesetzen der Anziehung, hat also keine
Willkühr, und ist kein Thier.
Kaum verdient das eine Widerlegung, was Ingenhousz
im fünften Abschnitte seiner Abhandlung über die grüne Materie 43)
sagt. Er sah die blasige Wasserseide sich mechanisch bewegen,
sah in allen Altern derselben einige Aufgufsthierchen in demselben
Wasser herumtreiben, sah in anderm Gewässer andere Aufzuß-
thierchen von grüner Farbe, sah endlich die beyden grünen Mate-
rien, von welchen wir bisher geredet haben, reine Luft geben, und
meint nun erwiesen zu haben, dals alle diese verschiedenen Wesen
einerley Substanz seyen, dafs diese Substanz zum Thierreiche ge-
höre, und in allen diesen Formen, wenn sie nur grün sind, das
grüne Schwanzthierchen der stinkenden Aufgüsse nicht ausgenom-
men, reine Luft gebe. Ich enthalte mich eine Parallele dieser an-
gehäuften irrigen Vernunftschlüsse hieher zu setzen; sie fallen schon
für sich so sehr auf, dafs man es kaum glauben wird, sie seyen
wirklich aus der Feder dieses berühmten Mannes geflossen.
Es thut mir leid, dafs ich hier eine so starke Blöfse des
grolsen Mannes aufdecken mufste. Aber Verschwiegenheit ist Hoch-
verrath an der Wissenschaft; ein so grofses Ansehen verführt Un-
bedachtsame; phantasievolle Köpfe milsbrauchen es, um die ge-
sammte Naturgeschichte in eine Mähre zu verwandeln, die selbst
Kinder nicht glauben möchten. 5
Auch die Chemie beweiset nichts für die Thierheit dieser
Substanz, selbst wenn man annehmen wollte, was man in einer
guten Logik nicht kann, dafs ihr Ausspruch über die Thierheit ir-
gend eines Körpers competent sey: denn ist man wohl im Stande,
bey
'43) a. a. O. S. 169. f.
®s
27
bey der chemischen Zerlegung dieser Suhstanz die Tausende von
Millionen Aufgufsthierchen aller Art, welche sich in demselben
Wasser mit ihr und an ihr befinden, zu entfernen? Oder urtheilt
man consequent, wenn man dafür hält, dafs die Myriaden dieser
Wesen, wahrer Thiere, keinen Einflufs auf die chemischen Educte
haben sollen?
III. Die grüne Materie der Aufgüsse gehört also nicht zum
Thierreiche; alle Beweise, die man dafür vorgebracht hat, sind
vernichtet. Unterdessen ist es darum noch nicht erwiesen, dafs
sie zum Pflanzenreiche gehöre. Es gab eine Zeit, zu welcher sie
Pristley für unorganisirt hielt, und wir haben bereits geschen,
dafs er in Hinsicht der körnerigen Art sowohl, als selbst der fädi-
gen, nicht ganz Unrecht hatte.
Inzwischen ist die fädige Art ein deutliches Aggregat unge-
zweifelter Conferven, vermengt mit. einer deutlich und regelmälsig
organisirten gallertigen Substanz. Kein Botanist kann sie verkennen,
so bald er sie sieht. Es ist wahr, wir sind über die Fortpflanzung
der Conferven nicht ganz im Reinen; man hielt sonst die Körner,
von welchen sie vollgepfropfet sind, und die sie im reifern Alter
in grolser Menge von sich geben, für Brutkeime; aber Vaucher
sah die meisten von ihnen eine Art Saamen bilden; vielleicht pflan-
zen sie sich auf die eine und die andere Art fort, wie diefs unter
den Thieren die Blattläuse thun. Ueber die unter ihnen wohnende
gallertige Substanz werde ich bey einer andern Gelegenheit meine
Meinung sagen. In beyden ist wenigstens wirklicher Organismus
bestimmt ausgesprochen.
Weniger deutlich ist der Beweis für die Pflanzennatur der
körnerigen grünen Materie, bey welcher sogar der Name unrichtig
ist, den ich ihr bisher gegeben habe: denn der körnerige Theil
gehört wirklich zur unorganisirten Materie, ist erdiger, oder bey
a ge-
38
gewissen Aufgüssen mehliger oder schleimiger Natur. Die grüne
Materie selbst ist nur wie der feinste Staub, der auch durch das
zusammengesetzte Mikroskop nur mittels seiner Menge und Farbe
bemerkbar wird, auf diese Körner hingeklebt. Sie mufs daher von
den Leprarien getrennt, und in die Gattung der Pulverarien ver-
setzt. werden. Man kann und muls also diese Substanz ‘wenigstens
mit eben so vielem Rechte zum #Ilanzenreiche rechnen, als die
übrigen Pulverarien; sie hat sogar vor ihnen einen Beweis mehr
für sich, indem sie im Sonnenstrale so gut als die fädige Art reine
Luft abgiebt, wie die Physiker, und namentlich Pristiey, erwie-
sen haben, also Lebensfunctionen ausübt, also lebt, also organisirt
ist. Freylich wird man durch directe Beobachtungen ihre Fort-
pflanzung nie erfahren: dazu ist sie viel zu klein; aber wahrschein-
lich ist es, dafs sie durch Theilung vor sich gehe, eine Weise’sich
fortzupflanzen, die wir im Thierreiche bey viel grölsern Wesen,
sogar bis zu den Naiden herauf, mit Zuverläfsigkeit kennen. In-
jedem Falle’kann die Ungewilsheit, in welcher wir in Hinsicht auf
ihre Fortpflanzungsart sind, kein Beweis für die Generatio aequi-
voca seyn. Dals sie auf irgend einem organischen Wege vor sich
gehe, dals jedes der neuen Individuen einer gleichartigen Mutter
sein Daseyn verdanke, dafür bürgt uns die Analogie durch die ganze
Natur, so weit wir diese mit unsern bewaffneten Augen noch er-
reichen können, welches Zeugnifs am allerwenigsten so viel werth
ist, dals unsere Gegner schlechterdings nicht gehört werden dürfen,
wenn sie nicht die allerüberzeugendsten Beweise für ihre Behaup-
tungen vorbringen, ‘eine Sache, welche sie niemals gethan haben,
niemals werden thun können,
' Wie die eine und die andere dieser Materien in die Auf-
güsse gerathe, das kann keine Schwierigkeit haben; ihre Frucht-
keime sind schon im Wasser da. Es thut nichts zur Sache, dafs
man in destillirtem, dals man sogar in gesottenem Wasser die grü-
ne Materie entstehen sah. Ich habe bereits eine organische Sub-
stanz,
29
stanz, Scherer’s Oscillatorien, angeführet, welche bey einem
Hitzegrade von 50 Reaum. sich nicht nur erhält, sondern wächst,
grünet, und in ihrem Wohlstande ist. Freylich zerstört trockne
Wärme die Organismen, wenn sie hohe Grade erreicht; aber das
thut sie nur, indem sie ihnen die Feuchtigkeiten raubt, ohne wel-
che kein Leben ist; wie weit feuchte Litze steigen könne, um je-
dem Organismus tödtlich zu seyn, ist uns völlig unbekannt.
“
Beyde Arten der grünen Materie kommen unter schicklichen
Umständen in allen reinen Aufgüssen, welche vom Menschen oder
von der Natur gemacht werden, vor, von welcher Art auch der
organische Körper gewesen seyn mag, welchen man im Wasser
verwesen lief. Wäre auch die Meinung, wodurch die Generatio
aequivoca in Schutz genommen wird, nicht schon für sich des Jahr-
hunderts, in welchem man sie wieder aufzuwecken sucht, und ei-
nes denkenden Kopfes unwürdig, so stöfst sie doch im vorliegenden
Falle «gegen alle Grundsätze der Chemie an. Diese Erzeugungen
müfsten nämlich nothwendig auf dem Wege der Crystallisation vor
sich gehen; aber da ändern die verschiedenen Basen, wenn ihre
Verschiedenheit auch nur gering ist, die Formen gar sehr; und in
unserm Falle läfst man einerley Form aus den Basen entstehen,
welche alle denkbaren thierischen und vegetabilischen Substanzen
liefern,
Ganz etwas anders ist es, wenn man annimmt, dafs die
Brutkeime dieser Materien schon im Wasser da feyen; und diefs
mufs man wohl den Erfahrungen zufolge: denn bey den vielerley
Aufgüssen wird. alles verändert; nur Wasser ist allemal da; also
sind es nicht die aufgegossenen Substanzen, die sogar nicht unbe-
dingt nöthig sind, worin wir den Ursprung dieser Materien suchen
müssen; auch können es wieder nicht die beyden Gasarten seyn,
aus welchen das Wasser besteht, sondern es müssen nothwendig
dem Wasser fremdartige Substanzen, also wohl Brutkeime oder
Saas»
30 5 ne : N
Saamen beygemengt seyn, woraus die grünen Materien gebildet
werden, obschon verwesende Substanzen Nahrungsstoff absondern
können, wodurch ihr Wachsthum mächtig befördert wird, wie durch
Düngen das bessere Gedeihen unserer Feldfrüchte herbeygeführet
wird.
Damit hört aber auch das Wunder der Unzerstörlichkeit
auf, welche Ingenhousz der grünen Materie beylegt. Nicht seine
getrocknete, zerriebene Materie erzeugte sich wieder, sondern sie
verwesete, und gab dadurch einer andern, die sich ganz frisch im
Wasser entwickelte, Nahrung.
Wahre Wunder zeigt uns die Naturgeschichte bey jedem
Schritte, den wir thun; nur müssen wir ihre Sprache verstehen,
und aufmerksam seyn. Bey einem so überschwenglichen Reich-
thume bedarf sie also erborgter Wunder nicht. Hat die gegenwär-
tige Abhandlung einiges Verdienst, so besteht es darin, dals sie
einige dieser angeblichen Wunder auf die Seite geräumt, und über
einen Gegenstand Licht verbreitet hat, der von eigentlichen Natur-
forschern bisher viel zu einseitig behandelt worden ist.
U.
4 31
rn u nn as u, —y—ı gs > > a— nn n —
11.
Kritische Uebersicht
der
einzelnen Arten aus der Gattung von Eidechsen, welche
ich Wandkletterer nenne, Linn aber und andere,
Geckonen,
von
]- G Sc#unEıder,
zu Frankfurt an der Oder.
D:. Geschichte dieser Thiere, als Gattung betrachtet, habe ich
gröfstentheils bereits in meiner zweyten Probe von der Physiologie
der Amphibien ı792 mit kritischer Genauigkeit erzählt. Ich werde
daher diesen Theil der Abhandlung hier als bekannt voraussetzen
und übergehen, so wie auch überhaupt die ausführliche Beschrei-
bung der einzelnen Arten hier nur kurz berührt wird, so viele de-
ren und so weit sie damals bekannt und bestimmt waren; weil
Bechstein’s Uebersetzung von Lacepede das Vorzügliche da-
von ausgezogen hat. ‘Nur wo neuere, eigene oder fremde, Unter-
suchungen und Beobachtungen neue oder bessere Merkmale an die
Hand geben, oder neue Arten hinzugefügt haben, werde ich sie
hier nachholen, damit man den ganzen jetzigen Zustand dieses
Theils der Naturwissenschaft in dieser Gattung übersehen kann.
Aber
g2
Aber die Kennzeichen der Gattung mufs ich hier vorausschicken
und wiederholen, weil ohne deren HKenntnifs manche meiner Ur-,
theile unverständlich und ungegründet erscheinen würden. Auch
hat die Bechstein’ische Uebersetzung davon nichts gemeldet,
weil in der französischen Urschrift die einzelnen Arten zerstreut
beschrieben werden, obgleich eine Abtheilung (die fünfte) die Ei-
dechsen besonders abhandelt, deren Zehen unten mit grofsen dach-
ziegelförmig übereinander liegenden Schuppen bedeckt sind. Aber
dieses einzige zu unbestimmte Merkmal hat nicht verhindern kön-
nen, dafs Lacepede selbst, so wie vor und nach ihm andere,
Thiere aus dieser Gattung bald zu den Salamandern, bald zu einer
andern Gattung gezogen haben. Also die vorzüglichsten, in die
Augen fallenden, (denn von den anatomischen, eben so bestimm-
ten, kann hier die Rede nicht seyn,) entweder allen oder den
meisten Arten, zusammen, oder in a
L ;
iedener Anzahl, eigen-
thümlichen, Merkmale der Gattung scheinen mir folgende zu [eyn. .
„Der-Kopf grofs, breit, platt; die dugen grofs, vorragend,
„rund; die Spalte der Pupille vertical.” (Brongniart setzt noch
den Mangel der Augenlieder hinzu;) „Die Kinnladen haben eine
„Reihe kleiner, spitziger, nach innen gekehrter Zähne;‘ die Zunge
„ist breit, dick, vorn zugerundet und leicht eingekerbt. Die Be-
„deckung des Körpers besteht aus kleinen, runden, schildartigen
„Schuppen, oder aus kleinen kegelförmigen Schuppen, die wie.
„Chagrin aussehen; bey andern erscheint die ganze Oberfläche des
„Hüörpers und der Gliedmaafsen mit rauhen oder spitzigen Warzen.
„oder Schilderchen, nach einer gewissen Ordnung gestellt, besetzt;
„bald stehen diese zerstreut bald einzeln. Den After bezeichnet eine
» Querspaltee Auf der untern Fläche der Hüften haben Viele Drü-
„senöfjnungen, d.i. durchbohrte Schuppen, in einfacher Reihe auf
„jeder Seite; wenigen fehlen sie; nur eine hat eine einjache Reihe
„in der Mitte zwischen den Hüften. Die Gliedmaafsen kurz und
„dick; die Zehen, einander ziemlich an Länge gleich, sind mit ei-
„nem
33
„nem häutigen, aufgeschnittenen Ansatze eingefafst; bey-allen ist
„das zweyte Glied unten mit häutigen, rauhen, zugerundeten Blät-
„tern, in die Quere gestellt, und einander deckend, vermehrt. Diese
„Blätter sind entweder ungetheilt, wie bey vielen Arten, die Jreye
„und entblö/ste Krallen haben; bey andern sind sie in der Mitte
„getheilt und durch eine Furche in die Länge in zwey Reihen von
„Blättern abgesondert, zwischen welchen durch die Spalte und
„Furche die zurückgezogene, in einer häutigen Scheide verborgene,
„und oben über dem zweyten Fingergliede emporstehende Kralle
„nach dem Gefallen des Thiers, wie bey Löwen und Katzen, hervor
„tritt.” Die Blätter selbst sind mit einem klebrigen Safte gefüllt,
dessen Nutzen zu seyn scheint, die Fufssohlen an glatte Körper zu
befestigen, an welchen und über welche diese Thiere in die Höhe
klettern oder weglaufen; daher sie sich auch an den Decken der
Zimmer in umgekelirter Lage erhalten und bewegen können, wel-
ches man in vorigen Zeiten der Schärfe und Stärke ihrer Krallen
zuschrieb. Die Quelle dieses Safts, so wie seine chemischen Eigen-
schaften hat man noch nicht erforscht; obgleich diese Untersuchung
von grolsem Nutzen seyn mülste. Denn in Ansehung des Ursprungs
und der Einleitung des Saftes zu dem benannten Gebrauche würden
wir vielleicht auch zugleich Licht über den ähnlichen klebrigen Saft
erhalten, welcher die Ballen an den Zehen der Laubfrösche füllt,
und damit die Fülse an glatte Körper, so wie an die Blätter und
Zweige der Bäume, befestiget. Die Eigenschaften des Safts werden
wohl bey den verschiedenen Arten verschieden seyn, weil nur von
einigen erzählt wird, dafs sie durch das Berühren mit den Fufsblät-
tern im Laufen Speisen vergiften, und dem Menschen einen Aus-
schlag verursachen. Sie leben gewöhnlich in Gesellschaft mit den
Menschen ; klettern an den Wänden umher, um Insecten zu fangen,
und werden oft sehr zahm und vertraut. Im Freyen kriechen sie
auf Bäumen, Mauern und Gebäuden herum, um ihre Nahrung zu
suchen. Bey bevorstehendem Regen oder bey andern Veränderun”
gen der Witterung geben einige einen besondern Laut von sich;
5 bey
h
3+
bey andern hat man noch keine Stimme bemerkt. Die Lebensweise
der Plattschwänze kennen wir noch fast gar nicht,
Um die Geschichte und Bestimmung dieser Gattung haben
nach meinem zweyten Versuche sich vorzüglich Shaw, Brongni-
art, Latreille und Daudin, am meisten der letzte, verdient
gemacht. Brongniart traf fast in allen Arten mit mir zusammen.
Daudin hat die von Lacepede vermischten und. verworrenen
Arten meistentheils glücklich entwickelt und unterschieden, auch
einige neue Arten hinzugefügt, Einige sah er für neu und unbe-
kannt’ an, weil er meine Abhandlung nicht kannte. Andere hat er
aus dieser Gattung in andere versetzt. Manche hat er nur in ein-
fachen oder verstümmelten Exemplaren unterfucht, und also nicht
genau genug bestimmen können. Die Merkmale der Gattung giebt
er also an: „Der Körper ziemlich dick (trapu), etwas niederge-
„drückt, mit sehr kleinen rundlichen, ‘mehr oder weniger gewölbten,
„Schuppen bedeckt; bey den Geckotten sind sie spilzig. Der Kopf
„ziemlich dick, vorzüglich an der Verbindung der beyden Kinnla-
„den, welche mit kleinen Platten eingefafst sind. Die Schnauze
„etwas dünn; die Oberfläche des Kopfs mit kleinen Schuppen, de-
„nen auf dem Rücken ziemlich ähnlich, bedeckt; die Zunge dick,
- „etwas platt, am Ende leicht ausgeschnitten und klebrig, aber nicht
„nach aussen dehnbar; die Ohröffnung wenig deutlich von aussen;
„die Kehle kann sich zu einem falschen Kropfe aufblähen. Der
„Schwanz bey den. eigentlichen Geckonen und bey den Geckotten
„walzenformig, bey den Plattschwänzen platt in Gestalt eines Ru-
„ders. Die Füfse etwas dick, mit fünf breiten und vorzüglich am
„Ende platten Zehen; unten mit kleinen Querschuppen, die uber-
„einander wie Dachziegeln liegen, versehen, oberwärts über dem
„Ende mit einer krummen KRralle. Nur eine Art hat vorn vier
„Zehen.” Die eigentlichen Geckonen haben nach ihm einen glat-
ten Körper, walzenförmigen Schwanz, und fünf Zehen entweder
getrennt, oder kaum zur Hälfte durch eine Haut verbunden. Die
Geckot-
35
Geckotten haben auf dem Leibe spitzige Schuppen, einen walzen-
förmigen Schwanz, fünf Zehen, wie die vorigen. Die dritte Ab-
theilung mit plattem Schwanze hat diesen mit einer Haut eingefalst,
einen glatten Körper, fünf Zehen wie die vorigen oder zur Hälfte
verbunden; nur eine Art hat vorn vier, hinten fünf, zur Hälfte ver-
bunden. Ueberhaupt hat er ı6 Arten beschrieben, aber einige nach
fremden Angaben, ohne sie selbst gesehen zu haben; daher kam
es, dafs er einige zweymal beschrieb, und die Arten in der frem-
den unvolliommenen Beschreibung nicht wieder erkannte. Gleich-
wohl hat er drey bis vier Arten, welche ich hier noch auflführe, in
die neue von ihm zuerst richtig bestimmte Gattung: Anolis, welche
ich Plattfüfse nenne, versetzt, und also die Anzahl der bisher be-
kannten oder angenommenen Arten vermindert.
Ueber diese neue Gattung mufs ich mich noch vorher erklä-
ren. Sie hat mit der hier beschriebenen nur in Ansehung des Baues
der Zehen, unten am letzten Gliede mit Querblättern versehen,
Aehnlichkeit; in allen- übrigen Theilen des viel schlankern, ge-
schmeidigern Körperbaues, so wie in dem weit gefälligern Anschn,
weicht sie ganz ab. Die am längsten bekannte Art daraus ist Lac.
princeipalis Lin. Nur von einer Art, Lac. bullaris, welche ich die
Rothkehle nenne, ist- bekannt, dafs sie in Gesellschaft mit dem
Menschen lebt, und in seiner Wohnung sich wie die meisten Ge-
ekoarten nährt. Uebrigens sind die Kennzeichen dieser neuen Gat-
tung nicht so bestimmt, und sondern die darin begriffenen Arten
nicht so genau von den übrigen Eidechsen ab, als es die Gecko-
arten sind. Man sieht diels schon daraus, weil die bekannten Ar-
ten dieser Gattung bald zu dieser, bald zu jener Gattung, und zu-
letzt von Brongniart und Latreille zu den Iguänen, gerechnet
worden sind.
Ganz neuerlich hat noch der treffliche Peron eine neue
Gattung unter dem Namen Geckoides in Vorschlag gebracht, in
» 5. wel-
96
77
welche er den Blatischwanz Nro. ı7 versetzen wollte, der sowohl
in Bildung als in Lebensweise sich von den eigentlichen Geckoarten
unterscheidet. Er lebt nämlich an niedrigen und kothigen Oertern.
Die Lebensweise der Plattschwänze kennen wir noch zu wenig; nur
von der Art Nro. ıı bringt Daudin ein Zeugnils bey, dafs sie
sich auch im Wasser aufhalte, wie die Salamander, denen die Platt-
„schwänze dieser Art etwas gleichen. Von den übrigen läfst sich
dasselbe vermuthen, obgleich die blättrigen Fufssohlen zugleich auf .
den Aufenthalt im Trocknen und auf das Klettern hinzudeuten
scheinen.
Auffallend ist es, dafs wir üher die in Italien und dem süd-
lichen Frankreich lebenden -Arten noch keine zuverläfsige und be-
stimmte Nachricht haben, sondern uns noch mit wahrscheinlichen
Vermuthungen aus unbestimmten Nachrichten begnügen müssen.
Ueber den griechischen Askalabotes oder Galeotes glaube ich so
ziemlich ins Reine gekommen zu seyn; ich nehme die erste Art
dafür an. Ueber die Lebensweise dieser Art haben uns die Grier
chen viele und bestimmte Nachrichten überliefert, welche ich in der
zweyten Probe gesammelt und berichtiget habe. Ebendaselbst habe
ich einige von den anatomischen Merkmalen ausgehoben und ange-
zeigt, auf deren Kenntnils die Unterscheidung und Bestimmung der
äussern Merkmale im Körperbau der verschiedenen Arten allein be-
ruhet. Diese will ich hier nicht wiederholen; aber bemerken mufs
ich, dafs Daudin auf diese anatomischen Kennzeichen gar keine
Rücksicht, so wenig bey dieser Gattung als überall, genommen hat,
vermuthlich weil er keine Kenntnifs davon hatte, wie sich denn diese
Unwissenheit bey ihm gar oft in den Beschreibungen offenbaret
und der Bestimmtheit geschadet hat.
Zuletzt mufs ich noch bemerken, dafs der treffliche Dume-
ril in seiner analytischen Zoologie (S. 82.) Daudin’s neue Gat-
tung Anolis auch angenommen, aber die Kennzeichen falsch angege-
. ben
—o-
37
ben hat, in dem er den Geckoarten platte Zehen mit dachziegel-
artig liegenden Lamellen unter der ganzen Zehe, den Anolisarten
aber nur unter dem Ende der Zeche, beylegt.
I. Abtheilung.
Geckonen mit runden Schwänzen.
ı. Der gemeine Gecko, mit runden, in Linien gestellten ,
Schildern auf dem Rücken, nackten Krallen, Daumen ohne Kral-
len, ungetheilten Querblättern der Fufssohlen, und in der Mitte
zusammenlaufenden Reihen der Drüsenöffnungen auf den Hüften.
(Lacerta Gecko Lin.; Stellio Gecko, Specimen Physiologiae am-
phibiorum, II. p. ı2 seqq.; Bechstein’s ZLgcepede II. S. 153;
Daudin Hist. nat. des Reptiles, IV. p. 122 —ı25 pl. 49, Gecko ä
gouttelettes blanches. ) |
Zu der angeführten Beschreibung will ich hier noch einige
Zusätze liefern. Gronov’s Beschreibung (Museum Nro. 533 p. 78)
. ist schr gut und folgende: Der breite conyexe Rücken ist oben mit
kleinen Warzen besetzt, welche durch die Stellung Linien vom
lopfe bis auf die Mitte des Schwanzes vorstellen. Die Farbe ist
ein wenig röthlich, von rundlichen weifsen Flecken auf dem Kopfe,
Rücken und Schwanze bunt. Ich habe an den Exemplaren, welche
ich untersuchte, ıo Reihen von dergleichen kleinen runden Schil-
dern gezählt, welche sich von den kleinen Schuppen sehr deutlich
unterscheiden. Houttuyn nennt sie Perlen. Dergleichen stehen
auch auf den Schenkeln. Keine andere der mir bekannten Arten
hat dergleichen Schilderchen. Diese sowohl: als die weilsen runden
Flecken auf dem rothbraunen Grunde (dergleichen ich aber noch
nicht gefunden habe, weil der Weingeist, wenn er zu scharf und
nicht gehörig gemischt ist, die Farben auszieht) gaben den alten
Dichtern "die Veranlassung zu der Fabel, dals, als die erzürnte
Cerces
38
Ceres den Rest ihres Labetrunks über das verwandelte Geschöpf
ausgegossen hatte, aus den Tropfen die Flecken auf der Haut des
Gecko entstanden. Hieraus erkennt man zugleich die Gestalt der
hellen Flecken auf der Haut des Thiers, welche die lateinischen
Schriftsteller lieber mit Sternen vergleichen mochten, und daher
das Thier Stellio nannten. Unterdessen läfst sich aus mehrern Stel-
len des Pliniws schliefsen, dafs der griechische Gecko in Italien
sich nicht fand, sonlern eine andere Art; wahrscheinlich dieselbe,
welche auch in dem südlichen Frankreich einheimisch ist, und Ta-
rente heilst. 3
Neuerlich hat Daudin ein Exemplar des pariser Kabinets
genau beschrieben, so dafs es unbezweifelt ist, ‚er habe diese Art
vor sich gehabt. Die Farbe ist daran unten weilsgelblich ohne
Flecken; oben gleicht sie der von Kaffe mit Milch, mit ı2 Längs
reihen kleiner rundlicher weilser Flecken, wie Tropfen, über den
Rücken und die Seiten. Jeder Fleck hat in der Mitte eine Schup-
pe, grölser als die andern, sechseckig oder fast rund, etwas ge-
wölbt, und mit mehrern kleinen Schuppen umgeben. Diese gewölb-
ten Schuppen sind etwas spitzig, und stehen auf dem Halse und
Anfange des Schwanzes nicht so häufig. Hinter den Augen und der
Trommelhaut steht eine Reihe von vier ähnlichen Schuppen neben
einander; andere ähnliche stehen zerstreut auf den Gliedern. Hin-
ter jedem Winkel des in die Quere stehenden Afters befindet sich
eine Reihe von drey runden nebeneinander stehenden Schuppen.
Jede Kinnlade umgiebt eine Reihe von viereckigen glatten Platten.
Die ganze Haut auf Kopf, Kehle, Hals, Bauch, Gliedern und an
dem Anfange des Schwanzes ist mit kleinern sechseckigen Schuppen
besetzt, welche auf dem Kopfe rundlicher, auf dem übrigen Theile
des Schwanzes sogar viereckig sind. Dieser ist am Anfange ziem-
lich dick, walzenförmig, halb so lang als der übrige Körper, und
hat am Anfange sechs breite Ringe; hierauf wird er dünn, und
endiget mit einer kleinen Spitze. Vor dem After steht eine Reihe
z von
39
von fünfzehn Schuppen, in Gestalt von Dachbalken gebogen, deren
Mitte mit einem länglichen, rothbraunen, etwas vorstehenden, Loche
durchbohrt ist. Die Fülse haben jeder fünf längliche Zehen, an
deren rundlichem Ende oberwärts eine deutliche und an ihrem Ende
umgebogene Kralle steht. Die Länge dieses Exemplars betrug 8 Z.
6 L., des Kopfes ı Z. 9 L., des Leibes 3 Z. 9 L., des Schwanzes
3 Z.; die Breite des Halses gL., des Leibes ı Z. 6 L., des Schwan-
zes am. Anfange 6 L., am Ende 3 L. Als Abarten nennt D. ein
Thier mit bellblauen Flecken, ein anderes mit gelblichen; ein drit-
tes mit gelblichen Flecken und brauner Kehle soll sich in der
blochischen Sammlung zu Berlin befinden und aus Indien
stammen.
D. hält das von ihm beschriebene Thier für neu und noch
unbeschrieben. Die Abbildung von oben ist eine der besten; aber
in der Beschreibung sind die an den Daumen fehlenden Krallen
übersehen worden; es mülste denn seyn, dals gerade das einzige
von ihm beschriebene Exemplar vollständiger war, als die vielen
andern, welche ich untersucht habe.
2. Der gabelstreifige Gecko (Stellio bifurcifer; Speceimen II.
p- ?2. Nro. 12; Bechstein’s Lacepede I. S. 303, Taf. ı8. F. 3;
Daudin IV. p. 136. pl. 50.) hat auf dem Leibe oben kleine Schil-
derchen zerstreut, einen kurzen Schwanz, vorn geringelt; von den
Augen bis zum Schwanze geht mitten über den Rücken eine weifse,
vorn und hinten gabelförmig gespaltene Linie; auf den Hüften
unten steht eine lange Reihe von: Drüsenöffnungen; die Krallen
blafs, die Daumen ohne Krallen, die Querblätter der Fufssohlen
ungetheilt.
Bechstein hat Nau’s Abbildung wiederholt; eine schlech-
tere hat neuerlich der Engländer Shaw (The Naturalist’s Miscellany
nro. 89.) gegeben, welcher das Thier Lacerta unistriata nennt.
Aus
4o se
Aus Daudin mufs ich nachholen, dafs Al. Brongniart
eine Beschreibung und Abbildung von dem Thiere unter dem Namen
Gecko ä bandes gegeben hat (Bulletin de la Societe philomathique
annee z nro. 36. fig. 3. a. b.), welche ich noch nicht gesehen hatte.
D. selbst giebt nach der Vergleichung von mehrern Exemplaren im
pariser Kabinet folgende Beschreibung: Die Länge beträgt 7 &
Z.; der Schwanz allein hat 3 Z. 4 L.; der Kopf ist etwas platt ge-
drückt, gegen die Schläfe zu breit, die Schnauze niedergedrückt
und zugerundet; die Augen ziemlich grols, rund, wenig gewölbt,
mit elliptischer Pupille in senkrechter Richtung. Um den Rand der
Kinnladen steht eine Reihe von kleinen viereckigen Schuppen, wel»
che an der untern von mehrern rundlichen eingefalst werden. Die
ganze Oberfläche des Thiers, die Seiten und der Kopf unten sind
mit sehr kleinen rundlichen Schuppen bedeckt, die etwas gewölbt,
an Grölse verschieden, unregelmäfsig untereinander stehend, schr
den kleinen runden Höckern (tubercules) gleichen, welche die Ober-
fläche der Schale der Sceeigel bedecken. Die Schuppen unten am
Halse, Leibe, Schwanze und an den Gliedern sind klein, rauten-
förmig, glatt und in schiefen Linien gestellt. Der Schwanz ist et-
was kürzer als das übrige Thier, ziemlich dünn, walzenförmig, aus
32 oder 34 Ringen bestehend, welche 2 Linien breit sind, und viele
kleine Schuppen in mehrern Querreihen stehend haben. Hinter je-
dem Winkel der in der Quere stehenden Afteröffnung stehen zwey
oder drey runde Körner. Die Glieder länglich, dünn zugehend,
mit fünf getrennten Zehen, welche am letzten Gliede breit und
rund werden; die Krallen über dem letzten Gliede sind deutlich,
etwas gekrümmt, und ragen kaum über das letzte Glied hinaus.
Die Farbe ist oben braunröthlich, unten weißslich; über den ganzen
Rücken geht eine regelmälsige weilse, zwey Linien breite, Binde
in die Länge. Diese theilt sich im Nacken in eine Gabel, wo-
von jeder Zweig sich bis hinter das eine Auge erstreckt; hinten
endiget sich die Binde auf dem Anfange des Schwanzes in zwey
kleine zugerundete, etwas auseinander stehende Theile, um den
Schwanz
Fee Au
Schwanz selbst gehen fünf zirkelförmige, weit auseinander stehende
weilse Bänder.
Sonach hat D. auch bey dieser Art die fehlende Daumen-
kralle nicht bemerkt. Ich halte es für einen Mangel von Aufmerk-
samkeit. Was er von den bey einigen Exemplaren fehlenden Drü-
senöffnungen nach Lacepede’s späterer Bemerkung hinzufügt,. ist
ein offenbarer Irrthum, dergleichen sich in L. frühern Beschreibun-
gen dieser Gattung sehr häufig, finden.
3. Der surinam’sche Gecko. (Daudin, IV. p. ı26.) Blaß
aschfarbig mit einer blafsgelben, braun eingefafsten,, Binde von
den Jugen an bis an die Hüften, braunen Ringeln des Schwanzes,
bedeckten Krallen und ohne Drüsenöffnungen.
Diese Art hat D. nach einem von Vaillant aus Surinam
mitgebrachten Exemplar beschrieben. Kopf und Leib sind 23 Z.
lang; die nämliche Länge hat der Schwanz. Die Hauptfarbe ist
blafs aschgrau, oben mit kleinen bräunlichen Flecken, welche ver-
wischten Tröpfchen gleichen. Hinter jedem Auge steht eine schma-
le,' blafse gelbliche Binde, an den Seiten mit einem bräunlichen,
etwas verwischten Striche eingefalst. Diese Binde verlängert sich
und geht über die Aerme und Seiten, und verliert sich unmerklich
jenseits der Hüften. Der Untertheil ist weifslich aschfarbig. Der
walzenförmige Schwanz ist am Anfange ziemlich dick und etwas
breit, hat oberwärts einige braune Binden, mit einer dergleichen
sehr breiten gegen die Mitte. Die Schuppen auf der Häut sind aus-
serordentlich klein und alle gleich, nur auf und unter dem Schwanze
etwas grölser; daher sieht der Schwanz wie chagrinirt aus. Um
“ die Kinnladen herum steht eine Reihe kleiner Platten; aber auf
dem ganzen Leibe sieht man keinen Höcker, keine Ringe am
Schwanze, auch keine Drüscnöflnungen an den Hüften unten. Die
Gestalt des Thieres ist ziemlich länglich und schmal (<lancte), der
6 Kör-
D ee
Körper schlank, und schmäler als der längliche Kopf, mit dem
nicht stumpfen Rüssel. Alle Glieder dünn; jeder Fuls mit fünf
platten Zehen versehen, die am Ende breiter und etwas ausge-
schnitten, und am Grunde kaum zur Hälfte durch eine Haut ver-
bünden sind.
Dieses Thier ist von der vorigen Art sowohl in der Farben-
zeichnung, noch mehr aber in der Gestalt der Fülse und dem
Mangel der Drüsenöffnungen unterschieden. Ich nehme nämlich ‘an,
dafs auch hier D. die bedeckten Krallen übersehen hat. Wenn die-
ses ist, so wird das Thier auch unten getheilte Fulsblätter haben,
welches im Ganzen der vorigen Art sehr ähnlich zu seyn scheint.
4. Die Geckotte des Lacepede. (Stellio perfoliatus, Speci-
men Il. p. 26. nro. 4; Bechstein’s Lacepede II. S. ı64 folgd.
und S. 300; Lacerta squalida Hermannı Comment. ad Tabul. af-
finit. p. 251, Observ. Zoolog. I. p. 266; le Gecko chagrine Dau-
din IV. p. 134—5.) Der Gecko mit durchbrochenen Blättern der
Fufssohlen und bedeckten Krallen, ohne Daumenkrallen und Drü-
senöffnungen, der ersten Art ähnlich, aber von kürzern Glied-
maafsen, dunklerer Farbe und ohne die runden Schilder.
Lacepede hat diese Art mit der ersten und mit der L.
mauritanica gar wundersam verwechselt und in der Beschreibung
vermischt, und also keine genau gekannt. Auch in der spätern
Abhandlung (Annales du Museum d’hist. nat. An. ı nro. ı7 p. 358)
über zwey Eidechsen, giebt er abermals deutliche Beweise, dals er
auch nachher die drey Arten nicht zu unterscheiden gelernt hatte.
Shaw tritt meiner Meinung bey (Gener. Zool. S. 269), dafs die
Geckotte des Lac. die von mir bestimmte Art sey. Aus der Ab-
bildung des blochischen Exemplars (ı. T. ı. u. 2. Fig.) wird man
sich eine deutliche Vorstellung von den von mir angegebenen Merk-
malen machen können. Zu der gegebenen und von Bechstein
aus-
VREarER 43
ausgezögenen Beschreibung weils ich nichts hinzuzusetzen. Nur
mufs ich erinnern, dafs der Name Tarenta und Tarente dieser Art
gar nicht zukomme, und dafs sie wahrscheinlich weder in Italien,
noch im südlichen Frankreich wohne, sondern, dafs alle die von
Lacepede angegebenen Umstände und Namen allein auf den fol-
genden rauhen Gecko passen, und ihm allein zugehören.
Dafs die von Joh, Hermann beschriebene Eidechse hieher
gehöre, hatte ich schon ehemals bemerkt: dieselbe hat Daudin
mit dessen Worten beschrieben. Weil aber Hermann weder die
Farbe noch den Schwanz des von ihm gesehenen Thiers beschrieben
hatte, so bemerkte Daudin nicht, dals es dasselbe Thier sey,
welches er nachher unter dem Namen le Gecko ä queue turbinde
beschrieben und auf Pl. 3ı nach einem Exemplar, welches Levail-
lant aus Surinam mitgebracht hatte, gut abgebildet hat. Zu
Houttuyn’s Beschreibung setzt er noch folgendes hinzu. In der
Gestalt des Kopfs und des länglichen Leibes gleicht diese Art der
ersten gar sehr; die fünf Zehen. sind zur Hälfte durch eine Haut
verbunden, am Ende dreyeckig wegen der vorspringenden Hralle,
wie beym glatten und chagrinirten Gecko; unter den breiten Zehen
stehen zwey Reihen getrennter, einander deckender Schuppen,
parallel; hinter jedem Auge steht ein weifslicher Strich in die
Länge, mit braun eingefalst; unter den Hüften stehen keine durch-
bohrten Körner; aber gegen jeden Winkel der #h die Quere ste-
henden Afteröffnung steht ein Höcker hinterwärts; der Schwanz
zieht sich am Anfange zusammen, wird plötzlich dicker wie ein
Knollen, und geht alsdann dünner auf eine Spitze aus; er hat ohn-
gefähr $ der ganzen Länge von 7 Z.gL., also 22. 6L.; die
Länge des Kopfs ı Z. 6 L., des Halses 9 EN des Leibes bis an
den After 3 Z.; Breite des Kopfs ı Z., des Halses 8 L., des Lei-
bes ı Z. z L., des Schwanzes am Knollen ı Z. 3 L., in der Mitte
8 L. Die Oberfläche des Schwanzes ist ganz mit sehr kleinen
schuppigen Körnern bedeckt.
6° Man
4
Man sieht, dafs D. auch hier die fehlenden Daumentrallen
übersehen hat. Nach den hier beygebrachten Beyspielen wird der
Leser sich nicht wundern, wenn ich behaupte, dafs Daudin die
Verwirrung, in der Naturgeschichte mehrerer Arten noch vermehrt.
hat. Die Ursache mag wohl seyn, weil er nicht alle Arten zusam- °
men hatte und nicht miteinander vergleichen konnte. So weils ich
seine erste Art, welche er für die gemeine ägyptische Art ausgiebt,
nicht unterzubringen. Er sagt nicht, wo er die Art gesehen hat,
und giebt auch keine vollständige Beschreibung, wie er doch bey
der ersten Art thun sollte. Blols eine Vergleichung mit andern
stellt.er in fölgender Stelle an: „Sie gleicht sehr der glatten ame-
ricanischen Art, der weils gefleckten und Houttuyn’s Stachel-
schwanze in der platten, breiten gedrungenen Gestalt des Körpers,
vorzüglich aber den beyden, ersten und letzten, in der schmuzigen
graulichen Farbe, der Gestalt der Schuppen, Gröfse des Kopfs und
.in der Taille; aber der Schwanz ist ziemlich dick, walzenförmig,
gen das Ende zu dünn, am
Anfange in sechs Ringe getheilt, und mit sehr kleinen Schuppen
besetzt. Die Afteröffnung steht in der Quere mit. drey kleinen»
Höckern an jedem Winkel. Der dicke Kopf fast dreyeckig; die
Augen auch ziemlich groß; die Zunge platt, etwas warzig, am
Ende gekerbt; die Zähne sehr klein ; ‚unter den Hüften steht eine
Reihe von ohngefähr ı3 durchbohrten Körnern; doch fehlen diese
fast so lang als das übrige Thier, ge
Körner bey einig@ Exemplaren. Die Fülse haben alle fünf breite,
platte Zehen, nnten mit kleinen Schuppen in die Quere liegend,
einander deckend, übrigens aber voneinander abgesondert, bedeckt,
und mit spitzigen krumm gebogenen Krallen über dem Ende; die
Zehen sind mit einer schmalen Haut eingefalst.” Dies ist alles,
was D. sagt. Der Umstand von den bey einigen Exemplaren feh-
lenden Drüsenöffnungen, welchen D. von Lacepede übergetragen
hat, machte mich gleich Anfangs zweifelhaft, ob D. nicht niehrere.
Arten mit einander verwechselt habe, ohne eine bestimmte Art vor
sich zu haben. Dafs er überall Lacepede’s verworrene Beschrei-
3 bung
45
bung vor Augen hatte, zeigen die beyden Anmerkungen unter dem
Texte. Die erste betrifft die kleinen Schuppen auf der Zunge,
welche Lac. dieser. Art beylegt, und welche D. in Warzen ver-
wandelt hat. Die zweyte besagt, dafs Linne& dieser Art die Kral-
len ganz, Lacepede aber nur am Daumen abgesprochen habe.
Also sollen nach ihm alle Zehen fünf nackte Krallen haben. Gleich-
wohl hat Hafselquist, welcher in Aegypten selbst diese Art
genau beschrieben hat, die Blätter der Fulssohle als in der Mitte
getrennt und die Krallen bedeckt angegeben.“ Dieses einzige Merk-
mal allein zeigt, dafs D. den ägyptischen Gecko nicht gekannt oder
beschrieben habe.
Der glatte americanische Gecko hat nach D. (S. ıı2) die
gröfste Aehnlichkeit mit dem vorigen in den Hauptmerkmalen, und
in den Maafsen der Theile, so wie dieselbe Farbenzeichnung und
Sitten. Man treffe ihn aber nur im südlichen America an; er stehe
gleichsam in der Mitte zwischen dem vorigen und dem Knollen-
schwanze von Houttuyn; doch unterscheide er sich vom erstern
durch den Mangel der Drüsenöffnungen, und der Ringe am Anfange
des Schwanzes; von dem andern durch den Mangel des Knollens
am Schwanze. Die Haut ist durchaus mit sehr kleinen Schuppen
besetzt, welche sie glatt machen; unter dem Bauche und Schwanze
sind die Schuppen etwas deutlicher und zugerundet. Der Schwanz
walzenförmig, am Anfange dick, geht allmählig dünn zu und endiget
mit einer Spitze; die Länge desselben beträgt fast die ganze Länge
des Thiers,- welches nicht über ıo Z. lang ist. Der Leib gedrungen,
die Glieder dick, kurz, mit fünf breiten zugerundeten Zehen, wel-
che am Grunde kaum zur Hälfte durch eine Haut verbunden sind,
mit kurzen Krallen oberwärts, welche hervorstehen, und mit klei-
nen Schuppen bedeckt sind; so dafs jedes Ende der Zehen drey
Seiten hat und der Samenkapsel einer Tulpe gleicht. Die Farbe ist
schmutzig aschgrau, oben aber dunkler,” D. hat diese Art bey
Bosc und Brongniart gesehen.
Die-
46
Dieselbe Verlegenheit findet bey mir über den porphyr-
artigen Gecko Statt, wovon D. im pariser Kabinet ein kleines
Exemplar, 2 Z. ı L. lang, ohne Schwanz fand. Den Namen gab er
ihm von den zerstreuten braunen und röthlichen Flecken, womit er
oben marmorirt ist; ausserdem stehen noch viele zerstreute, kleine,
runde, blafse Flecke auf dem Leibe, den Seiten und den Gliedern;
unten ist das Thier blals weifsröthlich, In Ansehung der Gestalt
aller Theile und der Schuppen gleicht es vollkommen der suri-
nam’schen Art. Die Fülse haben alle fünf kurze platte Zehen,
- am Ende breiter und aufgeschnitten; die kleinen Krallen stehen
über dem letzten Gliede.
Am meisten verwirrte mich seine Beschreibung des Stachel-
schwanzes (Gecko & queue epineuse), welchen er für Houttuyn’s
Gecko aculeatus ausgiebt. Um diese Art kennen zu lernen, schrieb
D. nach Holland an Van Ernest; dieser verwies ihn an das
pariser Kabinet, wohin das Exemplar gekommen sey, welches er
ı785 dem statthalterischen Kabinet einverleibt habe. Dieses Exem-
plar will D. aufgefunden haben, und beschreibt es S. 116 u. folgd.
Das Thier soll dem ägyptischen Gecko ausserordentlich gleichen,
und daher leicht mit ihm zu verwechseln seyn. Es ist breit, etwas
platt, dickbauchig, oben schmutzig aschgrau, mit einigen braunen
Schattirungen auf dem Rücken; unten schmutzig und blafs grau-
gelblich. Der Kopf breit, etwas platt, das Ende der Schnauze et-
was zugerundet. Der Rand der Kinnladen ist mit einer Reihe von
viereckigen Platten eingefalst, und diese wieder von kleinen fünf-
und sechseckigen Schuppen. Die Augenhölen stehen oben etwas
hervor. Die ganze Oberfläche, so wie der Kopf und Schwanz un-
terwärts, sind mit sehr kleinen runden Schuppen bedeckt, unter
welchen einige etwas grölsere zerstreut stehen, vorzüglich auf dem
Rücken; andere spitzige stehen auf dem Anfange des Schwanzes.
Der Leib und die Glieder haben unterwärts kleine rundliche oder
rautenförmige, glatte, und in schiefen Reihen, wie Dachziegel
über-
Pe
T ae 47
übereinander liegende Schuppen, welche untereinander gleichsam
ein Netz bilden. Unter jeder Hüfte steht eine Reihe etwas gröfse-
rer, rundlicher, durchbohrter Schuppen, fünfzehn an der Zahl; die
Oeflnung braunroth. Die Schuppen unter dem Schwanze sind, zu-
mal am Anfange, ziemlich grols, und liegen wie Dachziegel über-
einander. Der Schwanz fast so lang, als der übrige Körper, wal«
zenförmig, am Anfange dick, und daselbst in drey breite. Ringe
getheilt; hierauf wird er sehr dünn. Die Afteröffnung steht in die
Quere gerichtet; Arm und Schenkel dünn. Die Hüften aber ziem-
lich dick. Die Krallen gehen etwas über das Ende der Zehen
hinaus; diese sind breit, und an den Rändern fein gekerbt. Die
ganze Länge beträgt 6 Z. 6L., die des Kopfs und Leibes 3 Z.6L.,
die des Schwanzes 3 Z.; die Breite des Kopfes ı Z., des Leibes
ı Z.6L.
Wenn das hier beschriebene Thier wirklich eine eigene Art
ausmachen sollte, so ist es doch nicht hinlänglich beschrieben, um
es unterscheiden zu können. Was aber mir unbegreiflich ist und
jedem Leser seyn wird, ist die Vergleichung dieses Thiers mit der
Houttuynischen Beschreibung, welche D. übersetzt eingerückt hat.
Hier heifst es vom Schwanze: elle est de couleur grisätre, avec des
ecailles en forme de perles, beaucoup plus grandes et plates en
dessous: en outre, toute la base de la queue, depuis le croupion
jusque vers le milieu de sa longueur, est divisee en cercles ou
larges anneaux, qui ont chacun sur leur cöte, de part et d’autre,
une petite &caille pointue; et entre ces anneaux il y a quatre pe-
tites perles plus apparentes que les autres. Nach dem holländischen Ori-
ginal aber lautet diese Stelle also: Der Schwanz, unterwärts platt,
ist bis auf die Mitte in Ringe getheilt, und am scharfen Rande
eines jeden Ringes steht an jeder Seite eine Spitze hervor; zwi-
schen den beyden Spitzen eines jeden Ringes ist der Schwanz
oben mit vier gröfsern Perlen besetzt. Eben so sagt Houtt. zu
Anfange, dals er mit gröfsern Schuppen in Gestalt von Perlen be-
deckt
48
deckt sey. Wenn H. hier den Ausdruck Perlen eben so braucht,
wie bey seinem G. perlatus, welcher mein gemeiner Gecko ist, so
versteht er kleine runde, etwas, gewölbte Schilderchen, welche
freylich ein ganz anderes Ansehen und eine verschiedene Aechnlich-
keit geben, als die mit L. mauritanica L., womit Gmelin sowohl
als ich (Specim. Physiol. II. p. 25.) den Houtt. Gecko verglichen
haben, und worzu uns vorzüglich der unten platte Schwanz berech-
ügte, welchen Daudin ganz ausgelassen hat.
/
I. Abtheilung.
Geckonen mit halb platten und ganz platten
Schwänzen.
Hier nähert sich die Natur dieser Gattung, deren Gestalt
schon überhaupt etwas niedergedrückt ist, noch weit mehr der
Gattung der Salamander; einige unter ihnen haben auch einige
Merkmale der Chamaeleonen.
5. Der rauhe Gecko mit spitzigen dreyeckigen Höckern (L.
mauritanica L.; Stellio muricatus, Specimen 1. Phys. Amph. p. 24
nro. 3; Bechstein’sLacepede Il. S. 297— 299; le G. a Ecailles
triedres Daudin IV. p. 155.) hat oben zwischen- sehr kleinen
Schuppen überall spitzige vorstehende dreyseitige Warzen oder
Höcker, einen unterwärts platten Schwanz, in der Mitte mit brei-
ten Schildern besetzt, die Querblätter der Fufssohlen zugerundet ,
und getheilt, die Krallen entblöfst.
Nachdem ich das zweyte Specimen Physiol. herausgegeben
hatte, sind mir zwey wohl erhaltene Exemplare bey Bloch in die.
Hände gekonımen, welche eben aus Ostindien ankamen, und
wovon das eine Exemplar gröfser war als die andern alle, welche
ich bis dahin gesehen hatte. Das kleine und sehr junge Exemplar
hatte
49
hatte am Schwanze ı7 deutliche Reihen von Spitzen; am hintern
Theile des Leibes waren sie viel kleiner, am vordern unmerllich ;
das Schwanzende schwärzlich.. Am gröfsern Exemplare fand ich
am Schwanze nur ı0 Reihen grolser Spitzen auf der obern Seite;
die grofse und hintere Hälfte des Schwanzes war ohne Spitzen und
einfarbig. Auf der einen Hüfte standen sieben, auf der andern acht
Drüsenöffnungen, und hinter dem After an jeder Seite eine Warze
mit einem Dorne. Die Schenkel waren unten mit grölsern Schup-
pen bedeckt. Hinter den Augen bis an das Ohr gieng ein schwärz-
licher Streif; der Rand des obern Augenliedes war eingekerbt ; die
Zähne klein und kegelförmig. An einem Exemplare, welches ich
1795 zergliederte, fand ich unter der Haut der Drüsenöffnungen
sieben Drüsen, in Gestalt von rundlichen Blättern übereinander lie-
gend. Auch Joh. Hermann hat ein Exemplar aus Trankebar
erhalten, und daran sechs stachelige Wirbel am Anfange des
Schwanzes, so wie die Schilder unten bemerkt (Observ. Zool.
ı. S. 267).
Nun trug ich weiter kein Bedenken, den siamischen Tokay
für diese Art zu erklären, obgleich an der Figur der Jesuiten einige
minder wesentliche Dinge auszusetzen zu seyn scheinen. Von dem-
selben 'Thiere fand ich noch eine Nachricht in Histoire ciuile et
naturelle du royaume de Siam par M. Turpin, Paris, 1771, Tome
I. p. 312, welche ich hersetzen will, um daran zu zeigen, wie ein
Thier durch eine ungeschiekte Beschreibung ganz unkenntlich wer-
den könne. Doch ale 3 Stelle zugleich einige Data, welche
ich sonst nirgends gefunden habe. Der Togne, heifst es, ist eine
grolse Eidechse, 3 Fuls oder 8 Zolle lang, ı 3 Z. breit, deren
Rücken in lauter viereckige Fächer getheilt ist, jedes mit seiner
eignen Farbe, als: roth, grün, gelb und violet. Der Kopf ist grols,
mit weils und dunkelbraun emaillirt. Das so schöne Thier ist äus-
serst gefährlich zu berühren; daher tödet man es überali, wo man
es sieht. Seine Krallen sind so durchdringend, dals es damit ins
' 7 Glas
/
50
Glas greift; auch geht es umgelchrt an den hölzernen Decken,
woran es seine Eyer befestiget, welche auf einer Seite platt und so
grols wie die Daumenspitze sind. Der Auswurf gleicht einem Stücke
Chave? und wenn er in das Essen kommt, verursacht er eine
Sprachlosigkeit, die fast einen Monat dauert. Der Harn macht auf
der Haut des Menschen unauslöschliche Flecke. Wenn er beilst,
läfst er nicht wieder los; und mit seinen Krallen nimmt er immer
das Fleisch weg, woörein er sie setzte. Das Geschrey fängt mit ei-
nem Quitschern an, das immer stärker wird, und hernach wiederum
stufenweise abnimmt.
Dafs diese Art in Italien einheimisch sey, und daselbst Ta-
rantola heilse, kam mir erweilslich vor. Erstlich sagt dieses Brün-
nich (Spolia maris Adriatici p. 93.), und setzt hinzu, dafs sie an
dunkeln Stellen der Gärten und Strafsen wohne, gegen Abend aber
auf die Mauern klettere. Nur setzt Br. in dem Charakter einen
Umstand digitis subtus lamellatis muticis, der nicht zutrifft; denn
die Krallen sind sehr sichtbar und liegen blofs. Einen zweyten Be-
weils gab mir das Buch von Paulo Ant. Paoli de la religione
de’ Gentili per riguardo ad alcuni animali, Napoli ı77ı, welches
den Satz ausführt,- dafs der Stellio der Römer eine Geckoart sey.
Schon Hermolao,Barbaro verglich den Stellio mit der römischen
Tarantola, weils von Farbe, so wie Redi mit der florentinischen
Tarantola, weilslich mit vielen Flecken. Derselben Meinung war
Matthioli, welcher noch den Namen Terrantola anführt. Aber
Vallisnieri (Saggio d’ Istoria med. e nat. T. 3. p. 461 )- wider-
sprach, und verglich mit dem Stellio der Alten eine Art, welche er
Stellaria nennt, und welche er zu Genua allein, nicht aber in der
niedern Lombardei gefunden hatte. Olig. Jacobaeus (de Ranis
p- 43) sagt, dafs eine in Italien bekannte Eidechse (Lacertus Face-
tanus) von andern Tarantala genannt, auf dem Leibe hin und wie-
der vorstehende Rauhigkeiten, runde Zehen, und an den beyden
mittelsten wenigstens Krallen, einen platt gedruckten Krötenkopf
und
w
[“
ol
und eine dicke Zunge habe, womit sich das Thier von Zeit zu Zeit
die Augen belecke. Doch selbst Paoli gesteht, dafs dasjenige,
was Vallisnieri davon gesagt hat, zu wenig ist, um die Verglei-
chung darnach gehörig anzustellen. Er selbst vergleicht mit Stellio
die Art, welche zu Neapel in den Häusern häufig lebt und lucerta
verminara heilst. Dieses Thier beschreibt er 8. ı87 u. folgd., aber
unvollständig. Die Farbe sey an jungen Thieren blafs, und neige
sich zum Gelben; weiter hin werde sie bleyfarbig, und endlich
dunkel und schwärzlich; der Rücken sey stets mit einigen Ringen
wie mit Sternen gefleckt. Dies ist alles, was P. von der Farbe
sagt. Aber wenn man die Abbildung auf der Vignette zu S. ı07
vergleicht, so ist die Art, von welcher P. spricht, offenbar keine
andere, als Lac. mauritanica L.; denn die Zeichnung hat die rau-
hen Erhabenheiten des Leibes und Schwanzes sehr deutlich ausge-
‚ drückt. . An dieser Art aber, ob sie gleich gefleckt ist, läfst sich
keine Aehnlichkeit mit Sternen entdecken, . welche die italienischen
Naturforscher bey der Vergleichung des lateinischen Namens Stellio
aufsuchten. Beyläufig bemerkt Paoli noch, dafs Apollo Saurocto-
nus (der Eidechsentödter), wie er auch auf einigen noch vorhan-
denen Denkmälern der alten Kunst vorgestellt wird, von dieser Art
den Beynamen erhalten habe; welches ich ihm nicht glauben kann.
Doch ist mir diese Frage jetzt ganz gleichgültig! Die übrigen Zeug-
nisse von der Eidechse Taranta habe ich im Speeimen 1. p- 28
angeführt; -worzu jetzt noch das von Pococke kommt, in seiner
Reisebeschreibung 2. B. S. 335 der schreberschen Uebers., wo
er sagt, dafs auf der Insel Cyprus eine braune Eidechse in den
Häusern wohne, welche an dem Theile des Leibes, welchen sie im
Laufen berühre, ein ziemlich heftiges und anhaltendes Jucken ver-
ursache.
Lacepede hat in einer neuern Abhandlung (Annales du
Museum an I. nro. ıı1. p. 358 u. folgd.) die Kennzeichen seiner
beyden Arten Gecko und Geckotte genauer zu bestimmen gesucht,
Ah ist
52
ist aber nicht glücklicher als vorher gewesen. Nur so viel sieht
man deutlich, dals er die hier beschriebene Art meinte, wenn er
seiner Geckotte ausser den kleinern Körnern auf der Haut Warzen
wie dreyseitige Pyramiden beylegt. Diese stehen auf dem Kopfe
und Leibe; bey jungen Thieren auch auf dem Schwanze. Diese
hält er für das sicherste Merkmal dieser Art. An beyden Arten
will er Exemplare mit und ohne Drüsenöffnungen an den Hüften
gefunden haben. Eben so auch bey meiner zweyten Art.
Endlich hat Daudin, welcher die linn&ische Eidechse,
so wenig als Lacepede erkannt, sondern mit andern verwechselt
hat, dennoch dieselbe als eine neue Art kenntlich genug beschrie-
ben. Sie hat auf dem Leibe und den Seiten achtzehn Reihen ziem-
lich grofser, dicht stehender Schuppen mit drey Seiten, wie kleine
dreyseitige Pyramiden, in die Länge stehend; auf dem Anfange des
Schwanzes stehen nur sechs Reihen, und auf dem übrigen Theile
nur vier von ähnlichen Schuppen. Die ganze Haut des Kopfs,
Rückens, des Schwanzes oberhalb, so wie der Kehle und der
Glieder oberhalb, ist mit ausserordentlich kleinen sechseckigen
Schuppen besetzt. Auf dem Bauche sieht man wenigstens 23 Rei-
hen ziemlich deutlicher, sechseckiger Schuppen, in die Länge ste-
hend; ganz gleiche stehen unten auf den Gliedmaafsen und auf
dem Anfange des Schwanzes bis hinter die in die Quere stehende
Afteröffnung. Dann folgen mehr als 50 schmale glatte Platten in
die Quere gestellt, wie an den Riesenschlangen (Boae). Unter den
Hüften steht eine Reihe von acht Schuppen in die Länge, welche
in der Mitte eine längliche, etwas vorstehende, rothbraune Oeff-
nung haben. Alle Schuppen überhaupt, vorzüglich aber die auf
dem Leibe oberwärts, sind mit einer unzähligen Menge von sehr
kleinen schwärzlichen Pünktchen oder Atomen übersäet, welche
man mit dem Sucher leicht erkennt. Die Hauptfarbe ist blofs
gelblich, etwas schmutzig, mit einem braunen, länglichen Flecke
zwischen zwey weilslichen langen hinter jedem Auge. Auf- dem
Hin-
53
Hinterkopfe und dem Leibe sieht man einige kleine bräunliche
Schattirungen, und gegen die Seiten des Rückens mehrere kleine
rundliche weilse Flecke. Die etwas kurzen Fülse’haben getrennte,
langgestreckte Zehen, gleich dem weilsgefleckten Gecko (Nro. ı.).
Die ganze Länge des Thiers betrug 7 Z. 6 L., die des Kopfs ı Z.
5 L., des Leibes 2 Z. 3 L., des Schwanzes 4 Z.; die Breite des
Kopfs ı0 L., des Leibes ı Z., des Schwanzes am Anfange 5 L.
Das Vaterland des im pariser Kabinet befindlichen Thieres blieb
dem Verfasser unbekannt.
Hierbey bleibt es mir nur unbegreiflich, wie D. unbemerkt
lassen konnte, dafs der Schwanz oben convex, unten aber platt
und breit sey, welches schon die in die Quere gestellten Schilder,
wie an den Riesenschlangen, zu erkennen geben. Eben dieselbe
Beschaffenheit hat nach meiner Vermuthung die folgende sehr ähn-
liche Art, welche D. zuerst beschrieben hat.
6. Der stachlige Gecko mit Dornbündeln (Gecko fascicu-
larıs Daudin, IV. p. ı44.) hat oben zwischen den. sehr kleinen
Schuppen Bündel von spitzigen Warzen oder Höckern stehen, und
vor dem After eine einzige Reihe von 43 Drüsenöffnungen.
Diese Art hat auf dem Leibe zwölf Reihen kleiner Schup-
penbündel; nur in der Mitte bestehen die vier Reihen aus einfachen
Schuppen. Die Bündel bestehen jeder aus einer gewölbten spitzigen
Schuppe, mit zwey oder vier andern ähnlichen, aber weniger er-
habenen Schuppen umgeben. Unter den Seiten über dem Bauche
sieht man eine Falte der Länge nach gehen. Die Schuppen auf
dem Kopfe sind klein, rundlich und wenig gewölbt; die auf dem
Rücken ausserordentlich klein, und sehr zahlreich um die Bündel
herum gesetzt. Die am Bauche, der Kehle und an den Gliedern
unterwärts sind etwas (weniger?) klein, fünfeckig und etwas
einander deckend. Jede Kinnlade ist mit kleinen Platten eingefalst,
Unter
54
Unter den Hüften stehen keine Schuppen mit Löchern, sondern 43
durchlöcherte Körner in einer einzelnen Reihe vor der in die Quere
stehenden Afteröfinung. Der kurze, dicke Schwanz hat am Anfange
zwey breite schuppige Ringe, oberhalb mit spitzigen Schuppen oder
auch Bündeln übersäet; der übrige Theil wird etwas dünner, und
ist mit unregelmäfsigen, kleinen, glatten Schuppen bedeckt, die
unterhalb deutlicher und in die Quere gestellt sind. Die Farbe ist
grau aschfarbig; aber die Bündel sind alle bräunlich, so wie die
Zehen, deren Beschaffenheit und Bewafinung D. ganz übergangen
hat. Die Länge des ganzen Thiers beträgt an dem Exemplar im
pariser Babinet 4 Z. 4 L., die des Kopfs ı Z., des Halses und
Leibes 2 Z., des Schwanzes ı Z. 4 L.; die Breite des Kopfs ıo
T.., des Halses 8 L., des Leibes ı Z. 2 L., des Schwanzes am
Anfange 53 L. Die Aufschrift führte den Namen Geckotte de Tri-
poli von Lacepede’s Hand.
Man sieht, dafs sich aus dieser Beschreibung das Thier nicht
genau als eigne Art charakterisiren läfst, weil die Fülse nicht be-
schrieben sind. Doch sind die übrigen Kennzeichen hinlänglich,
diese Art von der vorigen zu unterscheiden,
Daudin fügt noch einige Anmerkungen hinzu, welche La-
eep&de’s Geckotte betrefien. Er glaubt, dafs Lac. unter diesem
Namen auch diese Art, mit andern verwechselt, beschrieben habe.
Eben so deutet er auf diese Art das von Olivier ın der Pro-
vence unter dem Namen Tarente beobachtete Thier; ferner den
Gecko muricatus des Laurenti, die sardinische Tarentola bey
Getti, und die Tarantola bey Livorno. Von der letztern hat
D. durch L. $S. Rafinesque folgende Nachricht erhalten (S. 153).
Von den zwey untersuchten Thieren war eins jung, das andere er-
wachsen, beyde aber beschädiget, weil man sie getödet hatte, nach
der gemeinen Einbildung von ihrer Schädlichkeit. Das grölsere war
6 Z. lang, wovon der Schwanz fast die Hälfte einnahm. Der Kopf
etwas
53
etwas dick und platt, so wie der Leib und der spitzig zugehende
Schwanz. Die Breite des Leibes betrug fast ı Zoll. Die Farbe ist
oberwärts dunkelgrau, mit regelmäfsizg der Länge nach gestellten
kegelförmigen Höckern (tuberceules); die Oberfläche des Kopfs und
Sehwanzes ähnlich; aber nur der Schwanz hatte Höcker; die untere
Seite des Kopfes, Halses, Leibes, Schwanzes und der Glieder ganz
einfach weils. Die Füfse haben fünf grofse breite, sehr platte Ze-
hen, oben grau, unten bläulich. Das junge Thier glich dem ältern
vollkommen, war aber nur 3 Zolle lang.
Auch. diese Nachricht reicht nicht hin, beyde einander so
ähnliche Arten gehörig zu unterscheiden; es bleibt also vor der
Hand noch unbestimmt, welche von beyden in Italien und im
südlichen Frankreich unter dem Namen Tarantola und Tarente
bekannt und einheimisch sey.
7. Der stachlige Gecko mit spitzigen runden Schildern (G,
tuberculosus Daudin, IV. p- 158). Zwischen sehr kleinen Schup-
pen stehen runde zugespitzte Schilderchen, unter den Hüften 22
Drüsenöffnungen, auf dem bräunlichen Rücken paarweise kastanien-
braune Flecke.
Die ganze Haut auf dem Körper ist mit ausserordentlich klei-
nen Schuppen bedeckt, zwischen welchen auf dem Halse, Rücken,
dem Anfange des Schwanzes und auf den Gliedern andere Schuppen
ziemlich dicht stehen, etwas dick (grosses), rundlich, gewölbt und
spitzig, aber ohne Fazetten, wie bey Nro. 5. Auf dem Schwanze
sind die Schuppen sehr klein, unten aber deutlicher, schmal, und
in die Quere gestellt. Unter jeder Hüfte steht eine Reihe von 22
durchlöcherten Körnern. Die ganze Länge beträgt an dem im pa-
riser HKabinet aufbewahrten Exemplare 3 3 Z. Die Farbe ist hell-
bräunlich, mit einigen unregelmäfsigen kastanienbraunen Flecken,
wel-
56 .
welche auf dem Rücken zwey und zwey neben einander stehen.
Hinter jedem Auge steht ein brauner Strich.
D. führt diese nebst den beyden vorhergehenden in dem
zweyten Abschnitte unter dem Namen Geckotten auf, welche an
den Fülsen fünf getrennte oder kaum zur Hälfte durch eine Haut
verbundene Zehen, einen walzenförmigen Schwanz und oben einen
mit spitzigen Schuppen besetzten Körper haben. Hieraus muls man
den Mangel der fehlenden Kennzeichen bey dieser und der vorigen
Art ersetzen, so weit es angeht. Ich nehme auch hier einen unter-
wärts platten Schwanz wegen der schmalen deutlichen in die Quere
gestellten Schuppen an. Uebrigens sagt D. im Allgemeinen, dafs
die letzte Art sehr nahe an meine erste gränze, und sich von ihr
nur durch die angegebenen. Merkmale unterscheide.
Ich finde unter meinen Papieren eine Beschreibung von vier
Thieren in der lampe’schen Sammlung zu Hannover, welche
ich damals auf keine mir bekannte Art deuten konnte, jetzt aber
in der von D. beschriebenen Art wieder erkenne. Hier ist die Be-
schreibung, wie ich sie damals aufsetzte.
Das erste grofse Exemplar hatte auf dem graubraunen cha-
grinirten Körper -äusserst wenige, sehr kleine, runde Knöpfchen
zerstreut; am Anfange des Schwanzes aber, wo sich drey Wirbel
oder Ringe deutlich unterscheiden lieisen, standen sechs Reihen
größserer spitziger Knöpfchen oder Warzen. Unten ist der Schwanz
platt und mit sehr breiten Schildern in die Quere bis an das Ende
belegt. Auf den Hüften zeigte sich keine Drüsenöfinung; die Fülse
haben alle füni Zehen mit ireyen Krallen, und uuten mit getheilten
Querblättern.
Das weyte Exemplar, etwas kleiner, war schön auf grauem
Grunde bräunlich marmorirt, hatte auf dem Rücken mehr äusserst
kleine
97
leine Knöpfchen zwischen dem Chagrin zerstreut; an den neun
Ringeln des Schwanzes, also etwas über die Hälfte, oben sechs
‘ Reihen etwas grölserer, stachliger Hnöpfchen ; unten ist der
Schwanz nicht so platt, aber bis an das Ende mit Schildern be-
setzt; die Drüsenöffnungen an den Hüften laufen in der Mitte des
Unterleibes nicht zusammen.
Das dritte kleine Exemplar glich oben auf dem Kopfe, Leibe
und den Fülsen dem gemeinen Gecko vollkommen in Ansehung der
viel kleinern runden Knöpfchen, welche häufig auf dem feinen Korn
der Haut zerstreut stehen. Die Farbe des ganzen Leibes ist oben
und unten hellbraun; am Schwanze, der, wie bey den beyden vo-
rigen, wenig länger als der ganze übrige lörper ist, gehen dunkle,
breite Flecke oben in die Quere; und bis über $ der Länge hinaus
stehen erst sechs, hernach vier, und zuletzt zwey Reihen spitziger
Warzen; unten ist er wenig-oder gär nicht platt, aber dennoch
ganz, in der Mitte, mit Schildern belegt. Die Drüsenöffnungen an
den Hüften laufen in der Mitte zusammen.
Das vierte Exemplar war blafser, und die Querflecke am
Schwanz undeutlicher; sonst aber war es dem dritten ähnlich. Bey
allen vier Exemplaren sind am Bauche und auf den Füfsen unten
deutlichere Schuppen zu erltennen, als oben, wo es mehr Chagrin-
1
körner sind.
Ich halte alle vier Exemplare für eine und dieselbe Art,
vielleicht durch das Geschlecht unterschieden, woraus sich etwa
die mancherley Abweichungen in der Bildung des Schwanzes und
in der Farbe erklären lassen möchten. Die Abwesenheit der Drü-
“senöflnungen bey dem einen Exemplare möchte ich jetzt nicht ale
sicher annehmen; vielleicht waren die Oeffnungen zu sehr einge-
schrumpft. Wenigstens habe ich noch an keinem Thier dieser Art
wahrgenommen, dafs die Drüsenöffnungen bald da wären, bald
8 | fehl-
58
fehlten. Den oben angegebenen Charakter habe ich aus Daudin
übergetragen.
8. Der chinesische Gecko (Stellio Chinensis Osbeckii, Spe-
eimen II. p. 28; Bechstein’s Lacepede, II. S. 305). Der oben
stachlige Leib schwarz und weifs gejleckt, die Augen mit einer
Haut bedeckt, welche mit einer Querspalte sich öffnet; am Kopfe
vorn mehrere Oefjnungen.
Dafs dies eine Geckoart sey, beweisen die Worte in Os-
beck’s Beschreibung: ‚die Vorder- und Hinterfüfse fünfzehig mit
getheilten (getrennten) Zehen und hakenförmigen Nägeln; die fünfte
Zehe ist die kürzeste; alie Zehen haben unten Querblätter;” ferner
die Lebensart, weil sie an den Wänden der Zimmer, mit Papierta-
peten überzogen, auf und abläuft, um Insecten zu fangen. Die
übrige Beschreibung ist etwas zweydeutig; ich will sie mit Qsb.
eigenen Worten hersetzen, weil Bechstein sie theils abgekürzt,
theils mit andern Worten. gegeben hat. Der Hopf platt, flach,
länglich, eben; die Augen oben mit einer Haut bedeckt, welche an
der Queröffnung in der Mitte drey gegenüber stehende goldgelbe
Puncte hat. Die Nasenlöcher rund, an jeder Seite nahe am
Schnabel ein gröfseres; höher hinauf auf jeder Seite drey kleinere,
und an den Augen viele noch kleinere Löcher. Die Zähne zahl-
reich, klein; die Zunge flach, abgestumpft, in der Mitte gekerbt.
Der Leib breit, platt, mit zusammengedrückten Seiten; der Rücken
mit schwärzlichen und weilslichen Erhöhungen bedeckt; der After
in die Quere. Der Schwanz ein wenig länger als der Leib, zwey-
seitig, platt gedrückt, hat an den Seiten sparsam sitzende gelbliche
Schuppen. Die Farbe des Körpers oberhalb aschgrau; der Schwanz
hat ıı schwarze Wolken; der Bauch weils.
Hier deuten die mit einer Haut bedeckten und mit einer‘
Oeffnung in die Quere versehenen Augen auf eine Verwandtschaft
mit
59
mit den Chamaeleonen; die vielen auf dem Kopfe vorn zerstreuten
Ovfinungen auf eine Achnlichkeit mit den Salamandern. Die erste
Verwandtschait zeigt sich in der folgenden Art noch deutlicher, die
zweyte in einigen der folgenden. In der Beschreibung des Leibes
sollte es wohl heifsen: mit niedergedrückten Seiten. Der zweysei-
tige Schwanz wird wohl ein solcher seyn, wie ihn meine Art nro.
5 hat, oben convex und unten platt.’ In meiner ersten Beschrei-
bung (Specimen II. p. 28) haite ich die zweyseitige Gestalt anders
erklärt.
9. Der chamaeleonartige G. (Lacerta Tjitja, Ljungh, kongl.
Vetensk. Academ. Nya Handlingar för Julius, Aug., Sept. 1804. p.
187. Fig. V.) hat über den grauen Leib oben vier schwarzbraune
Streife der Länge nach, darzwischen drey graue; über den
Schwanz zwölf bis fünfzehn gebogene schwärzliche Querbinden ;
die Augen bedeckt, mit ausgezackter Queröffnung der Haut; am
Ende der Zehen steht ausser den gewöhnlichen Blättern noch voran
ein Ballen mit Längsfalten und an den Seiten mit Querfalten.
Diese vom Probst Joh. Brandes im Februar 1784 auf
Java beobachtete, beschriebene und abgebildete Art, welche in
dem oben angezeigten Jahre erst der Schwede Ljungh bekannt
gemacht hat, gränzt zunächst an die von Osbeck beschriebene
chinesische. Bey beyden hat die bildende Natur einige Grundzüge
aus dem Bau der Chamaeleons in die Organisation dieser Gattung
gemischt, welche eine Verwandtschaft beyder Gattungen, die mir
bey der chinesischen Art noch zweifelhaft schien, in dieser später
bekannt gewordenen bestätigen. Ich will den Inhalt der schwedi-
schen Beschreibung kurz, jedoch in einer andern Ordnung, wieder-
holen.
Das Thier hält sich in den Häusern auf, und heifst deswe-
en auf Java Hauseidechse; klettert an den Wänden, Spiegeln und
3 „Spies
8° Fen-
60 et
Fensterscheiben sehr fertig herum, um Fliegen zu fangen; wandelt
seine Farbe, und nimmt die von den Gegenständen an, worauf es
sich befindet, nämlich weils, grün, aschgrau, schwärzlich. Seine
Stimme lautet, wie wenn jemand schnell hintereinander vier- oder
fünfmal den Laut Tje wiederholt; wovon der Schwede ihm den
Zunamen gegeben hat. Wenn es durch Zufall den Schwanz ver-
liert, so wächst er wieder.
Der Körper ist 2 $ Zoll lang, der Schwanz 3 ı Zolle. Das
ganze Thier ist grau mit schwarzbraunen Streifen und Flecken; der
Kopf aschgrau, etwas gefleckt; Hals und Rücken grau mit vier
schwärzlichen ausgezackten Streifen von ungleicher Länge. Die zwey
mittelsten fangen im Nacken an, die beyden äussern aber vor den
Augen nahe an der Spitze der Nase; alle vier zusammen gehen bis
an den Schwanz. Ueber den Rücken gehen (zwischen den Streifen)
drey graue Bänder, wovon das mittelste schmal, gerade und gleich
breit, die beyden an den Seiten aber breiter und ausgezackt sind.
Alle vier Fülse haben fünf Zehen; die hintersten aber sind dicker;
an allen sind die zwey innersten Zehen etwas zusammen gewachsen;
alle Zehen haben Krallen. Der Schwanz an der Wurzel dicker,
ist grau, walzenförmig, etwas länger als der Rumpf, mit zwölf oder
fünfzehn schwärzlichen gebogenen Querbinden, wovon die Spitzen
der Bögen nach hinten gekehrt stehen. Die untere Seite des Lei-
bes ist gräulich.. Die Augen sind mit einer Nickhaut versehen,
welche eine ausgezackte Queröffnung hat, die sich nach dem Belie-
ben des Thiers erweitert und verkleinert. Die Nasenlöcher auf der
Spitze der Nase sind klein und rund; die Zunge kurz und rund,
kaum gespalten. Im Bauche fanden sich bey einem geöffneten
Thiere zwey Eyer, weilslich, drey Linien lang und zwey L. breit.
Nach des Schweden Urtheil kommt diese Art der Spuck-
eidechse am nächsten; nur dafs diese krallenlose Zehen und Gürtel
über den Rücken habe; auch meinte er durch folgende Merkmale
diese
6ı
diese Art von allen übrigen Eidechsen zu unterscheiden : Lacerta
Tjitja: cauda tereti mediocri fusco-fasciata, pedibus pentadactylis,
unguiculatis, corpore cinereo vittis quatuor fuscis dentatis.
Die Abbildung Fig. V. a stellt das Thier in natürlicher
Gröfse dar, worin man die breiten Zehen und die drey ausgezack-
ten Oeffnungen in der Querspalte der Nickhaut deutlich erkennen
kann. Das Auge, von Farbe weils, ist besonders in natürlicher
Grölse unter f, und etwas vergröfsert mit den drey ausgezackten
Oeffnungen in der Querspalte der Niekhaut unter g vorgestellt. Von
den Schuppen erkennt man in der Hauptfigur nichts, ausser an den
beyden Seiten des, wie-es mir vorkommt, oben convexen, unten
aber platten, vielleicht auch mit Schildern daselbst besetzten
Schwanzes, wo sie zackig und nach hinten gekehrt vorstehen.
Doch scheint es, als wenn der Zeichner die gleichförmigen Schup-
pen überall durch das liniirte Netz über den ganzen Kopf, Körper
und über die Fülse habe andeuten wollen. Deutlich sind sie als
klein und rundlich unter b am ganzen Fulse von oben dargestellt;
aber zugespitzt erscheinen sie unter e, wo sie die ganze Basis der
Kralle bis zur Hälfte der ganzen Länge besetzen; ein merkwürdiger
Umstand, den auch die Erklärung der Figur, so wie die Silberfarbe
der Klaue angemerkt hat. Die untere gelblichweilse Seite des
Fufses stellt die Figur unter c vergröfsert und deutlich dar. Die
Erklärung davon besagt, dafs diese Seite überall schuppig sey,
ausser an den breitern Enden der Zehen, wovon eine jede mit
zwey Reihen von Häutchen versehen ist. Die Zahl dieser ist in
jeder Reihe sechs; nur in der rechten Reihe der mittelsten Zehe
finden sich sieben Häutchen. Jede Zehe hat ausserdem am Ende
zunächst unter der Kralle einen herzförmigen Knollen oder Ballen,
welchen die Figur unter d vergröfsert vorstellt, nebst einer Haut
oder häutigen Falte (Blatte) zur Seite. Hier sieht man deutlich,
was die Erklärung bemerkt, dafs der Ballen 36 gerade ausgehende
häutige Falten bat, während die Lappen oder Häute zur Seite, in
den
62 . TR ge } >
den zwey Reihen, jede ebenfalls 36 von der Mitte nach beyden
Enden zu auswärts gebogene Falten in die Quere hat. Diese kleine
Falten, von Farbe silberweils, sperren sich auseinander, und das
Thier kann damit, wie der Schwede meint, die Gegenstände um-
stofsen und sich daran festhalten. Es ist also hier durchaus nicht
die Rede von einem klebrigen Safte, den die Drüsen an den Zehen
zwischen die häutigen Falten ergölsen, und vermöge dessen das
‚Thier sich festhielte und gleichsam an die Gegenstände anklebte.
Noch will ich erinnern, dafs die in der Erklärung bemerkten
Schuppen der Unterfläche ‘in der Zeichnung durchaus rund, wie
Kreise, und ganz verschieden von den Schuppen der Öberfläche
erscheinen. Ueberhaupt hat die Beschreibung die Gestalt des Kopfs
und der Schuppen ziemlich im Dunkeln gelassen. Von letztern
spricht sie nur in folgender Stelle: Damit das Thier sich an den
glatten Körpern festhalten kann, hat der Schöpfer dessen Zehen .
mit ganz feinen Schuppen und Häuten versehen, welche wiederum
ihre Lappen und kleinen Bullen haben, summt schuppigen Krallen
mit weilsen Spiizen, womit das Thier die feinsten Poren und
kleinsten Unebenheiten festhalten und darauf klettern kann.
10. Der Gecko mit kegelförmigen Schuppen (Stellio platyu-
rus, Specimen Physiol. II. p. 305 Bechsteins’s Lacepede, I.
S. 306). Der Schwanz oben convex, unten platt mit 56 langen
Querschildern in der Mitte, am scharfen Rande mıt längern vor-
stehenden Schuppen, der Leib mit kegelförmigen kleinen Schuppen,
unten mit gröfsern besetzt; an den Seiten des Kopfs geht ein brau-
ner Streif durch die dugen zu den Vorderfü/sen. ‘
Das einzige von mir untersuchte Exemplar, welches nachher
in die blochische Sammlung kam, liefere ich von unten gezeich-
net in natürlicher Größe (ı. Taf. Fiz. g.).
11.
: 63
ı1. Der gefranzte Gecko (Stellio fimbriatus, Specim. II. p.
32 nro. 10; Bechstein’s Lacepede, I. S. 168. Taf. 14. f. 4;
Daudin, IV. p. ı60 pl. 52). Den obern Theil des hopfs, Leibes
und der Glieder scheidet ein häutiger gefranzter Rand; der platte
Schwanz ist spatelförmig; die Krallen bedeckt.
Daudin hat nach Lacep&de dieselben fünf Exemplare,
welche Bruguiere (so nennt D. den Entdecker richtiger) nebst
seinen Bemerkungen im pariser Kabinete niedergelegt hatte, von
neuem untersucht, und folgende Umstände bemerkt, welche Lace-
pede übergangen hat. Die gefranzte Haut, welche an den Seiten
herumgeht, hat am Rande der Ausschnitte sehr kleine spitzige
Schuppen. Zweytens, versicherte der Engländer Williams
Smith dem Holländer Van Ernest, dafs dieses Thier sich einige
Monate lang in dem sülsen Wasser auf Madagascar aufhalte;
worzu auch seine Fülse sowohl als sein Schwanz eingerichtet sind.
Später fand ich in dem Magazin für die neuesten Ent-
deckungen in der gesammten INaturgeschichte, von der Gesellschaft
naturforschender Freunde in Berlin, 3. Jahrg. 4tem Quartal, S. 266
u. folgd. eine Beschreibung und Abbildung einer ganz nahe ver-
wandten Art durch den H. Doctor Creveld zu Bonn, welche
mich veranlafst, diesen Nachtrag zu liefern, um die Merkmale fest-
zusetzen, welche beyde so ähnliche Arten voneinander trennen.
Der verdiente Besitzer der neuen Art hat dieses nicht in der Art
gethan, dafs man sie hinlänglich unterscheiden könnte; ob ich
gleich zugebe, dafs die häutige und nach Art der gefiederten Blät-
ter eingeschnittene Einfassung des ungleich längern, und nur gegen
das Ende wenig schmäler werdenden Schwanzes mit zu den Kenn-
zeichen gerechnet werden könne, wodurch diese Art wiederum der
verwandten, und von Seba und Feuill&e allein beschriebenen L.
caudiverbera L. sehr nahe kommt. Ausserdem aber unterscheidet
sie sich von der vorher durch Lacep&de bekannt gemachten Art
durch
64 2
durch die ungetrennten Blätter der Fufssohlen, die frey stehenden
Krallen, von welchen die an den Daumen kurz und abgerundet
sind; die 2ı in horizontaler Richtung stehenden Afterdrüsen, wel-
che der andern Art fehlen.
Der ganze Oberleib ist fein chagrinirt; Kehle, Brust, Bauch,
Membranen, und die Fülse oben und unten sind mit bald gröfsern,
bald kleinern Schuppen bedeckt. Unter dem Schwanze sind sie
am grölsten und etwas länglich breit. Sie befinden sich auf Taf.
VII. f. 2, 3, 4, 5 alle besonders abgebildet. Die Einschnitte der
häutigen Schwanzeinfassung verlieren sich am Ende allmählig ganz;
vorn aber sind sie oben convex, unterwärts concayv. Ueber den
Leib gehen oben in dıe Quere okerfarbige zickzackförmige Linien;
in die Länge aber stehen vorn zwey, von der Mitte an vier Reihen
kleiner Warzen, welche auch über den Schwanz weg gehen, aber
darauf enger neben einander stehen, und dabey erhabener und
spitziger sind. Die häutigen Ansätze des Leibes sind nicht allein
häufiger (so hat z. B. die Ohröffnung einen häutigen lappigen An-
hang), sondern sie haben auch einen glatten Rand. Sie sind mit
kleinen runden Schuppen besetzt. Die Farbe des Thiers ist ein
schmutziges Weils; nur auf dem Vorderkopfe stehen einige fahle
braune Flecke. Die ganze Länge beträgt 6 Z. 8 L., nach dem al-
ten französischen Maalse.
Sonach würde ich die erste, vorher bekannte Art immer
noch die gefranzte nennen, aber so unterscheiden: Der Schwanz
spatelförmig mit einer ganzen Haut eingefafst; der übrige Leib und
Kopf mit einer gefranzten Haut gesäumt. Die Blätter der Fufs-
sohle getheilt, die Krallen bedeckt; die Afterdrüsen fehlen.
Die neue würde ich unter dem Zunamen der lappigen unter-
scheiden: Der lange etwas schmäler zulaufende Schwanz mit einer
gejiederten Haut; der übrige Leib, Kopf und Füfse mit einer gan-
zen
65
zen Haut eingefafst; die Blätter der Fufssohlen ungetheilt, die
Krallen entblöfst; zı Afterdrüsen.
ı2. Der vierzehige Gecko (Stellio tetradactylus, Specim. II.
p- 35; Bechstein’s Lacepede I. S. 292; Gecko Sarroube
Daudin, IV. p. ı76). Gleicht dem vorigen vollkommen, unter-
scheidet sich aber durch den Mangel der gefranzten Haut, die vier
Zehen der Forderfüfse, die zwey Reihen gelber Schuppen oben auf
dem breiten Halse, die kleinen runden Schuppen des Buuchs und
die eingekerbten Kinnladen.
Man kann ihn also als eine Mittelart zwischen den Salaman-
dern, zu welchen ihn Lacepede mit Bruguiere gerechnet hat,
und den Geckonen ansehen. Nach den angegebenen Kennzeichen
aber gehört er offenbar in diese Gattung; auch hat Daudin ihn
hicher gerechnet, ohne jedoch an den Exemplaren im pariser
Habinete etwas neues bemerkt zu haben.
13. Der Gecko mit dem Kamme (Stellio cristatus, Specimen
I. p. 48; Lacerta caudi verbera Lin.; Bechstein’s Lacepede
1. S. 447—9 mit der Sebaischen Abbildung Taf. 23 f. 2). Hat
auf dem Rücken und Schwanze einen Kamm, einen platten spatel-
förmigen, am Rande ausgeschnitienen, Schwanz, einen Kropf, und
verborgene Krallen.
Ich habe dieses von Seba und Feuill&e allein beschrie-
bene Thier zuerst zu dieser Gattung zurück geführt, welches auch
Lacepede falsch classificirt hatte. Nach mir hat Al. Brongni-
art dasselbe gethan, und diesem Beyspiele ist Daudin gefolgt.
9 IT.
66
UL Abtheilung.
Zweydeutige oder unbestimmte Arten.
ı4. Die Spuckeidechse (Lac. sputator Sparmanni, Spe-
eimen U. p. 295 Bechstein’s Lacepede IL S. 147 Taf. ı3
f. 1. 2). :
Sparmann erwähnt zwar der Querblätter der Fufssohlen
nicht, wohl aber der rundlichen Ballen am Ende der fünf Zehen;
aber dennoch zeigt der ganze Bau, so wie die Lebensart des Thiers,
dafs es in diese Gattung gehört, .worzu ich es schon vormals ge-
rechnet habe. Nach mir hat Brongniart dasselbe gethan. Ganz
neuerlich aber hat Daudin (IV. S. 99) es in die von ihm be-
stimmte neue Gattung Anolis gebracht, welche im Bau der Zehen
den Geckonen gar sehr ähnlich ist, sonst’aber in manchen Stücken
ganz von ihrem Baue abweicht. Ich habe diese Thiere Breitzehen
genannt, und gebe am Ende dieser Gattung meine Gründe an,
warum ich dem Franzosen jetzt noch nicht beystimmen kann.
15. Der Lanzettenschwanz (Lac. Geitje Sparmanni, Spe-
cimen D. p. 34; Bechstein’s Lacepede Il. S. 309 Taf. 23
22}.
Die Abbildung, welche Bechstein wiederholt hat, drückt
auch vorn fünf Zehen ohne Nägel aus, wo nach der Beschreibung
nur vier stehen sollten. Auch die grofsen Augen deuten auf eine
Geckoart. Gmelin hat nur die gothenburgischen Abhand-
lungen angeführt, worin die vollständige Beschreibung und Abbil-
dung steht. Diese habe ich nicht vergleichen können, so wenig als
Daudin, welcher (IV. S. 385 folgd.) die von mir überschene Stelle
aus Sparmänn’s Reise (S. 606, 607) ausgezogen hat. Hier steht
nun mit klaren Worten, dafs am Rande der untern Kinnlade zwölf
bis
67
bis vierzehn Warzen stehen, und an jedem Fufs fünf Zehen; dafs
der Leib ohne Schuppen sey. Gmelin hingegen schreibt dem
Thiere Vorderfülse mit vier Zehen und Warzen am ganzen Leibe
zu, ohne des Mangels von Schuppen zu erwähnen, woraus Dau-
din auf eine Salamandcrart schlielsen wollte.
16. Die türkische Eidechse (L. Turcica L., Specimen I. p.
34; Bechstein’s Lacepede Il. S. 87 Taf. 6 f. >).
Nicht allein Gronov (Musei II. p. 78) hat die von Bech-
stein wiederholte Abbildung des Edwards auf eine Geckoart ge-
deutet, sondern auch Brongniart, und nach ihm Latreille.
Und allerdings deutet der ganze Bau auf ein Thier dieser Gattung
hin; nur müssen erst die besondern Merkmale der Art durch ge-
nauere Untersuchung erforscht werden. Weder Linne noch La-
cepede scheinen sie selbst gesehen zu haben; und Edwards hat
blofs solche Merkmale angegeben, welche das Thier von den ihm
damals bekannten Eidechsen unterscheiden. Daudin ist über die
Classification desselben noch ungewils; doch ist er geneigt, dasselbe
mit Lepechin’s Lac. uralensis in der von ihm angenommenen
Gattung Agame zu vereinigen (III. S. 424.).
ı7. Der Blattschwanz (Stellio phyllurus, Specimen II. p. 31;
Bechstein’s Lacepede Il. S. 307 Taf. 23 f. ı).
Diese Art kennen wir noch nicht genau; und White’s Ab-
bildung, von Bechstein wiederholt, ist unvollständig. Nicht bes-
ser ist diejenige, welche Shaw (The Naturalist’s Miscellany nro. 65)
gegeben hat, ohne der von White zu erwähnen. In der allgem.
Thiergeschichte (8. 247) führt er einige Bemerkungen an, welche
der in White’s Reise von ihm gelieferten Beschreibung eine an-
dere Bestimmung geben. Das ganze Thier ist oben rauh von klei-
9° 3 nen
68
nen Warzen, die an den Seiten des Schwanzes sich in scharfe
Spitzen verlängern. Der Kopf grols, etwas platt, hinten breiter,
vorn schmäler; der Hals fast so dick als der Leib; und dieser et-
was länger als der Schwanz. Die Glieder mälsig lang, und mehr
schwach als stark; alle fünf schlanke Zehen an den vier Fülsen mit
krummen Krallen versehen. Die Farbe oben dunkel braungrau, un-
ten blasser; auch ist die Unterfläche glatt.
Daudin hat nach der Beschreibung von White das Thier
unter den Stachelschwänzen aufgestellt, und le Stellion & queue
plate genannt (IV. S. 2}.).
Lacepede hat die nämliche Art aus Neuholland schr
kurz beschrieben. Der Körper soll mit kleinen Höckern (tubercules)
bedeckt seyn; wodurch er das Ansehen von chagrin bekomme. Die
tellerförmige Verlängerung‘ am Anfange des Schwanzes soll ohnge-
fähr die Gröfse des Kopfs, und das ganze Thier sehr grofse Achn-
lichkeit mit der von Shaw beschriebenen Eidechse haben (An-
nales du Museum d’histoire nat. T. IV. p. ı91.).
Der treffliche Peron sagt (Reise I. B. 338 S.), dafs die
von Shaw abgebildete Art durch ihre Bildung und Lebensweise
ganz von den eigentlichen Geckonen verschieden sey- Er bringt
sie daher in eine eigene Gattung, Geckoides, die zunächst in der
natürlichen Classification auf die Geckonen folgt. Sie hat dünne,
verlängerte, auf den Seiten sehr zusammen gedrückte Zehen, und
die Blättchen nicht daran, wie die Gecltonen. Daher klettern diese
Thiere auch nicht, sondern halten sich an den niedrigsten und
kothigsten Oertern auf. Ihre Nahrung daselbst besteht in einigen
Larven von Wasserinsecten, und einigen dieser Insecten selbst.
Sie haben übrigens, wie die Geckonen, eine traurige und zurück-
schreckende Physionomie. Ihre Augen sind grofs und hervorragend;
ihr Augäpfel (Pupille?) nadelförmig und senkrecht; ihr ganzer Kör-
per
69
per ist äusserst platt, und ihr Schwanz geformt, wie eine Lanzen-
spitze, und so gelenkig, dals er bey der Berührung sich sogleich
ablöset.
18. Der brasilische Gecko (Specimen JH. p. 34; Bechstein’s
Lacepede I. S. 110. 310).
Soll nach Marcgrar’s und Piso’s Beschreibung hinten
“nur vier Zehen haben; aber in der Abbildung in der berliner
Sammlung des Prinzen Moritz von brasilischen Thieren er-
scheinen fünf Zehen an allen vier Fülsen. Der ganze Bau zeigt
eine Geckoart an; ob sie aber nicht vielleicht schon- mit unter den
vorigen begriffen sey, mul[s eine nähere Untersuchung des Thiers
selbst zeigen.
Noch will ich eine Nachricht von einer unbestimmten Art
von der Insel La Reunion aus der Reise von Bory de St. Vin-
cent anführen, wie sie der weimar’sche Auszug im 26ten Bande
der Bibliothek der neuesten Reisebeschreibungen S. 155 liefert.
Sie ist sehr platt, elwas dem Gecko ähnlich, hat einen blei-
chen oder graulichen und etwas durchsichtigen Körper; ihre Zehen
endigen sich in kleine Rissen, womit sie sich an alles anhalten
kann, sogar an Glasfenster, an denen sie ziemlich hurtig hinauf
klettert. Sie lebt von Insecten, deren Schatten sie oft an der
Decke der Zimmer verfolgt. Sie legt ihre Eyer in die Spalten
des Tafelwerks. Ihre Stimme gleicht, obgleich schwächer, dem
Geschrey des grünen Laubfrosches; ihr Schwanz bricht bey dem
geringsten Drucke ab.
%
Was den von mir ehemals als Art aufgeführten gefleckten
Gecko (Specimen II. p. 31, Bechstein’s Lacepede Il. S. ı63)
betrifft, so bin ich jetzt geneigter, nachdem ich eine in Ostindien
ver-
70
verfertigte, und von Andr. Cleyer an Chr. Mentzel geschickte,
Abbildung des von Bontius beschriebenen Salamanders gesehen
und verglichen habe, ihn für meine erste Art zu halten; wenigstens
berechtigen mich dazu die vielen auf dem Leibe und Schwanze
zwischen den Schuppen stehenden runden, vielfarbigen Schilder-
chen. Daudin hingegen (IV. S. ı1g) deutet dieses Thier auf
Houttuyn’s Art mit dem Stachelschwanze.
II.
7.
”
mn nn nn nn nn nn
ll.
Abbildungen und Beschreibungen
einiger Fische aus Japan und einiger Mollusken aus
Brasilien,” welche bey Gelegenheit der ersten Russ.
Kaiserl. Erdumseglung lebendig beobachtet wurden
von
Dr ‚PrL'EsTuws,
Naturalisten der Expedition.
I. Ostracion nasutus mihi (2. Taf. ı —3. Fig.) Ostracion
hexagonus Thunbergii.
De Japanische rothnasige Beinfisch (Jamom€ HKamome) ist
vielleicht einer der kleinsten seines Geschlechts. Ich habe ihn nie
grölser, sehr oft aber kleiner im Hafen von Nangasaki gefunden,
als ihn die gegebene Abbildung hier vorstellt. Er hat eine _vier-
eckige Schale, in welcher der Körper bis auf den Schwanz einge-
hüllt ist, und welche wie ein Würfel auf einer ebenen Fläche fest-
steht. Durch diese ungewöhnliche Gestalt und durch seine spitzige
gelbrothe Nase oder Schnauze bekommt dieser Fisch ein so aben-
theuerliches und komisches Ansehen, welches er durch seinen star-
ren Blick noch vermehrt, so dals unsere Seeleute lachten, als sie
ihn zum erstenmale lebendig erblickten. Er ist häufig im Hafen von
IN. 21=
7”
Nangasaki; wird aber dort nicht gegessen. Sein Kopf ist sehr
abschüssig, sowohl von Seite der Stirn als vom Bauche her, und
endigt sich mit einer rothen zugespitzten Schnauze (weshalb ihn
unsere Seeleute den Naseweis nannten) und mit einer sehr engen
Mundöffnung, aus welcher die kleinen, oft orangefarbigen dichten
Zähne keilförmig hervorstehen. Das Gebils, welches ein Nagethier
verräth, hat einige Aelinlichlteit mit dem der Stachelbäuche (Te-
traodon) und der Papageylische (Scarus), die sich von Schalthieren
nähren, Seeigel und Seesterne zernagen, und die ich auch hier
sehr häufig beobachtet habe. Die Augen sind grols und stier, und
liegen in festen knöchernen Augerihöhlen mit oberwärts etwas vor-
stehenden Rändern, am Abhange des Scheitels und der obern Ecken-
Der obere Augenhöhlenrand, welcher durch sein Hervorragen das
Auge beschützt, erhebt sich in einen Knopf oder in eine stumpfe
Spitze. Die beyden Ecken des Rückens sind der Länge nach einge-
kerbt und erheben sich gegen die Mitte in einen längs gestreiften
hornförmigen Hacken; dieselben Hervorragungen befinden sich auch
unten an den Seitenecken des Bauchs. Der Bauch selbst ist etwas
gewölbter als die übrigen drey Flächen der Hornschale, auch heller
von Farbe und mit weilsen Wärzchen besetzt. Seine Mitte zeigt
Spuren einer kielförmigen Erhabenheit. Seine Fläche ist die brei-
teste. Der After liegt am Ende desselben, dicht vor der Afterflofse,
fast an der Schwanzwurzel. Die hornartige Schale oder der Panzer
des Fisches ist mit getheilten Rhomben geziert, welche sich nach
dem Kopfe zu verkleinern und verlieren. Das übrige ersieht man
aus der Abbildung. Die Afterflofse steht der Rückenflofse gerade
gegenüber. Auch schliefst sich in dieser Gegend die knochige vier-
kantige Hülle oder der Panzer, in welchem Kopf und Rumpf ver-
steckt liegen, mit einem halbmondförmigen Ausschnitte zu beyden
Seiten, welcher dem nackten Schwanze mit seiner Flofse hinläng-
lichen Spielraum erlaubt. Zu beyden Seiten des rautenförmig gegit-
terten Panzers bildet sich eine erhabene Linea lateralis durch eine
Reihe erhabener Hacken oder rückwärts gekrümmter Stacheln.
Die
nn nn nn m
73.
Die Nasenlöcher sind klein, länglich, und stehen dicht vor den
Augen. Der Kiemendeckel ist llein, beweglich, und besteht aus
einem lederartigen Blättchen. Die Kiemenöflnung ist schief, lang,
und schmal, und bildet gleichsam einen flachen Bogen unterhalb
der stumpfen Stachellinie. Die Brustflofsen entspringen mit einer
körnigen oder zart beschuppten Wurzel, dicht hinter den Kiemen-
öffnungen, und beobachten mit ihren ı2 aufsteigenden Strahlen eine
schiefe Richtung. Die Rückenflolse, erhebt sich mit einer etwas
schmälern Wurzel und mit ıo Finnen hinten am Ende des Pückens.
Die Afterflolfse hat ı0 Strahlen; die Schwanzflofse, welche unter
allen die stärkste ist, 9, die am Ende getheilt sind. Alle Flofsen
sind abgerundet. Man findet diesen Fisch auf dem Meeresgrunde,
auch oft am Strande; die Fischer werfen ıhn aus ihren Netzen
heraus äls-ein ungeniefsbares und giftiges Thier. Ein ähnliches
Thier beschreibt Hr. Ritter Thunberg (in der Konigl. Vetenskaps
academiens nya Handlingar Tom. XI. for är 1790 pag. ro6 — 109,
Tab. 3) aus Japan als Ostracion hexagonus Japonicus unter fol-
gender Bestimmung der Flofsenstrahlen: pin. pectoral. rad. ı2, dor-
salis prope caudam rad. 8., p. caudalis truncatae rad. ı2, apertura
branchialis linearis transversalis ante pinnas pectorales. Die Hülle
sey, eigentlich viereckig, werde aber sechseckig durch eine bein-
harte scharfe Kante an beyden Seiten: Ostracion tetragonus, linea
eleyata laterali, spinis dorsalibus ventralibusque binis; 3 Zoll lang,
ı 4 Zoll dick; der lederartige Panzer sternförmig? reticulirt; hinter
jedem Auge auf der scharfen Kante eine beinharte Erhöhung; in
der Mitte der scharfen Kante ein Dorm der Länge nach gestreift.
An der Seitenlinie 4 kurze Stacheln, die ersten stumpf, Die Brust
gewölbt? — Ungeachtet dieser kleinen Abweichungen, scheint doch
der thunbergische Fisch mit dem meinigen dieselbe Art zu seyn,
zumal, da jene leicht bey einem lang in Spiritus aufbewahrten
Exemplare entstanden seyn konnten. Einen ähnlichen habe ich in
China erhalten, den ich bey einer andern Gelegenheit beschreibe
und abbildee Den so eben erwähnten hier abgebildeten Japoni-
‚-
10 SsLi.ca
74
schen Kofferfisch beschreibe ich- folgendermalsen: Ostracion na-
sufus.
Corpus cubicum ex triangulis compositis vel rhombis dissectis reti-
culatum; anguli quatuor tuberculis maioribus minoribusque ex-
asperatii. Cutis dura osseo - coriacea, linea laterali utrinque
aculeata, loricae ad instar caput et truncum amplectens.
Caput ad frontem et gulam declire.
Os in apice capitis exiguum coceineum, acuminatum, labiis eroceis
dentibusque cuneiformibus prominens, polyodon.
Oculi magni subrotundi, utrinque in summis lateribus frontis sub
basi taberculorum frontalium ad angulos superiores siti.
Orbitae maximae, superiora versus prominulae, tubercula frontalia
seu superciliaria formantes. IYures mox ante orbitas oblongae.
Dorsum latum, planum, clathrathum, ad angulos tuberculatos acu-
leo parum inflexo, subcornuto, longitudinaliter sulcato utrimque
armatum.
Abdomen latissimum conrexum in medio prominens, subcarinatum,
colore lucidius, tuberculis albicantibus granulatum. Jdnus in
#
extremo abdomine, mox ante pinnam ani situs.
Anguli abdominales tuberculati, tuberculo utringue maiori, aculeo
subcornuto dorsali opposito distincti.
Linea lateralis aculeis utrinque septem vel octo recuryatis notata.
Caput et truncus usque ad regionem pinnae ani corio 0ssco, trian-
gulis compositis vel rhombis discissis reticulato, ad caudae ra-
dicem arcuatim utrinque exeiso obteguntur et lorica quasi in-
vestiuntur, caudae vero basis cute nuda, ex albo flavoque va-
riegata circumdata est.
Bran-
79
Branchiarum aperturae in laterıbus mediis ante pinnarum pectora-
lium exortum hiatu oblique angusto utrinque instructae.
Pinnae pectorales oblique sursum extensae lata radice utrimque
post aperturas branchiarum ortae, radiis duodecim ascendunt;
pinna dorsi in extremo dorso sita, radüis decem;
pinna ani dorsali opposita, mox post anum sita, radiis 10 instructa;
pinna caudae oblonga subrotunda, inter priores aequalis, radüs
novem dichotomis dirigitur.
U. Ericius cataphractus mihi, der spanische Reuter-
fisch, Matskasaoibo Japon., Matskasaiu abbrev. Monocen-
tris carinata Blochii, Gasterosteus Japonicus Houttuyni;
sciaena cataphracta Thunbergii, 3. Taf. 1ı—4. Fig.
Dieser Fisch ist, wie man sieht, schon von mehrern be-
schrieben, aber vor mir noch von keinem einzigen lebendig
geschen, genau untersucht und richtig abgebildet worden. Ich setze
voraus, dals meine Leser Schneiders Ausgabe des blochischen
Systems der Ichthyologie, die Harlemer und Stockholmer Acta
bey der Hand haben, und die darin abgedruckten Beschreibungen
dieses sonderbaren Fisches kennen, und füge also zu dieser neuen
Abbildung keine neue Beschreibung hinzu, sondern zeige nur das
an, was noch niemand vor mir untersucht hatte Da ich durch
fremde Schuld und Nachläfsigkeit die ganze Reise um die Welt
ohne das blochische System zurückgelegt habe, so konnte mir im
Hafen von Mangasaki das blochische Genus monocentris noch
nicht bekannt seyn. „Dort aber erhielt ich diesen seltenen und
sonderbaren Fisch lebendig. Ich untersuchte ihn sehr genau und
erkannte in ihm ein neues Geschlecht.
10 ? Die-
76
x
Dieser Fisch ist platt und breit, wie ein Klippfisch (Chae-
todon). Sein Körper ist gepanzert und mit rautenförmigen Schil-
dern oder knochenharten stachligen Schuppen belegt. Ueberhaupt
ist der ganze Fisch so rauh wie eine Bürste oder Distel. Seine
Schuppen (z. 3. Fig.) sind grofs, auf der Oberfläche strahlenförmig
gerippt, und in der Mitte mit einem Stachel versehen. Sie liegen
gewölbt auf einander, wie die Blätter an einem Tannenzapfen
(Strobilus pini), und die Japoneser, welche Anspielungen und
Vergleiche mehr lieben, als irgend eine andere Nation, nennen da-
her diesen Fisch Matskasaoibo (Matskasa heilst ein Tannenzapfen
und Oibo der Fisch). Der gepanzerte Kopf ist hie und da durch-
brochen und ‚gleichsam mit durchscheinenden Fenstern versehen
wie eine Laterne. Anstatt der Bauchflofsen hat unser Fisch 2 starke
bewegliche Stacheln, welche, sobald sie sich aufrichten, fest und
unbeweglich in der Quere stehen, und anstatt der vordern Rücken-
flofse 3 längere und 3 kürzere Stacheln, die ebenfalls, sobald sie
sich aus ihrer tiefen Rückenfurche in die Höhe richten, die Stel-
lung eines Andreas- Kreutzes annehmen, oder wie spanische Reuter
an einer Festung sich durchkreutzen. Am Fufse derselben in der
tiefen Bückenfurche sind sie ‚mittelst einer festen Sehne, welche
darin verborgen liegt, und an welcher sie kreutzweise eingelenkt
sind, befestigt, und können sich beym Nachlassen der Sehne, wie
das dreyschenkelige Fufsgestelle von einem Melstische, zusammen
legen und in der Furche verbergen. Beym plötzlichen Anspannen
der Schne aber, welches von der Willkühr des Thieres abhängt,
richten sie sich sogleich in kreutzweiser Richtung wieder auf, und
sind durch keine Gewalt wieder zurück zu legen. Jedes Gelenk
dieser Stacheln beschreibt einen rechten Winkel und ist mit einem
Einschnitte versehen, in welchen, wenn sich der Stachel aufgerich-
tet hat, eine scharfe Kante in der Rückenfurche unterhalb der
Sehne einschlägt, und wie ein Hemmkegel wirkt, so, dals sich der
Stachel nicht wieder zurückbiegen läfst, sondern steif und unbe-
weglich fest steht, bis er durch die schlappe Sehne aus der schar-
fen
77
fen Kante zurückgezogen oder wieder heraus gehoben wird (S. 4.
Fig.). Bloch’s Abbildung und Beschreibung zeigt weder die Stel-
lung und Querrichtung der Bauchstacheln, noch die kreutzende
Richtung der Rückenstacheln, wodurch sich gerade dieser Fisch
von allen andern unterscheidet. Bey Bloch sind sie alle zurück-
gelegt. Wäre es ihm eingefallen, beym Abzeichnen das Exemplar
aus dem Spiritus heraus zu nehmen und die Rückenstacheln aufzu-
richten, so hätte er die kreutzweise Richtung derselben, die sogar
jedem Layen auffällt, bemerken müssen, und dann würde er viel-
leicht auch noch die Kraft der Einklemmung des Einschnitts in die
scharfe Kante, d.h. die Kraft der Hemmung durch den Widerstand
gespürt haben, welchen er auch noch beym todten Thiere, dessen
Rückenstacheln er niederzulegen versucht, hätte erfahren müssen:
denn alles dies ist nur Werk eines Mechanismus, der auch nach
dem Tode noch vorhanden ist.
Wie wenig Bloch aus den alten todten Exemplare von den
Eigenheiten dieses sonderbaren 'Thieres sagen konnte, sieht man
aus seiner Beschreibung. Hier ist sie: Corpus compressum latum
squamosum. Caput magnum declive, alepidotum. Oculi magni,
iridibus argenteis. Maxilla superior longior, Os edentulum, oper-
cula laevia, apertura branchialis ampla. Abdominis latera carinata
una cum abdomine carinato in acumen terminata; dorsum arcuatum,
squamae magnae rotundatae in medio rufescentes margine albo?
(purpüreo) interne limbo nigro (das ist beym lebendigen Thiere
die Purpurhaut, welche am Rande der Schuppen sichtbar wird und
die Schuppen unter einander verbindet) cinctae latiusculae, rotun-
datae, radiatim striatae, carina media squamarum in acumen obtu-
sum terminata. Linea lateralis sursum arcuata loricata, derso vicina,
Basis pinnarum pectoralium squamis minutis tecta. Habitat in Japo-
niae maribus # ulnae longus. Der Geschlechtscharakter ist nichts
mehr als die Uebersetzung des Namens, den Bloch für dieses Ge-
schlecht gewählt hat: Monocentris h. e. uniaculeatus, anstatt einer
Bauch-
78
Bauchflofse ein Stachel; Aculei duo longi loco pinnarum ventralium,
abdomen carinatum. Bloch und die übrigen Beschreiber dieses
Fisches kannten also nichts von dem merkwürdigen Mechanismus
der Gelenke, in welchen die 6 Stacheln auf dem Rücken laufen
nichts von der Hemmung, durch welche sowohl diese als auch die
beyden Querstacheln am Bauche in einer festen und unbeweglichen
Lage erhalten werden, so, dafs dieser kleine Fisch nicht füglich
ohne Verletzung des Rachens von einem Hayfısch verschlungen
werden kann; sonst hätte Bloch seinen Geschlechtscharakter nicht
-von der blofsen Existenz der Bauchstacheln, Thunberg den seini-
gen von der tiefen Rückenfurche, und Houttuyn den seinigen
nicht von der vermeintlichen hautlosen Rückenflolse abgeleitet. Die
Natur hat hier selbst einen. auffallenden und ausgezeichneten Ge-
schlechtscharakter hinein gelegt, welchen ich aufgefunden und auf-
gestellt habe. Da sich mein Geschlechtscharäkter auf Autopsie des
lebendigen Thieres, auf die Stellung der Rückenstacheln, die der
Fisch, sobald er gereitzt wird oder sich in Gefahr glaubt, auf-
richtet, und durch ihre kreutzweise, unbeweglich feste Stellung,
wie durch aufgeschlagene spanische Reuter, sich in Vertheidigungs-
zustand versetzt, auch auf die Untersuchung der Gelenke dieser
Stacheln, ihrer Sehne und Einlenkung gründet; so habe ich ihn
nicht unterdrücken wollen, weil ich ihn einstweilen noch für gründ-
licher und richtiger als den Blochischen halte. Kenner und na-
mentlich mein verehrungswürdiger Freund Schneider in Frank-
furt an der Oder, als Herausgeber des blochischen Systems der
Ichthyologie gewils einer der competentesten Richter, mögen, so-
bald mein erster Heft der japanischen Fauna erschienen ist,
darüber urtheilen und entscheiden.
IT.
79
1. Prionostoma :), das Sägemaul oder Neptuns Spar-
büchse, it. die gespaltene Seescheide aus Brasi«
lien, ein neues Geschlecht scheidenartiger Mollusken.
"Als ich am Strande der kleinen Insel Montomeri an der
Festung Santa Cruz in Brasilien, welche das Fahrwasser zur
Gouvernements-Stadt der Insel Santa Catharina bestreicht, die
ausgeworfenen Schaalthiere, Zoophyten und Tangarten aufsuchte,
welche durch die Fluth angespült oder von der Ebbe zurückgelas-
sen werden, sah ich eine Art von kleiner Haselnuls, wie es mir,
in der Entfernung von einigen Schritten vorkam, im Sande liegen,
aus welcher 7 bis 8 kleine Wasserstrahlen in einer Reihe, wie aus
einer künstlichen Fontaine hervorquollen. (Tab. II. Fig. 6.)
Als ich diese vermeintliche Nuls aufhob, bemerkte ich, dafs
sie auf einem Stücke. abgeriebener Hornkoraile angewachsen war
(Fig. 5.) und sich mit langsamen Bewegungen zusammenzog. —
Es war also ein lebendiges 'Thier und zwar eine ungewöhnliche
lederartige Seescheide mit einer länglichen, aus einer Reihe von
scheinbaren Spritzporen zusammengesetzten Mündung, welche, wie
ich mich bald durch die nähere Untersuchung überzeugte, ein neues
Mollusken- Geschlecht bildete.
; Die Schaale des Thieres war dicht und zähe wie Leder, von
braunrother Farbe, und bestand aus Longitudinal - und Circular-
Muskelfibern, welche sich ohne Unterlafs zusammenzogen, zumal
nach der Mündung zu, wo sie dicht und durchkreuzt übereinander
lagen, und gleichsam für jede scheinbare Pore einen Schlielsmuskel
bildeten. Die aus einer Reihe von Poren zusammengesetzte lange
Mündung erhob sich mit einem Wulste oder erhabenem gezähnten
Rande,
7 ’ . .. ’ . .. .. . “
19 Von zgiwr, die Säge , undercuz, die Mündung; auch Rhagastoma könnte sie heifsen,
80 A
Rande, der wegen seiner Erhebungen (Fig. 7. 8. a.) carunculös
könnte genannt werden.
Die Carunkeln oder scheinbaren Poren öffneten und schlos-
sen sich durch die Zusammenziehungen des wulstigen Randes nach
Willkühr des Thieres. Nachdem ich es eine Weile so an der Luft
(ohne es ferner mit Seewasser zu benetzen) beobachtet hatte, ver-
lohren sieh allmählig die Bewegungen und das Hervorquellen des
Wassers aus den scheinbaren Poren. Sobald ich es aber wieder
unter Seewasser legte, fiengen die Bewegungen wieder von neuem
an, und es dauerte nicht lange, so zeigte sich auch die wieder-
kehrende Lebhaftigkeit des Thieres durch die erwähnte Reihe klei-
ner Spriogbrunnen oder Spritzen. Durch vieles Experimentiren und
Beobachten aber, wobey es der Luft-und den Sonnenstrahlen aus-
gesetzt blieb, die ihm die nöthige Feuchtigkeit nach und nach ent-
zogen, wurde das Thierchen endlich matt und starb. Der Tod äus-
serte sich nunmehr durch Erschlaffung der Schliefsmuskeln, welche
die wulstige Mundlippe vorher zur Bildung scheinbarer Spritzporen
zusammengezogen hatten; die Lippen nämlich öffneten sich nunmehr
ganz, und zeigten gleichsam einen gezähnelten Rand der Mündung.
Die scheinbaren Poren oder Spritzlöcher waren verschwunden und
hatten sich in eine einzige längliche Mündung mit gezähnelten oder
carunculösen Lippen vereinigt.
Ich war nunmehr neugierig, die innere Structur des Thieres
zu sehen, und schnitt deshalb die Schaale senkrecht von einander,
so, dafs ich die Richtung der Mündung beobachtete und einen
Längendurchschnitt erhielt (Fig. 8.), der mir oben die halbe Lippe
‘ der länglichen gezähnten Mündung, in der Mitte die Zellen, welche
den ganzen Leib ausfüllten, und unten den Ansatz der bauchigen
Grundfläche auf der Gorgonia zeigte. Der innere Bau der Einge-
weide war ganz von dem der sogenannten Seescheiden (Aseidiae
Linn.) verschieden und näherte sich dem der Fodien des Bose,
von
\
81
von denen er doch aber auch wieder in mehrern Stücken abwich.
Er bestand nämlich aus senkrecht herabsteigenden ‚Röhren oder
Zellen in 3 Abtheilungen, welche mit thierischer Gallerte ünd mit
einzelnen kleinen Körnchen von der Grölse der Mohnsaamen ange-
füllt waren. Ob diese Körnchen Eyer oder Saamen des Thieres
waren, kann ich nicht bestimmen; denn ich habe weder Beobach- .
tungen über die Fortpilanzungsweise, noch über die Ernährung die-
ser Thiere anstellen können, weil ich trotz aller angewandten Mühe
und vielfältiger Nachsuchungen doch kein zweytes 'Ihier dieser Art
lebendig aufgefunden habe.
Die Ansichten des Quer - und Längen-Durchschnittes, die
ich in der Folge nach einem getrockneten Thierchen dieser Art,
welches der zweyte Steuermann unseres Schiffes am brasilischen
Seestrande aufgelesen hatte, zeichnete, gaben zu erkennen, dals
die mit Gallerte angefüllten Zellen oder Röhren eigentlich sechs-
eckig waren, und scheinen den Gedanken von Eyerchen zu bestä-
tigen; denn ich fand hier mehrere gröfsere Körnchen in den Zellen
und entdeckte auch in diesem getrockneten Exemplare die kleinsten
gelben Kügelchen mit Hülfe derselben Lupe, durch welche ich die
beyden vergrölserten Durchschnitte zeichnete. (Tab. I. Fig. 8, 9.)
E Die äussere Hülle dieser Seescheide war bey dem letzt-
erwähnten eingetrockneten Exemplare ganz hornartig und dunkeler
von Farbe geworden, als sie bey dem lebendigen war. Man konnte
sie jetzt ohngefähr mit den Flügeldecken des Maykäfers vergleichen.
Das Daseyn und die Lage der Muskelüibern zeigten sich auch nun-
woıchr deutlicher an demselben, als an dem lebendigen , wo sie sich
mehr durch ihre Wirkung geäussert hatten. Uebrigens war die
Oberfläche dieser erhärteten Haut glatt und braunrcth, unten
bauchig und abgerundet, und hatte sich auch auf einen fremden
Körper, nämlich auf den Stamm einer Antipathes, festgesetzt.
ii \on
82
Von den längst bekannten Seescheiden (Ascidiis Linn.) un-
terscheidet sich dieses sonderbare Seethier schon durch seine ein-
zelne längliche Mündung mit vorstehenden gezähnten Lippen, wel-
che dieselbe vermittelst ihrer Muskcelfibern bis auf eine Reihe
scheinbarer Spritzlöcher verschliefsen können, noch mehr aber
durch seinen innern Zellenbau. Ein zuverläfsiger französischer
Schriftstelier, Herr Bosc, der auf seiner Ueberfahrt nach Nord-
America sehr viele Entdeekungen in der Naturgeschichte machte,
hat uns noch mit einem zweyten Genus scheidenartiger- Mollusken,
die er Fodiae nannte, bekannt gemacht, welches zwischen den
längst bekannten Ascidien, die zwey Mündungen, nebst mehrern
sackförmigen Eingeweiden und Gefäfsen von verschiedener Bildung
haben, und zwischen meinem neuen Thiere mitten inne steht. Auch
von diesen Fodien des Herrn Bosc unterscheidet sich unsere
neue brasilische Meerscheide dadurch, dafs sie kein solches Dia- »
phragma und keinen solchen Magen hat. Bosc fand dieses, mit
dem unserigen sonst sehr nah verwandte, Thier an der nordameri-
canischen Küste in der Bay von Charlestown. Es hatte eben-
falls nur eine längliche Mündung; aber sie war nicht hervorragend,
‘sondern eingedrückt und durch ein Septum in der Länge und
durch ein anderes der Quere nach abgetheilt; auch das Innere war
von dem unserigen verschieden. Die äussere Gestalt desselben war
mehr cylindrisch und die Oberhaut gerunzelt von braunrother Farbe
mit hochrothen Flecken besprengt, welches alles nicht der Fall bey
der unserigen ist. Daher sehe ich mich genöthigt, diese neue See-
scheide auch von der Fodia des Herrn Bose zu trennen, und be-
trachte sie als ein eigenes Geschlecht, dessen lange gespaltene
Mündung mit muskulösen Lippen begzränzt, den Hauptcharakter
bildet, nach welchem ich sie
Prionostoma brasiliensis, das Sägemaul oder Neptuns Spar-
büchse, it. die gespaltene Meerscheide aus Brasilien
nenne, und unter folgender Charakteristik aufstelle:
Pri-
83
Prionostoma — novum genus Molluscorum vaginantium:
Corpus fixum teretiusculum ventricosum, intus gelatinoso - cellulo-
sum vagina coriacea superius fissa inclusum,
Species
Prionostoma brasiliensis. P. subrufa glabra, vagina coriaceo-
musculosa, subgloboso-elliptica, superius fissura crenata hians,
inferius bası allıxa.
Dieses Thier ist, wie die durch die beygefügten Abbildungen
der Längen - (Fig. 8.) und Quer -Durchschnitte (Fig. 9.) vorgestellte
innere Einrichtung zeigt, ein sehr einfaches Geschöpf, fast noch
einfacher als die linne&ischen Ascidien, aber deshalb doch nicht
leichter, sondern vielmehr, was die Erklärung der thierischen
Oekonomie betrifft, schwerer und dunkler als jene. Es bietet nicht
so viele Observationspuncte an, wie jene, auf deren innern Orga-
nen und verschiedentlich gebildeten Eingeweiden der Blick des
Forschers ausruht, und in der deutlichen Structur, die ihre Be-
stimmung verräth, Aufschlufs und Befriedigung findet, sondern es
ist durchaus mit regelmälsigen sechseckigen Zellen ausgefüllt, die
eine gelbliche Gallerte, in welcher ich, bey dem einzigen Exem-
plare, das ich frisch untersucht habe, weiter nichts klares bemer-
ken konnte, enthielten.
Es ist also durch seine Einfachheit, das heilst aus demsel-
ben Grunde dunkler und schwieriger, aus welchem überhaupt die
einfachern Geschöpfe, als Mollusken und Zoophyten, einen grolsen
Theil der Naturforscher abschrecken und deshalb noch weniger ge-
kannt und erforscht sind, als die Säugethiere und übrigen Vier-
fülser. Letztere bieten dem Forscher mehr Materialien zu einer
belohnenden und beiriedigenden Untersuchung an als erstere.
ERS. Es
84 —
2 Es ıst aber nicht zu bezweifeln, dafs alle diese Schwierig-
keiten und Hindernisse, die sich bis auf Ellis und Gaertner
und Pallas und Cuvier der genaueren Kenntnifs der Mollusken
und Pflanzenthiere entgegen setzten und auch noch heut zu Tage
in einigen Familien dieser einfachen Geschöpfe das Studium dersel-
ben erschweren, nicht sollten überwunden werden; es bedarf nur
öfterer und zahlreicherer Untersuchungen und Beobachtungen der-
selben in ihrem Medium und im lebendigen Zustande.
Aus demselben Grunde bin ich überzeugt, dafs man auch
ron der neuen brasilischen Seescheide in Zukunft mehr wissen
wird, als ich jetzt darüber sagen kann. Ob ich gleich jetzt nur
die ersten Linien zur Charakteristik dieses sonderbaren Geschöpfes
entwerfen, - keinesweges aber einen befriedigenden Geschlechts-
Charakter, welcher nur aus der genauen Kenntnils des ganzen
Thieres, aller seiner Arten, seiner Lebensart und Fortpflanzungs-
weise hervorgehen kann, aufstellen konnte; so wird doch sicher
derjenige, der, nach mir, dieses Thier lebendig, und vielleicht in
mehrern Individuen und bey mehrerer Mulse, als der kurze Auf-
enthalt der 'Erdumsegler gewöhnlich erlaubt, wieder finden wird,
unsere Kenntnils über dasselbe bereichern und die Lücken, welche
ich lassen mufste, ergänzen. Da ich nur auf die Anzeige der Exi-
stenz und auf die Angabe der Gestalt desselben Anspruch mache;
so hoffe ich, man werde dieser leichten Skizze Nachsicht schenken.
Was übrigens die thierische Oekonomie dieses Geschöpfes
betrifft, ‚so vermuthe ich aus dem, was ich gesehen habe, dafs sie
olingefähr dieselbe seyn mag, wie bey den Alcyonien oder Schwäm-
men, mit Ausnahme ‘der mit Armen oder tentaculis umgebenen
zahlreichen Saugwarzen, welche man an den erstern bemerkt. Doch
wer bürgt uns dafür, dafs nicht auch hier das in dem obern Range
der sich in die Mündung öffnenden Zellen befindliche thierische
Mark das Vermögen besitzen sollte, sich, wie andere Polypenkör-
per,
x
nn nn
85
per, in Gestalt der Saugwarzen zu erheben 2). Eine ähnliche Ein-
richtung hatte auch, der brasilische See - Champignon 3), welchen
ich hier genauer untersucht habe, als Ellis, der ihn von Barba-
dos erhielt und unter dem Namen Pennatula reniformis sehr gut 4)
abgebildet hat; doch ist bey diesem Pflanzenthiere zu bemerken,
dafs es an seiner Grundfläche nicht angewächsen ist an fremde
Körper, sondern mit seiner Scheibe auf dem Wasserspiegel
schwinımt, indessen der Schwanz sich wie ein Regenwurm krümmt,
um nach einer Gegend, nach welcher der Instinet diesen Körper
hinlockt, hin zu rudern, dahingegen die Prionostoma immer ange-
wachsen ist.
IV. Die brasilische Tiger-Guttel mit ihrer Brut aus
dem brasilischen 4rchipel von $S. Catharina. Aplysia
tigrina vel maculata brasiliensis (Tab. IV. Fig. 6—9)., Die
Eyer dieser Schnecke vergrölsert Fig. 9.
Diese gefleckte Seeschnecke, welche, so viel mir bekannt
ist, noch von keinem Naturforscher an den Ufern von St. Catha-
rina und St. Michael beobachtet und beschrieben ist, zeichnet
sich durch ihr schönes Colorit von allen ihren Geschlechtsrerwand-
ten aus. Die Aplysien, oder wie sie die Alten nannten, Sechasen,
Meerlungen, Gift-Gutteln, sind mifsfarbige (luridae) und ekelhaft
riechende Meerschnecken, welche sich gewöhnlich durch nichts
schö-
3) Sur Tidee d'un anımäl-plante ete, dans les Memoires de la Societe imperiale
des Naturalistes de Moscou, Tom. Il. p. 150-158.
3) Eine Abbildung davon befindet sich in meinem Jahrbuche der Naturgeschichte,
welches noch nicht gedruckt ist; eine-andere mit der Zergliederung desselben
in meinem Reise-Journale von der Erdumseglung, und eine dritte hier Tab. IV.
Fig. 5.
4) Philosophical Transactions for the Year ı763, Vol. LIII. pag« 429. Tab. XIX.
Fig. 6—9, the Kidney shap’d purple sea pen from South - Carolina,
86 ae
schönes empfehlen. Um so mehr verdient die gegenwärtige Species
als ein Lobredner ihres Geschlechts bekannt zu werden, die unter
allen Aplysien (die einzige Malch-Güttel aus Japan etwa ausge-
nommen, die ihr den Rang streitig macht und die ich bey einer
andern Gelegenheit beschreibe) mit den schönsten Farben prangt.
Dem äussern Baue und der Gestalt nach ist sie auch schlanker als
andere Aplysien - Arten (Cuvier's Kameel etwa ausgenommen),
aueh glatter und reinlicher. Ihre äussern Schleimdrüsen scheinen
in geringerer Anzahl vorhanden und nicht so ergiebig; sie ist nicht
giftig und selbst nicht so ekelhaft von Geruch als die Gift - Guttel
(Aplysia depilans), übrigens aber eine wahre Aplysie nach Linne.
Sie hat nämlich einen kriechenden schneckenartigen Körper, wel-
cher mit einem offenen Mantel bekleidet ist, dessen beyde zurück-
geschlagenen Lappen oft umgekrümmt, sehr beweglich und bey der
Zusammenziehung am Rande eingekerbt erscheinen; sie bedecken
den Rücken, das häutige Rückenschild und die darunter liegenden
Kiemen, :welche sich bey zurückgeschlagenem Mantel und Rücken-
schilde auf den ersten Anblick durch ihre concentrischen Strahlen
verrathen. Der Bauch (a aa), welcher sehr contractil ist, und
aus lauter gewölbten Muskelfibern, die sich beym Fortkriechen auf
eine sehr mannichfaltige Art zusammenziehen, besteht, zieht sich
nach Willkühr zusammen, rollt sich auf oder dehnt sich aus, je
nachdem es das Bedürfnifs oder die Bewegung des Thieres erfor-
dert. Die untern oder innern Seiten oder Flächen des aufgeschla-
genen Mantels besitzen dieselben Kräfte und Eigenschaften vermöge
einer ähnlichen Structur und Bildung, die man schon aus der Ab-
bildung (Tab. UI. Fig. 6, 7, ec) erkennt. Ja man behauptete sogar
in Brasilien, dafs diese Meerschnecke vermittelst dieser aufge-
schlagenen Häute des Mantels, welche wie zwey grolse Flöfsen
wirken sollen, schwimmen könne. Das langsame Fortkriechen des
Thieres im nassen Ufersande liefs mich kaum so etwas vermuthen.
Auf der rechten Seite des Oberkörpers, neben den untersten Ten-
takeln, am Halse, befindet sich eine Oeffnung für die Begattungs-
or-
RER ESENTE 9
organe (Fig. 6, h). Die 4 Tentakeln, welche am vordern Ende
des Rückens stehen und den Kopf bilden, sind von verschiedenem
Baue; die vordern (f) sind blofse Verlängerungen der Haut, die
sich röhrenartig aufrollt; die hintern (ee) wirkliche massive Fühl-
organe, die ihre Gestalt indessen auch mannichfaltig verändern, wie
die Fühlhörner der nakten Landschnecken. Gewöhnlich sieht es
aus, als wenn die Schnecke 4 Ohren am Kopfe hätte. Das Maul
„liegt in einer Querspalte (gg) kurz unter der Theilung der Bauch-
und Rückenfläche am Kopfe. Am hintern Theile des Rückens un-
ter ‚dem Mantel liegt der After. Wenn das Tbier sehr gereitzt
wird, so läfst es eine braunröthe übelriechende Flüfsigkeit von
sich. Wenn man das Rückenschildechen, das nur an einer Seite
mit der Rückenhaut verwachsen ist, aufhebt, so sieht man die
Lungen oder Kiemen (Fig. 7, d) als einen Kreils von concentrisch
gestrahlten Blättchen darunter liegen. Wenn man das häutige
Rückenschildchen ablöset, so findet man, dafs die Haut desselben
eine Scheide bildet, in welcher eine muschelförmige , sehr dünne,
aber harte und durchsichtige Schaale (Fig. 8) verborgen liegt, die
man ohne Mühe herausnehmen kann. , Kurz man sicht: aus allen
Merkmalen und allen einzelnen Theilen, dafs unsere Schnecke eine
wahre Aplysia (eine Schnecke mit verborgener Muschelschaale ist),
und dals der linn&ische Charakter „Corpus limacinum repens,
obvelatum membranis reflexis, clypeo dorsali membranaceo (testa
ipsa Fig. 8 membrana inclusa), pulmones obtegente; foramen late-
rale dextrum pro genitalibus; anus supra extremitatem dorsi; ten-
tacula quatuor anterius sita,” vollkommen bey “ihr Statt findet.
Der Körper dieses Thieres nähert sich mehr der ovalen Gestalt;
diese verändert sich jedoch mit jedem Augenblick und ist ein wah-
res Corpus polymorphum. Wenn sich der Bauch zusammen zieht,
wie Fig. 7 zeigt, so ist der Kopf, Seiten und Rücken abgerundet;
dehnt er sich aus, wie Fig. 6 zeigt, wo die Schnecke in kriechen-
der Stellung von der Seite abgebildet ist; so bildet der Bauch
überall einen wulstigen Rand aaaa. Uusere Schnecke ist übrigens
von
88
von allen bekannten Aplysien, die uns neuerlich noch Cuvier
abgebildet hat, als Dolabella, punctata, alba vel Camelus Cuvieri,
‚A. viridis Boscii, fasciata Poiretii, depilans Bohadschii et
Columnae, hinlänglich verschieden. Den Charakter kann man aus
der Abbildung erkennen. :
Ich bin auch so glücklich gewesen, den Eyerstock dieser
Schnecke (Fig. 6 iii, Fig. 9) zu finden, in welchem ich eines die-
ser Thiere gleichsam eingewickelt fand. Ich habe in der Folge in
Japan mehrere Beobachtungen über die Eyerstöcke der Aplysien
angestellt, die ich bey der Japanischen beybringen werde. Die
um die Schnecken - Eyer verdienten Lister, Baper, BEE
und Ellis haben diese noch nicht gekannt.
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IV.
SAMUEL THmomAs SOEMMERRING
über
einen Ornithocephalus,
oder
über das unbekannte Thier der Vorwelt, dessen fossiles
Gerippe C. Collini im z'® Bande der Actorum Acade-
miae Theodoro-Palatinae nebst einer Abbildung in natür-
licher Gröfse im Jahre 1784 beschrieb, und welches Ge-
rippe sich gegenwärtig in der Naturalien-Sammlung der
königlichen Akademie der Wissenschaften zu München
befindet.
Vorgelesen in der mathematisch - physikalischen Classe am 27. Dec. ı8ıo.
Gar
Ich glaubte keine überflüfsige oder unangenehme Arbeit zu unter-
nehmen, wenn ich die in der Naturalien- Sammlung unsrer könig-
lichen Akademie der Wissenschaften aufbewahrten Reste eines noch
unbekannten Thieres der Vorwelt einer genauen Betrachtung wür-
digte, welche, seitdem sie bekannt wurden, die Aufmerksamkeit
der angeschensten Naturiorscher auf sich zogen, ungeachtet bis
12 jeizt
@
99
jetzt noch unentschieden blieb, ob diese Reste einem Fische, einem
Amphibium, einem Vogel oder einem Säugthiere angehörten. Col-
lini ı) nämlich erklärte dieses Incognitum im Jahre 1784 für einen
Fisch, Cuvier 2) im Jahre ı800 für ein Amphibium (reptile volant),
Blumenbach 3) im Jahre ı803 und ı807 für einen Schwimm-
vogel, welches mir im Jahre ı8ı0 offenbar ein Säugthier scheint.
?
$. 2.
Zuvorderst bediene ich mich zur Grundlage meiner Betrach-
tungen obgedachter Abhandlung des um die Geschichte fossiler Ueber-
bleibsel von Thieren und Pflanzen überhaupt, so wie um die sorg-
fältige Beschreibung und Abbildung des gegenwärtigen fossilen Ge-
rippes insbesondere, verdienten C. Gollini, in der Absicht, seine
Deutungen dieser räthselhaften Reste zu berichtigen und zu erwei-
tern ($. 3 bis 20): Sodann schildere ich dieses Gerippe kürzlich
in seinen einzelnen Thheilen, nachdem ich vorgängig das Original
in der Natur sowohl mit den Gerippen in meiner Sammlung, als
mit den Beschreibungen und Abbildungen ähnlicher Thiergerippe
bey Coiter, Seba, Muralt, Meyer, Buffon, Pallas,
Schreber, Audebert, Blumenbach, Cuvier, Geoffroy-
Saint-Hilaire, Fischer und Meckel verglichen hatte ($. zı
bis 31); darauf wage ich einige Muthmafsungen über die wahre
natürliche Gestalt dieses auf der Steinplatte, in einem zerrütteten
Zustande, erscheinenden Gerippes, wie solche im unverletzten Zu-
stande des Lebens etwa beschaffen gewesen seyn möchte ($. 32 bis
34), endlich suche ich die enträthselte Gestalt dieses aus der jetzi-
gen
ı) Im fünften Bande der Actorum Academiae Theodoro - Palatinae.
3) Extrait d’un ouvrage sur les Especes de Quadrupedes dont on ä trouve les osse-
mens dans l'interieur de la terre, an 9, 4to. pag. 6.
3) Handbuch der Naturgeschichte, 7te Auflage, Göttingen 1803. $. 703. Achte Aull,
1807. S. 731. )
91
gen Welt Er verschwunden scheinenden Thieres in einem idealisir-
ten Aufrisse seines Gerippes dem Auge darzustellen (Tab. V.).
Ich mufs daher meine Leser ersuchen, Herrn Collini’s Ab-
handlung und Abbildung zur Hand zu nehmen, und mit meinen
Bemerkungen und Abbildungen auf Tab. V. und VI. zu ver-
gleichen.
$. 3
Im Eingange seiner Abhandlung bemerkt Herr Collini: das
Studium der fossilen Zoologie, welches Manchem eine unnütze und
kleinliche Beschäftigung scheinen könnte, sey für den philosophi-
schen Naturforscher ein interessanter Gegenstand, indem es ihm
meistens unbekannte Thiere darstelle. „Schwerlich — schrieb auch
ich, vor zwanzig Jahren, bey einer ähnlichen Gelegenheit 4), kann
etwas dem menschlichen Verstande mehrere Ehre machen, als Ge-
stalten von Thieren zu errathen und wieder darzustellen, die ent-
weder ganz verlohren gegangen sind, oder wenigstens nicht von
solcher ungeheuren Grölse mehr angetroflen werden.”
So beurtheilen Naturkundiger vom ersten Range, nicht nur
aus den eigentlichen sogenannten, geognostischen Gegenständen im
Allgemeinen, sondern auch noch aus den fossilen Resten von Pilan-
zen und Thieren, als den sprechendsten Urkunden der Vorwelt
insbesondere, die älteste, lange vor allen schriftlichen, die Sagen
der Vorzeit überliefernden Nachrichten, Statt gehabte Beschafien-
heit der Oberfläche unsers Erdballes, rücksichtlich der auf ihm be-
findlich gewesenen, organisirten Körper. Indessen ist dieser Zweig
der
4) Ueber die in Leibnitii Protogoea abgebildeten Thierknochen in C. Grofse's
> Magazin für die Naturgeschichte des Menschen, äten Bandes ı. Stuck, Leipzig ,
1790. Tab, ı w 2,
92
‘ der Erdkunde doch erst seit dem letzten Jahrhunderte mit beson-
derer Liebhaberey und eigenem Fleifse cultivirt word.n.
Viele in der Note 5) genannte Männer lieferten dazu treff-
liche Beyträge; selbst ein Leibnitz widmete diesem Studium durch
seine Protogaea ein eigenes Werk, worin er fossile Knochen abbil-
den liefs, und alle wissenschaftliche Vereine und Akademien beach-
teten es nunmehr als einen vorzüglichen Gegenstand ihrer For-
schungen. Zum Beweise brauche ich wohl kaum anzuführen die
verdienstvollen Männer unserer vaterländischen Academia, Caesarea
Naturae Curiosorum — einen Hollmann, Beckmann und Blu-
menbach yon der königlichen Societät der \WVissenschaften zu
Göttingen, — Gmelin, Pallas, Herrmann, Chappe, Bil.
lings, von der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften zu St,
Petersburg, — Fischer von der kaiserl. Societät der Wissenschaf-
> ten
5) Adams, Andreae, Acosta, Artigny, Baldassari, Bartsch, Bausch,
Bayer, Benzenberg, Beyschlag, Boturini, Bourguet, Brander,
Breyne, Brückmann, Brückner, Bryant, Burtin, Büttner, Cas-
sanionis, Cohausen, Correa de Serra, Cortesi, Demarest, Ebel,
Ehrhardt, Esper, Fichtel, Forster, Frauendorffer, Fortis,
Garriga, Gazola, Gehler, Geßner, Geyer, Goldfuß, de la Groye,
Hacquet, Hammer, Heimer, Hermann, Hernandez, Hoff, Hout-
tuyn, Hoyer, Humboldt, Hüpsch, Jefferson, Klein, Knoll,
Kuorr, Latoenaye, Lamanon, Lang, de Luc, Ludolf, Lachmund,
Lamarck, Langenmantel, Lawater, Launoy, Lenz, Leonhard,
Lefser, Liebknecht, Luidius, Malte-Brun, Major, Marsigli, May,
Merck, Merckel, Michaelis, Molineux, Moro, Mylius, Neer-
gaard, Neufville, Pantoppidan, Passeri, Parkinson, Peale,
Picot de Lapeyrouse, Quianet, Raspe, Reissel, Ritter, Rosinus,
Rosenmüller, Sage, Sauer, Saussure, Scaramuzzi, Scheuchzer,
Schmiedel, Schneider, Schlotheim, Schröter, Schultz, Schütte,
Scilla, Silberschlag, Solander, Soldani, Spada, Spallanzani,
Spleiß, Stobaeus, Tentzel, Torquemada, Torrubia, Trebra,
Veltheim, Voigt, Volkmann, Walch, Walcott, Waldin, Wedel,
Weppen, Wilke, Wildungen, Wolfart, Woodward, Ziega, Zorn.
93
ten zu Moskau, — Sloane, Collinson, Strahlenberg, Ba-
ker, Chapman, Grew, Hunter, Jacobs, Plott, Camper,
und mehrere andere von der königlichen Societät zu London, —
Graydon von der königl. Irrländischen Akademie zu Dublin, —
Bonn von dem Königlichen Institute zu Amsterdam, — Guettard,
Geoffroy, Buffon, Daubenton, Faujas de St. Fond, und
mehrere andere von der ehemaligen königlichen Akademie der
Wissenschaften zu Paris, — Astruc und Riviere von der könig-
lichen Akademie der Wissenschaften zu Montpellier, verschiedene
Mitarbeiter der Akademie zu Siena, — Schröter von der Aka-
demie der Wissenschaften zu Erfurt, — um auch Collinis von
der ehedem uns verschwistert gewesenen Academia Theodoro -Pala-
tina zu Mannheim, und Kennedy’s von unserer eigenen Akademie
der Wissenschaften zu München in Ehren zu gedenken.
Wie sehr darf man sich aber freuen, dafs ein Cuvier sich
der Lösung dieser immer noch sehr schwierigen Aufgabe mit einer
besonderen Vorliebe unterzieht, und dafs ıhm Materialien zur
freyesten Benutzung zu Gebote stehen, welche, weder an Menge
noch am innern Werthe, jemals ihres Gleichen hatten.
Es würde mir daher ein besonderes Vergnügen gewähren,
wenn es mir gelänge, durch meine gegenwärtige Bemühung das Ge-
rippe wenigstens eines noch unbekannten Thieres aus der Vorwelt
so zu erläutern, und für den Verstand gleichsam palingenetisch aus
seiner Asche so hervorzuziehen, dals es als ein brauchbares Bruch-
stück zur Ergänzung dieses Faches der Zoologie benutzt werden
könnte. — Denn nie kann ich es vergessen, dals diese Studien
chedem auch zu meinen Lieblings- Nebenbeschäftigungen gehörten.
Die Betrachtung unsers gegenwärtigen fossilen Gerippes
dürfte aber um so interessanter ausfallen, weil sie einen eben so
neuen, als merkwürdigen Uebergang von der Classe der Säugthiere
zu
94
zu der Classe der Vögel aufdeckt, welchen kaum die Einbildungs-
kraft zu ahnden sich getraut hätte. Unser fossiles Gerippe nämlich
scheint in der Stufenfolge der Thiere zwischen den fliegenden
Säugethieren und den eigentlichen Vögeln eine beträchtliche Lücke
dadurch auszufüllen, dafs ausser den Fülsen die Total-Form seines
Schädels schon auf den ersten Anblick der Form des Schädels der
Vögel weit mehr ähnelt, als selbst die Schädel der in unsern Tagen
allererst, bey unsern Gegenfülslern, aufgefundenen Schnabelthiere.
4
Seite: 63 schreibt Herr Collini: C'est un petit animal de la
longueur de dix pouces et quatre lignes, avec une
fort grande bouche armee de dents, avec un long cou,
avec une queue, avec des pattes et des pieds de der-
'riere garnis de griffes et qui a la place de bras ou
pattes de devant, a des corps fort longs qui se plient,
@tant composes de sept morteaux articules.
Ich füge dieser summarischen, überaus charakteristischen,
Schilderung noch hinzu:
a) die deutlich wahrnehmbaren, sogenannten Ansätze an den
langen Röhren-Knochen (Epiphyses). Z. B. am unteren Ende der
Oberarmbeine (2), am untern Ende des Schienbeins (0), an den
-Gliedern der Zehen R und Fig. 2;
b) die zwischen den vierzehn Knochen des Schwanzes be-
findlichen Lücken, welche im Leben mit Knorpel- und Bändermasse
ausgefüllt waren ;
c) die auffallende Abrundung der Oberflächen und Enden
sämmtlicher Knochen;
a)
2 EEE 95
d) des Fehlen, der wegen knorpeliger Wesenheit vernich-
teten Fulswurzel-Knochen und Kniescheiben, beweisen aufs unwi-
dersprechlichste, dals dieses Thier der Vorwelt noch jung und zu
seiner völligen Grölse noch nicht herangewachsen gewesen seyn
musSe. .
$. 5
Seite 64: Cet animal transporte et jette au milieu des terres,- y
| a pris en perissant, une situation gende et forcee.
Dieses Thier nahm sterbend nicht nur eine gezwungene Stel-
lung an, sondern es ward sogar gewaltsam zerquetscht.
Diese gewaltsamen Zerquetschungen verrathen aufs deut-
lichste, nicht nur der knöcherne Brustkasten und das knöcherne
Becken, sondern selbst ein und anderer einzelner Röhrenknochen.
Da nämlich der Brustkasten mit weichen Eingeweiden ausge-
füllt war, so wurden daher auch, bey einer gewaltsamen Zerquet-
schung desselben, vorzüglich die Ribben und die Brustbeine ganz
aus ihrer natürlichen Lage gerissen. Deshalb vermochten die Rib-
ben nicht mehr ihre Stellung zu behalten, sondern sie wurden, wie
wir bey N sehen, von einer Seite bis jenseits der Schenkel hinun-
ter geschoben, von der andern Seite, wie wir bey 2 und 3 sehen,
über den Oberarm hinaufgerückt. Ein gleiches Verschieben erlit-
ten, durch die nämliche Ursache, die Brustbeine G, X und Y, so
dafs dadurch das obere Brustbein G sehr weit rechts, das mittlere
Brustbein X sehr weit links, das untere Brustbein Y vollends gar
in einer umgekehrten Lage, bis in die Gegend des Beckens hinab
gerieth.
Die nämliche Verrenkung und Verschiebung erfuhren aus
gleicher Ursache, die Beckenlinochen L, M und N, welche im Le-
ben
96
ben ein Ganzes ausmachten, nun aber durch jene gewaltsame Zer-
quetschung so verschoben erscheinen, dafs das Hüftbein sich nach
Innen, gegen die Wirbelsäule, das Schaambein hingegen nach Aus-
sen verrückt befindet.
=-
Erlitten nun, wie man offenhar sieht, die vorn und hinten
fest eingelenkten Ribben eine so auffallende Verrückung, so ist es
ganz begreiflich, dafs die über den Ribben so leicht verschiebbaren
Schulterblätter ebenfalls, mit den verrückten Rippen zugleich ‚aus
ihrer Lage weichen mufsten. Man erkennt diese verschobenen
. Schulterblätter im Originale ganz deutlich links bey I zwischen
dem linken Schlüsselbeine ı und dem linken Oberarmbeine 2.
Ich wundre mich um so mehr, dafs diese Schulterblätter so-
wohl der genaue Beschreiber Collini, als sein eben so sorgfältiger
Zeichner Verhelst gänzlich übersahen, da sie doch recht gut er-
halten, selbst sehr ansehnlich, folglich ganz vollkommen deutlich
erscheinen.
&
Durch eben gedachte Zerquetschung litten gleichfalls
die Hirnschale B,
der Unterkiefer E, F, welcher vorn so verdreht ward,
dafs man selbst einen Theil seiner rechten Hälfte wahrnimmt, wel-
ches nicht seyn könnte, wenn er genau im Profil läge. Was Herr
Collini S. 6 für eine natürliche Verschmälerung des Unterkiefers
ansieht, ist offenbar nichts anders, als eine durch gewaltsame
Quetschung oder Eindrückung bewirkte unnatürliche Verschmälerung.
Ferner litten: die Schlüsselbeine ı, ı.
die Oberarmbeine 2, 2.
die Vorderarmbeine 3, 3.
die Fingerglieder 4, 5, 6.
g die Schenkelbeine _ı2.
und die Schienbeine 0.
=
-
Alle
ER Fra
97
Alle diese Knochen sieht man theils hin und wieder mehr
oder minder eingedrückt, 2, 2; theils der ganzen Länge nach platt
geprelst, 3, 3; theils zertrümmert, T, U.
$. 6.
Seite 64: La tete avec son bec A,B. est une des parties remar-
quables de cet animal.
Herr Collini nennt hier geradezu die Kiefer Schmabel,
welches freylich von der Vogelartig verlängerten und zugespitzten
Gestalt derselben füglich gelten könnte, obgleich kein mir bekann-
ter Vogel in seinem Schnabel solche, denen der meisten Säugthiere
vollkommen gleiche, Zähne eingepafst enthält.
$. 7.
Seite 64: La mächoire inferieure, dans toute sa longueur, paroit
etre d'une hauteur &gale; mais elle est un peu plus
epaisse A sa partie anterieure.
Herr Collini scheint nicht wahrgenommen zu haben, dafs
vorn (wie ich im |. 5 bemerkte) über der linken Hälfte des Unter-
kiefers sich ein beträchtliches Stück seiner rechten Hälfte zeigt,
und dafs nur aus dieser Ursache, der Unterkiefer vorwärts gleich-
sam halb doppelt, also auch nothwendig dicker erscheint.
Auch mufs wohl Herrn Collini entgangen seyn, dafs der
Unterkiefer in seiner Mitte, wie ich vorhin (im sten (.) bemerkte,
eine Zusammenquetschung seiner Substanz erlitt, welche eine auf-
fallende Verschmälerung an dieser Stelle bewirkte. Mittelst eines
Vergröfserungsglases erkennt man diese Zerquetschung und die da-
durch entstandenen Kuochen - Trümmer aufs überzeugendste.
13 $. 8.
98
$. 8.
Seite 65: Chacune de ces mächoires est armede d’une rangee de
petites dents pointues, toutes d’egäle grandeur, et un
peu courbees en arricre.
Die Zähne im Oberkiefer scheinen mir doch um ein merk-
liches gröfser oder stärker, als die Zähne im Unterkiefer. Auch
kann ich noch beyfügen, dafs am Unterkiefer, selbst in seiner an-
dern gder rechten Hälfte, sich Spuren von Zähnen bemerken lassen.
$. 9.
Seite 65: Le cou-- paroit partage en six morceaux articules:
mais ils tiennent encore si etroitement ensemble qu'on
ne peut guere avoir la liaison par laquelle l’un sarti-
culoit ayec l’autre.
Mir scheint, wiewohl nicht ganz überzeugend deutlich, das-
jenige, was Herr Collini für den ersten oder obersten Halswirbel
ansieht, aus zwey besondern Wirbeln, nämlich einem schmalen
Atlas und einem etwa doppelt so breiten Epistropheus zu bestehen.
Demnach hätte dieser Hals, gerade wie der Hals der meisten Säug-
thiere, sieben Halswirbel.
Da ferner bekanntlich die Halswirbelbeine dachpfannenartig
über einander liegen, so kann es wohl nicht anders seyn, als dals
sie dicht aneinander zu passen scheinen müssen, und dafs die Bän-ı
“der, welche sie zusammenhalten, doch nicht sichtbar seyn würden, _
falls sie auch vorhanden wären.
$. 10.
Seite 66: de sorte que l’anus H.
Dasjenige, was Herr Collini.l'anus nennt, müfste. doch
wohl eigentlich bey M, nicht bey H befindlich gewesen seyn.
$. 11.
- -
y)
$. ıı.
Seite 66: La queue H. K. est longue de dix lignes,
Ich finde den Schwanz nur g Linien lang, gerade wie in
Hin. Verkelst’s Zeichnung. Vielleicht dachte sich ihn Herr Col-
lini gerade gestreckt, und setzte wegen der Beugung desselben
eine Linie zu. Herr Verhelst zeichnete übrigens den Schwanz
viel zu dick, und die Glieder desselben vereinigt oder zusammen-
gefügt, welche doch von einander gesondert, oder vereinzelt, wegen
Vernichtung ihrer zwischen gelegenen Binde-Knorpel, erscheinen.
$. ı2.
Seite 66: L’extremit€ du croupion est distinctement marqude par
deux os qu’on peut appeller !’Os Sacrum et le Coc-
, .ey&. Tel est cet os large, L, qu’on pcut comparer
par sa forme a l’Os Sacrum; tel l’autre en forme de
bec, M, qui est au bout de l’Os Sacrum et qui peut
meriter le nom de Coccyx.
Hier hat sich wohl Herr Collini am meisten versehen; denn
weder L kann für ein Os sacrum, noch viel weniger M für ein
Coccyx gelten. Nicht zu gedenken, dafs derjenige Theil, den Herr
Collini richtig queue nannte, unter dem griechischen Kunstworte
Coccyx als gleichbedeutend begriffen wird, so dafs queue und coc-
cyx ganz eigentliche Synonyma sind; so ist M oflenbar derjenige
Theil des Hüftbeins (ossis cexae), den man os isch, und L der-
jenige Theil desselben, welchen man ‚os pubis nennt. Der dritte
Theil des Hüftbeins, das os ilei nämlich, welches sehr deutlich mit
seiner länglichen schaufelförmigen Gestalt hervortritt, und an wel-
chem sich auch vollkommen deutlich der Pfannenrand des Hüft-
gelenkes (acetabuli) auszeichnet, scheint Herrn Collini’s Aufmerk-
samkeit enigangen zu seyn.
100
Surzer
Seite 67: Cet animal a des Jambes de derriere meme assez lon-
gues. Il en subsiste une entiere etc.
Auch hier kann ich Herrn Collini gar nicht beystimmen ;
denn nicht blofs von einer, sondern von beyden hintern Glied-
massen, das ist sowohl der rechten als der linken hintern Glied-
masse, sind die Knochen deutlichst vorhanden; nur ist die rechte
hintere Gliedmasse im Kniegelenke von einander gerissen, die linke
hintere Gliedmasse dagegen in ihrer natürlichen Zusammenfügung
geblieben.
Denn, eben so offenbar, als N das linke Schenkelbein ist,
ist auch T das rechte Schenkelbein, da beyde vollkommen gleiche
Gestalt und Länge haben, wie auch Herr Collini selbst weiter
unten $. 68 im dritten Absatze angiebt.
Eben so offenbar, als O das linke Schienbein ist, ist auch
U das rechte Schienbein, da beyde vollkommen gleiche Gestalt und
Länge haben, wie auch Herr Collini selbst S. 68 angiebt.
Eben so offenbar, als P der linke Fufs ist, ist auch R der
rechte Fuls, da beyde vollkommen gleiche Gestalt und Länge ha-
ben, nur dafs die vier Mittelfulsknochen (ossa metatarsi) des linken
Fulses dicht zusammengeschoben, die vier Mittelfulsknochen des
rechten Fulses dagegen auseinander gespreizt und mit ihrer Sohlen-
fläche erscheinen.
$. 14.
Seite 67: Le pied, Q. est joint.ä ce dernier morceau par des
articulations dont on ne voit pas le mechanisme, car
on nm’appercoit point dans cet endroit aucune trace,
qui puisse faire pr&sumer l’existence d’un tarse ou
d’un metatarse.
Rich-
Sa 291
Richtig ist's, dafs man keine Fufswurzellinochen (tarse)
wahrnimmt, weil solche wahrscheinlich ihrer annoch knorpeligen
Beschaffenheit halber zerstört wurden; aber irrig ist's, dals man
keine Mittelfulsknochen (metatarse) wahrnehme. _ Denn, dals der
längste Theil von P vier dicht zusammengeschobene Mittelfufsbeine,
der wahre ‚„‚metatarse” des linken Hinterfufses sind, läfst sich klar
und deutlich mit blofsem Auge, ireylich noch überzeugender durch’s
Vergröfserungsgläs, erkennen. Vollends unwidersprechlich deutlich
sind die vier Mittelfufsknochen, oder der metatarse, des rechten
Hinterfußses, R, welchen die Fig. 2 sogar ansehnlich rergrößsert
darstellt.
$. 15.
Seite 67: On pourra s’en faire une idee plus claire, en examı-
nant deux autres pieds detaches qu’on voit encore sur
cette pierre. Celui qui est marque de la lettre, R,
est plus efüle, plus long, et a bien conserye l’union
des phalanges de ses doigts. L’autre, qui se trouye
sous la lettre S, est plus defectueux, u. s. w.
Das meiste und hauptsächlichste dieses Absatzes ist sehr un-
richtig. R ist schlechterdings nichts anders, als der aus vier Mit-
telfufsknochen und eilf Zehengliedern bestehende rechte Hinterfufs
eines und desselben Thieres, nur, wie gesagt, so gewendet, dals
er seine Sohlenfläche darbicetet.
1 .
S ist kein fremder, mangelhafter Fuls, sondern ein Theil
der rechten -vordern Gliedmasse, oder des rechten Vorderfulses,
oder, wenn man will, des rechten Flügels, welcher aus vier Zehen
oder vier Fingern, nämlich, einer sehr langen Zehe und drey sehr
viel kürzern Zehen besteht.
e Ich bin meiner Sache vollkommen sicher und habe richt den
allermindesten Zweifel, dals diese Herrn Collini so viel Schwie-
rig-
102
rigkeit machenden Theile von mir deutlich erkannt und richtig be- .
urtheilt werden.
[
Folglich sind R und S nichts weniger als Trümmer ‘von an-
dern Individuen der nämlichen Gattung (des debris d’autres anı-
maux de la me&me &spece.), sondern integrirende Theile eines und
desselben Gerippes.
Die Behauptung in dem Schlusse dieses Absatzes, dafs näm-
lich R und S von ihren natürlichen Plätzen entfernt worden seyen,
kann wohl von R, aber nicht von S, welches mir an seinem natür-
lichen Platze geblieben zu seyn scheint, gelten.
-$. 16.
Seite 68: On a fait representer ä la Fig. 2 le pied de la lettre
R. comme le mieux conserye, d’une proportion plus
grande.
Diese Behauptung darf wohl beschränkt werden; denn der
linke Hinterfufs ist eben so gut erhalten, als dieser rechte; nur
sind, ‘wie vorhin im ı3. $. bemerkt worden, seine vier Mittelfuls-
Knochen dicht zusammen und die Zehen übereinander gerathen,
nicht, wie die Theile dieses rechten Hinterfulses, auseinander ge-
spreizt.
Quelques unes des articulations de ces doigts sont
composdes d’apophyses en forme d’anneaux.
Herrn Collini, als Nichtanatomen, ist wohl zu verzeihen,
dafs er wahre HKnöchenansätze, Epiphyses, der Zehenglieder für
ringförmig ansah. Ich wenigstens finde nichts ringförmiges, sondern
vollkommen die Form, welche gleich grolse Epiphyses der Zehen-
glieder bey andern Thieren, von der Sohlenseite angesehen, „zu
haben pflegen.
$. 17.
x
en, WER
Be SEN vi „= Sr
Sy “ 103
$. ı7.
Seite 68: L’autre jambe de derriere, qui etoit la droite, s’est
derang&e et presqu’entierement perdue.
Diese Behauptung kann bey dem Ebengesagten nicht beste-
hen; denn diese rechte hintere Gliedmasse ist wohl aus ihrer Lage
gewichen (derangee), aber nicht fast gänzlich verloren gegangen.
Was man von dem Schlusse dieses Absatzes:
T et U sont les seuls vestiges de cette jambe, qu’on
trouve sur cette pierre — #
zu halten hat, ergiebt sich nun von selbst; nämlich, dafs Herr
Collini dieses nicht geschrieben haben würde, wenn ihm nicht
entgangen wäre, dals R wirklich nichts anderes ist, als der zu die-
ser rechten hintern Gliedmasse gehörende Fuls.
$. 18.
Seite 69: Il ne me reste enfin qu’a parler de deux os detaches,
L’un marque de la lettre X se trouve pres de l’endroit
oü le cou se rejoint au corps: Par la forme de cet os
on peut presumer que c’£toit une espece de clavicule
propre ä fermer etc.
Da offenbar die Knochen I, I sich sowohl durch ihre Lage
am obersten Theile des Brustkastens, als noch besonders durch ihre
S Form und am meisten durch die Verbindung sowohl ihres Brust-
endes mit der Brust, als ihres Gliedmassenendes mit dem Oberarme
zu wahren Schlüsselbeinen charakterisiren, so dürfte wohl X nichts
anderes, ‘als das schon oben im 5. j. bemerkte, verschobene, mitt-
lere oder zweyte Brustbein gewesen seyn. Wenigstens kenne ich
kein Schlüsselbein von einer solchen pyramidalischen Gestalt.
L’autre os, qui se trouve pres de la jambe de derriere
et de l’os sacrum, et qui est marque de la lettre Y,
est en forme de poire.
Die-
104 ;
Dieses Knochenstück ist wohl in der Zeichnung, aber nicht
im Originale in der Natur birnförmig, sondern vielmehr trichter-
förmig. Es kommt, wie sich in der Natur vorzeigen läfst, in seiner
Gestalt mit dem dritten Brustbeine eines Vespertilio murinus so
ziemlich überein. Folglich ist dieser unrichtig gezeichnete Knochen
Y wohl nichts anderes, als das mit den Ribben durch gewaltsame
Zerquetschung aus seiner Lage gebrachte untere oder dritte Brust-
bein.
$. 19.
Seite 70: Avec ses deux pattes, ou ses deux bras pliants il a pu
“ lateralement atteindre jusqu’ä la distance de pres de
deux pieds.
Meinen Ausmessungen zufolge, fehlen an dieser von Herrn
Coliini angegebenen Länge der Flügel „fast zu zwey Fufs”, selbst
wenn sämmtliche Knochen derselben in eine gerade Linie gebracht
werden, wenigstens noch vier Zoll.
$. 20.
Nach dieser Schilderung des Gerippes im Einzelnen und Gan-
zen beschäftigt sich Herr Collini mit Lösung der Aufzabe, zu
welcher Classe wohl dieses Thier gehört haben könnte?
Erstens bemerkt er sehr richtig: dafs der mit Zähnen be-
setzte Schnabel, der lange Hals, der Schwanz, die mit Klauen ver-
sehenen Hinterfülse, nebst den langen Flügelknochen, dieses Thier
aus der Classe der Vögel ausschlössen. Er hätte noch füglich die
Zahl und Gestalt der Halswirbel, (denn die Länge seines Halses
reicht ja nicht an die verhältnilsmälsige Länge des Halses des Stor-
ches, des Siraufses, des Schwanes), den Bau der Brust, und die
Breite der Schulterblätter, als Kennzeichen, dals dieses Thier kein
Vogel war, hinzusetzen können.
Zwey-
1205
Zweytens wirft Herr Collini die Frage auf: Ob dieses
Thier etwa ein uns unbekanntes Amphibium gewesen seyn möchte?
doch ohne dals er weiter etwas dafür oder dagegen sagte. Wirk-
lich wüfste ich auch nichts, was sich mit irgend einer Wahrschein-
lichkeit für die Idee, dieses Gerippe einem Amphibium zuzuschrei-
ben, vorbringen liefse; ausser etwa seinen langen, mit fast einför-
migen Zähnen besetzten Kiefern, welche einigermalsen den Kroko-
dillenkiefern und Zähnen gleichen.
Herr G. Cuvier schreibt zwar von unserm Gerippe 6): La
onzieme (sorte d’animal fossil) sera le reptile tres-
singulier, incruste dans les schistes des environs
d’Aichstädt, et dont M. Collini a deerit un Squelette
- _presque complet, conserve dans le Cabinet de Mann-
heim. Il etoit petit, et paroit avoir joui de la faculte
de voler, comme aujourd’hui le petit lezard nomme
dragon.
Allein, ich habe auch nicht den allermindesten Zweifel,
dafs Herr Cuvier, bey seinen, die meinigen übertreffenden an-
schaulichen Kenntnissen in der Zoologie, sobald er das Gerippe in
der Natur gesehen hätte, es für das einer Fledermaus und nicht
eines Reptile erklärt haben würde, weil ihn nur Collini's unvoll-
kommene (wie ich sattsam gezeigt zu haben glaube) Beschreibung
irre zu leiten vermochte.
Da ich aber ausser den drey Drachen in unserer akademi-
schen Sammlung, Herrn Tiedemann’s 7) trefflliche Monographie
des
6) Extrait d’un Ouvrage sur les Especes de Quadrupedes dont on a trouve les osse-
mens dans l'interieur de la terre, an 9, 4to. pag. 6.
7) Anatomie und Beschreibung des Drachens. Nürnberg, ı810, 4to, mit drey Kupfer-
tafeln,
f
14
106
des Drachen vor mir habe, so fällt es mir leicht, folgende Ver-
gleichung anzustellen und auf’s bestimmteste und deutlichste die
. grolsen Verschiedenheiten zwischen diesem Drachen und unserm
Thiere anzugeben, und dadurch die Aehnlichkeits-Idee, auf welche
jemand etwa verfallen könnte, zu entiernen:
die vordern Gliedmassen des Drachen sind vollkommen, wie
bey Eidechsen gebildet, ringsum frey, und haben mit den
Flugstangenknochen gar keine Verbindung; die vordern Glied-
massen unsers Thieres dagegen sind nicht ringsum frey, son-
dern selbst, wie bey Fledermäusen, zu Flugstangen verlängert,
oder umgestaltet.
Haften die Flugstangenknochen des Drachen ribbenartig an
der Wirbelsäule; die Flugstangenknochen unsers Thiers sind,
wie bey Fledermäusen, mittelst der Schlüsselbeine und Schul-
terblätter am Thorax eingelenkt.
Sind die Flugstangen des Drachen kürzer, als der Rumpf,
und wenig länger, als die Hinterfülse. Die Flugstangen un-
sers Thieres dagegen sind, wie bey Fledermäusen, weit län-
ger, als der Rumpf und die Hinterfüfse.
Sind die Flugstangenknochen des Drachen ungegliedert; un-
sers Thieres dagegen, wie bey Fledermäusen, fingerartig ge-
gliedert.
Sind die Schlüsselbeine des Drachen, wie bey Eidechsen,
kurz; unsers Thieres, wie bey Fledermäusen, lang, dick, und j
fast von der Gröfse der Schenkelbeine.
Sind die Schulterblätter des Drachen, wie bey Eidechsen,
länglich und schmal; bey unserm Thiere, wie bey Fleder-
mäusen, breit und von anseknlichem Umfange.
a
DS}
10.
12.
107
Sind die Oberarmbeine des -Drachen, wie bey Eidechsen,
kurz und dünne; unsers Thieres, wie bey Fledermäusen, lang
und dick.
Sind beyde Vorderarmknochen des Drachen, wie bey den
Eidechsen, deutlich vorhanden; bey unserm Thiere fehlt, wie
bey Fledermäusen, einer ®) derselben.
Haben die Zehen des Drachen, wie bey Eidechsen, mehr als
drey Glieder; bey unserm Thiere, wie bey Fledermäusen,
nur drey Glieder.
Gleichen die Nagelglieder mit ihren Krallen beym Drachen
den länglichten Krallen der Eidechsen; bey unserm Thiere
dagegen gleichen die Krallen aufs vollkommenste in der Ge-
stalt und Länge denen der Fledermäuse.
Ist der Rumpf des Drachen schlank, wie bey Eidechsen; bey
unserm Thiere, wie bey Fledermäusen, kurz, gewissermalsen
gestaucht.
Ist der Schwanz des Drachen, wie bey Eidechsen, dick und
lang, gleichsam eine unabgesetzte Verlängerung des Rumpfes;
bey unserm Thiere ist der Schwanz dünn und kurz, gleich-
sam nur ein Anhängsel des Beckens, gerade wie bey einigen
Fledermäusen.
. Sind die Wadenbeine des Drachen, wie bey Eidechsen, deut-
lich vorhanden, welche bey unserm Thiere, wie bey Fleder-
mäusen, fehlen,
Drit-
8) Ich mufs mich so unbestimmt ausdrücken, weil Daubenton (S. 6. 27) bey
Fledermäusen das Radius nennt, was mir Ulna scheint.
n'2
14
108 RT
Drittens, sagt Herr Collini: Betrachte man die langen Flü-
gel, den Schwanz und die Hinterfüfse, so sollte man fast glauben,
einige Aehnlichkeit mit einer Roussette oder Fledermaus zu finden.
Allein der Schnabel und die Zähne machten, dafs man gänzlich
diese Aehnlichkeit verwerfen mülste. „Le bec et les dents font
totalement rejetter cette resemblance” heilst es ganz kurz und ganz
kategorisch. — Dafs diese beyden Eigenschaften Herrn Collini
nicht hätten irre machen dürfen, wird sich von selbst ergeben,
wenn ich in der Folge im 22. und 23. {. auf diese Knochen wieder
zurückkomme.
Viertens endlich schliefst Herr Collini: Das Vernünftigste
also, was man im gegenwärtigen Falle denken könne, wäre: das
Original dieses Thieres unter den Seethieren aufzusuchen. Schna-
bel und Zähne schienen diese Idee zu bestätigen. Die allgemeine
Organisation und Bildung eines Thieres nämlich, so wie die Gec-
staltung seiner Theile mülste sich auf das Element, in welchem es
zu leben, auf die Substanz, von welcher es sich zu nähren, und
auf die Art, wie es sich gegen seine Feinde zu schützen habe, be-
ziehen.
Diese letzte Muthmafsung unsers Verfassers, welche dieses
Gerippe dem ungeheuern Heere der Seethiere beygesellt, ohne dafs
er sich näher erklärte, zu welcher Ordnung, oder zu welchem Ge-
schlechte, oder zu welcher Gattung desselben er es bringen würde,
braucht wohl keine Widerlegung, sobald es höchst wahrscheinlich ,
wenn nicht ganz gewils wird, dafs dieses Thier ein Säugthier ge-
wesen seyn müsse.
So viel über Herrn Gollini’s Beschreibung, _ Abbildung und
Deutung dieses ihm räthselhaft gebliebenen, und von ihm unter die
Seethiere verwiesenen Gerippes. Es wäre ungerecht und unbillig,
seinen Scharfsinn, seine Kenntnisse, Genauigkeit und . Wahrheits-
liebe
109
liebe verkennen, oder das Verdienstliche seiner Arbeit im mindesten
schmälern zu wollen. Herr Collini leistete, was zu seiner Zeit
zu leisten war.
Wenn ich in meinen Ansichten und Deutungen dieses Ge-
rippes aus der Vorwelt entscheidender und zuversichtlicher ver-
fahre, so kann ich dieses nur den, seit dem Jahre 1784, wo Herr
Collini schrieb, erfolgten Bereicherungen der Naturgeschichte,
vorzüglich den Entdeckungen neuer, sehr analoger Thiere ver-
danken. .
Wären meinem Vorgänger die Hülfsmittel zur Hand gewesen,
deren ich mich glücklicherweise bedienen konnte, so hätte er wahr-
scheinlich die gleiche Lösung des Räthsels gegeben.
Gar:
Nach sorgfältiger Prüfung dieses fossilen Gerippes und ge-
nauer Vergleichung desselben mit den ihm noch am ähnlichsten
scheinenden Gerippen nehme ich keinen Anstand, dasselbe für das
Gerippe eines Säugthieres, und zwar für das eines bis jetzt freylich
unbekannten Geschlechts von Fledermaus zu erklären, aus folgen-
den Gründen:
ı. Lese ich gleichsam die Knochen dieses sehr entstellten,
zum Theil zerquetschten Gerippes einzeln nach einander auf, und
ordne ich sie zu einem Ganzen in die ihnen natürlich scheinende
Lage, so finde ich wenigstens ausser einem längst dem Rückgrathe
zwischen den Schulterblättern befindlichen, länglichen, mir noch
problematischen Stücke 9), (Tab. V. A.) keinen einzigen überzähligen,
kei-
9) Der Cephalotes Peronii, Geoffroy-Saint-Hilaire Annales du Museum VIII.
annee, Planche 7, hat doch wohl nicht an dieser Stelle, wo sein Mantel längst
dem Rückgrathe haftet, eiwa einen solchen eigenen, bis jetzt übersehenen Knochen 2
ı1o
keinen einzigen diesem Gerippe fremden Knochentrümmer, sondern
sämmtliche Knochen einem einzigen Individuo angehörend.
2. Scheinen sämmtliche Knochen von gleichem Korne oder
gleicher Substanz, gleicher Textur und Farbe.
3. Vergleiche ich sodann dieses Gerippe mit dem Gerippe
des Vespertilio murinus in meiner Sammlung und ferner mit den
bey Buffon :°) und Pallas abgebildeten Gerippen von Fleder-
mäusen, so kommt mir die Aehnlichkeit derselben untereinander
unverkennbar entgegen.
$..122.
Allein widerspricht nicht schon der langgestreckte Kopf mit
seinen schnabelförmigen Kiefern der Analogie eines Säugethieres,
und hatte nicht also Collini recht, sich {. 20 ganz bestimmt ge-
gen die Annahme einer Aehnlichkeit mit einer Fledermaus, das ist,
einem Säugethiere, zu erklären? — Heineswegs! denn seit Colli-
ni's Zeiten haben wir nicht nur das Echidna Hystrix ı2), ein wah-
res Säugethier, mit einem gleichfalls vogelartig langgestreckten
liopfe, sondern sogar zwey Arten von Säugthieren mit förmlich
schnabelartigen Kiefern, nämlich den Ornithorhynchus fuscus, und
Ornithorhynchus rufus kennen gelernt.
Gewils war der Kopf unsers fossilen Thieres im Leben mit
Haut und Muskeln bekleidet, und nicht so Vogelschnabelartig frey
und
»0) Hist. naturelle avec le Deseription du Cabinet du Roi, Tome 8, Planche XXU
und XXIII; Tome IX, Planche XV.
ıı) Naturgeschichte merkwürdiger Thiere, 3te Sammlung, Berlin ı77ı, Tab, II. u. IV.
ı2) J. F. Meckel Beiträge zur vergleichenden Anatomie, ı. Band‘, 2. Heft, Leipzig.
1809, pag. 04, Tab. IX. Fig. ı.
ıı1
und entblöfst, wie in gegenwärtigem, nur noch davon übrig geblie-
benen Gerippe.
Wahrscheinlich hatte dieser Kopf grofse Augen, wie die an-
sehnliche Augenhöhle (orbita)‘verräth. (Tab. V. B.)
Ueberhaupt ist die Gestalt der Köpfe der Fledermäuse gar
mannigfaltig verschieden. Man betrachte nur die Abbildungen der-
selben bey Buffon 3), Pallas :4), Schreber :5), besonders die
trefflliche Zusammenstellung der Fledermäus-Köpfe und Schedel von
Geoffroy St. Hilaire :6), und man wird nicht blofs in den
Ohren, sondern vorzüglich noch in der Länge und Form der
Schnauzen eine so auffallende Verschiedenheit wahrnehmen, dafs,
hätte man blofs allein die Köpfe dieser Thiere vor sich, man wohl
schwerlich vermuthen oder errathen würde, dafs sie samt und
sonders zu der nämlichen Ordnung, welche die Chiroptera begreift,
gehörten. Zum Beyspiele:
Wie viel länger ist nicht bey Buffon, Tome VII, die
Schnauze der langohrigen (Planche XVII) ei der hufeisennasigen
(Pl. XX) Fledermaus?
Wie
ı3) Histoire naturelle avec la description du Cabinet de Boi, Tome VII, Pl. ı6
bis a1. — Planche XIV, XVII, XVIII, XIX und XX; Tome ı3, Pl. XXXII,
Supplement Tome 7, Planche LXXII, LXXIV, LXXV.
ı4) Naturgeschiehte merkwürdiger Thiere, 3te Sammlung, Tab. ı, 2, 3,4
15) Die Säugthiere in Abbildungen nach der Natur, ı. Theil. Erlangen 1775, Tab,
44— 62.
ı6) Annales du Museum. d. Hist. naturelle IV. ann. Paris, Memoire sur le genre et
les especes de Vespertilions, l’un des genres de la famille de Chauve- Souris,
Pl. 46,.47, 48.
112
Wie viel länger ist nicht bey Pallas die Schnauze des auf
der zweyten Tafel abgebildeten Vespertilio cephalotes, als des V.
soricinus auf der vierten Tafel?
Wie viel länger ist nicht bey Geoffroy -St.-Hilaire die
Schnauze des Vespertilio nigrita (Planche 47) als des Vespertilio
lasiurus (Planche 47)?
Wie viel länger ist nicht bey ebendemselben die Schnauze
des Pteropus amplexicaudatus (Planche 4) als des Pteropus griseus
(Planche 6)? '7)
* Ja, noch mehr! Gab nicht hauptsächlich die auf den ersten
Blick in die Augen fallende Verschiedenheit der Schnauzen Veran-
lassung,, das Heer oder die Familie der Fledermäuse in verschiedene
Geschlechter zu theilen, und diese Geschlechter sogar darnach zu
benennen ?
Heifst nicht von den Fledermausgeschlechtern das erste Ge-
schlecht Pteropus, im Deutschen bey Pallas: Hundsmaul, oder
Hundsschnauziges ‚ und dürfte man nicht
das zweyte Noctileo, im Deutschen Löwenschnauziges ,
das dritte Molossus, Bullenbeisser, oder Doggenschnauziges,
das vierte Rhinolphus, Blattnasiges, oder dessen Schnauze
oberhalb einem Blatte ähnelt,
das fünfte Phyllostoma, Blattmauliges, oder dessen Schnauze
unterhalb einem Blatte ähnelt,
nennen?
Man
27) In eben den Annales du Museum, VIII. annee, description des Roussettes et
des Cephalotes, deux nouyeaux genres de la Famille de Cliauve-Souris par M,
Geoffroy-Saint-Hilaire.
113
Man kann sich also wohl schwerlich mehr wundern, ein Ge-
schlecht von Chiropteren in unserm Gerippe zu entdecken, welches
eine so lang gestreckte schnabelförmige Schnauze besals.
Und noch mehr! In einer höchst merkwürdigen Note von
Leschenault bey Geoffroy-Saint-Hilaire '®) finde ich zur
Beschreibung des Pteropus minimus angemerkt: dafs diese, so viel
ich weils, noch nicht abgebildete Fledermaus, bey einer Länge ih-
res Körpers (man merke wohl!) von nur drey und einem halben
Zoll, eine Zunge von zwey Zollen besitzt. Wie lang müssen daher
nicht die Kiefer dieses Thieres seyn, welche der zwey Zoll langen
Zunge gleichsam zum Futterale dienten, wenn die Zunge # der gan-
zen Körperlänge ausmachte? Rechnen wir an unserm Thiere vom
Kopf bis zur Schwanzspitze 6 Zoll und seine Zunge zu 3 ! Zoll,
so verhält sich die Länge der Zunge zur Länge des Körpers, wie
7:ı2, beym Pterppus minimus, wie 4:7. Oder: setzt man unser
Thier gleich 3% und den Pteropus minimus gleich 3%, so ist die Dif-
ferenz gleich z35v.
Dafs ich hiebey sehr freygebig rechne, mufs Jedem einleuch-
ten, welcher bedenkt, dals ich bey der Bestimmung der Kopflänge
unseres Thieres die Hirnschaale hinzurechne, beym Pteropus mini-
mus hingegen die Länge des Kopfes blofs nach der Länge der Zunge
annehme, mit gänzlicher Weglassung der Länge der Hirnschaale.
Also beträgt in beyden Thieren, sowohl dem Pteropus mini-
mus, als in unserm Thiere die Länge der Kiefer mehr als die Hälfte
der Länge des Körpers. Zum Theil bestätigen diels auch selbst Hr.
Geoffroy-St.-Hilaire’s eigene Worte 9): La tete de cette
j rOUuS-
%
ı8) Annales de Museum, VIII. aunte, pag. 97.
19) Daselbst pag, 98,
15
114
roussette m’a paru d’une longueur demesurde, ce que j’attribue en
partie & la maniere dont on aura pr&pare les depouilles dont nous
sommes redevables & Mr. Leschenault 2°).
$. 28.
Die Menge der Zähne, nämlich auf jeder Seite eilfe oben
und neunzehn unten, in den Kiefern dieses fossilen Gerippes
braucht uns um so weniger irre zu machen, als Pallas ?:) schon
vor vierzig Jahren darthat, dafs die Anzahl und Bildung der Zähne
bey den Geschlechtern der Fledermäuse wenigstens auf sechsfache
Art verschieden sey, und nach einer genauen Ausführung dieses
Satzes mit den merkwürdigen Worten schlols: ‚Wer weils, wie
viel nicht noch Verschiedenheiten der Zähne bey unbekannten Arten
der Fledermäuse verborgen sind.” ?
Wie wahr dieser grofse Naturkundiger voraussagte, beweisen
die von den neuesten Weltumseglern Peron und Lesueur ent-
deckten und von Geoffroy-Saint-Hilaire treffllich beschriebe-
nen und zum Theil abgebildeten Arten Fledermäuse.
Stellen wir uns demnach vor, dafs die Kiefer irgend eines
Geschlechtes der Fledermäuse sich zu der beträchtlichen Länge
vergrölsern, welche wir in diesem fossilen Gerippe erblicken, so
werden wir gewils auch zugleich auf Vermehrung der Zahl seiner
Zähne schliefsen.
Uebrigens gleichen die Zähne unsers Thieres sowohl in ihrer
spitzigen, ein wenig gebogenen, oder hackenförmigen streifigen
Ge-
20) In einer netten Handzeichnung, welche ich Hrn. Cuvier’s Besonderer Güte
verdanke, erscheint der Kopf dieses Pteropus miniınus bey weitem kleiner; da-
her ich fast in der von Hrn. Leschenault angeführten Stelle einen Schreib-
oder Druckfehler vermuthen mufs.
21) Am angeführten Orte S. 7.
115
Gestalt ganz den Zähnen der Fledermäuse, z. B. des Vespertilio
murinus, als darin, dafs gegen den bey den meisten andern Säuge-
thieren Statt habenden Bau sich im untern Kiefer mehrere Zähne,
als im obern befinden. Herr Collini hatte also wohl Unrecht,
ausser dem Schnabel, nur noch der Zähne wegen, die Idee einer
Aehnlichkeit dieses Thieres mit einer Fledermaus schnurstracks zu
verwerfen.
$. 24-
Der Hals dieses fossilen Gerippes ist durch die Zahl seiner
sieben Wirbelbeine (Tab. V. C. D. E. F. G. H. I.) ganz säugethier-
ähnlich, da bekanntlich ausser dem einzigen Faulthiere alle übrigen
Säugethiere sieben Halswirbel haben, der Hals sey so lang, als bey.
der Giraffe und dem Kameele, oder so kurz, als bey dem Elephanten.
Auch die auf dem Steine ziemlich deutliche Gestalt der ein-
zelnen Halswirbel kommt mit der bey Säugethieren gewöhnlichen
Gestalt überein.
Da nun aber auch die Länge des Halses, so wie die Länge
des Kopfes (|. 22), bey den bereits bekannten Fledermaus - Ge-
schlechtern und Arten auffallend verschieden erscheint, z. B. sehr
viel gröfser bey Pteropus vulgaris 22) und Pteropus griseus 23), als
bey Vespertilio murinus 24), und selbst dem neuerlichst erst be-
kannt gewordenen Cephalotes Peronii 25), so kommt es mir wenig-
stens nicht mehr sehr besonders vor, eine Fledermaus zu finden,
welche zu einem langen Kopfe auch einen verhältnilsmäfsig langen
Hals zeigt.
$. 25:
22) Buffon, Tome X, Planche XIIN. 2
33) Geoffroy-St.-Hilaire, Ann, du Mus, Cahier 85, PL 6.
34) Buffon, Tome VII, Pl. XXI.
25) Geoffroy-St.-Hilaire, am angef. Orte Pl. 7.
2
15”
116
$. 25.
Brustkasten und Becken dieses fossilen Gerippes sind,
ausser dem ihnen angehörigen Stücke der Wirbelsäule, zu schr
zerquetscht und zertrümmert, als dafs sich die ehemalige wahre
Form derselben mit völliger Gewilsheit bestimmen lielse.
Indessen erscheint die Form sämmtlicher Wirbelbeine des
Rückens (Tab. V. K. K.) noch immer deutiich genug, um die un-
verkennbare Aehnlichkeit der Wirbelsäule mit der bey andern
Säugethieren, insbesondere den Fledermäusen gewöhnlichen, und
die gänzliche Abweichung von dem Baue der Brust und des Beckens
der Vögel wahrzunehmen.
s
$. 26.
Der Schwanz (Tab. V. L.) dieses fossilen Gerippes hat völlig
die Gestalt, wie bey kurzgeschwänzten Fledermäusen, z. B. Ptero-
pus amplexi-caudatus 26), nichts mit der bey Vögeln gewöhnlichen
Gestalt gemein. Er besteht aus einzelnen getrennt liegenden kleinen
Wirbeln, hinter welchen sich schmale, gleichsam brückenartig an-
gebrachte Knochenstückchen (Tab. V. M.) befinden.
$. 27.
Die hinteren Gliedmassen dieses fossilen Gerippes unter-
scheiden sich von dem bey Fledermäusen im Allgemeinen Statt
habenden Baue hauptsächlich nur durch den Mangel einer fünften
Zehe.
Die Schenkelbeine nämlich (Tab. V. N. O.) haben die analoge
Gestalt, Länge, Dicke und Verbindung oben mit den Hüftbeinen,
unten mit den Schienbeinen, wie bey Vespertilio murinus, Pteropus
vulgaris und griseus, u. s. f£ Auch zeigt sich die Einlenkung der
Schen-
26) Geoffroy-Saint-Hilaire, Ann. du Mus. Cahier 85, Planche 4,
ı 17
Schenkelbeine völlig, so wie bey Fledermäusen am hintern Theile
der Hüftbeine.
Die Schienbeine (Tab. V. P. Q.) haben die Gestalt, Länge,
Dicke und Verbindung mit den Schenkelbeinen, welche wir bey
den eben genannten Fledermausarten antreffen.
Die KHniescheiben sind, wegen ihrer schon im ten $. bemerk-
ten, annoch knorpelig gewesenen Beschaffenheit vom Kalke zerstört
worden.
Die Wadenbeine scheinen, wie bey einigen Fledermausarten,
z. B. Vespertilio cephalotes ?7), zu fehlen.
Von den Fufswurzeln ist wegen ihrer annoch knorpelig ge-
wesenen Beschaffenheit ebenfalls nichts erkennbares übrig geblieben.
Dafür sind aber die Zehen-Knochen beyder Hinterfü/se desto
deutlicher vorhanden.
Hier zeigen sich nun ein Paar auffallende Unterschiede zwi-
schen dieser fossilen Fledermaus und den bisher bekannten Fleder-
mäusen. Erstens nämlich scheinen nur vier Zehen vorhanden zu
seyn, da doch bey sämmtlichen, bis jetzt bekannten, Fledermaus-
Geschlechtern und Arten fünf Zehen vorhanden zu seyn pflegen. —
Was die kleine dunkle Spur eines Knochens an der rechten Fuls-
sohle zwischen den Mittelfulsknochen (Tab. V. R.), welche Col-
lini in der zweyten Figur vergrölsert abbildet, andeutet, wage ich
nicht zu entscheiden. Zweytens: sind die Mittelfufsknochen. (Tab.
V.S. T. U. V. W. X. Y. Z.) sehr viel länger als die drey übrigen
Zehenglieder zusammen genommen, da doch bey allen bis jetzt
be-
37) Pallas, am angeführten Orte, p, 24.
118
bekannten Fledermäusen die Mittelfufsknochen meist kürzer, als
die hintern und selbst die mittlern Zehenglieder zu seyn pflegen.-
Was also dem Fufse dieses Thieres der Vorwelt an Breite abgieng,
ersetzte ihm die gröfsere Länge.
Uebrigens gleichen die vier Nagelglieder (Tab. V. a. b. c.d.
e. f. g. h.) mit ihrer krallenartigen Beschaffenheit ganz den Nagel-
gliedern der Fledermäuse.
Dafs wir vier Zehen (meist drey vordere und eine hintere)
häufig unter den Vögeln, z. B. den Adlern, Falken, Eulen, antref-
fen, ist bekannt 28).
Folglich war dieses Thier der Vorwelt, sowohl wegen seines
äussersten untern Endes, oder der schmalen, aber langen Fülse,
als des äussersten obern Endes, oder des schmalen und langen
Kopfes wegen den Vögeln auf eine Art ähnlich, von der wir sonst
kein Beyspiel, bis jetzt wenigstens, kennen.
(. 28.
Ich komme nun zur Betrachtung der vordern Gliedmassen,
Flug- oder Flügelknochen, welche uns wohl am meisten nöthigen,
dasjenige Thier der Vorwelt, welchem dieses fossile Gerippe ange-
hörte, für eine Fledermausart zu erklären.
Die ansehnlichen Schulterblätter (Tab. V. i. k.) nämlich, die
gar mächtigen Schlüsselbeine (l. m.), welche, wie bey Fledermäusen,
fast an die Grölse der Schenkelbeine reichen; die langen und star-
ken Oberarm- (n. 0.) und Unterarmbeine (p. q.) °), der den
Rumpf
28) Jac. Theod. Klein. Stemmata avium, quadraginta tabulis ornata, Lipsiae,
1759.
29) Ich möchte Daubenton (Tom. VIII. pag. 147) und seinen Nachfolgern doch
nicht beystimmen, wenn sie den bey Vespertilio murinus einfachen, beym Ptero-
pus
119
Rumpf an Länge fast zweymal übertreffende lange, viergliedrige
Finger (r. s. t. u.), und die mit Krallen versehenen, drey kurzen.
Finger (v. w. x.), welche vielleicht, wie bey den Pteropus- Arten,
theils zur Spannung des vordersten Stückes der Flughaut, theils,
wie man am besten bey Buffon ®e) sieht, zum vorwärts Krie-
chen dienten (denn von Handwurzelknochen ist wegen ihrer
knorpeligen Beschaffenheit fast nichts zu entdecken), lassen mir
über die Richtigkeit meiner Erlilärung um so weniger einen Zweifel
übrig, als gerade in diesen Eigenheiten die Kennzeichen der Fleder-
mäuse bestehen.
Gleichwie sich aber an den Hinterfülsen ein paar auffallende
Unterschiede zwischen diesem fossilen Gerippe, und allen zur Zeit
noch bekannten Fledermausgerippen zeigen, eben so zeigen sich
auch an den Vorderfülsen oder Flügeln zwey auffallende Unter-
scheidungszeichen. Erstens nämlich scheinen, gerade wie bey den
Hinterfülsen nur vier Zehen, so hier nur vier Finger (Tab. V.r. s.
t. u.) vorhanden zu seyn, welches der rechte Flügel vollkommen
deutlich beweist. Denn, was den linken Flügel betrifft, so ist der
Stein gerade an dieser Stelle (y.) zu früh abgebrochen. Dafs wir
eine Fledermaus mit vier Zehen finden, da doch alle andere, bis
jetzt
pus vulgaris halb doppelten, oder mit einem dünnen Fortsatze versehenen Kuo-
chen des Vorderarms (ebend. Tom. X. p. 75) für einen Radius statt einer Ulna
ansehen, und dem gemäfls auch so benennen. Nicht zu gedenken , dafs diefs
aller sonstigen Analogie wiederspräche, so scheint mir auch dieser Hauptkno-
chem oberhalb nicht nur ein förmliches, vollkommenes Ellenbogen -Gelenk zu
bilden, sondern sogar ein Olecranon zu besitzen. Auch ist es bey einigen an-
dern Säugethieren gar nicht ungewöhnlich, dafs die Ulna zur stärksten oder
vorzüglichsten Verbindung mit der Handwurzel dient, vorzüglich dem Elo-
phanten,
Da ferner der Vorderarm der Fledermäuse keiner pronation und supina-
tion bedarf, folglich auch der Radius wegfallen kann, so scheint mir auch jeuer
dünne Fortsatz ein Simulacrum radii, nicht ein Simulacrum ulnae.
30) Buffon Tom. X, Tab. ı7.
120
jetzt bekannten Fledermäuse fünf besitzen, darf uns nicht befrem-
den, da wir unter dem grolsen Haufen der Affen, welche fünf
Finger besitzen, ebenfalls einen (nämlich den S. Paniscus) finden,
welcher äusserlich nur vier Finger hat, wie ich selbst in der Natur
beobachtete. Zweytens, hat nur eine Zehe, oder nur ein einziger
Finger die doppelte Länge des Rumpfes, da bey den bis jetzt be-
kannten Fledermäusen nicht ein, sondern sämmtliche vier Finger,
ausser dem über die Flughaut vorspringenden Daumen, gleichsam
zu Flug - oder Seegelstangen verlängert zu seyn pflegen.
Die einzelnen vier Knochen (Tab. V. r. s. t. u.) dieses ein-
zigen langen Fingers sind aber dafür so viel dicker und länger, als
bey irgend einer bekannten, gleich grols, ja sogar grölser schei-
nenden Fledermausart alle vier dünnern und kürzern Finger zusam-
men genommen.
Man dürfte daher wohl füglich behaupten, dieser einzige
lange Finger, unsers Thieres aus der Vorwelt, besafs die Stärke oder
Kraft sämmtlicher vier langen Finger bey irgend einer bis jetzt be-
kannten Fledermausart zusammen genommen, oder dieser einzige
starke Finger vermochte als Segelstange zur Ausspannung der Flug-
haut den Dienst von vier zusammen genommenen schwächern Segel-
stangen zu verrichten.
Auf gleiche Weise beurtheilt mein ehrwürdiger Freund Blu-
menbach einen aus dem nämlichen Solenhofer Kalkschieferbruche
($. 30), welcher auch unser Gerippe lieferte, gekommenen Östeoli-
then, ‚wann er in der Note zum 44. |. seiner vergleichenden Ana-
tomie, Göttingen, 1805, pag. 75 schreibt:
„Ich habe im ehemaligen Hagen’schen Cabinet zu Nürn-
„berg einen merkwürdigen Osteolithen in Solenhofer Kalkschiefer
„gesehen, der aus drey sehr schlanken, nach der Länge aneinander
„aärtikulirten Röhren bestand, und für einen versteinten Vogelilügel
[ „ 5°
z
\
121
„gehalten ward, aber nach der Einfachheit und Länge der mittlern
„Röhre zu urtheilen, wohl ohne Zweifel einer grolsen Südmdischen
„Fledermaus zugehört.” Desgleichen in seinen Beyträgen zur Na-
turgeschichte in der zweyten Ausgabe, Göttingen ı806, S. 119. „In
„den Pappenheimer Kalkschiefern hat man unter so vielen andern
„tropischen Geschöpfen, namentlich einer Art molukkischen Kiefer-
„fußs, und die noch zusammen artikulirenden Armknochen einer
„dem fliegenden Hunde ähnelnden Fledermausgattung gefunden.”
Vier Jahre früher, ı801, hatte er schon in seinem Specimine Ar-
chaeologiae Telluris (im Volum. XV, der Commentariorum societatis
regiae scientiarum Gotlingensis p. 1/74) geschrieben: haee ossa bra-
chii tum figura tum proportione ad vespertilionem caninum indicum,.
quem vulgo canem volantem vocant, pertinuisse videbantur.
$. 29
Gelegenheitlich kann ich nicht umhin, hier die allgemeine
Bemerkung anzubringen: dafs die Natur in Gestaltung der Glied-
massen bey Säugthieren, abgeschen von den drey gehuften Ord-
nungen, welche die bisulca oder biungula, die Solidungula und Mult-
ungula begreifen, eine auffallendere Mannigfaltigkeit in den vordern,
als in den hintern Gliedmassen anbrachte; zum Beyspiel:
In der ersten Ordnung der Säugthiere, welche noch immer
die höchst unschicklich, wenigstens anatomisch unrichtig sogenann-
ten quadrumana animalia begreift, welche Länge der Arme zeichnet
nicht die beyden Arten des Gil,bons, den Galeopithecus variegatus 3:)
und welche Schlankheit die Arme der Loris- Arten aus?
In der zweyten Ordnung (Terae), zu welcher Geschicklich-
keit und mannigfachen Benutzung, ausser zum Gehen, Laufen,
Rlet-
31) Cuvier Lecons d'Anatomie comparee, Tom. 5. Tab, ı., auch in Herrn
Mechels Uebersetzung.
ı6
22
Klettern und Graben sind nicht die Vordertazzen der Löwen, Tiger,
Bären, Ottern, der Dachse, der Waschbären ausgebildet? Und
welchen ganz eigenen Rnochenbau zeigen nicht insbesondere die
Vorderfüßse der Maulwürfe 32)?
In der vierten Ordnung (Didelphes), dienen die vordern
Gliedmassen den Beutelthieren nicht blofs zum Laufen und Springen,
so wie sie den fliegenden Phalangern offenbar zur Spannung der
Flughaut mehr, als die hintern Gliedmassen dienen. Welch son-
derbares Ansehen erhalten aber die Ränguruhs, aus dieser, so wie
die Gerboa’s aus der folgenden Ordnung, durch die Rleinheit ihrer
vordern Gliedmassen, auf deren Kosten gleichsam die hintern Glied-
massen vergrölsert erscheinen,
In der fünften Ordnung (Glires), welche Geschicklichkeit
besitzen die fast Affen-Händen gleichen vordern Gliedmassen der
Eichhörnchen? — Welche ungeheuren Finger hat der Aye Aye?
Welchen sonderbaren Mnochenbau hat der Sorex talpinus 33) in sei-
nen ganzen vordern Gliedmassen? und bewirken nicht die fliegenden
Eichhörnchen ihre erweiterten Sprünge mittelst ihrer Flughaut mehr
durch Hülfe der vordern, als der hintern Gliedmassen? Geschieht
das Graben der meisten T'hiere dieser Ordnung nicht vorzüglich mit
den Vorderfülsen? — Welchen Kunsttrieb üben vollends nicht die
Biber mittelst ihrer Vorderpfoten ?
In der sechsten Ordnung, Bradypoda, welche durch eine an-
gehäufte Masse fast plump scheinende Länge haben nicht die Vor-
derfülse der Faulthiere?
In
32) Vom gemeinen Maulwurf, Daubenton, Tom. VII, Planche XV. sehr vortreff-
lich und vergrölsert dargestellt.
83) J. F. Meckel am angef. Orte, Tab. VIII. Fig. a1, 22,
123
In der siebenten Ordnung, Edentata, welche sonderbare Ein-«
richtung zeigen die Vorderfüßse der Ameisenbären ?
In der zehnten Ordnung, Chiroptera, zu welcher auch unser
fossiles Gerippe gehört, welch mannigfacher Bau der zum Fliegen
eingerichteten Vorderfülse!
In der eilften und zwelften Ordnung, Amphibia und Cetacea,
welche ruderartige Beschaffenheit zeigen die zu Flolsen umgewan-
delten Vorderfülse ? i
- Welche ganz eigene Einrichtung, besonders im Baue der
Knochen hat man nicht an den Vorderfüfsen der Schnabelthiere
und des Echidna hystrix neuerlichst erst entdeckt ?
Der Bau der Hinterfülse aller dieser Säugthiere dagegen
scheint gewissermalsen weniger als der Bau der Vorderfüfse von
einem allgemeinen Typus abzuweichen, welcher Typus sich daher
auch selbst durch die Classe der Vögel hin erhält, ja zum ‚Theil
sogar noch im Rochen (Raja) erkennbar 34) bleibt, wenn die vor-
dern Gliedmassen oder die Flügel der Vögel nur noch in den Kno-
chen die Analogie mit den Vorderfülsen der Säugthiere verrathen,
und bey allen Ordnungen der Vögel der Gebrauch der Vorderfülse
zum Stehen, Gehen und Laufen gänzlich wegfällt,
$. 30.
Nach dieser umständlichen Betrachtung der einzelnen Stücke
dieses fossilen Gerippes, welches ein glücklicher Zufall, ungeachtet
der Zerquetschung, dennoch bis auf drey Zehen oder Finger des
linken Vorderfulses (Tab. V. y.) uns auf einer Platte schiefrigen dich-
ten
34) S. Cuvier Lecons d’Anat. comparee, Vol. 5. Pl, IV,
, ı6 ®
124 ern
;’.
ten Halksteines, aus dem Schiefersteinbruche bey Sollenhofen
im obern Donaukreise, vollständig überlieferte, bemühte ich mich
einen anschaulichen Begriff von dem Ganzen zu erhalten.
Zu dem Ende entwarf ich eine Zeichnung, in welcher alle
einzelnen Knochenreste nach genauer Ausmessung ihrer Länge und
Dicke nicht nur eingetragen, sondern auch, so viel möglich, in
ihre, ihnen ehemals natürlich gewesene Lage wieder zurück ge-
bracht wurden, um nun mit einem Blicke das Ganze überschauen
zu können. (Tab. VII.)
Die gewissen, auf dem Steine vollkommen deutlich erkenn-
baren Knochen sind in ganzen, die weniger deutlich erkennbaren
Knochen in punctirten Umrissen dargestellt. In dieser bildlichen
Darstellung unterscheidet sich demnach sehr leicht das wahre Be-
stimmte von dem muthmafslichen Unbestimmten.
Irre ich mieh nicht, so beweist dieser anschauliche Entwurf
nunmehr den Hauptsatz meiner Abhandlung auf Einmal in einem
Ueberblicke des Ganzen, welehen die vorausgeschickten Schilderun-
gen der einzelnen Bruchstücke, nur nach und nach, stückweise
beweisen konnten; nämlich:
„Das fossile Gerippe, welches gegenwärtiger Halltschiefer
„uns aus der Vorwelt überliefert, gehörte einem Fleder-
„mausähnlichen Thiere.”
Im Systeme würde also dieses Thier der Ordnung der flie-
genden Säugethiere oder den Chiropteris oder Alipedibus beygesellt
werden müssen.
Unter den, schon im 22. {. genannten sieben Geschlechtern
der Fledermäuse aber scheint dieses Thier ı) wegen seiner langen
gespitzten Schnauze, 2) wegen seiner grolsen Augenhöhle, 3) we-
gen
125
gen der Zahl seiner Zähne, 4) wegen der mit Krallen versehenen
vier kurzen Finger, oder Zehen des Vorderluises dem Pteropus-
Geschlechte noch am nächsien zu kommen, und in «diesem Ge-
schlechte wieder dern Pieropus minimus Geoliroy-Saiut-Hi-
laire 35) am nächsten.
Diese Bestimmung gewinnt aber um se mehr Wahrscheinlich-
keit, als, ausser einer allgemeinen, kurzen Nachricht, die Merck 36)
von einem von ihm in Deutschland gefundenen, fossilen, aus-
serordentlich grolsen, asiatischen Vespertilio im Jahre ı787 schon
gab, und ausserdem vorhin im 27. {. von Blumenbach angeführ-
ten Zeugnissen, auch mein berühmter Freund Ebel in seinem un-
schätzbaren Werke über den Bau der Erde 37) ganz ausdrücklich
schreibt:
„Zu HKehlheim findet man unter andern in den Pappen-
„heimer Brüchen ausser den Fischen auch molukkische
„Kiefenfülse und eine dem fliegenden Hunde (das ist dem
»Pteropus vulgaris) ähnliche Fledermaus - Gattung.”
Was von den versteenden Vleermuyzen, deren im Catalogo
Musaei Ch..... (Chaisiani), Amsterdam, ı766. $. ı95 gedacht wird,
zu halten sey, ist mir nicht bekannt.
$. 31.
Die vorzüglichsten Kennzeichen, welche unser Thier unter
allen mir bis jetzt bekannten Fledermäusen vor der Hand wegen
Abganges der weichen Theile charakterisiren, wären:
35) Annales du Museum d’Hist. nat. VII. annde, Paris, Pag..97-
36) Im ı3ten Stücke des Baldingerischen medicinischen Journals. Göttingen,
1787, 8. 74.
37) Ueber den Bau der Erde. Zweyter Band, Zürich, ı808, $. 80. pag. 133, 134,
126
ı. der den Rumpf an Länge übertreffende Kopf, mit schna-
belförmig zugespitzten Kiefern ;
2. der dem Rumpf an Länge fast gleiche Hals;
3. die vierzehigen Vorder & und Hinterfüfse;
4. die von den vier Zehen der Vorderfülse zur Ausbreitung
der Flushaut verlängerte, einzelne Zehe des Vorderfulses, oder der
einzelne Finger, welcher die vereinigte Länge des Halses und des
Rumpfes hält.
Solcher auffallender Unterschiede halber könnte man dieses,
gleichsam aus seinem Grabe wieder hervorgekommene Thier ein
eigenes Geschlecht ausmachen lassen und vielleicht nicht unschick-
lich Ornithocephalus antigquus benennen.
ORNITHOCEPHALUS.
Caput ob maxillarum longitudinem trunco longius,
Collum longitudine trunci, : x
Digiti extremitatum inferiorum et superiorum quatuor,
Digitorum manus unus capitis et colli junctam longitudinem superans:
$. 32.
Dürfte ich mir einige Muthmafsungen über die Natur unsers
OÖrnithhocephalus antiquus zu äussern erlauben, so wären es etwa
folgende: S
ı. Der Schädel unsers Ornithocephalus scheint eine auffal-
lende Aehnlichkeit mit den Schädeln der kleinen Schnepfen - Arten
gehabt zu haben.
2. Scheint unser Ornithocephalus, nach der Gröfse der Au-
gerhöhlen des Schädels zu urtheilen, grofse Augen gehabt zu haben.
3-
. 127
3. Die Beschaffenheit der Zähne unsers Ornithocephalus,
welche sammt und sonders klein, spitzig und hackenförmig aus-
sehen, scheinen nebst der weiten Aufsperrung seines Rachens zu
beweisen, dafs er nicht von Pflanzen leben konnte, aber wohl,
selbst Zull grolse, Insecten im Fluge zu haschen vermochte,
4. Die vorzügliche Dicke und Länge der Flugstangen unsers
Ornithocephalus läfst ferner vermuthen, dafs seine Flughaut stark
und von ansehnlichem Umfange gewesen seyn mulste.
5. Scheinen seine Hinterfülse sich durch ihre Länge bey ihm,
mehr als bey andern Fledermäusen, den Vögeln genähert zu haben.
6. Verrathen die mannigfachen, an dem Gerippe unsers Or-
nithocephalus sich zeigenden, im Vorhergehenden geschilderten
Trennungen und mitunter grolsen Voneinanderreissungen zusammen
gehörender Gelenkknochen, so wie die Beschädigungen und Zer-
drückungen einzelner Beine, dafs es eine gewaltige Katastrophe
gewesen seyn mufste, welche ihn um’s Leben ‚brachte. Denn ohne
allen Zweifel ward dieses Gerippe noch im frischen, unverweseten
Zustande des Thieres, durch eine seinen ganzen Körper auf ein-
nal treffende heftige und starke Zusammendrückung zerquetscht
und beerdigt. Eben diese totale Beerdigung aber schützte die
Leiche desselben zwar nicht vor. Fäulnils, aber doch vor aller fer-
nern Auseinanderreissung seiner Gelenke, und Verschiebung oder
Verzerrung der linochen, welche diese Gelenke bildeten.
7. Weil alle unserm Ornithocephalus zunächst verwandt
scheinenden Thiere, namentlich die Pteropi 38), sich nur in heilsen
Erdstrichen vorfinden, so konnte auch wohl unser Ornithocephalus
im
38) Geoffroy-Saint- Hilaire in den Annales du Museum, Cahier 85, 86,
pag- 94.
ı28
im Leben nur in einem heilsen Erdstriche existiren. Die mit dieser
Vermuthung aufs genaueste übereinstimmenden Zeugnisse eines
Merck, Blumenbach und Ebel habe ich vorhin 39) schon an«
geführt, und kann jetzt noch das eines Cuvier beyfügen.
Nun dringen sich aber zwey entgegengesetzte Fragen auf.
Nämlich: Erste Frage: Lebte unser Ornithocephalus in der Gegend,
oder flüchtete er sich wenigstens bey seinem Tode an die Stelle,
wo man ihn in seinem Grabe fand?
Zweyte Frage: Oder, ward unser Ornithocephalus erst ‚nach
seinem Tode dahin gewälzt oder geschwemmt?
Im ersten Falle, wenn unser Ornithocephalus nämlich in der
Gegend seines Grabes lebte, mufste nicht damals das jetzige Baiern
ein ganz anderes, viel heifseres Klima haben, als es dermalen hat?
Im entgegengesetzten zweyten Falle, nämlich, wenn man an-
nimmt, dafs unser Ornithocephalus erst mit seinem Sarge in diese
Gegend gerieth, so entsteht die neue Frage: Wo kam die Fluth
her, welche unser Gerippe in die jetzige Donaugegend mit sich
führte?
Da es wohl nicht wahrscheinlich ist, dafs eine aus dem
jetzigen Süden so gar fern herströmende Fluth unser Gerippe hätte
herbeyschwemmen können, ohne es durchaus zu zerstören, gänz«
lich zu zertrümmern und zu zermalmen, und da es sich eben so
wenig denken läft, dafs der Kalk sich um den abgelebten Ornitho-
cephalus plötzlich so erhärtet haben sollte, dafs sein Gerippe in
diesem steinernen Sarge fest eingeschlossen, nunmehr unbeschädigt
fortgewälzt werden konnte, so ist's wohl am wahrscheinlichsten,
dals
39) 6$. 27 u. 29.
129
dafs unser Ornitkocephalus in der Vorwelt diejenige Gegend des
Erdballs wirklich bewohnte, in welcher ihn und seines gleichen die
Nachwelt begraben fand, indem sich der Kalk allmählig auf seinen
Leichnam Schichten bildend absetzte oder niederschlug. Wenigstens
liefse sich auf diese Art die schieferartige Beschaffenheit des Sarka-
phages, in welchem die Natur unsern Ornithocephalus aufhob, noch
am füglichsten erklären,
$. 33.
Die Vermuthung, dafs unser Ornithocephalus in der Gegend
seines Grabes gelebt haben möchte, und der daraus für die Urge-
schichte des Erdbodens überhaupt, so wie für die Urgeschichte
Bayerns insbesondere sich ergebende höchst wichtige Umstand —
dafs nämlich damals die gegenwärtige Donaugegend ein heilses, süd-
indisches Hlima gehabt haben müsse, gewinnt schr vieles an Wahr-
scheinlichkeit, wenn man bedenkt, dafs die Unglücksgefährten
unseres Thieres, welche an der nämlichen Stelle und in den nänli-
chen Sohlenhofer Halkschiefern begraben liegen, aus coro-
mandel’schen Fischen, molukkischen Krebsen 4°) und süd-
indischen Würmern bestehen.
Es sey mir vergönnt, nur des neuesten, mir zufällig entge-
gengekommenen, sehr deutlichen Beweises zu erwähnen.
Durch unseres Collegen, Hrn. Dekanus Reddenbacher's,
Gefälligkeit erhielten wir kürzlich, aus der grolsen, in ihrer Art
einzigen, gräflich Pappenheim’schen Sammlung von Versteinerun-
gen, ausser, mit fast unversehrten Schalen sich zeigenden moluk-
ki-
40) G. w. Knorr Sammlung von Merkwürdigkeiten der Natur und Alterthümer
des” Erdbodens, welche petrifieirte Körper enthält. Nürnberg. 1755, pag. 15.
Tab. XIV. Nro, 2.
17
130
kischen Krebsen, auch die unvergleichlich schön, zwischen zwey
Steinplatten, in ihrer natürlichen Lage. erhaltenen Reste eines Fi-
sches, welchen Knorr 4‘), zwar unvollständig, aber doch erkennbar
genug, abbildet, und für ein deutliches Ueberbleibsel eines Platt-
eises, Pleuronectes, hält.
Allein, dafs diese, der Knorr’schen Abbildung an Gröfse
und Gestalt aufs genaueste gleichenden Ueberbleibsel schlechterdings
keinem Pleuronectes angehört haben konnten, beweisen die Abgänge
der wesentlichsten Eigenschaften dieses Fisch - Geschlechtes.
ı) Das Unterscheidungszeichen des Pleuronectes-Geschlechts,
sagt Bloch, ist der anomalische (besser wohl, der ihm .eigene))
Stand der beyden Augen, auf einer Seite des Körpers. Allein von
diesem Unterscheidungszeichen findet sich nicht die mindeste Spur
‚weder auf Knorr'’s Tafel, noch in unseren Originalien; im Gegen-
theile scheint auf jeder Seite des Körpers ein Auge befindlich gewe-
sen zu seyn, indem die eine Steinplatte hierin vollkommen der an-
dern entspricht.
2) Zeigt sich bey jedem Pleuronectes nur eine Seite schup-
pig, die andere platt; bey unserem Fisch hingegen sind beyde Sei-
ten gleichförmig stark und grofs geschuppt.
3) Erscheint bey den Pleuronectes- Arten der Mund schief
geöffnet; bey unserem Fische dagegen erscheint der Mund, wie hey
andern Fischgeschlechtern, symmetrisch geöffnet.
4) Umgeben bey allen Pleuronectes- Arten die Flofsen den
grölsten Theil des Körpers, gleichsam wie ein fransiger, fast rings
bo}
um
4x) Am angef. Orte Tab. XXI. Fig. ı.
131
um ihn laufender Saum. Unser Fisch dagegen hat, ausser seiner
hochliegenden rechten und linken Brustllolse und der Schwanzilofse,
eine von vorn her steil aufsteigende, gegen den Schwanz hin ab-
steigende Rücken- und Afterflolse. Ich gestehe, dafs ich mir kaum
vorzustellen vermag, dafs ein übrigens ächter Pleuronectes, bey
einer unserm Fische gleichen Gestaltung seiner Flolsen, schwimmen
könnte.
Vergleiche ich nun die Reste unseres Fisches, welcher, wie
ich sattsam gezeigt zu haben glaube, dem Pleuronectes - Geschleehte
nicht beygesellt werden darf, mit den trefflichen Abbildungen und
Beschreibungen der Fische bey Bloch 4°), Russel 43), und andern,
so finde ich unsern Fisch in der Gestalt seines Körpers und der
Beschaffenheit seiner Flofsen, dem Geschlechte Stromateus am
. nächsten kommen, wenn nicht ihm selbst angehören.
In so ferne nun ‘alle bis jetzt bekannten Species des Stro-
'mateus-Geschlechtes sich nur in den heilsen Gewässern der Rüste
Coromandel finden, möchte unser ihnen so sehr gleichender,
vielleicht verloren, gegangener Stromateus fossilis ebenfalls wohl
nur im Meerwasser eines heilsen Klimas haben existiren können.
Da es aber, wie gesagt, kaum denkbar ist, dafs unser Stro-
mateus, nebst den vorhin angegebenen, mitunter sehr zarten süd-
indischen Geschöpfen aus den ostindischen Meeren her, über In-
dien, Persien, Rlein-Asien, Türkey, Ungarn, Steyer-
mark, Oesterreich, Salzburg und Bayern fortgeschwemmt
worden, um erst nach einem zurückgelegten Wege von mehreren
Tau-
42) Ausländische Fische, Tab. ı60 u. 420.
43) Descriptions and Figures of wo hundred Fishes colleeted at Vizagapatnam of
the Coast of Coromandel, Volume the First, 1805 fol,
zZ
ra
17
z
132 ;
Tausend Meilen, in der jetzigen Donaugegend unrersehrt abgesetzt,
und in einem sie umhüllenden Kalklager begraben zu werden; da
es ferner wohl keinem Zweifel unterworfen ist, dafs die jetzige Do-
naugegend zu irgend einer Zeit Meeresgrund gewesen seyn müsse,
so‘ bleibt es wohl am wahrscheinlichsten, dafs sie als Seebewohner
hier, an Ort und Stelle, lebten und webten, und von einer schlam-
migen, auf sie sich niederschlagenden Kalkauflösung bedeckt und
begraben wurden.
Wer mag es aber für jetzt schon wagen, die Zeitperiode zu
bestimmen, wann dieses geschah? oder die Art auszumitteln, wie
-sich das Klima änderte? oder die Stelle anzugeben, wohin das
Meerwasser abflofs, eder wahrscheinlich zu machen, warum diese
Geschöpfe aussterben sollten? Dieser Dinge Ursache ergründen
(harum rerum cognoscere causas) dürfte noch lange ein Wahl-
spruch unserer Akademieen bleiben.
$. 34
Vielleicht werden einst andere Naturforscher durch das Auf-
finden mehrerer Exemplare unsers Ornithocephalus in den Stand
gesetzt, dasjenige zu ergänzen, was gegenwärtigem Gerippe an Voll-
ständigkeit. oder meiner Schilderung an Richtigkeit noch abgeht.
Vielleicht werden durch künftige Entdeckungen dieses oder
wenigstens eines ihm sehr verwandten Thieres in der noch leben-
den Natur meine Deutungen und Muthmalsungen zur Gewilsheit er-
hoben, da man in neuern Zeiten nicht nur Originale zu Ammons-
hörnern, Echiniten und Encriniten, sondern auch so manche unserm
Ornithocephalus sich nähernde Thiere aus den Inseln der Südsee
mitbrachte.
Glückte mir doch einst, die Errathung der noch unbekann-
ten Schneidezähne des Rhinoceros im fossilen Zustande, zu einer
Zeit,
135
Zeit, als mein grofser Lehrer Camper über ihre Existenz noch
ungewils war 4), so sehr, dafs ich sie bald darauf im frischen Zu-
tande eines ganz vollsfändigen Schädels bestätigt erhielt.
Uebrigens bedaure ich um so weniger Zeit und Mühe, die
ich der Auflösung eines solchen Räthsels widmete, da sie, hof-
fentlich noch alsdann Angaben und Aufschlüsse für Naturforscher
enthalten kann, wenn das Schicksal, statt vollständigere Exemplare
unsers Ornithocephalus aus dem Schoofse der Erde ans Licht zu
fördern, auch dieses köstliche, vielleicht bis jetzt in seiner Art ein-
zige Stück aus der Reihe vorhandener Dinge, wieder verschwinden
lieise. Denn frägt man nicht jetzt schon vergebens nach manchen
höchst interessanten Naturalien, welche noch am Ende des vorigen
Jahrhunderts in unserm Vaterlande, in Oesterreich, Brabant, Hol-
land, Schweiz, Italien, Preussen, Pohlen, Spanien und Portugall
vorhanden waren, ohne eben an so schreckliche Unglücksfälle, als
in unsern Tagen Jena, Halle, Lübeck, Regensburg — oder Mainz,
Leiden, Thorn, und letztlich noch Eisenach und Almeida. betrafen,
zu denken? a
Ich schliefse daher mit der Bitte an alle Besitzer ähnlicher
Schätze, doch nicht zu säumen, Nachrichten, Beschreibungen oder
Abbildungen davon der Welt mitzutheilen, damit für die Erdkunde
und insbesondere für die Geschichte der Vorwelt wichtige und lehr-
reiche Stücke nicht wieder verloren gehen, ohne eine Spur ihres
jetzigen Daseyns zurück zu lassen.
München, im December ıßıo.
44) J. H, Merck. Troisieme Lettre sur les os fossiles. Darmstadt, 1786, pag. ı0.
134
Nachtrag
Vorgelesen in der mathematisch - physikalischen Classe am 8. April ı8ıı.
$. 35.
Nachdem ich vorstehende Abhandlung über den Ornithoce-
phalus antiquus bereits geendiget und der k. Akademie der Wissen-
schaften in einer dazu eigens bestimmten Sitzung nebst den dazu
gehörigen Beweisstücken vorgelegt hatte, erhielt ich erst Herrn F.
Cuvier's
Memoire sur le squelette fossile d'un rerrıLe vorant des
environs d’Arcnstepr, que quelques naturalistes ont pris
pour un oiseau, et dont nous formons un genre de sau-
RIENS, sous le nom de Prero -pacryue 4).
Da nun bey der Ausarbeitung meiner Abhandlung ein vor-
züglicher Zweck war, alle durch Herrn Collinvs theils unvollstän-
dige, theils unrichtige Schilderungen veranlafste Irrungen für die
Zukunft zu verhüten; und insbesondere Herrn Cuvier von seiner
vorläufigen Deutung unseres Gerippes auf ein Amphibium abzulen-
ken, so darf ich, nach sorgfältigem Studio seines Memoire’s, nicht
säumen, dasselbe unverstümmelt mitzutheilen und es mit meinen
Bemerkungen zu begleiten.
$. 36.
Feu M. Collini, directeur du Mit diesem allgemeinen Urthei-
cabinet de l’electeur Palatin a le, über Herrn Collini, stimme
Manheim, qui avoit de lesprit ich |$. 2, 3 und 2o vollkommen
et de la sagacite, mais peu de überein.
con-
45) Annales du Museum d’Histoire naturelle a Paris, Tome ı3, annee VII. Cahier
LXXVII. pag. 424.»
connoissances positives d’histoire
naturelle et d’anatomie comparee;
a cependant rendu des services
essentiels ä ces deux sciences, en
publiant les objets les plus interes-
sans du depöt confie a sa garde;
attention que tant d’autres con-
servateurs de riches collections
devroient bien imiter; car le seul
merite r&eel d’un cabinet, le seul
but raisonnable des gouvernemens
qui en font recueiller, est de four-
nir des accroissemens aux sciences,
en offrant des’sujets de meditation
ä ceux qui les cultivent.
- Dans un Memoire — (Acta.
Acad. Theodoro Palatinae Tom.
V.) Collini decrivit — le sque-
lette entier qui fait l’objet de no-
tre Memoire.
I ayoit &te trouve, dit l’auteur,
dans une de ces pierres marreuses,
feuilletces, grises, et quelquefois -
jannätres, d’Aichstedt,
abondent en dendrites et en pe-
trifications animales.
qui
On sait qu’ Aichstedt est
dans la vallee del’ Altmühl, un
peu au-dessous de Solenhofen,
village du comte de Pappen-
heim,
So auch im 33. {. mit dieser
Aufforderung an die Besitzer ähn-
licher merkwürdiger Osteolithen,
dieselben durch Bekanntmachung
allgemein nützlich werden zu las-
sen.
136
heim, celebre depuis longtemps
parmi les amateurs de petrifica-
tions, par ses schistes abondans
en poissons, en crabes et en ecre-
visses, en grande partie inconnus,
et offrant quelquefois jusqu’ä des
anımaux du Crabe des Molugues
(monoculus polyphermus, Lin. li-
mulus Fabr.). Il est done proba-
ble que notre squelette apparte-
noit ä la m&me formation, et que
animal qui l’a fourni vivoit & la
meme &poque, et dans la meme
region que ceux qui l’accompag-
nent.. Sa figure extraordinaire
m’ayant beaucoup frapp&, j’aurois
bien desir& pouvoir observer ce
morceau par moi-meme; mais il
paroit qu'il s’est perdu lorsque le
cabmet de Manheim & eie
transport€E a Munich; du moins
M. le baron de Moll, mineralo-
giste celebre, a qui je m’etois
adresse, et qui en a fait la re-
cherche avec toute l’obligeance
qui le caracterise, n’a-t-il pu le
retrouver.
S.
Il faut donc nous copxtenter de
la figure et de la description de
Collini, qui heureusement sont
mieux faites et plus detaillees qu'il
n’ar-
Auch darin stimme ich im 32. $.
mit Herrn Cuvier überein; dafs
unser Gerippe einem Thiere an-
gehörte, welches zu gleicher Zeit
mit südindischen Fischen, und
molukkischen Krebsen
jetzigen Donaugegend gelebt ha-
in der
ben müsse.
Dafls dieses köstliche Stück
nicht verloren gegangen ist, zeigt
schon die Aufschrift meiner Ab-
handlung.
37-
n'arrıve d’ordinaire,
suflire pour determiner la classe
de l’animal, et pour en caracte-
riser le genre.
et peuvent
$.
137
Wären Collini’s Schilderun-
gen wirklich hinreichend, so kann
ich mir nicht denken, wie sol-'
che Blumenbach auf einen
Schwimmvogel und Cuvier auf
ein reptile volant hätten deu-
ten können, indem ich mich aufs
innigste für überzeugt halte, dafs
beyde Naturforscher, wenn sie
das Stück in der Natur gesehen
hätten, und nicht durch Colli-
nı's Schilderungen misleitet wor-
den wären, in demselben noch
leichter, als ich, ein Säugthier
erkannt haben würden.
38-
Hier folgt nun ein Abdruck der Collini'schen Beschreibung
und Abbildung, wobey ich nur bemerke, dafs Herrn Collini’s Ab-
bildung das Gerippe dieses Thieres, gerade so wie es auf der Stein-
platte erscheint, Hr. Guviers Gopie aber umgekehrt so darstellt,
dals die linke Seite sich als die rechte, die rechte Seite dagegen
als die linke zeigt.
$. 39.
Avant de dire nous-memes no-
tre sentiment, nous devons faire
quelques remarques sur la descrip-
tion de Collini, et y relerer
quelques erreurs qui pourroient
iniluer sur la determination.
Nous
18
138
Nous eroyons d’abord que la
seconde jambe de derriere n'est Ich bemerke das gleiche $$. 13,
ni aussi derangee ni aussi mutilee ı4, ı5, ı6 und ı7.
quil-le dit; on peut au contraire,
en suivre, selon nous, toutes les
parties. T est le femur, U est
le tibia, et R le pied, dont la
jonetion avec le tibia ne se di-
stingue pas bien, parce quelle
est cache par l’epine du dos. _
Ce pied R etant plus developpe Auch hierüber bemerke ich das
que lautre, nous fait apperceroir gleiche in den angegebenen fünf
une seconde erreur, qui est d’a- Paragraphen, besonders dem ı3.
voir pris pour un seul os le me-
tatarse P, qui est au contraire
compos€ de plusieurs, mais jetes
les uns sur les autres.
$. 40.
Le pied R ne venant point d'un
autre anımal, et n’etant point de-
tache de sa place naturelle, il n’y
a pas de raison pour croire que
le pied S le soit. Il nous semble a
voir en S trois doigts d’un pied
de devant, attaches au bout d’un
long metacarpe, et accompagnes
d’un quatriöme doigt 4, 5, 6; 7,
beaucoup plus long que les autres. .
Le carpe se trouve alors en 8, Die Handwurzeln (Carpe) be-
oü l’on distingue en effet plusieurs finden sich meines Erachtens nicht
0s- in
,
A a De nn nn
osselets. Les deux os 2, 3 forment
lavant-bras, ı est l’humerus; les
os X et G sont les clavicules, et
les os g et 9, dont Collini ne
parle pas, les omoplates.
18°
139
in 8, sondern offenbar in dem
Winkel zwischen 3 und 4. Die
Bruchstückchen, welche einiger-
maalsen in der Abbildung, kei-
neswegs aber im Originale, den
ossibus carpi gleichen, sind of-
fenbar nichts anderes als Trüm-
mer der epiphysis ossis humeri.
Von den eigentlichen ossibus car-
pi, welche, wegen der im iten $,
geschilderten Jugend des Thieres,,
nur noch knorpelig seyn konn-
ten, ist, wie ich im >yten $. be-
merkte, nichts übrig geblieben.
Läfst es sich wohl vermuthen,
dafs die drey so ziemlich regel-
mälsig liegenden Finger 3 sich
von dem Gelenke bey 8 weg, und
so unverrückt an das Gelenk 35
hin begeben haben sollten? Glei-
ehen denn nicht diese drey kur-
zen Finger dem bey allen Fleder-
mausgattungen vorkommenden
kurzen Finger oder dem Daumen?
Es ist freylich sehr zu bedauern,
dafs von- dem linken Flügel, wie
ich im zgten |. bemerkte, gerade
diese wichtige Stelle weggebro-
chen ist. Indessen beweist doch
selbst das Fehlen der drey Fin-
ger am linken 8 die Richtigkeit
mei-
140
meiner Ansicht; denn befände
sich bey 8 der Carpus, so müls-
ten sich doch hier links Finger-
glieder zeigen, falls sie auch
rechts, von 8 nach 5, gerathen
seyn sollten.
„tens.) Nicht 2, 2, sondern 3, 3
bilden den: Vorderarm, dessen
Knochen, besonders links fast
um die Hälfte zu dünn oder zu
schwach von Collini abgebildet
sind, so dafs, wahrscheinlich
durch diese unwahre Dünne, die
irrige Idee, als seyen sie -Nittel-
handknochen (metacarpe), ver-
anlalst wurde.
gtens.) Nicht ı, ı sind die Kno-
chen des Oberarms, sondern 2, 2.
tens.) Noch weniger scheinen
mir X und G, sondern ı, ı die
wahren Schlüsselbeine; wie ich
$$. 18 und 28 angebe.
tens.) Am allerwenigsten sind
9,9 die Schulterblätter, welche,
“ wie ich im zteu |. ausdrücklich
bemerkte, von Gollini ganz und
gar übersehen wurden, ungeach-
tet sie doch vollkommen deutlich
und von ansehnlichem Umfange
da liegen,
Was
141
Was in der Abbildung bey 9, 9
erscheint, zeigt sich auf dem Stei-
ne als eine blofse leichte Vertie-
fung oder Furche, ohne irgend
einen Knochen - Trümmer.
G und X scheinen mir, nach
den im zten |. ausgeführten Grün-
den, die verschobenen Brustbeine,
$. 41.
Nous ne releverons pas la le-
gere inadvertence davoir appele
coccyx los M, qui n’est quun
ischion; mais nous ferons remar-
-quer que l’os detache Y n'est
autre, qu’un pubis, d’une forme
particuliere, qui ach@ve de deter-
miner la classe, comme nous l’al-
lons dire tout-ä l’heure.
$.
Une derniere remarque que
nous ferons, c’est que Collini
n’a pas bien compte les phalanges
du pied R, et que sa figure en
montre clairement deux au pre-
mier doigt, trois au second, et
quatre aux deux suivans, sans
compter les os du metatarse; les
memes nombres exactement s’ob-
servent ä ceux du pied de de-
vant,
Dieses stimmt mit meinen, im
ı2. {. gemachten, Bemerkungen
vollkommen überein.
Dieser Knochen scheint mir,
aus den $$. 5 u. ı8 angegebenen
Ursachen, das dritte oder unterste
Brustbein.
[A
+2»
Die dritte und vierte Zehe hat
im Originale, gerade so wie die
zweyte Zehe, nur drey, nicht
vier Glieder. Collini, der, wie
ich im ı6ten $. bemerkte, die epi-
physes des ersten oder Fulswur-
zelgliedes der dritten und vierten
Zehe für ringförmige Knochen
ansah, mufste freylich durch sei-
ne unrichtige Abbildung eine un-
richtige Zählung der Glieder ver-
anlassen.
$. 43.
142
$. 48:
Enfin, quand nous aurons en-
core porte l’attention du lecteur
sur le petit os cylindrique mar-
que Z, qui va du cräne a l’arti-
culation des mächoires, nous se-
rons munis de tout ce qui nous
est necessaire pour classer oste-
ologiquement notre animal.
$.
D’abord ce n’est pas un oiseau,
quoiquil ait ete rapporte aux
oiseaux palmipedes par un grand
naturaliste 40).
Un oiseau auroit des cötes
plus larges, et munies chacune
d’une apophyse recurrente; son
metatarse ne formeroit qu’un seul
os, et ne seroit pas compose
d’autant d’os quil ya des doigts.
Son .aile n’auroit que trois di-
visions apres l’avant-bras, etnon
pas cing comme celle-ci.
Son bassin auroit une toute
autre etendue, et sa queue os-
seuse
Hier nur vorläufig, weil ich im
48. $. davon umständlich handle,
die Versicherung, dafs ich, selbst
mit Hülfe des befsten Vergrölse-
rungsglases, keinen solchen klei-
nen cylindrischen, in den Abbil-
dungen trompetenförmig ausse-
henden Knochen, in der Natur
auf dem Steine, zu entdecken
vermas.
4.
Was Hr. Cuvier gegen die
Vermuthung, dafs unser Gerippe
einem Vogel angehört habe, an-
führt,, harmonirt mit meinen \$.
6, 20, 23, 24, 25 und 26 auf-
gestellten Sätzen, aufs vollkom-
menste.
Dafs ich nach dem Vorderarme
nicht fünf,
Knochen, nämlich 4, 4 einen
Mittelhandknochen ( metacarpe)
und 5, 6, 7 drey Fingerglieder
zu-
sondern nur vier
46) Blumenb. Manuel d’hist. nat. ed. de 1807 pag. 73ı.
seuse une toute autre forme;
elle seroit elargie, et non pas
grele et conique.
Il n’y auroit pas de dents au
bec; les dents des harles
tiennent qu’a lenveloppe cornee,
et non ä la charpente osseuse.
ne
Les vertebres du cou seroient
plus nombreuses. Aucun oiseau
n’en a moins de neuf; les palmi-
pedes, en particulier, en ont
depuis douze jusqu’ä vingt-trois,
et l’on n’en voit ici que six, ou
tout au plus sept.
Au contraire, les vertebres du
dos le seroient beaucoup moins.
Il semble quiil y en ait quinze
ou seize, et les oiseaux en ont
de sept a dix, ou tout au plus
onze.
Feu Herrmann, qui m’avoit
rendu attentif ä cet animal, le
supposoit un mammifere, et s’e-
tot meme amuse A le dessiner
entier, revetu de son poil.
„Je voulois depuis long-temps
„publier un Memoire sur cette
piece
143
zugeben kann, folgt aus demje-
nigen, was ich schon im 39. $
bemerkte.
Ich zähle ebenfalls sieben Hals-
wirbel, nach dem 9. und 24. $.
Auch mir scheinen fünfzehn
bis sechszehn Rückenwirbel ge-
zählt werden zu können.
h
45:
Mich erfreut, diese unerwartete
Autorität um so mehr, als sie mir
gänzlich aus der Betrachtung die-
ses Stückes in der Natur selbst
geschöpft zu seyn scheint. Eine
solche höchst wichtige Nachricht
bestärkt mich auch um so mehr
in meiner im 20. |. geäusserten
Ueber-
144
„piece (m’eerivoit-il) et montrer
„que lanimal doit avoir forme
„une espece plus intermediaire
„encore que les Ohauve- Souris
„entre les mammiferes et les
„ oiseaux.”
Ueberzeugung, dafs, sobald Hr.
Cuvier dieses Gerippe in der
Natur selbst sähe, er mit Her-
mann und mir gleicher Meynung
seyn würde.
Demnach war Hermann mir
in der Idee, dieses Gerippe in
seiner natürlichen Lage wieder
zuvor gekommen,
so wie auch in den Gedanken
meines zten und z2gsten (., dafs
sich dieses Thier, noch mehr als
die bis jetzt bekannten Fleder-
mäuse, den Vögeln genähert ha-
ben mulste.
darzustellen,
$. 46.
Malgre l’autorit de cet habile
homme, je pense quil y a en-
core de-fortes raisons pour ne
point admettre son idee.
Il n’y d’abord aucune analogie
entire la structure des ailes de
Vanimal fossile, et celles des
chaure-souris qui ont tous les
doigts allonges, excepte le pouce,
tandis qu'il n’a point de pouce,
et que son dernier doigt seul est
allonge;
.
Blumenbach wenigstens fand
diese Analogie so grols, dals er
ähnlich zusammengereihte Kno-
chen, in drey verschiedenen
Schriften , ausdrücklichst, mit den
Worten, die ich genau im 28. |.
anführe, einer ostindischen Fle-
dermaus zuschrieb.
Auch glaube ich, diesen voraus-
gesehenen Einwurf schon völüig
m
— les dents
du fossile, toutes pointues et
uni-
145
im 28. $. beseitigt zu haben, wo
ich nämlich ausführlich bemerkte:
dieser einzige Finger könne durch
seine Dicke oder Mächtigkeit bey
unserem Thiere ganz füglich die
Stelle von vier dünnern Fingern
vertreten. Wenigstens finde ich
die einzelnen Arm- und die Fin-
ger- oder die Flughaut- Knochen
eines mehr als noch ‘einmal so
grolsen Pteropus vulgaris (dessen
ausgespannte Flügel über vier
Fuls Länge haben) absolut dün-
ner oder schwächer, als die Flug-
hautknochen unscres Thieres.
Der Vorderarmknochen unseres
Thieres ist über ein Drittel kür-
zer als der Vorderarm des Ves-
pertilio murinus, und doch ge-
wils mehr als doppelt so dick.
Dals bey unserm Thiere nur
ein Finger, bey allen übrigen bis
jetzt bekannten Fledermäusen da-
gegen, vier Finger zu Flughaut-
stangen verlängert sind, habe ich
als ein Hauptkennzeichen dessel-
ben im zı>ten (\, angesetzt.
Auch diesen von den Zähnen
hergenommenen , vorausgesehe-
nen,
2
146 ———
uniformes, .ne pourroient. &ire
compardes qu’ä celles des dau-
„ phins, dont il differe infiniment
_ Pour tout le reste;
le nombre
inegal des phalanges dans des
doigts
nen, wichtigen Einwurf suchte
ich dadurch im 23. $. zu entfer-
nen, dafs ich sowohl das viel-
gültige Urtheil von Pallas über
die grolse Mannigfaltigkeit der
Zähne bey den Fledermaus - Ge-
schlechtern beybrachte, als dafs
ich der dieses Urtheil bestätigen- '
den neuesten Entdeckungen eines
Peron, Lesueur und Geof-
froy - St. - Hilaire gedachte.
Ferner suchte ich diesem Ein-
wurfe auch dadurch zu begeg-
nen, dafs ich bemerkte, dafs sich
in unserm Thiere, wie bey Fle-
dermäusen, und wie Hr. Cuvier
selbst durch die vortrefflichsten
Abbildungen der Zähne-47) von
Roussetten. zeigte, gegen die
Analogie der meisten Säugthiere
mehrere Zähne im untern als im
obern Kiefer finden. Selbst bey
allen zwanzig Arten von Kroko-
dillen zeigen sich dagegen meh-
rere Zähne im oberen als im un-
teren Biefer 4°).
Dafs hier lediglich Collinv's
unrichtige Zeichnung Irrung ver-
an-
47) Aunales du Museum d’hist. nat, Cahier LXVII, Pl. 3.
48) Ebendaselbst, Tome ı0, Cahier LV et LVI, Pl. ı. Fig. ı0 bis ı7, p. 67, Pl..4,
Fig. ı; Tome ı2, pag. 4, Pl. ı, Fig. 3, 4.
Ze
doigts d’ailleurs parfaits et ter-
mınds par des ongles, n’a pas
. non plus d’exemple dans les qua-
drupedes, qui ont toujours deux
phalanges au pouce, trois aux
autres doigts, et oü de plus, le
pouce manque toujours le pre-
mier;
enfin
la structure de la tete, et parti-
eulierement du bec, ne peut se
comparer aA n’en de ce que l’on
eonnoit dans les mammiferes,
29°
[A
147
anlafste, glaube ich überflüfsig
im 41. $. dargethan zu haben;
denn unseres Thieres dritte und
vierte Zehe besteht, gerade wie
bey Fledermäusen und andern
Säugthieren, aus nicht mehr als
drey Gliedern.
Auch diesen Einwurf, welchen
ich mir selbst schon ganz aus-
drücklich im 22. $. machte, glaube
ich ebendaselbst durch dasjenige
mehr als überflülsig beseitigt zu
haben, was ich mir hier zu wie-
derholen nicht erlaube, ausser
der einzigen Bemerkung : dafs
durch Hr. Leschenault ein
Pteropus minimus bekannt wurde,
bey welchem sich die Länge des
Kopfs zur Länge des Körpers,
wie etwa 28 zu 48, verhalten
dürfte, welche bey unserm Ge-
rippe nur wie 28 zu 49 er-
scheint.
Der Schnabel unseres Thieres
scheint sich doch mit dem Schna-
bel des Ornithorynchus einiger-
malsen vergleichen zu lassen; nur
liegt die grölste Fläche des Schna-
bels beym Schnabelthiere hori-
ZOon-
zontal, bey unserm Thiere senk-
recht; so liegt der dünne, aber
breite Schnabel bey der Löfiel-
Ente horizontal, bey HKhinchops
hingegen vertical.
$. Ar-
Au contraire, tous ces carac-
teres trouvent des exemples ana-
logues dans la classe des reptiles,
et plusieurs circonstances de ce
squelette, qui auroient pu paroi-
tre insignifiantes par elles-memes,
deviennent des caracteres evidens
et necessaires du moment oü l’on
admet qu'il s’agit d’un reptile, ou
plutöt d’un quadrupede ovipare;
car le nom de reptile convient
aussi peu & notre animal qu'au
dragon volant.
Beaucoup de quadrupedes ovi-
pares, comme le gavial, divers
monitors, etc. ont des dents uni-
formes et toutes pointues.
Diese auffallende Achnlichkeit
der Zähne unseres Thieres mit
den Krokodillenzähnen habe ich
nicht übersehen, sondern im 20.
$. treulich angegeben, so wie auch
im 32. {. die auffallende Aehn-
lichkeit im Aeussern seines Sche-
dels mit dem Schedel einer klei-
nen Schnepfenart.
49
$. 48:
C'est dans les reptiles seule-
ment, et non dans des mammi-
feres, que l’on observe cette
structure de tete, cette immense
orbite, et que ce: grande vide
peut avoir et produit en avant
de Forbite, en enlevant une par-
tie de l’os maxillaire. Dans les
mammiferes , il seroit encore
reste toute la charpente osseuse
de l’interieur du nez.
z $.
. L’osselet marque Z, qui joint
le cräne & lVarticulation de la
mächoire inferieure, est encore
un caractere distinctif des rep-
tiles. I repond ä ce qu'’on nomme
Vos carr& dans les oiseaux; mais
j il n’a cette forme cylindrique
que dans les reptiles.
Es wäre die Frage, ob nicht
Hr. Leschenault’s
minimus eine ähnliche Gestalt
des Kopfes zeigt?
Pteropus
Wahrscheinlich ist diese char-
pente osseuse deswegen nicht
übrig geblieben, weil sie bey un-
serm, zufolge des /'ten $. noch
jungen, Thiere gröfstentheils nur
knorpelig seyn mochten.
49.
Ich darf nochmals, wie im 43.
$., versichern, dafs ich ein sol-
ches, dem os carr& der Vögel
gleichendes, cylindrisches Hnö-
chelgen, selbst mit Hülfe des
beisten Vergrölserungsglases, an
unseres Thieres Schedel nicht zu
entdecken vermag; denn die drey
bis Knochentrümmerchen,,
welche dieses osselet vorstellen
sollen, und welche Collini als
ein abgesondertes trompetenför-
miges Knöchelgen abbildet, be-
finden sich weder in einer die-
sem Knochen sonst gewöhnlichen
Lage, noch haben sie eine dem-
selben angemessen scheinende Ge-
stalt
vier
150
stalt und Gröfse. Ueberhaupt ist diese ganze Stelle viel zu schad-
haft, als dafs sich an derselben ein so glatt und nett von Collini
gezeichnetes Knöchelgen erkennen lielse.
Betrachten wir diesen dem os carr& der Vögel analogen Kno-
chen, sowohl in der Natur, an den Schedeln von Reptilien, z. B,
Krokodillen, Eidechsen, Drachen, Salamandern, Schlangen, Schild-
kröten, Fröschen, als in den unrergleichlichen Cuvier’schen Ab-
bildungen 49) von mehr als zwanzig verschiedenen Krokodillensche-
deln, oder in der Abbildung eines Salamander - Molch - Eidechsen-
und Chamaeleon-Schedels von Meyer), eines Klapperschlangen-
Schedels von Tyson 51), eines ungeheuern Schlangenschedels von
Seba 2), eines Vipern- und Klapperschlangenschedels von M ead>3),
eines Schlangenschedels von Meyer 54), Scarpa 55) und Rus-
sel 56), eines Froschschedels von Meyer 57), eines Frosch- und
Krötenschedels von Roesel 58), eines Schildkrötenschedels von
Meyer
49) Annales du Museum d’hist. nat., a Paris, Tome ı0, Cab, LV et LVI, Pl. ı u,
4; Tome ı2, Cah. LXVII, Pl. ı.
50) Angenehmer Zeitvertreib mit Betrachtung allerhand Thiere u, s. f. Nürnberg,
1748. ı. Theil,-Tab. LIV, LV, LVI u. LVII. i
51) The Anatomy of a Pygmey, rattle snoke etc. second edition, London 1751,
Tab. 2, Fig. 6.
52) Thesaurus rer. nat, Amst. Tome 2, 1735, Tab. CVII u. CVIH.
53) Opera media, Goetting. 1749, Tomo secundo, Tab. ı, Fig. ı, ganz besonders
Fig. 6. Tab, 2, Fig. ı, f; Mead nennt diese Knochen fulcra, quae maxillam
inferiorem sincipiti et ossi temporum jungunt.
64) Am angef. Orte Tab. LXXXVII, XC und XCI, zweyter Theil Tab. XVII.
55) Anatomicae disquisitiones de auditu et olfactu, Tieini, 1789. Tab. V. Fig, 9.
56) Indian Serpents, London 1796, Tab. XLV.
57) Am angef. Orte Tab. LIT, LI,
58) Historia Ranarum, Norimbergae 1758, Tab, VII und XIX,
SIISEtarg gg 151
Meyer,59), so sehen wir ihn nicht, wie in.der Collini'schen
Zeichnung, nur wenig schräg von vorn nach hinten hinaufstreben,
sondern entweder fast senkrecht liegen oder wohl gar umgekehrt
von hinten nach vorn schräg hinaufstreben.
Auch scheint diese senkrechte oder von hinten nach vorn
hinaufstrebende schräge Lage für diesen Knochen erforderlich, wenn
er als Stützungspfeiler einem so langgestreckten Unterkiefer mit
Stätigkeit dienen sollte.
o
Vergleiche ich den in Frage stehenden Theil, am abgebilde-
ten Schedel unseres Thieres, rücksichtlich des Verhältnisses seiner
Gröfse oder Stärke zu dem Unterkiefer, mit dem bey Reptilien vor-
kommenden os carre, so finde ich in Krokodillen, Eidechsen und
Schlangen bey viel kürzeren oder sonst weit schwächeren ‚Unter-
kiefer, dieses os carr& ohne Vergleich dicker oder stärker. Um
sich davon zu überzeugen, betrachte man nur die in den Noten an-
geführten Abbildungen bey Tyson, Mead, Scarpa, Roesel und
Cuvier.
Vergleiche ich ferner, den in Frage stehenden Theil, am
Schedel unseres Thieres, in der Natur auf dem Steine, mit dem
analogen Theile an den Schedeln der Fledermäuse und anderer
Säugethiere in meiner Sammlung, so scheint er mir den zerbröckel-
ten untern Rand des Paukenfell- Ringes nebst dem Anfange des
binter diesem Ringe sich gegen den Scheitel hinaufziehenden Kam-
mes des Schläfebeins auszumachen. r
Ferner finde ich, wie auch Tyson’s, Mead's, Scarpa's,
Roesel’s und Cuvier's Abbildungen beweisen, dafs in den Sche-
n deln
59) Am angef. Orte, zweyter Th., LXIII.
152
deln der genannten Reptilien der Hirnkasten grofsentheils mehr vor-
wärts liegt als das Kiefergelenk, oder mit andern Worten: dafs sich
das Kiefergelenk weniger unter dem Hirnkasten als hinter demsel-
ben befindet.
‚ Bey Säugthieren hingegen, besonders bey allen mir bekann-
ten Fledermaus-Schedeln, befindet sich, gerade wie auch bey un-
serm Thiere, der beträchtlichste Theil des Hirnkastens hinter dem
Kiefergelenke.
Ueberdiefs kenne ich kein Reptil, dessen Kopf mit dem
Halse einen bey- mehreren Säugthieren, und besonders den Fleder-
mäusen, gewöhnlichen, sehr beträchtlichen Winkel, wıe bey un-
serm Ornithocephalus bildete. Kopf und Hals liegen bey den Ei-
dechsen, besonders der fliegenden Eidechse oder dem Drachen,
in einer meist geraden Linie.
$. 50.
Le nombre de six vertebres Dafs man wohl sieben Halswir-
au cou se rencontre encore dans bel an unserm Gerippe zählen
plusieurs reptileg', notamment dürfte, sagt jaHr. Cuvier selbst
dans plusieurs monitors. in der zum 43. | wörtlich ange-
führten Stelle, welches mit mei-
nem 9. |. übereinkommt.
BR
Les monitors, et beaucoup Nicht alle Ribben erscheinen
d’autres lezards, ont aussi ces fadeniörmig; die meisten hat Hr.
cötes greles et filiformes qui ca- Verhelst zu dünn abgebildet.
racterisent notre fossile. Les Mehrere derselben haben eine
mam- Dicke,
mammiferes les ont tous plus
fortes.
153
Dicke, welche einer gleich gro-
fsen Fledermaus vollkommen an-
gemessen seyn würde. Einige
scheinen nur so dünne, weil sie
sich auf der sogenannten Schneide
zeigen. Auch machten verschie-
dene meiner Herrn Collegen die
wohlgegründete Bemerkung, dafs
überhaupt die Ribben sich weit
weniger verworren im Originale
als in Collini’s Abbildung zei-
gen.
6.52.
Ce n’est que dans les reptiles
que Fon voit avec des os du me-
tacarpe et du metatarse distincts,
des nombres croissans de pha-
langes aux doigts; celui de 2,3,
4, 4, au pied de derriere, est
justement celui du crocodile.
Was hergegen zu sagen ist,
habe ich schon im 4ı. und 42. |.
ausgeführt. Die Fülse sind, wie
ich im 27.,{. umständlich zeigte,
durchaus einer Fledermaus gleich
und ähnlich, und wahrlich nichts
weniger als Krokodillenartig.
dafs nur vier Zehen
sind, scheint kein
Gegengrund, weil ja des Dra-
gon’s und anderer Eidechsen Hin-
terfülse aus fünf Zehen bestehen,
Denn,
vorhanden
folglich in so fern von unsers
Thieres Fülsen abweichen,
2.0 $. 53.
154 .
$. 53-
Enfin ce pubis detache, &largi
en avant, Y, est encore precise-
ment un caractere de reptile, et
sa configuration est encore ici,
ä peu de chose pres, la meme
que dans le crocodile.
$.
J’avois juge cet animal reptile
au premier coup - d’oeil, d’apres
la forme de l’osselet qui porte
Yarticulation des mächoires, et je
m’en etois explique ainsı avec
Hermann; c'est avec un plaisir
extreme que j’ai vu ensuite, dans
un examen plus approfondi, cette
classification se par
tous les details de l’osteologie,
et les lois generales de coexi-
stence, qui font la base de l’ana-
tomie, recevoir dans cet habitant
confirmer
d’un monde si different du nötre,
leur pleine et entiere application,
eomme dans les animaux de nos
jours.
$.
Cependant ce reptile, ce qua-
drupede oyipare, a aussi ses ca-
rac-
Mir scheint Y, wie ich im ı$.
$. bemerkte, das unterste Brust-
bein. Wenigstens ist so viel ge-
wils, dafs Collini’s Abbildung
ganz diese Knochen
vorstellt, folglich, dafs sich nach
derselben nicht richtig urtheilen
lälfst.
unrichtig
h,
5+
Ich kann diesem Urtheile um
so weniger beystimmen, als mir
Hrn. Cuvier's eigene, genau an-
geführte Berichtigungen der Col-
lini’schen Schilderungen, nur
noch neue Gründe zur Befesti-
gung meiner Meinung darbieten.
55-
Dürfte ich die sieben Worte
ce reptile — ovipare — le rac-
cour
racteres generiques particuliers;
mais la nature, fidele Asa marche
ordinaire, les a produits seule-
ment en allongeant ou en rac-
coureissant quelques parties; le
raccoureissement de la queue,
Vallongement du museau, du cou
et de quatre membres, et surtout
Vexcessif prolongement du qua-
trieme doigt de la main, forment
ces caracteres
n’ont rien de plus extraordinaire,
generiques, et
que lallongement du bec du ga-
vial, celui des cötes du dragon,
et celui de quatre des doigts de
la chauve-souris.
$.
Il n’est guere possible de dou-
ter que ce long doigt n’ait servi
ä supporter une membrane qui
formoit a l’animal, d’apres la lon-
gueur de l’extremite anterieure,
une aile bien plus puissante que
celle du dragon, et au moins
egale en force A celle de la
chauye-souris. Notre animal vo-
loit donc autant que la valeur
de ses muscles le lui permettoit;
il
20
ADD
courcissement de la queue —
weglassen, so wäre ich mit die-
sem Absatze ganz vollkommen
einverstanden,
Denn, es ist doch sehr zu be-
denken, dafs der Schwanz unse-
res Thieres nicht blols verkürzt,
sondern, was bedeutender seyn
möchte, zugleich äusserst dünn
Ich halte
daher noch immer, wie im 20. \.,
und zart erscheint.
für einen Hauptcharakter der Ei-
dechsen ‚‚den als eine unabge-
setzte Fortsetzung. des Rumpfes
selbst
bey der Eidechsenart, die man
Stellio brevicaudatus nennt.
erscheinenden Schwanz”
56.
Es gewährt mir wahre Freude,
durch diese sinntreiche und schö-
ne Stelle dasjenige aufs herr-
lichste bestätigt zu erhalten, was
ich nach langer Ueberlegung in
den \j. 32 und 33, nicht olıne
die grölste Umsicht und Behut-
samkeit, zu äussern wagte,
»
156
il se servoit ensuite de trois doigts
courts et armes d’ongles crochus
pour se suspendre aux arbres;
ce n’est que dans le vol et dans
la suspension que ce cou et cette
tete, plus long que ses pieds,
pouroient ne le pas gener; ses
dents ne lui permettoient point
d’entamer les vegetaux, et sa
taille ne lui permettoit guere de
poursuiyre que des insectes; en-
fin la grandeur de ses orbites
doit faire juger de la grandeur
de ses yeux, et celle-ci doit
faire croire que c’ctoit un animal
nocturne.
$.
Aucun naturaliste ne doutera
qu’un tel etre n’ait appartenu ä
Vordre des sauriens, et par con-
sequent n’ait &et@ couvert d’ecail-
Ainsi, a ses couleurs pres,
x
les.
nous le connoissons aussi .bien,
que si nous l’ayions observ& vi-
vant.
5
7.
Herrn Cuvier’s edles Gemüth
läfst mich hoffen, dals er es selbst
am meisten schätzen werde, dafs
ich hier nicht als versteckter
Zweifler, sondern als offener
Gegner dieser Meinung auftrete.
Ich habe zu gegründetes Ver-
trauen in seine Wahrheitsliebe,
und eine zu: hohe Achtung für
seine Menschenkenntnils, als dafs
ich erwartete, dals er gegenseitig
in meiner Abhandlung etwas an-
deres als Wahrheitsliebe, und in
meinem Nachtrage etwas anderes,
als
$.
ll reste a savoir sı quelqu’un
ä jamais vu rien d’approchant
dans la nature vivante. Je ne
crois pas du moins que les na-
turalistes aient rien decrit de
semblable.
$.
Hermann me rapella une
peinture chinoise, gravce dans
7 le
157
als von aller eitlen Rechthaberey
entfernte Freymüthigkeit ent-
decken werde.
Es ist wohl eben so wenig ein
sonderliches Verdienst, ein vor
sich habendes Original richtig zu
schildern, als ein sonderliches
Versehen, nach einer unrichtigen
Abbildung nicht richtig vom Ori-
ginale zu urtheilen.
58.
Sollte ich mich irren, wenn
ich Herrn Leschenault's pte-
ropus minimus für ein solches
Thier, approchant dans la nature
vivante, halte? Ich wünschte
darüber Herrn Cuvier's eigene
Belehrung 60°).
59.
Ich kenne dieses rohe, in Holz
geschnittene, kaum die Ehre
die-
60) Dieser vorhin zum 22. $. angeführten, mir zu Theil gewordenen Belehrung zu-
folge, nähert sich zwar der Pteropus minimus unserm Thiere’ mehr als andere
Pteropi, allein doch bey weitem nicht in dem Grade, als man es uach Herrn
Leschenault's Angaben vermutheten sollte,
an
le Journal intitul& Naturforscher,
Vlle cahier, pl. C, fig. 4.
Cette figure grossiere,
d’un livre d’histoire naturelle chi-
tiree
nois, que l’on conserve dans la
bibliotheque de Trew ä Altorf,
representE une chauve - souris,
avec un bec d’epervier, et une
longue queue de, faisan. C'est
une image fabuleuse; et quand
elle seroit vraie, elle n’auroit
point de rapport avec notre ani-
mal.
dieser Citation verdienende Fi-
gürchen,
— > 0 u I) m
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159
EI SEC IV SIE SL TITEL ZELLELZELELTEELLZLELSLTLCLILLEF
V.
TAN .D708,
ermetnewe ,Vogelmattung,
Von
MıcuAer Opper, Ad).
Vorgelesen in der mathematisch - physikalischen Classe am 4. Juli ıBı1.
So sehr die Drosselgattung schon durch ein lebhaftes Aeusseres,
eine freye Stellung, eine Schnelligkeit der Bewegung, die man nur
an den Motacillen des Linne wieder findet, und durch die beson-
dere Art des hüpfenden Ganges ausgezeichnet ist; so findet sich
doch vorzüglich in dem Verhältnifs mehrer Theile gegeneinander
ein so auflallender Unterschied, dafs sie wohl jeder darnach auf
den ersten Anblick in zwey Unterabtheilungen bringt. Es ist näm-
lich bey den eigentlichen Drosseln der Schwanz durchaus viel län-
ger als die Flügel, und die Füfse im Verhältnils kürzer ; dagegen
bey den sogenannten Ameisenvögeln (fourmiliers Buff.) diese sehr
lang, wie an den Rallusarten, und der Schwanz bey weitem kürzer
als die Flügel. Selbst Buffon, der bekanntlich kein Freund des
Systemes war, kat diesen Unterschied sehr lebhaft gefühlt, und die
Arten dieser Gattung, wenn auch nicht durch Charaktere, wenig-
stens
ı6o
stens durch verschiedene Namen getrennt. Sey es auch, dafs eine
oder die andere Art mit Unrecht verwechselt wurde, so wird ihm
doch jeder gern diesen Fehler nachsehen, der die Schwierigkeiten
der scharfen Bestimmung fremder Arten kennt, die selbst bey der
Hülfe grofser Kabinete nicht gehoben werden könne, besonders
wenn die Reisenden nicht sorgfältig genug sind, bey ihrer Rück-
kunft, oder an Ort und Stelle beym Ausstopfen vorzüglich auf die
Haltung des Thieres die gehörige Aufmerksamkeit zu verwenden.
Leider findet sich dieser Fehler, auch in den gröfsten Sammlungen,
häufig genug, um dem Studium der Naturgeschichte bedeutenden
Nachtheil zu bringen. Endlich, wie ist es nach den nicht immer
hinlänglich getreuen. Beschreibungen der Reisenden möglich, die
Thiere gehörig zu ordnen, wenn man sie nicht selbst untersuchen,
oder mindestens sehen kann; ja wenn man nicht einmal ein Bild
zu Geboth hat, welches den Charakter mit hinreichender Genauig-
keit darstellte, ein Fehler, der sich in unsern neuesten naturhisto-
rischen Werken häufig vorfindet, und auf dessen Hebung man be-
sonders in der Ornithologie um so mehr sehen mufs, da die Haupt-
unterschiede der Vögel noch jetzt in den oft so kleinen Abweichun-
gen der Fülse und des Schnabels liegen. — Auf diese Art wird
es begreiflich, wie, selbst von Linne&, der Corvus brachyurus von
den Drosseln getrennt werden konnte, den doch jeder, gleich auf
den ersten Anblick, zu den Ameisenvögeln rechnen würde, und den
zu gleicher Zeit Buffon wirklich. den Drosseln beygesellte. Aber
Fehler dieser Art können hauptsächlich nur Männer, die sich in
der Nähe grolser Kabinete befinden gehörig berichtigen.
Linne und nach ihm Latham bringen die Gattung Turdus
in die Abtheilung Ernarginatirostres mit der Diagnose: mandibula
superior pone apicem emarginata, und rechnen hieher noch- mit
vollem Rechte die Gattungen Ampelis, Tanagra und Museicapa. In-
dessen ist bey-beylen die Gattung Tanagra durch so wesentlich
verschiedene Arten entstelli, dals es durchaus nothwendig wird,
alie
161
alle kritisch zu untersuchen, wozu aber bier nicht die geeignete
Stelle ist. Bechstein hat in seinen Schriften die Kennzeichen
seiner beyden Vorgänger angenommen; allein auch noch die Gat-
tungen Motacilla, Sylvia, Accentor und Alauda damit, wie
ich glaube, sehr richtig vereiniget, obgleich die Gattung Alauda
sowohl durch einige sehr auflallende Charaktere, als auch durch
dem äussern Habitus und die ganze Stellung bedeutend abweicht.
Herr Dumeril, in der Zool. analyt. reiht die Drosseln in die erste
Familie Crenirostres ou Glyphoramphes mit der Diagnose:
pallereaux ä une ou deux echancrures au plus sur la pointe du bee
und rechnet hieher die Gattungen Pie - gricche, Merle, Gobe-
mouche, Cotinga und Tanagra. Es ist allerdings sehr richtig,
wie schon Bechstein in seinem Handbuche bemerkte, dafs die Wür-
ger (Pie - grieche) dem Schnabel nach sehr mit den Drosseln ver-
wandt sind. Nichts desto weniger unterscheiden sie sich doch durch
so wesentliche Kennzeichen von ihnen, dals man sie deswegen schwer-
lich in eine Familie reihen dürfte. Herr Dr. Wolf endlich bringt
die Drosseln in seinem Taschenbuche der deutschen Vogelkunde in
die Unterordnung: drosselartige Vögel, und rechnet dahin die Gat-
tungen Turdus; Cinclus und Sturnus. Die angegebene Diag-
nose: "meist mit etwas messerförmigem Schnabel; grölserem Kör-
per; Insekten und Beerenfressend”, ist zwar allerdings richtig; in-
dessen wird er es doch kaum in der Natur rechtfertigen können,
die Drosseln und Staare in eine Abtheilung zu bringen, die doch
nicht nur in ihrer Lebensart, sondern selbst dem Schnabel nach
sehr wesentlich verschieden sind.
Was aber in Sonderheit die Gattung Turdus betrifft, so hat
Linnd vorzüglich und nachher Latham ihre Kennzeichen so meis-
terlich festgesezt, dals man sie noch in unsern Zeiten faft wörtlich
beybehält. Deswegen wollte ich selbe auch nicht hieher setzen,
um alle Wiederholungen zu vermeiden. Indessen haben diese bey-
21 .den
162 Bee
den so ausgezeichneten Naturforscher die zahlreichen Arten nicht
in Unterabtheilungen gebracht, und nur Buffon machte uns, wie
ich vorhin bemerkte, durch den Unterschied der Worte vorzüglich
aufmerksam. Herr Dume£ril hat aber in seiner Zool. analyt. drey
Sectionen angezeigt, von denen die erste die Arten mit sehr hohen
Fülsen, und sehr kurzem Schwanze - die fourmiliers ou formieivori,
die zweyte die mit geflelitem Gefieder- die grives ou baccivori, und
endlich die dritte - die mit einem falt einfärbigen Gefieder - die mer-
les proprement dits, merulae - in sich begreift. Die Unterschiede
dieser beyden Sectionen fallen wohl Jedem gleich beym ersten An-
blik als unzulänglich genug auf; die der beyden ersten aber sind
vollkommen richtig.
Das in jeder Hinsicht so merkwürdige Continent von Neuhol-
land, welches den Naturforschern durch die Existenz des Orni-
thorynchus paradoxus und der Echidna hystrix schon manches
harte Problem zu lösen gab, hat auch die Drosselgattung nicht nur
mit einer Menge sehr schöner Arten, sondern auch mit einem Vo-
gel bereichert, der aus einem Sumpf-und Landvogel zusammenge-
setzt scheint, nach meiner Einsicht aber keiner andern, als dieser
Gattung näher verwandt ist; ja der sogar, wenn man die mehr als
ı36 bekannten Arten mit den neuesten Naturforschern in zwey
Gattungen trennen wollte, in ihrer Mitte, gleich nach den Ameisen-
vögeln zu stehen käme. Aus diesem Grunde habe ich mich auch
weitläufiger über selbe verbreitet, als ich es gemäls den Gränzen
eines solchen Aufsazes sollte. — Bekanntlich hat Latham uns schon
mit zwey Arten Turdus grallarius und cyanurus (ind. ornith. pag.
219), bekannt gemacht, von denen er sagt: dubiae inter corvos et
turdos, sed ob pedes longissimos et femora denudata inter Grallas
acdue numerandae. Unmittelbar an diese nun, wenn sie anders zu
den Ameisenvögeln gehören, schliefst sich dieser Vogel an, welchen
Cuvier, der über die ganze Olasse eine vollkommen neue Arbeit
‚unter-
RER GT 163
unternahm, mit allem Recht als eine ganz eigene neue Gattung be-
trachtet. Zur grölsern Deutlichkeit wird es aber nothwendig seyn,
die Hauptkennzeichen der Drosseln hieher zu setzen, damit die Un-
terschiede beyder Gattungen deutlicher in die Augen fallen.
Gattung, Turnus, Drossel.
Schnabel, fast gerade, dick, abgerundet, etwas messerför-
mig, am Grunde zusammengedrückt, die obere Kinnlade an der
Spitze ‚niedergebogen, und daselbst an jeder Seite ausgeschnitten.
Nasenlöcher, eyrund, blofs, oben mit einer kleinen dünnen
Haut halb bedeckt. i
Rachen, mit steifen Härchen besetzt; oben am Schnabelwin-
kel schräg herabstehende, lange, steife Borsten.
Zunge, faserig, an der Spitze ausgeschnitten.
Flügel, von mittelmäfsiger Länge.
Schwanzlänge, verschieden.
Fülse, die mittlere Zehe an der Wurzel mit der äufsern ver-
bunden.
Nahrung: Insecten, Würmer und Beeren.
Die Vögel dieser Gattung sind von mittlerer Grösse, gewölbter
Brust. Sie haben fast alle einen angenehmen Gesang, beynahe wie
die Ammer, alle ein Gelocke, wodurch sie sich auf dem Zuge als
Verwandte herbeyrufen, einen hüpfenden Gang. Die Inländischen
sind Zugvögel. Dem Schnabel nach sind sie mit den Würgern am
meisten verwandt.
Unterabtheilungen.
a) der Schwanz merklich länger als die Flügel, die Fülse kurz
z.B. Turdus viscivorus, iliacus etc.
ZEN b)
164
b) Der Schwanz bey weitem kürzer als die Flügel, die Fülse
schr lang, z.B. Gorv. brachyurus L., Turdus tinniens. etc.
Gattung, Tawvrus, Streckfuls.
Schnabel, fast gerade, länglich, abgerundet, etwas messer-
förmig, am Grunde zusammengedrückt, die obere Kinnlade an der
Spitze niedergebogen, und daselbst beyderseits mit einem kaum
merklichen Ausschnitt. GE
Nasenlöcher, sehr länglich rund, oben mit einer äufserst
dünnen kleinen Haut in etwas bedeckt.
Rachen, schien mit steifen Härchen besetzt; oben am Schna-
belwinkel schräg herabstehende, lange, steife Borsten.
Zunge —
Flügel, ziemlich lang.
Schwanz, viel länger als die zusammengelegten Flügel.
Füfse, sehr lang; die mittlere Zehe an der Wurzel mit der
äufsern verbunden, bis an das Kniegelenk befiedert.
Nahrung, Insecten, Würmer und Beeren.
Die einzige bisher bekannte Art dieser Gattung ist ziemlich
grols, von sehr gewölbter Brust, schmächtigem und länglichem Kör-
per, kleinem Kopf und dünnem Hals.
Tanypus australis, mihi,
Kennzeichen der Art.
Der Schnabel zulaufend; die Hauptfarbe schwarz - und weils-
bunt; die Backen weils, durch die Augen ein schmaler schwarzer
Streifen, auf jedem Flügel ein weilses Schild.
Ge-
165
Gestalt und Farbe des männlichen und weiblichen
Geschlechts.
Der Schnabel ist gerade, lang, abgerundet, am Ursprunge zim-
lich dick, gegen die Spitze zu aber ein wenig düner zulaufend als
bey den eigentlichen Drosseln; schwärzlich hornfarbig,
tze ganz schwarz; die steifen herabstehenden Borsten am Schnabel-
winkel lang, zahlreich und schwarz; die Nasenlöcher sehr länglıch,
elliptisch, oben mit einer schwachen Spur einer äufserst dünnen Haut,
die sie kaum merklich bedeckt. Die Zunge war beym Ausstopfen
verlohren gegangen. Die Fülse sehr licht gelb -bräunlich, die Nägel
kurz und wenig gekrümmt,.der Nagel der Hinterzehe aber etwas
länger, und mehr gebogen; die Fulswurzeln sehr hoch und wie die
Zehen geschildert, die mittlere Zehe bedeutend länger, als die üb-
rigen. An Grölse kömmt diese Art ziemlich unserer Misteldrossel
gleich.
an der Spi-
Die Stirn, der Scheitel, der Hinterkopf, das Genik, der Na-
cken, und die Schultern bis in den Mittelrücken hinein von oben;
die Kehle, Gurgel und Brust von unten schön sammtschwarz; über
den Augen von den Backen bis in die Seiten herab rein weils, um
die Augen aber und am Schnabelwinkel schwarz und von da aus
mit einer gleichfärbigen Binde, die sich bis an das Genik erstreckt,
sehr ausgezeichnet. Das Schwarz des Mittelrückens gegen den Steils
hin immer bleicher; der Bürzel selbst sodann, wie der ganze Unter-
leib rein weils, die kleinen und hintern Deckfedern der Flügel
bilden ein schr langes weilses Schild auf jeder Seite; doch sind
einige der hintern Deckfedern blos an der Spitze, alle übrigen
Deck-und Schwungfedern aber ganz schwarz; die zehn Schwanz-
federn sind zugerundet, lang, und vom Ursprung bis in ihre Mitte
rein weils, von da aus aber schön schwarz. Die Form des Schwan-
zes überhaupt ist zugerundet.
Das
166
Das Weibchen unterscheidet sich vom Männchen blos durch
das minder lebhafte Schwarz, und das weniger reine Weils.
Aufenthalt: Australien, wo dieser Vogel nach Herrn Peron's
Versicherung insbesondere den Saum der Wälder in der Nähe von
Gewässern zu seinem Lieblingsplaz wählt.
Nahrung besteht hauptsächlich in Insekten, Würmern und ver-
schiedenen Beeren, wenigstens nach den Resten zu schlielsen, die
Peron bey der Zergliederung im Magen fand. Die übrige Lebens-
Geschichte ist noch nicht bekannt.
Erklärung der Kupfertafel.
Fig. ı. Der Vogel.
— 2. Der Schnabel
a) von der Seite
b) im Durchschnitt.
— 3. Ein Fuß.
—
ZZ
167
000999:3999929699999998000999 >009989 9095900996 82a 37-2 000°
VI
LIE TRErMART,
M.D. et Prof. Hamburgensis -
deGerebro etnervis
commentariolus. *)
I et mihi, quamris aetate jam affecto viribusque infirmi,
quaedam judicio illustris Vestrae Societatis submittenda in medium
proferre. Praecipue celebratam ex aliquo tempore virorum clariss.
Gall et Spurzheimii doctrinam de cerebro et nervis confideran-
dam mihi fumfi. Solertiam quidem illorum in adminiftranda cerebri
anatome, de qua ipfi mihi heic Hamburgi tefiem elle contigit, haud
inficior: led de argumentatione phyfiologica nonnulla mihi monenda
videntur. Sic materiam illam coloris cinerei, quali gelatinae folum
fimilem defcribunt. :) Attamen praeltantes Anatomici, Ruy[chius,
Albi-
# *) Scripferam haee ante biennium, cum forte cerebri nervorumque [yftematis con-
MR füitutio Parifis in difceptatione verfaretur. In publicum ea proferre hactenus
| dubitavi. Attamen, voluntatem et fiudium meum erga illufrem hanc Academiam
3 qualicunque opera declarare, officii mei ducens, fpero fore, ut vel loquacitatem
u fenilem ignofcere velint venerandi Sodales. 2
») Mem. pofier. p. 84. Quin ipfi cum approbatione afferunt defcriptionem van der
Haar „que la partie, qu'on appelle corticale du cerveau, [oit une fubliance
presque inorganique. **
168
Albinus, 2) ficuti et nuper Sömmerringius nolter, 3) clare
oftenderunt, ex interiore, cerebro adjacente, fuperficie membranae
vafculofae undique confertim oriri vafcula arteriofa minima, quae
haud ramorum inftar, fenfim diviforum, procedunt, fed ad angulos
rectos, veluti crines ex pelle, praecipites in cinereum illud corpus
demerguntur et per illud in medullam usque pergunt. 4) De ramis
nempe majoribus, conlpicuis, rarioribus, qui per medullam perme-,
ant, hie non agitur, fed de minutiffimis fere perlucidis, quales ex
incumbentibus illis cinerei corporis valıs oriri probabile ei. Num
enim naturae eonlentaneum judicari potelft, vafculorum illorum co-
piam, absque ufu aliquo ulteriori quam repletione hujus parenchy-
matis, in venas [uas reverti? Nonne potius omnino coneludendum
efi, per vafa ifia capillaria praeparationem, l[ecretionem, aut gene-
rationem fieri continuatae_materiae medullaris, ficuti in quavis alia
corporis noftri parte quae cuivis propria natura eft, carnis, glan-
dulae, ceterorum, oritur et generatur ex nutrientibus arteriolis.
Quomodocunque vero fe habeat connexio materiae cinereae cum
albicante medulla, conceditur tamen, priorem elle organum praepa-
rans, ipfigue laudati viri illam pro fonte et origine polterioris ag-
nofcunt; appellatione tantum minus clara aut commoda -utuntur,
dum faepius matricem vocant.
Quod ad functionem autem medullae attinet, haud accufari' de-
bent noftri temporis Phyliologi, quafi canales in illa fiatuentes pro
tran-»
2) Annot. acad. I. c. ı2. tab. 2. Equidem anno ı753, cum Leydae fiudiofus medici-
nae cllem, ipfe fummum hune virum fubtilia haec praeparata ofiendentem vidi ac
de illis dilerentem audivi.
3) In ipfis his commentariis Vol. ı1. adjectaque tab. ı.
4) Maxime igitur abhorret a vero, quod allerere dieitur (in illoram Mem. pofter.
p- 270) Demangeon „Aute nofiros Gall et Spurzheim anatomicos cineream
illam cerebri partem- pro pulpa tautum quadam habuilfe,, aut acervo globulorum
vel glandularum, neque verum ejus ulum perlpexile.
169
tranfitu quorundam nervorum fpirituum. Docuerunt enim nos eleo-
trica phaenomena, hujusmodi fabricatione non opus elle ad effectus
viresre quam celerrime propagandos. Hinc naturam ejus tantum pro
conductrice habemus flüidi cujusdam penetrantis, quod pro organo
infervit animae nofirae facultatibus exercendis et perceptioni rerum
externarum. Hujus licet ipfam reconditam indolem rimari haud pol-
fimus, fuadet tamen velocitas. efiectus fie dieti Galvanismi, illam
cum hujusmodi fluido comparare.
Sic et haud amplius de materia nerrorum in fcholis nofiris do-
cetur, pröfluere illam a cerebro, ut ab unico fonte, nerrosque
inde, ficut arteriae a corde, in corpus omne duci et profieiscı.
Monrousnempe, Soemmerringius et Reilius jam aperte often-
derunt, illam potius ex propriis ambientibus arteriolis (materia ci-
nerea) ubigue oriri et augeri, atque fic explicari polle generatio-
nem f[yftematis nervini in acephalis, ete. Quando igitur dicimus,
nervum aliquem ex hac illave parte encephali provenire, aut pro-
gredi, non nifi connexionem aliquam harum partium defignare volu-
mus. - Ad ipfi illi, qui nos carpunt, fafciculos neryeos in medulla
oblongata confpicuos originem elle dicunt nerrorum, qui cerebra-
les vocantur. -
,
Sed de hac illorum paradoxa doctrina, quae nonnullis arrifilfe
videtur, amplius aliquid diceendum puto — Invertere nempe ordi-
nem, qualis hucusque nobis apparuit, conantur; omnem enim yim
medullarem, quae cranio continetur, expanfionem tantum, five evo-
lutionem effe volunt nefcio cujus germinis, in medulla oblongata
vel corporibus diciis pyramidalibus conditi, dein fenfim, ab inferio-
ribus ad [uperiora procedendo auctam.
Tractus quidem fibrarum medullarıum ulterius quam folitum
erat, prolecuti funt yiri hi clariffimi: fed, quid in his amplius often-
22 ditur
\
170
ditur quam fitus et connexio? ex quibus directio, utrum huc illucre
tendant, convergant divergantre haud declaratur. Z
a
Ex viribus igitur tantum, aut effectibus, a nervis pendentibus;
de praecipuo harum vel illarum partium dignitatis gradu et facul-
eultate judicandum efi. Quid vero in his apparet? Medulla oblon-
gata ubi .aliqua in parte laeditur aut comprimitur, nonne malum,
quod hanc interruptionem conlequitur, verlus inferiora tantum per-
tinet, haud vero ad caput afcendit? E contrario cerebri comprellio,
aliquot guttae (anguinis illic effufi, nonne vel totius medullae [pina-
lis, nervorumye inde orientium, vel, per decuflationem fibrarum,
alterius [altem lateris paralyfın efheiunt? Comparatio igitur trunci et
coronae arboris, aut efflorefcentiae cujusdam, cum medullae habitu,
pro allegoria tantum poätica habenda elt, minime vero pro analogia,
quae in phaenomenis fundamentum habeat.
Incrementum quidem ajunt fenfim afferri afcendenti trunco me-
dullae per- disperfas organi cinerei particulas. Verum hae, proximae
cuivis medullae nervinae alendae deftinatae, quomodo ad generan-
dam totius encephali medu!lam fufüieere poflent? Quae autem ratio
eft, cur hie praetereamus illum, qui ante oculos pofitus eft, miriß-
cum apparatum innumerabilium valculorum, quae, ex amplae mem-
branae vasculofae geminatis plicis, m ipfas anfractuum”incifiones fe
immergentibus, 5) creberrime orientia, fine dubio medullae gignen&ae
nutriendaeque inferviunt? quorum igitur comprehenfio, cum cerebri
univerfi fuperliciei incumbät, haud incommode cortex vocatus elt.
Hanc rero uberrimam copiam pro adventitia tantum habere, et pri-
mariam originem a partibus inferiorihus repetere, quomodo naturae
congruens videri poteft? Directio tamen fibrarum in medulla hisce
anatomieis fyfiema aliquod nervorum verfus medias partes tendens
‚ofiendere vila eft, quod fine ratione recurrens vocant, aliudque huic
con-
s) V. Soemmerringium in horum commentar. Vol. I.
>
r
ı71
’
contrarium adeffe exiftimant. Cum vero ex utroque latere ambientis
membranae vasculofae interjacens anfractuum medulla oriatur, patet,
quomodo in medio illorum , five tenuibus filamentis continuatae [int
fibrae, five faltem finibus fuis oppofitae, facile illic feparentur, mol»
lisque pulpa tunc utrimque digito vel infirumento quodam ita com-
primi polft, ut planam fere membranam mentiatur.
Confideremus jam tenuia in foetu prineipia. Ponamus licet, una
et fimul gigni totum [yftema nervmum: quaeri tamen potelt, quaenam
pars primo perficiatur aut praeyaleat? Scimus autem, primis jam
conceptionis menfibus, cum tota vertebralis columna modo incipit ap-
parere, caput jam magnitudine elle confpicua, ac pracfertim partem
ejus conrexam fuperiorem, dum bafis pro ratione exigua elt.
‚Attamen iidem auctores eo usque profequuntnr fententiam fuam de
efllorefcentia e trunco furfum tendente, ut ipfos in cerebri fuperficie
anfractus pro termino habeant [yftematis nervini, -et complemento
organi facultatum animae. Refutantur vero ipforum allertione, qua
einereum illud corpus, feu cortex illic fitus, pro matrice faltem aut
praeparante apparatu declaratur. Illud igitur quod inde exoritur prae-
cipuum organon in media potius medulla et verfus bafin cranii quaeri
deberet, id quod et obleryationes laefionum encephali probant, quas
in fuperficie corticali minoris momenti elle confiat. Mirandum denique,
quod contraria ratione analogiam intercedere putant inter cinerea ift-
haec praeparantia vel nutrientia organa et expanfiones nerveas in [en-
fuum organis, veluti in nervea oculorum, et ceteris, quae tamen neque
habitu, neque ulu conveniunt, cum in his neryi jam ad finem perducti
medullam interiorem explicent. Increfcere quidem illic aut augeri
ajunt; (ed reputandum fimul foret rete filamentorum, expanfam illam
meduilam recipiens et [uftentans.
Inter has vero nerrorum expanfiones illud quam maxime toto
‚corpore diflufum reie Malpighii, incongruenter membrana mucola
22 ? dieta,
1723
dicta, haud rite a plerisque phyfiologis aeflimata mihi videtur. Ex
omni quippe analogia proprium tactus organum in illa fitum elle,
cenfendum puto. Nonne enim fimilis retis mucofi fabrica pro functione
nerrorum peculiari apparet in oculo et in aure interiore? Cur igitur
“non hujusmodi apparatum et in odoratu, 6) in gufiu tactuque ad eum
ufum conftitutum elle dieamus? — Terminari nervos ıftos in cutaneis
fie dietis papillis, ajunt anatomici: verum ifti colliculi nonne undi-
quaque eodem rete obducti funt? 7)
Videtur autem, quod obferyandum puto, nervis, peculiarı cuidam
functioni deftinatis, adjunctum effe, ut medulla illorum, antequam
evolvatur, divifa, tenuibus inter fe communicantibus tubulis (neurile-
“matibus) contineatur, iisque adeo elafüicis, ut fecto nervo medulla
inde exprimatur. Divifio haec in nervo ophthalmico, dum oculum
ingreditur, celare demonftrata eft a cl. Reil, 8) et protrufio medullae
e vaginulis disfectis a Ledermullero. 9) Ante divifionem medulla
trunei hujus nervi, obfervante Monroo,!°) minus quam ceteri hu-
mani corporis nervi fibrarum formam oftendunt. Ita quoque nervörum
quıntı
6) Facile apparet, non ipfam fie dictam pituitariam membranam, quae mucum fecer-
nit, hic intelligi, fed expanfionem nervorum, quam, inter hane et periofteum fitam,
eleganter deferibit folertifimus Scarpa, qui ipfe adeo (Anal. annot. 1, 2, p, 55.)
variis argumentis probat analogiam eum oculi retina et auditus organo,
7) Anatomicus egregius Wrisberg, quocum opinionem illam meam communicave-
ram, opponebat mihi , fe neryorum cutaneorum extremes ramulos difiincte usque
in papillas ifias perfequi pofe. Verum et ceterorum [enfuum nervi pariter per
tenuia difiincta fila organa fua intraut, et denique tamen pulpa illorum in rete
aliquod explicatur.
t 8) De fiructura nervorum, tab. 3. fig. ı5.
9) Microfcop, Ergoetz. tab. LI. p. ı00.
10) Three treatises: p. gı. Attamen, corrupto oculo, fibrae deprayatae ultra decus-
fationem confpieiuntur; fecuti primus oftendit cel. Soeemmerring, hujusque exem-
plum in equi cerebro observatum exhibet el. Ebel: Oblerv, neyrolog. tab, I.
fig. 1. et 2. p, 20.
“ae:
RT Er Dun; er
/ «73
quinti paris originem deferibit fubtilis anatomieus Bichat ır) „d'un
tubercule, ou bulbe de [ubliance me&dullaire, auquel les filets tiennent
peu.” — Nonne igitur nervorum natura in medulla continuata [eu
producta, et per confirictionem illarum vaginarum peculiari modo
affecta, conliftere videtur ?
Mollis autem illius evolutae et denudatae medullae pagina externa
‘peropportune in cute contegitur epidermide, fingulari illa excretione,
müucolae naturae, !?) quae in granula et fila, proxime fibi accumbentia,
indureleit, 3) illudque habet proprium, quod non injuriis modo aöris,
fed et rodentibus variis, et vel adultioni a fervente aqua, quin iplius
fulminis flammae refifiat, dum haec, ut olim :4) pluribus exemplis
oftendi, inter veflimenta et epidermidem, a capite ad calcem prae-
terfluit.
i Trans-
11) Anat. defeript, V. p. ı62.
2) Confirmari hoc video, chemica quoque analylı a viris clarifimis , Fourcroy et
Vauquelin, in Mem. de I'Infit. de France. an. ı808. p. 236. et Annal, du Mus,
d’Hif, Nat, T. XII. p. 61. — Sed, quod, praeter epidermidem, ungues et cornua,
quae ejusdem naturae funt, pilos quoque et pennas huc pertinere ajunt, probare
mihi baud videntur, Haec enim corpora adventitia, quantumvis muci contineänt,
merae tamen excrelioni adnumerari non poflunt, cum fint organica, et pili quidem
proprie in adipe gignantur, pennae vero, ut et [quamae fingulari radice in cute
affızae fint,
13) Proprie nempe epidermis haud, ut pleramque dieitur, in lamellas extenditur, fed
in fila, lateribus cohaerentia producitur, quae ad angulos fere rectos cuti inhltunt,
Geuti confpicuum eft, non in majoribus folum animalibus, Manato et Balaena, fed
et in calce plantae pedis humani. — Obfervandum quoque, quod et aliarum
partium involucra fimili ratione confiructa videamus, e. g. dentium vitream cru-
fiam, cartilaginem artieulos membrorum veltientem, crufiam Echini marini Caneri-
que. — Clavi vero pedum alius naturae funt, a comprelfione partis cujusdam
organica orti.
14) Vom Blüze $. 64. p. 154. fgq. et Neuere Bemerk. $. 59— 67.
"73 a—
Transeo ad confiderationem nodorum, quae ganglia nerving
dicuntur. Horum illa praecipua, quae cerebri medullae quafi nexam
eontinuationem interrumpere videntur, quae praeterca Winslowus
peculiaria cerebella vocavit, haud (emper accurate deliniuntur, et @
fimplici connexione nervorum aut turgefcentia quadam diflinguuntur,
Jonfionus jam anno ı763 regiae Societati Anglicae commentationes
quasdam protulit, »5) in quibus variis argumentis probabile reddit,
nodorum illorum functionem vel ufum elle, ut-neryos, im quibus in-
haerent, ditioni cerebri fubtrahant, utque inde per fe, absque ani-
mae nutu, motus musculorum aut fibrarum exeitentur. Mihi quidem
hocce illorum munus infigniter apparere vilum efi in ganglio oph-
thalmico lenticulari dicto, cum inter omnes ad oculum tendentes
nervos lolus ille nervus a nodo prodeat, qui in ramos ciliares dis-
tributus, infciis et invitis nobis contractionem pupillae efficit. :6)
Sagacillimus Bichat, qui in opere [wo anatomico dilucide expofuit
differentiam vitae animalis, quae ex vi cerebri pendet, et organicae,
quam ganglia regunt, monet, etiam per anatomicam inveftigationem
indagari polle differentiam habitus verorum gangliorum a conftructione
aliarum partium, quae perperam illis adnumerantur. Sie naturam il-
lorum nodorum neque in dilatatione neryi [pheno-palatini, nec in
illa nervi olfactorii, nec in diductione neryorum quinti paris agno-
fcit. De ultima hac fingulatim Wrisbergius ait — „in ea, quam-
vis aliquid reperiatur gangliorum formae fimile, primarium tamen
illud attributum defiderari, ut nervrulorum ingredientium decurfus,
directio, conjunctio et miscela abscondatur.” 37)
p At-
15) Philof, Trans, Vol. LIV. p. 177. LVII. p. ıa1, et LX. p. 30,
16) Cum pfittacus, uti notum eli, motum pupillae habeat voluntarium, operae pretium
foret, fubtili anatome oculos ejus examinare, anne ganglium iftud in illis dehiciat?
ı7, Obf, anat, de quinto pare nervor. in Commentationum fylloge,. Vol. I. p- 110,
6. 10. cell” 6. 9. — Similis et Halleri fententia fuit, telie Meckelio: De
quinto pare nervor. p. 21. not.
175
Attamen ifliusmodi organa, quamyis automatice mota et agentia,
fenfu omnino carere non pollunt. Provifum inde eft illis vario modo;
Primo per ramos, amborum generum nervos inter fe connectentes,
qui id habent peculiare, quod communiter fenfum ad cerebrum haud
transferant, fi vero aliquid extra ordinem accidat, veluti gravior laelio,
aut inflammatic, mens inde moneatur. Vim hanc, intellectu obfeuram,
cel. Reilius, dum de omni gangliorum apparatu egregie dillerit,
ingeniofe comparat cum fie dictis femi-conductoribus vis electricae,
aut cum non -conductoribus, qui aucto calore conductores evadunt. ’®)
Deinde et nervi, a cerebro recta progredientes, una cum illis, qui ex
nodis prodeunt, in eadem organa ingrediuntur. De hujusmodi dis-
tinetis et manifefiis ramis unicum exemplum affert Reilius 9) de
ftomacho. Sed memorandae quoque videntur illae minus apertae con-
ftructiones, ubi junctim diverfae iftius originis nervi procedunt. Huc
nempe, ni fallor, referenda eft nervorum fpinalium compofitio, cum
pars illorum, a pofteriori latere medullae orta, ganglio inftructa fit,
dum altera, quae ab anteriore proyvenit, nodum ifium praeterit, ambo
autem deinde, unico falciculo involuti, copulantur, 20) et fic per omne
corpus distribuuntur. — E contrario membra, quae [entiunt et vo-
luntati obediunt, vacua non funt a nervis automaticis, utpote quibus
omnino nutritio, [ecretio et fanguinis in arterüis propullio perhicitur.
Ex
18) Archiv für die Phyfiologie. Vol, VII. p. 189.
19) 1, c. Vol. VII. p. ı3ı.
20) Prochaska: de fiructura nerv. p. 121. tab, 1 et 3, — Soemmerring Anat, V.
$. 128, Miror, habitum hunc nervorum [pinalium , qui tamen in phyfiologia haud
levis momenti elle videtur, neglexiffe viros clar. Gall et Sp. in recenti opere:
Anatomie et Phyfiologie tab, ı et 2. quibus medulla fpinalis esprimitur. Aft illä
vel omnem hanc de nodis nervorum doctrinam praetereunt, illosque confundunt,
non [olum cum copulatione ramorum, qui plexus. vocantur, fed et cum eminentia
quavis in [yfiemate nervino , aut cumulo materiae cinereae, quin cum ipfa expan-
fione nervorum in fenfuum organis!
176 x
Ex nervis a gangliis procedentibus frequentes, uti notum eft,
oriuntur /ympathiae, quae ex illorum inter fe et cum aliis nervis
communicatione pendere videntur. Contrariae vero affectionis, inter
nervos voluntati obedientes, fingulare exemplum de motu oculorum.
proferendum duco. Recte nimirum cel. Monro annotat ?') vel in
ipfis modo natis infantibus, ut et in aliis animalibus, obtutum ambo-
rum oculorum femper fimul ad idem latus, five dextrum, feu lini-
firam converti, id ergo non ex confuetudine demum, fed ex naturae
infünctu fier. Verum neque illi, nec Soemmerringio, neque,
quod fciam, cuivis ceterorum anatomicorum in mentem yenit, con-
siderare paradoxam in eo nervorum moyentium actionem: Apparet
nempe, haud analogos musculos nervofos, fed oppolitos in hac con-
verfione agere, cum unius oculi adductor cum abductore alterius
con[pirari debeat, licet haud inter fe connexi fint et homonymorum
alteri potius originem propinquam et ab oppolitis remotam habeant,
Potior igitur hic efi voluntatis impullio quam fitus vicinitas.
Dabam Hamburgi, d. 28. Maii, ı8ın. -
21) Three Treatifes, p. ı21.
S. Th, Soemmerring
ad ndtaın 16. pag. 174.
Tpgeniohftenum hocce problema en mihi arrifit, ut ad illud ilufirandum lu-
bentiffime accederem, inprimis cum ab ipfo Auctore, multis mihi numeris Ve-
nerando, in litteris, ad Perillufirem Academiae nofirae Praefidem datis, invitarer,
at adderem fi quae haberem. Hujus ergo Viri Summi, mihique amieilimi, faafı
atque etiam adhortatione pauca (elegi ad egregiam hanc diflertationem condeco-
randam,
Opta-
tieren ege.e
ak
TREE
2
177
Optarem equident, ut ad lud problema penitus folvendum, pfittacorum
oculi recentes ad manus effent. Suepenumero enim mirandam, et ut yvideri
pofft, a voluntatis imperio pendentem iridis mobilitatem obferyaveram in pfitta-
cis, quorum infignis numerus Caffellis, dum ibi degebam, alebatur; fed horum
oculis in praefenti defütutus, neryos oculorum meleagridis gallopavonis, utpote
fatis magnorum et facile comparandorum fedulo examinayi, natas hac, occafione
meditationes breyiter traditurus. ;
In meleagride gallopavone feilicet, neryüs cerebri fecundus, vel opticus,
vix e thalamo, male quidem a nonnullis nofira aetate cum corpore quadrigemine
anteriore hominis compärato, emergens, focium fafeiculatim, ut hisce diebus
detexi, decuffans, et prelfe ei accumbens orbitam intrat, duarumque eirciter
linearum longitudinem emenfus, bulbum oculi penetrat, atque in membranam
medullarem, relinam vulgo dictam, transmutatur. Magnitudo hujus nervi öptici
magnitudini retinae, five quod eodem redit, magnitudivi bulbi oculi fui, fecus
ac in mammalibus quadrupedibus, refpondere videtur. Summam enim phyfiolo-
gorum attentionem mereri arbitror , quod nuper, nervos opticos brutorum cum
neryis opticis hominum comparando, animadyerti: in mammalibus quadrupedibus
nimirum, neryum opticum ratione ad bulbum, et fpecialiter ad retinam habita,
longe minorem effe ac in homine; exempli gratia: oculus equi, oculorum, quan-
tum quidem novi, omnium animalium terrefirium longe maximus, quippe magni-
tudine ut coram video , ipfum elephanti et rhinocerotis oculum multo, et huma-
num oculum multo adhuc magis fuperans, nery6 tamen optico jungitur, qui hus
manum nervum opticum vix aequat magnitudine. Quinimo bulbi oculorum Iyncis,
quorum fulsor in proverbium abiüt, quosque pariter coram babeo, volumine
quamquam humanis bulbis parum fint inferiores, neryis tamen oplicis junguntur
multo minoribus, .
An ideirco oculus humanüs maximo revera netvo optico gaudens, eam oh
eaufam etiam Omnium animalium oculis viridior, divino-quodammodo igne ditif-
23 ; (imus
178
fimus habendus? An ad hanc oculi humani insignem vivacitatem ayium oculus
fimili fere neryi optici magnitudine dotatus aliquatenus accedit?
Retina meleagridis parimodo ac in homine et in mammalibns preffe quidena
choroidea circumducta fed adeo leviter ei adhaeret, ut fectione bulbi recentis
tam transverfa quam verticali confefüm in plicas infgnes corrugetur, ob. amil-
fam nempe hac ipfa fectione firictam expanfonem. Foramen centrale retinae,
limbo luteo cinctum, in meleagridum gallopayonum, neque in aliarum avium
oculis unguam inyeni. An marfupium vel pecten nigrum forfan ejus vices [up-
plet? Manifefüfime fimul in hisce oculis meleagridum apparet, retinam nullo
modo ut recentifimi quidam magni nominis auctores perhibent, ultra coronam
ciliarem prolongari, fed cis eam parimodo terminari, ac in homine et mamma-
kbus obfervare folemus.
Nervus cerebri tertius, e eruribus cerebri oriens, in bafı encephali trium
linearum [patium emenfus, orbitam ad.latus externum neryi optiei, cui prelle
adjacet, intrat, primumque ramum analogo fere modo ac in homine, ad mufen-
lum rectum fuperiorem mittit, tum juxta tendinem pofteriorem mufeuli recti in-
ferioris et recti externi ramulum lecundum ablegat, qui fiatim in ganglion
ophthalmicum eiliare intumefeit,
Ganglion ifiud ciliare, ovatum, femipellucidum, duriufculum, e rubro
flavefcens, fitum inyenitur, ad latus externum nervi oplici tectumque finibus
pofierioribus mufeuli recti inferioris et recti externi.
Formato hoc gangliolo, idem ramus neryi tertii fecundus, iterum contractus
et albidus filum a ramo ophthalmico nervi quinti paris aceipit, et vix duarum
lineolarum fpatium emenfus, totus quantus, five nullo filo ablegato, nervum opti-
cum inter et tendinem mufculi nictitantis, fcleroticam bulbi tunicam oblique pe-
netrat.. Jam tunicam [cleroticam inter et choroideam illico in quatuor ramos
dirimitur, quorum unus iterum finditur, adeo ut quinque trunculi nervei paulu-
3 lum
|
En
SEIT ER TERE: 179
7
lum divergendo ad coronam ciliarem usque procedant. Hoc loco ifli trunculi
nervei tela cellulofa fiipata obvelati, in ramos diyiduntur, quorum duo in.
figniores ad infiar ferti iridem ambientes ubiyis ramos, ramulos et furculos
plexuum nervolorum more, inter fe invieem junctos, in eandem iridem:
Pporrigunt,
Magnopere autem haec fiructura differt ab humana.
1. Primo enim ganglion ophthalmicum ciliare in homine non ad folum neryum
terlium pertinet, vel ut vulgo dicitur a folo nervo tertio confiruitur, [ed e
conjunctis ramulis neryi tertii et nervi quinti paris conflatur. In meleagride
nofira autem hie ramus neryi tertii formato jamjam ganglio filum nervi quinti
paris demum accipit. Parimodo neryorum humanorum radix anterior, non
falutato ganglio radicis pofterioris, ad truncum a radice pofieriore [uperato
ganglio, eflormatum, accedit.
II. Secundo: In homine e ganglio ciliari nervuli iridis, ciliares dieti, oriuntur et
numero et magnitudine variantes; in meleagride noftra autem unus tantum
trunculus nervorum ciliarium communis adefi, qui antequam (cleroticam pe-
netrat non dirimitur, fed integer manet,
Il. Tertio: In homine nervulorum eiliarium non mode ut diximus, plures trun-
culi adfunt, fed etiam variis admodum locis choroideam penetrant, adeo ut
ubiyis circa choroideam pofiti reperiantur, in meleagride autem nervuli ci-
- liares inferiorem tantum choroideae regionem tenent, nullibi nifi in hac re-
gione inferiore, feleroticam tunicam inter et choroideam reperiendi. Quare
etiam in homine nervi ciliares non folum ab inferioribus, fed undiquaque ad
iridem perveniunt. Callide ergo et fapienter Ill. Auctor diserimen aliquod
neryos ciliares ayium inter et hominis fufpicatur,
23 . IV.
IV. Quarto: Jidem quinque trunculi nervorum ciliarium meleagridis feleroticam ‘
inter et choroideam, non adeo fubtiles ‚-textura neryis priva, fpecifica, varie- |
gata a me dicta, manifefto infigniuntur. Striae feilicet vel particulae albidio-
‘ res, transverfae, firüs vel particulis fufeioribus transverfis,, irregularibus
palim quodammodo alternant, quae firiata vel variegata neryorum fahrica in
fibris medullaribus maffae cerebvalis omn!no non apparet. Quamobrem mani-
fefio etiam hoc argumento patet, Il, nofirum Auctorem jure in Gallium et
et Spurzheimium animadyertere, improbando eos modo, vocabulo nervi
abuti. Hi quippe viri clariffimi, nefeio quo. infeliei noritatis fiudio fedueti,
vocabulum prifcum, proprium, accuratiffime definitum , optimum,, meritoque
ulitatifimum Abrae medullofae vel medullaris, omnino non admittendum,
fed plane rejieiendum, ejusque loco vocabulum nervi vel fibrae nervofae ubi-
vis fubfütuendum palam pronuntiant, Attamen, meo quidem judicio, jam hoc
charactere folo, ut alios, paragrapho LXXXIUH et LXXXIIIT. neurologiae a me
expofilos characteres taceam, nervi genuini vel {verijfiructura adeo abhorret a
quavis fibrae medullofae fiructura , ut nullibi, et nullo unguam modo nervus
cum fibra medullofa confundi, [ed femper et vbivis accuratifime ab illa
difingui queat, Summo hine jure, ab omni tempore, et quidem definitione
cum lozieis adaequata appellanda, nervum a quavis fibra medullofa cerebri,
cerebelli, et medullae fpinalis disjunximus. Nullus unguam anatomicorum lufus,
naulla philofophorum argutia, nullum phyfologorum arbitrium,, fed. natura ipfa,
et quidem durae membranae ope, adeo accurate quemvis nervum a quayis
malfae cerebralis fibra medullola difterminavit, ut qui accuratius, fubtilius,
difiinetius, apertius, manifefiius, clarius, certius, conftantius, facılius, verbo
melius difterminari polfit, prorfus non intelligam. Facile etiarn intelligitur,
non’modo firucturae diverfitatem, fed quoque ab hac firuetura pendentem
functionis diverfitatern intercedere, quominus neryos cum fibris medullofis
cerebralibus confundere liceat. Nervorum enim fila, inferioris quafi ordinis
srgana, fibris medullofis cerebralibus, fuperioris quali ordinis organis, fub-
feryiunt vel famulantur. Naturae ergo virtus et ordo, per omnium animantium
genera, perpetuam et aoternam eam legem fiabilivit, qua neryum vel filum
nerveum a fibra medullofa cerebrali difiinguimus. ve
m nn ı8ı
V. Quinto: Ganglion iftud eiliare meleagridis noflrae argumentum etiam exquifitum
et grave pracbet, ad demonfirandum: ganglia nervorum longe alium ufum in
oeconomia animali praefiare, quam ad generandos, alendos, augendos vel
corroborandos nervos. Certum efi, neryos et ganglia fimul adeffe, vel
ut vocabulo nofiris diebus vulgatiffiimo utar, coexifiere, 'atrıe con/pirare in
nesötiis yitae animalis rite peragendis. “Aerue cerium eilt, neryos et ganglia
folummodo ab arteriis, et nulla alia via, fimul generari, ali, augeri vel
corroborari. Hinc quum quotidiana experientia, et experimentis quoque
de indufiria inftitutis (atis fuperque conflet, neque neryi laefionem a ganglio
fuo fed ab arteriis [uis, neque vice verla ganglii laefionem a nervis [uis [ed
ab, arteriis fuis folummodo reparari; luce clarius fimul patet, neque nervos
ut generentur, alantur et roborentur gangliis indigere, neque ganglia ut gene-
rentur, aälantur et roborentur nevvis indigere. Quocirca contendere, a
gangliis- nervos generari, ali, augeri et corroborari, non modo ab’ omni
verifimilitudinis fpecie alienum, fed aeque abfonum videtur ac contendere, a
neryis ganglia generari et ali. Quis enim unquam vidit nervos e ganglis
pullulantes vel progerminatos? Quis e contrario non vidit. nervos validos et
robuftos in foetibus hominum et hrutorum vere acephalis, quos omnibus ea
de caufa in cerebro a Gallio confüitutis gangliis carere conftat? Quodfi epim
ganglia nervorum fontes efent, deficientibus his fontibus,, neryi etiam deficere
deberent. Analogiam autem quandam gangliorum cum gemmis arborum fingere,
ineptamque metaphoram pro explicatione ‚venditare, phyfiologum dedecet.
Quod me quidem attinet, pronuntiare non erube[co, me talem nervorum e
gangliis generationem mente nullo omnino modo concipere poffe. Ut vero in
exemplo nofiro fulfifiam, eur ramus nervi tertii adeo brevis ut brevior elle
nequeat, cerebro fuo adeo vicinus, ut vicinior effe nequeat, arteriis ophthal-
micis pre[fe accumbens, incremento novo, ganglii ‘ope ipfi fubminifirando
egeat? Cur e contrario filum ad eundem trunculum, efformato jam ganglio
demum, accedens, a trunco paris quinti ad minimum bis longiore ortum,
atque a cerebro multo remotius (mili ganglio five fimili novo incremento non
egeat ?
Verum
182% ” —— . —
Verum .enim vero cerehri partes, toto coelo et forma, et colore, et mollitie,’
pellueiditate, ftructura, pofitura, atque connexione diverfilimas, communi ganglii
nomine, univerfali quafi et oblcuro afylo comprehendere, feriam omnino Cl.
Auctoris reprehenfionem merebatur. Quid enim aliud fignificat ganglion quam
nodum nervorum? Quid ergo quaelo, conarium (glandula pinealis)) cum hypo-
phyfi, quid colliculi neryorum opticorum cum maeandriis partieulis cerebelli et
corporum olivarium commune gerunt? Quibusnam rebus commilfura ‚medullofa
fire nodus cerebelli cum gangliis nervorum (pinalium convenit? Nihilofecius ab
iisdem viris cl. iffae partes promifcue ganglia vocantur, ach hujus vocabuli ob-
fcuri magica quadam vi omne earum firuetaram et ufum obtegens velum tollatur.
Ut autem in uno tantum exemplo zer ardguzor difputemus, quid verbi gratia in
cerebri fiructura explicanda profecimus, conarium pro ganglio declarando? An
ullo modo inde intelligitur, cur conarium elephanti, equi, bovis, cervi, Capreoli,
vel ftiupidilßmae ovis, magnitudine abfoluta conarium hominis infigniter fuperat,
licet cerebrum ipfum horum animalium magnitudine humano cerebro multo fit
inferius? Cur idem conarium in canino vel felino, profecto non exili cerebro,
adeo fit exile ut exifiere ab antecefloribus nofiris negaretur ? Cur conarium in
euniculis, leporibus,, caftoribus longifimum tubae formam gerat? Cur conarium
in embryonibus equinis atramenti nigritiem habeat? Cur idem conarium in ho-
mine tantum , minime vero in brutis, conflanti naturae lege, aceryulum conti-
neat? Cur conarium folutum quafi vel fegregatum ab omnibus reliquis partibus‘
cerebri eminent, et bafi tantum leviter cerebro cohaereat? Cur in foeminis
saepe majus conarium quam in viris reperiatur? \Cur quandoque cayum adfit?
Cur denique conarium, diverfo a veris et genuinis gangliis modo nullos nervos
procreet? Quare fi ne rationem quidem intelligimus cur nervorum fpinalium
radıx polterior ganglio egeat, certe multo minus allegatarum quaeltionum ratio
intelligitur, conarium aliasque eerebri partieulas ganglia vocitando. Ingenue
ergo fatendum, nos conarii, celebratilimae particulae cerebri, functionem vel
ufum ignorare, atque nodos nervorum, ganglia dietos, neque manu neque
mente enodafle. Sed haec de gangliis nervorum hactenus.
Tertius
183
Tertius ramus paris tertii, trunei quafı continuatio, polteriorem finem
mufculi recti inferioris legens, ramulos in 'eundem ablegat. Quartus ramus
mufculo recto interno profpieit. Quintus denique ramus neryi terlü longilfimus
et validiffimus in mufculo obliquo inferiore conlumilur.
Quartus cerebri nervus, e fuperiori parte cerebri oriens, inter medullam
fpinalem et thalamum, longo satis itinere, procedens, per talem arctam ramo
ophthalmico nervi quinti paris nectitur, orbitam, mufculum rectum externum
inter et inferiorem intrat, et procedendo ad infiar coni adeo craflefcens, ut
craffitudine neryum fextum superet, ad mufculum obliquum,, in ayibus apprime
robufium, trochleari apparatu carentem, pervenit.
Nervus cerebri quintus, e latere medullae fpinalis oriens, arctaque tela
eum tertio, quarto et fexto nervo cohaerens, ramum ophthalmicum in orbitam
ablegat, qui dato ramulo ad trunculum ciliarem paris tertii [uperiorem, locum
orbitae legens, filum admodum fubtili mufculo majori nictitanti impertitur et
reliqua fui parte in nafum yel rolirum abit..
Nervus cerebri sextus. e medulla fpinali oriens, procedendo per cana-
lem craniı oflfeum, ad latus externum neryi tertii accedens, fiatim ramulum [ub-
tilem mufculo nietitanti minori femitendinofo conico mittit et reliqua parte in
mufculo recto externa confumitur.
Mufeuli oeulorum meleagridis gallopavonis, tam recti quam obligui, cum
humanis comparati, inveniuntur planiufeuli, lati magis quam eraffi, tali modo
triangulares, ut trianguli apex polieriora, bafıs priora refpieiat. Ratione volu-
minis bulborum habita, fex hi mufeuli multo breviores quam in homine repe-
riuntur, vix enim ad eirculum bulli maximum usque pertingunt. Levatoris
palpebrae loco, mufeulis duobus membranae nictitantis five palpebrae tertiae,
altero eonieo, altero ob vaginam qua tendinem mufeuli conici continet, vagi-
nalem
184 -
nalem appellando meleagvis gaudet. - Mufeulus obliquus fuperior cralfior et fim-
plicior quam in homine, trochleari apparatu, ut diximus ‚caret.
Nervi horum fex mufeulorum, ad yifus organon in meleagride pertinentium,
feilicet quatuor rectorum et duo obliquorum, in univerfum etiam dogma a me _
primum propofitum illufirant, feilicet; mufculos organorum fenfuum proprios,
inter omnes alios mufeulos voluntati parentium, longe maximis nervis gaudere.
Memorabile autem videtur, mufculum nictitantem utrumque tam conicum quam
vaginalem fubtilibus tantum neryulis profpici.
Pari modo nuperrime inveni mufculum fufpenforium oculi in equo, quam-
vis volumine omnes fex bulbi mufculos in unum junctos multo fuperat, fubti-
liffimis tamen neryulis profpiei. Quocirca non absque probabilitatis fpecie con- *
jicere mihi videor, mufceulum fufpenforium oculi in equo, prouti mufculum ni- ”
ctitantem utrumque in meleagride, longe etiam minori confiantia ac minus vivi-
da perpetuitate quam rectorum mufculorum aliquem agere.
Interim fufficiant haecce, donec. pfittacorum oculos obtinendo, ad reliqua
perficienda detur occafio.
a. J. XX. Juni MDCCCXT.
—r——
ae
185
— SS Ss... 9 o9S So 5 > 2. o—
vn.
CURTIT SPFRENGEL
Profefforis Halenfis
Dir Ehert 38-6
de
Germanis, rei herbariae patribus
Tin I
Dio potilfimum confilia in hoc commentariolo fequor: principio qui-
dem docendum efti, a Germania fola rei herbariae, temporum barbarie
penitus abforbtae, refütutionem prolectam efle; dein vero invefiigandae
funt plantae a patribus illis inventae, ut, et quaenam fit gloriae
amplitudo et quaenam loca recte a Linnaco ejusque fectatoribus
eitentur, pateat. Etenim id faepiflime in evolvendis rei herbariae
compendis et [yfiematibus deliderayi, tantum abefle, ut bonae,
quinetiam optimae [aepe icones eorum patrum ab illis diligenter ci-
tentur, ut Brunfelfü plerumque et .Conr. Gefneri figurae negligantur,
Fuchfü etiam et Tragi perperam interdum et ad alienas omnino
plantas referantur. Itaque operae pretium facturum me elle arbitror,
dum lucubrationes meas cum illufiri Academia communico: gratifica-
turum me etiam fiudio tironum elle fpero, qui emendare tutius
fynonyma mea opera et meliores nonnullas icones in patribus illis
invenire poterunt, quam quas vulgo citare lolent.
24 Com-
186 e
Comprehendit autem hic commentariolus primam feculi decimi
fexti dimidiam partem: quo tempore inclaruerunt praeter Hieronymum
Braunfchweig, immortalia nomina Othonis Brunfelfii, Cordi utriusque,
Euricii et Valeri, Leonardı Fuchlü, Hieronymi Tragi et Conradi
Gefneri. De iis, qui hos exceperunt, Guil. Turnero, Remb. Dodo-
naeo, Petr. Andr. Matthiolo, Matth. Lobelio, Car. Clufio, Joach.
Camerario, Jac. Tabernaemontano, Jac. Dalechampio, Profp. Alpino,
Fab. Columna, Cafp. denique et Jo. Bauhino, tum in hiftoria rei
herbariae uberius disferui, tum nimis longum duco, hic diligentius
praecipere.
Itaque ut vera rei herbariae forma, quam eo aeyo prae [e
ferebat, in confpectum prodeat, monendum eft, initio feculi decimi
fexti omnem rei herbariae penum hauftam fere fuilfe ex ‚Herbarüs
feu Hortis lanitatis; libris et obfcuritate auctorum, qui plerumque
monachi fuerunt, et ineptiarum incredibilium copia et iconum ligno
incifarum ruditate taediofis. Plerasque herbarum figuras e codicibus
Diofcoridis mutuo acceperunt, nonnullas plantarum nunquam vilarum
pro lubitu fibi finxerunt, paucisfimas vero noyas et meliores addide-
runt. (hift. rei herb. I. 289— 297.)
Cum vero, et principum Italiae liberalitate et commercio civi-
tatum florentilimo veterum fontium examen acriori ftudio agitari inci-
peret, Diofcoridis etiam et Plinüi codices liberius et ftudiofius tractati
funt et retractati, ut, quaenam plantae deferibantur, luculenter pa- ,
teret. In quibus fiudiis Hermolaus Barbarus , Marcellus Virgilius,
Nicol. Leonicenus, Pandolph. Gollenutius et Jo. Manardus laudabili-
ter defudarunt, licet a naturae ipfius fiudio alieni ellent. (hift. rei herb.
I. 305— 310.) Itaque in errores multos inciderunt, cum unicum et
ditifimum fcientiae omnis fontem Diofcoridem haberent et Plinium;
Grammaticis potius accenlendi quam naturae [crutatöribus.
, Ger-
aan
2
re
in 187
Germaniae autem laus eft ea ac gloria vihdicanda, quod prima
neceffitatem iplius naturae examinis perfpexerit, ac alacrı ftudio in-
genia nobiliffima a libris evocaverit in campos, filvas, prata, nemora
et montes, ut pateret, quam variae [int patriarum plantarum formae,
quam egregium inde doctrinae augmentum ex[pectandum fit, fi, citra
continuum veterum fcriptorum fiudium, ipfa plantarum natura inda-
getur. Neque tamen et haec difciplinae noftrae initia [ubito ducta,
neque fundamenta protinus ac miraculo quali quodam jacta funt:
fenfim potius ac minutatim dellexerunt Germani illi ab ineptüs her-
bariorum, ut proximus fuerit Braunfchweigius, paullo remotior Brun-
felfius, alienus Fuchfius, maxime alienus 'Tragus, novae vero doctrinae
auctor ac coryphaeus Conr. Gefnerus.
Namque Hieronymus Braunfchweigius, chirurgus Argentinenfis
(hift. rei herb. I. 295.), cujus liber de arte deftillandi primum editus
fuit anno ı500., icones plerasque ex herbariis veteribus repetüt,
plures tamen novas plantas adjecit, quarum icones paullo meliores
prioribus, indignas tamen, quae per fe citentur, adlegabo ad ea
loca, ubi a Fuchfio aut Brunfellio aut ipfo etiam 'Trago meliores
exhibentur, ut folum modo eluceat, quaenam plantae ab Hieronymo
primo indicatae fuerint. Utor autem editione, quae titulum habet:
„Das nüwe diftilier buoch der rechten kunft zu dilülieren, von meilter
„Iheronymo Brunfchweick. Strasb. 1319. fol.” Plantarum nomina
faepius falfa funt et ablona, delcriptiones adeo mancae et breves,
ut pro nullis plerumque habendae int.
Infigmia funt Brunfelfi, Moguntini, primum ludimagiftri Argentinen-
“ fis, dein autem medici Bernenlis (% 1534.) merita: primus enim meliores,
ad naturam delineatas icones exhibuit, quae omnino eitari pollunt;
nimia tamen defcriptionum parcitas et inopia; nominum etiam mira
confulio, cum ad veterum appellationes refugere necellarium, novas
autem formare nefas duceret. Utor editione herbarii Brunfelfiani
Argentor. 13532 et 1536. fol. tomis tribus. '
hi 2
2% Tem-
x
188 £
Tempore ipfi aequalis fuit Gordus-uterque, Buricius et Valerius;
ille hortulum quidem coluit, fed in veterum tamen commentariis magis
fibi placuit quam in naturae ftudio. (% Bremae 1333.) A filio Valerio
optima quaeque exfpectanda erant, cum per Germaniam et Italiam
laudabili induftria plantas conquireret, cum cognitis compararet, led
praematura morte ( 1344.) ereptus, fragmenta fola hiftoriae plan-
‚ tarum et commentarii in Diofcoridem reliquit, quae Gonr. Gelner
1561. Argentinae iconibus egregiüs ditata edidit. Has, tamquam
Gelnerianas genuinas, dein excitabimus.
Multo meliores pararit prioribus icones Leon. Fuchfius, prof.
Tubingenfis (% 15365), multo majorem plantarum eopiam conquilivit,
meliores addidit delcriptiones, ordine et herbariorum repudiato. In-
figni opere utor de hiftoria fürpium Balıl. 1542. fol., cujus icones
pictores Henr. Füllmaurer et Alb. Meyer, fculptor autem Rod. Speckle
confecerunt. }
Eum excepit Hieron. Tragus, facer praeco Hornbacenfis et me-
dicus Saraepontanus, qui omnes Riheno adjacentes regiones ab Helvetia
inde ad Geldriam usque [edulo pervefügaverat. (% 1554.) Quamvis
icones haud femper fidifimae fint, deferiptiones tamen meliores
prioribusque uberiores, loca natalia ubivis optime indicata novarum-
que plantarum copia egregia addita. Utor editione germanica (Kreu-
terbuch. Strasb. 1356. fol. )
Tandem immortalis Conr. Gelaeri, medici Tigurini (%* 13565)
gloria celebranda efi: tum quod multo elegantiores paraverit et fidiores
icones, tum quod primus partes florum et fructuum eflentiales indaga-
verit, tum denique quia cognationem plantarum et familias perfpexerit.
Ad haec etiam itineribus pluribus per Helvetiam et amicorum, Rau-
wolüi, Pennaei Anglı, Bauhinorum, Hentmanni Dresdenfis, Aretü
etiam et Vollati et Zwingeri lagatitate et induftria ita ufus fuit, ut
polteritati eorum inventa lancte (ervaret. Iconum ab ipfo paratarum
MD
189
MD reliquias a Trewio acceptas titulo: C. Gefneri operum botani-
corum tom, ı. 2. Norimb. 1754. ı771. fol.‘cl. Schmiedelius edidit,
tabula unica coloribus diftineta, XXI ligno et XX aeri incilis. GCi-
taba, infuper Valerii Cordi opera, quibus Gelnerus icones addidit,
et commentariolum de herbis lunariis, Tigur. 1555. 4.
His praemiffis adgredior ipfum plantarum -indicem ab. his patri-
bus inventarum' et delineatarum.
BakunreEtsıı noyac.
Veronica chamaedrys tom. ı. pag. 123.
_profirata tom. 3. p- 36. (Chamaepitys altera,)
Anagallis 3, ı69. (Sion) .
Scabiofa columbaria 2, 24.
Afperula odorata 2, ı1. 82.
Plantago cralla ı, 23.
Echium vulgare ı, ı1ı. (Buglofla fylvefiris )
Viola tricolor 2, 69. (Herba trinitatis)
Chenopodium Bonus Henricus ı, 62. 260.
Imperatoria. Oftruthium 3, 63.
Scilla bifolia ı, ı84. (Hyacinthus martius)
Allium urfinum 3, 137.
Polygonum Biftorta ı, 61.
Pyrola rotundifolia.3, 88.
Saxifraga granulata ı, 185.
Dianthus Carthufianorum 2, 58.
Cucubalus Behen 3, 129. (Smilax)
Sedum Telephium ı, 214.
Potentilla Anferina 3, 43.
Anemone Pulfatilla ı, 2ı7.
Hepatica ı, ı90. .
Helleborus viridis ı, 30. (niger)
Ajuga
we
u
190 \
‘ Ajuga reptans ı, 95. (Confolida media)
Lamium laevigatum ı, 152. (Urtica iners femina)
Leonurus Cardiaca ı, 160.
Mentha rubra Smith. 2, 76.
Linaria vulgaris 2, 39.
Scrofularia nodofa ı, 213.
Draba verna 2, 34-
Lepidium ruderale 3, 30.
Sifymbrium Sophia 3, 170.
Cardamine pratenlis ı, 218.
Raphanus Raphaniftrum- 3, 139.
Melilotus officinalis Willd. 3, 49.
Trifolium repens 2, 55. 3, 48.
Medicago lupulina 3, 48:
Hypericum perforatum 3, 8t.
Cnicus oleraceus 2, 67.
Artemilia vulgaris 2, 81.
Chryfanthemum Leucanthemum ı, 256. a;
Orchis militaris ı, ı03. (Satyrium I.)
malcula 1, 10. ( — mas) ö
conopfea ı, 106.( — femina) 3
Ophrys myodes ı, 105.( — IV.) j
Neottia fpiralis ı, 1055.( — V.)
Epipactis oyata ı, ı82. (Perfoliata malcula)
Equifetum limofum 3, 144.
Marchantia polymorpha ı, ıgı.
D
Bruyretsıawar veteribus jam notae.
Salrıa Verbenaca 2, 26. (Eupatorium) Plin. XXV. 9.
Iris Pfeudacorus 2, 47. Herbar. Braunfchw. 64. a.
Triticum Spelta 3, 205. 0Avg« Theophr.
Diplacus fullonum 2, 66. Diofcor. III. ı3. Braunfchw. 73. a.
191
Plantago major ı, ı, roAvveugoy Scribon. Larg. Braunlchw. 45. a.
media ı. 24. Diofe. HU. 153.
Alchemilla vulgaris 2, 33. 379. Braunfchw. ı07. b.
Syımphytum officinale ı, 75. Diofe. IV. ı20. cuuDurov.
Primula veris et elatior ı, 96. 97. Hermol. Barbar. caftigat. Plin.
Herba paralyfıs.
Myofotis Scorpioides ı, 176. (Cynoglofla minor.) Diofe. II. 214.
BUATWTIK. . .
Cynogiollum officinale-ı, 175. Diofe. IV. 129. xuvgyAurroy. Braun-
fchw. 65. a. ”
Anchula ofhicinalis ı, ı12. &yxourz Hipp. Braunfchw. gı. a.
Borago ofhcinalis ı, 113. Diofe. IV. 128. BovyAwrrov Braunfchw. 37. a.
Convolvulus fepium 3,90. Diofe. IV. 140. euiAa& Asız. Braunlchw.
116. b. /
Anagallis arvenlis ı,, 238. 239. Diofe. II. 209. dvayaArı.
Hyoscyamus niger ı, 224. Braunfehw. 37. b.
Solanum nigrum 2, 29. Diofe. IV. 7ı. arouxvos aymaioe.
Campanula rapunculus 2, 84. ? Nicandr. Egwor.
Verbafeum Thapfus 3, 57. Diofe. IV. 104. PAouos IyAsız.
Erythraea Centaurium Perf. 3, ız35. Diofe. IIL. 9. xsyraugıoy wırgov.
Viola odorata et palufiris ı, ı37. Diofe. IV. ı22. t0v.
Hedera Helix 2, ı0. ıı. Diofe. II. 20. xıccae.
Vinea minor ı, 178. Diofc. IV. 7. xAyuzrıs. Braunfchw. 72. b.
Sanicula europaea ı, 80. Braunfchw. ı07. a.
Ligufticum Levifticum 3, 116. Diofe. IM. 38. Aryvrrırov,
Coriandrum fativum ı, 203. Diofe. II. 71. xögıov.
Apium graveolens 3, 107. reAıyov EAsıoy. Theophr.
Petrofelinum 3, ı2ı. c&Aıyov. Theophr.
Pimpinella Anifum 3, ı05. Diofe. III. 65. zvırov,
Anethum Foeniculum 2, 20. Diofe. II. 81. wioa$eov.
Linum ulitatifimum ı, 170. Prifcae jam Aegypto notum.
Narcilfus pfeudonarciflus ı, ı29. Diofe. IV. ı61. vagxıacoz.
Leuccium vernum ı, ı29. 'Theophr. hift. VI. 7. Aesuxeiev.
Lilium
/
192
Lilium Martagon 3, 43. Diole. III. 137. HLEgoKKANıs.
chalcedonicum 3, 43. Plin. XXI. 5. Lilium rubens.
Convallaria multiflora 3, 92. Herbar. Braunfchw. 48. b. Diptam.
bifolia 2, 68. Plin. XXV. 9. Cyclaminos tertia. XXVI. 8.
ceratia.
maialis ı, 2ıı. Jo. Manard. ep. 9, 4.
Urularia amplexifolia 3, 96. 97. Diofe. IV, 44. Baiz file.
Colehicum äutumnale 3, 115. Diofe. IV. 84 KOAYInOV.
Rumex Acetofa 3, 83. Braunfchw. 19. b.
„Patientia 3, 156. Diofe. II. 140. AdraSov KYTEuTov,
acutus 3, 84. Diofe. II. ı4o. o@uAaraso.
Polygonum Perlicaria 2, 14. (Pulicaria) Diofe. III. 139. xg#ra10yovov.
Ruta graveolens '3, 74. Diofe. IH. 52. zuyyavo.
Oxalis Acetolella 3, 50. Caroli M. capitular.
Agroltemma Githago ı, 241. Nicol. Myreps. 4, 2. KOKRÄIL TOO GITOVs '
Braunlchw. ı00. b.
Afarum europaeum ı, 71. Diofe. I. 9. &7ag09. Braunfchw. 68. a. |
Agrimonia Eupatoria 3, 68. Diofe. IV. 41. euraragıov.
Portulaca oleracea 3, 61. 'Theophr. hift. VI. 3. AVagR KUN. g
Potentilla recta 2, 33. (Pentaphyllum majus.) Sim. Jan. hift. rei
herb. 1. 287.
reptans 2, 34. Caroli M. capitul.
Tormentilla erecta ı, 85. Diofcor. IV. 42. revr&durADV,
Geum urbanum 2, 42. Plin. XXVI. 7. Braunfchw. 46. b.
Papaver Rhoeas 3, 52. Diofe. IV. 65. pirwv aygie.
Chelidonium majus ı, 236. Theophr. VI. 14. XeAıoviov.
Nymphäea alba et lutea ı, 36. 37: Diolc. IL. "158. 139. vundaiz,
Braunfchw. 105. a.
Delphinium Confolida ı, 83. Diofe. II. 84. 2eA®Wov, Braunfchw
100. a. 5
Anemone nemorofa 2, 80. Theophr. hift. VI. 7. VII. 8. &vsuwvy Asıpwuiz.
Ranunculus Ficaria ı, 2135. Diole. I, 212. xeAıovımv To Wıngöv,
Braunfchw. 60. a.
Beto-
193
Betonica officinalis ı, 88. Diofe. IV. ı. x&rrgov, Braunfchw. 41. b
Lamium album ı, 153. (Urtica iners mas.) Diofe. IH. 113. Asunze,
Marrubium vulzare ı, 159. Diofe. IH. 119. gxrıov. Braunfchw. 17. b.
Melilfa ofieinalis 3, 61. Diofe: IM. 118. weAırröQundon. .
. Glechoma hederacea ı, ı67. Braunfchw. 63. a
Mentha Pulegium ı. 227. Diofe. IH. 36. yAyxov
Thymus Serpyllum 2, 22. Diofe. III. 46. EgruAAos,
Origanum vulgare 3, 1359. Braunfchw. ıı2. a,
Ocimon Bafilieum ı, 206. Diofe. IH. ı7ı1. &xınov.
Verbena oflicinalis ı, 119. Diofe. IV. 60. negısrege@y. Braunfchw. 70. b.
Euphrafia oficinalis ı, ı69. Braunfchw. 90. b.
Melampyrum arvenfe 2, 54. 3, 47. Theophr. VII. 6. hehe.
Thlafpi Burfa 3, 30. Braunfchw. 112. b.
Lepidium latifolium 3, ı20. Diofe. I. 185. xapdxuov.
. Cheiranthus Cheiri ı, 136. Braunfchw. 63. a.
incanus et annuus 2, 57. Braunfchw. 43. b.
Geranium Robertianum 2, 37. Herbar.
Malva rotundifolia 2, 70. Herbar.
fylvefiris 2, 7ı. Diofe. II. 144. parzxı.
Alcea 2, 72. Diofe. IH. 164. «Arte.
Althaea officinalis 3, ı32. Virgil. ecl. 2, 30. ı0, 7ı. hibifcus.
Fumaria bulbofa ı, 47. 48. Braunfchw. 68. b.
officinalis ı, 99. Diofe. IV. ı10. xaryss,
Glycyrrhiza glabra 3, ı29. Diofe. II. 7. YAuaupildz,
Leontodon Taraxacum 3, 70. Herbar.
Cichorium Intybus 3, 94. Diofe. II. 160. r£gıs @yaiz.
Endivia 3, 38. Diofe. II. 160. regıs xy rsury. Braunfchw. 20. a.
Carduus marianus 3, 4ı. Diofe. IV. 59. eiAußov.
- Carlina acaulis 3, 35. Diofc. III. ı0. xreuxıRewv Asurce.
Arctium Lappa 2, 61. 3, 54. Diofe. IV. 107. zgxeiov.
“s Onopordon Acanthium.3, 104. Diofc. IH. 18. &xdv$ıov.
Carthamus tinetorius 3, ı52. Theophr. VI. 3. 4. xvixos.
Braunfchw. ı22. a.
25 Arte-
794
Artemifia Abfynthium 3, ı42. Diofc. II. 26. dyüvtov.
Tanacetum vulgare ı, 250. 2, 87. Carol. M. capitul. Herbar.
Inula Helenium 3, 99. Diofc. L 27. EA&vıov.
Senecio vulgaris ı, 120. (Verbena femina.) Theophr. VII, 8. dgryegw.
Jacobaea 2; 56. Diofe. IV. 97. Agıyeoow.
Anthemis Cotula ı, 2535. Hipp. ma29$8viov T5 wırgsduAAo.
Pyrethrum Parthenium 3, 62. rx9$eyioy Graecorum.
Bellis perennis 2, 25. Plin. XXVI. 3. Braunfchw. 83. a.
Achillea Millefolium 3, 173. Herbar.
Centaurea Cyanus 3, ı67. Herbar. Braunfchw. 43. b.
Calcitrapa 3, 57. Hildegard. hift. rei herb. 226.
Arum maculatum ı, 56. Hildegard. hift. rei herb. 226. Braunfchw. 24. b.
Dracunculus 3, ı31. Diofe. II. 196. dgaxöyrıov.
Xanthium firumarium 3, 55. (Lappa minor.) Diofe. IV. 138. ExvSov.
urn lolpa.n, B2, Diofe. IV, 94. EraAud-
urens ı, 154.
Parietaria officinalis 2, 19. 3, 72. Diofc. IV. 86. &A&tn..
‚ Polypodium vyulgare 3, ı10. Diofe. IV. 188. roAurodıov,
Scolopendrium ofhieinale 2, 40. Diofe. IH. ı2ı. BuAA ir.
Alplenium Ruta muraria ı, 219. Braunfchw. 85. a.
Fucusıı Novae.
Blitum virgatum 174. e
Veronica officinalis 166.
Beccabunga 725. (Sium.)
agreliis 22. (Alfine media.)
Teucrium. 822.
Salvia oflieinalis, cum varietate aurita 248. 249.
pratenfis 269.
Valeriana Phu 856.
Triticum monococcon 284.
Dipfacus [ylvefiris 225.
Scabiofa fuccifa 715.- s
arvenfis 716. Galium
Galium fylyaticum 28r.
Verbafeum Blattaria 182.
Lyfimachia vulgaris 492.
Convolvulus arvenfis 720. (Smilax laeris.)
Impatiens Balfamina 190.
Campanula Trachelium 432.
Ribes Uva crifpa 187.
Celofia margaritacea 100. (Amaranthus purpureus. )
Chenopodium rubrum 653.
Beta Cicla 213. (Rapum rubrum.)
Selinum Ceryaria Lam. 232. (Daucus 11.)
Athamanta Libanotis. 233. (Daucus Ill.)
Imperatoria fylvefiris Lam. 123.
Sifon Amomum 655. (Petrofalinum peregrinum. )
Cherophyllum fylvefire 523. (Myrrhis.)
Bupleurum perfoliatum 632.
Aftrantia major. 670. (Sanicula femina. )
Aethula Meum 231. (Daucus creticus. )
Pimpinella nigra 753. (Siler [ylvelire.)
magna 608.
Tamarix germanica 313.
Lilium bulbiferum 363.
Ornithogalum luteum 169. ( Bulbus f[ylvefiris. )
Scilla amoena 837.
Allium carinatum 738. (fylvefire II.)
Conyallaria verticillata 586.
Hyacinthus comofus 835.
racemofus 836.
Alifma Plantago 42.
Calla palufiris 844. (Hy dröpiper rubrum. )
Epilobium pubelfcens. 491.
* Gardiofpermum Halicacabum 688.
Paris quadrifolia 87. (Aconitum Pardalianches. }
25° Daphne
196
Daphne Mezereum 227.
Stellaria Holoftea 236. (Gramen.)
Arenaria [erpyllifolia 23.
Saponaria officinalis 780. (Struthium. )
Dianthus fuperbus 352. (Betonica fylveftris.)
Sedum rupeftre 33.
acre 36.
Spiraca Aruncus ı8ı. (Barba caprı. )
Geum intermedium Ehrh. 385. (Caryophyllata fylveltris.)
Potentilla alba 623.
Anemone Ranunculoides ı62. (Ranunculus IV.)
Raanunculus Auricomus 156.
acrıs 157.
fceleratus 1359.
bulbofus 160.
Helleborus foetidus 275.
Teucrium flavum ? 829. GT
Satureia hortenfis 304. |
Mentha rotundifolia 28g. |
_ Yiridis 290. ö
gentilis 291.
Stachys recta 769. (Sideritis I.)
Prunella ‘vulgaris 621.
Melittis Meliffophyllum 498. Gerardus emac. 690. utramque Smithü
fpeciem exhibet.
Digitalis purpurea 893.
lutea 894.
Thlafpi arvenfe 306.
Silymbrium Löfeli 592. (Verbenaca mas.)
‘ [ylvefire 263. (Eruca [ylveliris.)
Eryfimum Alliaria 104.
Braffica campefiris 177.
Rapa 2ı2.
Y
Sinapis
U ET 297
Sinapis alba 338.
arvenlis 257.
Erodium cicutarium 204.
Geranium disfectum 207.
, pratenfe 208.
fanguineum 209.
Spartium [coparium 758.
Genifta tinctoria 808.
germanica 809.
Lathyrus annuus 572. (Ervum fativum, )
Vicia fepium ı10. (Aphace.)
Ononis [pinola 160.
Trifolium montanum $ı$.
campelire 819.
Hypericum hirfutum 74.
Laetuca Scariola 301.
Sonchus arvenfis 319. E
Hieracium Pilofella 605.
Apargia autumnalis 320.
Carlina vulgaris ı21. (Atractylis mitior.)
Eupatorium cannabinum 263.
Gnaphalium arenarium 94. (Amaranthus luteus.)
dioicum 222. 606.
Inula dyfenterica 436. (Calamintha HI. h DA
Senecio [arracenicus 728.
Pyrethrum inodorum 144. (Buphthakoin: )
Anthemis tinctoria 26. (Chamaemelum chryfanthemum. )
Echinops en 883- (Chamaeleon niger. )
Orchis maculata ? 555. 713.
pyramidalis Eue
fambueina 557:
Morio 359.
bifolia 710. (Satyrium trifolium. ) R
Zea Mays 825. Urtica
198 m.
Urtica balearica 106.
Poterium fanguilorba 788. 789-
Cucurbita verrucofa 701.
lagenaria 369.
Cucumis Colocynthis 372.
Momordica Balfamina 189.
Salix rubra 334.
Helix 336.
Mercurialis perennis 444. (Cynocrambe.)
Valantia Aparine %o.
Botrychium Lunaria 482. =
Ophiogloffum vulgatum 577.
Equifetum arvenle 323.
Afpidium Filix mas 595.
Pteris aquilina 596.
Parmelia pulmonacea 632.
Fucusıanas, veteribus jam notae,
omillis BrusreuLsıanıs.
Ligufirum vulgare 480. Virgil.
Rosmarinus ofhicinalis 478. Diofe. II. 89. Arßavarı. *
Salvia Sclarea 268. (Orminum) Carol. M. capitul.
Valeriana officinalis 8537. Herbar.
Iris germanica 317. Diofe. I. ı. io,
Crocus S[ativus 441. Diofe. I. 25. x00x06.
Cyperus longus 453. Diofe. I. 4. xvUrengos,
es WA
miliaceum 4ı1.)
Avena fativa 185. Boüpos Diefe. II. 116.
Triticum Zea Hoft. 283. Diofc. I. ıır. Lex.
hybernum. 648. } rue% XenıDaagethreVas Ka relanvos. Theophr.
aeftivum 649. caufl. IV. ı2.
Hordeum
199
Hordonu; TalgaB 2 xg:$4 Theophr. hift. VIII. 4.
diftichon 439.
Galium verum 139. Diofe. IV. 96. «AA.
Rubia tinctorum 280. Diofe. II. 160. £guSgodzvos.
Cufeuta europaea 348. Theophr.-hift. VI. 8. beoßayın.
Plantago coronopus’ 449. Diofe. IV. ır. pAcerıov.
Pfyllium 888. Diofe. IV. 70. LyAAıoV.
Potamogeton natans 651. Diofe. IV. 101. orzuoyeıra.
Lithofpermum offieinale 489. Diofe. II. 158. Arsorweguov.
Anchufa italrca 343. Diofe. IV. 23. &yxour«.
Lyfimachia Nummularia 401. Sard. ad Matth. Sylv. Of. hifi. rei
herb. I. 288. :
‘ Datura Metel. 690. Avicenn. Cf. hift. rei herb. I. 249.
Capficum annuum, baccatum et groflum 732—734. (Siliquaftrum. )
Plin. XX. ı7.
Lonicera Periclymenum 646 Diofe. IV. 14. regıxAyusvov.
Phyfalis Alkekengi 687. Diofe. IV. 72. @Amxxx3og. Braunfchw. 71. b.
Verbafeum Lychnitis 847. Diofe. IV. 104. reiry OAopis.
nigrum 848. Theophr. IX. 13. PAopss nErzwe,
Solanum Melongena 333. Theophr. VII. 7. arauxyos.
Dulcamara 689. Hildegard. Cf. hifi. rei herb. I. 227.
Braunfchw. 88 b.
Cyclamen europaeum 451. Hippocr. xurAxwıvog,
Gentiana lutea 200. Diofc. IH. 3. ysyrızıy.
Nerium Oleander 341. Diofe. IV. 82. vygıov.
Vitis vinifera 84. Antiquiffima.
Chenopodium album ı19. Diofe. IV. 192. EREER
Botrys ı79. Diofe. III. ı30. Borgus.
Crella cretica 885. (Chamaepitys prima.) D. III. 153. &v3uAAk.
Eryngium campeftre 296.. Herbar.
Arum majus 66. Carol. M. capitul.
Daucus Carota 682. Apic. II. 2ı. Cf£. Retzius om Romarnes Mat-
växter 146, |
Daucus
»
200 EIER eG /
Daucus Vifnaga 786. (Sefeli maffilienfe.) Diofe. II. 60.
Heracleum Sphondylium 53. Diofe. III. go. a®avduAıar.
Angelica Archangelica ı24. de Manlüs Cf. hift. rei herb. I. 299.
Braunfchw. 35. a.
Smyrnium olus atrum 327. Diofe. II. 78. imroreAwov.
Carum Carri 396. Diolc. IH. 66. xx20s,
Conium maculatum 406. Diofe. IV. 79. Keiyeiov.
Selinum Oreofelinum 5334. Diofe. II. 76.
Peucedanum officinale 5399. Diofe. IH. g2.
Sium angultifolium 270. (Apium palufire.) Diofe. I. 134.
Sifarum 751. Diofe. II. 80. eAx®oßorxov, Sifer Colum.,
Paftinaca lativa 7332. Diofe. II. 139. aiezgov.
Scandix Gerefolium 216. (Gingidium.) Diofe. II. 168. exxvuE.
Pimpinella Saxifraga 609. Diofe. IV. 59. rg%yıov Eregov.
Anethum graveolens 30. Diofe. II. 67. ZunSov,
Sambucus nigra 64. Diofe. IV. 174. Zuri.
Ebulus 65. Diofe. IV. 175. xauzızra. Braunfchw. 65. a.
Lilium candidum 364. Diofe. II. 168. xgivov Brei.
Allium Schoenoprafum 635. Theophr. VI. 4. axögodoy axırrau
arenarium 737. Diofe. II. 182. öbtorxogodor.
Scilla maritima 782. Diofe. IL. 202, CRIAAY.
Berberis vulgaris 543. (Oxyacantha.) Plin. XXVL ı3.
Erica vulgaris 235. Braunfchw. 68. a.
Polygonum Convolvulus 258. Tiniaria Marcell. Burdigal.
Hydropiper 843. Diofe. II. ıgı. ügowereg.
Caffia Senna 447. Arab.
Stellaria media zı. Braunfchw. 69. a.
Dianthus Caryophyllus 353. Manfred. de.Monte Imper. Cf. hif. rei
herb. I. 298. -
Sedum album 35. Hipp. eriwergov,
Euphorbia heliofcopia 811. Diofe. IV. 165.
Cyparifhas 8ı2. ib.
Peplus 603: ‘Diofe. IV. 168. -
. Euphorbia
201
Euphorbia Lathyris 455. Diofe. IV. 165.
Sempervivum tectorum 32. Divfe. IV. 89. dellwov To UEYEe
Prunus [pinofa 404. Herbar.
Sorbus domeltica 376. Theophr. IH. ı2. on.
Pyrus Cydonia 374. Theophr. U. 3.
Rubus fruticofus 152. Diole. IV. 37. Barog.
Spiraea Filipendula 562. (Oenanthe.) Platear. Cf. hift. rei herb. I. 377.
Glaucium luteum 520. Diofc. I. 201. xeABovıoy werya.
Paeonia oflieinalis 202. Diofc. III. 157. yAvzuriön. Braunfchw. 102. b.
- Nigella fativa 503. i
damafcena 504. } Diofe. II. 93, ueAdysıov.
arvenlis 305.
Aquilegia vulgaris 102, Hildegard. (Acoleia.) Braunfchw. ı9. b,
Delphinium Staphis agria 784. Diofe. IV. 136.
Aconitum Lycoctonum 88. Diofe. IV. 78- KERACvıToy Erego.
Clematis Vitalba 97. (Vitis nigra.) Diofe. IV. 148. dubvosidtk.
Ranunculus polyanthemos 879. (Chryfanthemum.) Plin. XXVH. ı,
Teucrium Scordium 776. Diofe. IH. ı23.
Chamaedrys 869. Diofe. IH. ıı2.
Botrys 870. Diofe. II. 176. xauaımirus Eregte
Ajuga chamaepitys 886. Diofe. II. 175.
Ballota nigra 134. Diofe. II. 117.
Mentha fativa 288. Diofe. ID. 4ı1. Wioruov.
aquatica 722. (Silymbrium.) Hildegard. ( Bachminza. )
[ylvefiris 292. Diofe. I. 133. cızuußgov.
Lavandula Stoechas 778 Diofc. II. 3ı.
Spica 890. 891. Theophr. VI. 6. i&vov,
Thymus Calamintha Scop. 434. Diofe. II. 43.
Acinos 896. Diofc. IH. 50.
Stachys germanica 766. Diofe. II. ı20,
Hyllopus officinalis 841. Diofe. III. 30.
Origanum Majorana 667. Diofe. IH. 47. eauLuxor.
Linaria fpuria 167. (Veronica femina.) Diofc. IV, 40. !Auriy.
26 Acan-
ei ee ee ee
202
Acanthus mollis 32. Diofe. IH. ı19.
Lepidium fativum 392. Diofe. I. 205.
Vatis tinctoria 331. 332. Diofe. I. 215.
Silymbrium Nafturtium 723. Diofe. II. 135. Braunfchw. 39. b.
Brafäica Eruca 262. (Eruca fativa.) Theophr. I. g. Eufwu,. Smithius |
huc trahit Silymbrium tenuifolium, quod longe alienum Koribus
eitrinis, quos Fuchfius in Eruca {ua pallidos habet.
Napus ı76. Carol. M. capitul. (Cholfamo. )
Raphanus lativus 659. Theophr. VII. 4. fabavis. |
Geranium molle 205. Diofc. II. 132.
Golfypium herbaceum 381. (ZuAoy.) Arab.
Althaea rofea 507. Caroli M. capitul. (Malva.)
Lathyrus tuberofus ı3ı. (Apios.) Theophr. VIII. 8. ägaro..
fativus 371. (Ervum.) 'Theophr. VII. 3.
Phafeolus vulgaris 708. (Smilax hortenfis.) Theophr. VII. 3. 3oXı-
x. Diofe. U. 176. suiAzE.
Colutea orientalis 446. Theophr. I. 18.
Vicia Faba 389. Theophr. VIII. 3. »Uros.
fativa 172. Virgil.
Cicer Lens 859. Paxos Graecor.
arietinum 267. E£geßıy$og_Graec.
Lupinus albus 309. Virgil.
Trifolium arvenfe 494. (Lagopus.) Diofe. IV. ı7.
Trigonella foenum graecum 798. Hippocr. Boureazs,
Meliotus italica 328. Diofe. III. 48.
Lotus corniculatus 527. (Melilotus germanica.) Diofe. IV. ı11.
Hypericum montanum 76. Diofc. II. 173. Zvigoraıpov.
Lactuca fatira 299. 300. Theoph. I. 16. Syıarivy.
Sonchus oleraceus, afper et laevis 674. 675. Diofc. I. 159. eoyaos
Tragopogon pratenfis 821. Braunfchw. 42. b.
Santolina Chamaecyparilfus 874. Diofc. III. 29. &ßoorovov IAAv.
Artemilia Abrotanum 6. Diofe. II. 29.
pontica 7. Diofc. II. ı27.
Tufli-
Tuffilago Petafites 644. Diofe. IV. 108.
Farfara ı40. Diofc. II. 126. Byxfev.
Matricaria Chamomilla 25. (Chamaemelon Leucanthemum.) Hipp.
Evavdenov.
Anthemis Pyrethrum 64ı. Diofe. III. 86.
Tagetes patula 47. Diofe. I. 213. coSöwe.
After Amellus 134. Virgil.
Achillea Ptarmica 639. Diofe. I. 19%.
Centaurea benedicta ı22. (Atractylis hirfutior.) Theophr. I. 16. &x,gvx,
Ariftolochia Clematitis go. Diofe. IH. 6. Braunfchw. go. b.
Typha anguftifolia 923. , Diofe. II. 133.
Pinus Larix 496. Theophr. ziru;,
Fagus Caftanea 377. Theophr. Ars BxAzyo,
Juglans regia 379, Theophr. xagiz reorıny.
Bryonia alba 94. (Vitis alba.) Diofe. IV. 185. &ureAos nEAzıe,
Ricinus communis 340. Diofe. IV. 163. xgorwv.
Cucumis fativus 697. Diofec. II. 162. KxoAoxivSy,
Dudaim 699. Arab.
Gucurbita Pepo 698. 368. 370. Theophr. rıxi.
Citrullus 700. Theophr. rsrwv,
Momordica Elaterium 705. Diofec. IV. 134. EAzrugıov,
Salix vitellina 335. Virgil. (perticalis.) &
Vifeum album 329. 'Theophr. caull. I. 23. i&ix.
Smilax afpera 713. Theophr. hift. I. 16.
. Rhodiola rofea 665. Diofe. 45. fodiz fily.
Mercurialis annua 475. 476. Awoförrr. Diofe. IV. ı91.
Spinacia oleracea 669. Arab.
- Sorghum vulgare Willd. 771. Theophr. VIU. 4. russ«.
Veratrum album 272. Diofe. IV. 150. EANEBogos Asuxos,
Atriplex hortenfis 118. Colum.
Afplenium Trichomanes 796. Theophr. VI. ı3. Braunfchw. 105. b.
Adiantum Capillus 82. Theophr, VH. 13.
26 ? Tracı
Taacı novae.
Lycopus europaeus f. 4. a.
Valeriana dioica 23. b.
Iris fibirica 286. a.
Cyperus flavelcens 259. a,
Aira caefpitofa 261. b.
Briza media 56. b. (Aegilops.)
Bromus [ecalinus 255. b.
Arundo Phragmites 258. a.
Plantago lanceolata 86- b.
Anchufa angufüfolia 89. b.
Atropa Belladonna 114. b. ' E
Impatiens Noli tangere ıı2. a, (Efula [ylveftris,)
Phyteuma fpicatum 277. a.
Herniaria glabra 200. a.
Ribes Groflularia 368. a.
Rhamnus catharticus 369. b.
Frangula 370. b.
Caucalis daucoides 3.8. b.
Aegopodium Podagraria 1359. b.
Viburnum Opulus 378. b.
Sambucus racemofa . 377. b.
Drofera rotundifolia 200 a. |
Allıum vineale 283. b.
Triglochin palufire 259. a. ( Calamagroßis.)
Rumex”Acetofella 119. b.
Stellera Pallerina 203. a.
Polygonum Fagopyrum 247. b. (Heidenkorn. Ocimum. )
Ruta montana 26. a. (Armala.)
Scleranthus annuus 148. a. (Knawel.)
SteHaria graminea ı24. a. ( Augentrofigras. )
Lychnis flos Cuculi 152 a. (Gauchblumen. )
Euphorbia exigua ıı2, b.
205
Mefpilus Oxyacantha 371. a. (Hagendorn. Cynosbatos. )
germanica 382. b.
Sorbus aucuparia 380 b.
Helianthemum vulgare 83. a.
Anemone pratenlis 136. a.
Adonis aelüvalis
| 48- bh.
vernalis ı53. a. (Helleborus.)
Ranunculus Lingua 258. b.
Helleborus foetidus 132. b.
Stachys [ylvatica 2. b,
Nepeta Cataria 8. a.
Pedicularis [ylvatica 96. a.
Sifymbrium Barbarea 38. a.
Hefperis matronalis ? 2135. b.
Hibifeus Trionum 347. b. (Venediger Pappelen, )
Polygala vulgaris 216. b.
Genilta fagittalis 230. a.
Aftragalus glycyphyllos 228. b,
Melilotus coerulea 223. a.
Hypericum humifufum 27. a.
autumnalıs
pulcrum 28. a. v .
Hypochoeris maculata ı05. b. cum tuberibus infectorum, quae Heu-
cherus mirabiliter defcribit. Cf. hift. rei herb. UI. 296.
Gnaphalium germanicum ı235. a.
Inula germanica 185. a.
Erigeron acre 632. a.
Anthemis nobilis 56. a.
Centaurea montana 84. b. .
Orchis odoratiffima ? 297. b.
Epipactis Nidus avis 298. a.
Carex vulpina 258. b.
Api-
206
Afpidium [pinulolum 207. a.
Grammitis Ceterach Sw. 206. a.
Blechnum boreale 208. b.
Ofmunda regalis 206. a.
_ Afplenium feptentrionale 204. a.
Lycopodium clavatum 210. b.
complanatum zıı. a,
TaaGıanar, veteribus notae,
omilfis Bruyressıanıs et FucHsıanıs,
Eriophorum angufüfolium 261. a. Plin. XIX. ı.
Phalaris canarienfis 256. b. Nicol. Myrepfie. dvewoxogr.
Cornus fanguinea 379. a. SyAurgaveız. Theophr. hift. II. 6. Petr.
de Crefcent. Cf. hift. rei herb. I. 282.
Dex Aquifolium 402. a. Plin. XVI. 6.
Myofotis Lappnla 74. a. (Elatine.) Plin. XXV. ®.
Hyoscyamus albus 50. b. Diofc. IV. 69. Ä
Atropa Mandragora 336. a. Theophr. VI. 2. Diofc. Herbar.
Solanum infanum 337. a.. Diofe. IV. 74. erouxvos wavınac.
Lonicera Caprifolium 311. b. Diofe. II. 195. xurAduvos rege.
Ribes rubrum 375. b.' Jo. Tollat. Cf. hift. rei herb. I. 297.
Sifon Ammi 330. a. Diofe; Il. 64.
'- 'Staphylea pinnata 413. b. Plin. XVII. ı6. Staphylodendron.
Narcillus poäticus 287. a® Diofe. IV.’ 161.
Vaceinium Myrtllus 367. b. Hildegard. Cf. hift. rei herb. I. 228.
Dietamnus albus ıı1. a. (Fraxinella.) Petr. de Crefcent. Cf. hift. rei
herb. I. 282.
Agroftiemma Coronaria 48. a. Diofe. II. ı4. Avxvıs.
Refeda Luteola 136. b. (Ofyris.) Virgil. ecl. IV. 44. (Lutum eroceum.)
Pyrus Aria 380. a. Theophr. II. 6.
- Pyrus torminalis 381. a. Theophr. IN. 12. permı%os dvsydan
Rubus idaeus 367. a. Diofe. IV. 59. Baros Balz,
Capparis fpinofa 364. b. Diofe. II. 204.
r Aco-
207
Aconitum Napellus 95. a. Nicandr. «xovırov.
Caltha palufiris 54. a. Plin. XXVI. 6. (Chamaeleuce.)
Origanum Dictamnus ı1. a. Diofe. II. 37.
Thlafpi campefire 32. b. Diofe. II. 186.
Cochlearia Armoracia 280. b. Diofe. I. 139. ax d’yoie,
Alyffum fativum Smith 250. b. Diofe. IV.- 117. kuaygor,
Cytifus Laburnum 236. b. (Baumbonen) Plin. AVl. 18.
Cynara Scolymnus 327. b. Colum,
Chrylocoma Linofyris 135. a. Diofe. IV. 55.
Balfamita vulgaris 62. a. Carol. M. capitular. ( Coftum.)
Achillea nobilis ı80. b. Diofe. IV. 36.
Ageratum ı95. a. Diofe. IV. 59.
Centaurea Rhapontica 5ı. b. Galen. facult. fimpl. VII. 106. piov,
Cf. Jo. Manard. ep. 9, 9. e
Calendula arvenfis 55. a. Virgil. ( Caltha.) Braunfchw. 96. a,
Ariftolochia rotunda 292. b. BDiofe. II. 6.
Ruufcus Hypogloflum 347. a. Diofe. IV. 132.
Polypodium Dryopteris 204. a. Diofe. IV. 189.
Cosr. GEsvwErI novae.
Jafminum fruticans tab. lign. XXI. 184. (Ruta capraria.)
Veronica bellidioides —- IV. 32. (Pfeudo-Chamaedrys montana.)
fpicata tab. aen. XII. 106.
hederaefolia — — 100.
triphyllos — XVI. ı40.
peregrina lign. IV. 33. (Betonica Pauli.)
Salvıa calycina Sibth. lign. XI. 103.
ceratophjlla — — 104.
Lappago racemofa — IH. 2.
Phleum Böhmeri | TR 1q
Michelü
Lagurus ovatus — U. 2ı.
Tri-
208
Triticum junceum lign. II. ı7.
Valeriana angufüifolia tab. aen. IX, 74
Globularia cordifolia lign. VI. 5ı.
Scabiofa integrifoia — — 52.
proifera — — 5#
Crucianella maritima aen. XVI. 136.
Afperula tinctoria lign. XVII 157:
Plantago maritima — IL 26.
Lagopus — — 27. IV. 28. (Catananche Rauwolf. )
Bellardid — — 28. A:
‘ Potamogeton denfus lign. I. 9.
; perfoliatus aen. XVII. 145.
pectnatus — . — 146.
pufillus —_— 1m
comprellus — — 148
Lithofpermum arvenfe lign. X, 86.
Primula integrifolia. de Lunar. 24. tab. aen. VIII. 67.
farinola lign. XXII. 190. I:
minima aen. VIII. 69:
marginata — IX. 77. ?
Androface villolfa — — 76.
Lobelia Dortmanna lign. XUl. 117.
Campanula Rapunculoides aen. IX. 60. (Lactuca BReER)
faxatilis lign. IX. 75.
Bene — 76. (Avicularia Sylvii.)
-Samolus Valerandi — XIN. 116.
Viola biflora aen. VHl. 70.
Convolrulus lineatus lign. IX. 73.
Soldanella. ad Cord. fol. 203. b.
Lonicera alpigena. ad Cord. f. 213. b. (Chamaecerafus. )
Swertia perennis lign. IX. 79. et tab. picta,
Gentiana afclepıadea lign. IX. go.
‚ciliata — — Sı
Gen-
209
Gentiana Amarella lign. XXU. 193. k.
pannonica aen, XI. 99.
Pneumonanthe ad Cord. ı62. b.
Apocynum venetum aen. XI. 113.
Sium Falcaria lign. XVII. 161.
“ Armeria [corzoneraefolia Willd. lign. VIE. 65.
Statice reticulata aen. XVII. 158.
Linum firietum ? lign. XVIU. 158.
Tulipa Gefneriana ad Cord. 213. b.
Phalangium ramofum — 150. b.
Ornithogalum arabicum lign. XI. 95. ‚male.
Allium ‘defcendens _ 096.
Moly — — 98.
roleum>aen. I. ı3.
Juncus pilofus et albidus lign. II. 14.
Tofieldia palufiris Hudf. lign. XVII. 145. 3.
Epilobium angultifimum ad Cord. 2135. b.
Vaceinium Oxycoccos ad Cord. ı4o. b.
Daphne Tartonraira lign. XVII. 154.
villofa lign. XXI. 182.
Michauxia firigofa Perf. lign. IV. 36.
Adoxa Mofchatellina ad Cord. ı27. b.
Rhododendron ferrugineum lign. XXL ı8ı.
Saxilraga aizoides ;
3 | tab. piect.
autumnalis
caclpitofa Linn, lign. XVII. 147.
Silene nutans lign. XVIU. 155.
Gypfophila repens aen. XI. 93.
muralis — — 95.
faftigiata — XII. 107.
Cucubalus catholicus lign. XVIH. 156.
“ Arenaria verna aen. XI. 98.
Sedum Aizoon ad Cord. 92. b,
a 27 Cera-
a
210
Ceraltium alpinum aen. XI. 96.
vulgatum — — 97-
Trianthema pentandrum lign. XVID. 150.
Euphorbia amygdaloides aen. XI. 112.
_Sylvatica —_— — 11%
verrucola — XIV. 122.
Serrata —_— — 12%
fegetalis — XV. ı31.
Mefpilus Chamaemefpilus ad Cord. 215. a.
Geum montanum aen. I. 21.
reptans lign. XVI. 137.
Dryas octopetala aen. III. 22.
Comarum palufire ad Cord. 96. a.
Capparis ovata lign. XVI. 14
Glaucium hybridum Sm. lign. XVI. 142.
Cikus thymifolius lign. XVI. 143.
albidus aen. II. 22.
linearis Cav. — 25.
halimifolius — 26.
guttatus — 27.
Thalictrum foetidum lign. XVII. 148.
flavum aen. IX. 79.
tuberofum ad Cord. 98. a.
Anemone baldenlis et apiifolia lign. XVI. 138.
palmata liga. XV. 139.
Ranunculus falcatus — 136. _
arvenfis ad Cord. ı20. a.
Teucrium Achaemenis lign. XII. 107.
Stachys arvenlis lign. X. ı01.
" palufiris aen. X. 82.
hirta _— — 8%
Nepeta tuberola lign. XII. 102.
Origanum [yriacum — 103.
Phlomis Herba venti aen. X. 83.
Bartfia alpina aen. IV. 34.
Euphrafia lutea — XI. 92.
Linaria arvenfis — XV. 135.
Pedicularis foliofa lign. IX. 77.
incarnata — 78.
Scrofularia canina et Jucida aen. XVI. 244.
Bunias Erucago lıgn. XHL. 113.
Draba aizoides — — 112,
Myagrum rugofum — 115. XIV. 125.
perfoliatum XIV. 124.
Bifcutella coronopifolia lign. XII. 114.
Lepidium perfoliatum —.— 110.
Thlafpi montanum aen. XIV. 118.
Alyffum maritimum — — 120.
Lunaria rediviva de Lunar. 27.
Dentaria bulbifera ad Cord. ı51. b. (Coralloides. )
Sifymbrium vimineum aen. XII. ııı.
Cheiranthus finuatus et litoreus liga. XIIL ırı.
Malva crifpa ad Cord. ıı13. a.
Genifta lufitanica lign. XIV. ı22. c.
anglica — — 122.
Fumaria capnoides et fpicata aen, IX. 8ı.
Ulex nanus aen. I. 2.
Vicia tea — 4.
Lathyrus fetifolius aen. I. ı1.
angulatus — — 12.
Hippocrepis multifiliqua lign. XIV. 126. Aen. I. 3.
‚ Hedyfarum coronarium aen. 1. 7.
Altragalus Cicer lign. XIV. ı25.
humifulus Willd. lign. XV. ı27.
denfifolius Wild. — — 128.
Erianthus Willd. — XII. 119. aen. 1. ı.
27,3
zıı
Trigo-
312
Trigonella polycerata aen. II. ı0,
Lotus peregrinus lign. XV. 130.
hirfutus aen. I. 6.
Dorycnium herbaceum lign. XV. 131. aen. I. 8.
Trifolum ftellatum lign. XV. 134.
y tomentofum — 135
Medicago laciniata aen. I. 9.
Murex lign. XXI. 185.
tornata — — 1%.
Hieracium villofum aen. IV. 52.
Sonchus dichotomus W. lign. 'VIL 356.
Chondrilla juncea aen. IV. 47.
Scorzonera orientalis lign. VII. 58.
Lactuca auguina — — 57
Thrincia hirta — — 359.
Apargia hilpida — —. 61.
Crepis foetida _ —_— — bo.
albida —_ — 62.
Onopordon rotundifolium W. aen. VII. 57.
illyricum Be FG,
Cnieus tuberofus lign. V. 40.
Cacalia alpina lign. VII. 70.
albifrons — — 71.
Santolina fquarrofa Willd. lign. VI. 49.
Artemifia auftriaca ad Cord. ıo7. b.
mutellina lign. VI. "AI.
glacialis aen. IH. 28.
. vallefiaca — — 35:
Gnaphalium Iuteo-album lign. VIII. 68.
Xeranthemum orienile — — 72
Tufflago
j
213
Tuffllago discolor aen. IV. 42.
Erigeron tuberofum lign. VII. 67.
alpinum aen. IV. 45.
Conyza rupefris ? — — 44
Inula britannca — VN. 55.
Senecio carniolicus lign. V. 38.
Doria lign. VIIL 63.-
Arnica Bellidiafirum — 64.
glacialis aen. IV. 53.
Pyrethrum maritimum lign. V. 39. -
corymbofum ad Cord. 140. a.
Achillea tomentofa aen. IV. 37.
nana ri
Zoegea Leptaurea aen. VI. 63.
Centaurea Scabiofa lign. V. ı.
fplendens — — 42.
muricata — — 43.
Jacea et paniculata lign. V. 43.
Epipactis pallens Sw. ad Cord. ı30. b.
rubra aen. XliL 105.
Neottia repens — — 103.
Coix Lacrima lign. I. 135.
Sparganium ramofum lign. XXIL 193. b.
Sagittaria lagittaefolia aen. VII. 72. ad Cord. 87. a.
Ceratophyllum demerfum lign. II. ı0.
fubmerlum aen. XVI. 138.
Myriophyllum verticillatum — — ıöı.
Arum crinitum Ait. lign. X. 89.
Hippopha@ rhamnoides ad Cord. 186. a.
Holcus bulbofus Schrad. aen. XVII. 132.
Atri-
214 : a: .
Atriplex rofea aen. VII. 58.
Pteris cretica lign. I. ı2.
Alpidium Lonchitis lign. XXI. 196. p.
Hallerı Willd. aen. XVIH. 1535.
fasie — — — 157:
Fucus fibrofus lign. I. 2
nodofus — — 23.
canaliculatus — 5.
vefieulofus — 6.
GEsSNERIANARr, veteribus notae,
omilfis Bauyreunsıanuıs, FucHsıasıs et Tragıanmıs.
Gratiola offieinalis ad Cord. 86. b. Sard. ad Matth. Sylv. C£. hik
rei herb. 288.
Gladiolus communis ad Cord. 97. a. Theophr. VI. 7. Eidrov. Virgil.
(Hyacinthus. )
Valeriana celtica ad Cord. 200b. Saliunca Virgil. Diole. 1.7. vagdosxeArıxy,
Hordeum murinum lign. II. ı8. Plin. XXYIIL. ı0. (Holcus.)
Globularia Alypum hgn. VI. 50. Diofe.'IV. 180. Actuar. math. med. v. 8.
Hypecoum procumbens lign. XUL 109. Diofe. IV. 68.
Trapa natans ad Cord. 161. b. (Tribulus lacufiris.) Theophr. hift:
IV. ı1. Diofe. IV. 13. (relßoAss.)
Plumbago europaea lign. X. 83. Plin. XXY. 13. XXVI. 7. Diofe.
. IV. 131. zgıroAıo,
Hyoscyamus reticulatus lign. X. 85. Diofe. IV. 6g.
Convolvulus Imperati lign. IV. 79. male. Diofe. II. 148.
Scammonea ad Cord. 210. a. Diofe. IV. ı7ı.
Afperugo procumbens aen. XVI. ı42. Plin. XXVI. ıo.
Menyanthes trifoliata ad Cord. 96. b. Theophr. IV. ı1. uyyausoe,
Sulmo-
215
Pulmonaria officinalis ad Cord. ı3ı. a. Plin. XXV. 8.
Rhamnus infectorius lign. XIX. ı67. (fpina burgundica.) Diofe. L
119. Plin. XVII. 8. (Calabrice:)
Daucus mauritanicus aen. XV. 128. Diofe. III. 59. areduXivos Zyalz.
Bubon macedonicum lign. XVII. 162. Nicol. Myrephe. paredwyiriov aregun
Crithmum maritimum ad Cord. 2oı. a. Diofe. II. 157.
Thapfia Afclepium ad Cord. 202.b. Ox'yix Theophr. et Diofe.
Arıneria vulgaris Willd. lign. IH. 23. Plin. XXVI. 8.
Parnallia palufiris lign. XVIL. 1435. j. ad Cord. 132. b. Diofe. IV. 32.
Erythronium Dens canis aen. I. 16. Diofc. II. 144.
Scilla hyacinthoides lign. XI. 93. Theophr. VI 13.
Allium nigrum lign. XI. 97: Theophr. hift. IX. 15. k&Au.
Leontice Chryfogonum aen. IX. 75. Diofe. IV. 56.
Saxifraga Hirculus tab. piet. Diofe. I. 7. reaym.
Saponaria Vaccaria ad Cord. ı04. b. (Thamecnemum.) Plin. XXVI.
5. (Condurdum. )
Refeda Phyteuma aen. VIII. 66. Diofe. IV. 130.
Euphorbia Characias lign. XVIL 132. Diofe. IV. 165.
Paralias aen. XV. 132. 0 [o
dendroides aen. XVl. 139. — — 130,
Chamaefyce lign. XVIL. 153. — — 170.
Prunus Mahaleb ad Cord, 2053. a. Plin. XVI. ı8. (Vaccinium. )
Ciftus falvifolius aen. II, 23. Diofe. I. 126.
Papaver Argemone lign. XVI. ı4ı. Diofe. IL. 208.
Thalictrum minus ad Cord. 97. b. Diofe. IV. 98.
Ranunculus Thora de Lunar. 39. Plin. XXVII. ı0. (Limeum.)
Teucrium montanum ad Cord. ı25. a. Diofc. II. 124. roAıov Dgswov.
Scorodonia lign. XII. ı00. Plin. XXV. 6. Scordium alterum.
Thymbra fpicata — — 106. Hipp. Arab.
Mentha
216
Mentha cervina aen. X. 89. Diofe. II. 108. roXsryyuar.
Coronopus Ruellii aen. XIV. 119. Diofe. II. 158.
Cochlearia Draba — — 126. Diofe. I. 187.
Denitaria enneaphylla ad Cord. ı31. b: Plin. XXVII. 9.
Spartium junceum lign. XIV. ı20. Genifa Virzil. et Colum.
Lathyrus Aphaca aen. I. 3. Theophr. hif. VIH. 5. i
Ornithopus comprellus lign. XV. ı32. Diofe. IV. 134. zaruvaymy.
Aftragalus Glaux lign. XV. ız9. Diofe. IV. ı4ı.
Lotus rectus = 0 133. — — 11%
Scolymus maculatus aen. VII. 62. Theophr. hif. VI. 4. Plin. XXIL
8. Eryngium.
Inula vifcofa Ait. lign. VII. 66. Theophr. hift. VI. 2. xcyutz,
Centaurea Gentaurium ad Cord. zoı..b. Virgil. georg. IV. 270.
Behen lign. V. 44. Avicenn.
Zoftera marina lign. I. 7. Hipp: Padoy Serzrrıo.
Croton tinctorius lign. IV. 30. Diofe. IV. ıgı. HAıorgörıoy wıngow
Cucurbita Melopepo. lign. XXII. ı96. o. Arab,
- Atriplex Halimus aen. VI. 60. Diofc. I. 120.
else] Se le 0-
VL
2ı7
VII,
- Omphalodes
eine wiederhergeftellte Gattung,
von
Franzv. PAuLA ScHurANK,
vorgelesen am 30. Jäner ı8ı0.
N.türtiche Gattungen suchte Linne auf, und hatte Recht, wenn
unter diesem Worte Gattungen verstanden werden, deren unterge-
stellten Arten es jeder, welcher einmal eine dieser Arten kennt,
leicht ansieht, dafs sie unter diese Gattung gehören, aber Unrecht,
wenn dieses Wort in jedem andern Sinne genommen wird. Gat-
tungen sind blofs logische Wesen, welche ausser unsern Köpfen
und ausser unsern Büchern nirgends vorhanden sind, abgezogene
Begriffe, welche sich gar nicht anders als durch Worte darstellen
lassen, und diese Worte müssen strenge wahr seyn, dürfen nichts
weiter sagen, als was zum wahren Begriff der Sache gehört, dürfen
keiner Ausnahme unterworfen seyn, von keinen Ausflüchten unter-
stützt werden, und lassen defswegen auch keine Willkührlichkeit
zu, wenn sich diese blofs auf Annähcrungen, sonstige Aehnlichkei-
28 ten,
218
ten, oder dergleichen Dinge gründet. Mit Einem Worte: S'- sind
logische Definitionen, welche alles das enthalten müssen, was zum
Begriff gehört, und nichts darüber.
Diese logische Regel hat Tournefort viel genauer befolst.
als Linne, dessen Gattungen sehr oft nichts weniger als meisterhaft
sind. Man vergleiche nur mit ihr die Gattungen Sida, Hedysarum,
Astragalus, Cassia, und, unter vielen andern, Cynoglossum. Er
sagt von dieser Gattung *), ihr Wesen bestehe in vier einsaami-
gen Arillen, welche.an dem Griffel befestiget sind. Sollen den
Charakter hier die Arillen oder ihre Befestigung ausmachen? Was
man immer sagen mag, so eignet sich dieses Kennzeichen der Gat-
tung Cynoglossum nicht allein; und thäte es auch diefes, so sollte
weiter nichts angegeben werden, als was wir zu wissen brauchen,
um die ‚Classe, die Abtheilung,, und die Familie aufzufinden. Da
lesen wir aber im kurzgefafsten Charaktere, welchen man auch den
wesentlichen zu nennen gewohnt ist, von einer trichterförmigen
Blume und flachen Saamen (unter Saamen hat man hier die Arillen
zu verstehen), welche nur an ihrer Innenseite an den Griffel be-
festiget sind. **) j
" Arille haben alle Asperifolien, und alle diese Arillen sind mit-
tels ihrer innern Seite (mittels welcher denn sonst?) an dem Griffel,
welcher mitten zwischen ihnen aus dem Blütheboden kömmt, aber
an sie am Grunde Gefässe abgiebt, befestiget. Freylich wenn man
die Arıllen der sämmtlichen Arten des bisherigen Cynoglossum zur
Zeit ihrer Reife betrachtet, findet man gerade am Fruchtbaue einen
bemerklichen Unterschied von dem der übrigen.Gattungen dieser
Familie; aber dieser Unterschied läfst sich nicht, deutlich und kurz
*) Gen. plant, n. ı83,
*#) Syst. Nat. II. 146.
219
mit Worten ausdrücken; man mufste daher einige andere Kennzei-
chen zu Hülfe nehmen, die flachgedrückte Form der Saamen oder
vielmehr Arillen, die Form der Blume, u.s. w. Dadurch entstand
aber ein künstlicher Charakter, welcher übrigens denselben logi-
schen Regeln unterworfen ist. Alle Arten demnach, welche sich
mit den Hauptzügen dieses neuen Ckarakters nicht vertragen, müs-
sen von der Gattung ausgeschlossen, und, weil sie doch ihrerseits
ebenfalls wieder sehr schöne Charaktere an die Hand geben, unter
eine eigene Gattung untergestellet werden. Diels hat Tournefort
beobachtet, welcher, durch eben diese Betrachtungen geleitet, aus
der heutigen Gattung Cynoglossum zwo Gattungen gemacht hat,
welche Linn& nicht hätte vereinigen sollen. Hier mag zuerst der
verbesserte weitläufige und wesentliche Charakter des Cynoglossum
stehen, welchem dann der weitläufige und wesentliche Charakter
der wiederhergestellten Tournefortischen Gattung Omphalodes
folgen soll.
CYNOGLOSSUM
Cal. liber, quinquepartitus: laciniis oblongis acutis.
Cor. ex receptaculo floris, monopetala, infundibuliformis, longitu-
dine calycis. Tubus eylindraceus. Limbus quinquefidus
obtusus. Faux clausa colliculis quinque prominentibus con-
niventibus, subtus cavis,
Stam. quinque, ex tubo corollae, fauce tecta. Antherae subro-
tundae nudae.
Pist. Ovaria quatuor. Stylus subulatus, longitudine staminum,
persistens. Stigma emarginatum.
Periec. Arilli seminum quatuor, depressi, subrotundi, receptaculo
oblique alflıxi.
Sem. totidem, subovata, glabra.
28? Die
Die hieher gehörenden Arten sind alle diejenigen, welche
Willdenow von ı bis einschliefslich ı4 aufgeführet hat. - Ich
würde sie aber in zwo Familien theilen, in Cynoglossa im engern
Sinne, und in Rinderae; nämlich:
I. Cynoglossa. Arillis asperis.
ı. officinale, 6. cheirifolium,
2. pictum, 7. apenninum,
3. lanceolatum, 8. hispidum,
4. virginicum, 9. hirsutum,
5. limense, 10. eohinatum,
ı1. muricatum.
Wozu noch kömmt C. sylvaticum, welches eine eigene Art
ist, indem es seine Form standhaft behält.
I. Rinderae. Arillis laeriusculis.
ı2. angustifolium , 13. laevigatum,
"14. glastifolium.
Wozu noch weiter gehört C. umbellatum, das Graf Wald-
stein und D. Kitaibel bekannt gemacht haben.
Der wesentliche Charakter dieser Gattung würde dann seyn:
Cal. 3 partitus. Cor. infundibuliformis, fauce fornici-
bus clausa. Semina arillata: arillis depressis, receptaculo
oblique aflıxis.
OMPHALODES
Cal. liber, quinquepartitus: laciniis oblongis acutis.
Cor. ex reeeptaculo floris, monopetala, rotata: T'ubo brevissimo.
Limbus quinquefidus obtusus. Faux clausa colliculis quin-
que prominentibus, subtus caris.
Stam.
nd
ee
221
S$tam. quinque, ex tubo corollae, fauce tecta. Antherae subro-
tundae.
Pist. Ovaria quatuor. Stylus filiformis, longitudine staminum,
persistens. Stigma obtusum.
Peric. Arilli seminum quatuor calathiformes, margine dentato in-
flexo, receptaculo basi affısi.
‚Sem. totidem, subovata, glabra.
Obs. Receptaculum, Calyx, et Stylus post deflorescentiam in ma-
jus volumen excrescunt.
Charact. essentialis
Cal. 5 partitus. Cor. rotata, fauce fornicibus clausa.
Semina arıllata: arıllıs calathiformibus.
“
Ich kenne, theils in der Natur, theils aus Büchern, nur
sechs Arten, welche hieher gehören:
1. O. cristata, foliis lineari - lanceolatis, supra, calyceque albido
hispidis. ©
Cynoglossum cristatum. Willd..spec. I. 764. n. 13.
2. O. lusitanica, foliis cordatis amplexicaulibus glabris, margine
laevibus. ©
Cynoglossum lusitanicum. Willd. spec. I. 765. n. ı6.
3. O. linifolia, folüs lineari - lanceolatis glabris, margine remote
denticulatis: denticulis pilo terminatis. ©
Cynoglossum linifolium. Willd. spec. I. 765. n. ı7.
4. ©. repens, stolonifera, caule erecto; foliis petiolatis: infimis ova-
to-cordatis, superioribus ovatis acutis. 4
Cynoglossum Omphalodes. Scop. carn. edit. II. n. ı90.
Tab. 3. = Willd. spec. I. 766. n. 22. "
BE).
222
». O. scorpioides-, Caule prostrato: foliis lanceolatis scabris; pedun-
5 pP ;p
culis axillarıbus unifloris. ©
Cynoglossum scorpioides.. Hänke in Jacg. collect. II.
3. = Willd. spec. I. 766. n. zı.
6. O. myosotoides, foliis tuberculatis pilosis : radicalibus spathulato-
lanceolatis, caulinis linearibus sessilibus. 4
Cynoglossum myosotoides. Willd. spec. I. 767. n. 24.
‘Ich setze bey der letztern Art ausser dem napfähnlichen
Arillenbau, welcher angegeben wird, auch eine radförmige Blume
voraus.
Vielleicht gehören ausser den angeführten Arten noch hicher:
Cynoglossum lanatum Lamarck. «
japonicum Thunberg.
lateriflorum Lamarck.
cappadocium Willdenow.
Sähe man blofs auf die Blume, so würde ich auch Anchusa
sempervirens L. hieher ziehen; aber die Saamen widersprechen.
Tournefort fand zwischen dem Arillenbau unserer wieder-
hergestellten Gattung und einem Nabel Aehnlichkeit, welswegen er
ihr den Namen Omphalodes (OpPaAwdys, nabelähnlich ) gab.
*
IX.
-
223
— >. nu.— —.— 9 o9S 2 8 2. a.
IX.
Memoire
sur plusieurs nouvelles varietes de formes determinables
de topaze;
par
J. A. MonTteıro.
BR n: les accroissemens multiplies, qu’a recus la methode mine-
ralogique depuis la publication du Traite de Mineralogie de M.
Haüy, doivent sans doute tenir une place particuliere ceux, qui
appartiennent au tableau des varietes de formes determinables rela-
tives aux differentes especes minerales. Ces variet&s sont double-
ment interessantes au mineralogiste philosophe. D’une part, elles
ofirent a. son esprit severe l’objet d’une &tude profonde et rigou-
reuse; et d’une autre part, elles lui fournissent, le plus souvent,
dans les divers systemes bien tranches de cristallisation qu’elles
etablissent pour la majeure partie des especes, sinon l’unique fonde-
ment, au moins le plus solide pour eirconscrire et pour classer ces
memes especes: avantage d’autant plus®precieux, que toutes les
autres variet&s le laissent presque toujours dans une entiere incer-
titude sur ce point, ou l’egarent meme par des analogies s@duisantes
ou
22 Berl
ou par des differences trompeuses, jusqu’a ce que l’examen attentif
des premieres l’ait remis sur la voie.
La pluralitt des mineralogistes ayant.eu une part plus ou
moins grande aux progres que la science a faits dans ses differentes
branches depuis la sus-dite epoque, il est fort digne de remarque
quil n’y en a eu quun tr&s- petit nombre, qui aient reellement
concouru, avec le c&lebre inventeur de la theorie mathematique de
la Cristallographie, ä accroitre le domaine des varietes de formes
determinables.
Ce nest pas que beaucoup d’autres n’aient decouvert, et de»
erit dans divers ouvrages de Mineralogie, plusieurs formes cristal-
lines, lesquelles ne pouvant nullement &tre rapportdes aux formes
decrites dans le Traite de Mineralogie de M. Haüy, doivent £tre
regardees comme nouvelles, sans parler meme d’autres, dont l’ana-
logie avec certaines varicies de ce mindralogiste peut bien n’etre
qu’apparente. Mais la methode suivie dans les ouvrages en question
pour decrire les ceristaux, etant en general trop vague, soit pour
assigner des limites fixes ä celles de leurs formes qui different es-
sentiellement, soit pour dtablir avec sürete, au moins pour la plu-
part, la correspondance des formes vraiment identiques; de pareilles
descriptions deviennent presque nulles pour le cristallographe meme
le plus exerce !); et par consdquent les nouvelles varietes de formes
determinables qu'elles peuvent ayoir pour objet, sont malheureuse-
ment perdues pour la Cristallographie, dont autrement elles auraient
enrichi le tableau.
C'est
») Elles sont m&me bien souvent propres ä induire en erreur, soit en eonfondans
des formes qui appartiennent a differentes especes, soit en separant d’autres
formes qui devaient au coftraire &tre rapportees a une espece unique, La to-
paze meme nous offre dans differens auteurs, comme Emmerling, Bertele
et autres, des exemples bien remarquables de cet inconyenient.
225
C'est pourquoi, celui qui se propose l'honorable täche de
cooperer avec Villustre cristallographe francais pour reculer les
bornes de cette belle branche de la Mineralogie, se voit dans la
necessite de partir du point oü elle a &t€ portee jusqu’a ce jour
par le meme savant, et par le petit nombre d’autres mineralogistes,
qui ont adopte sa methode mathematique de decrire les cristaux,
ou une autre @galement rigoureuse: ou qui du moins ont mis tout
le soin ä mesurer et ä indiquer les prineipales incidences de leurs
faces, suivant la methode du c£elebre de Rome de l’Isle,
- C'est aussi du meme point qu’ont dü partir les recherches
que j’ai faites sur les nouvelles varietes de topaze, que je vais de-
erire ?), et dont j’ai trouve la plupart dans la collection tr&s-choisie
de
2) Dans mes descriptions j’emploie, pour designer les faces deja connues, les
memes lettres que M, Haüy employa, soit dans le Traite, soit dans ses deux
m&moires sur la topaze, inseres dans les Annales du Museum d’Histoire natu-
relle, t. I, p. 346 et suiv., et t. XI, p. 58 et suiv., soit enfin dans som Tableau
comparatif etc, Je fais cependant les substitutions indiquees dans ce dernier
ouvrage, ä la page ı8, notes ı), 2) et 3), et de plus celles dd MetKär et
ä u: (comparez la figure 4 de la planche XXIII du tome-I des Annales du Mu-
seum d’Histoire naturelle avec la figure 2 de la planche VIH du tome XI du
meme ouvrage). Les signes representatifs des diverses lois de decroissement
devant etre rapportes a l’octaedre rectangnlaire qui est actuellement la forme
primitive ‚de l’espece, j'ai dü determiner, relativement ä cette forme, et les lois
que M. Haüy n’ayait pas encore mises en rapport avec elle, et aussi quelques
unes que j'ai trouve inexactes. Pour ce qui regarde les incidences, je doune
celles que jai determinees recemment, en me rapportant quant aux autres aux
ouvyrages de M. Haüy ci-dessus mentionnes, oü on les trouvera. Enfin, a l’e-
gard: de la nomenclature de-mes varietes, je l’äi calquee sur celle adoptee par
M. Haüy ä l'article de la topaze de son dernier ouvrage (Tableau comparatif
etc. ). Au reste, je suis bien loin de regarder comme absolument rigoureux, en
general, les principes de la nomenclature des formes cristallines proposee par
ee savant illustre. Bien au eontraire, j'entrevois qu'il ne serait guere possible
d’en decouvrir, qui fussent & la fois philosophiques et aussi feconds que le sujet
Vexige. Peut-etre vaudrait-il mieux numeroter les varictes, sans les nommer-.
22
226 ‘
de M. Chierici, de !’Acad&mie royale des sciences de Munich et
de la Societe d’Histoire naturelle de Wetteravie, lequel non seule-
ment eut la generosite, que l’on rencontre rarement, de me per-
mettre d’exammer la belle et nombreuse suite de cristaux de cette
espece qui font partie de la meme collection; mais poussa meme
sa complaisance jusqu'a m’en confier une partie, pour les &tudier & »
loisir chez- moi. $ >
Description
\
des nourelles varıietes de formes determinables de
topaze. ’
ı. Topaze decioctonale 'E CE C! B’)B BP (fig. 3.). Jai
t ı o xP
obsery@ entre les pans £ et ! une facette lindaire indeterminable,
mais tres-sensible et nette.
2. Topaze novemoctonale 'E CE [6% B°) '!BÖOPA (fig. 4.).
£ I ocPz
Sur Yindividu qui m’offrit cette variete, on voit des indices & peine
sensibles de facettes obligues, qui paroissent correspondre äxetäs.
3. Topaze undecioctonale. 'E(?EC! BF) 'B(A!B’B)PA
TE £ I o s Pz
(fig. 5.) Incidence de P sur z, 135° 59°. Cette forme paroit cor-
respondre ä la variet€ IYe de la topaze de Saxe de M. Delame-
therie (Theorie de la terre, t. II, p. 24ı.).
4. Topaze sexdecioctonale. 'E CE 65 B3) '"B (A?B> B°) :BÖP
£ l 0 s xzcP
(fig. 6.). Incidence de s sur o, ı68° 37°; de P sur c, ı61° 22°;
de c sur larete x, 152° 39.
5:
227
5. Topaze quatuordecidecimale. = (EC* B°) C'B (A’B: B°)
AN: Ss
BP (fig. 7.). Je dois l’avantage d’avoir observr& cette forme, ainsi
=?
que d’autres modifications interessantes des topazes du Bresil, dont
il s’agira dans la suite, A l’amitiE dont veut bien m’honorer S. E.
M. de Souza (D. J. M.), un de mes compatriotes les plus distin-
guds, et par ses talens, et par ses qualit@s morales, lequel eut la
complaisance de me permettre d’examiner une nombreuse collection
de cristaux de cette localite -lä. i
6. Topaze undeciduodecimale 'E CE GC! B°) (EC! B?) 'B
2 e 1 u o
(4° B?’ B>) P A (fig. 8.). Incidence de u sur !, 168° 50°; de u
s Rz
sur le pan de retour, ı15° 26. Dans l’un de deux exemplaires,
que je vis de cette variete, il y a des facettes sensibles, mais in-
determinables, qui paroissent eire x.
7. Topaze bisduodecimale. 'E (CE C: B°) CE c: B}) 'B
t 1 % 3
(A? B?B°) ör (ig. 9.).
Ss c
8. Topaze tredeciduodecimale. "E CE G! B°) (EC! B?) 'B
t l u o
(4° B?’ B’) CPA (fig. 10.). Dans les cristaux, oü j’ai observe
s cePz ;
cette forme, on distingue des facettes indeterminables, qui semblent
correspondre a x. Üette variet@ me fut indiqude par M. Chierici.
s 9. Topaze quindeciduodecimale "E (CE G' B°) (EC! B?)
t I u
"B (A? 15% B°) ®BPA (fig. ı1.). Dans l’un de trois individus, qui
0 s xPz
& 29° me
2239
me pr£senterent cette varietö, on voit des indices de facettes' obli-
ques places comme c.
ı0. Topaze septemquatuordecimale. 'E CE C B°) (EC! B’)
t l Bu
C'BPA (fig. ı2.) Imcidence de r sur Il, 136° 33°; de r sur u,
roPz
ı47° 43/;5.de r sur P, 134° ı".
ı1. Topaze quindeciquatuordeeimale. "E CE C'B°) (E CB?)
[i L u
C'B (A’B2B°) °BPA (fie. 13.)
ro s xPz
12. Topaze undecisexdeceimale 'E CE C! B°) CE G! B*)
£t 8 ı
(EC: B?) 'B (A? B? BB) PA (fig. 14.) Incidence de g sur t,
u 0 s Piz
169° 27°; de g sur 1, ı7ı° 49’; de g sur u, ı60° 39‘.
13. Topaze tredeeisexdscimale. 'E (EC! B?) (?E C! B?)
t g ; I
GEC'B}) ıB (A?B?B’) ÖPA (fig. ı15.). Ce fut sur un cristal
u o s cePz
appartenant ä cette variet@, que M. Chierici decourrit et me fit-
voir le nouveau pan g, que j’ai trouv& depuis sur les exemplaires
de mes varietes ı2, ı4, 15, ı7 et ı8, et sur beaucoup d’autres
. eristaux, dont les formes se trouyaient plus ou moins indetermi-
mables.
ı4. Topaze quindecisexdecimale. A (E [6% B°) CE ap‘)
&
(EC: B?) 'B (A? BB?) :BPA (fig. 16.).
u o s 3 Pz
15:
t
229
13. Topaze quindecioctodecimale. 'B (E ©! B°) CE nr B°)
ı 5
CECBI)ÖCEOB) 'B(AB:B’) pP A (ig. 17.). Le prisme
u 7 mr o s Br
laisse appercevoir encore un pan indöterminable entre u et l.
Les individus, qui m’oflrirent cette variete, et mes varietes ı7 et
18, venaient du gouvernement de Ecath£rinbourg en Syb£rie.
Ils sont d’une beaut& rare, le premier et le dernier ayant plus de
deux pouces d’epaisseur, et le second un pouce, et la forme de
” tous les trois @tant assez nette. Ils appartiennent ä la magnifique
| collection de M. Henry Heüland, mineralogiste tres - instruit,
nereu du-feu Forster, bien:connu des naturalistes de toute l’Eu-
rope. Je saisis cette occasion de lJui rendre un hommage public
de ma reconnoissance pour la bonte quil a eue de me permettre
d’etudier & loisir chez-lui les cristaux, dont il s’agit 3).
ı6. Topaze henicosidecoctonule 'E CE C B°) CE C: B?)
EN, p I
(CEC!B?)G'B(A!BB?) :B°EÖPA (fe. ı18.). Incidence
u re) $ x mePz
de p sur £, ı74° 25°; de p sur 1, 166° 51°; dem sur P, 157° 58°;
de m sur !, ı4ı° 3°. Lecristal, qui me presenta cette forme, ter-
mine presque en pointe, la facette z &tant tres-petite. J’ai observ&
>
la nouvelle face oblique m en quatre autres cristaux, sur lesquels
jai pu verifier les incidences relatives ä cette meme face, et obte-
nues par le calcul.
ı7. Topaze henicosicosiale. 5 (E C! B°) CE & B?)
x
’ € I + ER on ri E
oO
(EC:B°) EC!B?) CECBI) 'B(ATBBI) CEOB') PA
ga u k 0 s h cPz
2 (fig.
3) M. IHeüland m'assura que, m&me en Syberie, on ne peut se procurer de
pareils cristaux qu’a des prix exorbitans.
230
(fg. ı9.). Incidence de g sur £, 136° 54; de q sur I, 175° 38’;
de q sur u, 173° 11°; de h sur P, 149° 39°; de h sur t, 136° 127.
Le beau cristal, qui m’offrit cette forme, presentait des indices du
pan r et de la face primitive M, outre quelgqnes autres facettes
absolument indeterminables. Il &tait presque limpide.
ı8. Topaze hexdecaduicosiale. 'E (GE [er B°) CE G! B°)
t g l
(CE C: B?) EC: B*) © EC? Bi) 'B (A? B’B?) CP (fig. 20.) 4).
q u 2; k 0 s PR
‚Discussion th&orique
sur les descriptions prec&dentes.
Les signes representatifs employes dans les descriptions, que
je viens de faire, sont en general exprimes par une methode, qui
m’est propre; et quelques uns repre&sentent des lois de decroissement
differentes de celles determindes tecemment par M. Haüy pour les
memes faces, et publi&es dans son Tableau comparatif etc.
Ayant donc le desavantage de ne pas me trouver ici d’accord
avec un savant si justement celebre, et dont personne n’admire plus
que
4) Le cristal, oü j'ai observe cette forme, et celui, qui me presenta ma variet&
) T %
quindecioctodecimale, ayant tous deux le pan g de plus de deux lignes de largeur
et en meme temps assez net, les pans contigus £ et Z etant aussi assez larges et.
unis, me mirent a meme de m’assurer de la parfaite exactitude des mesures
mecaniques des incidences entre ces pans, que j’avais prises sur les exemplaires
de mes varietes ı2, ı3, ı4 et ı5, dans lesquels le pan g avait a peine la
largeur sufüsante pour permeltre de prendre les dites mesures avec peine. De
meme le nouveau pan g &tant large de plus d’une ligne et demie, sur lindividu,
"qui m’offrit la variete, que nous venons de deerire, ne me laissa pas le moindre
doute «sur la d&termination que j'en donne, et me’servit a confirmer les mesures
goniometriques relatives au pan analogue, que j'ai observ& sur l’exemplaire de
ma variete precedente, lequel pan n'est pas ä beaucoup pres aussi large,
Dr
a
de De
231
que moi le pröfond savoir, ni ne respecte d’avantage l’importante
autorite, je ne peux me dispenser de descendre dans une discus-
sion theorique sur les deux points ci-dessus mentionnes,
Les signes representatifs, soit des lois de decroissement
sur les bords, soit des lois de decroissement ordinaire sur les
angles, n’ont EprouveE aucun changement, si ce n’est que
jai indiqueE un seul decroissement au lieu de deux, dans le
cas oü il y a une seule rangde de soustraite. La regle prescrite
par linventeur de la theorie de n’indiquer qu’un seul des decrois-
semens qui concourent ä la formation d’une face quelconque, en
regardant les autres comme subsidiaires, exigeait ce changement,
pour retablir, sous ce rapport, l'uniformit€ entre ces signes et tous
les autres; et cela d’autant plus que, les decroissemens dans le cas
en question se trouvant identiques, il devient superflu d’en expri-
mer plus d’un. Au reste la theorie de l’octaedre et de ses princi-
pales expressions 5) ayant fix& la maniere la plus simple et la plus
naturelle de concevoir les decroissemens dont il s’agit, leurs signes
representatifs devaient se trouyer, et se trouvent eflectirement, les
plus simples et les plus naturels.
Quant aux 'signes repredsentatifs des decroissemens interme-
diaires, ils ont dü subir des changemens plus considerables. Pour
les motiver, sans toutefois descendre dans‘ des details qui m’entrai-
" neraient beaucoup trop loin 6), il me suflira ‘de dire, que j’ai trouye
« BER . B »
que, de toutes les manieres de concevoir les decroissemens en
question et d’en reprösenter les lois, aucune n’est en general, ni
aussi naturelle, ni aussi avantageuse que celle que j’ai adoptce.
Au
5) Voyez la partie geometrique du Traite de "reralogie de M. Haüy,
6) Ces details feront partie d’un me&moire que je compte publier dans peu: sur la ‘
maniere la plus naturelle et la plus avantageuse de concevoir et d’exprimer les lois de
decroisserment, relatives & l’octaedre considerd comme forme primitive:
232
Au surplus,. je pr&viens mes lecteurs: d’une part, que le tetraedre
eomplementaire du parallelipipede theorique est toujours concu ap-
plique a la face de‘ l’octacdre adjacente ä celle des deux aretes, qui
forment l'angle plan, auquel se rapporte le decroissement, a celle,
“dis-je, dont l’exposant est le plus petit: d’une autre part, que les
exposans des memes aretes indiquent les dimensions, qui appartien-
nent ‘A la veritable moldcule soustractive dans le sens de l’une et
de l’autre ar&te, ces dimensions €tant prises depuis l’angle de depart
jusqu’a la‘diagonale de la meme molecule.
Enfin j’ai juge & propos de ne pas doubler la lettre E
avec son exposant, attendu que la symetrie de la cristallisation
indique par elle seule ‚la repetition du decroissement analogue &
celui qui demeure exprime; et que, dans le cas oü l’on voudrait
indiquer tous les deux, l’exactitude ainsi que la clarte exigeraient.
que le signe füt double, ce qui est evidemment inutile.
Passons maintenant & considerer la difference, qui se trouve
entre quelques unes de mes lois et celles relatives aux memes faces
et consigndes dans le Tableau comparatif.
Les lois, dont il s’agit, se rapportent aux pans u et, et
aux faces obliques s et x.
Pour les.pans u et !, on trouve dans l'ouyrage que nous ve-
„nons de citer 7), les lois suivantes: (E} ®E C:B') et (23 °EC:B: )-
De quelque maniere que j’aie-pu, selon les prineipes g@neraux de la
theorie, concevoir et exprimer les decroissemens, d’oü deyaient ne-
cessairement deriver les pans-en question, je n’ai pu parvenir &
trouver ces lois, Au contraire, j’ai toujours obtenu des lois diffe-
rentes, qui etaient toutes de veritables Equivalens des miennes, et
e se
7) P. ı7 et 18.
233
se trouvaient par consdquent, de m@me que celles-ci, en opposition
avec les preeddentes. Get accord parfait de tous mes r&@suliats, ob-
tenus dans diverses hypotheses et par des moyens diflerens, garantit
leur exactitude autant qu'il met en doute celles des lois ci-dessus
mentionndes 8). w
Quant ä la lor (A! B* B*), assignee dans le m&me ouvrage 9)
A la face s, elle peut Etre &galement representde par cet autre signe
(A' B’ B'), lequel ne diflere point du prec@dent, si ce n’est qu'il se
'rapporte A la face s, qui correspond, sur les figures, ä la gauche
de l’observateur, au lieu d’ indiquer celle qui repond ä sa droite.
Or cette derniere expression equivaut absolument & celle, dont
je me suis seryi pour. designer. la me&me face, savoir (A?B° B3),
Lune et l’autre donnent des faces paralleles, et il est &vi-
demment possible de convertir la premiere en la seconde et vice
versa,
Pour ce qui regarde enfin la loi (3A B°B° ) :0), elle ne peut
x
en aucune maniere avoir lieu; puisqu’en l’admettant, il est impossible,
que les bords de jonction de la face x, d’un cöte avec P, et de l’autre
avec 0, soient paralleles entre eux, comme toutefois le fait voir
€videmment l’inspection de tous les cristaux, oü les memes bords
. existent, et comme l’indiquent aussi les figures correspondantes des
differens ouyrages de Mr. Haüy '').
La
8) On trouvera dans un memoire qie je redige en ce moment-ci, le develop-
pement convenable de ces resullats, ainsi que de quelques autres que je ne
fais ° qu’indiquer,
9) P. ı8,
10) Le m&me ouyrage cite. p. ıB.
11) Ce parallelisme est particulierement visible dans les cristaux du Brösil, sur les-
quels la face x prend en general une plus grande &tendue, a cause de la forme
pyramidale ‚complete 'qu’afleetent leurs sommets, Il peut möme ätre demontr&
30 geoms-
234
La consideration de ce parallölisme, ainsi que de celui des
aretes de. jonction'de la m&me face x, et avec le pan /, et avce la
face horizontale z, me-donna, d’une maniere directe et facile, la
loı ®B, que j’ai verifice depuis en calculant les incidences de la
meme face sur les facesontigues, ‘et les trouvant parfailement con-
formes ä& l’oblervation: 12). _ i j ;
Ce que je viens de dire suffirait pour d&montrer la justesse
de mes lois. Cependant je juge & propos d’ajeuter encore ici les
a8 ; resul-
geometriquement, a l’aide d'un accident tres-remarquable que presente un eristal
de Saxe que je possede, et dont Ja forme est celle de ma variete quindlcisex-
decimale. Cet aceident consiste en ce que les pans t/, /! et u‘ (fig. 23.) se sont
avancees dans l’cpaisseur du cristal, de manitre que, les facettes obliques s’, 0/y
=’ ayant disparu, les pans t’ et ’ aboutissent & la face horizontale z, et forment
avec elle et avec les faces s et P’ un angle solide. D’oüu il resulte, que la fa-
ceite oblique o se trouvant isol&e sur la partie anterieure du meme cristal, et
ayant des dimensions convenables, offre la forme remarquable d'un rhombe,
dont un des cötes est contigu ä la facette x, un second A 5, un troisicme au
’
pan £, et le quatricme enfin au pan t‘. La figure zı represente ce dernier as-
sortiment de faces. Cet assortiment nous fait voir que la forme en rhombe de
6 tient necessairement au parallelisme des aretes a et 5 avec l’arete primitive
eorrespondante B. Car, le pan t’ &tant parallöle au plan vertical qui passe par
cette derniere ar&te, la section c deyra lui etre parallele, et par consöquence
5 et a,le seront &galement: Woü il suit, que ces derniers bords seront aussi
parallöles entre eux. L'egalite des cötes du parallelogramme n'est qu’acciden-
telle dans ce cas,
NB. Je. me suis servi de la figure 23 au lieu de la figure 16; parce «que le
eristal, dont il est question, n'a pas les pans g sur la moiti& anterieure; ce qui
eontribue a produire l'aecident, que sa forme pre&sente.
y
13) Le cristal,- qui m'oflrit ma variet® guatuordecidicimale, presentant une face ztres-
nette et large de plus d'une ligne, les faces adjacentes Pet! &taut aussi assez
etendues et unies, ım'a mis A portee de mesurer avec la plus grande preeision les’
incilences, dont il s’agit; ce qui n’est guere possible sur la plupart des eristauxg
soit parce que la-facette x est d’ordinaire fort &iroite, soit parce que le pan l
est le plus souvent tres-stric.
Er
I
233
rösultats de diverses tentatives que jaai faites pour ma propre con-
viction, vü que ces rösultats se trourent £ire les plus propres pos-
sible pour la rendre complete.
r
La Geometrie des cristaux d&montre ce qui suit:
. Les pans u et I, provenans de mes lois, ( *E C! B?) ei
CE C:B° FE doivent necessairement etre paralleles ä ceux, qui r£-
sulteraieut des lois G? et G?, consigndes dans le Trait@ de Minera-
logie de M. Haüy (t. I, p. 507 et 508), et qui se rapportent &
lancienne forme primitive de la topaze '°).
Au
13) Pour le prouver, il sufira de d&montrer, que les intersections d’un plan hori-
zontal avec les pans u et’ Z provenans des premiöres lois sont respectivement
paralleles aux intersections du ıneıne plan horizontal avee les pans analogues,
qui deriveraient des derniöres lois. Seit le rhombe A BA’E’ (fig. 22.) une ooupe
horizontale du prisme droit rhomboidal, aneienne forme primitive de la topaze,
Representons par le rectangle MLON, eirconserit au m&me rhombe , la base
eommune des deux pyramiles de locta&dre rectaugulaire, qui est actueilement
la primitive de la meıne substance, et concevons les pyramides en place. Soient
le rhombe et le rectangle divises, le premier en seize autres rhombes £gaux
entre eux, et le second en autant de rectangles aussi egaux entre eux. Tirons les
droites fe et ce, et la diagonale LN, laquelle representera l’intersection du
rectangle MLON avec la coupe verticale de l’acta&dre primitif, la coupe, dis- je,
analogue a acafe (fig. 2.). Laligne LC (fig. 22.) se trouvera divisee en quatre
parties egales; qui correspondront a un pareil nombre d’aretes moleculaires prises
sur larete B correspondante du m&me octa&dre. Menons du m&me point f les
droites fp et /q, dont la premiere aboutisse au milieu de Ld et la seconde aux
deux tiers de la m&me ligne, comptes de L vers d. Tirons enfin du meme point
E, et au milieu, et aux deux tiers de Lb, les droites Ed etEe. Les exposans de
© et B font voir, dus Sp £ Jq Banı respectivement paralleles aux intersections
des pans (’E (6% B?) et CE Br B; °) avec le plan horizontal MLON tonve-
1
nablement prolonge. De möme 5 exposans de G iudiquent, que les intersections
des pans analogues G2 et G3 avec le m&me plan horizontal MLON coineident
s u l
avec les lignes E/et E. Or il est evident, par la construction, que fp et fg
/ sont respeclivement paralläles aEdetäEe.
20°
236
Au contraire, les’ faces qui r&sultent des lois (E? !E 0: B! )
et (E° 3E C> B: ) du Tableau comparatif, ne peurent aucunement
Etre paralleles ä celles provenautes des lois G? et G® du Traite 14).
2°. La face produite par ı ma lei :B est necessairement paral-
lele ä celle que donnerait la loi (& B' Bs), qui se troure dans le
Trait€ (t. I, p. 509.) > D’oü il resulte, que les incidences de
la
14) Les exposans de CetB compares a ceux de G d&montrent, d'une maniöre ana-
logue ä celle que nous avons employee dans la note precelente, que les inter-
sections des premieres faces avec le plan horizontal sont respeclivement paralleles
@ celles des secondes avec le m&me plan. Conceyez ä pr&sent deux plans verti-
caux, tellement situ&s que les interseelions, dont nous venons de parler , leur
Soient respectivement perpendieulaires: c'est a dire que celles relatives aux deux
faces analoZues, designees par u, soient perpendiculaires & l’un;"et celles relatives.
aux autres deux faces indiquses par 1 soient perpendieulaires l’autre. Je dis,
que les intersections du preinier plan vertical avee les deux premieres faces ne
seront pas paralleles ; ainsi que ne le seront pas non plus les intersections du
second plan vertical avec les deux autres faces. Celä est une consequence de ce
que toutes les lois de deeroissement relatives A l’octa&dre, et d’ou peuvent deriver
les pans u et I, se trouvent DELETE de celles en par la premiere partie
des signes represeutatifs (E3 2E C? B') et (E3 SEC 2° 8°); et de ce quiilne .
peut-y ayoi qu’une seule loi propre ä donner la position verticale aux faces
en question, pour chaque maniere possible de convevoir les decroissemens d’oü
elles r&sultent.
“ 7° “ 67 ” . Fi j 2
25) Le parallelisme, dont il s agit, sera demontre, si en concevant la face (E B! B5>),
x
wansportee parallelement ä elle möme jusqu’ä ce qu’elle rencontre ına face 2B,
x
Von prouve, qu'alors elle coinceide avec cette derniere sur un möme plan. Sup-
"posez actuellement que AEA’E/ (ig, 22.) represente la base superieure du
Prisme droit rhomboidal, ancienne forme primitive de la topaze. Tirez par les
points B, get C, les lignes mb, gh et il, toutes les trois parallöles a ac, qui
elle möme est parallele a la direction des borıls des lames de superposition,
dans le cas de la premiere face, . 1 est &wident, gae gh marquera l'intersection
du plan du bord de la premitre lame, de superposition avee le plan AEA'E.
Imaginez une ligne &levee, au point C!, sur ce dernier plan, laquelle lui soit
: perpen-
237
la premiere sur les faces adjacentes derront &tre iderttiques avec
celles de la seconde sur les faces analogues, et par consequent
conformes aux mesures goniometriques. Le calcul m’a conduit
directe-
perpendiculaire et en m’me temps ä la droite eh, et qui soit de plus egale a
la hauteur de la mol&cule soustractive. Concevez & Vextremit& superieure de
eeite ligne une autre ligne horizontale ei parallile A gi. La face secondaire
D
2
(E B! BS) se trouvera sur le plan compris par cette ligne ideale et par la
a E
droite Be, qui est aussi parallöle ä ac.» Maintenant reculez ce systeme de plans,
parall&lement & Iui-möme, vers le centre C, jusqu'a ce que le plan du bord de
la premi’re lame de superposition passe par la droite il et par l’axe du prisme.
La ligne de depart Er se trouvera exalement transportee en mb. Dune autre '
part l'octaÜdre rectangulaire, qui est actuellement la forme primitive de la topaze,
elant r&duit ä avoir pour chacune de ses deux pyramides la möme hauteur que
la mol&cule soustraetive, dont nous avons parl& plus haut,.aura pour base com,
mune des m'mes pyramides le reetangle gdro, dont chaque cöte est separe du
centre par une diagonale correspondante de molteule prismatique -rhomboidale.
Supposer done que l’octaödre, qui fait les fonetions du noyau par rapport ä la
face secondaire 2B, ait une telle position que la base commune "de ses deux
’ ! T
“c
pyramides s’applique exactement au rectangle gbmo, par l'angle gbn et par les
arltes gb et 5n convenablement prolongees. Les arötes obliques, qui, sur le
deux octa@dres, correspondent & lY'angle commun 5, coineideront entre elles.
Concevez enfin la base du noyau en question diviste en reclangles egaur et
semblables ä ceux, dont se compose le rectangle MLON. Les arötes obliques
appartenantes au mme noyau seront &galement composees d’arötes moleculaires
€gales A celles, dont nous avons dit que sont formees les arötes obliques de
Voctaödre, qui aurait le möme rectangle MLON pour base commune de ses
deux pyramides. Maintenant il sera facile de trouver :
ı2 Que Iaface (& Bi B® ) et ma face ?B passent toutes les deux par
x Er
la mime ligne mb.
2% Que les mömes faces 'passent encore toutes les deux par une seconde
ligne qui se croise avec la pr&cedente. Cette ligne est l’arete oblique commune
aux deux octacdres ci-dessus mentionnes, Partie, dis-je, correspondante au
point db. Donc, les faces, dont il s'agit, coineideront sur le m&me plan. Cette
eoineidence donne comme une consequence necessaire le Parallelisme des m’mes
faces, pour les cas, oü elles n'auraient pas Ja situation, que nous leur avons
donnee par la construction.
as
directemeng A ce me&me rdsultat. En effet,‘'en cherchant les inci-
dences de x sur z et sur I, ä laidle de donndes prises immediate-
ment dans la consid@ration de ma loi ’B, je les ai trouvdes les me&-
mes que .celles qui existent dans le Traite, et que M. Haüy a dü
deduire de la consideration de sa loi (E B! B°). D’une autre part,
en’ calculant l’ineidence de x sur P, au moyen de donndes fournies
par cette derniere loi, je suis tomb& dans la m&me incidence que _
javais obtenue en partant de la cou:siddration immediate de la pre-
miere. £
Au contraire, la face x donnee par la loı (,A B’ B°) du Ta-
bleau comparatif, ne peut pas etre parallele ä celle produite par
la loi (EB! B’) du Traite 16): ce qui demontre en gen@ral, que les
incidences de la-premiere sur les faces contigues doivent etre n&-
Cessairement differentes de celles de la derniere sur des faces. ana-
logues. et par cons@quence contraires A‘l’observation. Le calceul me
donna encore ici directement ee m&me r£sultat, en me conduisanst,
dans I’hypothese de la premiere loi, aux incidences suivantes: de x
sur), 153° 555 de x'sur 1, 116°8°; de’x sur Pj 154° 43%
On voit done d’apres la discussion theorique, que nous ve-
nons de terminer, que ceux de mes rdsultats, qui ne se trouvent
pas d’accord avec les resultats analogues consignes r&ecemment par
M. Haüy dans son Tableau comparatif, se trourent au contraire
parfaitement conformes ä ceux, que le m&me savant illufire publia
dans son Trait& de Mineralogie; de sorte que je peux dire (ce qui
est bien flatteur pour moi) que c’est M. Haüy lui-meme, qui en
garantit l’exactitude, et qui etablit consequemment la justesse des
conclusions que j’en ai deduites.
Anno-
26) Celaä est un simple -corollaire de la proposition demontr&e dans la note pröce-
dente. 2
A a rn 1 er ee
ı
51
bi
r
239
Annotations.
Les nouvelles formes cristallines,de la topaze decrites dans
ce memoire ont &t& obserydes avec un seul sommet. Les cristaux,
‚qui me les oflrirent, sont tous originaires de Saxe, & la reservre
seulement des exemplaires de mes varietes ı et 5 qui sont du Bre-
sil, et de ceux de mes varietds ı5, ı7 et 18 que nous avons dit
venir de Siberie.
Les memes formes cristallines interessent le cristallographe
sous plusieurs rapports. Elles portent actucllement le nombre des
varietes de formes determinables de l’espece, de dix qui. se trouvent,
indiquees dans le Tableau comparatif, & vingt-huit. Elles lui offrent
eing faces et par cons&quence cing lois de decroissement absolument
nouvelles, et quatre autres döterminees de nouveau; une nouvelle
maniere d’exprimer particulierement les lois intermediaires relatives
‚a l’octaedre, et enfin plasieurs incidences, qui ne se trouvaient pas
encore caleul&es, et qui sont indispensables a reconnoitre certaines
faces secondaires, lorsque les incidences deja calcul&es manquent,
ou ne peuvent pas etre veriliees sur les cristaux avec assez de
Precision.
Les memes variötes de formes determinables ne -laissent pas
d’etre aussi assez interessantes au mincralogiste, en ce qu’elles lui
fournissent quelgaes observations particulierement propres, soit ä
‚ eonfirmer, soit a completer celles, qui ont successivement amene
les ameliorations et les accroissemens, qu’a recus l’espece, dont
nous nous OCcupons. j
On sait que les cristaux de Topaze s’offrent en general sous
trois aspects tres - difförens, selon qu’ils proviennent ou du Bresil,
ou de Saxe, ou de Siberie. Leurs prismes, dans le premier cas,
‚sont surmontes de pyramides; dans le second, ils sont termines par
des bases plus ou moins etendues; dans le troisieme enfin, ils abou-
tissent
340 u
tissent A des sommets, qui ou sont diedres ou du moins paroissent
Vetre, a cause de -l’etendue bien plus considerable de deux de leurs
faces ; lesquelles s’unissent par une arete horizontale et terminale.,
Cette difference remarquable d’aspect, laquelle a meme pu
induire quelques min£ralogistes ä regarder les topazes des localites
—ei-dessus comme des especes differentes, ayant &t& dejä, en partie,
prise en defaut par des Pen posterieures , s’evanouit entie-
rement au moyen de celles que je vais faire remarquer,
Dans_trois eristaux, que j’ai vus, tous trois de Saxe, dont’
»« Yun ävait la forme de la variete quindecioctonale du Tableau com-
paratif, une autre celle de ma väriete quindeciguatuordecimale, et
le troisieme celle de ma varicte henicosidecoctonale, le sommet se
termine sensiblement en pointe, ä l’instar des sommets de la plupart
des topazes du Bresil, la face horizontale z &tant ä peine visible.
Dans le cristal qui m’a offert ma variete sexdecioctonale la pyramide
du sommet se trouve cömplete '7),
Ni de Rome de l’Isle, ni-aucun äutre mineralogiste, que
je sache, n’ont fait jusqu’ä present mention d’une pareille observa-
tion, laquelle peut &tre considere comme le compl&ment de celle,
que M. Haüy consigna dans son Trait&, concernant des topazes -
du
17) J’ai eu recemment occasion de vwoir aussi des 6ristaux. de Siherie terminds en
pyramides completes. _ Quoique ceite observation eut ete deja citee par M.
Haüy (Traite de Mineralogie, t. II, p. 515.), jai &ıe bien aise d’en multiplier
les exemples, attendu que le plus souvent les formes des eristaux de Siberie
ne s’evartent de leur aspect ordinaire, que pour se rapprocher de celles des
eristaux de Saxe; raison pour laquelle quelques auteurs les donnerent pour ana-
logues seulement ä ces dernieres, sans se douter alors de l’analogie, qu'elles
ont egaleınent avec celles des cristaux du Bresil, comme nous venons d’indiquer,
et reciproquement, comme on le verra plus loin
CE et
NEE
ne de;
Su mt
x
Kal 70
=
241
du Bresil terminds naturellement par une face horizontale ı®) et pre-
sentant les m&mes formes que les topazes de Saxe.
Ma variete bisduodecimale en m’offrant, sur deux individus
originaires de Saxe, un sommet analogue au sommet cuneiforme des
eristaux de Siberie, multiplie les exemples de l’observation inverse
de celle relative ä des cristaux de cette derniere localit@, qui se
terminent par une face horizontale, qui remplace leur arete termi-
nale ordinaire 19).
J’ai observ& le meme sommet cundiforme en une quarantaine
de beaux cristaux du Bresil appartenans a S. E. M. de Souza.
Leur forme- etant en general celle de la variete sexoctonale du Ta-
bleau comparatif, elle se trouyait la plus propre possible pour
completer la preuve de l’analogie, dont nous nous occupons. M.
Delametherie est le seul mineralogiste, du moins ä ma connois-
sance, qui ait fait mention 20) d’une pareille modification de forme
dans les topazes du Bresil.
Je terminerai ce me&moire par les observations suivantes, qui
tendent a confirmer un changement inattendu opere tout recemment
dans la methode, savoir lincorporation de laancienne pycnite &
Vespece de la topaze. ’
y P De
18) M. Delametherie nous a aussi donne un exemple de cette modification dans
sa variete VII. (Theorie de la terre, t. II, p. 238, ). z
39) J'ai vu encore un pareil sommet sur deux autres individus aussi de Saxe, L'un
paroissait avoir la forme de ma variete bisduodecimale augmentee des facettes
obliques x et sans les pans u, L’autre presentait une forme beaucoup plus in-
teressante, parce que elle est la forme ordinaire des cristaux de Siberie, savoir
elle de la variete sexoctonale du Tableau comparatif. 1 y restait encore des
indices de facettes obliques correspondantes ä x et ä s, lesquelles sent tris-
communes sur les cristaux de Saxe.
20) Theorie de la terre, t. II, p. 240 et 241, Volumes I et IL.
zı
242
Le cristal de pycnite, qui seryit de base au beau memoire,
oü M. Haüy consigna la dite reunion ?!), se trouva compos& seule-
ment de faces appartenantes aux topazes. Le pan r, le seul que
ce savant n’y ayait pas encore observe, l’ayait et& par de Rome
de l’Isle sur une topaze du Bresil 22), et posterieurement par M.
Weiss sur un crystal de Siberie. Or, outre que mes varietes
5°), ı5 et ı8 multiplient les exemples de cette obseryation encore
si rare par rapport aux cristaux soit du Bresil soit de Siberie, mes
varietes 10, ıı et ı6 l’etendent aussi aux cristaux de Saxe, sur
lesquels aucun mineralogiste, ä ce que je crois, ne !’a faite jusqu’a
ce jour.
Enfin mes varietes ı5, ı7 et ı8 presentent aussi dans les
eristaux de Siberie la face k de la pycenite, dont M. Haüy nous
cite un exemple dans les topazes du Bresil seulement 24). Quant &
la face primitive M, obseryce par ce savant sur le m&me crystal,
qui. lui offrit la face k, sans parler des indices, qu’en presente ma
variete ı7, je l’ai vue tres-nette sur le plus beau cristal, que l’on
puisse voir de topaze de Siberie, appartenant” & a M. Heüland.
Ce cristal, dont je regrette de ne pouvoir donner ici la description
math@matique, vü quil pr&sente une quantite‘ de faces nourelles
assez determinables, a plus d’un pouce d’epaisseur, et il est de la
plus parfaite transparence, ainsi que de la plus ‚belle couleur d’ai-
gue- marine.
21) Ann. du Mus. d’Hist. nat., t. XI, p. 58 et suiv,
22) Cristallographie, t. II, p. 238.
’
33) Outre le cristal qui me prösenta eette variet&, je vis le pan en question encore
sur deux autres aussi du Bresil, dont les formes &taient indeterminables.
24) Ann. du Mus. d’Hist. nat., t. I, p. 351 et 352,
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243
0009 O0O00O99999909999 &>92990999209909000 Ssa0n00n0ne.e
X.
Bemerkungen
über die
Eigenthümlichkeit der Ameisensäure;
A. F. GeEuLeEn.
(Der physikalisch-mathematischen Klasse der königl. Akad. d. W.
vorgelegt den 30. December 1809.)
Erste Abtheilung.
1, D:. Chemie bietet mehrere Beyspiele dar, wie sie, nicht mehr -
sehr weit von einem Ziele, wegen Nichtbeachtung des bereits zu-
rückgelegten Weges weit zurückschritt, so, dafs es vieler Arbeit
bedurfte, sie wieder auf den vorigen Punkt zu bringen, von wel-
chem ausgehend diese Arbeit weit fruchtbarer angewandt worden
wäre, jenem Ziele näher zu kommen. Ein ähnliches Beyspiel, sollte
es auch Manchem von keinem schr grolsen Belange scheinen, giebt
uns die Ameisensäure.
Nachdem Mehrere schon die Beobachtung mitgetheilt hatten,
dafs blaue Blumen in einem aufgerührten Ameisenhaufen roth wür-
den, richtete John Wray (Philos. Transact, ı670. Vol. V. Ne 68.
p- 2063 — 2066) aufs Neue die Aufmerksamkeit darauf, indem er
ähnliche Beobachtungen von Dr. Hulse und Samuel Fischer
EN mit-
244
mittheilte. Letzterer schlofs aus der ähnlichen Wirkung verschiede-
ner Säuren, dafs auch die von den Ameisen ausgesprizte Flüssig-
keit, welche jenen Erfolg bewirkte, eine Säure seyn müsse. Er
fand, dafs durch Destillation der Ameisen, entweder für sich oder
mit Wasser, auch wirklich eine Säure erhalten werde, dem Essig-
oder dem Grünspangeiste ähnlich, welche mit Eisen eine zusammen-
ziehende Tinctur und Eisensafran gebe und mit Bley einen guten
' Bleyzucker. Letzterer zeichne sich vor dem mit Essig bereiteten
dadurch aus, dafs er durch die Destillation denselben sauren Spiri-
tus zurück gebe, wogegen man von dem gewöhnlichen Bleyzucker
nur brenzliches Oel und ein nicht saures Wasser erhalte.
Seitdem hat dieser Gegenstand von Zeit zu Zeit mehrere
Chemiker beschäftigt; doch begnügten sie sich meistens, die Gegen-
wart einer Säure darzuthun, ohne weiter ihre Natur zu untersu-
chen, wie z. B. Homberg (Mem. de l’Academie A. ı7ı2, p. 299),
C. Neumann (Med. Chymie ı753, Bd. 3 S. 383—67), der ı728
auch bemerkte, dafs die Ameisen in der Destillation mit Wasser
ein ätherisches Oel geben, (was jedoch früher schon von Sper-
ling — Dissert. de chymica formic. analysi. Viteb. 1689 — gesche-
hen war) und die in physiologischer Hinsicht interessante Beobach-
tung mittheilt, dafs die sogenannten Ameiseneyer, welche bereits
vollkommene Ameisen enthielten, als er sie auf gleiche Art, wie
die Ameisen, behandelte, nicht das Mindeste von Säure gaben (S.
55 a. a. O.). Der erste, welcher die Säure selbst einer genauern
Prüfung und Vergleichung, in ihrem Verhalten zu verschiedenen
Körpern, unterwarf, ist der genaue Marggraf (Chem. Schriften
1768, ı. Thl. S. 320 — 330). Er fand zugleich in den Ameisen
auch noch ein fettes Oel. Die Säure untersuchte er in ihrem Ver-
halten mit Kali und Natron, dem Halk, und mit verschiedenen Me-
tallen und Mectalloxyden, und erhielt aus dem Erfolge seiner Ver-
suche das Ergebnifs: dafs sie zwar der Essigsäure nahe komme,
doch nicht in allen Stücken ihr gleich sey. _Am ausführlichsten
und
245
und gründlichsten aber haben J. Afzelius Arvidson und Peter
Oehrn diese Säure untersucht, (Dissertat. chemica de acido for-
micarum, Lipsiae 1777. 4, übersetzt in Baldinger’s neuem Ma-
gazin für Aerzte, 2ten Bds. ztem St. S. 102 — 129). Sie prüften
vorzüglich ihr Verhalten zu den verschiedenen Alkalien, Erden und
Metallen, und die Eigenschaften der daraus entstehenden Verbin-
dungen. Aus der Verschiedenheit der letztern von denen der Es-
sigsäure thun sie auf eine überzeugende Art die Eigenthümlichkeit
der Ameisensäure dar: indem, unter andern, letztere mit dem Kalk
spathförmige, schön durchsichtige, Krystalle bildet von würflichter,
meist schrägwürfliehter, Gestalt, die an der Luft beständig, bey
mittler Temperatur in acht Theilen Wasser auflöslich, im Alkohol
unauflöslich, sind; wogegen die Essigsäure damit nadelförmige, an
der Luft verwitternde, im WVasser leicht auflösliche, Krystalle giebt,
die auch im Weingeist auflöslich sind. Die Bittererde erzeugt mit
der Ameisensäure ein im Wasser schwer, im Alkohol gar nicht auf-
lösliches Salz, das in kleinen haarförmigen durchsichtigen Krystallen
anschielst, welche, von einem Mittelpunkte ausgehend, halbkugelige
Zusammenhäufungen bilden; wogegen die Essigsäure mit ihr eine
an der Luft zerflielsliche, in Alkohol leicht auflösliche, Masse hin-
terläfst. Das Kupferoxcyd schielst mit der Ameisensäure in schön
blauen, würfligen, durchsichtigen Krystallen an, welche an der Luft
_ zu einem weilsen Pulver zerfallen, und in der Hitze keine Säure
- ausgeben; wovon die Beschaffenheit der Krystalle des essigsauren
Kupfers in Gestalt, Farbe, Verhalten im Feuer u. s. w. gänzlich ab-
_ weicht. Mit dem Zinkoxyd tritt die Ameisensäure zu einer Ver-
bindung zusammen, von der schon Marggraf bemerkt, „dafs sie
in gar artigen festen Krystallen, ganz anderer Art, als das essig-
saure Zink, anschiefse” und von welcher Arvidson und Oehrn
anführen, dafs sie mehrentheils zusammengewachsene Krystalle ge-
be; die aber bisweilen genau würflig, klar wie Glas, und so schwer
auflöslich wären, dafs-sie in mittler Temperatur 20 Theile Wasser
erforderten; die Essigsäure hingegen bildet mit dem Zink sechs-
sei-
246
seitige oder rautenähnliche Blätter von talkartigem Ansehen. Mit
dem rothen Quecksilberoxyde verbindet die Ameisensäure sich fast
gar nicht, wie ebenfalls -schon Marggraf bemerkte, sondern sie
stellt es gröfsten Theils zu laufendem Quecksilber wieder her, da
die Essigsäure solches reichlich auflöset. Endlich drücken die bey-
den schwedischen Chemiker ihren Beweisen für die Eigenthümlich-
keit der Ameisensäure dadurch das Siegel auf, dafs diese, zu einem
gleichen specifischen Gew. mit der Essigsäure gebracht, in ihrer
Sättigungscapacität für die Basen von letzterer gar sehr abweiche,
und dafs sie die Essigsäure aus ihren Verbindungen austreibe. Auch
wurde seitdem diese Eigenthümlichkeit von den. Chemikern aner-
kannt. Zwar erregte Hermbstädt, welcher die Darstellungsart
der Säure verbesserte, und mehrere Punkte in der chemischen ‚Un-
tersuchung der Ameisen selbst näher bestimmte, Zweifel über die-
selbe. (Dessen physikalisch- chemische Versuche und Beobachtungen,
1789. Bd. 2. S. 3—36.) Wenn man aber auf den Sinn des von
ihm -Gesagten sieht und es in die heutige Sprache der Chemie über-
setzt, so that er nur dar, dafs die Ameisensäure und Essigsäure
einerley säurefähige Grundlage haben. Nur Gren, der sich bis-
weilen Einseitigkeit und Mangel an Umsicht zu Schulden kommen
liels, wollte sie nicht als eine besondere Säure anerkennen, ohne
doch irgend einleuchtende Gründe anzuführen (S. Handbuch der
Chemie z2te Aufl. 1794. Bd. 2. °S. 386.). Richter’s vergleichende
stöchyometrische Versuche indessen (Ueber die neuern Gegenstände
der Chemie, ı796, St. 6. $S. 135 — ı34.) befestigten die Ueber-
zeugung davon aufs Neue, und so stand seitdem die Sache, als
1803 Fourcroy auftrat und durch von ihm und Vauquelin an-
gestellte Versuche darthun wollte, dafs die Ameisensäure ein Ge-
misch von Essigsäure und Acpfelsäure sey, welche letztere auch
bereits Hermbstädt (a. a. O.) nebst WVeinsteinsäure, als in dem
ausgeprelsten Safte der Ameisen vorhanden, angiebt (Annales du
Museum d’hist. nat. T. I. p. 333 — 345; n. allg. Journ. d. Chem. Bd.
2. $. 42—52.). Sie digerirten dazu die zerquetschten Ameisen ei-
ı ..nige
2
rn ar
nige Tage mit Weingeist, destillirten letzteren von der erhaltenen
Tinetur wieder ab und sättigten die von der Destillation rückstän-
dige, von einem während. derselben ausgeschiedenen braunen Satz
befreyete, Flüssigkeit mit Kalk. Ein Antheil dieser neutralisirten
dicklichen Flüssigkeit wurde mit der Hälfte concentrirter Schwefel-
säure, die mit > 3 Theilen Wasser verdünnt worden, der Destilla-
tion ausgesetzt. Die überdestillirte Säure „gab, mit Kali gesättigt,
„wahres essigsaures Kali, welches die Feuchtigkeit der Luft anzog,
„auf den Zusatz von concentrirter Schwefelsäure einen stechenden,
„dem Radikalessig ähnlichen, Dunst _verbreitete, und in der Auflö-
„sung des salpetersauren Queeksilbers einen blättrigen Niederschlag,
„wie gewöhnliches essigsaures Kali, bewirkte.” Man kann seine
Verwunderung nicht bergen, wie die genannten beyden Chemiker
sich an einer so oberflächlichen Prüfung begnügen könnten, um Fol-
gerungen aus ganzen Versuchs-Reihen, wie dieMarggraf’s und
Arvidson’s und Oehrn’s, umZustofsen, und es wird dieses nicht
anders erklärlich, als durch die Annahme, dafs sie die Schriften
dieser von ihnen angeführten Chemiker gar nicht nachgelesen ha-
ben. Letzteres ergiebt sich auch daraus, dafs sie diese Chemiker
die Einerleyheit (identite) der beyden Säuren behaupten lassen,
da sie doch, besonders die letztgenannten, sich im Gegentheile auf
das Bestimmteste wider -dieselbe erklären; auch daraus, dafs sie
der Meinung sind, die früheren Chemiker seyen durch die Aepfel-
säure getäuscht worden, welche die Eigenschaften der vermeinten
Essigsäure abgeändert habe, da sie in den angeführten Schriften
dieser Chemiker finden mufsten, dafs sie sich zu ihren Versuchen
immer der destillirten Säure bedient. Auch machte sehr bald
Süersen, dessen Arbeiten sich durch Gründlichkeit und Genauig-
keit auszeichnen, auf letzterwähnten Umstand aufmerksam und
zeigte durch abermalige vergleichende stöchyometrische Versuche
die Verschiedenheit beyder Säuren (N. allg. Journ. d. Chemie, 1804.
Bd. 4. S. 3—ı6.). Er bemerkte zugleich an dem ameisensauren
Kalı, bestimmter als von Arvidson und Oehrn geschehen war,
die
248
die auszeichnende Eigenschaft, in gelinder Wärme flüssig zu wer-
den, ohne Feuchtigkeit fahren zu lassen und zu dampfen, so dafs,
wenn man, in der Meinung, durch fortgesetzte Hitze das Salz trocken
zu erhalten, die Hitze verstärkte, ein Antheil des Salzes zersetzt,
bey der Entfernung vom Feuer aber und fortwährendem Umrüh-
ren bis zum Erkalten solches in ein trocknes weilses Salzpulver
verwandelt wurde, das an der Luft zerfloßs; das essigsaure Hali
‚hingegen läfst sich in der Wärme zur völligen Festigkeit bringen.
Umgekehrt giebt Richter (a. a. O.) das Verhalten des ameisen-
‘ sauren Ammoniums an, indem es sich leicht zu einem weilsen Salze
eintrocknen lasse, das essigsaure gegeptheils, obne trocken zu wer-
den, verflüchtigt werde, wenn seine Auflösung bis auf einen gewissen
Punkt abgedampft worden.
Unter den deutschen Chemikern, wenigstens solchen, welche
sich gründliches Studium der vorhandenen 'Thatsachen zur Pflicht
machen, ist nach allem Angeführten auch gar kein Zweifel an der
Eigenthümlichkeit der Ameisensäure mehr vorhanden. (Man sehe
z. B. Bucholz’s neue Ausgabe von Gren’s Grundrifs der
Chemie ı809. Bd. I. S. 469.) Nicht so bey den auswärtigen.
Thomson, der sich sonst durch viele Erfahrung und richtige
Beurtheilung experimentaler Arbeiten, so wie durch Kenntnifs nicht
blofs der englischen Literatur auszeichnet, lälst sich (zte Auflage
seines Systems der Chemie, in Wolff’s Uebersetzung Bd..4. S. 408.)
gänzlich von Fourcroy und Vauquelin’s Autorität leiten. In
der gten Auflage aber (Riffault’s franz. Uebers. T. 3. P. 236—241.),
nachdem er Süersen’s Abhandlung kennen gelernt hatte, der er
die verdiente Gerechtigkeit widerfahren läfst, kommt er davon zu-
rück. Jedoch schliefst er den Artikel über die Ameisensäure fol-
gender Malsen: „obgleich die Versuche der deutschen Chemiker
„hinreichend sind, eine Verschiedenheit zwischen der Ameisen- und
„Essigsäure darzuthun, so ist dc "ı ihre Aehnlichkeit aus andern
„Rücksichten so grols, dafs die._r Streitpunkt noch durch ausge-
„dehntere
re 219
„tehntere Untersuchungen aufgeklärt zu werden verdient. Vorzüg-
„lich müfste man eine Prüfung der Salze vornehmen, welche die
„Ameisensäure mit den verschiedenen Basen bildet, um sich zu ver-
„sichern, ob diese Säure nicht selbst eine Verbindung der Essig-
„säure mit irgend einer unbekannten Substanz ist.” Es ist zu be-
dauern, dafs dieser Chemiker nicht auch von Arvidson’s und
Ocehrn's, so wie von Richter”’s Arbeiten nähere Kenntnils ‚ge-
habt hat, welche die Verbindungen der Ameisensäure mit den ver-
schiedenen Basen sehr ausführlich behandeln; er würde bey den
erstern auch ‘gefunden haben, dafs sie durch trockne Destillation
keine Säure aus dem ameisensauren Bley erhielten, in Hinsicht
dessen Th. auf die oben angeführte entgegengesetzte Angabe
Fischer’s aufmerksam macht. Auch der verehrte Berthollet
hat, dieses Mahl die eigene Prüfung unterlassend, ganz auf Four-
ceroy’s und Vauquelin’s Aussage gebaut, und nimmt die Identität
_ der beyden Säuren als von ihnen dargethan an. ($. feine Einleitung zu
Riffault’s Uebersetzung des Thomson’schen Werks T. 1]. P. 47.)
Unter diesen Umständen, da so geachtete Chemiker in Hin-
sicht dieses Gegenstandes ‘theils noch unentschieden, theils auf er-
weislich falschem Wege, sind, habe ich geglaubt, dals die Klasse
es werth halten dürfte, nochmals einige Augenblicke bey demselben
zu verweilen und sich einige Versuche vorlegen zu lassen, welche
die Chemiker in den Stand- setzten, darüber endliche Entscheidung
fassen zu können. Um so mehr glaubte ich diels, da Fourcroy,
_ nachdem ich auf einige gegen seine Behauptung fprechende Punkte
- aufmerksam gemacht (Annales de Chimie T. 60. p. 78.), neuerdings
‘ sich von der Richtigkeit derselben überzeugt zu haben vorgiebt,
- nur -dals die vorher vermeinte Aepfelsäure jetzt Phosphorsäure
seyn soll (Anmales du Muscum etc. T. 9. P. 411. u. Journal für |
die Chemie, Phys. etc. Bd. 5. $. 716.), auch, weil die Klasse
“w
{
|
|
|
4
sich dadurch gegen die immer gemeiner werdende, und besonders
von den Franzosen oft ein wenig zu weit getriebene, Vernachlälsi-
32 gung
gung älterer Thatsachen, von welchen, wenigstens ihrem Vorhanden-
seyn, man doch Kennini/s hat, erklärt.
2. Zu der Darstellung der, in den zu erzählenden Versuchen
angewandten, Ameisensäure hatte ich den folgenden Weg eingeschla-
gen, der sich auf die Leichtigkeit gründet, mit welcher das ameisen-
saure Kupfer sich rein darstellen lälst, und sich dadurch zur Ge-
winnung ganz reiner Ameisensäure darbietet. Der ausgeprefste Saft
einer ansehnlichen Menge zerquetschter Ameisen wurde mit einer
Auflösung von kohlensaurem Kali, deren Mächtigkeit bekannt war,
neutralisirt und dann noch etwas damit übersättigt, die trübe Flüs-
sigkeit hierauf mit einer Auflösung des durch Sieden mit Salpeter-
säure zur höchsten Oxydation gebrachten schwefelsauren Eisens
versetzt, (S. van Stipriaan-Luiscius in „Antwoord op de
Vraag over en volkomen voldoend, en tot hier niet bekend middel”
etc. S. 30 fg. und den Auszug derselben im Journal für die Chemie
und Physik Bd. ı. S. 63} — 636,) so lange noch Anzeigen einer
Wirksamkeit desselben bemerkbar waren und bis die trübemachen-
den Theile sich aus einer schwach gelblich gefärbten klaren Flüs-
sigkeit zu scheiden und abzusetzen änfıngen, aus welcher sie durch
ein Filter abgesondert und mit destillirtem Wasser ausgewaschen
wurden. Sämmtliche Flüssigkeit wurde, um einen kleinen Antheil
mit Bedacht überflüssig zugesetzter Eisenauflösung zu zerlegen und
dadurch zugleich einige noch zurückgebliebene extractive Theile
niederzuschlagen, uaehdern sie etwas abgedampft worden, mit koh-
lensaurem Kali gesättigt, die abfiltrirte Lauge bey gelinder Hitze
bis zur dünnen Syrupsdicke verdunstet und sodann mit einer Menge
Schwefelsäure, hinreichend, die zur Neutralisirung des Ameisensaf-
tes aufgegangene Auflösung des kohlensauren Kali nicht nur zu sät-
tigen, sondern -selbst zu säuern, der Destillation bis zur anschei-
nenden Trockne unterworfen. Der Rückstand in der Retorte war
“ bräunlich; die übergegangene Flüssigkeit sehr sauer, nicht schwe-
felig. Sie wurde nach und nach mit kleinen Antheilen frisch ge-
fälle-
\
251
fälleten: kohlensauren Kupferoxydes versetzt, bis sich dieses auch
bey fortgesetztem Digeriren nicht mehr auflösen wollte, und die
blaue Auflösung sodann durch gelindes Abdunsten und Abkühlen zur
Krystallisation befördert. Es schossen schöne grolse durchsichtige
Krystalle an, von blauer Farbe, deren durch gleiche Behandlung
der übrigen Lauge noch mehrere gewonnen wurden, die aber spä-
terhin eine grünliche Schattirung annahmen, bis zuletzt eine schön
grüne Mutterlauge übrig blieb, die sich nur schwer zu unregelmäfsi-
gen Krystallen bringen liefs. Sämmtliche ersterwähnte Krystalle wur-
den durch nochmalige Auflösung und Kirystallisirung gereinigt, so
dafs sie durchaus eine blaue Farbe besalsen. Diese Krystalle’ dien-
ten mir nun zu einer vergleichenden Untersuchung mit dem krystal-
lisirten essigsauren Kupfer, so wie zur Darstellung der Säure, die
“zur Vergleichung eben so auch aus dem essigsauren Kupfer geschie-
den wurde. Das Nachfolgende wird daher die Untersuchung beyder
gleichlaufend vor das Auge stellen.
3-
Ameisensäure. Essigsäure.
.
Es wurden ı3 Unzen des ge-
pülverten Salzes angewandt, wel-
che in einer Retorte mit 8 Unzen
‘3ıo Gran rectificirter Schwefel-
- säure von 1,864. spec. Gewichts —
% ‚der erforderlichen Menge von
_ schwefelsaurer Masse,
h
oo;
b Umänderung der in dem genann-
ten Salze befindlichen Verhältniß-
| _ Menge von Kupferoxyd erforder-
lich war, + den gten Theil der-
selben zur Vergrölserung des
_ ehemischen Moments, der Destilla-
tion
die zur
Auf gleiche Weise wurden, in
derselben Sandkapelle, zugleich
ı3 Unzen essigsaures Kupfer mit
9 Unzen 332 Gr. Schwefelsäure
von demselben spec. Gewichte der
Destillation unterworfen. Beym
Aufgielsen der Säure auf das ge-
pülverte Salz entbanden sich au-
genblicklich weifse Dämpfe, wel-
che auch die Vorlage anfüllten
und den bekannten eigenthümli-
chen Essiggeruch verbreiteten.
Die Erhitzung war so stark, dafs
man
32*
T52
tion ausgesetzt wurden. Sobald
die Schwefelsäure auf das Salz
kam, entstand einiges Aufschäu-
men in ziemlich grolsen, nicht
zähen, Blasen. Es
kaum einige Dämpfe, die sich
erschienen
nicht viel über die Oberfläche er-
hoben; die Erhitzung war mit der
bey dem essigsauren Kupfer gar
nicht zu vergleichen. Es zeigte
sich kein saurer Geruch, hinge-
gen ein anderer, der dem bey
Auflösung kohlenstoffhaltigen Ei-
sens in’ Salzsäure ganz ‘ähnlich
war. Späterhin aber, als die Re-
torte, welche neben dor das essig-
saure Kupfer enthaltenden in dem-
selben Sandbade lag, heils wurde,
zeigte sich am Tubulus der Vor-
lage der eigenthümliche Geruch
eines gestörten Ameisenhaufens ,
Die
Tropfen fielen bedeutend langsa-
nur in verstärktem Grade.
mer,’ als bey dem essigsauren
Kupfer. Das erhaltene Destillat
betrug 6 Unzen 470 Gr. Es war
ein wenig schwefelig und wurde
‘deshalb mit 30 Gran Mennige ge-
schüttelt, deren Farbe gröfsten
Theils bald in die weilse umge-
ändert wurde.
Silber in einigen mit Wasser ver-
dünnten Tropfen des Destillats
Da essigsaures
keine
man die Retorte unten mit der
blofsen Hand nicht.anfassen konn-
te. Die Säure gieng bey nachher
angewandter Hitze in schneller
fallenden Tropfen und mit den
bekannten öligen Streifen über.
Der zuerst übergehende Antheil
krystallisirte (bey der dem Frost-
punkte nahen Temperatur,) in
der Vorlage.
aber diese krystallinische Beschaf-
fenheit, und das ganze Destillat
Späterhin verging
besals die Eigenschaft, zu kry-
stallisiren, nicht; ohne Zweifel,
weil zuletzt Wasser übergegangen
das vorher von der über-
schüssigen Schwefelsäure, und als
Krystallwasser des schwefelsauren
Kupfers, zurück gehalten wurde.
Die übergegangene Säure betrug
8 Unzen 200 Gr. und war weit
stärker schwefelig, als die Amei-
daher sie auch viel
mehr Mennige erforderte, von
welcher in kleinen Antheilen so
war,
sensäure;
lange unter anhaltendem Schüt- 4
teln zugesetzt wurde, bis essig-
saures Silber von der abgehelle-
ten Flüssigkeit nicht mehr verän-
dert wurde, worauf man solche 7
rectificirte. In diesem Zustande
waren 7Unzen 314 Gr. Säure wie-"
der erhalten worden, welche durch
die
keine Veränderung bewirkte, so
wurde es rectilicirt, worauf es
noch 6 Unzen 4ı0 Gr. wog. Die
verdünnten Auflösungen des essig-
sauren Baryts ‚und essigsauren
Silbers zeigten, mit dieser Säure
versetzt, auch nach 24 Stunden
nicht die mindeste Veränderung.
In diesem Zustande besals sie
folgende Eigenschaften.
a. Sie riecht sehr sauer und
stechend; und wenn die Hrn.
Fourcroy und Vaugquelin
den Geruch mit dem des Radi-
kalessigs vergleichen, so kann es
nur in dieser Hinsicht geschehen.
Denn sonst zeichnet sich diese
Säure durch das Eigenthümliche
im Geruch aus, das man bey
dem Quetschen der Ameisen em-
pfindet, und das von dem Essig-
geruch gar sehr verschieden ist.
« En
b. Ihrs«Geschmack ist, im ver-
dünnten Zustande, mehr rein
sauer, ohne einen besondern Ne-
bengeschmack zu zeigen. -
c. Sie bleibt auch im concen-
_ trirtesten Zustande (bey der Aus-
‚Scheidung aus dem zur Trockne
abge-
253
die nebengenannten‘ Reagentien
ebenfalls keine Veränderung er-
litt, und bey den gleichen Prü-
fungen, welchen die Ameisen-
säure unterworfen wurde, sich
verkielt, wie lolgt.
a. Der Geruch dieser Säure
ist der bekannte ausgezeichnete
Essiggeruch; das Flüchtigsaure,
Stechende, fand bey ihr noch in
höherm Grade Statt, als bey ‚der
Ameisensäure, wie denn das auch
ihrer grölsern Ausdehnsamkeit
entspricht.
b. Im Geschmack der verdünnten
Säure findet man das Auszeich-
nende des Essigs ; auch ist sie, bey
gleich grofser Verdünnung, viel
saurer als die Ameisensäure.
c. Die auf gleiche Weise aus-
geschiedene Essigsäure hingegen
krystallisirt schon in einer Tem-
peratur,
h
254
abgedampften ameisensauren Na-
tron durch ı3 Mahl seines Ge-
wichts concentrirter Schwefelsäu-
re), in einer tief unter den Ge-
frierpunkt gehenden Temperatur
flüssige. Schon Lowitz beob-
achtete (von Crell’s chemische
Annalen 1793. I. S. 221.), dafs
die durch saures schwefelsaures
Kali aus dem
Natron ausgetriebene Ameisen-
säure auch in der gröfsten Kälte,
selbst in einer künstlich verstärk-
ten (von Crell’s Annalen 1802.
1. S. 24.), nicht krystallisire, und
ameisensauren
sich also wesentlich von der Es-
sigsäure unterscheide.
d. Die oben gedachte, aus dem
ameisensauren Kupfer dargestellte,
Säure hatte, in der Temperatur
von + ı6° R., ein spec. Gewicht
von 1116,8, was nahe mit Süer-
fen’s Angabe. stimmt (N. allg.
Journ. der Chemie Bd. 4. S. ı1.),
der es bis ı113 angiebt. Mit
gleich viel Wasser gemischt, wo-
bey keine Erwärmung merklich
war, war das spec. Gewicht ı060;
nach Zusatz von noch 2 Theilen
(also überhaupt 3) Wasser be-
trug es 1029,60. Es war also keine
merkliche Verdichtung eingetre-
ten;
peratur, die noch über dem Ge-
frierpunlit des Wassers steht, wie
dieses Lowitz entdeckt und aus-
führlich hat (von
Crell’s Annalen ı790. I. S. 206
fg. ), nachdem früher schon der
Graf Lauragais, und nach ihm
Courtenvyaux, die Säure aus
entwickelt
dem krystallisirten essigsauren
Kupfer anschielsen gesehen, die
jedoch den Grund davon aufser
der Säure selbst suchten.
d: Die auf gleiche Weise dar-
gestellte Essigsäure hatte, in glei-
cher Temperatur, ein specifisches
Gewicht von 1070,95; nach Ver-
setzung mit gleich viel Wasser
betrug es ı055,3 und nach Zu-
satz noch zweyer Theile Wasser
1030,3. DieErwärmung bey der er-
sten Mischung war nicht sehr merk-
lich. Da nach der Rechnung die
specifischen Gewichte der Gemi-
sche hätten = ı035,4 und 1017,7
seyn sollen, so ist eine -bedeu-
tende Verdichtung eingetreten. —
Ich habe, wie der Klasse bekannt
E ist,
u ns
ee
Ye ee
7
” A E
u
ten; denn nach der Rechnung
hätten es 1058,4 und 1029,2 seyn
müssen, so dafs nur der geringe
Unterschied von 0,0016 und von
0,0004 Statt findet. Ich mögte
daher zweifeln,‘ dafs bey dieser
Säure eine ähnliche Anomalie in
dem Verhältnisse der Acidität zu
(dem spec, Gewichte eintrete, wie
ich sie bey der Essigsäure beob-
achtet, worüber ich mich dieses
Mahl, aus Mangel einer zureichen-
den Menge der unter c. erwähnten
Säure, nicht unterrichten konnte.
mit dem spec. Gew. nicht, wie
sondern im umgekehrten Verhältnisse stehe.
7.7
253
ist, vor mehreren Jahren die
Beobachtung gemacht, und seit-
dem durch bestimmte, mit Hrn.
Lichtenberg angestellte, Ver«
suche (N. allg. Journ. d. Chem.
Bd. 5. S. 694.) die Richtigkeit
derselben dargethan, dals die
Essigsäure, auf der höchsten
Stufe der Concentration, also
bey der gröfsten Acidität, ein
bedeutend geringeres spec. Ge-
wicht annehme, als sie auf nie-
drigeren Stufen besitzt, und
dafs demnach ihre Acidität,
innerhalb gewisser Grenzen,
sonst gewöhnlich, im geraden,
Berthollet, dem
ich von dieser Beobachtung Nachricht gab, leitete die Thatsache
daraus ab, dafs die Essigsäure von Natur eine grofse Tendenz zur
Gasform habe, und, um möglichgröfste Verdichtung zu erleiden,
eines bestimmten Antheils Wasser bedürfe (N. allg. Journ. d. Chem.
Bd. 6. S. 502.) Ohne dieser frühern Vorgänge zu gedenken, hat
Herr Mollerat (in den Annales de Chimie T. 68, p. 88) meine
Beobachtung, wie Berthollet’s Erklärung derselben, bestätigt.
In der zweyten Abtheilung dieser Abhandlung werde ich der Klasse
meine spätern, nach mehreren Gesichtspunkten hierüber angestellten,
"Versuche vorlegen.
e. 200 Gran krystallwasserlee-
res kohlensaures Natron bedurf-
ten zu ihrer Neutralisirung 1332
Gran der mit 3 Theilen Wasser
verdünnten Ameisensäure d. und
hinter-
e. Eben so viel trocknes koh-
lensaures Natron erforderten von
der mit 3 Theilen Wasser ver-
dünnten Essigsäure d. nur 1072
Gran, und gaben 290 Gran tro-
ckenen
256
hinterliefsen durch Abt ammpfen bis
Während
des Neutralisirens zeigte das ent-
weichende kohlensaure Gas Nichts
von einembesondern Geruch ; auch
zur Trockne 328 Gran.
spürte man keinen während des
Erst bey
dem Trockenwerden dunstete ein
stechender Geruch nach
aus. Der Ge-
schmack des Salzes in diesem
Zustande
mend, ziemlich rein salzig, nur
etwas schärfer als der des Koch-
Abdunstens der Lauge.
etwas
Ameisensäure
war schwach erwär-
salzes und dabey nicht so inten-
siv salzig; hintennach schien er
etwas schrumpfend bitter zu seyn.
Nimmt man die Natronmasse im
kohlensauren Natron zu 0,55 an,
so würde das trockne ameisen-
saure Natron aus 48.3 Natron und
51,7 Säure bestehen, in so fern
man letztere in diesem‘ Zustande
als wasserfrey anschen darf,
f. Um das Verhalten der Säure
mit dem Alkohol in Hinsicht auf
Aether- Erzeugung zu versuchen,
wurden 2} Unzen der in «a. er-
haltenen Säure mit eben so viel
absolutem Alkohol gemischt und
hingestellt. Es erfolgte bey der
Mischung keine merkliche Tem-
peratur-
——.
ckenen Rückstand, der rverhält-
nifsmälsig beträchtlich mehr Raum
einnahm,,
Natron.
als das ameisensaure
Bey der Neutralisirung
entwich das kohlensaure Gas mit
dem Geruch der Essigsäure, und
eben dieser Geruch war auch
während der ganzen Abdunstung,
am stärksten aber beym Trocken-
werden, vorhanden. Ihn besitzt
bekanntlich selbst däs trockene
Der Ge
schmack des letztern in diesem
trockenen ‚Zustande ist Anfangs
heils, darauf salzig - bitter, mit
dem Geschmack nach Essig ver-
gesellschaftet. Unter gleichen Vor-
Salz in emigem Malse,
aussetzungen, wie beym ameisen-
sauren Natron, würde das essig-
saure aus 37,93 Natron und 62,07
Säure zusammengesetzt seyn,
.
f. Die Erscheinungen bey der
Mischung und Destillation der Es-
sigsäure mit absolutem Alkohol "
sind, mit Ausnahme des Geruchs
nach Pfirsichkernen, an dessen
Statt ein fchwacher Geruch nach
Essigäther vorhanden ist, fast gänz-
Jean
lich dieselben, wie bey der Amei-
- sen-
® ee
peratur-Erhöhung. Nach & Stun-
den zeigte sich an dem Gemisch
ein Geruch nach Pfirsichkernen,
der nach 24 Stunden noch stär-
ker war; hintennach, bey starkem
Aufziehen, empfand man den ste-
chenden Geruch der Säure. Nach
60 Stunden wurde.die Flüssigkeit
aus einer mit dem pneumatischen
Dam
257
(Vgl. Gehlen’s N.
allg. Journ. der Chemie Bd. 5.
S. 690.) Was die Erhaltung von
Aether aus der destillirten Flüs-
sigkeit betrifft, so besteht darüber
noch ein Streit zwischen den
deutschen und französischen Che-
sensäure.
mikern, den ich in der zweyten
Abtheilung dieser Abhandlung zu
Apparat verbundenen Retorte, entscheiden suchen werde.
‘ unter raschem Sieden, bis zur
Trockne abgezogen. Es entband sich dabey kein Gas, sondern nur
ein Antheil der, durch die Dämpfe ausgetriebenen, Luft der Gefässe
wurde erhalten. In der Retorte blieb kein Rückstand; es zeigten sich
blofs zuletzt einige kleine weilse Kreise auf dem Boden derselben, von
mattem, gleichsam erdigen, Ansehen. Das Uebergegangene wurde in
die Reiorte zurückgegeben, und unter raschem Sieden die gröfsere
Hälfte abgezogen.
Diesem zweyten Destillate setzte ich einige Drach-
men Wasser und dann in sehr kleinen Antheilen verdünnte Aetzlauge
zu, da ich dann nach einem gewissen Zeitpunkte sich wirklich
F Aether absondern sah, der etwas über zwey Unzen wog. Dieser
- wurde bey kaum fühlbarer Wärme nochmals rectificirt, so dafs nur
# übergingen, und in diesem Zustande zeigte er folgende Eigenschaf-
ten in Vergleichung mit Essigäther:
f, &. Er besitzt einen angench-
men, feinen, dabey sehr starken,
Geruch nach Pfirsichkernen, was
auch W.H.S. Bucholz anführt,
der diesen Aether zuerst darstellte
(ron Crell’s Neueste Entdeckungen in der Chemie 1782. Bd.6. 8.35.)
‚Man bemerkt diesen Geruch auch an gutem Spiritus formicarum der
Apotheken, und er veranlalste einst den sel. Rose und mich, zu
33
f #. Der Essigäther besitzt be-
kanntlich einen ganz eigenthümli-
chen Geruch, der etwas von dem
der Essigsäure hat.
versuchen,
258 NRHFSEITE
versuchen, ob hier nicht Blausäure sey, die wir aber nicht fanden,
was jedoch noch nicht entscheiden dürfte, da der’ Alkohol unter
“gewissen Umständen zersetzend auf die Blausäure zu wirken scheint
(man vergl. meine Erfahrungen hierüber im Journal f. die Chemie
und Physik Bd. 2. S. 730—731.), und dieser giftige Stoff auch’ in
einem Zustande vorhanden seyn kann, in welchem er kein Berliner-
blau mehr giebt. Unser College Ritter bemerkte gegen mich,
dafs hier vielleicht auch ein Zusammenhang mit der Giftigkeit der
Verletzung durch Ameisen ete. ete. Statt finden mögte. Ich
werde diesem Gegenstande, besonders auch mit Rücksicht auf das
ätherische -Oel der Ameisen, noch weiter nachforschen.
J; 8. Der Geschmack des Amei- f.ß. Der Geschmack des Essig-
senäthers ist auch angenehm nach äthers ist, wie bekannt, ebenfalls
Pfirsichkernen, hintennach aber ganz eigenthümlich, wie der Ge-
äulserst stark nach Ameisen. — ruch.
Ich glaube nicht, dafs der ange-
führte Geruch und Gesehmack etwa von irgend einem Stoffe her-
rühren, welcher der Säure als solcher nicht wesentlich ıst. Es
scheint mir, dafs ein solcher Stoff, z. B. ätherisches Oel, irgend ein
thierischer Stoff ete. ete., bey der Reihe von Prozessen, welche die
Säure durchgehen mufste, ehe sie zur Erzeugung des Aethers ange-
wandt wurde, kaum noch damit verbunden geblieben seyn könne.
Für diese Meinung spricht auch die geruchlose Entwickelung des
kohlensauren Gases bey der Neutralisirung in e; wogegen z.B. bey
der Ncutralisirung von Benzoösäure , Bernsteinsäure, die von öligen
Theilen noch nicht ganz frey sind, und enthielten sie solche auch
nur noch in so kleiner Menge, dafs man sie selbst an grofsen Mas-
sen davon durch den Geruch nicht mehr bemerken kann, das ent-
weichende kohlensaure Gas gleich einen besondern Geruch hat.
Sf; y- Das specifische Gewicht f; y. Das spec. Gewicht des auf
verhält sich zu dem des Wassers gleiche Weise rectificirten Essig
in äthers
in einer Temperatur von ı4°.R.
= 0,9157: 1,0000.
J; }. Er brennt mit blauer, an
der Spitze und den Rändern weils-
gelber Flamme,
f; : Vom Wasser bedarf er
in einer Temperatur von ı4° R.
9 Theile zur Auflösung.
259
äthers fand sich in derselben Temp.
= 0,8819.
J; ?. Die Farbe der Flamme ist
ganz gleich; aber sie war bey glei-
cher Oberfläche kleiner.
J, e- Der Essigäther erforderte
dessen, in gleicher Temperatur,
eben so viel, oder nur ganz we-
nig darüber.
Nach dem, was aus dem Vorhergehenden für die gänzliche
Verschiedenheit der beyden Säuren folgt, will ich jetzt solche noch
in der sehr abweichenden Beschaffenheit ihrer Verbindungen mit
Basen nachweisen, nämlich der mit dem Kupferoxyd und mit dem
Baryt.
dmeisensaures Kupfer.
a. Das ameisensaure Kupfer ist
von schön grünlich-blauer Farbe,
die weit mehr ins Grüne fällt und
weniger dunkel ist als die des
schwefelsauren Kupfers; es ist
vollkommen durchsichtig. Zer-
sieben stellt es ein weilses, ins
Bläuliche fallendes, Pulver dar.
b. Die Form der Krystalle ist
von der des essigsauren Kupfers
h gänz-
Essigsaures Kupfer.
a. Das essigsaure ist nur in sehr
dünnen Splittern und bey starker
Beleuchtung durchsichtig und von
grünlichblauer Farbe; in dickern
Stücken ist es undurchsichtig und
dunkelgrün. Es istleichter zerreib-
lich; das Pulver hat die Farbe des
Grünspans.
b. Ueber die vergleichende Un-
tersuchung der Krystalle des essig-
sauern
33 °
260
gänzlich verschieden. Hr. Prof.
Bernhardi in Erfurt, dem ich
nette, einzeln gewachsene, Exem-
plare davon übersandte, ist so
gefällig gewesen, sie zu bestim-
men und mir das Folgende dar-
über mitzutheilen:
„Die Krystalle des ameisen-
sauren Kupfers fiellten gröfsten
Theils ungleich sechsseitige Pris-
men vor, die mit zwey, auf zwey
gegenüberstehende ‚Seitenflächen
aufgesetzten, Flächen zugeschärft
waren, Fig. 2. Tab. XI.
herten sich zum Theil mehr der
Sie nä-
Säulenform; bey einer beträcht-
lichen Anzahl waren alle Flächen
ziemlich gleich ausgedehnt, so
dals man sie weder zu der einen
noch zu der andern jener beyden
Die kry-
stalle zeigten also zehn Flächen,
Formen zählen konnte.
woron die gegenüber liegenden
völlig gleiche Lage hatten, - und
daher aus einerley Verhältnils der
Abnahme entsprungen seyn mufs-
ten. Zwey derselben (P) waren
rechtwinkelig; vier (b,b und die
zwey ihnen gegenüber liegenden )
helen auf diese unter einem Win-
kel von ungefähr ı28}° ein, und
die vier übrigen (k,k und die
- “ ihnen
sauren HKupfers hat Hr. Prof.
Bernhardi Folgendes
‚theilt: \
mitge-
„Die mehrsten Krystalle des
essissauren Kupfers bildeten schief-
winklige vierseitige Prismen, mit
auf . die spitzigen Seitenkanten
schräg aufgesetzten Rautenflächen,
welche jedoch auf die Flächen M
auf beyden Seiten unter gleichen
Winkeln einzufallen sclienen Fig.
ı. Tab. XI. Die Flächen M, M
stolsen an,den Kanten o, wie
schon Delisle bemerkte, unter
ungefähr 70° zusammen. Den Ein-
fall der Fläche P auf die Kante o
fand ich etwas über 116°. Bey
mehreren Krystallen, Fig. 2. zeig-
ten sich noch die Flächen x, wo-
durch die schärfsten Ecken abge-
stumpft wurden, und welche sich
mit den Kanten o unter ungefähr
ı345° vereinigten. Ein einziger,
Fig. 3, bot auch die Flächen o
dar, die durch ein gleiches Ver-
hältnifs der Abnahme auf den
Kanten o entstanden waren.”
„Nach diesen Flächen liefs sich
die Krystallisation des essigsauren
Kupfers auf keine der gewöhnli-
chen rhomboädrischen, octaedri-
schen
ihnen entgegengesetzten) unter ei-
nem Winkel von etwa 99°. Die-
se Figur liels zunächst auf ein
einfaches Rhomboidaloctaäder, als
Grundform, schliefsen, welches
durch die Flächen bb, kk gebil-
det würde, und wo die Flächen
P durch einfaches Verhältnils der
Abnahme an den Endecken ent-
Da indessen jene Ge-
stalt auch leicht dadurch entstan-
‚sprängen.
den seyn konnte, dals auf die
und jene Ecken oder Kanten ei-
nes Quadratoctaäders, und selbst
eines Rhombenoctaöders ZWey ver-
schiedene Verhältnisse der Ab-
nahme zwar gleichmäfsig, aber
unvollständig, gewirkt hatten, und
da sich ohne das Hinzukommen
von andern’ Flächen nicht einmal
mit Wahrscheinlichkeit über das
Eine oder Andere entscheiden
liels, so hielt ich einen Versuch,
sie auf erstere Form zurück zu
ur *
‚führen, für zwecklos.. Um aber
auszumitteln, in welchem Ver-
hältnisse ungefähr die Flächen b
und k zu einander ständen, stellte
ich mir ein rechtwinkliges viersei-
tiges Prisma mit quadratischer
*Grundfläche, Fig. ı, als Grund-
form vor. Wenn bey dieser Vor-
aussetzung die Flächen b aus ei-
x
ner
261
schen und tetraedrischen Grund-
®
formen zurückführen; indessen
gaben doch die Flächen & ein
‚Mittel an die Hand, sie einswei-
len als ein vierseitiges Prisma mit
schief aufgesetzten rhombischen
Grundflächen zu betrachten. Die
Dimensionen lassen sich dann so
bestimmen: da die Flächen M,M
unter Winkeln von etwa 703° zu-
sammenfallen, so kann man an-
nehmen, dafs auf der Rautenflä-
che, welche die Flächen M senk-
recht durchschneidet, die kleine
Diagonale zur gröfsern sich wie
ı : Y2 verhalte. Wenn man dann
die Flächen x als durch ein glei-
ches Verhältnifs der Abnahme auf
den Ecken A entstanden betrach-
tet, so kann man die Höhe der
Kante o = 4 setzen und anneh-
men, dafs eine Linie, die senk-
recht von der Ecke Y auf die o
gegenüberstehende Kante, gefällt
wird, von dieser nach der Ecke
A zu ein Stück abschneidet, das
sich zu der senkrechten Linie wie
ı:2 verhält; unter welcher Voraus-
setzung folgt, dafs der Einfall von
« auf o genauer ı34° 32° betragen
werde. Die Rinfachheit aller dieser
Verhältnisse macht diese Voraus-
setzungen sehr wahrscheinlich.”
= „Ver-
262
ner gleichen „Abnahme auf den
1
Kanten B (also aus B) entspran-
1
gen, so konnte man das Verhält-
nifs der Höhe des Prisma zu der”
Kante B wie Yıg : Yı2 setzen,
wo der Einfall von b auf P ı2$°
29° betragen würde. Die Flä-
“ chen k würden dann aus dem
Verhältnifs der Abnahme B ihren
Ursprung genommen habe. und
der Einfall von k auf P 98° 56
messen. Die Flächen b und k
- vereinigten sich bey dieser Vor-
aussetzung unter 132° 35°.”
„Andere Arten, als die Fig. 2.
vorgestellte, habe ich von dersel-
ben Krystallisation dieser Sub:
stanz nicht bemerkt, wohl aber
Abarten und Spielarten, indem
nämlich zuweilen die Flächen b,
häufiger aber die Flächen k, die
grölsern waren, so dafs die-letz-
tern zuweilen jene hie und da
ganz verdrängten.”
„Die Krystalle waren gröfsten
Theils einzeln und lose, oder
doch nicht auf eine besonders
regelmälsige Weise mit einander
verwachsen. Nur ein Paar mach-
ten hiervon eine Ausnahme, in-
dem sie eine vollkommene Hemi-
tropie
„Verhältnisse der Ab-
nahme:
1 1
HA ı0t,
& o
Arten der Krystallisation:
ı) PM, Fig. ı. Vierseitige schief-
winklige Prismen, mit schräg auf
die spitzigen Seitenkanten aufge-
setzten Endflächen.
2) PMz, Fig. 2. Dieselbe Form,
an den beyden spitzigsten Enden
abgestumpft.
3) PMaxo, Fig. 3. Die letztere
Gestalt, auch auf den spitzigen
* Seitenkanten abgestumpft,
„Mafse der vorzüglichsten
Winkel.
Einfall von
P auf M 105° 2° und 78° 2°
M ,„ M 20° 32° ,„ 109° 28°
M. „a. 1952°-.162
A
= 20-0 ale
» 134° 37°
Ebene Winkel der Flächen P 64° 38°
und 113° 22“
— M6ztäß'
und ı11° 12€”
„Die Krystalle waren nicht ein-
zeln, sondern unregelmälsig zu-
sammen-
tropie darstellten, die Fig. 3. ab-
gebildet ist. Jede vollkommene
wahre Hemitropie muls als eine
Zusammensetzung von zwey Kry-
stallen betrachtet werden, deren
Verbindung aber so bewirkt ist,
dals man dieselbe Figur erhalten
würde, wenn man einfache Kry-
stalle in zwey gleiche Theile
trennte, und das eine Stück auf
der ‘Ebene des Durchschnitts um
das andere genau zur Hälfte um-
drehte. Dieser Durchschnitt geht
im gegenwärtigen Falle durch die
Kante m, n Fig. 2., so dafs bey
erfolgter Hemitropie, Fig. 3., die
gleichnamigen Flächen b und k
unter einander zu liegen kommen.
Bey einem der Krystalle war diese
Hemitropie unrein, indem sich
zwischen den Flächen b, b noch ein
kleines Stück der Flächek zeigte.”
„Ich habe die gewöhnliche
Form dieser Krystalle oben als
sechsseitige zugeschärfte Prismen
beschrieben. Da indessen die, Zu-
schärfungsflächen aus demselben
Verhältnisse der Abnahme, wie
vier der Seitenflächen entsprin-
gen, so würde man sie nach der
repräsentativen Methode am besten
als an den Endflächen mit ungleich
(d.h.
263
sammengehäuft, an- durch- und
übereinander gewachsen; oft rag-
ten nur die spitzigen Ecken mit
drey Flächen hervor, und da die
Flächen P mit den Flächen M
fast unter denselben Winkeln
(nämlich 78° 2°) einfielen, wie
die Flächen M unter sich (näm-
lich 70° 32°), so nahmen sich
dann die Krystalle beynahe wie
die Enden von spitzigen Rhom-
boödern, oder, nach der Wer-
ner'schen Schule, wie einfache
dreyseitige Pyramiden aus,”
„Ich mufs übrigens erinnern,
dafs die Krystalle, an welchen
diese Untersuchungen angestellt
sind, bey weitem nicht so voll-
kommen ebene Flächen befafsen,
wie man sich
muls;
dazu wünschen
indessen sind mir diese
nach wiederholten
Ausmessungen an mehrern Rry-
stallen sehr wahrscheinlich ge-
Aber
dals sie nicht ganz genau sind,
Verhältnisse
worden. auch gesetzt,
so ergiebt sich doch, dafs nicht
die: geringste Aehnlichkeit zwi-
schen dieser Krystallisation und
der des ameisensauren Kupfers
Statt findet, und dals beyde
höchst wahrscheinlich aus ganz
ver-
264
(d. h. unter verschiedenen Win-
keln) aufgesetzten Flächen zuge-
schärfte Tafeln darstellen.”
.
c. An freyer warmer Luft be-
schlagen die Krystalle mit einem
bläulich - weifsen Pulver, und
verwandeln sich zuletzt ganz
darin.
d. Das spec. Gewicht der Kry-
stalle verhielt sich in einer Tem-
peratur von ı6° R. zu dem des
Wassers = 1,815 : 1,000.
e. In der angeführten Tempe-
ratur nahmen 2603 Theile Was-
ser 309 Theile Salz auf; in ei-
nem zweyten Versuch 2335 Theile
Wasser 277 Theile Salz. In bey-
den Versuchen verhalten sich die
Zahlen = 8,42 : 1,00. In der
Siedhitze scheint es in jedem
Verhältnisse im Wasser auflöslich
zu seyn, da die Krystalle in der
Hitze schon in ihrem Krystall-
wasser zergehen.
f. Weingeist (von 86 pCt. Al-
koholgehalt) nahm vom ameisen-
sauren Kupfer in einer Tempe-
ratur von ı4° R. nur z4; auf,
und färbte sich davon schwach
bläulich.
g. Die
verschiedenen Grundformen ent-
springen.” ?
c. Die Krystalle des essigsauren
Kupfers bedecken sich unter den-
selben Umständen mit einem grün-
spanfarbigen Ueberzuge , verwit-
tern aber nicht so leicht ganz.
d. Die Krystalle des essigsau-
ren HKupfers zeigten in gleicher
Temperatur ein spec. Gewicht
von 1,914.
e. Von dem essigsauren Kupfer
hatten in einemVersuche 3807Thei-
le Wasser 2yo Theile; in einem an-
dern 4154 Theile desselben 306 auf-
gelöst. Diese Zahlen verhaltensich
=13,3:1,ound= 13,5: 1,0, so dals
‚also das essigsaure Kupfer in dieser
Temperatur um mehr als i schwerer
auflöslichist. In derSiedhitze aber
fordert es nach Wenzel (Lehre
von der Verwandtschaft S. 444)
5 Theile Wasser zur Auflösung.
j. Weingeist nimmt nach Wen-
zel(a.a.0. 5.437.) im Sieden un-
gefähr ; auf, in dem Verhältnifs
wie 240 : ı8, und die Auflösung
krystallisirte beym Erkalten.
> g. Das
g- Die trockne Destillation des
ameisensauren und essigsauren
Kupfers bietet auch sehr grolse
Abweichungen beyder unter ein-
ander dar.
tze wird das ameisensaure Kupfer
in seinem Hrystallwasser flüssig,
welches nach und nach überde-
stillirt, wobey sich ein Theil der
Luft der Gefässe entwickelt. Das
Salz ıst dann wieder trocken,
von lebhafterer blauer Farbe, und
es tritt ein Stillstand in der Gas-
entwickelung ein, bis die Hitze
Bey anfangender Hi-
den zur Zersetzung nöthigen Grad _
erreicht hat. Dann beginnt sie,
unter Begleitung einiger grauer
Nebel und Uecbergehung von
noch etwas Flüssigkeit, auf ein-
mahl wieder mit grofser Hef-
‚tigkeit und sehr reichlich, und
ist dann in kurzer Zeit beendigt,
— Der Rückstand in der Retorte
ist zusammenhängend, schwam-
mig, von der Farbe des Rosetten-
kupfers, schwach metallisch glän-
zend, nimmt aber durch Drücken
zit einem Chalcedon den lebhafte-
sten und reinsten Kupferglanz an.
In verdünnter Salpetersäure löfte
er sich auf, ohne eine Spur von
Kohligem zurück zu lassen. Es
war
265
g. Das essigsaure Kupfer ver-
knistert Anfangs, und es werden
selbst Stücke ın den Hals der
Retorte übergeworfen. Die Flüs-
sigkeit fängt früher überzugehen
Das Salz
verliert in dem Mafse, wie dieses
an und reichlicher.
erfolgt, seine grüne Farbe von
Aufsen nach Innen und wird braun,
ohne in irgend einer Periode flüs-
sig zu werden. Dabey fängt auch
Gasentwickelung an, die von An-
fang bis zuEnde mit zunehmender
Stärke fortgeht, ohne dals sich
ein Stillstand zeigte, wie bey dem
ameisensauren Kupfer; sie ist auch
bey weitem weniger reichlich und
nicht so plötzlich, wie bey letzterm,
sondern geht bis ans Ende ge-
mälsigt' fort. Bey der gröfsten
Stärke derselben gehen auch dich-
te Nebel über, die sich in dem
Retortenhalse zu einem schnee-
weılsen höchst loekern wolligen
Anfluge verdichten und ihn oft
ganz ausfüllen. — Der Rückstand
in der Retorte hat eine schwärzlich
rothbraune Farbe, meistens noch
die Gestalt der angewandten Kry-
stallstücke, lälst sich durch Drü-
eken zu Pulver bringen und nicht
zusammendrücken und dehnen,
wie
265
war also vollkommen reines, regu-
linisches, Metall: eine Zersetzungs-
art, wie man sie, meines Wissens,
bey Salzen dieser Art, noch nicht
kennt. Das rückständige Kupfer
wog 28,3-von ı00 des angewand-
ten Salzes. — Die übergegangene
Flüssigkeit war blols wässerig-
sauer, ohne eine Spur von brenz-
lichem Oele. Sie hatte einen et-
was stechenden’ Geruch, mit dem
eigenthümlichen der Ameisensäure
verbunden. Von 450 Gran des
Salzes betrug sie ı47 Gran und
erforderte ı63 Gran einer Auflö-
sung des kohlensäuerlichen Na-
trons zur Neutralisirung. Ich
konnte nach der Sättigung dieser
Flüssigkeit keine Eigenschaften an
ihr wabrnehmen, welche die Ver-
muthung begünstigt hätten, dafs
bey der Destillation des ameisen-
sauren Kupfers eine ähnliche brenn-
bare Flüssigkeit gebildet werde,
wie bey der Zersetzung des essig-
sauren, und der anderen essig-
sauren Salze. — Das erhaltene
Gas betrug aus jener Menge Salz
340 Rhl. Duod. Cub. Zoll, wovon
sich 223,40 als Kohlenwasserstoff-
gas und 116,60 als kohlensaures
Gas zeigten. Beyde waren also
fast m dem Verhältnifs wie 2: ı,
und
wie der Rückstand vom ameisen-
sauren Kupfer. Er nimmt beym
Reiben mit dem Chalcedon kei-
nen so starken und reinen Ku-
pferglanz an, wie letzterer, und
bey der Auflösung in Salpeter-
säure bleibt eine beträchtliche
Menge Kohle zurück. — Die über-
gegangene Flüssigkeit wog von
450 Gran des essigsauren Kupfers
228 Gran; sie hatte einen in noch
höherem Mafse stechenden Geruch
als der Lowitzische Eisessig; nur
war der Essiggeruch nicht rein.
Von etwas übergesprungenem Sal-
ze war sie grün gefärbt, und be=
durfte zu ihrer Neutralisirung
1278 Gran derselben Natronlauge,
wie bey der Flüssigkeit aus dem
ameisensauren Kupfer angewandt
wurde.” — Das weilse Sublimat,
das sich im Halse ‘der Retorte
angesetzt hatte, erhielt an der
Luft eine grüne Farbe; von de-
stillirtem Wasser wurde es nur
zum Theil aufgenommen, der un-
aufgelöste Antheil nahm eine gelbe
Farbe an, und eben diese Verän-
derung erlitt es auch durch Ein-
wirkung von Aetzlauge. Schon
de Lassone bemerkte dieses
Sublimat (Me&moires de YAcad.
1773: P. 60 suir.). Proust hat
nach-
und begleiteten sich in diesem
Verhältnifs auch in allen aufge-
fangenen einzelnen Antheilen. —
315 Thle Salz gaben mir durch
Zersetzung der Auflösung mit
ätzendem Rali 112,7 geglühetes
braunes. Kupferoxyd, = 35,7 für
100 des Salzes.
jenen 28,5 Kupfer 7,0 Sauerstoff
(nach Gay -Lussac’s Bestim-
mung), so erhält man 35,5 für
ı00 krystallisirtes Salz, und es
bleiben 64,5 für Säure und Kry-
stallwasser. -
Rechnet man zu
267
/
nachher dessen auch wicder ge-
dacht, und ist der Meinung ge-
wesen, es Sey wasserleeres essig-
saures Kupfer (Gehlen’s N.
allg. Journ. der Chemie Bd. 6.
S. 581).
scheinungen zeigen aber, dals es
Die angeführten Er-
zu dem grünen essigsauren Hu-
pfer in demselben Verhältnisse
stehe,- wie das weilse salzsaure
Kupfer zu dem grünen steht. Ich
versuchte daher auch diese Ver-
bindung durch anhaltendes Sie-
den einer Auflösung des grünen
essigsauren Kupfers mit feinem
metallischen Kupfer in einer Retorte zu bilden: allein auf diesem
Wege wollte es nicht gelingen, sondern die Auflösung blieb unver-
ändert; derselbe Erfolg fand Statt, als salpetersaures Kupfer auf
gleiche Weise behandelt wurde, und es scheint also nur das grüne
salzsaure Kupfer durch solches Verfahren auf eine niedrigere Oxy-
dationsstufe gebracht werden zu können. — Das Gas betrug von
der oben angeführten Menge Salzes ır0,7 Rheinl. Duod. Cubi Zoll,
und davon waren 6ı Cz. kohlensaures und 49,7 Kohlenoxydgas, das
mit blauer Flamme brannte. Die Menge des Gases verhält sich also
zu der aus dem ameisensauren Kupfer kaum wie ı : 3, und das
aus dem letztern war auch Hohlenwasserstoffgas, welches mit der
diesem eigenen“Farbe der Flamme brannte. Zu einer genaueren
Analyse fehlte es mir an den Hülismitteln, auch blieben‘ die Pro-
ducte sich in verschiedenen Versuchen, in Hinsicht auf die Mengen
an Säure und Gas, und das Verhältnils der beyden Gasarten unter
sich, nicht gleich. Die Verhältnilsmenge des Metalles in dem Rück-
‘ stande der Destillation läfst sich in diesem, Versuche nicht genau
und rein bestimmen. Durch die Zersetzung auf dem nassen Wege,
34 durch
5
268
durch ätzendes Kali, erhielt ich ein Mahl sı7 Gr. schwarzes Oxyd .
aus 290 Gran essigsaurem Kupfer, in einem zweyten Versuch aus.
320 Gran des Salzes 428 Gr. Oxyd, welches 40,3 und 40,0 für ı00
essigsaures Kupfer giebt. — Aus der Vergleichung der Erscheinun-
gen bey der Zersetzung dieser beyden Salze gehet hervor, dafs die
Ameisensäure in ihrer Verbindung weit mehr. verdichtet ist, und
daher eine vollständigere Zersetzung derselben unter reichlicherer
Gasbildung ertolgt.
5
Ameisensaurer Baryt.
a. Die Krystalle des ameisen-
sauren Baryts sind ausnehmend
klar und durchsichtig, stark glän-
zend, vonDiamantglanz. Sie sind
an der Luft. ganz beständig, und
sowohl durch Abkühlen, wie durch
gelindes Verdunsten, der Lauge
sehr leicht zu erhalten.
Essigsaurer Baryt.
a. Die Erystalle des essigsau-
ren Baryts stehen denen des amei-
sensauren in den angeführten Ei-
genschaften nach. An der Luft
überziehen sie sich bald mit ei-
ner undurchsichtigen Rinde, und '
verwittern zuletzt durch und durch,
ohne ihre Form zu verlieren. Be-
kanntlich hielt man früher den
essigsauren Baryt für unkrystallisirbar , bis Bucholz zeigte, dafs
er durch gelindes Verdunsten der Lauge in der gewöhnlichen Tem-
peratur zum Krystallisiren zu bringen sey. (Trommsdorff’s
Journal der Pharmacie ete. Bd. ı, St. 2, S$. 77 fg.) Die Länge
der Zeit aber, welche er dazu bedurfte, verbunden mit der geringen
Dicke der Krystalle, und der angezeigten Art, sich. zu gruppiren,
so wie die Angabe, dafs sich die Krystalle an der Luft halten, zei-
gen mir, dafs diese Krystalle von denjenigen verschieden sind,
welche ich durch den gleich zu erzählenden Handgriff sehr leicht
erhalte. Man verdunstet nämlich die Auflösung des essigsauren
Baryts, welche man dureh Auflösung von kohlensaurem Baryt in
verdünnter reiner Essigsäure bereitet hat, gelinde bis zur völligen
staubigen
|
|
|
269
staubigen Trockenheit, löst dann den Rückstand in der eben hin-
reichenden Menge destillirten Wassers in der Temperatur der Milch-
wärme wieder auf, filtrirt die Auflösung und stelltssie in einer flachen
Schale zum gelinden Verdunsten hin. In nicht langer Zeit setzen
sich schon Krystalle an, die selbst in kleinerer Menge von Lauge
oft sehr ansehnlich werden. Ohne dieses Verfahren wollte es mir
nie gelingen, andere als dünne nadelförmige Krystalle zu’ erhalten,
wenn gleich ich überflüssig kkohlensauren Baryt zusetzte, und damit-
erhitzte. Wahrscheinlich rührt diese Erscheinung von dem so nicht
völlig zu bewirkenden Neutralitätszustande und einem noch übrig
bleibenden Grade von- Begeistung der Säure, her. Ob vielleicht
durch Zusatz von etwas kaustischem Baryt ein ähnlicher Erfolg zu
R;
E:
s
N
. ten aufgesetzte
- schärft
bewirken sey, habe ieh noch nicht versucht.
b. Die Gestalt dieser Krystalle
des ameisensauren Baryts ist vom
Hrn. Prof. Bernhardi auf fol-
pande Weise bestimmt worden :
„Die Form des ameisensauren
‘f Baryts ist sehr einfach. Sie ist
ein gerades yierseitiges schiefwink-
% _ biges Prisma, das an beyden En-
© den durch auf die stumpfen Kan-
Flächen
ist. ‘ Die Seitenflächen
sind mehrentheils in die Länge
gezogen, Fig. 2;
zuge-
selten stoßen
sie mit den Zuschärfungsflächen
in eine gemeinschaftliche Ecke
_ Zuweilen be-
merlit man aufserdem noch schmale
Flächen, welche die schärfsten
® Sei-
zusammen, Fig. ı.
b. Die Krystalle des essigsau-
ren Baryts, welche Hrn. Prof.
Bernhardi zur nachfolgenden
Beschreibung gedient haben, sind -
von der Güte des Hrn. Dr. Bu
cholz’s mitgetheilt worden.
„Die wenigen deutlichen Kry-
stalle dieser Substanz, welche
ich zur Hand hatte, waren stark
in die Länge gezogene achtseitige,
auf den Seitenflächen etwas der
Länge nach gestreifte Prismen, die
mit vier, unter verschiedenen
Winkeln auf die spitzern Seiten.
kanten aufgesetzten, Flächen zu-
gespitzt waren, Fig. 2. Von den
Winkeln, unter welchen die Sei-
tenllächen zusammenstielsen, fand
ich
270 z
Seitenkanten abstumipfen, Fig. 3.
Die Flächen MM stolfsen an der
Kante F ungefähr unter 753°, die
Flächen P an den Kanten B un-
ter beynahe 82° zusammen.”
„Als Grundform dieser Substanz
kann man daher ein Rectangulär-
octaöder, Fig. ı, ansehen, in
welchem die längere Diagonale
einer auf den Flächen M,M senk-
recht aufstehenden und durch O
laufenden Fläche zur kürzern wie
v3 :v3, und die gerade Linie,
die von O zur gegenüberstehen-
den ähnlichen Ecke gezogen wer-
den kann, zu der Länge der
Kante F wie Y3:2 sich verhält.”
Verhältnisse der Abnahme
pP ’ M 9 +p,
r 118 f
Arten der Krystallisation
ı, PM, Fig. ı, 2.
3, BMf,'Fig: 3:
Malse der vorzüglichsten
Winkel.
Einfall vonP auf PbeyO 98° ı>°
—- — „—»—B 81° 48
— — M—M— 0 ı04° 28
arm 789°
127° 46°
”
Iw —_— .—f
ich vier einander gleich, und
diese betrugen ungefähr ı31°.
Von den übrigen mafsen zwey
der gegenüberstehenden etwa 134°,
und die zwey andern 103°. Auf
diese letztern waren die Zuspi-
tzungsflächen unter 122°, auf die
vorhererwähnten unter 116° , auf- .
gesetzt. Die Zuspitzungsflächen
selbst fieien unter gleichen Win-
keln von ungefähr ı39° auf ein-
ander ein. Aus diesen Ausmes-
sungen liefs sich [chliefsen, dals
man die vier Zuspitzungsflächen
an jedem Ende als die primitiven
betrachten, und also zur Grund-
form ein Rectanguläroctaäder, Fig.
ı, annehmen müsse, in welchem
das Verhältnifs der längern Dia-
gonale einer auf den Flächen M,
M senkrecht ruhenden und 0
schneidenden Fläche zur kürzern
= 2: ı, und jenes der geraden
Linie, die von O zur gegenüber-
stehenden ähnlichen Ecke gezo-
gen werden kann, zu der Länge
der Kante F= Vz: v5 zu se-
tzen ist.”
Verhältnisse der Abnahme
ı 2, u
Pr, M, ‚a Tabz RrH ss» Ai .
ı 26 S
13 a n @ ß
Arten
Er 271
Arten der Krystallisation
ı) PMxß, Fig. z, die gewöhnlichste Form.
2) Pn«ß. Fig. 3, nur ein Mahl bemerkt.
Mafse der vorzüglichsten Winkel
Einfall von P auf P 1150 22°
J „—M 139° 6°
» — Kanteb ı22° ı9/
M—M 1260 52°
» — Kante f 1160 34°
n— 305 1460 18
u — u 1030 20°
wu 1510 12°
ß —B 134° 16°
KanteC — C 137° 10°
Ebener Winkel p 93° 50°
” „ m 70° 32’
„Vergleicht man diese Krystallisation mit der des ameisen-
sauren Baryts, so hat sie weiter keine Achnlichkeit mit ihr, als dafs
sich die Grundformen beyder auf ein Rectanguläroctaäder zurück-
führen lassen; denn die drey Dimensionen, nach welchen man ge-
wöhnlich die Grundform bestimmt, sind in beyden wesentlich ver-
schieden, in dem ameisensauren Baryt nämlich = yY3:V3:2; in
dem essigsauren = Y8:: Y2 : V5, so dafs die Form des einen auf
keine Weise aus der Form des andern abgeleitet werden kann,
beyde also, in blofs krystallographischer Hinsicht, als ganz ver-
schieden betrachtet werden müssen.”
ce. Der ameisensaure Baryt braucht c. Der essigsaure bedarf dessen
in einer Temperatur von + ı2° R. nach Bucholz (Beyträge zur Er-
auf i weiterung
272
auf ı00 Theile nahe 400 Wasser
zur Auflösung. >
d. »00 Theile in Wasser aufge-
löst und mit Schwefelsäure gefäl-
let, gaben 192 Gr. schwefelsauren
Baryt.
wurden für die gleiche Menge ı01,7
Grangewonnen. Diesesgiebtnach
dem Bucholz’schen Verhältnifs von
67,51 Baryt in 100,0 schwefels.
Baryts, 68,86 und 68,63 Baryt in
100 ameisensaurenBaryts, so dafs
31,14 und 31,35 für Säure und
In einem andern Versuche
weiterung etc. der Chemie gtes
Heft S. ı05) in einer Temperatur
von 10 — 12° nur 125 Theile.
d. Von ı00 Theilen essigsaurem
Baryt erhielt Bucholz nur 84
"Theile schwefelsauren Baryt (ebd,
S. 103), welche 56,70 Baryt an-
zeigen. Die Krystalle verloren
“durch Erhitzung 0,07 Krystallwas-
ser, so dafs 36,93 für die Säure
in ı00 Theilen des krystallisirten
Salzes übrig bleiben.
Krystallwasser bleiben. Von letz-
terem scheint keine merkliche Menge vorhanden zu seyn, indem 50
Gran des zerriebenen Salzes, lange Zeit in der Wärme gehalten,
nichts am Gewicht verloren hatten.
> DI On
X.
Dee
E E
N.
#7 Se
> e 2 :
Dez
AMEISENSAVRER BARYT.
EssıGSAVRER BARYT.
273
RIETSTIDHOOIEHIOEISOH. > EI90H99YH90 0999999595 6060000r05
eSer
SamueL TuomAs SoOEMMERRING'S
Versuche und Betrachtungen
über die .
Verschiedenheit der Verdünstung des Weingeistes durch
Häute von Thieren und von Federharz.
Vorgelesen in der phys. math. Classe
am 30. December 1809.
Ir meinen Zusätzen zu Osiander’s Abhandlung über das
vortheilhafteste Aufbewahren thierischer Körper im
Weingeiste, Göttingen, ı793 — theilte ich meine damaligen
Erfahrungen, treulich, ohne Hinterhalt, dem Publikum mit, und
hatte das Vergnügen, zu erfahren, dafs sich Jedermann über ihre
genaue Richtigkeit freute.
Indessen zeigten sich mir, seit jener Zeit, bey areometrischer
Prüfung des Weingeistes, welcher mehrere Jahre lang -über soge-
nannten Präparaten gestanden hatte, Erscheinungen, welche so
besonders schienen, dals sie mich bewegten, eigene Reihen von
Versuchen anzustellen, um richt nur diese Erscheinungen selbst nä-
her kennen zu lernen, sondern auch die Ursachen derselben so viel
möglich zu ergründen.
35 * Ich
Ich habe die Ehre, der Königl. Akademie der Wissenschaften
hier die Resultate von fünf Reihen von Versuchen vorzulegen, wel-
che nicht nur eine Zeit von sechszehn Monaten erfoderten, sondern
sich auch durch Neuheit und Wichtigkeit sowohl der Physik als
Chymie im Allgemeinen empfehlen möchten.
Zu meinem dermaligen Zweckte ist es völlig hinreichend, den
Weingeist blols als aus Alkohol und Wasser bestehend anzu-
nehmen, weil ich in gegenwärtigem Aufsatze von keinem andern,
als aus gläsernen Retorten und dem Sandbade bey mälsigem Feuer
destillirten WVeingeiste handle. ,
Zur Bestimmung des Mischungs - Verhältnifses des Alkohols
zum Wasser nach Graden bediente ich mich blofs meines nach ei-
genen Grundsätzen graduirten Areometers. Auf meinem Areometer
nämlich zeigt Zero oder o reines, desüllirtes Wasser; ı00 dagegen
möglichst wasserfreyen, das ist, entweder durch Weinsteinsalz oder
durch salzsauren Kalk bereiteten und nochmals destillirten Alkohol
an. Dem gemäls ist ferner ein Viertel Alkohol mit drey Vierteln
Wasser, dem Gewichte nach, gemischt, durch 253; halb Alkohol
mit halb Wasser durch 50; drey Viertel Alkohol mit einem Viertel
Wasser gemiseht, durch 73 bezeichnet. Die dazwischen gehören ien
Gıade sind alsdenn, auf dem calibrirten Rohre, mit dem Zirkel
gleichmälsig ausgetheilt. Nach einem von Renard zu Stralsburg
vortrefflich verfertigten Areometer S
gleicht 75 meines Areometers 27 bey Baume,
25: bey Cartier; A
Be reale sn Hand Baume,
165 Cartier;
Deere nen, ae Baume,
ı4ı Cartier.
Sämmt-
ER FE OmN
/9
Sämmtliche Versuche wurden angestellt in einem sehr hellen
und geräumigen Zimmer, welches so genau nach Norden lag, dafs
solches im ganzen Jahre kein Sonnenstrahl erreichte. Um die Feuch-
tigkeit aus selbigem abzuhalten, blieb ein Fensterflügel beständig,
bey Tag und Nacht, Sommer und Winter hindurch ausgehoben.
Erste Reihe von Versuchen.
Vom 24. April bis zum 25. Julius 1808.
In acht, 6 Zoll hohe und 3 Zoll weite, eirie untereinander
ziemlich gleiche Mündung. von etwa 2 Zoll habende, sogenannte
Zuckergläser, von einer der besten böhmischen Hütten, that ich,
den 24. April 1808, sechs Unzen sogrädigen, also aus halb Wasser
und halb Alkohol bestehenden, Weingeist, bedeckte die.Mündung eines
jeden dieser acht Gläser mit einem verschiedenen Stoffe, nämlich:
Den 25. Jul., also nach 3 Monaten,
war der Weingeist
das Glas an Qualität: an (Quantität:
N? 49 Grad, also um ı| f
N° ı. mit einer aus 43 Lagen von Grad an Alkohol Ein wenig ver-
Federharz bereiteten Haut. . E | mindert.
geringer. | z
N° 2. mit einerähnlichen nur dün- 44. also um6 Grad on) Etwas mehr ver-
neren Haut von Federharz . . Alkohol geringer. | mindertals No.ı.
Ne 3. Harnblase von Schwein, de-
ren innerste Haut abgeschält, 53. alsoum3 Gradan Noch mehr ver-
und deren äufsere Oberfläche) ‚Alkohol besser. |mindertals N°.2.
nach aulsen gewendetwar ..
No 4. Schwimmblase vom Wels
(Silurus glanis) mit der innern
Haut nach aufsen gewendet. .
Ne 5. Harnblase eines Ochsen, in-
nerste Haut abgeschält, äufsere
Oberfläche nach aufsen. . . .
55.alsoum53Gradan Noch mehr als
Alkohol besser. |N®e, 2.
55. alsoum 3Gradan
Alkohol besser. Wie Ne. 4.
35° No 6.
276
Ne 6. Ungeschälte Rinderblase,
mit nach aulsen gewendeter
56.alsoum 6 Grad nA Mehr als No. 5.
Obrsrhe ui Alkohol BEahen: vermindert.
Ne 7. Amnios, oder das feine
Häutchen einer Kalbs- Nach-| 48.also um 2 Grad aan Fast um die Hälf-
geburt, mit der innern Ober-) Alkoholgeringer. |te vermindert.
fläche nach aufsen gewendet.
No 8. i inds-| :
DB Imre SR El '40.alsoumıoGradan Ueber die Hälfte
blase, mit der äulsern Ober-
x Alkohol serinzser. | vermindert.
fläche nach aulsen gewendet. 5 r
Während dem öfteren Beschauen der Gläser bemerkte ich,
dafs die mit Federharz verschlossenen Gläser, No ı. und 2., wie es
schien, an der kältesten Seite, inwendig über dem Weingeiste be-
schlugen, oder dafs sich verdünstende Wassertheilchen zu Tröpfchen
ansammelten, gerade wie in vollkommen geschlossenen Gläsern.
Dafs eine zwar so dichte, aber doch auch zugleich so feine
Haut, als die innerste einer Rindsblase, und die noch feinere Nach-
geburts-Haut (4mnios) den Weingeist sich sowohl der Quantität als
der Quantität nach verringern lassen, wird wohl Niemandem uner-
wartet scheinen.
Allein unerwartet möchte es wohl Manchem scheinen, dafs in
dieser Reihe von Versuchen die Bedeckung mit Federharz dem Wein-
geiste, bey so weniger Veränderung seiner (Juantität, so merkliche
Veränderung seiner Qualität gestattet, so wie die Bedeclkung von
Rindsblase dagegen dem Weingeiste verhältnilsmälsig weniger Ver-
änderung seiner Qualität, als seiner Quantität zuläfst.
N
Diese neue, mir auffallende Erscheinung des Verfliegens des
Alkohols und des Zurückbleibens des WVassers bey Anwendung ei-
ner Membran von Federharz bewegte mich, gleich auf der Stelle
eine zweyte Reihe von Versuchen zu unternehmen.
Zweyte
#17
Zweyte Reihe von Versuchen.
Vom 25. Julius bis zum 22. August 1808.
In fünf möglichst gleiche Gläser that ich am 235. Julius 1808.
eine gleiche Portion 5ogrädigen Weingeist und bedeckte
Den 22. August ı808, also nach 4
das Glas Wochen, war der Weingeist:
Ns ı. und 2. mit einer Haut aus 48grädig, also um 3 Wenig an Quali-
Hederhanz: u... 2, miese Grad geringer. _|tät verringert.
Ne 3. mit einem Stücke Rinds-
Fre A RT Sıgrädig, also um ı Merklich verrin-
3
fläche auswendig war.... u BEIDE
Ne 4. mit einem möglichst glei-
dersel
SR BtBehR. ‚non „derenlbeu S1!grädig, also um ı3 Noch merklicher
Grad besser. als No 3.
Rindsblase; nur war die in-
nere Oberfläche nach aulsen
gewendet. ... 2.2.2...
No 5. mit einermattgeschliffenen
(doucirten) Glasplatte, welche
auf den ebenfalls matt geschlif-
fenen Rand des Glases genau Unverändert. Unverändert.
anschlols, und durch darüber
gespannte Rindsblase festge-
halten ward ..... an
Dieser zweyten Reihe von Versuchen zufolge reicht ein Zeit-
raum von 4 Wochen schon hin, zu bestätigen: dafs 1° von einem
Weingeiste, welcher zur Hälfte aus Alkohol, zur Hälfte aus Wasser
besteht, eine Bedeckung von Seen wohl Alkohol, aber nicht
Wasser durchläfst.
2° Dals
278
2° Dals dagegen eine Rindsblase von solchem Weingeiste
verhältnifsmäfsig mehr Wasser als Alkohol durchläfst.
3° Dafs es, wie auch die Folge lehrte, gleichgültig ist, ob
man die innere oder die äufsere Oberfläche einer Rindsblase bey
der Bedeckung nach aufsen wendet.
4° Dafs Weingeist in einem Glase, auf die Art aufbewahrt
wie in Ne 5, sich seiner Qualität und Quantität nach nicht verän-
dert, beweist die Zeit von einem Monate nicht hinlänglich, da-
her ich hier noch aus sonstiger Erfahrung zusetzen muls, dals ich
auch nach 5 Jahren keine Veränderung wahrgenommen habe.
Um alles noch zuverläfsiger und genauer bestimmen zu können,
war sowohl eine Abänderung, als eine grölsere Mannigfaltigkeit in
diesen Versuchen erforderlich. Diese suchte ich zu bewirken durch
folgende
Dritte Reihe von Versuchen.
Vom 22. August bis zum 30. October 1808.
Den 22. August ı808 füllte ich von eilf (73 Zoll hohen und
ı0 Linien weiten) Gläsern zur Hälfte, einige mit schwächerem, an-
dere mit stärkerem Weingeiste, sche andere mit blofsem Wasser,
und bedeckte sie, wie folgende Tabelle angiebt, mit verschiedenen
Stoffen.
» %s bedeckte nämlich :
No ı.
Glasplatte, gerade wie in
Ne 5. der zweyten Reihe,
was dünner alsin Ne 4..
No 3. Federharz, sehr dünnes.
2
ET a SLR er er
Rindsblase ,
Oberfläche nach aufsen .
4
No 2
-wopear) ©g uoA A810BuraAaA
N° 6. Rindsblase, innere Ober-62grädig, also unrer- Wie Ne
fläche nach aufsen
. No 7. Zweymal aus einer gläser-
nen Retorte destillirtes\Vasser.
Haut von Federharz, eben so
BreltalsıNa AH Sr ae
No 8. Zweymal destillirtes Was-
ser. Rindsblase mit der äufsern|
Oberfläche nach aulsen gewen-
No 9. Gleiches Wasser. Rinds-
blase, innere Oberfläche nach
aulsen gewendet
Or ar ver TE
derharz - Bedeckung
Ne ı1. Weingeist,
Rindsblase
eine matt geschliffene'
No 2. Haut von Federharz, et- 58grädig, also um 4
Den 30. October
2 Monaten, war
62grädig, also unver- |
ändert.
Grad geringer.
Grad geringer.
Grad geringer.
ändert.
ändert.
h Ne 10. Weingeist, g4grädig. Fe-|gogrädig, also um 4
Grad geringer.
g4grädig.|86grädig, also um 8
Grad geringer. |
279
ı808, also nach
der Weingeist:
An Quantitätun-
verändert.
Um viel verrin-
gert.
6ogrädig, also um z | Merklich verrin-
gert.
Federharz, dicker als/6ıgrädig, also um ı Um wenig ver-
ringert.
äufsere|62grädig, also unyer- Um mehr als No,
12. verringert.
5-
Um nichts ver-
ringert.
In diesen bey-
den Gläsern um
gleich viel ver-
ringert.
Merklich verrin-
gert.
Weitmerklicher
verringert alsN®.
10.
Merk-
280
-Merkwürdig war in diesen Versuchen: ı° dafs, ungeachtet
die Haut aus Federharz No 2. 3. 4. genau über die Mündung des
Glases gespannt, und durch Bindfaden dicht anliegend gemacht
worden war, man dennoch den Geruch des Alkohols durch selbige
spürte.
2. Beschlug N° ı. gerade wie Ne 7., desgleichen Ne ı0., so
auch Ne® 2. 3. 4, doch weniger. Ne 5. 6. 8. 9. ıı. dagegen be-
schlugen nie.
3. Zeigte sich nun überzeugend deutlich in No 7., dals Fe-
derharz Wasser nicht durchdünsten läfst.
4. Federharz liefs von 64grädigem Weingeist mehr Alkohol
als Wasser durch, wie No 2. 3. 4. beweisen.
5. Rinderblase läfst 62grädigen Weingeist durchdünsten, ge-
rade so, wie er ist.
6. Näherte sich aber der Weingeist dem reinen Alkohol,
z. B. war er g4grädig, so verflog doch mehr Alkohol durch Rinder-
blase, als durch Federharz, wie Ne ıı. mit No ı0. verglichen
beweist.
Da mir aber dreyfsigjährige Erfahrung bestätiget hatte, dafs
zur Aufbewahrung gewöhnlicher anatomischer Präparate, z. B. von
Embryonen, Sinnorganen u. s. f. 38grädiger Weingeist die besten
Dienste leistete, so entschlofs ich mich, solchen Weingeist insbeson-
dere durch eine eigene Reihe von Versuchen zu prüfen.
Vierte
281
Vierte Reihe von Versuchen.
Vom 30. October ı808 bis zum ıo. May ı809.
Den 30. October 1808 füllte ich] Den ı0. May 1809, also nach 6 Mona-
eine gleiche Qualität 3ßgrädigen ten, öffnete ich die Gläser, und fand
Weingeist in fünfgleiche Zucker- ‚den W eingeist:
gläser, und bedeckte Rücksichtlich
der Qualität: der Quantität:
wo ı. mit einer doppelten Haut| 37. also um ı Grad! Wenig Abgang.
aus Federharz ........ geringer.
_ No2. mit Rindsblase. .. ... RE RR ar
besser. gang.
Ne 3. mitmit Hausenblasenauflö-| 4a... .... 4 » » . EinSechstel Ab-
sung bestrichener Rindsblase. besser. gang.
No 4. mit einer Glasplatte, wie
in der zweyten Reihe No 5. .
No 5. mit der nämlichen Feder-
r harz-Haut, welche in der drit-
| _ ten Reihe von Versuchen in
Ne 7.in 2 Monaten kein Was-
ser durchgelassen hatte... .
Unverändert. Unverändert.
De Ve Pe‘
r
37. also um ı Grad Wenig Abgang.
5 erin Ber.
Er Aufser dafs diese vierte Reihe von Versuchen die Resultate
der drey vorigen bestätigte, zeigte sie noch insbesondere, dafs mit
' Hausenblasenauflösung bestrichene Rindsblase weit weniger Alkohol
durchläfst, als blofse Rindsblase.
} = Zur Vervollständigung dieser Versuche schien es also erforder-
lich, sowohl zu untersuchen, wie sich ganz offen der Luft ausgesetzter,
oder nur mit’ Papier oder Holz bedechter Weingeist verhält; als noch
') genauer die Quantität des Verlustes zu bestimmen. — Daher ich auch .
'\ mur die in dieser letztern Reihe von Versuchen angewendeten Be-
deckungen in der Natur selbst vorzeige.
36 Fünfte
282 — EN &
Fünfte Reihe von Wersuwchen
Vom ’'ı6. May bis zum 9. August 1809.
Den ı6. May ı809 in zehn ziemlich gleiche Gläser acht Un-
zen Aogrädigen Weingeist gethan, welche davon ungefähr zur Hälite
gefüllt wurden. S “
Pr ; 7
Den 9. August, also nach 3 Monaten, war der Weingeist:
7
Rücksichtlich
der Qualität: der Quantität:
No ı. war offen. — Den 6. Junius,
oder nach 3 Wochen, war der -
Weingeist 2g9grädig, also um lol W. fol % h 3° an
ıı Grad an Qualität und um) ler 121 olglich 45 Uuz.
R : ak 3 | verllogen,
ı2 Unzen an (uantität verrin-
SI... 20er e
N® 2. mit gemeinem Schreibpa-
pier bedeckt. Den 6. Junius,
also nach 3 Wochen, war der 38. Unz.
Weingeist zggrädig,, also um| Kaum 6grädig. folglich 43 Unz.
ıı Grad an Qualität und etwas verflogen.
mehr als ı$ Unzen an Quanti-
täb-yertingert alone lee » SR
i ; Eee 65 Unz.
N° 3. Amnios, mit Hausenblasen-) 43grädig, also um 3 i
kotn.! 3 folglich ı$ Unz.
auflösung bestrichen ... . . - Grad besser.
4 verlosen
. No 4. Rindsblase, mit Hausen-|44.......».. 4 folelich er Bi i
blase bestrichen ....... Grad besser. olglıch 15 Unze
Ei verflogen. SE
5 . s
Ne 3. Schweinblase, mitHausen- 44. .... ee folelich 6 u
blase bestrichen ”...... | Grad besser. TON
verflogen.
Ne 5. |
\ >83
h | 7? Unz,
N> 6 TannenholzeinerLinie dick.| 4o. also unverändert. folglich } .
K verflogen.
Ne 7. Amnios mit Federharz be- 36. also um 4 Grad LE ” uns
i Strichen. . . .... 0... | ‚geringer. Br
verllogen.
Rt, EA A,Unz
Ne 8. Federharz -Haut. ... . geringer. folglich 3
2 verflogen.
4 38 & 78 Unz.
No 9. Federharz - Haut. ... ». Eh folglich 2.
3 ’ geringer.
> A 2 verflogen.
N° ı0. Glasplatte, wie in der Unvezändert Yogrä-
3 zten, zten und 4ten Reihe von, Unverändert.
dig.
Mersuchen s-.u.:7..4..
‘ Nimmt man nun diese fünf Reihen von Versuchen zusammen,
_ so ergeben sich aus solchen folgende Resultate:
# . Aus einem ruhig stehenden, eine Mündung von 2 Zoll haben-
den, RB Glase, in einem offenen Zimmer, verlliegt von 4ogrädigem
(d. i. in 100 Theilen 46 Theile Alkohol und 60 Theile Wasser hal-
tendem) Weingeiste in Zeit von drey Monaten aller Alkohol und
überhaupt mehr als die Hälfte der ganzen Quantität.
2. In einem mit gewöhnlichem Schreibpapier bedeckten Glase
.
.”
3. Eine Bedeckung von Tannenholz dürchfliegt 4ogrädiger Wein-
h geist gerade so, wie er ist, ohne verhältnilsmälsig mehr von seinem
oh ‚ als von seinem Alkohol zu verlieren oder zurückzulassen.
| ei 36 ? Wendet
J
;
x
284
Wendet man diese Erfahrung auf die Aufbewahrung des
Brannteweines oder selbst des \Veines in Fässern von Tannenholz
an, so läfst sich. leicht schliefsen, wie mir auch die Erfahrung
zeigte, dafs der Abgang an Wein ‚und Branntewein desto grölser
seyn werde, je länger man ihn ın solchen Fässern aufbewahrt,
Man sieht zugleich, was man eigentlich von dem sogenannten Auf-
oder Nachfüllen des Weines zu halten hat, und dafs bey näherer
Prüfung es mit der Veredlung des Wei.ses durch’s Alter „ohl seine
Gränzen haben möchte,
4. Thierische Häute, z. B. Blasen von Schweinen, Rindern,
4ınnios, Schwimmblasen von Fischen, sie mögen vollständig oder
geschält seyn, sie mögen einfach oder mit Hausenblasen - Auflösung
bestrichen seyn, lassen den Weingeist nicht gerade so, wie er ist,
durch, sondern einen Bestandtheil desselben mehr als den andern;
verhältnilsmäfsig nämlich, unter gleichen Umständen, leichter sein
Wasser als seinen Alkehol. — Mir scheint diese ganz zuverlälsige,
durch alle fünf Reihen von Versuchen auf die augenscheinlichste
Weise erprobte Erfahrung neu und beachtenswerth.,. — Wenigstens
ist mir bis jetzt nicht bekannt geworden, dafs Jemand dieses so
ausgesprochen hätte, ungeachtet ich selbst mehrere Thatsachen an-
führen werde, die damit harmoniren. Auch mir wäre diese Erfah-
rung wahrscheinlich entgangen, wenn mich nicht die gleichzeitige
Vergleichung der Rindsblase mit Federharz- Membranen darauf ge
leitet hätte.
Je dickere oder dichtere thierische Häute oder Blasen man
anwendet ‚ desto auffallender ist beym Verrauchen oder Verfliegen
des Weingeistes der Unterschied. Wenn daher in der vierten Reihe
von Versuchen in No 2, durch ein Stück gewöhnlicher Rindsblase
ein Drittel vom Weingeiste verflog und um 2 Grad an Qualität
stärker war, so verflog durch ein een Stück der nämlichen
Rindsblase, weil es mit Hausenblasen - Auflösung bestrichen, tolglich \
dadurch
e E -
nu
;
285
dichter und dicker gemacht worden war, nur ein Sechstel, und war
sogar um 4 Grad stärker.
Die Alten handelten daher wohl nicht so unbedachtsam oder
unerfahren, als es vielleicht manchem- Neuern scheinen möchte,
wenn sie, nach der in einigen Inseln Griechenlandes, so wie in Por-
tugall und Spanien noch heut zu Tage üblichen Weise, zur Aufbe-
- wahrung des Weines thierische Häute oder Schläuche brauchten,
welche wohl den schlechtern, wässerigen, aber nicht den edlern,
. geistigen Theil desselben durchlassen. — Von einem schlechten Weine,
das ist einem solchen, der so wenig Alkohol hielte, dals er eine
_ thierische Blase oder Haut nicht einmal vor dem Verfaulen schützen
- Könnte, ist hier ohnehin keine Rede.
Wie also feuchte thierische Häute am besten durch den Al-
Kohol in mälsig starkem Weingeiste vor dem. Verfaulen geschützt
werden, so schützt gewissermalsen gegenseitig eine thierische Haut
den in mälsig starkem Weingeiste enthaltenen Alkohol gegen das
“ Verrauchen.
Dafs aber thierische Häute endlich auch den Alkohol
- durchlassen, zeigt N° ı1. in der -gten Reihe von Versuchen. Hält
nämlich der Weingeist viel Wasser, so ‘durchstreicht dieses die
Poren eher ‚als sein Alkohol; ist hingegen der Weingeist reich an
"Alkohol, so wandert auch dieser durch.
j . Die auffallendste Erscheinung in diesen Versuchen bleibt
aber SM dals Federharz dem verdünstenden Alkohol den Durch-
ng in etwas gestattete, dem verdünstenden Wasser hingegen voll-
(ommen versperrte, sowohl wenn ces sich als blofses Wasser in
"diesen Versuchen befand, als wenn es der Weingeist als einen Be-
standtheil enthielt.
ur j j 2
B. 2 2 i Ich
Ich lege hier die angewendeten, gar nicht dicken Häute aus
Federharz in der Natur selbst vor. Hauptsächlich um dieses Phae-
nomen ohne alle Täuschung wahrzunchmen, liefs ich mich die Mühe
nicht verdrielsen, diese Versuche viermal zu wiederholen.
I
Aus den Lehrsätzen He Physik war mir nicht nur bekannt,
dals-trocckene thierische Blasen Wasser, aber nicht atmosphärische
Luft durchlassen, sondern ich hatte nur zu oft, che ich die beste
Art, Präparaten-Gläser zu verschliefsen, herausgebracht hatte, mit
meinem Schaden erfahren, dafs selbst Linien dicke Glasplatten,
welche den Gläsern als Deckel dienten, von der durch die Blase
zwar eindringen wollenden, aber nicht eindringen könnenden Luft
zersprengt, ja sogar zertrümmert wurden, Auch waren mir gegen-
seitig Betorten genug im Sandbade zersprungen, weil die Fugen
zwischen ihnen und den Vorlagen nur zu genau den Weingeistdün-
sten allen Durchgang versagten. !
Ueberdiefs hatte ich wohl schon mehreremale deutlich genug
wahrgenommen, dafs der Rest des Weingeistes, welcher durch
Rindsblasen oder Schweinsblasen gröfstentheils verflogen war, sich
darum eben nicht schwächer, oder an Alkohol ärmer zeigte, als er
anfänglich gewesen war.
Dafs aber eine Bedeckung von Federharz wohl Alkohol, aber
nicht Wasser durchlasse, war mir so wenig bekannt, als ich bis jetzt.
gefunden habe, dafs es schon Jemand angemerkt hätte.
Wie sehr die Alltohol- Dünste eine Federharz - Membran durch-
dringen, verrieth mir in der dritten Reihe von Versuchen schon der -
gen, er
Geruch, welchen ich aufs deutlichste wahrnahm.
An dieses Phaenomen scheinen sich ein paar andere Erfahrungen
anreihen zu lassen, ae ich hier nur im V orbeygehen g gedenken will
| Die
287
Die eine Erfahrung nämlich ist: Der möglich reinste durch
die Wärme des Eises rectificirte Vitriol-Aether, welcher bey gleicher
Temperatur nach unsers Collegen Gehlen Versuchen in dem Rich-
ter'schen Arcometer bis 735 einsinkt, wenn Richters eigener
Aether bis 733 einsinkt, verräth bey einer Bedeclkung mit einer
Federharz ‘Haut, nicht nur gleich auf der Stelle durch den Geruch,
sondern schon nach einigen Stunden durch eine bedeutende Quantitäts-
Abnahme sein Verdünsten durch diese Haut, während ihn eine Be-
deckung von Rindsblase auffallend länger zurückhält.
Die andere Erfahrung ist: Gemeine atmosphärische Luft läfst
sich ohne Abnahme lange Zeit in einem etwa eine halbe Linie dicken
Säckchen von Federharz einschlielsen, dagegen brennbare Luft (Was-
serstofigas) sich in demselben Säckchen nicht 24 Stunden lang aufbe-
wahren lälst. — Ich habe darüber eine Menge Versuche angestellt,
und lege hier den dabey gebrauchten Apparat vor. — Brennwasser
(wie mein Sohn den Weingeist nannte) und Brennluft (wie ich in dieser
Hinsicht das Wasserstofigas nennen könnte) kämen also darin überein,
- dafs ihr Brennwesen wohl durch Federharz, aber nicht durch Rinds.
blase dringt. -
Ist etwa der Grund dieser Erscheinung kleinerntheils die grölsere
Dichtigkeit, welche bey gleicher Dicke thierische Häute vor vegetabili-
schen Häuten auszeichnet — und gröfserentheils eine chemische
Verwandtschaft ?
Sollten daher diese Erscheinungen durch folgende Betrachtung
einiges Licht gewinnen, oder wenigstens durch sie in Zusammenhang
mit allgemein bekannten Eriahrungen gebracht werden können ?
So wenig nämlich der vegetabilische Stoff des Federharzes vom
„Wasser angegriifen wird, oder von ihm durchdrungen, zersetzt und
‚aufgelöst zu werden vermag, eben so wenig könne er in der Gestalt
einer Haut von dem Wasser in Dunstgestalt durchdrungen werden.
Hin-
288 5 -
Hingegen der mit dem Auflösungs-Mittel des Federharzes, dem Aether
nämlich , verwandte Alkohol durchdringe analogisch gar leicht in
Dunstgestalt das Federharz.
Und so wenig der thierische Stoff vom Alkohol angegriffen
wird, oder von ihm durchdrungen, zersetzt und aufgelöst zu werden
vermag, eben so wenig könne er in der Gestalt einer Haut vom Al-
kohol in Dunstgestalt durchdrungen werden.
Das Auflösungs - Mittel der thierischen Häute ‘hingegen, das
Wasser nämlich, von welchem _sie durchdrungen, zersetzt, gleich-
sam zerschmolzen und aufgelöst werden, könne dem gemäls auch in
Dunstgestalt die Rindsblasen u. s. f. durchdringen.
Fe
Auf diese Art liefsen sich also diese Erscheinungen nach den
Gesetzen der sogenannnten Wahlverwandtschaft dennoch erklären.
Nachtrag zu diesen Versuchen.
München den ı3. December ı8ıı.
Den ı6. December ı809 nahm ich zwey, dem Ansehen nach, -
durchaus gleiche Gläser von sieben Zoll Höhe und einem Zoll Weite
und gofs in jedes derselben eine Unze des besten Schwefeläthers
(Naphtha Vitrieli). &
Die Mündung des einen Glases Die Mündung desanderen Glases
verschlofs ich, genau, mit einer, verschlofs ich, genau, mit einer,
aus Federharz gebildeten, etwa vorgängig gehörig eingeweichten,
eine Viertel-Linie dicken, Haut. doppelten, Rinds - Harnblase.
Beyde Gläser stellte ich an einen ruhigen, weder von Son-
nenstrahlen, noch von Ofenwärme erreichbaren Ort, in einem ge
schlossenen, gegen Norden gelegenen, hellen Zimmer.
Nach
e
Nach ein paar Tagen beschlug
dieses Glas innwendig mit Was-
sertröpfchen und gegen die Mitte
des Jänners ıgıı hin, war diese
Vitriol - Naphtha gänzlich verflo-
gen.
289
Den ıoten Julius ıBır. also nach
achtzehn Monathen, oder ein und
einem halben Jahre, war eine,
kaum durchs Gewicht bestimm-
bare, Quantität dieser Vitriol-
Naphtha verflogen, welche sich
wahrscheinlich in die Rindsblase
gezogen und eine sehr auffallende
Veränderung derselben bewirkt
hatte,
Diese Rindsblase nämlich erschien von innen her nach aulsen
zu, gradweis merklicher kreidenweils, undurchsichtig und atlasartig
schillernd, oder gewissermalsen gegerbt, kurz mehr leder- als bla-
senartig. Nach der Einweichung in Wasser schien sie nicht mehr so
klebrig oder leimartig, sondern ihre Gallerte schien sich verloren
oder doch verändert zu haben. Diese Veränderung war auf der
inneren, der Naphtha zugewendet gewesenen Oberfläche am auffal-
lendsten, auf der äufsern, von der Luft berührten Oberfläche weni-
ger auffallend.
Diese neuere Erfahrung bestimmt also dasjenige, was ich im
ersten Absatze Seite 287 sage, noch näher, nämlich dafs zum Auf-
bewahren der Naphtha eine dicke einfache, oder eine dünnere dop-
pelte Rindsblase, gehörig eingeweicht, vollkommen hinreicht.
Selbst ziemlich genau eingeschliffene oder eingeriebene Glas-
‚stöpsel schienen mir einige Verdünstung der Naphtha zu ge-
statten. Ich rathe daher zur Aufbewahrung eines so feinen und
kostbaren chemischen Erzeugnisses, selbst über einen bestmöglichst
eingeriebenen Glasstöpsel, zur Vorsicht, noch eine starke Rinds-
blase zu spannen.
37 Um
296
Um nun auszumitteln, wie sich in dem Weingeiste, welcher
durch Rindsblase verfliegt, der Alkohol zu dem Wasser verhält,
machte ich folgende drey vergleichende Versuche.
Versuch A.
Den 24. Julius ı8ı0 that ich in ein vier Zoll Höhe und zwey
Zoll Mündung habendes sogenanntes Zuckerglas — 6 Unzen 3ogrä-
digen, das ist zur Hälfte aus Alkohol und zur Hälfte aus Wasser
bestehenden WVeingeist, und verschlols das Glas mit Rindsblase,
Den’ 2ı. September ı8ı0, als eine Unze verflogen war, 'öfl-
nete ich das Glas und fand den Weingeist 55grädig, folglich um 5
Grad erhöht. Eine Unze zugegossenes destillirtes Wasser brachte
_ ihn wieder auf 50 Grad herunter. Also hatte er, nach der Formel
berechnet, die ich gleich angeben werde, ungefähr 135 Alkohol und
#55 Wasser verloren.
Ich verschlofs das Glas mit frischer, der vorigen möglichst
gleichen, Rindsblase, und stellte es zur ferneren Beobachtung ru-
hig hin,
’
Den 27. Julius ı8ıı1, also nach eilf Monathen, als von diesen
6 Unzen zogrädigen Weingeistes die Hälfte (drey Unzen) verflogen
waren, öffnete ich wieder das Glas, und fand den Weingeist 74grä-
‚dig, also um 24 Grad erhöht. Das Zugielsen von drey Unzen
Wasser brachte ihn auf 36 Grad herunter.
Betrachtet man nun die verflogene Hälfte des Weingeistes
als 432, so waren von diesen hundert Hunderttheilen 35 Alkohol
und 705 Wasser verflogen.
Denn ı4 + 36 = 50 Und ı4 + 96 = ıoo.
ı4MaafsAlkohol AR! ı00M.Alkohol
r t zusammen
50 Maafls\Vasser 50oM.Wasser ı00M.Wasser,
Das #
Ode | geben mi
291
Das ist mit andern Worten, sie geben einen aus gleichen Theilen
Alkohol und Wasser bestehenden Weingeist, oder einen solchen,
welchen ich auf meinem Weingeist- Areometer als 5ogrädig be-
zeichne, und zu diesem Versuche gewählt hatte.
VersuchB.
Am nämlichen Tage, den 24. Julius ı810, that ich in einen
vier Zoll hohen und einen Zoll weiten Glascylinder zwey Unzen
67grädigen Weingeist, und verschlofs das Glas mit einem Stücke
der nämlichen Rindsblase, die ich zu dem Versuche A. anwendete.
Den 23. October ı8ıı, also nach fünfzehn Monathen, war
die Hälfte (eine Unze) verflogen. Die rückständige Unze wär
86grädig, also um ıg Grad höher. Denn 67 + ı9 = 86.
Eine Unze zugegossenes Wasser brachte ihn auf Aı Grad
herunter, Folglich hatte dieser 67grädig gewesene Weingeist, in
fünfzehn Monaten, 26 Theile Wasser und 4ı Theile Alkohol verlo-
ren; denn ;%5 Alkohol + %s Wasser = ;%5 Weingeist.
Versuch @
Am nämlichen Tage, den 24. Julius ıBı10, that ich in ein
gleiches Glas, wie zum Versuche A, von vier Zoll Höhe und z Zoll
Mündung, sechs Unzen gemeines Brunnenwasser, verschlols das Glas
mit einem Stücke derselben Rindsblase, und stellte es mit A an
den gleichen Ort.
Den 2ı. September war eine Unze verflogen.
Den 4% November waren zwey Unzen verflogen.
Den 8. Februar ı8ıı waren drey Unzen oder die Hälfte
verflogen.
a7 * Den
292
Den ıo. Julins, also in vierzehn Tagen weniger als einem
Jahre, war alles Wasser gänzlich durch die Rinusblase verflogen.
Es scheint mir denn doch wahrlich merkwürdig genug, dafs,
wenn ungefähr in Jahresfrist sechs Unzen Wasser gänzlich durch
Rindsblase verfliegen, von 5ogrädigem Weingeiste dagegen, unter
gleichen Umständen, in dem gleichen Zeitraume, kaum die Hälfte
verfliegt, folglich dafs eine Rindsblase mit dem Alkohol zugleich
das Wasser zurückhäl. Denn in den sechs Unzen 5ogrädigen
Weingeistes waren zu Anfangs drey Unzen Wasser, und zuletzt in
seiner zurückgebliebenen 74grädigen Hälfte, mehr als ein Drittel,
oder eine Unze Wasser, vorhanden. N\
Ja! es scheint noch merkwürdiger, dals (ganz gegen die ge-
meine Meynung), nach dem Versuche B, von einem feinern, ge-
wöhnlich für flüchtiger gehaltenen, 67grädigen Weingeiste, in länger
als Jahresfrist, nicht einmal die Hälfte verfliegt.
Kürzlich will ich endlich für Liebhaber von Naturalien-
Sammlungen anmerken, ı) dafs nach meinen Versuchen Weingeist
durch rothgegerbtes Kalbsleder gar leicht verdunstet. 2) Dafs unter
zwey, gleiche Weite, aber ungleiche Höhe habenden Gläsern, yon
einer gleichen Quantität Weingeist aus dem niedrigern Glase mehr,
als aus dem höhern verfliegt. ;
XI.
29
Xu.
Ueber
Eıie*rb.L a ue.n Schatten.
Von
Franzv PAurLA ScHurank
vorgelesen in der mathem. physik. Classe am 26. April ı8ro.
E, ist sonderbar, dafs wir Menschen so viele Naturerscheinungen
übersehen können, die weder so alltäglich sind, dafs man sie als
gemein vernachläfsigen könnte, noch so selten, dals nicht jeder,
nur etwas aufmerksame , Beobachter sie vielmal zu sehen Gelegen-
heit hätte, sogar sie zu sehen in die Nothwendigkeit gesetzt würde,
noch so unbedeutend, dafs sie nicht auffallen sollten. Die blauen
Schatten sind von dieser Art, welche man bis auf den berühmten
Otto Guerike :) entweder übersehen, oder wenigstens keiner
; Auf-
1) Pristley Gesch. d. Opt, S. 327,
294
Aufmerksamkeit gewürdiget zu haben schien. Vergeblich machte
aber der berühmte Entdecker des Luftdruckes auf diese Schat-
ten aufmerksam ; physikalische Entdeckungen mufsten nach dem
Geschmacke derselben Zeit im Posaunentone angekündiget, und mit
Geräusche "ausgeführt werden, wenn sie Eingang finden sollten.
Nur die Maler scheinen seit jeher der Erscheinung einige Aufmerk-
samkeit geschenket zu haben, indem sie gewohnt sind, in blonden
Gesichtern die Schatten blau anzugeben,
Erst Büffon, oder vielmehr Sauvages, von welchem
Büffon, nach Monge’s Versicherung ?) die Beobachtung hatte,
was der eitle Mann sorgfältig verschwieg, mufste diese Schatten
neuerdings entdecken °). Seit dieser Zeit hat man mehr Rücksicht
darauf genommen: der Abbt Mazeas ist aus allen der erste, wel-
cher eine Erklärung zu geben versuchte 4); sie kommen, meynt er,
von einer Verminderung des Lichts her. Melville 5) meynt, die
blauen Schatten kommen yon den feinen Dünsten her, welche in
der Luft schweben, und eine grölsere Menge der blauen Licht-
stralen , als die von jeder andern Art, zurückwerfen. Bouguer ®)
nimmt keine Dünste an, und läfst die blauen- Stralen von der Luft
selbst zurückgeworfen werden. Nach Bouguer machte Joh. Pet.
f Eber-
3) Annales de Chim, Tom, III,
3) Möm. de l’Acad. des Sciene. de Paris, 1743. 4. p. 187. — Uebers. im (alten )
Hamburg. Magaz. I, B. S, 438.
4) Mem. de l’Acad. de Berlin. 1752. p. 260, — Uebers. im IX, Bande des (alten)
Hamburg. Magaz, S. 361. ff.
5) Edimburg. Essays Vol. U. p. 75- nach Pristley.
6) Optic. edit. latin. p, 194,
nn Zn ee
295
Eberhard seine Meynung über die blaue Farbe des Himmels be-
kannt 7), glaubt, sie entstehe durch die Mischung des weilsen Lich-
ges mit dem Schatten, oder, was hier auf Eins hinauskömmt, der
Farbenlosigkeit der Atmosphäre, die in gröisern Entfernungen eine
wahre Dunkelheit erzeugen mufs, und beweist seine Meynung sogar
mit Aufzählung einiger Beobachtungen über die blauen Schatten, die,
wie er meynt, eine deutliche Mischung eines wahren Schattens mit
einer schwachen Lichtmasse sind,
Beguelin hielt sich drey Jahre später einige Zeit lang in
dem Dorfe Bucholz auf, und bemeıkte eines Tages auf freyem
Felde, dafs die Schatten, welche auf die weilsen Blätter seiner
Schreibtafel fielen, blau waren. Diefs. gab ihm Veranlassung, die
Sache genauer zu untersuchen, und er glaubte die Ursache dieser
Erscheinung in der Farbe der reinen Luft suchen zu müssen, die
uns blau scheine, und eben darum die Stralen dieser Farbe am
meisten zurück sende. Er kömmt also mit Bouguer in der Er-
klärung der blauen Schatten, und überhaupt der blauen Farbe des
Himmels,, überein, oder der Unterschied ist wenigstens sehr un-
- beträchtlich 8),
So standen die Sachen, als Pristley seine Geschichte der
Optik schrieb, welcher den Meynungen Bouguer’'s und Begue-
lin’s seinen ganzen Beyfall schenkt. Damit waren aber die Acten
noch nicht geschlossen. Im J, ı780 machte Freyherr von Glei-
j chen
7) Nov, Act. Acad. Natur. Curios, Vol. II. App. p. 26. ff.
8) Mem. de l’Acad. de Berlin. 1767. p- 27. ff, Uebersetzt im LI. Stücke des neuca
Hamburg. Magaz. S. 356, fl.
296
chen seine Beobachtungen über diesen Gegenstand bekannt 9), und
erklärt sich für Eberhard’s Meynung, ohne jedoch die andern,
welche ihm vielleicht nicht einmal bekannt waren, zu widerlegen.
Drey Jahre später, gab ein junger französischer Naturforscher, Opoix,
über eben diesen Gegenstand, und einige anverwandte. Gegenstände
seine Betrachtungen im Journal dePhysique heraus, und trägt eine Mey- _
nung vor !0), welche er in einem viel spätern Werke '') unverändert,
nur abgekürzt, wiederholt. Er nimmt eine Beugung der blauen Stralen
an dem schattenden Körper an, wodurch sie dann in den Schatten
gerathen, während die übrigen Stralen theils gerade vorbeyfahren,
theils viel zu unmerklich gebeugt werden, als dafs dadurch eine
Färbung des Schattens erfolgen könnte. Ich finde nicht, dafs er
dabey auf einen Einwurf Rücksicht genommen hätte, wodurch ein
Jahr vorher ein ungenannter Franzose die Erklärung dieser Erschei-
nung durch Brechung oder Beugung bestritten hatte ı2); er hatte
wahrgenommen, dals zur Erzeugung blauer Schatten allemal zwey
Lichter, oder statt des zweyten Lichtes etwas, was dessen Stelle
vertritt, erfodert werden; wenn Beugung oder Brechung die blauen
Schatten macht, sagt dieser Ungenannte, wozu das Bedürfnils zweyer
Lichter ?
Monge brachte im J. 1789 diese bisher schon so oft behan-
delte Erscheinung abermal zur Sprache :3). Er meynt, der beschat-
tete
9) Act. Erford, ad ann. 1778 et 1779. p. 302.
10) Voigt Magaz. für d. Neu. a. d.. Phys. II, Bd, St. 4. S, 95 — ı00.
11) Theorie des couleurs. Paris. 1802, 8.
12) Observations sur les ombres colorees. Paris. 1782. 8,
13) Ann. de Chim. par MM. de Morveau, Lavoisier, Monge etc. Tom, III. — ®
Uebers. in Gren’s Journal der Phys. II, Bd. S. 142.
Da
!
;
L.
F
Fr
Ei
;
»'
/ IE OREN 297
tete Theil des Papiers, auf welchen man von der aufgehenden Sonne
einen Schatten werfen läfst, den man mit einem Kerzenlichte be-
leuchtet, sey nicht ganz des Lichtes beraubt, sondern werde durch
die von der Atmosphäre abprellenden Stralen erleuchtet, welche
wenigstens dem gröfsten Theile nach blau sind. Noch eher aber,
als wir diese Abhandlung in unserer Sprache lesen konnten, und
sogar eher, als sie in Frankreich erschienen war, stellte Willkins
über die blauen Schatten Versuche an, welche er in Gren’s Jour-
nal der Physik '4), ohne sie zu erklären, bekannt machte.
Einige Jahre später machte der Graf Rumford zu München
neue Versuche darüber, wovon er die Resultate in die philosophi-
schen Transactionen vom J. 1794. einrücken liefs, woraus man sie
ins Deutsche übersetzt hat :5). Rumford meynt, bey der ganzen
Sache laufe nur eine optische Täuschung unter; wir sehen eigent-
lich keine blauen Schatten, sondern wähnen nur, sie zu schen,
hintergangen durch den Contrast, welchen der dunkle Schatten mit
einem zweyten macht, der von dem gelben Lichte einer Flamme
"gelb gefärbt wird.
Alle diese angeführten Meynungen lassen sich nun auf vier
zurückbringen :
I. Die blauen Schatten sind nur eingebildet, indem wir den
schwärzlichen Schatten im Gegensätze mit dem gelben für
blau
14) V. Bd. S. aı. ff.
15) Greu’s meues Journ. der Phys. II. Bd. S. 68 fl.
38
298 ZI
blau halten. Diefs ist Rumford’s Meynung, und Gren’s,
der ihm Beyfall giebt :6).
II. Die blauen Schatten entstehen aus dem Gemische eines ärm-
lichen weilsen, das ist, unzersetzten Lichtes, mit der dunkeln
Farbe des Schattens oder Lichtmangels. Zu dieser Meynung
bekennen sich Eberhard und von Gleichen; auch mag
der Abbt Mazeas hieher gezogen werden.
III. Die blauen Schatten entstehen durch die zurückprellenden |
Stralen der Atmosphäre, weiche entweder wirklich blau ge-
färbt ist, oder die Eigenschaft hat, die blauen Stralen mehr,
als die von den übrigen Farben zurück zu werfen, wie Bou-
guer, Beguelin, Monge und Melville dafür halten.
IV. Die blauen Schatten entstehen durch Beugung der Stralen,
welche an der Kante des schattenden Körpers vorbeygehen.
Da die blauen aus allen die brechbarsten sind, so werden sie
stärker als die übrigen vom schattenden Körper angezogen,
und in den Schatten selbst hineingeworfen. Das ist Opoix's
Meynung, welche am wenigsten ihr. Glück gemacht zu haben
scheint.
Es hat kemer der drey erstern Meynungen an Beyfall, sogar
an Bewunderern gefehlt. Aber Beyfall und Bewunderung entschei-
den für die Wahrheit nicht, sondern Gründe. Wir wollen sie da-
her sämmtlich noch einmal vornehmen, aber auch den einzeln da
stehenden O poix nicht ausschliefsen; wir wollen sie aber vorzüglich
mit der Natur zusammen halten; denn da sie sämmtlich nicht. wahr
seyn
ı6) Grunds. d, Naturlehre, 6. 344.
299
seyn können, so entsteht die doppelte Frage, ob eine von ihnen,
und wenn das wäre, welche, die wahre sey. Ehe ich aber dar-
über entscheide, mufs ich vorher anführen, was ich selbst gesehen
habe.
I. Versuch. Ich zündete zur Nachtzeit eine Wachskerze und
ein Talglicht an, erleuchtete damit ein weilses vertikales Papier, vor
welchem ich zwischen beyden Lichtern ein Lineal so aufrichtete,
dals dessen Fläche auf das Papier lothrecht war; oder, was Eins
ist, dessen Schneide gegen das Papier hin gerichtet war. Ich er-
hielt auf diese Weise zween Schatten: der vom Wachslichte gewor-
fene schien ungefärbt, ward aber gelblich, wenn ich das Licht un-
ter dem gleichen Winkel weiter entfernte. Der vom Talglichte war
blaulich.
II. Versuch. Ich verwechselte die Lichter, und die Schat-
ten wechselten ihre Stellen, behielten aber alle ihre vorigen Ver-
hältnisse.
III. Versuch. Ich hielt ein grünliches, äufserst schwach
convexes Glas vor das Wachslicht, und der blaue Schatten ward
sehr verwässert blaugrau; der graue Schatten ward sehr verwässert
blafsgelb, und fast weils.
IV. Versuch. Ich hielt dieses Glas vor das Talglicht; der
graue Schatten ward bläulichgrau, und „der blaue erhielt eine gelb-
liche Tinte.
P. Versuch. Ungefä rbte, schwach conrexe Augengläser än-
derten an den ursprünglichen Erscheinungen nichts,
38 * yl.
390
VI. Versuch. Ein gelbes Planglas, ‘vor das Wachslicht ge-
halten, machte den. blauen Schatten gelb, den grauen blaulich;
vor das Talglicht gehalten, machte es den grauen Schatten gelb,
den blauen deutlicher blau.
VII. Versuch. ‚Ein sattblaues Planglas, vor das Wächslicht
gehalten, machte den grauen Schatten fast ganz verschwinden; den
blauen machte es dunkel veilenblau. -Vor das Talglicht gehalten,
machte es den blauen Schatten höchst blals und gelblich, den
grauen. blau.
FIII. Versuch. Eine Wachskerze wurde nahe an das aufge-
spannte Papier gestellt; ein Talglicht stand auf der andern Seite
viermal weiter entfernet. Der undurchsichtige Körper (ein ehema-
liger Buchdeckel) warf auf die Seite des Wachslichtes einen blau-
grauen Schatten, einen bläfsern röthlichgrauen auf die Seite des
'Talglichtes. Beyde Schatten, durch das Prisma geschen, behielten
ihre Farbe; nur ward sie blässer, und am Rande, wie in den Göthe-
schen Versuchen, erschienen die geeigneten Farben sehr schmal,
oben herab blau, unten herum roth, bey einem, wie beym andern.
I. Beobachtung. WUeberhaupt war in allen Versuchen der Schat-
ten, welchen das stärkere Licht (hier das Talglicht) warf, und das
schwächere (hier das Wachslicht) erleuchtete, blau und stärker;
der Schatten, welchen das schwächere Licht warf, und das stär-
kere erleuchtete, bläfser und gelblich, oder (beym Sonnenlichte )
röthlich.
IT. Beobachtung. Schon in den Jahren ı780— ı783 sah ich
an heitern Wintertagen die Schatten der Schornsteine auf ganz
frisch beschneyten Dächern zur Mittagszeit vom schönsten Himmel-
blau. Diese Erscheinung hatte ich in der Folge sehr oft.
IX.
301
IX. Versuch. Den g. Jäner ı809, als der botanische Garten
zu Landshut durchaus mit frischem Schnee bedeckt, und der Tag
sehr heiter war, legte ich zur Mittagszeit in den blauen Schatten
einer Stange ein geglättetes gelbes Papier. Der Schatten auf dem
Papiere war grün, und der ihn rechts und links begleitende Halb-
schatten war sittichgrün. Bey diesem Versuche waren Hr. Dr.
Ruhland und der botanische Gärtner zugegen, und sahen die Er-
scheinung, wie ich.
X. Versuch. Ich wollte wissen, ob der von der Sonne ge-
worfene Schatten auch bey ihrem höchsten Stande blau seyn würde.
Aber seit der letzten Hälfte des Maymonathes bis zum 23. Jul. war
kein Tag um die Mittagszeit zu diesem Versuche geschickt. Ich
hatte schon vorher einige Bogen Schreibpapier so aneinander nähen
lassen, dals daraus ein langer Streifen entstand, den ich nun an
diesem Tage, welcher vollkommen heiter war, zur Mittagszeit am
Glashause, als dem sonnigsten Orte des Gartens, von zwo Personen
ausgespannt halten liefs, während ich mit einem Brette einen Schatten
darauf warf. Es war kein merklicher Halbschatten zu sehen, und
der Hauptschatten selbst war hellgrau, wenn er mit freyem Auge
angesehen wurde, erhielt aber eine bläuliche Tinte, wenn man ihn
durch die nicht ganz geschlossene Faust ansah. Bey diesem Versuche
waren Hr. Hofrath Tiedemann und Hr. Dr. Ruhland gegenwär-
tig, und wiederholten ihn mit demselben Erfolge.
III. Beobachtung. Wenn der volle Mond in ein Zimmer
scheint, welches von einem Kerzenlichte erleuchtet wird, so werden
die von letzterm geworfenen Schatten an den Stellen, die der Mond
beleuchtet, blau. Nun ist nach Lambert :7) die Stärke eines Ker-
zen-
17) Photomet. 6, 1075 — 1088,
302
zenlichts zur Stärke des vollen Mondlichtes , wie 500000 : 250000
= 2:1
XI. Versuch. Ich stellte in den blauen Schatten des Mondes
ein gelbes Papier; das Papier blieb zwar gelb, erhielt aber einen
Blick in Grün.
IV. Beobachtung. Schon im J. 1776 wiederholte ich die schon
von ältern Naturforschern gemachte Beobachtung, dafs des Morgens,
sobald die Sonne über dem Horizonte sichtbar ist, und des Abends,
wenn sie von uns scheidet, die von ihr auf eine weilse Wand ge-
worfenen Schatten blau ausfallen; dieses Blau ist allemal desto ge-
sättigter, je weniger der schattende dunkle Körper von der weilsen
Wand entfernet ist.
V. Beobachtung. Als ich den 22. März ı809 des Morgens um
die Zeit der aufgehenden Sonne erwachte, sah ich an der weilsen
Wand den Hauptschatten meines Bettes dunkel, aber der breite
Halbschatten_war hellblau.
VI. Beobachtung. Einige wenige Tage darnach hatte ich in
der Folge öfter dieselbe Erscheinung, so lange der Sonnenstand von
dem am 22. März nicht zu sehr abwich. Ich blieb nun geflissentlich
so lange im Bette, bis die Erscheinung vollendet war. Der blaue
Halbschatten nahm immer an Breite in dem Maafse ab, wie die Sonne
höher stieg, und verlohr sich endlich völlig, dals nichts als der
schwarzgraue Hauptschatten übrig blieb.
VII. Beobachtung. Den 4. August hatte ich bey meinem
Erwachen dieselbe Erscheinung. Ich streckte nun meinen rechten
Arm, welcher der Wand am nächsten war, empor, und er ward
an der weilsen Wand in einem sehr angenehmen Himmelblau ab-
gebildet; führte ich aber meine linke Hand nach der rechten, so
wurde
—
303
wurde der Schatten, welchen die erstere auf den der letztern warf,
grau.
VII. Beobachtung. Als ich einst im Frühling zu Ingolstadt
bey später tiere, welche nur noch aus wenigen gebro-
chenen Stralen der Sonne bestand, nach Hause gieng, fand ich in
den Gassen, welche ihre Richtung nach Westen hatten, auf der
Nordseite die Schatten aller Häuser dunkel blaugrau; aber der volle
Mond war bereits mehrere Grade am Himmel heraufgestiegen.
Aus diesen Versuchen und Beobachtungen gehen folgende
Folgerungen sehr deutlich hervor:
I. Die blauen Schatten sind nicht eingebildet ; denn ein wirk-
lich gelbes Pigment und ein eingebildetes Blau können kein Grün
erzeugen, und doch wurden blaue Schatten auf gelbem Papiere grün 18).
Des Grafen von Rumford Hypothese fällt also weg.
Eben das geht, nur minder deutlich, aus meinem dritten und
vierten Versuche hervor. Durch das grünliche Glas. giengen nun
nicht mehr so viel blaue Stralen auf das Object, als ohne dasselbe,
indem ein Theil derselben vom blauen Pigmente des Glases zurück-
geworfen ward; das geschah wohl auch bey den gelben Stralen; aber
da diese überhaupt stärker sind, so drangen verhältnilsmäfsig ihrer
mehrere gleichwohl durch-, und liehen, zum Theile in Gesellschaft
der rothen, dem Bilde die gelbliche Tinte. Deutlicher beweist diels
der
ı8) IX, und XI. Versuch,
30%
der zehnte Versuch. Bey dem hohen Stande der Sonne und ihrem
äulserst starken Schimmer konnte das Brett keinen Hauptschatten
werfen; das, was ich in der Erzählung Hauptschatten nannte, konnte
wirklich nur Halbschatten, und nur schwach seyn, weil von dem star-
ken Lichte zu viele Stralen sich beugten; das überreizte Auge konnte
keine Farbe wahrnehmen, bis durch die vorgehaltene Faust der Reiz
aufgehoben ward, und dann, also gerade bey: Beseitigung aller Ver-
gleichung, ward das Blau im Schatten sichtbar; aber es war schwach,
weil zu viele Stralen auch von den andern Farben theils umgebogen
wurden, theils aus dem starken Tageslicht von allen Seiten herbey-
kamen.
II. Auch durch Zurückwerfung der blauen Stralen von den
Dünsten der Atmosphäre oder von der Luft selbst läfst sich die
Erscheinung nicht erklären. Bey den Versuchen mit den Herzen-
lichtern war die Luftschicht viel zu unbeträchtlich, als dafs dadurch
die blaue Farbe hätte merklich werden sollen. Es ist wahr, bey
diesen nächtlichen Versuchen mit Kerzenlichtern fiel das Blau sehr
viel undeutlicher aus, als bey Tage vom Sonnenlichte; aber ich
war doch beym Versuche vom 9. Jäner ı809 am vollen Mittage
nicht weiter vom Schatten entfernet, als ich das gelbe Papier hin-
legte, und doch hatte er das schönste Himmelblau. Auch die
schlecht bewachsenen Gipfel der Kalkgebirge erscheinen in Ent-
fernungen von vielen Meilen weils, und oft wie mit Schnee be-
deckt, was nicht seyn könnte, wenn der Atmosphäre die Eigen-
schaft zukäme, die blauen Stralen vorzüglich zu reflectiren; eine so
grolse Luftschicht müßste uns völlig undurchsichtig erscheinen. Bou- 5
‚guer’s und seiner Anhänger Meynung fällt also ebenfalls weg.
III. Ich wüfste nicht, dafs jemand darauf gefallen wäre, die
blauen Schatten von der grölsern Brechbarkeit der blauen ‚Licht-
stralen abzuleiten. Die weilsen Gipfel sehr entfernter Kalkberge,
und alle Schneegebirge mülsten uns von dem Ungrunde dieser
M eyr
E
305
Meynung überzeugen, welche ich nur darum anführe, weil sie auch
der oben angeführte Franzose bestreitet.
IV. Jeder Maler weils es, dafs Schwarz und Weifs nur Grau
geben, und Grau nicht blau sey, auch im entferntesten Grade nicht.
Wir nennen zwar allerdings einige Gegenstände grau, welche wirk-
lich ein mattes Blau haben; aber das ist eine Unrichtigkeit der
Sprache des Umgangs, welche der Physiker bey seinen Untersuchun-
gen vermeiden muls. Nie wird er durch die Mischung reinweilser
und reinschwarzer Pigmente diese mattblauen Tinten erhalten. Wahr
ist es, wir haben wenig schwarze Pigmente, welche nicht mit Weils
" eine bläuliche Tinte gäben; aber das kömmt blofs daher, weil wir
_ wenig reinschwarze Pigmente haben; viele von ihnen, mit Weils
vertrieben, geben ein unreines Braun, emige wirklich ein mehr oder
weniger gesättigtes Blaugrau, haben aber diese letztere Eigenschaft
nur darum, weil sie wirklich ein blaues Pigment im Gemische ha-
"ben. Allein in unserm Falle ist nicht von den Pigmenten der Maler
die Rede, sondern von jenem absoluten Schwarz, welches gänzliche
‚ Lichtlosigkeit ist; diefs mag man mit Weils mischen, wie man will,
es wird nie blau werden: denn a X o=o, also Dunkelheit, Licht-
T mangel, nicht Farbe.
.
#
+ we =: ag
1
)
Gesetzt aber auch, dafs Weifs und Schwarz Blau gäben, so
"ist ja der unzertheilte Lichtstral richt weißs, sondern farbelos.
_ Freylich erscheint er, von einer weilsen Wand aufgefangen, weils,
aber nicht, weil er es ist, sondern weil sie es ist. Wäre er weils,
‘so mülste er, auf Roth geworfen, diese Farbe verwässern und blei.
‘ehen; aber das ‚thut er nicht, er macht sie nur brennender. Man
mag sich also wenden, wie man will, so wird man durch die Ver-
“mengung des unzertheilten Lichtstrals mit Lichtlosigkeit, das ist,
dürch ein ärmliches Licht wohl ein mehr oder weniger dämmerndes
“Grau, aber nie ein Blau hervorbringen. Wir können also den Er-
‚klärungen der blaueu Schatten, welche der Abbt Maz,cas, Frey-
| 39 herr
306 [u
herr von Gleichen, Eberhard und Beguelin vorgetragen
haben, unsern arageh nicht geben.
V. Opoix hat also Recht. Die blauen Schatten entstehen
durch Beugung des Lichts. Es ist Thatsache, die den Physikern
vollkommen bekannt ist, dafs das Licht von den Körpern, an wel-
chen es vorbeyfährt, angezogen werde, aber diese Anziehung gerin-
gere Wirkung bey den rothen und gelben Stralen habe, als bey. den
folgenden, und dafs jeder Stral um so stärker angezogen werde, je
weiter er in der Farbenleiter von den rothen entfernet ist. Die blauen
(himmelblau und Indigo) werden ungemein stark angezogen, beugen
sich also einwärts, und färben den Schatten blau. Zwar sollten
das die veylenfarbenen, welche aus allen Am stärksten angezogen
werden, noch mehr thun, aber, sagt Opoix, wenn der Schatten
nicht sehr breit ist, fallen sie über seine Gränze hinaus in das
volle Licht, mit welchem sie sich wieder vermischen; und ich
setze hinzu: wenn er sehr breit ist, fallen sie in den Haupt- ü
schatten hinein, wo sie vielfältig zu dunkel werden, als dafs man
sie von ihm unterscheiden könnte, oder sie erscheinen in andern
Fällen nur als eine dunklere Fortsetzung des Blauen. Ich werde
bald Gelegenheit haben, mich über diese Sache noch näher zu er-
klären.
Mit der so eben vorgetragenen Theorie der blauen Schatten
kommen die Erscheinungen, welch ich in der fünften, sechsten und
siebenten Beobachtung so eben erzählte, vollkommen überein. Hier
war blofs der Halbschatten des Bettes gefärbt, war auch anfänglich
sehr breit, nahm aber an dieser Breite um so mehr ab, als die
Sonne höher stieg. Man weils aber, dals der Halbschatten Be
‘Folge der Lichtbeugung ist; wo das gebeugte Licht nicht mehr hin-
reicht, ist Hauptschatten, welcher nie blau erscheinen wird. Mein
‘Arm, welcher sich an der weifsen Wand blau abmalte, warf zween |
Halb- |
307
Halbschatten, die sich begegneten, und gewissermalsen deckten;
hätte ich einen beträchtlich dickern Körper vorgehalten, so würde
ich zwischen den beyden Halbschatten einen dunkelgrauen Haupt-
schatten erhalten haben,
Wenn aber der blaue Schatten von der Beugung des
Lichtes kömmt, wozu braucht man zwey Lichter? Diefs ist der
Einwurf, welchen der Ungenannte gegen diese Theorie macht, und
welchen man, meines Wissens, nicht gelöset hat. Ich antworte,
um die blauen Stralen sichtbar zu machen. So seltsam es auch
scheinen mag, wenn ich einen Lichtsral vonnöthen habe, um damit
einen andern zu sehen, so richtig ist gleichwohl die Idee; nicht um
den blauen Lichtstral zu beleuchten, bedarf ich eines andern Strals
| von unzersetztem Lichte, sondern um mein Auge für die Wahrneh-
_ mung des blauen Strals empfänglich zu machen. Wären diese
Schatten roth oder gelb, so würden ihre zurückgeworfenen Stralen
Kraft genug haben, um das Auge lebhaft zu reizen, und von mir
wahrgenommen zu werden. Da es aber Thatsache ist, dafs das Mo-
% ment der blanen Stralen sehr unbeträchtlich ist, entweder, weil sie
| > nicht genug Masse, oder nicht Geschwindigkeit genug, oder an bey-
den Mangel haben, so bedarf ich eines Zusatzes von unzertheiltem
| k Lichte, um dadurch die Augennerven hinlänglich zu reizen, und sie
\ gegen die schwächern Reizungen der blauen Stralen empfänglich
zu machen, weil bekannt ist, dafs gereizte Körper gegen weitere
Reize derselben Art empfänglicher sind, als wenn sie ihnen im ru-
_ higen Zustande geworden wären. :9)
Frey-
19) Wirklich kann für die drey blauen Farben eine weitere Beleuchtung mit unzer-
setztem Lichte nicht überflüssig seyn; sie afliciren das Auge sehr schwach, und
ich kenne keinen Fall, in welehem sie blendend gemacht werden könnten, selbst
wenn melallischer Glanz dazu kömmt, Auch Grün ist noch sehr in diesem Falle,
39 2 aus-
308. —
Freylich dürfen diese vorbereitenden oder vielmehr begleiten-
den Reize nicht zu weit gehen, wenn sie nicht übertäuben sollten,
Daher wird man niemal mit zwey Lichtern einen blauen Schatten.
erhalten, wenn diese Lichter gleich stark sind. Die blendende Weifse
des Schnees verglichen mit der vollen Mittagssonne eines Winter-
tages, die reine Weilse einer Wand oder eines Papiers verglichen
mit dem bescheidenen Schimmer der aufgehenden oder scheidenden
Sonne, das volle Mondlicht verglichen mit einem gewöhnlichen Talg-
lichte, das sind so ungefähr die Verhältnisse, welche die schönsten
Erscheinungen geben.
‘Jetzt erst wird es völlig begreiflich, warum veylenfarbene.
Schatten so selten sind, oder vielleicht nie vorkommen. Dafs die
veylenfarbenen Stralen bar schmalen Schatten wieder in die Licht-
gränze hinausfallen, habe ich bereits aus Opoix angemerkt; fallen
sie aber bey breitern Schatten in den Hauptschatten hinein, so fehlt
ihnen begleitendes Licht, welches die Augen a sie empfänglich.
machete..
Sollte meine Idee von der Nothwendigkeit eines begleitenden
Lichtes, um die blauen Schatten sichtbar zu machen, noch einer
Erläuterung bedürfen, so giebt sie uns die Malerey an die Hand.
Wir haben hier in der grünen, blauen, violetten, selbst in der ro-. }
then Farbe einige so tiefe Tinten, dafs man sie gar leicht für schwarz
ansehen würde. Was thut der Maler, um den Ungläubigen zu über- %
zeugen, dals er z.B. ein blaues Pigment vor sich habe? Er mischt
ihm etwas Weils bey, und nun spricht sich das’ Blau deutlich aus.
vom
ih
une Pine
a
ausgenommen es wäre sehr stark mit Gelb versetzt. Aber Gelb, Orange und
Roth, vorzüglich Schwefelgelb, Goldfarbe und Scharlach werden im Sonnen-
strale leicht blendend, und einem reizbaren Auge unerträglich.
.
Kagese mmchemn,
a ER wie
un
NT
ds
Bi
- ® 309
vr "lauen Pigmente auch Stralen vom. unzersetzten. Lichte von den
Theilchen des weilsen Pigmentes in das Auge gelangen?
Ich könnte hier schliefsen, wenn nicht die angeführten Ver-
suche und Beobachtungen noch einige Erläuterungen foderten, bey
welchen ich noch einen Augenblick verweilen muls.
.
| Es geht aus allen Versuchen und Beobachtungen hervor, dals
es allemal der Schatten, der vom stärkern Lichte geworfen, und
vom schwächern erleuchtet wird, sey, welcher blau erscheint. Nicht
_ eben, .als wenn dem schwächern Schatten nicht auch blaue Stralen
- beygemengt wären; sie werden aber von der Stärke des beleuchten-
- den Lichtes, wie leise Stimmen von dem Geräusche der Trommeln
und Trompetten, überschrien.
Wachslicht gehalten, den blauen Schatten gelb, den grauen blaulicht.
Das ist sonderbar, aber doch ganz der Theorie gemäfs. Der blaue
- Schatten, welcher auf der Seite des Wachslichtes lag, wurde nun
vorzüglich von gelben Stralen erleuchtet, dadurch wurden die schon
"a eher schwachen blauen Stralen unterdrückt, und der Schatten mufste
k P\ gelb erscheinen; er würde grün geworden seyn, wenn das Blau stär-
ker gewesen wäre. Diese Ursache wirkte noch stärker auf den
Im sechsten Versuche machte das gelbe Planglas, vor das
grauen Schatten, wenn das gelbe Glas vor das Talglicht gehalten
wurde, indem dieser schon für sich viel schwächer war.
N Aber warum wurde im ersten Falle der graue, vom Talg-
lichte beleuchtete, Schatten blaulicht, im zweyten der vom Wachs-
lichte beleuchtete blaue ‚deutlicher blau? Triumphirt durch diese
Erscheinung nicht die Rumfordische Meynung? Scheinbar wohl;
| aber die Sache selbst hat ihren Grund ganz gewils darinn, dafs
durch das Vorhalten des Glases die Lichtstärke gemindert, dadurch
aber
310 :
R
aber zugleich die Blendung und Ueberreizung des Auges aufgehoben
wurde, welche durch das zu viele Licht im erstern Falle die weni-
gen blauen Stralen in dem grauen Schatten, im zweyten in dem
blauen unterdrückte.
Diefs wird im siebenten Versuche noch deutlicher. Indem
das sattblaue Glas vor das schon für sich schwächere Licht gehal-
ten wurde, hob es seine Wirkung fast ganz auf, die Beleuchtung
war also äufserst schwach, und» aus dieser Ursache auch der ent-
sprechende Schatten. Wurde dieses Glas vor das stärkere Talg-
licht gehalten, so mufste eben der gerade vor ihm liegende, vom
Wachslichte geworfene Schatten durch die Menge der durch das
Glas darauf fallenden blauen Stralen blau gefärbt werden; da aber
nun durch diese Vorrichtung das Talglicht geschwächt ward, so
war nun das Wachslicht das stärkere, und unterdrückte die blauen
Stralen des gerade vor ihm liegenden Schattens gar sehr. Die
gelbe Tinte, welche sich hier einmengte, konnte nicht gerade vom
Schatten kommen, welcher dadurch nothwendig hätte grün oder
grünlicht ausfallen müssen, sondern kam vom Talglichte ins Auge,
das allemal einen ziemlich gelblichten Schein verbreitet.
Wie ward aber der Schatten dunkel veylenblau, wenn das
sattblaue Glas vor das Wachslicht gehalten wurde? Wohl darum,
weil dieses Glas fast keine andern Stralen als die blauen, aber
doch auch in einiger Menge die rothen, als die stärksten, durch-
liefs; die blauen machten das bereits vorhandene Blau des Schat-
tens noch dunkler, und die rothen theilten ihm durch ihre Beymi-
schung die Violeitfarbe mit.
Wenn aber die blauen Schatten durch Beugung entstehen, 4
so können sie nicht sehr breit seyn, und gleichwohl kommen sie
zuweilen in anschnlichen Breiten vor. Ich selbst erzählte in der °
achten Beobachtung einen ähnlichen Fall: die Schatten ganzer
Häuser
i zıı
Häuser waren blaugrau. Die Folgerung ist richtig, und die dage-
gen streitenden Erscheinungen sind optische Täuschungen. Wenn
sich der blaugefärbte durch den violettgefärbten Schatten in wirk-
liches Dunkel verliert, so geschicht es durch so unmerkliche Ab-
stufungen, dafs man keine Gränze wahrnimmt, wären auch vorher
die Farben noch so bestimmt ausgesprochen gewesen; das hat
noch weit mehr Platz, wenn die Farben auch am beleuchtetsten
Theile matt aufgetragen sind. Da kömmt es nun darauf an, was
für einen Eindruck man zuerst von der Sache erhalten habe. Sah
man anfänglich den wiıklich farbelosen Theil des Schattens, so
hat man Mühe, die schwache Farbe des nur zweydeutig erleuchte-
ten Theiles zu sehen; sah man zuerst den farbigen Theil, so glaubt
man die Farbe überall wahrzunehmen, weil man sie unmerklich ver-
Nielsen sa, Ich hatte für diese Erklärung einen sehr. treffenden
Beweis auf meiner Reise durch Tyrol im September ı808 erhalten. -
Es war etwa Mittagszeit, als wir, Hr. Hofr. Tiedemann und ich,
in der Nähe von Salurn auf der Strafse zwischen hohen Garten-
mauern hingiengen; die Sonne warf den Schatten der südlichen
Mauer auf die nördliche hinüber; wir selbst waren ganz im Schat-
ten, und sahen weder die Sonne, noch irgend einen directen Stral
von ihr. Hr. Hofr. Tiedemann sah gerade vor sich hin, und
nahm bey der höhern Richtung seines Auges das Blaue des Schat-
tens wahr; ich war auf die Pflanzen und Insecten aufmerksam, die
da vorkommen dürften, hatte daher meine Augen gegen den Boden
gerichtet, und sah nichts als ganz gewöhnlichen Schatten, hatte
selbst dann noch einige Mühe, ihn an seinen obern Theilen blau-
lich zu sehen, als ich bereits darauf zu merken erinnert war.
Gleichwohl waren unsere Augen in dieser Hinsicht gleich gut; aber
ich verfolgte den grauen Schatten aufwärts, und nahm aus Mangel
einer Gränze den Uebergang von Reingrau in Blaulichgrau nicht
wahr; er verfolgte ihn abwärts, und sah gleichfalls keine Gränze,
also auch kein deutliches Aufhören des Blaulichgrauen.
Fonte-
312
Fontenelle sagt irgendwo, dafs unser Loos einmal so sey,
uns vielfältig nur durch eine Menge irriger Hypothesen der Wahr-
heit zu nähern; oft erst, nachdem sie alle erschöpft sind, steht die
Wahrheit rein vor uns da. Wir müssen es dann den Männern, die
vor uns waren, Dank wissen, dafs sie alles das gesagt haben, was
man Unrichtiges von der Sache sagen konnte; indem der spätere
Forscher alles das prüft, stößst er, wie durch einen Zufall, auf die
Wahrheit. Diefs, glaube ich, war mein Fall.
@
313
Ze ___e_ze___ _ _ z_ _ LEZELEZEELCLELELIIER
XI.
Physisch - mathematische Abhandlung
über die
“Bewegung des Wassers in offenen Canälen ,
von
CARL Curıstıan LANGsSDOoRF
in Heidelberg.
Von den Vorarbeiten Anderer.
Gt:
Schon im Jahre 1775 beschäftigte sich Chezy, Director des Insti-
tuts für den Unterricht im Brücken- und Strafsenbau zu Paris,
mit diesem Gegenstande, und die Formel, die er damals hypothe-
tisch festsetzte, ist eigentlich diejenige, die wir bey hierher gehö-
tigen Berechnungen noch jetzt in Teutschland -als Näherungsformel
gebrauchen, und die wir gewöhnlich als die abgekürzte Dubuat-
sche oder als eine aus letzterer abgeleitete erwähnen.
Es sey nämlich auf eine Länge A der Wasserquerschnitt un-
veränderlich — mnrs (Tab. XIII Fig. ı), der Flächeninhalt dieses
Querprofils — w, der ganze benctzte Umfang mn + nr + rs __%;
40 der
314 - r
der Abhang der Oberfläche auf die Länge A—£, die Geschwindig-
keit des Wassers für diese Länge (die mittlere Geschwindigkeit
verstanden) — U, so behauptete schon damals Chezy, der Quotient
KU?
Ei a sey für alle fliessende Wasser in allen Betten immer gleich
Aal
grols. Wäre also für irgend ein Bett
Di UF
4 Me N,
A
so müfste für jedes andere Bett eben der Ausdruck zur Linken der-
selben Zahl N gleich seyn. Nur N ist hierbey eine unveränderliche
Zahl. Man hätte daher allgemein ‘
Bl (5)
so, dafs es nur darauf ankäme, mittelst mehrerer Beobachtungen
den Werth von N ein- für allemal zu bestimmen.
Ich habe in mehreren meiner Schriften die Ungerechtigkeit
gegen ihren Erfinder begangen, diese Formel, weil sie sich leicht
aus der Dubuatschen ableiten läfst, dem Ritter Dubuat zuzu-
schreiben. Erst durch die Recherches physico - mathematiques sur
la theorie des eaux courantes par R. Prony !) bin ich belehrt 7
worden, dafs die Ehre dieser Erfindung dem verstorbenen Chezy f.
gebühre, der zugleich mit Perronet arbeitete. Erst 1779 erschien
die erste Ausgabe und .1786 die zweyte von den jetzt überall be-
kannten Principes d’Hydraulique von Dubuat, worin dieser Schrift-
steller die Sache in weit grölserem Umfange, und man kann sagen,
mit einer Genauigkeit behandelte, die der Gegenstand: gar nicht”
&
zulälst. ° Bi
E
1) Eine Uebersetzung dieses Werks mit vielen von mir beygefügten Bemerkungen
ist, indem ich dieses schreibe, unter der Presse. Er
\ 315
zuläfst. Seine Beobachtungen und Schlüsse leiteten ihn auf die
. Formel
1 3
rw
net [toi]
ze X w
a en nee I —o1]
AR, 1 A 16 %
1 1ogn. (2416)
wo sich alle Maafse auf Pariser Zolle beziehen, und g’ — 362 ist.
Im Grunde führt aber diese Formel der Wahrheit nicht näher als
die weit einfachere chezysche, die aus der vorstehenden wieder
hervorgeht, wenn man ihre feineren Bestandtheile, die zur Correc-
tion dienen, wegläfst.
Späterhin kam Girard, durch eine Idee von Coulomb
veranlafst, auf die Formel j
ad j2
wo wieder N eine aus Beobachtungen abzuleitende unveränderliche
Zahl ist, und g’ die obige Bedeutung hat, nämlich dasselbe ist,
was bey teutschen Mathematikern durch g ausgedrückt wird.
Endlich legte auch Prony seine Meisterhand an die Vervoll-
- kommnung dieser girardschen Formel. Er sah ein, dafs es un-
gewils sey, ob es die Natur der Sache gestatte, U durch eine reine
quadratische Gleichung, wie es Chezy annahm, bestimmen zu wol-
len; dafs man aber auch noch dann dem Gange der Natur zu be-
-schränkte Gränzen vorschreiben könne, wenn man einen und den-
selben Coäfficient für die erste und für die zweyte Potenz von U
beybehalten wollte, wie Girard that. Er setzte daher (freylich
nach vielen, hier eigentlich ganz überflüssigen, RSpLuEhUngen erst
am Ende des gten Bogens)
. So 5
re 2U+BU,
L
Ao * wo
316
wo & und £ unveränderliche Zahlen bezeichnen, die aus Beobach-
tungen abzuleiten sind.
$2,
Schreibt man zur Abkürzung J statt = -und R statt — so
geben Girard’s Beobachtungen nach seiner Formel
U=— 0,5 + (0,25 -+ 8052,54. R J) Meter.
Die pronysche Formel giebt nach den dabey zum Grunde
gelegten Beobachtungen in Metern
U—— 0,07 + / (0,005 + 3233. R J).
Bezeichnen wir die Breite des Wasserquerschnitts in einem
parallelepipedischen Canale mit b, und seine Höhe oder Tiefe mit
b.h
I so istR — Dan
Es ist aber
ı Meter — 3,18725 rhl. Fuls,
also ha einerley mit UN bi
b+2h y 3,18725 b+2h’
wenn b und h sich auf rhl. Fulse beziehen.
Man erhält also '
3233 Bik statt 3233 le 5
| 3,18725 b+2h 3 oh ‘g
Hiernach bleibt nun immer noch in Metern
‚U=— 0, 0,004( >= J. R
7+vV@ BE )
=— 0,07 + yY (0,0049 + 1014. J. R) Meter,
wenn b und h in rhl. Fulsen ausgedrückt werden.
317
Soll sich also U auf rhl. Fufse beziehen, so mufs man zur
Rechten noch mit 3,18725 \ultiplieiren; dieses giebt
U — 3,187. — 0,07 + Y (0,0049 + 1014. J.R) rhl. F.;
also, wenn die in einer Sec. abfliefsende Wassermenge mit M be-
zeichnet wird, in rhl. Cub. Fulsen
DOME—3,187.:b h: (- 0,07 -+ Y (050049 + 1014. J. R)).
Die chezysche Grundformel
C w
U FEN UN ER
' v (> > VEI.R)
giebt vVN=
Nimmt man aus den dubuatschen Beobachtungen zusam-
mengehörige Werthe von U, ‘J und R, so findet man, U und R in
rhl. Fulsen ausgedrückt, sehr mannigfaltige Werthe für YN,zB.
— 80, — 90, — 100, — 120 etc. Setzt man die allzuweit von
einander abstehenden bey Seite, und nimmt aus den übrigen das
arithmetische Mittel, so kann man Y N — gı annehmen. So giebt
also die chez ysche Grundformel
Var, @ER
und II. M—o9ı. b.h. Y J.R Cub. Fuße.
Beyde Gleichungen (I und 16) setzen aber voraus,
ı) dafs längs dem ganzen Canale die Werthe von b und h unge-
ändert- bleiben; dafs also der Abhang der Wasserfläche zu-
gleich der Abhang der Bodenfläche sey:
2) dafs die Geschwindigkeit des Wassers nicht unter 3 Zollen,
aber auch nicht über 5 Fulse betrage. Wenn nämlich’ gleich
die Uebereinstimmung der Rechnungsresultate mit den du-
buatschen Beobachtungen bey den dabey Statt gefundenen
kleinsten
318
kleinsten und grölsten Geschwindigkeiten nicht nur nicht ge-
ringer als bey den zwischenliegenden ist, sondern häufig die
bey zwischenliegenden noch übertrifft, so ist man doch nicht
berechtigt, in den Anwendungen der Formeln weit unter oder
über die Gränzen hinaus zu gehen, innerhalb welchen die
Beobachtungen angestellt sind;
bh » : 2
- 3) dafs, wenn man EITah statt R schreiben will, ein parallele-
pipedischer Canal vorausgesetzt werden muls.
=
Da es indessen hier auf Annäherung ankommt, so ist es nicht
nöthig, dafs dieser Foderung in aller Schärfe Genüge geschehe.
Wären auch b und h nicht in aller Schärfe unveränderlich,
sondern, im Canale mit lothrechten Wänden, die kleinste Breite—=B,
die gröfste—b; die kleinste Wassertiefe — H, die grölste =h;
so würden die obigen Formeln immer noch ihre Brauchbarkeit be-
> und a kleine Brüche, z. B. nicht
halten, wenn nur
>0,I, wären, und nun für Breite, so wie für die Tiefe, ein gehö-
riger mittlerer Werth substituirt würde, wofern nur die Aenderung
von Breite und Tiefe jedesmal allmählig erfolgt, so dafs sie nur
einen kleinen Theil der Länge ausmacht, welche dieser allmähligen
Aenderung unterworfen ist. 2 ur
N
x
4
B
-
Ständen überdas auch die Seitenwände nicht lothrecht, son-
dern so, dafs das Quer - oder Breitenprofil ein Trapez wie mnrs
bildete (Fig. 1.);, wo mo—ts die Gröfse der Böschung ist, so
könnte man auch dann noch den Canal als einen parallelepipedi-
schen betrachten, indem man die mittlere Breite des Profils vao=b
,
setzt.
Unter
319
Unter diesen Voraussetzungen hat man also nach Chezy’s
Grundformel
bb
L*.- MW g1. ee ir un
ie es
2 MX M3.A
Dr Te ee er er
8281. &. b° 8281. & b?
Ib —_ MA NE A
8281... lan, 8281. Ch
Anm. Es ist keinem Zweifel unterworfen, dafs mit zunehmendem Werthe
von — der Werth von M endlich kleiner werden müsse, als ihn die
A
Formel no. I angiebt, und dafs diese Gleichung eine Aenderung ihrer
ge
® . . . 1
Form leiden müsse, wenn sie.z.B. bis zu_— = — brauchbar werden
A 20
soll. Man könnte z. B.
( — 2) + 91 statt gu
schreiben, und nun den Werth von n gleichfalls aus Beobachtungen
ableiten. Vermuthlich würde n nicht viel von 5 verschieden seyn,
Z
W435 ARE
so lange — < — wäre. Die bis jetzt angestellten Beobachtungen be-
RN 20
rechtigen aber nicht, einen Werth von n festzusetzen. Wir sind
daher auch nicht berechtigt, die vorstehenden Gleichungen auf Fälle
anzuwenden, wo & > 0,005 wäre. Dieser Satz mu[s mit der obigen
A
Bedingung no. 2 verbunden werden,
$. 3.
Durch die Bedingung (vor. $. no. 1) wird die Anwendbar-
‚keit der Formeln I und II ungemein beschränkt. Sie begränzt zu-
gleich die Bemühungen und das Verdienst bisheriger Schriftsteller
in Bezug auf diesen Gegenstand. Fürs erste versagt sie alle An-
wendbarkeit auf horizontale Canäle. Weil sie nämlich eine dem
Boden
320
Boden parallele Oberfläche des Wassers voraussetzt, so wird für
einen horizontalen Boden auch die Oberfläche des Wassers horizon-
tal. Allerdings kann dieses durch Herablassung einer am Ende an-
gebrachten Fallschütze bewirkt werden, indem man allen Ab- und
Zuflufs hemmt. Dann hat aber alle Bewegung. des Wassers ein
Ende; und doch weils man -hinlänglich, dals auch in einem hori-
zontalen Canale (d. h. mit horizontalem Boden) das Wasser ab-
fliefst, indem sich die Oberfläche selbst einen Abhang bildet. Die
allgemeinen Gleichungen I und ll geben M—o, sobald J=o wird,
also sobald ein horizontaler Boden angenommen wird, weiches ge-
gen die Natur der Sache streitet.
Wird der horizontale Boden nach und nach gegen den Ab-,
flufs hin abgeneigt, so wird zwar die Annäherung der Wasserfläche
gegen den Boden vermindert, aber nicht aufgehoben, so lange man
dem Wasser freyen Ablauf über den gleichförmig fallenden Boden
gestattet.
Die obigen Gleichungen gelten also nur in Fällen, wo a
ein kleiner Bruch, etwa nicht > 0,05 ist, und dann der gehörige
Mittelwerth zwischen h und H als durchgängige Wassertiefe längs
dem ganzen Canale angenommen wird. Dabey bleibt nun die Be-
stimmung von H der Gegenstand eines Problems, um das sich
Chezy, Girard, Dubuat und Prony gar nicht bekümmert
haben. Sie setzt die Verwandlung der obigen Gleichungen in an-
dere voraus, welche sowohl h als H enthalten. Auch kein teutscher
Schriftsteller hat bis jetzt dieses Problem zum Gegenstande seiner
Untersuchungen gemacht, ein Problem, das nur auf wirklich brauch-
bare Bestimmungen in Bezug auf die Bewegung des Wassers in
regulären Canälen abzielt, die bisher noch ganz fehlten. Es ist
sehr begreiflich, dals zuerst die. Theorie der Bewegung des Was-
sers in regulären Canälen näher berichtigt werden muls, bevor man
zu
MER
321
zu Anwendungen auf natürliche Flufsbette fortschreiten will; und
wenn man die folgenden Betrachtungen mit Aufmerksamkeit durch-
gegangen haben wird, so wird man um so mehr über neuere
Hydrotechniker erstaunen müssen, welche es wagen mogten, jene
Formeln so geradehin auf natürliche Flufsbette anzuwenden, und
dann aus den sich ergebenden Abweichungen die sonderbarsten
Folgen zu ziehen, die, anstatt zu beweisen, wie unbrauchbar hier
ı theoretische Untersuchungen seyen, im Gegentheil darauf aufmerk-
sam machen, wie unentbehrlich dem Praktiker tiefere theoretische
Kenntnisse bleiben, um sich nicht lächerlich zu machen. Die Be-
richtigung der obigen Formeln (I. und II. {. 2.) hat ihre grofsen
Schwierigkeiten, insofern es nämlich darauf abgesehen ist, ihnen
‚eine allgemeinere Form zu geben, unter der sie, für jedes Gefäll
des Bodens, wofern nur die Geschwindigkeit nicht über 5 Fulse
hinausgeht, anwendbar werden, so dals das Gefäll (des Bodens)
auch — o und selbst verneint seyn, d. h. dafs der Boden auch
! steigen darf. Die abgeänderten Formeln müssen daher nicht blos
| den Abhang der Oberfläche oder den Abhang der gesammten Was-
sermasse, sondern auch den des Bodens als Bestimmungsstück ent-
| halten, und es mufs dabey zugleich darauf Rücksicht genommen
| werden, ob das Wasser freyen Lauf hat, so dafs es am Ende
| frey herabstürzen kann, oder ob es irgendwo durch einen Damm
oder Fallschütze u. d. g. aufgeschwellt, aufgestaut, aufgestämmt ist. '
Ich habe mir diese Untersuchung hier vorgesetzt, und halte
mich zunächst an die Formel (I* $. 2), die ich unter der Voraus-
h—H
iR setzung (|. 3), dals
P I
etwa nicht > rue als Näherungsfor-
o
'
mel gelten lasse.
Bey der grofsen Schwierigkeit, dieser so sehr beschränkten
Gleichung die vorhin erwähnte allgemeinere Form zu geben, werde
ich zweyerley Wege versuchen. Es kommt dabey darauf an, nur
Aı solche
32%
solche Voraussetzungen zum Grunde zu legen,.die der Natur des
Gegenstandes angemessen sind, und nun alles übrige der Analysis
zu überlassen, die der neuen Gleichung eine Form geben muß,
welche sich von selbst in die ursprüngliche ($. 2. I*) verwandelt,
sobald man darin H—h setzt, welches die Voraussetzung ist, wel-
che Chezy bey seiner Grundformel zum Grunde gelegt hat. So
entgeht man der Gefahr, Inconsequenzien zu-begehen, denen man
in Untersuchungen dieser Art so sehr ausgesetzt ist,
Erste Methode
£&xb:.h>
A. (b+Fah) ($. 2. 1.*),
zur Verallgemeinerung der Formel M — gı. V
% G. .4.
Aufg. Es sey die Wassertiefe im ‚Canale (Fig. 2) nicht
mehr unveränderlich, sondern am Anfange desselben -
Y Dr h;
am Ende ey —=H; N
die unveränderliche (mittlere) Breite des Breitenprofils —b ;
die in jeder Sec. abfliessende Wassermenge — M,
das absolute Gefäll von 3 bis y oder Bd—ay=z,
die Länge ya, die hier allemal mit der Länge der hori-
zontalen «ß einerley gelten kann, —A,
das absolute Gefäll des Bodens By — es, %
jedes von Y aus auf yx genommene Stück wie ya=x,
die zugehörige Ordinate 4 —y,
&’y wie die x ß horizontal.
Man soll zwischen H, h, b, e, A, x und y eine allgemeine Glei-
ehung unter der Voraussetzung finden, dafs für Fälle, wo H nicht 2
. 5 « b* h® $E |
merklich von h verschieden ist, genau genug M=9ı. Y $
Albtzh)
- Aufl. IN
werde.
373
Auf. 1. Die vorstehende Gleichung läfst sich auch so
schreiben;
«bh
%(b+2h)’
wo bh die Fläche des angenommenen ersten Querprofils, und das
a.bh
Ab+o.h
profil durchfliessenden Wassers ausdrückt. Bey bestimmten Werthen
von &, b und A bleibt der Ausdruck für die‘ Geschwindigkeit im
angenommenen ersten Querschnitte, dessen Fläche — bh ist,
a.bh
A.(b+r2h
Querschnitten — h bleiben. Sind aber diese veränderlich, so än-
dert sich jener Ausdruck für die Geschwindigkeit im ersten Quer-
schnitte ab. Ist nämlich die Wassertiefe in der Entfernung x vom
ersten Querschnitte überhaupt — y, und y veränderlich, so hängt
jene Geschwindigkeit im ersten Querschnitte von dem Gesetze ab,
nach welchem y durch x bestimmt wird. Ich suche daher den
M—9ıbh. Y
Product gı. Y die Geschwindigkeit des durch jenes Quer-
= 9I. Vv
‚ wofern die Wassertiefen in allen folgenden
mittleren Werth von V auf die ganze Länge A. Findet
h
b+2h
Sn RS N So an
Weil aber hier gar wohl die Wurzel aus dem mittleren
a für den mittleren Werth von Y KR ıy ge-
b+.zh b+2.h
nommen werden kann, so will ich ersteren, d. h, den mittleren
Werth von
Werthe von
— > setzen; dann wird
h
b+2h
M— gr. b.h. ee ee
41? 2.
324 \
2. Es hat aber auch diese erleichterte Bestimmung von 3
noch ihre grofse Schwierigkeit, die sich indessen ohne merklich
nachtheiligen Erfolg durch die Voraussetzung heben lälst, dafs jener
mittlere Werth & genau genug gefunden wird, wenn man die Be-
rechnung so anstellt, als wäre die Oberfläche des Wassers eine
schiefe Ebene. Für diese Voraussetzung wird
A—x h—H
= 706-9 (4)
also :
bh’ pay .— b+-2H+?2 (k—-H),
und nun iR
a
En r .d
Re ee N
* (©
x
3 Esyamb+au+ SM ,=;,
also
‚z2-(b+2M)
7 abe Hy N 3
und
dı—_ de Ir
We ig
so wird obiges Integral -
A
Se ——e nn. — b logn.
0 -H (z ogn. z) + C,
welches für x = o, also hier für z— b + 2 h verschwinden
muls. Daher 2
3
|
'\ Figkeit.
325
= ‘ı
= nm 6m. (togn. (b--21)—Iogn.(b-+21))]
oder
I — b ogn 2 — n 2
2—t ae N der h) — logo. (b+2H)),
Hiermit verbindet man die Gleichung
hi
M= gı. bh. Y2. 3,
91 Fr:
$. 5
Zur Prüfung dient die Untersuchung des Resultats, welches
die Formel für H — h giebt.
Für diesen Fall wird h als veränderlich behandelt,
logn. (b-+ 2h) — logn. (b+ 2H) — dlogn. (b+zh)
wue2z.edch
= b+ah
.,2.(6 — HM).
BIREEN BEN fg
also
Sag b 2(h—H)
na CH) ba
4b+h—ib
k b+ah
; E h
—p-+F2h
wie es nach der chezyschen Grundformel seyn soll.
Nur zeigt sich noch in der Bestimmung von & einige Schwie-
Ein
326
Ein Theil des ganzen Gefälles, welcher nämlich allen
Wassertheilchen im Canale zukommt, ist e ($. 4.); der übrige
Theil h — H kömmt nur den Wassertheilchen in der Oberfläche
zu; den tiefer liegenden gehört nur ein Theil von h —H.
Man denke sich durch # (Fig. 2) eine Parallele mit der
Oberfläche gezogen, so kömmt der Masse H. b. A das ganze Gefäll
s+ H— hau; die wirklich fliefsende Masse ist für jeden Augen-
blekg ea A; ich setze daher für die gesammte Masse
2
wen AN Hm
b. A
also. nunmehr allgemein
bH. —H . In. —In.(b-
©.) a e b. (In. (b+2h)—In =.
Auch diese Formel bleibt noch der chezyschen Grundfor-
mel getreu. Setzt man nämlich H — h, wodurch zugleich e=£
wird, so giebt sie
IE
M — ——
9 DE Va
$. 6.
So langeh>H ist, bleibt 2H<H-+-h, also auch x<e--h—H.
Für H—hwirda—e+h—H; und für H> h giebt die obige —
Gleichung für x den Werth von z>e 4 h—.H, d.h. den mittleren
Abhang der ganzen Wassermasse grölßser als den der Oberfläche;
in demselben Verhältnisse, we 2H>h-+ H ist, wie sich gehört. 4
Daher gilt die Formel © des vor. $. nicht nur für H<h, sondern + |
auch
*
327
auch für H—h und selbst für H>h. Sie gilt also auch für das
aufgeschwellte Wasser Fig 3, wo zu > Y2 ist.
$ 7-
Für horizontale Canäle, d. h. für Canäle mit horizontalem
Boden wird e — ni also
B. bh. nn (h a: (R—H— $b. (logn. (b+2h) —logn. (b+2H))).
$. 8.
Beym Gebrauche, welchen man von der allgemeinen Formel
(© $- 5) macht, hat man schon angelegte Canäle von solchen, die
‚erst noch angelegt werden sollen, sorgfältig zu unterscheiden.
Werden nämlich die gegebenen Bestimmungsstücke von einem wirk-
lich angelegten Canale hergenommen, so hat man nie zu fürchten,
_ Data neben einander zu stellen, die nicht neben einander bestehen
können. Dieser Fall könnte aber eintreten, wenn man für einen
erst noch anzulegenden Canal ‚sämmtliche Bestimmungsstücke bis
auf eins, welches gesucht wird, vorschreiben wollte. Ich unter-
- scheide daher gegebene, d. b. von einem schon vorhandenen Canale
hergenommene Bestimmungsstücke von vorgeschriebenen, die man
für einen erst noch anzulegenden nach Belieben festsetzt. Im letz-
teren Falle hat man wiederum Canäle mit freyem Laufe von Ca-
nälen mit verhindertem Laufe zu unterscheiden ($. 3).
Bey jedem erst noch anzulegenden Canale giebt es ein Paar
Bestimmungsstücke, die nicht beyde zugleich nach Belieben vorge-
schrieben werden können, sondern so von einander abhängen, dals
sie nicht einzeln, sondern beyde zugleich aus den übrigen Stücken
bestimmt werden müssen. Dahin gehören bey freyem Laufe die
'Gröfsen h und H, die H und M, die h und M, die H und s, die
hund e, die H und b, die h und b, die H und A, und die h und
A. Oder: beym Jreyen Laufe können nie h und H zugleich vor-
geschrieben
328
geschrieben seyn; folglich mufs allemal entweder h oder H Bere
werden; aber ausser h oder H immer noch eine en
Bey verhindertem Laufe, wie Fig. 3, verhält sich die Sache
anders. Lassen wir anfänglich die Fallschütze ganz nieder, so wird
H=:-h; die Oberfläche wird horizontal; es ‘erfolgt gar keine
Bewegung und es wird M—o. Wie wir nun die Fallschütze all-
mählig erheben, fängt die Bewegung an und der Abiluls durch den
ersten Querschnitt b. h wird allmählig grölser, je höher wir die
Fallschütze aufziehen. Hier findet neben jedem Werthe von h jeder
beliebige von H statt, nur dafs H<e-+h bleiben mufs, und dafs
zu jedem anderen Werthe von H auch ein anderer von M gehört,
nämlich ein desto gröfserer, je höher wir die Fallschütze aufziehen.
Doch kann dieses Wachsen von M nur bis zu einer gewissen
Gränze fortdauern. Die Bewegung nähert sich nämlich bey Er-
höhung der Fallschütze immer mehr dem freyen Laufe, bis endlich . N
der immer tiefer sinkende Spiegel frey durch die Schützenöffnung
hinstreicht, also das Wasser ganz freyen Lauf gewinnt.
Hieraus folgt:
Beym freyen Laufe ist der Werth von M allernal ein
Maximum, und der von H ein Minimum. Ich will
: jenen immer mit M®, und diesen mit H“) bezeichnen.
Daher gehören beym freyen Laufe allemal zwey bestimmte Werthe
von M und H, nämlich M®” und H, nothwendig zusammen, so
dafs, neben nd übrigen Bestimmungsstücken, ‚keine dieser beyden
Gröfsen beliebig vorgeschrieben werden kann.
7:
Ist aber nicht gerade freyer Lauf vorgeschrieben, sondern
auch Aufschwellung gestattet, so kann neben den vorgeschriebene
Werthen von A, e, b und h auch noch H oder M vorgeschrieben
und hiernach M oder H gesucht werden, wofern nur der vorgeschrie-
I
. bene
’ 379
bene von H > H@® oder der vorgeschriebene von M< M®) ist.
Denn für H finden alle mögliche Werthe Statt, die zwischen H%
und e+h-—.H fallen, und so auch für M alle mögliche Werthe,
die zwischen M” und o (Null) fallen.
7 $. 8.0)
Die vorstehenden Bemerkungen ($. 6) bestimmen den Ge-
brauch der allgemeinen Formel (®. $. 7). Hierzu gehört nun noch
folgende Erinnerung. Blos in Bezug auf das arithmetische Verhalten
der Gröfsen gegen einander könnte bey verhindertem Laufe der
Gleichung (©) nicht nur durch H > H®, sondern auch durch
H<H® Genüge geschehen, wie wir aus der Analysis wissen. Aber
F die Voraussetzung H <H®), welche arithmetisch gar wohl gestattet
ist, kann physisch nicht angenommen werden. Man thut also wohl,
wenn man bey den anzustellenden Proberechnungen mit gröfseren
_ Werthen von H dıe Probe macht, und dann zu kleineren fort-
2 schreitet. So lange man für abnehmende Werthe von H zuneh-
mende von M Bader, ist man sicher, dafs man noch nicht H <H®)
BE anen habe; dafs also der so herauskommende Werth von H,
welcher der Gleichung Genüge thut, auch physisch richtig ist. Fin-
- det man aber für einen abnehmenden Werth von H auch einen
-abnehmenden von M, so hat man H <H) und mußs also die Ver-
suche mit gröfseren Werthen von H machen.
«Hat man Berechnungen für freyen Lauf anzustellen, also H®
und M”) su sucken, so bleibt man bey demjenigen Werthe von
ıH stehen, welcher den Werth von M grölser giebt, als ihn kleinere
und größsere Werthe von H- geben. Die Gleichung (®. $. 5) ist
identisch, und man mufs daher den Gedanken aufgeben,
die gesuchten Gröfsen aus ihr auf directem Wege ableiten zu wol«
len. Man mufs sich Proberechnungen gefallen lassen. Da man sich
‚aber sellıst bey algebraischen Gleichungen, wenn sie auf höhere
‘Grade steigen, einer ähnlichen Arbeit unterziehen muls, und in den
42 hier
330
hier vorkommenden Fällen keine grofse Schärfe nöthig ist, indem
selbst die chezysche Grundformel solche nicht zuläfst, so wird
man sich in vorkommenden Fällen gern dazu bequemen.
$. 9. a
Um hier nichts zu übergehen, was zur genaueren Kenntnils
unseres Gegenstandes gehört, soweit wir dabey einzudringen ver-
mögen, muls ich noch folgende Bemerkung beyfügen. Die zum
Grunde gelegte Betrachtung der Wasserfläche als eine schiefe Ebene.
kann in Bezug auf die Bestimmung des Werthes von M, und daher
auch von b und e keinen bedeutenden Fehler geben. Da aber aus
der Natur der Sache leicht einzusehen ist, dafs Unterschiede in
Werthen von M beträchtlich kleiner in Bezug auf M seyn müssen 8
als die Unterschiede der zugehörigen Werthe von H in Bezug auf
H, so ist natürlich zu erwarten, dafs die aus jener Voraussetzung B:
einer schiefen Ebene abgeleiteten Werthe von H mit denen, welche
eine Begründung auf die wahre Gestalt der Wasserfläche geben
würde, nicht so gut zusammenstimmen, als die aus diesen verschie-
denen Gestalten der Oberfläche abgeleiteten Werthe von M. Be-
sonders hat dieser Umstand Einflufs auf das Verhalten zwischen H
„und A, oder h und A, wenn z. B. gefragt wird, in welcher Ent-
fernung (für welchen Werth von A) vom angenommenen ersten
Querschnitte die Wassertiefe noch — H seyn werde. Die von des
schiefen Ebene etwas abweichende hohle Gestalt der Wasserfläche
stand in dahin gehörigen praktischen Fragen keinen bedeutenden
Nachtheil.
EEE,
x
g3!
Berechnungen
zur ersten Methode für horizontale Canäle.
r $. 10.
Für Canäle mit horizontalem Boden hat man ($. 7)
$: bH !
M—gı.bh. y Kern (h—H— 3b. In. (b+2h)—In.(b+2H)),
also auch
82g1. b’h° H. [h—1— tb. (in. (b-+ 25) — In. (b+2M)) ].
$, (Hrh), ME
A
Diese beyden Gröfsen M und A sind die einzigen, welche
sich hier geradezu berechnen lassen, doch aber nur in dem Falle,
wenn die gegebenen Bestimmungsstücke von einem schon angelegten
Canale hergenommen sind. Für erst noch anzulegende Canäle muls
_ allemal entweder H oder h mitgesucht werden, wenn von freyem
* Laufe die Rede ist; bey nicht freyem- können die vorstehenden
beyden Gleichungen zwar als directe Bestimmungen gebraucht wer-
= ‚den; doch mufs der vorgeschriebene Werth von M nicht > Mm)
seyn, und der vorgeschriebene von H nicht < HC), Wenn. man
_ also nach der letzteren. Gleichung A berechnet hat, so muls man
' aus den Werthen von A, b, h und einem Werthe von H, welcher
j ‚etwas kleiner als der vorgeschriebene ist, den Werth von M nach
der ersten Gleichung berechnen. Findet man diesen gröfser als den
_ vorgeschriebenen, so können die vorgeschriebenen Werthe von M
und H Statt finden, und der gefundene Werth von A kann beybe-
_ halten werden.
In Rücksicht auf die Genauigkeit von A s. den vor. $.
Es würde überflülsig seyn, hier alle einzelne Aufgaben be-
sonders vorzutragen. Die folgenden sind zur Erläuterung der hier
- anzustellenden Berechnungen hinlänglich.
p.
Az * G: 18,
33° RT:
a} N. 20T,
Aufg. Für einen anzulegenden horizontalen Canal werden
h,.b und A für die Voraussetzung eines freyen Laufs vorgeschrie-
ben; man soll H und M finden. -
Aufl. Aus |. 6 weils man, dafs hier der Werth von M ein
Maxim, werden mufs; letzteres muls aber nothwendig eintreten, so-
H s :
er [b—-H—1:b. (In. (b +2 h)—In. (b+2M)]
ein Max. wird.
bald nur
Diesen Ausdruck will ich mit A bezeichnen.
fe
VETERAN re
Man suche also denjenigen Werth von H, welcher das Max.
von A giebt oder A”); dann hat man
b. A@)
Mm) = 91. bh. Y -
A
Ex. Es soll ein 1000 rhl. Fufs langer Canal zu ı0 Fuls breit
angelegt werden; der Boden soll horizontal liegen, und das \WVas-
ser am Anfange desselben 3 Fufs hoch stehen; man soll die in
jeder Sec. abfliessende Wassermenge bestimmen, freyen Lauf
vorausgesetzt.
ra 1 ne
Hier darf die Wassertiefe am Ende des Canals nicht auch
noch vorgeschrieben seyn; wenn man sie aber auch nicht zu wis-
sen verlangte, so mufs man sie dennoch suchen, um M zu änden. F 1
Es ist aber A —= 1000; h=3; b= ıo. Man findet also j
I. Für H = 1,2 Fuls. RB;
H _.12 2 logn. (b+ 25h) = 5,0751738 — In. 10 j
h+H 42 7°. loga. (b-+2H)— 48202815 — In. ro
h-H— 138. Diff. — 0,25489233 CE
b+2h= 16,0. ERS 4 ö
b-2H— 122 — 1,2744615. ui
Also A = (1,8 — 1,2744) = 0,1501. a
= ; 2.2
I.
Also
und
333
Für H. =: 1,3. 3
A! In.(b+2h)= 5,0751738 — In. 10
J+H 343 lo. (b+2H) — 4,8362819 — In. 10
h—H — 1,7. Diff. — 0,2388919
b+2h — 16,0. MB
b+2H-= 12,8. — 1,1944595,
15 5
A =, (1,7 — 1,1944) = 0,1528.
Pa
Bir 3 — 1,4:
IK. 1.007 In. (b+ 2 bh) = 5,0751738 — In. 10
urEH, a4 ar: In. (b+ 2H) — 48520302 — In. 10
h—H = 1,8. Diff. — 0,2231436
b-+z2h — 16,0. >,
b+2H= ı238. _ — 1,1157180.
= z. (1,6 — 1,1157) = 0,1541.
Kür. H==T,5,
RE In. (b-+ 2h) = 5,0751738 — In. 10
SEHE Tr In. (b+2H) — 4,8675344 — In. 10
h—H=— 15. Diff. — 0,2076394
b+2h== 16,0. Br
8 22H 13,0. — 1,0381970.
A= —. (1,5 — 1,03819) — 0,1539.
Man sieht hieraus (no. II und IV vergl. mit no. III), dafs
man mit er Genauigkeit (no. III)
AM) — 0,1541
setzen kann; also
Mm — gr. 10.3. V >
H = 1,4 Fuls
3.0,1541
— 107 Cub. Fufs. rhl.
1000
Des
3 rer
Des Wassers Geschwindigkeit ist demnach
10
Anfange des Canals — 197 — 3,57 F.,
am Anfange des Canals = 3,57 Es
i Bm ind. .. . „nt. 7,64 F..
10.1,4
Sie überschreitet also nach und nach die Gränze, innerhalb wel-
cher der Gebrauch der Formel fallen sollte.
Die vorgeschriebene Gränze erfodert, dafs die Geschwindig-
keit wenigstens auf keinem merklichen Theil der ganzen Länge
über 5 Fufs betrage. Hiernach dürfte also —, nicht > 5, also H
10.
E 10 3 . P .
nicht < — oder nicht < 2,14 werden, um die Formel mit Sicher-
10.
heit zu gebrauchen. Für Geschwindigkeiten, die über 5 Fufs hinaus-
gehen, wird der Widerstand allmählig gröfser, als ihn die Formel
voraussetzt. Es wird daher der Werth von H, welcher A” giebt,
grölser als 1,4 Fuls seyn; er mufs zwischen 1,4 und 2,14 fallen.
Da aber der Widerstand nur allmählig mit grölseren Geschwindig-
keiten grölser wird, als ihn die Formel voraussetzt, und auf mehr
als + der ganzen Canal-Länge die Geschwindigkeit weniger als 5
Fuls beträgt, so könnte H doch nicht über höchstens 1,6 Fuls
hinaus fallen, und man wäre immer berechtigt, M wenigstens — 100
anzunehmen. (s. Anm. zum folg. $.)
ip Sy nr v-
$. 12.
e
Aufg. Für einen anzulegenden horizontalen Canal werden
h, H, b und A vorgeschrieben, ohne freyen Lauf zu bedingen;
man soll entscheiden, ob der Forderung für H Genüge geschehen
“kann, und für diesen Fall zugleich M finden.
ITS
Aufl. Man suche aus der Gleichung für MS. 10) den Werth
von M; dann berechne man M auch noch für einen Werth von H, 2
der .?
998
Ä
2
3192
der kleiner als der vorgeschriebene ist. Findet man letzteren
gröfser als den zuerst berechneten, so findet der angenommene
Werth von H, folglich auch der berechnete von M Statt.
Ex. Es sey A = 1000, b = 10, h=3; dabey soll das
Wasser am Ende des Canals noch 2 Fufs hoch stehen. Man fragt,
ob dieses Statt finde, und wie viel Wasser in diesem Falle in jeder
Secunde abfliessen werde?
Die allgemeine Formel für M ($. 10) giebt zuerst
2
A PIE @ — 5. (In. 16 — In. 14) )
= 0,4. (I — 5. 0,1335314 )
= 0,1329372
und nun
M' =. 91.908 Y SALE
1000
== 00,5 Gub: BR,
Anm. Jeizt wäre eizentlich erst noch zu prüfen, ob die Gleichung, für
H< 2, gröfsere Werthe von M gebe. Die im vor. $. schon geführ-
ten Berechnungen machen aber hier diese "Prüfung überflüssig.
Ausserdem hat man jedesmal noch auf die gröfste Geschwindigkeit
Rücksicht zu nehmen, welche das Wasser im Canale, jedesmal da,
wo man den kleinsten Querschnitt hat, erlangt, Der kleinste Quer-
= schnitt ist hier b.’H = 20, also .die Geschwindigkeit in demselben
— 995 = 141975 Fuls, fällt daher noch innerhalb der vorgeschriebe-
20
nen Gränze. Hierdurch wird dann auch die Richtigkeit des Resultats
am Ende des vor. (, bestätigt.
$. 13.
Aufg. Für einen anzulegenden horizontalen Canal werden,
ohne Bedingung des Jreyen Laufs, h, b, A und M vorgeschrieben;
man
336
man soll entscheiden, ob diese Bestimmungsstücke alle neben einan-
der bestehen können, und für diesen Fall H finden.
4Jufl. Aus unserer allgemeinen Gleichung folgt
Mm. A H f PR
ee [h—H— ib. (In. (b+=h) — In. b-+2H))].
Der ganze Ausdruck zur Rechten heise A, so suche man
denjenigen Werth von H, welcher ;
MX
8281. b° h# ar
giebt.
Dann untersuche man, ob für einen etwas kleineren Werth
von H der von A gröfser werde. In diesem Falle hat die Aufgabe
Statt, und der gefundene Werth von H ist der gesuchte.
Anm. Zu dieser letzteren Prüfung ist selten noch eine besondere Rechnung
nöthig, indem sich die Beurtkeilung schon aus den Werthen von A
ergiebt, die man für die verschiedenen \Yerthe von H erhalten hat.
Ex. Es sey h=3, b=2, A= 1000 vorgeschrieben; der
horizontale Canal soll in jeder Sec. 20 rhl. Cub. F. Wasser abfüh- °
ren. Findet dieser Werth von M Statt, und wie grofs ist dann H?
2
Ich berechne nun zuerst den Werth von hr ; und
; M? A
find —— 7,
5 8281. b’ h? 7
-
Es soll also
rt G- H— 5. (In. 16 — In. (10+2 m)) = 0,0053%7
werden. Ich finde nun
Z ee s - 837
2 : I. Für H = 2,2 ”
B.° de: (0,8 — 5: (In. 16,0 — In. 14,4))
’ E Pe 52 ’ P} ,
. =: (0,8 — 5. 0,1053605 )
= 0,11558.
a Für H = 27
A = 22 $ 0,3 — 5. In. 16,0 — In, ı
57 ( 3 — 5: ( KA 54))
= = (0,3 — 0,191106) Bo ii
— 0,0515.
| UI. Für H = 2,95
‚A = nn 0,018 ----. s % 4 . ä
2
W. Für H = 2,97
A = 227, 0,0I121 = 0,00557.
= } 597 j
Ri \ a 8
eV;: Für H = 2,98 L
17298
598°
. 0,00748 = 0,00372.
ee FEN Man darf es sich nicht hebemdin lassen, dafs die beyden so wenig
Er Ya „versehiedenen Werthe von H (IV und V) so sehr verschiedene Werthe
SE von A geben. Denn hier koınmt es auf die verschiedenen Abhänge der
Oberfläche an, also auf h— H; diese Differenz ist ne. IV —3 — 2,97
= 0,03; hingegen no. V = 3 — 2,98 = 0,02; also no. IV um die
en 43 Hälfte
e Hälfte gröfser als no. V. Und so ist auch 0,00557 um die Hälfte gröfser
als 0,00372, welches in diesem Falle der Natur der Sache angemessen,
weil sich die Werthe von M?, die man aus no. IV und no. V. erhält,
sehr genau wie die verschiedenen Abhänge der Oberfläche verhalten
müssen, und das Verhältuifs der WVerthe von A mit dem der VWVerthe
von M einerley ist. Es liegt also hierin eine neue Bestätigung der
Brauchbarkeit unserer allgemeinen Formel,
$. 14. r
Aufg. Für einen anzulegenden horizontalen Canal sind h,
H,‘ und M vorgeschrieben, ohne freyen Lauf zu bedingen; man
soll entscheiden, ob der Forderung Genüge geschehen könne, und
für diesen Fall b finden.
>
Aufl. Unsere allgemeine Gleichung giebt
Nat, |.
er =» [1-12 (io. @+21) — In 642m) ]
Die Gröfse zur Rechten heilse A, so suche man denjenigen
Werth von b, welcher
Fer X. (H+h).M?
8281. bh.
giebt. Dann untersuche man, ob für einen kleineren Werth von H
der VWVerth von ar h A gröfser werde ; in diesem Falle findet die
Aufgabe mit dem gefundenen WVerthe von b statt.
Ex. Esseyh= 2 Fufs {rhl.), H= 1,5; A= 1000 und M=10
. €. F. vorgeschrieben; können diese Vorschriften Statt finden, und
wie breit mufs dann der Canal angelegt werden ?
A. (H+h). M® .
8281.h’.H Se
A.(H+h). M’ _ 1000.3,5.100
8281. bh’. HH... 8281.4.1;5
Ich berechne zuerst den Werth von
= 7;94.
Es
j
e
. 339
Es mufs also b so genommen werden, dafs man A = 7,04
finde. Man findet aber
1. Für en =2
=$ ee" — (la. 6 — In. 5)) offenbar zu Klein.
o
I. Für b= 2,5
A = 15,625. (0,5 — 1,25. (In. 6,5 — In. 5,5)))
Ä noch zu klein, z
I, Für b= 27
A = 19,68. (0,5 — 1,35. (In. 6,7 — In. 5,7))
= 19.68. 0,28178
— 5,54.
IV. Für b = 35
A = 43,975. (0,5 — 1,75. (In. 7,5 — In. 6,5))
= 42,875. (0,5 — 0,250426)
= 10,707:
V. Fürb = 3,r°
A = 29,79. (0,5 — 1,55. (In. 7,1 — In. 6,1))
= 29,79. 0,2646
= 7,882.
vı. fürrb=3 Bug?
A=an (5 — 1,5. (In. 7 — In. 6))
“= 27. 02687
= 75255.
Ohne weiter’ rechnen zu dürfen, ersieht man hieraus, dafs b
zwischen 3 und 2,9 fallen, doch aber näher an 3 als an 2,9 liegen
müsse. Man hat daher hinlänglich genau
b= 2,97 und A = 7,04. y
43 ® Man
340 e- g
“ e2
Man hat nur noch zu prüfen, ob die vorgeschriebenen Werthe
von H, h und M neben einander Statt finden.
Für H = 1,4 F. wird
. A = 26,2 (0,6 — 1,48. (In. 6,97 — In. 5,77)
* = 8,395 °
H ER
und HA: A — Br 9,395 — 3:45:
Vorher war
©
H 1,5
HIER As as 7,04 = 3,01.
Demnach finden die vorgeschriebenen Werthe Statt, und man kann
= 2,97 oder schiechthin b = 3 Fuls nehmen.
Die grölste Geschwindigkeit des Wassers im Canale ist
Io
2.155
also noch innerhalb der unserer Formel vorgeschriebenen Gränze.
= 34 Fufs,
$. 15.
Aufg. Für einen anzulegenden horizontalen Canal'sind A,
H, b und M vorgeschrieben, wie bisher ohne Bedingung des freyen
- Laufs; man soll entscheiden, ob die vorgeschriebenen Werthe neben
einander Statt finden, und wie grofs dann b seyn müsse. _
Aufl. Unsere allgemeine Gleichung giebt
A. M? h? .
Sr HIER: ["—#— 1b. (In. &+21) — In. (b+2M) )],
Wird nun die Gröfse zur Rechten mit A bezeichnet, so
suche man denjenigen Werth von h, welcher
: \. M?
DE et
8281.. H
giebt.
Dann
N ’ 341
"Dann untersuche man, ob ein kleinerer Werth von H den
“ . * ” *
von H. A grölser giebt. Findet sich dieses, so finden die vorge-
schriebenen Werthe Statt, und der gefundene Werth von h ist der
gesuchte.
Ex. Es soll ein Mühlgraben mit horizontalem Boden zu 1000
Fufs lang und ı0 Fuls breit angelegt werden; das Wasser soll am
Ende 2,5 Fuls hoch vor der Schützenöflnung stehen und dabey in
jeder Sec. 20 Cub. Fyuls Wasser abfliessen. Kann dieser F orderung
Genüge geschehen, und wie grols muls h werden ?
Ich finde zuerst
A. mM’ __ 7 1000. 400
8285..b* 3.77 8282.1009: 2,5
= 0,91932.
Es soll also h sc genommen werden, dafs A — 0,0193 werde,
wenigstens beynahe. Ich finde nun
I Für h —= 2,6 Fuß.
6,76
. Bi au a Er (01 nr (In. 15,2 — In. 15))
676
ey: [s.
= 0,0337 zu grols
I. Für h= 2,55
6,502
er 05 — 5. 15,1— In ı
5,07 (o 5 5 (In, 5, 5) )
1719508
5010
IM. Für h = 2,54
645
SEHEN le — In. ı
A er (0,04 — 5. (In. 15,08 5))
. 0,0267 zu grols.
Man
342
Mar sieht, dafs der Werth von h, welcher genau A=-0,01932
giebt, nur unmerklich von 2,54 verschieden seyn kann. Er ist schr
genau — 2,545. Auch ist leicht zu übersehen, dals bey einem so
geringen Abhange des Wasserspiegels von nur 0,045 Fuls oder 0,54
Zoll auf 1000 Fuls der Werth von H, A gewils zunehmen müsse,
sobald man H kleiner nimmt.
Auch fällt die gröfste Geschwindigkeit des Wassers im Ca-
nale innerhalb der Gränze, welche auf unserer Formel vorgeschrie-
ben ist. Es ist also b — 2,545 der gesuchte Werth von b.
Berechnungen
“ zur ersten Methode für Canäle mit gleichförmig abhängigem Boden.
$. 16.
Bey Betrachtung abhängiger Canäle, worunter ich hier alle-
mal Ganäle mit abhängigem Boden verstehe, hat man es mit sechs
Bestimmungsstücken zu tbun;, A, h, H, e, bundM (9. 4). Die
allgemeine Gleichung zwischen diesen 6 Gröfsen findet man oben
($. 5: ©).
Auch hier hat man freyen Lauf (Fig. 2) und verhinderten
(Fig. 4) von einander zu unterscheiden. Bey horizontalen Canälen
mulste allemal H<h seyn; bey abhängigen kann nicht nur H=h,
sondern sogar H>h seyn, und die allgemeine Gleichung behält in
jedem Falle ihre Gültigkeit ($. 6). Nur mufs s+h— H bejaht
bleiben, oder e+h>H seyn.
$. 17.
Aufg. Es werden h, b, A und e vorgeschrieben; man soll
die zusammengehörigen Werthe von H und M für ‚freyen Lauf
finden.
Aufl.
3143
4ufl. Die allgemeine Gleichung ($. 5. ©:) giebt
r.M: H.(e+h—H) b. (lg. (b+2h)—In. Eon
| Io ee 3
8281. b’. h? H+h 2. (h—H)
®
Der ganze Ausdruck zur Rechten heifse A, so suche man
denjenigen Werth von H, welcher A") (das Mar. von A) giebt;
alsdann hat man €
bh: A)
M®) — gr. Et erh
gu.YV N
oder
(m)
MW) — gı. bhy = 5
und der zugehörige Werth von H ist zugleich ein Minimum.
Ex. Wenn man einen 1000 Fufs langen Mühlgraben zu 10
Fuls-breit anlegt, in welchem. das Wasser am Anfange 4 Fuls hoch
steht, und dessen Boden auf die ganze Länge 2 Fufs Fall hat; wie
hoch wird das Wasser vor der Schützenöffnung stehen, und wieviel
wird in jeder Sec. abfliessen ? ;
Bier ist A= 10005; b= 10; h=4; e=2. Ich finde nun
I. Für H = 3,5 Fufs
A 3,5- 5 „980 10. (In. 18 — In. 17)
7:5 2. 0,5
= 1,166. (IT — 0,57158) = 0,5.
a a— 3624 (, _ 1% (la. 18 — In. 172))
Hi. mie 98
sers im Canale
und Ba das Resultat weniger sicher,
sen Fall M angeben.
und berechne aus h, H, b, A und e den VVerth von A, so erhält
man hiernächst
sit OEEe
MU. Für H = 34
€ _ 10. (In. 18 — In. =,
754 1,2
= 0,488.
*-
Man sieht, dafs sehr genau #
R Am) 40,
seyn muls; also
H® — 3,6.
Hieraus wird nun
a 10. 0,5
Mm — 91. 10. 4. V a
— 91: V 8 = 257, Gub. Buls:
Da die Wassertiefe am Ende des Canals 3,6 F. beträgt, also
hier am kleinsten ist, so ist die gröfste Geschwindigkeit des Was-
257
ea a Fufs.
ET 7,14 Fuls
Am Anfange des Canals ist sie
257
Se ee ARE:
man 42 Fuls,
$. 18. Mi
'Aufg. Für einen anzulegenden abhängigen Canal werden h,
H, b, A und e& vorgeschrieben, ohne freyen Lauf zu bedingen;
man soll entscheiden, ob die Forderung Statt finde, und für die-
° Aufl: Man verstehe unter A dieselbe Gröfse wie im vor. (.
AM?
rt > En a
|
I
A M?
ET ke
also j
91. bh.yYbA
Mu
VA
- oder auch
.bA
M— gI. bh. Y Tat
Man berechne nunmehr auch aus h, H’, b, A und s, wo ich
unter H’ einen Werth verstehe, der etwas kleiner als der gegebene
H ist, den Werth von A. Ist dieser grölser als der vorige, so fin-
den die vorgeschriebenen Bestimmungen Statt, und der gefundene
Werth von M ist der gesuchte. Im entgegengesetzten Falle können
die vorgeschriebenen Bestimmungsstücke nicht neben einander be-
stehen. S. die Anm. zum folg. $.
$. 19.
Aufg. Man will durch einen abhängigen Canal von der
Länge A und Breite b in jeder Sec. die Wassermenge M ableiten;
die Wassertiefe am Anfange des Canals sol = h, am Ende = H
seyn. Man soll e bestimmen.
Aufl. Die Bedingung des freyen Laufes fällt, wie vorhin,
weg. Zur Abkürzung setze man den Werth von er: =,
so giebt unsere allgemeine Gleichung
(H-+h). N
H. ( % u LEN;
2.(h—H)
e+h—H—
also
in rain SAH DENE ir. Vor
a0 ® „(In @+ 2) —In (b+=M)N
2. In nee —ynr.
Man berechne nunmehr aus A, b, e, h und H’ (in der Be-
deutung des vor. {.) den Werth von M nach (®. {. 5). Findet
man diesen grölser als den vorgeschriebenen, so finden die vorge-
schriebenen Bedingungen Statt, und der gefundene VWVerth von &
ist der gesuchte.
Anm, In allen Fällen, wo H>h Bedingung ist, mufs nothwendig zu H/ ein
gröfserer Werth von M gehören, als zu H. In solchen Fällen erhält
man also im vor. $. den Werth von M und im jetzigen den von : alle-
mal richtig, ohne dafs eine besondere Prüfung hinten nach anzustellen
wäre,
Ex. Wenn in einem 1000 Fufs langen Canale zu Io F. breit
in jeder Sec. 60 C. F. VWVasser abfliessen sollen, so dals die Was-
sertiefe am Anfange desselben 2 F., am Ende (vor der Schützen-
öffnung) 3 Fufs beträgt; wie grols ist das absolute Gefälle «, das
man dem Boden geben muls ?
Hier ist. X = 10005; b= 10; h=2; H=.3; M -- 60. Ich
finde nun zuerst
107,00. 2E00 SR AT Da:
"8281: 1000.4 , 8agı [6
ferner .
In. (b+2h) = 2,639057
In. (b-+ 2H) — 2,772588
Di#. — — 0,133531;
also :
3 +2) 810897, __
3. (1 — Io. 2) 2
= a 33 — 1,54 Fuße.
\ . $- 20.
ir
4
847
$. 20.
Aufg. Für einen anzulegenden Canal werden h, b, A, s
und M vorgeschrieben; man soll entscheiden, ob der Forderung
Genüge geschehen könne, und für diesen Fall H finden.
Aufl. A habe die Bedeutung wie |. 17, so suche man den-
jenigen V\erth von H, welcher
A. M?
————A
8281. h? b®
giebt.
Dann berechne man aus h, b, A, e und H’ (s. $. 18) den
Werth von A. Findet man diesen grölser als den vorstehenden,
so finden die Bestimmungsstücke Statt, und der gefundene \Verth
ron H ist der gesuchte.
Ist der gefundene Werth von H>h oder auch nur wenig
kleiner als h, so bedarf es dieser Prüfung nicht,
Ex. Es soll ein 1000 Fuls langer Canal zu Io Fufs breit an-
gelegt werden; am Anfange desselben soll das Wasser 2 Fuls hoch
stehen; der Boden soll ı Fuls Gefäll erhalten, und in jeder Sec.
sollen 30 €. F. Wasser abiliessen; geht dieses an, und wie grofs
müfste dann H werden?
Hier ist
aM 10007°b — Ton = a Hte Je WM 3905
2+h ist — 3; also muls H<3 seyn.
Ich finde nun zuerst
dm BE 1000. 0900 — 0,0271;
8281. b’ h? 8281. 4000 .
und nun ferner
44 ® I.
3./sHür)Hr 32,5:
A 2,5:05. (1 __ 10. (In. 14 — In. 3),
4,5 at
— 0,086.
U. Für H = 2,6
ah 2,6. 4 (1 __. 20. (In. 14 — In. a)
4,6 — 12
= 0,2261. 0,3147 = 0,0711.
III. Für H = 3,8.
- . (In. — In. 15,6
a — 28:02 (1 __ Io. (In. 14 — In. 15, ).
5 48 Ki — 1,6
== 0,0375.
IV. Für H — 2,85
A = 0,0319.
V. Por, H0— 2,9
A = 0,0194.
VI. Für H = 2,86
A.==.0,0268.
Nun sollte aber A — 0,0271 seyn; also müfste eigentlich der
Werth von H zwischen 2,85 und 2,86, aber doch näher an 2,85
fallen, z. B. — 2,858 genommen werden, wenn so feine Bestim-
mungen hier Statt fänden. Man kann daher H — 2,86 beybehalten.
$. ar.
Aufg. Für einen anzulegenden Canal sind h,‘, e und M
vorgeschrieben; man soll b finden. Es wird dabey freyer Lauf
bedungen.
Aufl.
319
Aufl. Aus unserer allgemeinen Gleichung (©. $. 6) folgt
A. (H+h). M? AR ( b. (In. (b-+2h) — In. (b+2H))
het. rn Re
8281.h.H.e+h— HN) ‚2.(h —H) )
Weil aber hier nicht zugleich H vorgeschrieben seyn kann, so
setzen wir dafür
A.M: beH.(e+h—M) b. Se LEER)
In 238 Bel:
g281.h? H+H 2. (h—H)
wo b und H zugleich bestimmt werden,
Der ganze Ansdruck zur Rechten heifse A. Man suche nun
zu einem angenommenen Werthe von b für nach einander folgende
Werthe von H die zugehörigen Werthe von A, dann ebenso für
einen 2ten Werth von b und nach einander folgende Werthe von
H die zugehörigen Werthe von A; ebenso für einen zten Werth
von b u. s. f., bis man jedesmal auf das zu dem angenommenen
Werthe von b gehörige A(m) (Max. von A) kommt. So kommt
man also nach und nach auf verschiedene Werthe von A(m),
Derjenige Werth von Am), welcher — wird, be-
8281. h
stimmt das Ende aller Rechnung, und die zugehörigen Werthe von
b und H sind die hierher gehörigen.
Ex. Es sy A=1000; e=1; h=3;M=20
»Ich finde zuerst
A. M® __1000.400
Ar == 67.
8281. h? 7 g281. 9 9807
Hier, wo freyer Lauf bedungen ist, mufs H< h genommen
werden; also H<3. Die Berechnung giebt nun
1.
350
T.ARuarib’= 2lund:H == 38
Pape 8.1,8.2,2 (1 ML (In. 8 am In. =)
4,8 2,4
— 6,6.0,7028 — 4,6384.
I £fürb =2;H = zr
A— E19 (1 __ 2. (In. 8 — In. 2)
5,1 18 f)
—= 6,2588. 0,7168 — 4,4863.
IN. Ffürb —2,H = 16. ;
7 8.1,6.2,4 (1 _. 2: (n.8— In. 2
4,6 2 2,8
— 6,6783. 0,6923 —= 4,6233.
Man sieht hieraus, dafs, für b—2, A), welches — 5,367
seyn soll, zu klein ausfällt; dals man also b noch etwas grölser
nehmen müsse.
IV: Bürabi = au. He = r,8 .
:+h-H=3%2 h
b’H.(e+h— H) = 36,672
Zieh 4,8
In. (b+2h) = In. 81 = 4,394449 — In. 10
In. (b+ 2H) = In. 5,7 = 4,043051 — In. 10
Diff. —= 0,351398
} 2.(h—H) = 24;
also .
N
48 2,4
— 7,64. 0,6925 — 5,2908.
1 0 2 2 |
sıth—H =2
p°’H.
AP RAR R
351
b’H.(e+h— H) = 37,044
Hrh=s
.(b+2h) = In. 81 — 4,394449 — In. 10
In. (b+2H) = In. 6,1 = 4,110874 — In. ı0
Diff. = 0,28357
2h— D)=3;
also
na rer,
5 2
= 7,409. 0,70224 — 5,2029.
VL Fürb = 21; H = 16
et+h —H= 24
b’h.(e+h— H) = 9,261. 1,6. 2,4 —= 35,56
56246
In. (b+ 2 h) = 4,394449 — In. 1o z
} (br 20) 3.970292 77 In. 10
Diff. = 0,424157
2(h—H) =28
ISO E a
2,8
=7,7304. 0,6819 = 5,271.
Man übersieht hieraus, dafs für b— 2,1 der Werth von A)
schr genau zu H= 1,8 gehört; und man kann ohne Bedenken
b=:2,15'und H.=41,8
setzen. Die Geschwindigkeit des Wassers im Canale ist da, wo sie
— 2 _ — 5,17 und weicht also im Ganzen
2,15.1,8
nicht merklich von der festgesetzten Gränze ab.
am grölsten ist, —
w eine,
352
$. 22.
Aufg. Für einen anzulegenden Canal sind, ohne Bedingung
des freyen Laufs, H, h, A, e und M vorgeschrieben; man soll
entscheiden, ob der Forderung Genüge geschehen kann, und für
diesen Fall b finden.
Aufl. Die Gröfse zur Linken in der ersten Gleichung des
vor. {. heifse N, die zur Rechten A, so suche man denjenigen
Werth von b, welcher A=N macht.
Dann berechne man aus h, A, e, b und H’ (s. {. 18) den
Werth von M nach der allgemeinen Gleichung. Findet man solchen
grölser als den vorgeschriebenen, so findet die Aufgabe Statt, und
der gefundene Werth von b ist der hierher gehörige.
Ist H > h oder nur nicht viel kleiner, so bedarf es dieser
Prüfung nicht.
Ex. Es sy A\=12000, e=ı, h=ı10, H= 10,6 und
M — 4000 C. Fuls; man soll b finden.
Ich finde zuerst |
A. (H-+-h). M® __ 12000. 20,6. 16000000
8281. 100. 10,6.04 8281. 424
= 4126202.
So grofs soll also A werden.
Setzt man b— 250, so wird
A = 15625000. 0,0760 — 1187300,
und man erhält nun mit überflülsiger Genauigkeit
N
a
oder in einer ganzen Zahl
b = 243 Fuß.
A eh ne Di ee
he
Ä
B
“
.
“
ee
a
ur
au.
= ee
Dam
be;
Die gröfste Geschwindigkeit im Canale ist uur
N ia ‚also <2 Fuß.
10. 242,5
2
Bey Anlegung schiffbarer Canäle hat man hauptsächlich
zweyen Vorderungen Genüge zu thun: ı.) dals die Tiefe den gröfs-
ten zur Schiffahrt auf einem solchen Canale bestimmten Schiffen
gemäls sey, also,nirgends unter ein bestimmtes Maafs fallen dürfe,
und 2.) dafs die Geschwindigkeit in eine bestimmte Gränze einge-
schränkt sey. Bey Bestimmung der letzteren kommt es darauf an,
ob die beladenen Schiffe gröfstentheils aufwärts oder gröfstentheils
. "abwärts fahren. Im ersteren muls man für eine kleinere Geschwin-
digkeit sorgen als im letzteren, Aus der Beschaffenheit der zur
Fahrt bestimmten gröfsten Schiffe giebt sich sowohl die -erfoderliche
geringste Tiefe als die geringste Breite, welche man dem Canale
vorschreiben kann, also der Werth von b. h und von b. H; und
aus der gestatteten gröfsten Geschwindigkeit ce giebt sich dann auch
M==c.b.h oder = c.b.H, nachdem h oder H kleiner ist.
Soll ein Canal in einen Flufs eingeleitet werden, so dafs der
Boden bey der Vereinigung mit dem Flusse in der Tiefe H’ unter
der Oberlläche des Flusses liege, so hat man schon H, A, b und
M als Data, und man hat uoch h und e zu bestimmen. Am be-
Quemsten ist es nun h—H zu nehmen, welches e = 2 DER ADENN"
ER
giebt.
Die Höhe der Erdoberfläche ‘an der Stelle, wo der Canal
seinen Anfang nehmen soll, über der Oberfläche des Flusses, in
den er gelührt werden soll, sey — H”, so ist die Tiefe des Canals
am Anian,e, bis zu welcher er ausgegraben werden muls, = H”—e.
45 Diese
35+
Diese könnte aber zu bedeutend seyn, um an ihre Ausführung zu
denken. Unsere Formel dient, dieses näher zu beurtheilen.
‚Wäre z. B. V W (Fig. 5) eine Linie auf der Erdoberfläche,
wo sich ein fliessendes Wasser befände, das durch einen schiffbaren
Canal mit dem Fiusse (oder auch dem Meere) bey K verbunden
werden sollte, so könnte die Höhe ‘über der horizontalen B A zu
beträchilich seyn... Wäre z. B. BA = 16500 Fuls, DB —= g0, so
BA
1600 , 200°
wäre das relative Gefäll von Dnach k =
Ich will annehmen, es dürfe b nicht unter 18, undh=H
nicht unter 4 Fufs genommen werden, so hätte man
"die entstehende Ge- 2 18.4
2 Kae
Diese ist für die Schiffahrt viel zu grofs, auch wenn man nach den
ER EN ee: — 10,7 Fuß.
schwindigkeit 7
oben vorgetragenen Bemerkungen in Bezug auf die Gränzen der
Anwendbarkeit der Formel nur g F. annehmen wollte.
Fände man aber die Geschwindigkeit der Schiffahrt nicht
unangemessen, so hätte man doch noch auf einen zweyten Umstand
Rücksicht zu nehmen.
‚Es_könnte nämlich die zur Ableitung bestimmte Wassermenge
M zu klein zu seyn. Lieferte z. B. das tliessende Wasser bey D 300
Cub. Fufs in jeder Sec., so fände die Anlage von D nach K nicht
Statt. Jetzt mülste e so genommen werden, dals in jeder Sec. nur
3oo C. F. Wasser abfliessen. Man hat nämlich
re A.(b+2h) M* _ 16000. 26. 90000
HEBESL IB hr 02 92817 5832.164
— 12,06 Fuls.
355
Es müfste also der Canalboden in AC herab so tief gelegt
werden, dals BC= 12,06 F. würde; diese gäbe DO — 80 — 12,06 —
beynahe 68 Fuls. Einen Canal aber, der, wenigstens bis auf eine
gewisse Strecke hin, 68 Fuls tief ausgehoben werden mülste, wird
wohl Niemand im Ernste in Vorschlag bringen,
Man wird in diesem Falle den Canal von D nach RK hin an-
legen, und darin mehrere Schleussen bey BE, F, G und H anbringen.
Am Anfang einer jeden Abtheilung, bey m, soll die Wassertiefe — h;
am Ende, bey n, =H seyn. Ausserdem sind M, b und — gegeben.
Hieraus hat man nun die Länge einer jeden Abtheilung und ihre
Anzahl zu berechnen. Ich bezeichne nun die Länge einer jeden
Abtheilung mit A’ und das absolute Gefäll des Bodens mit e* (auf
ER & 4 .
die Länge A’). Setzt man = a, 50 hat man e — a.X’; dieses
statt e, und A’ statt A in die allgemeine Gleichung ((. 17) gesetzt,
giebt den Werth von A’.
Zur Abkürzung sey
M:® DAR,
8281. b’ h* 7: ?
b. (In. (b+2H) — In. (b-+ 2 h))
I — ————u 1220227000 5
2.(H—h)
— 3
so wird
H. (@AA’+h—H)
‘ zer er rar
N,.Al= Ich A
_ HAa _, _ HA .(H—h)
7 H+h' H+h .’
also
5 HA. (HT —h)
nn HAa-N. (Asch):
h 2
45° Im
..356
Im vorstehenden Falle ist h = 4 Fuß, a= - — Rn.
A - 16000
0,0055; b= ı8g; M— 300. Die Gröfse H können wir den Um-
ständen gemäfs festsetzen. Damit nun der Abtheilungen nicht zu
viele werden, weil der Schleussenbau kostbar ist, so wollen wir
H = ıo Fuls annehmen. Hiernach finden wir nun.
N. (H-+h) — _900 14 _ _ 0001630
( ) 8281. 5832. 16 2 ars
- Er 18. (In. 38 — In. 26)
2. 6
3. (3,637586 — 3,258096)
=!
— 0,43076;
also
et 10. 0,43076.6
10. 0,43076. 0,005 — 0,00163
u PRPRENI
folglich die Anzahl erfoderlicher Schleussen
160200
Es ist aber 12. 1292 nur — 15504. Man kann also einer - $
jeden der 12 Abtheilungen eine Länge von 1292 F. geben, und den
. Ueberrest von 496 F. zur ızten Abtheilung bestimmen, die an ih-
rem Ende die 13te Schleusse hat.
Für jede der ersten 12 Abtheilungen ist das Gefäll des Bo-. n
1292
*
dens e' — — 6,46 Fufs, welches für diese ı2 Abtheilungen
| zusammengenommen e — ı2. 6,46 — 77,52 Fuls beträgt, und für
ß 5
die ı3te noch 29° _ 2,48 F., also für alle zusammen 77,52 + 2,48
200 i
— 80 F., wie erfodert wird.
x Das
357
Das absolute Gefäll des Wasserspiegels in jeder der ersten
ı2 Abtheilungen wäre hiernach, bey beständigem Abflusse von 300
C. F. in jeder Sec.
@+h— H= 646 +4 — Io = 0,46 F.
= 5,52 Zoll.
Die Rückfahrt der Schiffe, um sie aus der Tiefe K auf die
. Höhe bey D zu. bringen, wird durch Einlassung derselben aus dem
Flusse RK in die Abtheilung no. I und dann durch nach einander
folgende Erhebungen aus jeder Abtheilung in die nächstfolgende
mittelst des. Wassers selbst bewirkt.
®Ich habe hier nur im Allgemeinen auf solche Anwendungen
i hindeuten wollen, ohne, wie es sich von selbst versteht, mich ins-
besondere in die Mittel zur Anlegung schiffbarer Canäle einzulassen.
s Berechnungen
zur ersien Methode für Canäle mit gleichförmig steigendem Boden.
ö $. 24.
Es sey #’y (Fig. 6) horizontal und xy dy das Längenprofil
eines Canals mit steigendem Boden, &ß der 43 gleichlaufend;
ay=Hundyö=h, so ıst
» das Gefäll der Wasser-
fläche auf die ganze =yd— (ex tay)=h—e—H,
Länge ?y oder A
wofern die Höhe & «’ mit e bezeichnet wird.
Wenn man aber bemerkt, dafs das Gefäll des Bodens in
diesem-Falle verneint ist, also der Werth von e verneint ausge-
druckt werden mufs, so bleibt das Gefäll der Wasserfläche auch
im jetzigen lalle
=h+:—H
Dieses
®
Ei
——
358.
Dieses Gefäll kommt der ganzen Masse zwischen x ß und 423
zu, die =H.b.A ist. Die wirklich abfliessende Masse ıst aber auch
H-+h
hier (wie |. 5) = at b.‘; daher wie oben
_ 2H.(+h—H)
a DEN
Es hat also die Formel $. 5. © eine noch gröfsere Allge-
meinheit als $. 6 erwähnt worden; sie gilt für bejahte VVerthe
von e, für e=o und für verneinte Werthe von e; nur mit der
schon oft wiederholten Erinnerung, dafs die Geschwindigkeit des
Wassers nicht viel über 5 Fufls betragen soll, weil sonst die Re-
sultate der Formel für die Ausübung desto unsicherer werden, je
mehr die Geschwindigkeit über 5 F. hinausgeht. Die bisherigen
allgemeinen Auflösungen finden also auch hier ihre Anwendung; ich
will daher für den jetzigen Fall nur einige Berechnungen in Bey-
spielen beyfügen.
$. 25.
ı. Ex. Es werden für den frepen Lauf folgende Werthe
vorgeschrieben: A = 1000 rhl. FF, b=10,h=4,e=—2; man
soll H und M finden.
Man verfährt ganz so, wie oben {. ız. Dah+es—H, also
hier 4,—2— H bejaht seyn muls, so muls H <2 werden. Die
Berechnung giebt nun
I. Für H = ı Fufs
H(cs b—H _
7 a DR
In. (b+2h) = in. 18 = 2,890371
In. (b+2H) = In. 12-= 2,484406
Diff. = 0,405465; B
also
359
also ,
o
A= 0.1. Ci _ er
= 0,0684.
U. Für H= 0,9
H.(e+h—H) &
Tann " 0,20204.
In. (br =2h) = In. 18,0 = 5,192957 — In. 10
In. (b+2H) = In. 11.8 = 4:770684 — In. 10
Diff, = 0,922273; ’
also
A= 02 y — 422273
' 0,20204 (i =
= 0,06443.
MI. Für H= 1...
H.(e+h—H _
ren a
In. (bF=2h) = In 18,0. = 5,192957 — In. ı0
; In.'(b+2H) = In. 114 = 47 36198 — In. ıo
1 Diff. = 0,456759;
also
6
A = 0,1846. 450759
en ( 5,6
= 0,0340.
Aus diesen 3 Werthen von A läfst sich schon erkennen,
dafs schr genau
A) — 0,0648 :
_ angenommen, also HV% = ı F. gesetzt werden könne.
Daher nunmehr
Magie Vs 20: ©9648
= 91. 4 V 0,0648 = 92,6 C. F.
Am
360
Am Anfange des Canals ist also die Geschwindigkeit
2,6
SE = ee 5
am Ende a 9,26.
> ERICH ide)
Da hiernach die Geschwindigkeit des Wassers schon vor der
Mitte des Canals die Gränze von 5 Fufs überschreitet, und diese
Ueberschreitung nach und nach immer gröfser wird, so ist das
Piesultat zuverläfsig etwas zu grols, und wird nicht wohl über 8
Fuls angenommen werden können, und eben darum auch M nicht
über $o C. F. Genauere Correctionen für solche Fälle setzen erst
noch hinlängliche Beobachtungen bey Gesch winigh hen voraus,
welche «mehr als 5 Fufs betragen.
Es sind aber auch die in der Ausübung vorkommenden Fälle
EA : SE :
bey weiten am meisten so beschaffen, dafs n viel kleiner, und da-
her auch n beträchtlich gröfser als in vorstehendem Ex. ausfällt.
1 e
$. 26.
2. Ex. Es werden, ohne Bedingung des freyen Laufs, fol-
gende Werthe vorgeschrieben: A — 1000; e = — 1; — de)
h 4, und H —= 2; man soll entscheiden, ob diese Bestimmungs-
stücke alle zugleich Statt finden, und für diesen Fall M berechnen,
(s. oben {. 18.) Man erhält hier
H. (e+h— By...
Bee
In. b+2h) = In. 18 — 5,192957 — In. ı0
In. (b+2H) = In. 14 — 4,941642 — In. 10
—
Diff. = 0,251315;
also =»
Ze ns
+4
‘
{
-
|
also
A=ı(ı- a — 0,1239.
Setzt man nunmehr H = 1,5, so wird
cha eu ER
: Pag Tee
In. (b+2h) = 5,192957 — In. 10
ln. (b+2H) —= 4,867534 — In. io
Diff. = 0,325423 ;
also gr
= 0,1428.
A — 0,4991. (1 — >)
' Hiernach könnte man zwar veranlafst werden, die Aufgabe
für unstatthaft zu halten, weil jetzt A kleiner als vorhin gefunden
worden is, Man muls aber diese Prüfung mit einem Werthe von
H anstellen, der nur wenig kleiner als der vorgeschriebene ist.
Man setze nun H = 1,9; so wird
H.(+h—H
irn een 5 means 0,3543
In. (b+2h) — 5,192957 — In. 10
In. (b+2H) — 4927253 — In. 10.
Diff = - 0,265704;
‚also
aaszet
A = 0,3543. (1 — ) = 9,1254;
dafs also für diese kleine ST von H der Werth von A
schon gröfser wird, als für den vorgeschriebenen YVerth von H.
Es bleibt demnach
A = 0,1219
46 und
352
[2
und 'nunmehr
M = 9ı. 40. V- Er = 364. Y 0,1219
— 127 Cub. r. #
Jetzt ist des Wassers gröfste Geschwindigkeit im Canale E
— 227 — 6,35 Fuß. |
20 : j
Am Anfange ist sie = IRAfeL 3,17; also fängt sie erst über der 3
40
Mitte hinaus an die oben bestimmte Gränze zu überschreiten ‚ und
die gröfste Ueberschreitung ist nicht schr bedeutend; daher man
etwa,120 C. F. beybehalten kann.
Berechnungen 7
zur ersten Methode für Canäle, bey welchen Tiefe und Breite
zugleich veränderlich sind.
Seen,
Ich nehme nun an, es sollen die beyden Seitenwände eines
Canals der Länge nach divergirende Ebenen seyn; am Anfange des
Canals sey die Breite mn — b, am Ende desselben op=B; in
der Entfernung x, vom Anfange gerechnet, gr=v (Fig. 7), so ist
r=b+r 5 (B—b).
-
Diesen Werth statt b oben $. 4. 6) pe giebt
An @+7:9 ee EN
ne wurzR ran Em,
|
x
363
hu Dr, am. ,
A A .dx
A a Fa,
o
— #
=
Zur Abkürzung setze ich
B—-b+2.h—- D)=-N
b+2H+ 2 ne,
A
‚so wird
f (@— (b+2M). Aa
k 3 = 1 Dan
N
SIR Hz
IIEES:
und der Integral- Ausdruck —
dx
Vi N N. dz
el (2—(b+2H))*. x: " Nz
——_
AbH B—-b.H+h—H.b _ z—(b+2M
Eu SIEH Eer2i ,,
= ne.
a (h—H). (z— (b+2H))*. A
STE AT T Tr 'dez
N 2
au ar a LÜBBE r. (2—(b+2H)ln.z)
B—b).h—H). r
+ EIMZDN er (b 2) Ya:
46 ® Es
364
». Es ıst aber
er ®— 2(b+2B).z+ (b + 2H). In. z.
Z
Da nun das ganze Integral für x —o, also für z=b+2H
verschwinden muls, so wird dasselbe vollständig —
an (in. EURE 21) + (B.— b). u N
x (.—-b+2W—-(b+:2M. (In. z — In. (b+2#)).)
ee, GM) ( 3(2°—(b+2H)?)— 2 (b+2H). (—(b+2H)))
+ (b+2MH)*. m 2 —In.(b+2H))
Es ist aber „=b+t2B+. x; also
N
z— (b+2H= zw
und, fürx=A,
= x N,
also
z—-bt2H + N=B-+t2h-
und
2 —b+:WM)—N.
Daher für die Länge A obiges Integral —
(In. B+2h) — In. (b-+-2M))
—_b).H-+(b—H).b
„nut *.[N—&+21). (In. (+26) —In. (b+2M)) ]
NER -+(b-+2H)?. (In. (B+2h) — In. (b+2M)
Die
Fi nl u Pr
B-b). —B). „ 2(N®+2N (bt2H)) — 2N. (b+2H)- )
EWR TV SA A erh
ee 365
Die Summe der drey logarithmischen Glieder ist
bH ((B—b) H+(h—H).b).(b+2H)
N TORFRRERETT N:
„@-b. Dh 6b+2M (In. B+ 2b) — In. b+2M);
die Summe der übrigen Glieder ist
b—H) ba er H, hb—H a!
= #9 rn + Er EN 5
demnack
M—HM.b B—b h_H Eee)
2 = — [art un
Hm + (B—b).H+(h—H)b).(b+2H
<) BR ER ” PriN } . (In.(B+=h) —
+IEN N?
+ (B—b). h—H). (b + 2B) In.(b+=2H))
N:
und nunmehr
FM bi H=N 3).
Wird B—b, so verschwinden die Glieder, welche B— b
als Factor enthalten, und ®s wird
> _(b—-M.b bH (h—HM.b.(b+2 >)
e272.Q00H G (h— H) 4 (h — bj?
x (In. (b+2h) — In. (b + 2H))
(2bH--b.(b+2M).(h—H)
4. (h — HB): ze
x (In. (b+2h) — In. (b+2 M))
N
ıb+
b:
Fa:
völlig so wie oben |. 4 am Ende, wo nämlich b. & mit dem jetzigen
& einerley ist.
‚=:b—
(In. (b+2h) — In. (b+2M)),
völlig
366
Wird UPrecERn H—h, so wird N—B-—-b, und
e Eee a): (in @+2b) — In. (b+2h))
oder
ent N (in. B+ 2b) — In.(b + 2h)).
Diese Formel mufs für jeden Werth von B gelten, also auch
für B= b. Für diesen Fall wird
In. a nie (b+.2h)
. B-—b
— bFa»
also
ER HM? B=b _(b+rz2h. H-—.2H
IR Beh brshT N Bra
. oder, weil hier H — h ist,
TA
—b+2h?
also r
& bh
rel Yl Era
wie sich gehört, weil dieses die Formel für den Fall war ‚ wo BB)
und B=-b vorausgesetzt wurde. ”
$. 28.
Man hat also jetzt die Be Formel
ME al um, b+r (H+(—H). — Na EN
Sr hE N
ARE bH _ As H+(h—BH).b). (b+2H)
RR BIS ETSETIEER TE NIEREN: \ >
+ BD. b-MW.b+aHt
N’
x (In. a Ta (b+2H))
-wN=-B-—b+2(kh—B) ist.
Der
N -
: 897
Der Gebrauch dieser Formel erhellet aus dem Vorhergehen-
den. Ich belasse es daher hier bey der folgenden Anwendung.
$. 29.
1. Ex. Es sey A= 12000; b=10; B=20; h=4, und
e—2; man soll M für den freyen Lauf finden,
Auch hier ist H schon durch die übrigen Stücke bestimmt
und kann daher nicht auch noch vorgeschrieben werden; man muls
H zugleich mit M suchen. Es kommt hier wieder nur darauf an,
denjenigen Werth von H zu suchen, welcher MC") oder nur das
Maximum für den Werth der Grölse zur Rechten in der Gleichung
des vor. |. giebt, weil hiermit zugleich das Max. von M zusammen-
hängt. Ich finde nun
= v
| |
I. Für H — h, wo die Gleichung ©. $. 27 gilt.
h - erh — Hi 37 3%; 7 in..(B, 2 by =: 373322045
- 2 HP, 1,1392 In. (b + 2 h) = 2,8903717
m. Ei
i Berbitiso Diff. — 0,4418328 ;
also
= 4 — 3,2. 0,44183 — 258614
DS 2
ee 5,17228 ' i
Wäre auch B — b, so hätte man nur & 3 — 4,4444.
=
IL Für H — 3,8
h— H=o02;. e+h—H= 22;
NZ Ta HE 202
Die Ab. 20
er nr
nn.
..
#
x 3 0,19231
j te 0,961
er N == 104 TIEF 9 54
368
älso
N-26b+raB a Or 2 17,6 = — 1,3157
2N 20,4
bH 38
—_ 0 6
(B—b). H + (h—H)b = 38 + 02. 10 — 40
M-2— 168,10; N? — 1724,864
(B—b) (k—M) (b + 2H)' — ıo. 0,2. 309,76 — 619,52
In. (B+2h) —= 5,6347896 — In. 10
In. (b+2H) —= 5,1704840 — In. 10
Diff. — 0,4643056 ;
(e+h—H). 3 —=3,2. [19231 + 0,96154. (3,8— 0,2.1,2157)
__40. 17,6 619,52
* (965384 — 056” zungen)" 0,4643 ]
o
= 2,2. (0,19231 + 3,41977 — 1,06984)
= 2,2. 2,54224 — 5,593.
1. Für H— 3,6
h— Hz 0,4; e+h—-H=34
IN, — 10 SE. 02.704, 1058:
ee = = = 0,37037
B—b _ 100
N}: 208
N-:2(bb+:H), 108 — 2 172
m UNS. Bure an
— 0,92592
= — 1,0025
B—b. H+(h—H.b = io. 3,6 + 0,4. 10 — 46
NE Mrba; UN! = 125037)
(B—b). (k—H). (b +2H)? = 10. 6,4. 295,84 — 11833
$ In. 24
Da CD a
I
%
«
369
In. (B-+2h) — 5,6347896 — In. 10
In. (b+2H) — 5.1474944 — In. 10
Diff. — 0,48729 Mn
also
(«+h—H). &2 — 2,4 [ 37037 -+.0,92592. (3,6 — 0,4. 1,0925)
a9 1732 1, 1618953
116,64 . j 0,4873 ]
= 2,4. (0,37037 4 2,92868 — 0,78903)
— 6,024.
Da der Werth von (e + h—H). & bey so kleiner Aenderung
von H noch so merklich zunimmt, so mache man weitere Versuche
mit beträchtlich kleineren VWVerthen von H. Ich finde nun
IV. Für H = 2
h— H=3; e+h—H=4
N bo
(h—H).b 20
+ (3,3333 —
N a a
B-b 10
a, Malone =. = 0,71428
"N—2.(b+2H) ee
2N 3% ?
biB\\ ,’20
Na — 1,42857
(B—b. H+(h—H),.b = 20 + 20 = 40
2221065. NW == 2749:
(B—b). (k—H). (b+2H) —= 10.2. 196 —= 3920
In. (B+2h) = 5,6347896 — In. 10
In. (b+2H) — 4,9416424 — In. 10%
Diff, — 0,6931472 ;
also
47 (+
879 ;
(+h—H). > —ıM. [ 1,42857 4 0,71478: (2 —ı) „
do. 14 , 3920
+ (142857 50% E Er) 0,69314 |
= 4. (1,42857 4 0,71478)
= 8,5734.
Diese bedeutende Zunahme leitet darauf, den Werth von
H noch merklich kleiner zu nehmen. i
Y.. Eür H = 1,2
h— H=28; e+h—H =-48.
'N=10+ 56 = 15,6.
BE. 26
N—-2(b+2H) _ 156 — 248 _
Tr a ae
A — 1? = 0,76922
RT
B—-b.,H+h-Hb=nr+2=%
N? = 243,36; N? = 3796,45
(B—b). (k—H). (b+2H)’= ıo. 2,8. 153,76 = 4305
In. (B+2h) = 5,6347896 — In. 10
In. (b+2H) = 4,8202815 — In. ıo
— 0,29487
Diff. = 0,8145081 5
also
(e+h—H). 2= 48. [ 1,7948 +.0,64102. (2— 28. 0,29487)
0.12, A205,28 ’
ee + 0,7692 et N), 0814508 ]
243,36 37904 ’
= 4,8. (1,7948 + 0,23997 — 0,10985)
= 4,8. 1,9249 = 9,239.
v1.
gr ee ihre
also
VI. Für H=1
humane th Hg
N=znmm+6=16
a) BE ee 1 NE 5
N a ade
B:=.h.l2 16
N 16
= 0,625
(B—-b. H+(h—-H.b=10 +30=%0
N? = 256; N’ = 4096
371
(B—b). (h—H)(b+2H)’ = ı0. 3. 144 = 4320
In. (B+.2h) = 3,3322045
In. (b+2H) = 2,7725887
Diff. — 0,5596158;
@+ıhı—H.3='5s. (15375 + 0,625. i +3. (= 0,35))
Va RE
# 6, = 256 e\ 4096
} = 5. (1,8375 + 0,15625 — 0,89844)
= 5. 1,9937 = 9968-
VIE Für H = 08
hH=52; e u h—H= 5,2;
N=1 +64 = 164
(h—H). b 332210
N 765. — 1,95128
374 3
“
N—2.(b+2H),_ 16,4—23,2
2 N m Base — iO ROrBT
B°H2e 100,8,
a 64 = 0,48780
@-b.H+&h-H.b= 1008 + 3.2. 107 =%
N? 368,965, Na = 4421:
@i bh)... (br 2 W170. 3,2..77,6° 4366
In. (B+2h) = 5,6347896 — In. ıo
In. (b+2H) = 4,7535902 — In. 10
Diff. — 0,8811994 5
also
(eFh—-H). 35,2. [95128 + 0,60975. (0,8 — 3,2. 0,20731)
(04878 Ir et 4y 2 08812]
+
268,96 ° 4421
=: 5,2. (1,95128 ++ 0,08329 — 0,23209)
— 5,2. 1,80248 — 9,373-
Weitere Berechnung wäre überflüssig, Aus V, VI und VI
ersieht man, dafs sowohl H — ı,2 als H — 0,8 einen kleineren
Werth von (e +h—.H). 2 giebt, als H = ı, und dafs jene bey-
den WVerthe (V und VII) nahe beysammen liegen; dafs 9,968 (no.
VI) dem Maximum- sehr nahe liegen müsse. Man kann daher ohne
Bedenken H als eine von» ı Fuls nicht merklich verschiedene Grölse
annehmen und (e + h— H). & — ıo setzen. Hiernach wird (h. |. 28)
s 10
12000
— 105 rhl. Cub. F.
M = 91. 10.4.V
°
Die gröfste Geschwindigkeit des Wassers im Canale ist hier
die am Ende des Canals; also — as
20.1
gegen das Ende des Canals hin an, etwas über 5 Fulse anzuwach-
sen
n
— 5.25; sie fängt also erst‘
373
sen und ihr Wachsthum über 5 F. bleibt selbst bis ans Ende unbe-
deutend; man kann also M — 105 beybehalten,
$. 30.
2. Ex. Es seyen für einen anzulegenden Canal A, b, e, B,
h und H vorgeschrieben, ohne freyen Lauf zu bedingen; man soll
M finden., Es sey nämlich A = 12000, b=ı0, B=20, e=2,
= 4> H= 3»
[2 .
also
x
Man erhält hier y
hi HW=er; Re
N=ı-+2= 1a.
“4-H.b 10
Bi; bil) 719 Eidg
Neo, ‚83333
N-2.(b+2 an He, Big)
N SHHLEVETE 0,83333
en a
TE
@=b).H + k =B).b ='3o Fiio = 40
N’ = 144; N* = 1728 A
®&b). (k—H).(b-+ 2H): = 10. 256 —2560
In. (B+2h) = 5,6347896 — In. ıo
In. (b+2H) = 5, 0751738 7 In. 10
Diff. — 0,5596158
.;3
(5-6. H)ND — 3. [63333 -+ 0,83333. (3 — 0,83333)
_.40. 16 2560 ı)
a (2,5 "a4 Tr Das). 0,55961
= 3. (0,83333 + 1,80555 — 0,25907)
— 7,1394.
Zur
374 GREEN REN
Zur Prüfung, ob die Voraussetzung IH — 3 neben den übri-
gen Bestimmungsstücken Statt finde, berechne man den Werth von
(e rh—H)..2 nunmehr für einen kleineren VWVerth von H. Ich
benutze hierzu die im vor. |. schon angestellte Berechnung (no. IV),
welche, firH—2,(e +h— H). 3 — 8,5734 gab, woraus also
nach obigen Lehren die Statthaftigkeit der Voraussetzung H—3 .
folgt. Hieraus erhält man nun weiter
I o
M.'==rgr..g0.,4 Y 27,139
12000
— 86,13 rhl.-C. F.
Berechnungen
zur ersten Methode für Canäle, bey welchen steigender Boden mit
Jallendem abwechselt.
$. 31.
Aufg. Es seyen (Fig. 8) «3 und a’ ß‘ horizontal; vorge-
schrieben sind b—= B, ß?=h, zw =e (welches hier einen ver-
neinten Werth hat), Br =A, va’ —=X’', B'’u — e’; man soll
“wW=H,eu=y und M finden. Das Wasser soll bey a’ u’
freyen Ablauf haben.
dufl. Eigentlich hat man es hier mit 2 Canälen zu thun:
1.) dem ?y; 2.) dem yy“.
Durch jeden mufs dieselbe Wassermenge M abfliessen; man hat
daher denjenigen Werth von y zu suchen, für welchen der Werth
M:
O8 ib8
mag ihn für den einen oder für den andern Canal nehmen. Man
muls also y so bestimmen, dafs
von den die Gleichung (. 5 giebt, einerley bleibt, man
Te ee
375
h? h’y. (e+h-y), Bir .(In. (b+2h)—In. year
yth " 2.(h—y) ET
b. (In.(b+2y) — In. (b+2H))
c 2 (y—H) )
werde. Dabey mufs aber, weil das Wasser im Canale yy freyen
Ablauf hat, H so genommen werden, dafs der Ausdruck zur Rech-
ten in dieser Gleichung ein Maximum wird. Man sieht, dals y<
h+teundH <y seyn müsse.
Da es für den Ausdruck zur Rechten, den ich mit K be-
zeichnen will, mannigfaltige Maxima: giebt, nachdem man y gröfser
oder kleiner nimmt, so hat man dergleichen Maxima für mehrere
Werthe von y zu berechnen, und zugleich die zu diesen Werthen
von y gehörigen Werthe des Ausdrucks zur Linken, den ich mit N
bezeichnen will. Diese Berechnung muls fortgesetzt werden, bis
man auf ein K") — N kommt. Alsdann hat man weiter
M?
P
9L.. hr re
und
M = 9ı1.v b’ Km,
E32.
Aufg. Aus den vorigen Bestimmungsstücken und dem
Werthe von H den von M zu finden, wenn das Wasser bey «'y'
keinen freyen Abflufs hat.
Aufl. Man suche denjenigen Werth von y, welcher der
Gleichung im vor. |. Genüge thut. So erhält man den hierher ge-
hörigen Werth von K, und dann M—=ogr. Y b’K
Zur Prüfung, ob der angenommene Werth von H neben den
_ übrigen Bestimmungsstücken Statt finde, berechne man nunmehr
auch
876
auch für einen Werth von H, welcher kleiner als der vorgeschrie-
bene ist, den zugehörigen Werth von K. Findet man diesen
grölser als den vorigen, so findet der angenommene Werth von H
Statt, und der gefundene Werth von M ist der gesuchte.
Besondere Betrachtungen
über Aufschwellungen oder Aufstauungen in regulären Canälen
nach der ersten Methode.
$. 33.
Es ist oben schon erinnert worden, dafs die Länge A aus
der angenommenen Voraussetzung, nach welcher die V\ asserflläche
als eine schiefe Ebene betrachtet wird, nicht mit einiger Sicherheit
bestimmt werden kann, weil eine kleine Abweichung des VVerthes
von H den von A schon merklich und bedeutend abändern kann.
Doch kann hieraus kein bedeutender Nachtheil erfolgen. Der Er-
fols ist nämlich nur dieser, dafs die Wassertiefe, weiche in einer
gewissen Stelle, die durch A bestimmt wird, Statt haben soll, nicht
genau an dieser, sondern an einer anderen Statt findet, dafs aber
die an jener Stelle doch nur wenig von der angenommenen Wasser-
tiefe verschieden seyn kann; dafs aiso dieser Umstand keinen be-
sonderen Nachtheil für die Ausübung nach sich zieht, indem hier
überhaupt von Näherungen zur Wahrheit die Rede ist.
Nur verdient noch eine andere Folge von jener Voraussetzung
‚einer schiefen Fläche bemerkt zu werden. gi
Wäre nämlich die Oberfläche’ des fliessenden Wassers wirk-
lich allemal eine schiefe Ebene, so müfste bey der geringsten Ver-
gröfserung von H, die sich durch eine angebrachte Hindernils
(z. B. durch eine auf dem Boden am Ende des Canals befestigte
sehr dünne Latte) ergäbe, eine Aufschwellung oder Aufstauung ent-
stehen, die sich allemal bis zum Anfange des Canals fortpilanzte,
; so
u
nn nn
R
}
h
.-
r .
—n
377
so lang auch der Canal seyn möchte. Dafs dieser Erfolg aber nicht
allemal, sondern nur bey einer gewissen Grölse der Aufstauung ein-
trete, weils man hinlänglich aus der Erfahrung. Es wäre daher
interessant, die Gestalt der, eigentlich etwas concaven, Wasser-
fläche genauer zu kennen. Ich, werde weiter unten auf diesen Ge-
genstand zurückkommen. Aber auch ohne diese genauere Kenntnils
dienen die bisherigen Untersuchungen zur Beantwortung einiger
noch hierher gehörigen wichtigen, Fragen, so dals man sich der
Wahrheit wenigstens zu vielen Absichten in der Ausübung genügend
nähern kann,
i N $. 34.
Aufg. #ß (Fig. 10) sey horizontal; ay%u das Längen-
profil eines schon angelegten Canals mit freyem Laufe; b, A, h,e
und H sind von diesem Canale nach wirklichen Messungen ange-
‚geben; die jetzige Tiefe H ist «u; das Wasser soll nun am Ende
so aufgestaut werden, dafs sich die. Ausübung bis in n verbreite;
wie hoch darf man das Wasser im Querschnitte bey « auf-
schwellen ? ;
Aufl. Das Wasser steige über « bis in m; es sey also, nach
der Hypothese von der schiefen Ebene des Wasserspiegels, mn
die Lage, bis zu welcher der ursprüngliche Wasserspiegel erhoben
5 F 5 P1e5
wird; so lälst sich das von $y nach n o fliessende Wasser als das
- Mittel ansehen, wodurch dem Canale xony das Wasser im ersten
Querschnitte n o zugeführt wird, und man kann no als die "Tiefe
des Wassers am Anfange eines Canals betrachten, die ich, weil
öy—h seyn soll, mit h‘ bezeichnen will. Ebenso bezeichne ich,
weil 34 — X ist, die Länge yn mit A’, die Höhe m mit H/, in-
a dem «4 — H ist; und das absol.: Gefäll o p mit e.
Hiernach hat Sn nun
‘
= =u+ mM
45 2 Die
378 i
Die allgemeine Gleichung $. 5. © giebt den Werth vonM,
den man auch durch Messung der Geschwindigkeit beym vorgege-
benen Canale gefunden haben kann. Schreibt man nun h‘, H’ und
A’ statt h, H und A, so erhält man aus |. 5. ©
RLMET Br. H.(e+b—H) .(- *b. (In. (b+2 h’)—In. am),
8281. b°. hen Y+H 2 72 WW H‘’)
und man hat nur noch den Werth von H’ zu suchen, welcher die-
ser Gleichung Genüge thut.
$. 35.
Aufg. Es ist (Fig. 10) B,A, h,e und H, also auch M-
für den freyen Lauf bey einem schon angelegten Canale gegeben;
das Wasser soll in.x auf die Höhe x m aufgeschwellt werden, die
— H' ist; man sucht die Länge yn—X’, auf welche sich die er
schwellung verbreiten: wird.
Aufl. Substituiren wir in der Gleichung des vorigen $. den
dortigen Werth H + nn A‘ statt h’, so giebt sie
TE EWR h—H N
ne bares A). R.H. (rer. N un) F
a 17 i A. ar, X+M)
2 (in (wi er MM). =)
. eo
Wenn man also den ganzen Ausdruck zur Rechten mit E
bezeichnet, so hat man denjenigen \Verth von A’ zu suchen, welcher a
RI
B = ei
8291. b’. W ®
giebt.
$. 36. ©
Aufg, ‚In einem schon angelegten Canale w y?v (Fig. IL)
soll über & ein Damm (Wehr) nach der ganzen Breite des Canals
durchgeführt werden, so dafs aus dem ern WW asserspiegel
yn’ der aujgeschwellie mn‘ wird, also die Aufstauung bis in n
verbreitet werde. Es ist die Wassertiefe no — h’, die Länge
201 X,,.0p.= " ', die Canalbreite b und die Abflufsmenge M
gegeben; man soll die Höhe « m finden.
s
Aufl. Weil. hier h’ selbst gegeben ist, so dient die kürzere
Gleichung ($. 34), und man hat nur den Werth von H’ zu suchen,
welcher der dortigen Gleichung Genüge thut, d. h, denjenigen Werth
- 4 2
von H’, welcher den dortigen Ausdruck zur Rechten — ih a h®
giebt.
$. 37-
Aufs. Es sey alles wie im vor. $., nur H statt X gegeben
und A’ statt H’ gesucht.
4ufl. Die Gleichung $. 34 giebt
Brei. ag: "Wenn (blu brahyr in Bald)
NELLENBVERBERE TEE] Org 2. (h"—H')
Wenn &y = und ßyYy = e ist, so wird ® — % &, und
dieses statt s gesetzt, giebt
bh’ — HF
ee
> = Me Hr hN) 3 ,
_ bin. (b + 2h)— In. Ban). A
2. (h—H%) .
#
8281. b’. h“. H’.
AUnE
TE NE gag
380
o { $- 38. 3
Aufg. Unter denselben Umständen, wie $. 36, die Höhen
sowohl des Ueberfallwehres x r (Fig. ı1) als die des frey über-
schiessenden Wassers r m zu finden. .
Vorerinner. Beym Abflusse des Wassers über das Wehr kann man die Be-
wegung desselben so betrachten, als flösse es nur bis zu einer
gewissen Strecke, z. B. bis in z längst dem Boden yz, würde dann
aber durch das entgegengesetzte Hindernifs des Damms bestimmt,
nach zr aufwärtsgseine Bewegung so fortzusetzen, als wäre yzr
der Canalboden. .Wenn gleich ia dem prismatischen Raume z@r
das VYasser nach und nach auch seine Stelle verläfst, so ist doch
die in jeder Sec. aus diesem Raume über das Wehr abfliessende
Wassermenge ein so kleiner Theil von M, dafs er in keine Betrach-
tung kommt,
‚Nur bleibt hier noch die schwierige Frage: welche von den un-
zählich denkbaren Linien xr, qr, yr, zr etc. soll man bey dieser
Betrachtung zum Grunde legen, um der VWVahrheit nahe genug zu
kommen ? m ;
Natürlich wird das Wasser demjenigen Wege Kalgen, ‚ auf wel-
chem ihm die wenigsten Hindernisse entgegen stehen, also auf
welchem der Werth von M ein Maximum wird, oder auf welchem,
für einen bestimmten Werth von M, die Höhe rm ein Minimum
wird. Es ist leicht einzusehen, dafs die Anwendung bisheriger
Berechnungen jenes Max. oder dieses Min. allemal für “den kleinsten
Werth von x‘, also für a° = „8 geben mülste. In der That wäre
aber eine solche Anwendung unrichtig., Es kommt nämlich hier ein
@peuer Umstand in Betrachtung, weleher die Bestimmung noch
schwieriger macht. Es ist nämlich keineswegs einerley, ob z. Bı qr
blos als Gränzlinie im Wasser angesehen, oder ob nach dieser
Richtung wirklich ein fester Boden angebracht wird. |
Der Widerstand, welehen der Damm den Wassertheilchen ent- _
gegensetzt,- könnte sb beschaffen seyn, dafs,sie sich beyläufig nach
yr ablenkten. Däs würde nun freilich auch ein nach yr ange-
brachter fester Boden bewirken.. Aber dieser verzögert nun überdas
! die Bewegung der über ihn hintliessenden VWVassertheilchen mehr
yet
BA EN
v2
”
«
-— R 391
°
als der flüssige Boden yr, und es kommt also eigentlich darauf an,
die Linie qr anzug: ben, in welcher ein fester Boden dem Wasser
giuz dieselben Hindernisse entgegen seizen würde, welche die
Wassermasse 8 y r entgegensetzt. Es würde aber eine ganz ver-
gebliche Bemühung seyn, alle diese Schwierigkeiten auf dem Wege
dr Theorie beseitigen zu wollen. Zum Glücke sind für die Aus-
übung ganz scharfe Bestimmungen nicht nöthig, und es muls hier
genügen, die Bestimmungen auf einem solchen Wege zu suchen,
der auf keine Inconsequentien führen kann.
Aufl. 1. Ich setze « In —= £ m n hypothetisch als beyläufige
Bestimmung.
2. Man suche nun nach $. 36, nachdem man M schon für
den ursprünglichen Canal bestimmt hat, auch die Höhe m — H.
3. Jetzt hat man es nur noch mit Anwendung der allgemei-
nen Formel ($. 34) zu thun. Setzt man nämlich (Fig. 40) zq=XY
die Canalbreite —b, gt = h’ (diese giebt sich, wenn man nach
der Bestimmung ven H die gerade mn zieht und dann in q ein
ie) 5 q
Perpendikel aufrichtet), r m — H’, und zieht m x horizontal, so
läfst sich et ® + M — H’, wofür ich « schreiben will, gleich-
falls messen.
4. Man hat nunmehr
Mm 0 Mm (- b. (In. (b+ 2b’) — In. EN,
8281.2.b’h? W+h 0 2(k—H)
wo man H’ so nehmen muls, dafs dieser Eleichass Genüge ge-
schieht.
5. Es läfßst sich auch alles ohhe Zeichnung durch blofse
Rechnnng finden. Es ist nämlich o p und on, also np gegeben,
und «m durch Rechnung bestimmt; daher
=
382 13 FaEE EEE
pr — — @g ae
h Fi ment, (mo am)
7 u 17 —. (np — am),
$. 39.
Ex. Ueber x soll ein Wehr erbaut werden, wodurch aber
das Wasser nur bis in n zurückgestaut werden soll. Wirkliche
Abmessungen haben folgende Bestimmungsstücke gegeben
mn oder 0 — 4000 rhl. Fuls
mo, oB = DES Ch = os a
Man soll die erfoderliche Höhe des Wehres zr finden.
1. Ich suche zuerst M aus Betrachtung des noch nicht auf-
geschwellten Wassers. Hierzu dient die Gleichung ©. |. 5; für
diese ist
b=a15; A=400; h=no=15, Hay 2; ee 0p
also- s
e+h—H=5s,; In. (b+2h) —= 2,564949
hrehı= = In. (b+2H) —= 2,639057
b+2H =14 Diff. — — 0,074108 ;
demnach
M— g1. 15. Y BR ; e 2% a)
. 4000. 3,5. \ 2
ä I
= 91. 1,5. V E 0,25892
— 61,56 C. F.
2. Jetzt folgt die Bestimmung von «m — H’ nach $. 34. Für
die nunmehr anzuwendende Gleichung ist
. "Me
383
M = 61,56
A’ — 4000
b = 10
bh.’ 10. 211.5
aD:
Es soll also
61,56. 4000 4 (7; ;—M) KL 10. (In. 13—1In.(1o+ >
BE N‘ re I
8281. 1000. 1,5? 1,5+H 2. (1,5—H)
werden.
Die Gröfse zur Linken ist = 0,8146.
3. Ich suche nunmehr denjenigen Werth von H’, welcher
dieser Gleichung Genüge thut. Ich will geflissentlich mit einigen
Versuchen den Anfang machen, die man nicht nöthig hätte, weil
zum voraus zu schen ist, ‘dafs der Werth von H’ etwas grols aus-
fallen mufs. Dieses wird mir zur Wiederholung einer schon oben
gemachten Erinnerung Gelegenheit geben. Man findet nämlich
I. Für W = 3
H. 7,5 —H) = 13,5. In. 13 — 2,5649493
2. (1,5—H) = — 3. In. (10+2H‘) = 2,7725887
Diff. — — 0,2076394;
also obige Gröfse zur Rechten, die ich E nerinen will,
RREEN ( Ber,
4,5 3
= 3. 0,3078 — 0,9234.
di -Rür H’ — 50,5
Br a5 — HN) = 3,5.5 = 12,5: In’1y = 2,5649493
2». (1,5 —H) = — 2 In. 15 = .2,7080502
Dif. — — 0,1431009;
also
also ’
__ 12,5 __ 1431009 \ __ ER
ee (1 „—) = 9889.
IM. Für 7 — 2; : |
Br (7,5) 2.55 =. In 13.= 2,5649493
2. (1,55 —H)=— ı In. 14 = 2,6390573
‚Diff. = — 0,0741080 ;
also
Bea s, 0,741080\ __
E ag (i en — 0,8137.
o
Da nun E — 0,814 werden soll, so hätte man hiernach sehr
genau H’ — 2 Fußs.
' Aber dieser Werth ist mit dem von xy einerley, gäbe also, .
was man, schon vor sich hatte, nämlich die natürliche VVassertiefe.
So führt also diese Berechnung auf einen Werth von H‘, dessen
Richtigkeit man schon aus den angenommenen Voraussetzungen er-
kennt, den man aber ebendarum nicht erst zu suchen brauchte.
Nothwendig mufs zwischen ’—-2undd" = +W=75_
noch ein Werth von H liegen, der E< als no. I und >o giebt.
Durch fortgesetzte Rechnung erhält man nun
av. BürAd 6
HH. s5s—H)=615=9 In. 13 — 2,5649493
2». (,5—H) = —9 In. 22 = 3,0910424
Diff. — — 0,52609315
also
. 55260931
wer: (i =)
STERN 385
Y. Für / — 5 '
H‘. (75 —H) = 12,5, In. 13 — 2,5649493
2. (1,5 —H) N; In: 20 = 2,)957322
Diff, = — 04307829 5
also
a = 0,73----
VI. Für H —= 4,7
H. (7,5 —H‘) = 13,16 In. 13 —= 4,8675344 — In. 10
2. (15 —47)=—064 10.194 5,2678581 — In. 10
Bi (1-27)
Diff. = — 0,4003237 ;
also
8 =. ) = 0,79----
vl. Für I — 4,6
H. (,5 —H‘) = 13,34 In. 13 — 4,8675344 — In. ıo
2. (1,5—H) = — 6,2 1n.19,2— 5,2574953 — In. 10
m
Diff. = — 0,3899609 ;
also
_ 13,34 __ 3899609
= 0,8II----
Man hat daher sehr genau
«m — H’ —= 4,6 Fuls rhl.
Nunmehr kommen wir zur Anwendung der in der Auflösung
(no. 4) angegebenen Gleichung. Für diese behalten b und M die
vorigen Werthe; aber X ist jet =aq = _— — 6663 ; H’ ist
jetzt die Höhe rm (Fig. 11); h‘ die Höhe t9=am + ; oem)
49 (Aufl.
386
(Aufl. no. 5) = 46 + DS yog; KZiU— -(ap—em)
— 4,6
— Tee r ie 0,483.
Bis kErölse en Dicken in ‘dortiger Gleichung ist
_61,56. Br - = 0,038.
8281. 0,483. Iooo. 4,08°
Es soll also
w ( 10. (In. 18,16 — In. Aeskalı. a AN H
H’+ 408° u 2. (4,08 — H) ie:
werden. Ich finde nun ‚ wenn ich diese Grölse E nenne,
2.’ Pür:H@ = ah
H’ - In. 18,16 —= 7,5043915 — In. 100
W440 9,1968 In. 12,00 — 7,0900768 — In. 100
a eher Diff. — 0,4143147 ;
also
nr 4143147, _
| E — 0,1968. (1 _ ae e — 0,0644.
I. Für H — 0,5
H Se In. 18,16 —: 7,5043915 — In. 100
1: A a Ne 9 In. 11,00 — 7,0030654 — In. 100
2. (408 —H) = 7,16 Diff. — 0,5013261 -
also E
Pi 5013261 1,
E — 0,1091. (1 Br ) — 0,0327.
TI. Für H’ — 0,6
1 N In. 18,16 — 7,5043915 — In. 160
H-+y20g In. 11,2 = 7,0210839 — In. 100
2. (4,08 —H) — 6,96 Diff. — 0,4833076;
also
387
also B
330
E — 0,1282. (1 — 9 — 0,0391.
Der Werth von E sollte — 0,038 werden; man hat also
-hinlänglich genau
= mi Hr 10,6 chL ER,
und
des Wehres Höhe zr — 4,6 — 0,6 = 4 Fuß.
4nm. Dieses Resultat hängt mit der ungewissen Voraussetzung zusammen,
dd ı ! e }
das I — 5 ?ngenommen werden könne, welches im vorstehenden
«0
Beyspiele schon q — 666 Fulse gab. Es könnte aber der wahre
Werth von «q merklich von diesen verschieden seyn, und es ist: bey-
nahe keinem Zweifel unterworfen, dals hier zq beträchtlich und wohl
einige hundert Fulse weniger betragen kann, und dals überhäupt
er <; genommen werden dürfte. Aber es läfst sich aus der Natur
[7
der Sache leicht übersehen, dafs diese Unbestimmtheit wenig Einflufs
auf die zuletzt gefundene VVehreshöhe haben kann. Denn man weils
aus obigen Lehren, dafs aus dem früher oder später anfangenden schie-
fen Boden unter sonst gleichen Umständen keine sehr grofse Aenderung
im Werthe von M erfolgen kann; man weils überdas, dafs eine kleine
Aenderung im Werthe von H’ schon einen merklichen Einflufs auf M
haben kann; es wird also auch bey einer bedeutenden Verschiedenheit
oder Aenderung von zq doch nie eine bedeutende, mit nachtheiligen
Folgen verbundene Aenderung von rm oder H‘ zu fürchten seyn; eine
kleine Aenderung in der Wehreshöhe würde schon einen merklichen
Einflufs auf die Abflufsmenge M haben. Ich habe übrigens « q
ı a « . H
(= 5 I) lieber etwas grols annehmen wollen, weil ein grölserer
Werth dem Abflusse mehr nachtheilig ist, und dieses zur Folge hat,
dafs auch ein etwas grölserer Werth von rm, folglich ein kleinerer
für die Wehreshöhe «r gefunden werden mufs, welches, auch bey
einem nur geringen Unterschiede, gröfsere Sicherheit für die Ausübung
giebt, dafs die Aufstauung nicht über die vorgeschriebene Stelle n
Ag ° 3 ' binaus-
388
hinausgehe. Ich füge zu mehrerer Ueberzeugung noch die folgende
Berechnung bey.
6. 40.
Es sey alles, wie im vor. Ex; nur 79 nicht — 2 sondern
20
— er also A= 333 F., x = 0,04025 F.; so bleibt > wie vorher;
aber h‘ ändert sich in 4,6 + = — 4342 statt 4,08; und
aus der Zahl 0,038 (vor. $. no. VII am Ende) wird jetzt die 0,032.
Jetzt soll also_ -
w 10. (In. 18,16 — In. (10+2H°))
H + 4342' G 24 ee Wi
werden. Die Berechnung giebt nun
I. Für IH’ — 06
H’
H’ + 4,342
2. (4,342 —H’) = 7,484 °
‚4833076
7484
= Q,1214|.- Diff. log. = 0,4833076
wie oben;
also
B = 01214. (1 — ) = 9043. 1
I. Für #7 — 0,4
H‘
H’ + 4,342
2. (4,342 — H‘) — 788
= 0,0844 In. 18,16 — 7,5043915 — In. ıoo
In. 10,8 = 6,9847163 — In. 100
Diff. — 0,5196752;
also
5:196752
BT 10, 08a Hr.
0844 G 7,88
) — 0,9287.
A
re BER
339
II. Für H = 0,45
H’
H’+ 4,342
2. (9342 —H) = 7,784
— — 0,0 094 In. 18,16 = 7,5043915 — In. 100
In. 10,9 6,9939329 vr In. 100
Diff. —= 0,5104586;
also
E = 0,094. (1 u red
= 0,0323;
demnach sehr genau
rm — H’ —= 0,45 rhl. Fufs,
- und
ar — 46 — 0,45 = 4,15 F.
i , ; ;
Nach der letzteren Voraussetzung von 2q = 0 wird
also die VVehreshöhe nur um 0,15 F. grölser als nach der vorher-
gehenden xq = r ao. Ich behalte aber zur Sicherheit die vorher-
gehende bey.
Anm. Diese Berechnungen haben auch in Fällen, wo unter einer alten
„ Mühle eine neue angelegt werden soll, ihren Gebrauch. Man sieht,
wie sehr unrichtig man verfährt, wenn man die Höhe des neuen
Wehres so bestimmt, dafs es bis za der von o aus über « hinstrei-
chenden horizontalen Ebene reicht, wodurch hier «r eine Höhe von
6 rhl. Fufsen erreichen würde. >
Anwendung
der ersten Methode auf die pronysche Grundformel.
$. 4ı.
Statt der von Chezy hergenommenen Grundformel
u er. '
giebt
399
giebt Prony (Recherches Phys. Mathem.) die at
M= bh. (- 0,07 + V (0,0049 + 3233. a *)
welche aber gleichfalls voraussetzt, dafs der Wasserquerschnitt längs
dem ganzen Canale als unveränderlich angesehen werden könne.
Der: bisherigen Vortrag zuiolge hat ıwan nun allgemeiner bey un-
veränderlicher Breite
3233. (+ Hb
A "arh
(In. (b+2h) — In. (b+2H)) ]
ie (h—H) rs]
wo sich aber alle Abmessungen auf Meter beziehen.
-
r
M = bh, 1007 +YV ( 090049 + 2
Sa {bi
Hier ist es bequemer, zuerst die pronysche Formel in Be-
zug auf rhl. Fulse auszudrücken, und dann die allgemeinere Formel
daraus abzuleiten.
-Es ist nämlich ı Meter — 6 rhl. Fuls; also
bh n 3 bh
Hreh einerley mit 2 Se Er a z%° '
wenn im letzteren Ausdrucke b und h sich auf rhi. Fufse beziehen.
Man erhält also
. 3233 bh bh
: 18725 Disk 'statt 3233. IE
und
tn ( R ji: bh statt bh.
3,18725 >
Folglich
*) Statt 0,0049 setzt Prony 0,005, „Weil aber die erste Zahl unter dem 9 das iR
giebt.
39
Folglich
bh Bw Ban2 bh
— @,18725)* [ a a N 318725 Era) ]
oder
A & bh
M — 0,0982. bh. - 0,07 + v (0,0049 + Iom. < gan I
wo aber M immer noch Cub. Meter bezeichnet.
Nun ist.ı Cub. Meter — 32,378 rhl. Cub. Fufs; also in Be-
zug auf rhl. Fufse und Cub. Fufse
M — 3,187. bh. [-o»or+V (0,0049 4 1014. e+h—H bh )]
A, Ne Ba
und hieraus nun die allgemeinere Formel
h—H Hb
M=3,187. bh. 0,07 t Y| 0,0049-4 1014. Bun I HER
b. (In.(b+2h)—In.(b+2H |
le (In.(b+2h)—In.(b+2 »))
2.(h—H).
Der Gebrauch dieser Formel ist aus den vielen obigen Be-
_ rechnungen hinlänglich bekannt.
‘4.
Ex. Es sey A=#1000; b= 105 Je =1y h=2; M = 305
man soll, wie im Ex. $. 20 H’ finden.
Die allgemeine Gleichung des vor. $. giebt
Ä M : A
de b.h 5 207%) 00049 ). 1014. b
b. (In. (b+2b)—In. (b 29)
H
= 1, (et. (i ui nn
Die
39°
Die Gröfse zur Rechten heilse E. Die zur Linken ist hier
2
(at).
Es mufs also H so genommen werden, dafs — 0,0264 werde.
Ich finde nun r
° L FürH = 28
BR Y- In. (b+2b) = 4,9416424 — In. 10
H+h 12 In. (b+ 2H) = 5,9408560 — In. ro
a Di, = — 0,1082136;
2.(h—H) =— 1,6
also ö
E=1. on. ( _ a
12 1,0 /
= 0,0377
UI. Für H = 2,9
H 2,9 In. (b+2h) = 4,9416424 — In. 10
H+h 4,9 In. (b F2B) = 5,0625950 — In. io
re U=on De
2.(h—H)=— 1,8 . 0,1209520 5
also
BH= 29, OSR { eo 2)
49 1,8
= 0,01942.
III. Für H = 2,85 1 |
ER In. b-+2h) = 49416424 — In. 70
H +h 485 In. (BF 2H) > 5,0562458 — In. 10, 5
bye —-Hme Diff. = — 0,11 034;
hen 460
2b -M)=-17 h 345
also z
: BE 285, 015. (i pen
485 1,7
= 0,02872.
[e]
— 0,02642.
10140
593
IV. Für H — 2,86
H41:25'286 In. (b+2h) = 7,2442275 — In. 100
H+h 48 ln. (b+2H) = 7,3601039 — In. 100
h+te—H= 0,14 DIE — er RR
„= — 5876
2.(k—h)— — 1,72 Me
also r 2
_ 286 a E587 5)
3 au rk ( 1,72
— 0,0268.
= \
Es sollte aber E — 0,0264 werden; also hat man sehr genau
H — 2,86, eigentlich etwas weniges größser, etwa — 2,562; aber
dergleichen feine Correctionen fallen hier weg.
Die Uebereinstimmung mit dem Resultate ($. 20) übertrifft
alle Erwartung; auch dort wurde H — 2,56 gefunden.
743.0 r
Aufg. Durch wirkliche Messungen bey einem schon ange-
legten horizontulen Cunale sind h, b,A und H gegeben; man soll
Ai Jinden.
a Hier dient die allgemeine Gleichung ($. 41), wo man
nur € — 0 setzen darf.
Ex. Es, sey A= 10005; b=3; b= 10; H= 1,4; so wird
—
M=95,61.["o07+ V(0,0049+1,014. a 1-10. u N =)
44
= 95,61. (— 0,07 + V 1,566981) = 112,8 C. Fuls.
Dieselben Bestimmungsstücke,gaben oben (Ex. $. ı1), woH
- erst moch gesucht und — 1,4 Fuls gefunden wurde, M = 107 C. F.
Uebrigens gilt die dortige Erinnerung auch bier.
50 $. 44-
$. 44
Aufg. Yon einem schon angelegten. Canale sind A, H,h,
b und M gegeben; man soll & finden.
Aufl. Die allgemeine Gleichung ($. 41) giebt
N UNE AS ERRRERLZRT an
anzki) a : b. (In. (b+2h)—In. (b+2M)))
N
Findet man durch diese Berechnung den Werth von e ver-
neint, so hat der Caual einen steigenden Boden.
$. 45-
Aufg. Für den freyen Lauf.werden A, b, e und M vor-
geschrieben; man soll h und H bestimmen.
Aufl. Der Werth von M zur Rechten in der allgemeinen
Gleichung (|. 4r) heilse E; so suche man für mehrere Werthe von
h denjenigen Werth von H, für welchen E ein Maximum wird, bis
man einen Werth von E findet, welcher ohne schädlichen Fehler
für M, welches gegeben ist, genommen werden kann.
Anm. Ich kann mich hier nicht auf die Untersuchung der Erscheinungen ein-
lassen, welche bey der Vereinigung mehrerer Canäle eintreten wer-
den. Solche Untersuchungen werden mit neuen Schwierigkeiten ver-
wickelt, deren Erörterung, wenn ich sie: genügend zu listen ver-
möchte, für meinen gegenwärtigen Zweck zu weitläuftiig wäre. Um
indessen diesen Gegenstand nicht ganz unborührt zu lassen, füge ich
noch die folgende Aufgabe ‘hey, wobey ich aber eine solche Einmün-
dung des Nebencanals in en Hauptcanal vorausseize, bey welchem keine
bedeutende Stöhrung in der Bewegung erfolgt, also blos die zuneh-
mende Quantität der Abflufsmenge und der Erfolg dieser Zunahme in
Betrachtüng kommt.
2 $. 46.
— nn 395
I
(. 46.
Aufg. Es sey ay?y (Fig. 12) ein Canal mit freyem Laufe,
so dafs alle Abmessungen dabey ohne Hinderni/s genommen wer-
den können, und daher auch M als bekannt angesehen werden kann.
Wird nun in der Gegend gtrw« dem Canale ein neuer Zu-
flufs seitwärts beygeführt, so mufs die vorige Wassertiefe qs noth-
wendig zunehmen; es wird aus ihr z. B. die gt, und der Wasser-
spiegel sy erhebt sich bis intv; dann mufs sich aber der Wasser-
spiegel auch noch zur Rechien von gt bis zu einer gewissen Grünze
z. B. bis in n erheben.
Wenn nun die Länge sy —= X’, und der neue Zuflufs für
jede Sec. — M’, ingleichem b und e gegeben sind; wie läfst sich
die Lage des neuen Wasserspiegels ntu bestimmen?
Aufl. ı. Man berechne die Wassertiefen «v und qt, wie
bisher,. aus den hierzu gehörigen Bestimmungsstücken, so dafs jetzt
M + M’ statt M
A’ statt A
X
qx oder Wh statt €
gesetzt wird.
2. Wenn die Wassertiefen xy und } nicht wirklich gemes-
sen und hiernach angegeben sind, so berechne man sie aus A, b,
e und M.
3. Nunmehr hat man auch
a
ze 2 Pens (v3 —an).
4. Jetzt bringe man die Frage auf die Aufgabe {. 35; mau
nehme nämlich irgend eine Wassertiefe, wie kf etwas gröfser als
50 ? gt
396
“gt aan, und suche nach |. 35 die Entfernung tk, wo die Was-
sertiefe — kf wird. Bey dieser letztern Anwendung ist A’ — tk,
welches man nach |. 35 findet.
5. Verlängert man die tk, bis sie die 4? schneidet, so er-
hält man die tn, also OR veränderte Lage des ganzen Wasserspie-
gels vtn.
6. Die Stelle nıkann weit hinaus und selbst zur Rechten von
9 fallen; in diesem Falle würde also die Anschwellung auch noch
am Anfange des Canals bemerkbar seyn.
: $. 47-
Ex. Der Canal 34 ist 6000 Fuls lang; das Gefäll des Bodens
ßy = 3 Fuls; seine Breite — ıo Fufs; die i in jeder Sec. abflies-
sende Wassermenge — go Cub. Fufs. Jetzt soll in der Gegend gs,
1000 Fuls weit vom Ende xy noch Wasser von der Seite beyge-
führt werden; dieser Zuflufs soll 40 C. F. für jede Sec. betragen;
man soll die Lage des neuen WVasserspiegels vin bestimmen.
‘
Hier ist sY—A’= 1000;, b 105 el; —= = =; = - E
und statt M hat man hier M+ M’ = go +40 = ı20. Dieses
giebt ($. 42)
10,14.H
GG +6@+b-D.
10. (In.(b+2h)—In. (b+2H))
G- RT are) )- 007).
M+W
.M + Me 2
31,87 a
Ich finde nun, wenn ich die Gröfse zur Linken E nenne,
Br
397
I. Für kA und H==:35
3+h—H=1,5; In. b + 2H) = 2,8903717
10,14. H In. (b+2H) — 2,7725887
H I — 4,345; 0 ss
Diff. — 0,0689929
2.(h—H) = 2. \ N ra
= 0,689929 5
also
)
E— [oo + 6,517. (1 — 773) —_ N. 4
— 6,55 ---
Man sieht, dafs h merklich < 4 seyn mufs. Doch muls
4+h--H allemal eine bejahte Zahl bleiben.
IM. Fürh=2,5 und H=2
+h—H=1ı In. (b + 2h) — 2,7080502
a INRR In, (b+2H) = 2,63905732
* Dif£ — 0,0689929
.h—-H)=1ı Sr
= 0,689929 5
also
u — (x (0,0049 + 4,5066. (i _ an _ oe7) 2;5
= 2,785.
Wenn nun gleich ein anderer Werth von H den von E
grölser geben könnte, so dafs er der'Zahl 3,765 näher käme, so
wird er doch immer noch zu klein bleiben, und es läfst sich über-
sehen, dafs h jetzt etwas zu klein ist, Ich finde nun ferner
398
IM. Fürrh=2,7undH=2 .
+h—-H= 1,2 In. (b + 2 h) — 5,6369526 — In. 10
10,14. H In. (b+2H) = — In.
RT — 4,3149 N FE) AS IE ARE RRER
Hr Diff. — 0,0953102
2.(h—H) — 1,4 aa:
— 0,953102 5
also
0.953102. \
u — (x (60049 + 1,2. 43149. (1 — en) — 0,07 ) 2,7
7
— 3,2872.
Weil dieser Werth von E schon ziemlich nahe an den er-
foderlichen 3,765 gränzt, so wollen wir, bevor wir mit einem neuen
Werth von h Proberechnungen anstellen, denjenigen Werth von H
suchen, welcher für dasselbe h den Werth von E(”) giebt.
IV. Für'h —2,7und‘H—- 1,8
++h—-H=1,4 In. (b + 2 h) = 5,0369526 — In. ıo
.H In. (b + 2H) = 6549 — In.
SS ER (b + 2H) — 4,9126549 — In. 10
5 \ Dift. — 0,1242977
2. (hk—H) = 1,8 : se
x — 1,242977 5
also
gr ( (oo0d9 + 144056. (1 — 12972)) 07), Sr
5
= 3,3947.
V. Für h=2,97 und H= 1,6
3+h—H-16 _ In(b+2h)= 5,0369526 — In. 16
10,14. H Ia.(b + 2H) —4.8828019 — In. 10
Hin 7 3773 — U Be
Diff. = 0,1541507
2. (h—H) = 2,2 Slas
= 1,541507 5
also
Be
rer
*
“ .
NW
item
399
also
j 1,54150
= v (0,0049 + 1,6. 3,773. (1 — ni 3 7) — ser) 2,7
= 3,6342.
VI. Für bh =:2,7 nd H= 1,5
3t+h—H=1,7 In. (b + 2 h) = 5,0369526 — In. 10
. 2 — 4,8675 — In.
Er rg la.(b+ 2H)=43 75344 - n. Io
% Diff. — 0,1694182
2.(h—H) = 2,4 A
= 1,694182 ;5
also
= (v (0049 + 1,7. 36214. (1 — ) _ 0er) . 27
3: )
= 3,448.
Aus no. IV, V und VI ersieht man, dafs für h — 2,7 die
- Zahl 3,6342 ohne merklichen Fehler für EC” genommen werden _
kann. Da nun EM — 3,765 werden soll, so folgt, dafs der Werth
von h noch um sehr wenig vergröfsert werden muß, und dals H
TE — —
nicht merklich von 1,6 abweicht. Ich finde nun
Vo. Für h— 2,76 und H = 1,6
3th— H= 1,66 In. (b + 2 h) = 7,3395379 — In. 100
10,14. H In. (b + 2H) = 7,1853870 — In. 100
ae N Bra raten he
H+h A
Diff, = 0,1541509
2.(h—H) = 2,32 3% o
Fr Ze 1509 5
Ei ‚541509 5
E= (v (o,0045 + 1,66. 3,7211. (1 — a. )- ver) 2,76
4 2
Te 3,785:
Man
400 ki ——
Man hat daher sehr genau
kg 2,76 ra Her ='n6 BR
Jetzt nehme man zur Rechten von qt eine Wassertiefe, für
das aufgeschwellte Wasser an, die etwas grölser als qt, z. B. — 2,9
Fuls sey, die ich hier (Fig. ı2z) durch kf andeute, und berechne -
die Entfernung tk — A’ aus . 42, wo man A’ statt A schreibt,
Für diese Anwendung der Gleichung |. 42 hat man überdas
== gt ==72,76 statt H
bh’ — kf— 2,9 statt h
nu
Ei Bil 0,0005. A’ statt ®
A’ statt A
zu substituiren. Diese Substitution giebt
RED + 0,0 .. — 0,00
nr BR, En > _ 90005. A’+h’—Hr
BR € een) X .
RT 2. (-1D) |
alss ae
N — PB
een 5A 7) her 2 En
Le Tape 5 TE Tg SE 6) 5 [}
pH st Ba
eg 2. (h—H)
Die wirkliche Berechnung giebt nun
bh’ ==" 10, 2,9:== 29
5,187. bh’ = 93,423
M 80
ET TE eh 0.8656
3,187. bh’ 92,423
add. 0,07
= 0,9356
40:
5 wer, 2 y= 0,9356° = 0,8753
A a 875
subtr. 0,0049
= 0,5704
Bi. bw
Bo EG ee
In. b+2h‘) = In. 15,80 = 7,365180 — In. 106
In. (b+2H) = In. 15,52 = 7,347299 — In. 100
Diff. = 0,017881.
> Io
= 0,17881
2. (h" — MY — 0,28
b. (In. b + 25h) — In. (b +2) 0,17881
— = 1 — 2. 5
0,28
E ARTE » —W)
Bi « = 0,3614
also
| a Eee En anet
Hagel erge: Pe 0,0005 0,000487. l
.4944- 0,3614 f
= — 257 FE.
Hier fällt also die kf nicht zur Rechten, sondern 287 Fufs
In dieser Entfernung
weit von tq zur Linken von t, z. B. in my.
von t fälle man also die lothrechte my, und nehme sie — 2,9 Fuls,
und ziehe die gerade mtn, bis sie den Wasserspiegel 34 schneidet; ‘
so giebt sich die Stelle n, bis zu welcher sich die Aufschwellung
verbreitet,
S1 2 Auch
402
Auch ohne Construction giebt sich die Stelle n nunmehr
leicht durch blofse Rechnung. | |
Es ist nämlich
ts
tin —.
mu — ts
mt
mm=my—uy=my—(s4t+7Q.e)
ts=tqg —qgs= 1 (ent To,
woraus sich also tn berechnen läfst.
Im jetzigen Falle ist my = 2,9; ys = 1000; A = 6ooo
und e — 3. Die Wasserhöhe «y ist durch wirkliche Messung ge-
geben oder gleichfalls berechnet. Wäre z.B. ay— 1,2 F., so hätte
man
Iooo — 2 N
mu = 29 — (12 + m 3) = 1,4435
is =2,76— (n2.+ _ 3) = 4,66;
also t
1,06
En 2 an Fufs.
0,3835 8% 793
und
rn= 179 F.
Anm. Indem das Seitenwasser in der Breite aq (Fig. 12) beyfliefst, ist die
im Querschnitte durch tq fliessende Wassermenge nur noch —= 80 C.
F. für jede Secunde. In jedem folgenden Querschnitte zur Linken
von tq fliefst desto mehr Wasser durch, je näher derselbe an „ar
liegt. Erst vom Querschnitte „r an flielst längs «= die gesammte
Wassermenge 80 -+- 40 durch jeden folgenden Querschnitt. Es dient
also zur Sicherheit des Resultats, dafs ich schon für den Querschnitt
tq die Durchflufsmenzge — M + M‘ genommen habe. Es wird näm--
lich um so weniger die Aufschwellung über die gefundene Stelle n
hinaus-
|
.
4
Be bestehen kann (und überhaupt mit keiner Formel, welche eine
FI EEER 403
hinausgehen. Dürfte man auf genaue Resultate rechnen, so würde
man das gefundene Resultat noch dadurch genauer erhalten, dafs man
die Gränze der AufSchwellung noch auf die Hälfte von „q zur Lin-
ken von n nähme; z. B. 4 Fuls zur Linken von n, wem „g=5
Fuls wäre,
Zweyte Methode
£b’h’
VG (b+2h)
(6.2.19).
zur Verallgemeinerung der Formel M — 91.
Für horizontale Canäle,
$. 48.
Ich habe schon vormals (Handb. der mechan, Wissensch.
Belangen 1802) für horizontale ae die Differentialformel
DER SE b’y dy
91° 7726 > aydx
mitgetheilt, um hiermit der chezyschen Grundformel eine Form
zu geben, unter der sie auch auf Canäle mit horizontalem Boden
anwendbar ist. Es ist nämlich oben schon bemerkt worden, dals
die von anderen Hydraulikern angegebenen Formeln, und so auch
die chezysche, nur auf geneigte Canäle oder auf Canäle mit ge-
neigtem Boden anwendbar sind, und zwar nur für solche Neigungen
des Bodens, bey welchen die Neigung der Wasserfläche eine dem
Boden parallele Lage annimmt, wenigstens eine solche, die in der
Ausübung dafür gelten kann. Bey solchen ist . eine unveränder-
liche Gröfse, die nämlich in allen Querschnitten immer denselben
Werth hat. Bey horizontalen Canälen fällt aber gleich ins Auge,
dafs diese Unveränderlichkeit mit der chezyschen Formel gar nicht
5r ? paral-
“
404
parallele Lage der Wasseriläche mit dem Boden voraussetzt, wie
ich erst weiter unten noch bemerken werde), weil bey solchen
die Wasserfläche horizontal seyn müfste, wenn sie dem Boden pa-
rallel wäre; folglich . — o würde; also gar kein Abflufs in Ca-
nälen mit horizontalem Boden erfolgen könnte. Da nur bey einem
geneigten Wasserspiegel Abflufs erfolgen kann, und ein solcher Ab-
fluls auch in Canälen mit horizontalem Boden erfolgt, so muls auch
in solchen Canälen die Wasserfläche eine Neigung und : in jedem
Querschnitte einen bestimmten Werth haben, damit der überschrie-
bene Werth von M nicht — o werde.
Soll überdas der einfache Ausdruck
DAB
rl eu 0
immer denselben Werth für M geben, man mag zur Bestimmung
von b und h, welchen Querschnitt man will, wählen, so muls noth-
wendig - eine veränderliche Gröfse seyn, weil bey einem geneig-
b°’ h°’
b-E'2h
einem gleich breiten Canal, wie wir ihn hier voraussetzen, noth-
wendig veränderlich seyn mufs, und das Product aus einer unver-
änderlichen Grölse in eine veränderliche nicht die unveränderliche
4
M geben könnte. Für jeden Querschnitt hat also Fr einen eigenen
ten, dem Boden sich nähernden Spiegel der Quotient
bey
Werth, der allgemein, der Gröfse nach, durch ns ausgedruckt
x
werden muls; aber zugleich in Rücksicht auf die einander entgegen-
gesetzten Aenderungen von x und y (wo man sich unter x jede
vom Anfange des Canals aus genommene Abscisse, und unter y die
zu dieser Abscisse gehörige Y\asserhöhe im Canale zu denken hat)
durch
>
403
durch — = Und dieser (Juotient muls so beschaffen seyn, dafs
x
allemal
u Er ri iie
b-hayı'dı
werde, oder
M: ER b’ y? dy (
91* b+2y dx
Diese Differentalgleichung nähert sich also in so fern der
Wahrheit, als der Satz, dafs die Gleichung (bh) immer der Wahr-
heit nahe genug komme, wo man auch y im Canale nehmen mag,
angenommen werden kann. Dieser Satz kann aber darum gelten,
‚weil die Gleichung (5) bey geneigten oder abhängigen Canälen, in
welchen die Tiefe unveränderlich ist, allemal seine Anwendbarkeit
(wenn auch nicht genau, doch zu genügenden Bestimmungen) be-
hält, was auch 2 für einen Werth haben mag. Eben hieraus folgt
nun eine zweyte Methode, das Verhalten der hierher gehörigen
mannigfaltigen Bestimmungsstücke gegen einander so zu bestimmen,
dals sich die Resultate wenigstens auf eine für die Ausübung genü-
gende Weise der Wahrheit nähern. E.
Wäre die chezysche Formel (h) bey gleich tiefen Canälen
in völliger Schärfe richtig, wie auch der Quotient beschaffen
seyn möchte, so gäbe die Gleichung ($) die Gestalt der Wasser-
Näche gleichfalls in völliger Schärfe. Da aber h nur als Nähe-
rungsformel gelten kann, so ist auch die $ nur nähernd. Eben-
darum müssen aber die hieraus sich ergebenden Resultate auch mit
den aus der vorigen Methode abgeleiteten nahe zusammenfallen.
Und dieses Nahezusammenfallen mufs für die Brauchbarkeit beyder
Methoden sprechen.
h $. 49.
406
$. 49. j
Es kommt nun zunächst auf die Integrirung der allgemeinen
Gleichung (%) an, die sehr einfach ist. Man sszeb+ 2y=z,
also y = in und dy — 2 dz;' so wird
M.: Eu b’ 2° — 5b! 2°+3b’z — b®
SE er Me N ERRER
ee a
Für x— owirdy—h, alkoz=b-2h; daher
M®: b* /(bt2yJ’—-(b+t2h)’ 3b $ r
Fremen ren - 22. (&tay)’-b42W*)
3b: (&+29—(b+ah))—b’.(In.(b+2y)—In.(b+25)));
und, für x—X\, also für y—H
M:__ b* /(btaHj'—(b+zh)' 36 ; \
( Genen, ((b+2B)°—(b+2h)?))
+3br.(b+2H) —b+ah))—b*. (m. (b+2H)—In.(b+25)) ),
oder N
16.RA M2. (b+2h)’—(b+2H)’ 3b
ee b ah)? — 7 i
Dear : —. (&+ab)’—(b+2M)})
-+6.b?. (h—H) — b®. (In. (b-+2h) — In. (b+2H)) ;
woraus die Auflösungen aller hierher gehörigen Aufgaben abgeleitet
werden müssen,
$. 50,
Bey einem wirklich angelegten Canale könnte nur die einzige
Frage von Nutzen seyn: :
Aufg. Man hat irgendwo im Canale die Wassertiefe — H°
gefunden; in der Entfernung A aufwärts findet man sie — h; die
Breite
407
_ Breite ist durchaus = b; man soll M finden. Die allgemeine For-
mel ($. 49) Br
my, > [em-Gtm_ 3b . (b-+=h)? —(b+2H)*)
+ 6. b?. (h—H) — b’. (In. (b+2h) — In, (b+2H)) L
VESTRSN
Zur Prüfung des vorstehenden Caleuls dient folgendes :
&2 'heih>
| Abraeh
sondern Umstände beschränkt, nicht auf die Voraussetzung des
freyen Laufs über den horizontalen Boden; es können auch unter-
halb der Stelle, wo man H nimmt, Hindernisse’ der Bewegung ein-
treten, die dem freyen Laufe entgegen sind. Wenn also die in der
letzten Gleichung in | |] eingeschlossede Grölse mit & bezeichnet
wird, so mülste allgemein
b3
Mi==lorL. er
91 ‘2
- Die Grundförmel M — 91. ae ist auf keine be-
>>
| 16
. seyn, ,
Vergleicht man dieses mit der Gleichung
MN IE REN
"OA b+a2h’
so müfste in solchen Fällen, wo h nicht merklich von H verschie=
den wäre, welches in Fällen wie “Fig. 13 gar wohl Statt finden
3 könnte,
5 >
b+z2h 16
den, oder, h — H statt £ Genen) ,
UN: -_.
Er
'% '
2
ver
8 4
wie
408
wie man auch findet. Differentiirt man nämlich den Werth von 2,
so findet man
(2 (b+2h®? —6.b.(b+=2h) + tn) dh.
Wenn also h — H — dh wäre, so mülste
(2.6421 —6b.@+ 21) +6. + 2” ).G—M
h®
= 16. 7: @—-B
werden, oder
R 5 EL -
2.(b+2h®? —6.b.b+zh) +6.b — Dash Dee
oder auch
(b+2h)’ — 3b. (b+2h)’+3b°%. (b+2h) — b’— g.h’.
Es ist aber die Grölse zur Linken
b+6bh+-rnb.h?+gHh
— 3b— nr2b’h— ız2 bh? ig he
+3b’+6b:h N;
RE
also hiermit die Richtigkeit des Calculs bestätigt.
ne Ben a
$. 52.
Aus den ober vorgetragenen Lehren weils man sehon hin- -
länglieh, dafs die Anwendung der allgemeinen Formel auf erst noch
anzulegende Canäle von der auf schon angelegte verschieden. ist.
In dieser Voraussetzung theile ich nun hier die folgenden Berech-
nungen mit, ohne solche Bemerkungen, die ich schon bey der
ersten Methode beygebracht habe, hier noch einmal zu wiederholen,
Ba ae
u.
ae
|
>
$. 53. ”
. - . e P 1"
Aufg. Es ist die Länge des ganzen Canals — X, seine
Breite — b, 'und seine Wassertiefe am Anfange — h vorgeschrie-
ben; 2:
also
409
ben; man soll die Wassertiefe H am Ende des Canals nebst der
in jeder Sec. abfliefsenden Wassermenge M finden; freyen Lauf des
Wassers vorausgesetzt *).
Aufl. Der ganze Ausdruck zur Rechten in der Gleichung
(am Ende $. 49) heilse 2, so mufs man denjenigen Werth von H
suchen, welcher das Maximum von & oder, nach meiner Bezeich-
nung , 2° giebt. Alsdann hat man i
X. M? |
16. X 3 Br:
8281. :,b®
1. b b. 2).
2 V
M— .
4 A
Ex. Es sey A = ıo00 Fuß; h = 3; b = 10; so wird
iS I rÖaR EM 7 el
hreis2,h ==16 b+2H=1238
(b+ 2h)’— 256 (b + 2H)’= 163,84
(b-+ 2h)’= 4096 (b + 2H)>= 2097,15
(b+2h)’ —(b+2H)°’ — 1998, 8 In.(b+2h) —5,0751738—In. 10
(b+2h)® —(b+2H)? = 92,16 In.(b+2H)=4,8520302—In. 10
h—H= 1,6 Diff. —=0,2231436
Beh? - — 600 ; x 1000
} = 223,1436;
also
*) x könnte auch nur ein Theil von der Länge des ganzen Canals seyn, so dafs
h und H überhaupt zwey WVassertiefen im Canale bezeichneten, die auf
die Länge A von einander entfernt wären, wobey aber allemal h die obere
und H die untere, d. h. vom Anfange weiter entfernte Wassertiefe be-
zeichnet. \
92 N
also
— 20,8
und
M— 91.10 7
U. Für H = 1,3
br2h = 16
(b + 2 h)’=256
(b + 2 h)>=4096
(b+=h)® — (b+2H)’ =2095,7
(b+2b)? —(b+2H)’?= 97,2
h — H=1,7
also
a
= 21,7
und
91.10 217
Aera N N 0008
II. Für H = 1,2
b+>2H = 1234
(b + 2H)°= 153,76
(b + 2H)’= 1906,6
(b + 2h)?’ —(b + 2)’ —2189,4
-(b+zh)’—(b + 2H)’= 102,2
h— HB= 138
also
20
3 —= 666,3 —1382,4 + 960 — 223,14 .
Beste 103,7 Cub. F.
* 1000
/
b+2H =122,6
(b-r22) — 158,76
(b+2 H)’= 2000,3
In. (b+2h)= 5,0751738 —In.ıo
In. (b+2H)= 4,8362819 — In.ıp
Diff. = 0,2388919
> 1000.
= 238,89195
698,6 — 1458 + 1020 — 238,89
— 105,96. ;
ln.(b+2h)= 5,0751738 —In.ıo
In.(b+ 2H)—4,8202815 — In.ıo
Diff. —0,2548923
>< 1000
= 254, 89235
3 — 729,8 — 1533 + 1080 — 254,89 — 21,9
und °
und
EU Er DR
M= = V o05 = 106,47 Cub. F.
Das nahe Beysammenliegen der beyden Werthe von M (II und III)
giebt zu erkennen, dafs wir ohne merklichen Fehler
H= 1,2 Fufs und M = 107 Cub. F
“ beybehalten können. So hat man nämlich H) und M).
Die Uebereinstimmung mit dem Restiltate der Itea Methode ist in
der That überraschend. Dieselben Data gaben nämlich oben ((. ır)
gleichfalls MC") — 107 C. F. Der zugehörige Werth von HÜ) war
oben um 0,2 Fuls gröfser als hier. Es ist leicht einzusehen, dafs
bey gedachter Zusammenstimmung der Werthe von M@®) nicht auch
zugleich die von H( so nahe SEAN HER können, weil oben
die Hypothese der schiefen Ebene für die Form der Wasserfläche
zum Grunde gelegt wurde.
it $. 54.
Nunmehr läfst sich auch das ganze Längenprofil für die flie-
fsende Wassermasse im Canale leicht verzeichnen. Man ziehe näm-
lich nach einem willkiührlichen Maafsstabe eine gerade Linie — A,
errichte nach einem etwa Iomal so grolsen Maafsstabe am Anfange
derselben ein Perpendikel — h, und am Ende ein Perpend. — H.
Nunmehr berechne man für Höhen H’, H”, H‘“ etc., die zwi-
_ schen H und h fallen, z. B. im vor. Ex. für 7 — 1,3; H*— 1,4;
H’" — 1,5 etg, die zugehörigen Werthe von 2°, 2”, 3 etc. Dann
erhält man für is zugehörigen Entfernungen jener Höhen vom An-
fange des Canals, wenn solche mit A/, A, A’ etc. bezeichnet werden,
91”. b’. 2°
a N
91°. bs. 3%
AT Tue Me
etc.
52 2 - In
112 STINE
In diesen Entfernungen darf man also jetzt nur jene Perpen-
dikel H‘, H“, H“ etc. errichten, und die. oberen Endpunkte dersel-
ben durch Linien so unter einander verbinden, dafs das Auge keine
Ecken bemerkt.
$. 55.
Aufg. Es sind H, h, A und b vorgeschrieben, ohne Jreyen‘
Lauf zu bedingen; man soll M Jinden.
Aufl. Man berechne den Werth von 3, d. h. von der gan-
zen Grölse zur Rechten in der allgemeinen Gleichung ($. 49. am Ende),
so erhält man hiernächst
91.b
4
Um.aber beurtheilen zu können, ob H.nicht kleiner angenom-
men worden, als die Natur der Sache gestattet, nämlich nicht < H®,
berechne man 3 auch noch für einen \Verth von H, welcher klei-
ner als der vorgeschriebene ist. Findet man diesen Werth von &
grölser als den vorigen, so ist der vorgeschriebene Werth von H ge-
stattet.
b2
M— N
Ex. Es sey X —= Iooo; b=: 10; h—=3; dabey soll das Was-
ser am Ende des Canals noch 2 Fuls hoch stehen; es wird M gesucht,
wofern die Voraussetzung H — 2 Statt findet.
Hier wird »
b’+ 23h 16 b+=2H 74
(b-F72/h)?= 7256 (b+2 H)’—=196
(b+ 2 h)’— 4096 (b +2 H)’=2744
(b+ 2b)’ —(b+2H)’—=ı1352 In. 16 — In. 14—0,1335314
(b+2h)’ —(b+2H)’—= 60 x 1000
heneg — 13353145
also
also |
— 450,66 — 900 4.600 — 133,53
17007
und 91.10 171,3
1 I ER Be le ER 1
M\== 4 2 94;
Dafs der angenommene Werth von H Statt hat, weils man
"schon aus dem vorigen |.
Die Vergleichung mit dem Resultate der ersten Methode
($. 12) zeigt wieder eine nahe Zusammenstimmung; dort fand man
aus denselben Bestimmungsstücken den Werth von M um 35 grölser
als hier, ,
Berechnungen
zur zweyten Methode für Canäle mit abhängigem Boden.
Erster Weg.
$. 56.
Die Differentialgleichung ($. 48) läfst sich noch aligemeiner,
: nämlich auch für Canäle mit abhängigem Boden, abfassen, wenn man
d (r + A—r e) Er
377 s A statt A
dx
setzt, Dieses giebt ®
f
b’ y’.(edx—Ady)
gg RA.(b+2y).dx?
woraus sich aber auf directem Wege nichts brauchbares ableiten läfst. *
414 SFFET HG ! .
$. 57.
Ich habe hier zwey verschiedene Wege betreten, um die vor-
stehende verwickelte Differentialformel ohne genaue Integrirung doch
zur Darstellung brauchbarer Resultate zu benützen. Sie giebt
nämlich
Ewa
91? A ee, Br 2y
Das zweyte Integral in der Parenthese ist oben schon gefun-
den worden. Es ist also nur noch Ti -“ __ zu suchen.
y
Gedachtes zweytes Integral bezieht sich auf die Wassermenge,
welche abflielsen würde, wenn e — o wäre oder der Boden eine hori-
zontale Lage hätte; das erste auf die Wassermenge, welche wegen
des Abhanges des Bodens noch weiter abilielsen muls.
In Bezug auf diesen blos wegen des Gefälles abiliefsenden F
Theils fiel ich nun auf den Gedanken, statt der veränderlichen Tiefe y
a ; bEE
die unveränderliche mittlere LESBEN, zu gebrauchen. Dieses giebt
A Es
fs dx ..(h+H)
b+2y 8.(b+h+H'
also, für x — X, das Integral
e.(h+ HD.
8.(b+h+H)?
folglich ($. 49)
“ 22(h+H)s (bteh)s—(b+2H)5 36
ER ERBE m 3 a (@+ah:- -&+2M)%)
©) 91° 16
R +6.b2.(k — WM) — b>. (In (b+2h) —In. (b+2H))
$. 58:
>
415
$. 58.
Wird bey gehindertem Laufe H —h, so verschwinden alle nach
dem ersten folgenden Glieder der Gleichung (©), und es wird
schlechthin
Br nei aan), uch.
90° 0 16-"b+2h — °"b4+ah’
Es y &. b’ h’
RE ER ee ee
| a ENT,
welches die chezysche, für diesen Fall eintretende, Grundformel ist.
Ueberhaupt geben die Glieder, welche nach dem ersten in der Paren-
_ these folgen, zu erkennen, \ wieviel das erste abgeändert werden
mufs, wenn H nicht =h ist, und die Gleichung kann nicht nur bis
zu 1 = h sondern auch für H> h angewendet werden, weil der auf
den horizontalen Boden sich beziehende Theil derselben fürH > h
verneint wird, oder für einen horizontalen Boden die Voraussetzung
H > heine entgegengesetzte Bewegung gäbe, welche den Abfluls vom
Canale , der durch das erste Glied ausgedruckt wird, vermindert. -
Jemehr daher der Werth von H’den von h überschreitet, desto mehr
wird von dem ersten Gliede in der Parenthese abgezogen.
$. 59.
Aufg. Es werden h, b, A und e vorgeschrieben; man soll
_ nach der Formel (© ($. 57) Hund M für den freyen Lauf finden.
Aufl. Wenn der ganze Ausdruck in der Parenthese zur Rech-
ten—=A gesetzt wird, so mufs man denjenigen Werth von H suchen,
welcher A”) giebt; alsdann wird
(m)
(m) —= 93 a b" A Ä
M N
416
Ex. Es sy A=1o00, b=ı0, h=4, s=2; man soll M
und H finden. Hier wird nun
I. Für H — 3,6
h+H=76 (b+ 2 H)? = 295,8
(h + M'= 439 (b +2 HB)’ = 5588
Besarhe 078 (b + 2h)’—(b+2H)’—= 744
(b + 2h)’—= 324
(b + 2h)’= 5832
6.b’(h-H)— 240
b42H-- 17,2
also Ar
(b + 2h)’—(b+2H)’— 28,2
In. (b +2h) — 5,1929568 —In. 10
In. (b-++2H) — 5,1474944 —In. 10
Diff. —= 0,0454624 j
X 1000
. — 45,4624;
T 248 — 423 + 240 — 45,46
6
= 587,77— 468, 46 = 119,31.
I..Bür-H ), —5r354 s
ut ae A (b+.27B° = 282,24
(h+ H)’ —405,22 (b+.2H): =4741
b+:h =ı8 (b + 2h)° —(b+2H)* —=1091
(b+2h)?’—:324 (b-+2h)? —(b+2H)?: =41,76
(b+2h)’= 5,832 In. (b+ 2h) — 5,1929568— In.ıo
6.b?. (h —H) = 360 In. (b+2H) = 5,1239639— In.ıo
b+2H = 16,8 Diff. — 0,0689929
>< 1000
—= 68,993 ;
also y_ 4405,22
+ 363,66 — 626,40 + 360 — 68,99
1753 >
— 816, 81 — 695,39 — 1:21,42.
EN OAO
417
UI. FürrH —
ie (b + 2 H)? = 268,96
(h + H’= 373,25 (b+2H)’ = 44ıı
b+ah= 18 (b + 2h)’—(b+2H)’ = 1421
(b.+ 2h)°= 324 (b + 2h)’—(b+2H)’ — 55,04
(b + 2h)’— 5832 In. (b+=h) = 5,1929568 —In. 10
6.b? (h-H)— 480 In. (b-+2H) — 5,0998664 — In. 10
b+2H=16,4 Diff. = 00950904
>< 1000
— 9330905
also je —= 4. 4.373,25
17,2
= 1041,26— 918,69 = 122,57.
7 473,66 — 825,60 -- 480 — 93,09
Der sehr geringe Unterschied der beyden letzteren Werthe
von A giebt zu erkennen, dafs man mit hinlänglicher Genauigkeit
den Nro. III. für Ah FE könne. Dieses giebt nun
1 Re NG 122,57 = 251,86.
Man kann also
M — 2527Gub. E. und W— 3,2
beybehalten.
Die Vergleichung mit dem Resultate der ersten Methode ($. 17)
zeigt wieder eine schr gute Zusammenstimmung. Dort gaben diesel-
) ben Data
MC — 257 Cub. F. und H — 3,6F.,
wo M nur = grölser ist als nach der jetzigen Berechnung. Dafs
o
die Werthe ven H um einen grölseren aliquoten Theil verschieden
seyn können als die von M, begreift man aus dem obigen Vortrage.
53 $. 60.
418
$. 60.
Aufg. Für einen anzulegenden Canal werden h,H, A, b
und e vorgeschrieben; man soll entscheiden, ob die Forderung für H
Statt finde, und für diesen Fall M angeben.
Aufl. Man. berechne den zugehörigen Werth von A nach
($. 57 ©) und dann noch einen Werth von A für einen Werth von H,
welcher etwas kleiner ist als der vorgeschriebene. Giebt die letztere
Berechnung einen grölseren Werth von A als die erstere, so findet
der vorgeschriebene Werth Statt, und der zuerst gefundene Werth
von A giebt nunmehr
Anm. Nimmt man H > h, so weils man schon aus den oben
vorgetragenen Lehren, dafs H Statt finden mufs.
Ex. Es soll ein ıo Fuls breiter Canal zu 1000 Fufs lang an-
gelegt werden; das Wasser soll am Anfange desselben 2 Fuls, am
Ende 3 Fuls tief stehen, und das absolute Gefäll des Bodens —
1,5 F. seyn. Wieviel Wasser wird in jeder Secunde abilielsen ?
Hier hat man h—= 2, H = 3; also keinen freyen Abfluls;
ferner e= 1,5; b= ıo und A = 1000; daher (|. 57 ©)
a (b+2H)’ — 256
(DH) 2 70% (b + 2H)’ — 4096
bt 2 —ı4 (b + 2h)’ — (b+2H)’ —— 1352
(b-+ 2h)?— 196 (b +2h)? —(b+2H)’ = — 60
(b+2h)’—= 2744 In. (b+ 2h) —2,6390573
6.b?. (kh — H) =—600 In. (b+2H) = 2,7725887
b+2H = 16 ° DIE——-0,1335314
. F >< 1000
= — 133,5314 5
also
419
also |
1% = — 450,7 + 900 — 600 + 133,53
= 1058,53 — 1050,7 — 7,83,
und nun
98
M=7- V 783 = 63,7. F.
Dieselben Data hatte man oben ($- 18). Die dortige Methode giebt
für jetziges Beyspiel
r Ziayb _ 10. (In. 14, — In. 16)\ }
Haleı € —— ———)= 0;
also "
M = 91.20. Y — —= 57,5 C. F.
1000
Dieser Werth kommt dem vorigen noch ziemlich nahe.
Weitere Anwendungen ergeben sich leicht aus der Menge oben
vorgetragener Berechnungen.
Benechnun.en
zur zweyten Methode für Canäle mit abhängigem Boden.
Zweyter ‘Weg.
$. 61.
Wenn die längs der horizontalen & x (Fig. 2) durch £3 und
«y in ı Sec. abfliefsende Wassermenge — N’ gesetzt wird, und die
längs y x durch d$ ’yund xy abilielsende — N, so wird wenigstens
beynahe
h 3
IN — . N
( h+ s)
seyn.
53° Der
A420
Der Werth von N’ ergiebt sich aus $. 50, indem man h+e
statt h schreibt; nämlich
(b+2h+2:)’—(b+2H)’ 3b
3 2
.hX ob
N re Vz: (b+ah+22)-(te1m>)
+6 b?.(h+s— HM) —b*. (In. (b+2h+ 2°)—In.(b+2H) ) ]
folglich, wenn die durch y 3 und « y abfliefsende Wassermenge mit M
bezeichnet wird,
“ ee h Y yb Zen ((b+2h+ 22):
4 \hte) 3
—(b+2 H)°) + 6b?. (h+.—H)—b?. (In. (b+2h+2e) ee
oder auch
KM? i' ıb8 @ I 3b
A ER 1 Wo b--2h+2:)?
Eye 3 * «
— (b+21)? ) + 6b?.(h + «-H)—b°.(In.(b+2h-2:)
h
ER * in der Gleichung b ist hypothe-
Der Factor
tisch, wie es auch die chezy’sche Grundformel ist. Ich bin aber durch
eine doppelte Veranlassung zu diesem Factor geliommen: 1.) Be-
trachtungen über die Bewegungen des \Vassers längs y« und längs
ß « führen leicht darauf, dafs a
N> 2
In tz
seyn müsse. Wäre z. B. h=ı,e+ 3, so wäre gewils
. N‘, doch aber auch < ®, N’
h-+ .)
I I
N> - N, aber auch < - N’.
4 2
Man wird sich daher nie sehr von der Wahrheit entfernen,
TE MO
h ) . N’ zum Grunde legt.
2) Man
wenn man einen mittleren Ausdruck N — \
421
2) Man denke sich ein mit seinem oberen Rande bis an ? rei-
chendes Behältnifs ganz mit Wasser angefüllt, und nun in einer loth-
rechten Wand einen rectangelförmigen Einschnitt von 3 bis in y
herab, aus welchem das Wasser frey abschielsen kann; dann die-
sen Einschnitt bis in 8 verlängert, so dafs das Wasser auch aus
‚ diesem frey abschielsen kann; die Abflulsmenge aus jenem sey—N,
aus diesem — N’, so giebt die sehr bekannte Theorie
N: N —h’:(h+o%,
also Bun 2 N’,
Se)
Hier tritt aber der bedeutende Umstand ein, dafs das Was-
ser im ersten Falle nicht horizontal nach Y« abflielst; im zweyten
Falle aber dem horizontalen Boden 8 & folgen muls. Diese Betrach-
tung leitete mich gleichfalls darauf, dafs man sich der Wahrheit sehr
nähern müssc, wenn man Y ( =)" e (=)
h 3
I *, NY,
(=. N
wenn man unter N’ die längs &«, und unter N die längs y x ab-
Nliefsende Wassermenge versteht.
5
* setzte,
und dieses giebt
Uebrigens erhellet beym ersten Anblick der Formel D, dafs
sie für e — o den unveränderten richtigen Ausdruck für Canäle mit
horizontalem Boden giebt; für e+h—H; aıob+ 2ah+ 2: —
b-+-2H giebt sie ebenso richtig M = o.
$. 62.
Aufg. Es werden‘A — 1000 rhl.Fufs, b= 10, h=H=4,
und e — 2 vorgeschrieben; man soll M finden.
Aufl.
422
Aufl. Man weis, dafs H zugleich mit h vorgeschrieben seyn
kann, wenn H— h angenommen wird; dieses setzt nämlich voraus,
dafs hier nicht vom freyen Laufe die Rede sey. Hier läfst sich also
die Formel @ geradezu anwenden. Sie giebt
M:
Se = 34: (1605,3 — 2400 4 1200 — 20907)
o
= 343g gran
daher. M '=,91.% 6, 94722 = 723958 0. FE.
Anm. Für diesen Fall, wo nämlich H = h seyn soll, hätte man die For-
mel @ gar nicht nöthig,, weil für sie die chezy’sche Grundformel
gilt; dieses giebt aber
e bh
M =: 9ı. bh. Yızı BER
er r
== 91. 40. Y 0,002. z
= aA 2 60 ER,
k z 5 I - ;
ein Werth, der vom vorigen noch nicht um == verschieden ist.
$. 63.
Aufg. Es werden A— 1000, b— 10, h=4, H= 34
und € = 2 vorgeschrieben; man soll M finden.
Aufl. Man findet
b+2:h+2:= 2 bt 2. Hy — agaaı
bt+2ht2e) — 434 (b +2 Hy) — 4741
(b+2h-+2:)’ = 10648 (b+2: +25)’ —(b+2H)’ = 5907
6b? (h+ e—H) — 1560 (b+ 2=2+ah)? —(b+2H)? = 201,76
b’ fe ): ei In. (b+2.+2h) — 5,3936275 —In.ıo
16 \s+WV 7% In. (b+2 H) — 5,1239639—In.ıo
bias 070,8 Diff. — 0,2696636
x 1000
— 269,6636;
also
5
z
F
en
also
p2
N = 34. (1969 — 3026,4 + 1560 — 269, 66)
91
= 7920;
folglich
M=91YV 7,92 = 256 C. F.
Dieselben Bestimmungsstücke A—= 1000, b= 10, h=4, e—= 2 und
H = 3,4 gaben ($, 17)
M.=257'C, F.
Eine so genaue Uebereinstimmung übersteigt alle Erwartung.
Anm, Ohne Zweifel wird man solche Uebereinstimmungen von Formeln, die
ganz verschiedene Gestalten haben und auf ganz verschiedenen Grün-
den beruhen, mit Bewunderung wahrnehmen. Da es mir aber weniger
um diese Bewunderung als um strenge Untersuchung der Wahrheit und
Vervollkomnung hierher gehöriger Kenntnisse zu thun ist, so mufs ich
selbst auf die Abweichungen aufmerksam machen, die sich dennoch bey
genauerer Vergleichung hier bemerken lassen. Eine solche Abwei-
chung zeigt sich vorzüglich in zusammen gehörigen Werthen von H
und M, die sich bey ireyem Laufe zus den übrigen Bestimmungsstücken
ergeben.
$. 64.
Ex. Es werden folgende Werthe für den freyen Lauf vor-
geschrieben: A — 10005; b= 10; h=4;2=2; man sollM und H
finden. Man erhält
b+2h+2:. = 22 (b + 2H)? = 256
(b+2h+-.2:)’—= 484 (b + 2H)’ = 4096
(b+2h+22)’=10648 (b+ 2.+2h)’—(b+2H)' = 6552
6.b’(h+e-H)—=ıg00 (b+ 2.+2zh)’-(b+2H)?= 228
bi PB % In. (b+2:+2h)= 3,0910424
16 \+n/ 7 34 Mm. (b+.2H) =2,7725887
b+2H = 16 Diff. — 0,3184537
x 1000
= 318,4537 5
also
424
also
M’. A
= 34. (2184 — 3420 + 1800 — 318,4537)
— 34. 245,55 — 8348,7-
I.Ffrr H —36
6b?.(h+=2—H)—= 2040 In. (b+2:+2h)=5,3936275 —In.ıo
b+2H =. 15,2 In.(b+ 2H) =5,0238805 —In.ıo
(B7 210) = 7231302. Diff. =0,3697470
(b + 2: + 2h)’— (+ 2H)’ —= 7136,2 x 1000
(b-+2e + 2h)’—(b+=2H):—= 252,9 — 369,747 5
also
M’A
ae (ee Bros Boa a
— 34. 255,46 — 8685.
3. >RuraH .=1254
6b? (h+=:—H) = 2160 In.(b +2:+2h) = 5,3936275— In. ro
b+>2H =148 In. (b+2H) —=4,9972122—In.1o
(b-+ 2H)’— 219,04 Diff. —0,3964153
(b+ 2H)’=3241,8 a
(b+22.42h)’—(b-+2H)’ = 7406,2 — 396,4153 ;
(b+ 2e+ 2h)’—)b + 2 H)’— 264,96
also are
er — 34. (24687 — 3974,44 2160 — 396,4)
== 34.194358: 98762.
IV:Eür HH 02,9
6b? (h+e—H)—=2220 In.(b+22.+2h)—5,3936275—In.1o
b+ 2H)= 14,6 In(b+2H) ==4,9836066 — In. 10
(b + 2H)’= 213,16 Diff. —0,4102209 —
(b+2H)’—= 3112,1 ><_ 1000
(b+2e+2h)’ —(b + 2H)’— 7536 410,025
(b+ 22+2h)®? —(b+2H)’—= 271
also
also
M?A
_—— -_ - — 4065 + —
7 34 (2512 4065 + 2220 — 410)
= 34. 257 = 8738.
Das nahe Beysammenliegen der Werthe III und IV giebt zu erken-
nen, dafs man H — 2,4 als H beybehalten kann; also
M,—/07.V18,762—.269,3 Gub.,E:
Dieselben Bestimmungsstücke gaben ($. 17) M —= 257 C. F.
für den freyen Lauf, welches noch ‚nicht um #5 vom jetzigen Werth
verschieden ist, also immer noch eine gute Zusammenstimmung giebt.
Aber in den Werthen von H ($. 17 und hier) zeigt sich ein bedeu-
tender Unterschied. Dort fand man H — 3,4 Fuls, hier nur H —
Ar.
Der Umstand, dafs bey so verschiedenen Werthen von H,
die von H — 3,4 (s. den vor. {.) bis zu H — 2,4 F. abnehmen,
die zugehörigen Werthe von M sich nur von 269,3 bis zu 256 C. F.
(im vor. {.) abändern, ist den Berechnungen auf diesem zweyten
Wege nicht günstig. Ungleich regelmäfsiger sind die Resultate auf
dem ersten Wege ($. 59), wenn vom freyen Laufe die Rede ist.
Beschlufs.
$. 65.
Ich habe mich bey der ersten Methode am längsten aufge-
halten, nicht weil ich sie für die zuverlälsigste erklären müfste, son-
dern weil es natürlich war, die hier zu machenden Anwendungen
54 gleich
426
gleich bey derjenigen Methode zu zeigen, welche zuerst vorgetra-
gen wurde, und so auch die allgemeinen Bemerkungen, welche für
jede Methode gelten, gleich bey der ersten anzubringen.
Es bleibt aber zum Beschlufs dieser Abhandlung noch eine
Frage übrig, die sich von jedem Leser erwarten lälst: welche von
den hier mitgetheilten Formeln wird sich der Wahrheit am meisten
nähern und daher zum Gebrauch am meisten empfohlen zu werden
verdienen? Zur kurzen Uebersicht will ich die verschiedenen For-
meln hier zusammenstellen.
1. Für horizontale Canäle.
bH
MgLhhN nen. (7)
—H Hb
‚07 +YV [0,0049 101.
Marz. ig ( ö re A H+h
b. b. (In. (b+ (b+2h) —In. (b+2H) ) )
x (1- 2. (h— 5) nm
($. 42. nur dort e — o gesetzt.)
.b b ‘b+2h)>—(b+.2H)> 3b
3)M— = N on - 7 (O+ 21) — (b+219)?)
+6b?. (h—H)—b*. (In.(b+2h)—In. 6+:3)]
($- 50.)
II. Für Canäle mit abhängigem Boden.
dr bH.(e+h—H) b.In. b.In.(b+21 zh)—In.(b+: (b+2H)
1.)M—g9ı.bh.Y Feder we a Bi
2.)M
427
FY
— 0,07 +Y (0,0049 + 1014. SER >Ek x
2.)M— 3,187. bh. A H+h
et _b. (In. ge =)
($. 42.)
2s(h+H)’ (b+ah)’—(b+2H)' 3b Ä
ET SEE =. ((b+2h)
—(b+2 3°) +6.b. (h—H)— b*. (In. (b+2h) —In. (b+2H)))
($. 50.)
3b
N +2h+ ?
(® 2 2€)
_91.b ,‚b
ra
gı.b/ bh \% ‚b ey em
| 2 3
— (b+2H)? J+ 6.b?.(h + - H)—b*.(In.(b+2h+2e) —In.(b+2H)))
3 , ($- 61.)
IU. Für Canäle mit steigendem Boden.
Dieselben Formeln wie Nr. I. Nur wird der Werth
von g verneint ausgedrückt.
IV. Für Canäle, bey welchen Breite und Tiefe zugleich verän-
derlich sind.
Mb} (Kram. m
h-H).bh |
ony Er APR = Rio: (@-»). Te b). (b+2H)
+ B-b). (h—H). (b+2M)
N®
x (In. B+ 25h) — In.(b+2H)) |
($. 28.)
54° \. 66.
428 -—o
$. 66.
Die Formel (vor. $. I Nr. ı) beruht auf der chezy’schen
Grundformel
: £ bh
ee Wobh\ ug
die nur für solche WVerthe von gilt ‚ welche eine unveränderliche
Wassertiefe längs dem ganzen Canale zur Folge haben, die also der
Wasserfläche eine dem Canalboden parallele Lage gestatten. Die
Ableitung der allgemeineren Formel aus der so sehr beschränkten
chezy’schen beruht auf folgender Betrachtung:
Der Widerstand, den die vorangehenden Wassertheilchen den
nachfolgenden entgegensetzen und welchen alle wn den benetzten
Wandflächen leiden, bestimmt die Gröfse der ABBnlEmeUR> oder den
Werth von M.
Die Summe. aller dieser Widerstände längs dem ganzen Ca-
nale, wodurch die Bewegung der ganzen Masse bestimmt wird, hängt
von der Gestalt der Oberfläche des Wassers zwischen dem ersten
und letzten Querschnitte ab, und eben diese Gestalt wird durch die
Art, wie Boden und Seitenwände der Bewegung hinderlich fallen,
bestimmt. Insofern nun angenommen werden kann, dals der Wi-
derstand in jedem Wasserquerschnitte durch die Fläche dieses Quer-
schnittes mit dem benetzten Umfang desselben dividirt bestimmt .
wird, und dals von Strecke zu Strecke, auf bedeutende Längen, die
Oberfläche nicht merklich von einer schiefen Ebene abweicht, so
kann die Summe der Widerstände nicht merklich verschieden aus-
fallen, es mag die Wasserfläche im Ganzen eine etwas gekrümmte
Fläche oder eine schiefe Ebene bilden, weil die Summe aller jener
Quo-
7 429
Quotienten für die etwas gekrümmte Fläche von der für die Vor-
aussetzung der ununterbrochenen schiefen Ebene kaum merklich für
die Ausübung verschieden seyn kann. Kann also die chezy’sche For-
mel, welche auf die Voraussetzung H — h beschränkt ist, als Nähe-
rungsgleichung gebraucht werden, so kann auch die allgemeinere
(vor. $. II Nro. ı) als eine solche, in Bezug auf die Bestimmung
von M, gelten, wenn sie gleich das wahre Verhältnils der rerschie-
denen Entfernungen mit minderer Genauigkeit angiebt. Am häufig-
sten kommt es aber darauf an, den Werth von M auf eine genü-
gende Weise zu bestimmen, oder zusammengehörige Werthe von
A, e, b, h und M oder auch von A, e, b, Hund Mzu haben, und
es kommt selten darauf an, mit gleicher Genauigkeit auch die Ge-
stalt der Wasserfläche oder das Verhältnils der verschiedenen Tie-
fen zu kennen, das doch auch durch die Hypothese der schiefen
Ebene nie sehr unrichtig gefunden werden kann.
Dabey muls ich noch bemerken, ‚dafs die Hypothese der schie-
fen Ebene eigentlich Hypothese des gleichförmigen Abhangs der
Wasserfläche sowohl gegen den Boden als gegen die durch das Ende
des Bodens gezogene Horizontallinie ist, wobey also auf die wahre
Horizontallinie Rücksicht genommen werden muls.
Bey einer sehr bedeutenden Länge kann nämlich ß x (Fig. 14)
als eine durch x gezogene wahre Horizontallinie nicht mchr als ge-
rade Linie angenommen werden, sondern als Stück eines grölsten
Kreisbogens auf unserer Erdoberfläche ; der gleichförmig fallende
Boden y « mufs sich der 8 « gleichförmig nähern, und die Ober-
fläche 3 4 muls sich von der gleichfalls wahren horizontalen } &
gleichförmig entfernen; also ist 3 y eigentlich keine schiefe Ebene,
sondern gleichfalls ein Kreisbogen. Aber alle von der schiefen Ebene
her-
430
hergenommenen Sätze in Bezug auf Lage der Oberfläche gegen den
Boden und gegen die horizontale gelten ebenso wie die schiefe
Ebenen.
Aufserdem wird zur Beurtheilung des von den Umständen ab-
hängenden Grades der Genauigkeit des Resultates folgende Bemer-
kung nicht überflüfsig seyn.
Es sey 3u der yx gleichlaufend, so liegt 4, ein Punet in
der Wasserfläche, entweder zwischen «und », oder zwischen & und £;
letzteres nur, wo Aufschwellung Statt findet. Im ersteren Falle kommt
die bey der allgemeinen Gleichung zum Grunde liegende Voraus-
setzung der WVahrheit desto näher, je näher y an x fällt, oder je
kleiner ist, weil die Wassertiefe nirgends kleiner als x 4 und
nirgends gröfser als y 3 seyn kann. Wie daher auch die Gestalt
‚des Wasserspiegels zwischen 4 und 3 beschaffen seyn mag, so kann
bey einem kleinen Werthe von
nicht viel von der verschieden seyn, welche Statt fände, wenn y 3
eine von y bis 5 gleiehförmig steigende Linie wäre. Dieses muls
noch Statt finden, wenn auch = h
- ein Bruch von bedeutender
Gröfse, z. B. ?, wäre. Aber wenn ein nur etwas kleiner
Bruch, z. B. nicht > ı, wäre, so kann auch offenbar die Gestalt
der Wasserfläche zwischen y und 3 nicht viel von der gleichförmig
steigenden 43 abweichen, weil nur langsame und allmälige Aende-
rungen der Richtungen der Oberfläche zwischen diesen beyden
Puncten eintreten können. In solchen Fällen also, wo das Verhält-
nils zwischen h und H, welches die allgemeine Formel giebt, so be-
schaf-
die Summe der, Widerstände
> re
dgı
H Era. r
etwa nicht über 4 beträgt, kann auch das
schaflen ist, dafs ap
wahre Verhältnifs zwischen h und H nicht merklich von dem, wel-
ches die Formel giebt, abweichen.
Im letzteren Falle, wo nämlich y zwischen se und « fällt, kommt
die bey der allgemeinen Formel zum Grunde liegende Voraussetzung
wieder der Wahrheit desto näher, je näher yan x oder an e fällt;
e+h—H
also je kleiner ee, oder je kleiner re ist. Und wenn
einer der drey Brüche
h—H H—h e+h—H
hier Bar 7,
nicht über ı beträgt, so kann man immer versichert seyn, dafs das
angenommene oder das durch die Förmel bestimmte Verhältnils zwi-
schen h und H dem wirklichen Erfolg genau genug entspreche. Ist
derjenige von diesen Brüchen, welcher dem Bruche 4 am nächsten
kommt, grölser als +, so wird das Verhältnifs zwischen h und H
allerdings minder sicher; aber ein schr bedeutender Fehler kann
doch nie eintreten. Der Werth von M bleibt immer hinlänglich ge-
nau, insofern die chezy’sche Grundformel für h—H als hinlänglich
genau gelten kann.
Die Gleichung ($. 65, I, ı) ist aus der (II. 1) unmittelbar ab-
geleitet, indem nur e — o gesetzt wurde; sie ist also eben so con-
sequent als die schon erwähnte. r
432 IRRE
Der wichtige Umstand, dafs die allgemeine Gleichung (II, ı)
'beyde Neigungen, die des Bodens — = und die der Wasserfläche
et H — h besonders erhält, beseitigt die Beschränktheit, welche
allen vorher bekannt gewesenen Formeln über die Bewegung des
Wassers in offenen Canälen anklebte, und setzt uns in den Stand,
auch die Canäle mit horizontalem Boden dem Calcul zu unter-
werfen.
1
Die Beschränkung auf gleichformige Bewegung, welche nur
für H — h möglich ist, und die bey freyem Laufe nie eintritt,
stand bisher nicht nur der Anwendbarkeit jener Formeln, welche
Chezy, Dubuat und Prony gegeben haben, in den allerhäufigsten
Fällen der Ausübung im Wege, sondern sie leitet auch noch auf
die Vermutkung, dals die für diesen Fall beschränkte chezy’sche
Grundformel :
m... Bir
—o6 bhy Kuech
(wo ich ® statt des bisher gebrauchten numerischen Coäfüicienten
gesetzt habe) auf Fälle, wo wirklich durchaus gleiche Wassertiefe
Statt findet, genauer passen würde, als Vergleichungen ihrer Re-
sultate mit Beobachtungen, bey welchen man so gerade hin H —=h
und durchaus gleichen Abhang des Canalbodens angenommen hat,
ergeben. Eben darum mögten auch wohl neue Beobachtuugen bey
Canälen von ganz verschiedenen Gefällen des Bodens erfoderlich
_ seyn, um die Resultate der Beobachtung mit denen der Formel
(II, ı) vergleichen und den numerischen Coäfficient gı.näher prü-
fen zu können. Vielleicht würde er einiger Abänderung bedürfen.
$. 67.
a u A
433
$. 67.
Die Formel ($. 65, II. 2) ist ganz so aus der gleichfalls auf
die Voraussetzung unveränderlicher Wassertiefe beschränkten pro-
ny’schen Grundformel abgeleitet, wie die II. ı aus der chezy’schen.
Ihre Resultate fallen mit denen von II. ı schr nahe zusammen. Es
läfst sich nicht läugnen, dafs die Resultate der prony’schen Grund-
formel mit denen jener Beobachtungen, aus welchen sie abgeleitet
ist, etwas näher zusammenfallen, als die Resultate der chezyschen
Grundformel; aber in der Anwendung auf Fälle, wo nicht gerade
jene fast nie Statt findende Voraussetzung H — h gilt, verschwin-
det der Erfolg des Näherzusammenfallens so, dafs die Abweichung
wenig Aufmerksamkeit verdient. Und wenn nun überdas die Vor-
aussetzung der unveränderlichen Tiefe bey den zum Grunde geleg-
ten Beobachtungen nicht einmal wirklich Statt hatte, und neue
Beobachtungen etwas veränderte Resultate ergeben, welche auf eine
Abänderung des Coäfficienten ® in der chezy’schen Grundformel
führen, so müflsten in solchem Falle auch alle jene prony’sche Be-
rechnungen umgeändert werden, die in seiner Formel die Zahlen
gegeben haben, welche in meine allgemeine Gleichung II. 2 über-
gegangen sind. Und da sich nicht behaupten läfst, dafs in den
von Prony gebrauchten Beobachtungen die zum Grunde liegende
Voraussetzung unveränderlicher Tiefen längs dem ganzen Ganale
wirklich Statt gefunden habe, so bleibt es auch unentschieden, ob
die prony’sche Grundformel dieser Voraussetzung genauer entspre-
che, als die chezy’sche. Aus diesen Gründen und wegen des unbe-
deutenden Unterschiedes zwischen den Resultaten der verschiede-
nen Formeln bin ich nicht der Meinung, dafs bey wirklichen An-
wendungen die Formel II. 2 der II. ı vorzuziehen sey.
‘
Dasselbe gilt also auch von I.2, die aus II. 2 folgt, indem
man nur € — o setzt.
55 $. 68.
$. 68.
Die Formel $65, I. 3 ist strenge aus der chezy’schen abgelei-
tet, so dals sie immer denselben Werth für M giebt, man mag,
in welcher Entfernung man will, vom Anfange des Ganals die VWVas-
sertiefen h und H nehmen. Offenbar erhält sie hierdurch einen
wesentlichen Vorzug vor der I. ı, welche nur auf die WVassertie-
fen am Anfange und am Ende.des Canals Rücksicht nimmt, und in
welcher also A allemal die Länge des ganzen Canals bezeichnet.
Es fällt auch in die Augen, dafs einer in aller Schärfe richtigen
Formel jene Eigenschaft zukommen müfste, wofern die chezy’sche
Formel selbst der Natur völlig angemessen wäre. In dieser Voraus-
setzung gäbe dann die Formel I. 3 zugleich die wahre Gestalt der
Wasserfläche, und sie gäbe zusammengehörige Wassertiefen für jede
Entfernung in aller Schärfe. Wo. daher Aufgaben für horizontale
Canäle vorkommen, ist die Formel I. 3 die vorzüglichste. Aber es
folgt aus der Natur der Sache, dafs in Bezug auf die Bestimmung
von M die Hypothese, welche die Oberiläche als eine schiefe Ebene
gelten lälst, keine bedeutende Verschiedenheit in Vergleichung mit
der wahren Gestalt der Wasserfläche zur Folge haben kann, und
dafs überhaupt die Verschiedenheit des Resultates nur im Werthe
von H, wenn die übrigen Stücke bestimmt sind, oder im Werthe
von h bey apgenommener Bestimmung der übrigen Stücke, oder
im Werthe von’A, wenn die übrigen Stücke festgesetzt sind, be-
wirkbar werden kann, worüber ich mich schen ($. 66) näher er-
klärt habe.
$. 69.
‘Die allgemeinere Formel $. 65, II. 3., welche für jedes
Gefäll des Bodens gilt, ist auf eine sehr consequente Weise aus
der I. 3 abgeleitet worden. Sie ist nicht, wie die I. ı, auf die
Hypo-
j
|
455
Hypothese der schiefen Ebene gegründet *), sondern steht in nähe-
rem Bezuge auf die wahre Gestalt der Wasserfläche. Wo es da-
her auf genauere Bestimmung zusammengehöriger Werthe von h,
H und A (unter A den Abstand irgend einer Wassertiefe h von ir-
gend einer andern H verstanden) ankommt, würde ich die Formel
Il. 3 der II. ı vorziehen.
$. 70.
Die Formel $. 65 II. 4, die sich für e = o d.i. für hori-
zontale Canäle in die I. 3 verwandelt, beruht auf einer Hypothese,
deren Anwendung zwar ohne grofsen Fehler gestattet zu seyn
scheint, aber doch nicht offenbar genug ist, um sie mit der hier
erfoderlichen Sicherheit gelten zu lassen. Nahes Zusammenfallen
der aus diesen verschiedenen Methoden sich ergebenden Resultate
bestätigt ihre genaue Abhängigkeit von dem bey der chezy’schen
Grundformel zum Grunde liegenden Gesetze, und zugleich die An-
näherung der chezy’schen Formel selbst zum Gange der Natur.
Zu 4 und IV finde ich weitere Erinnerungen unnötkig.
Uebrigens werde ich kaum bemerken dürfen, dafs überall von
der mittleren Geschwindigkeit der Wassertheilchen in einem Quer-
schnitte die Rede ist. Zuweilen kann es darauf ankommen , die
von
*) Ich bediene mich des Ausdrucks: Hypothese der schiefen Ebene überall
nur zur Abkürzung. Ich verstehe darunter nur die Voraussetzung, dafs
der Wasserspiegel nicht merklich von eirer Ebene abweiche und dafs
seine etwaige Höhlung .bey Seite gesetzt werden könne. Von den me-
chanischen Gesetzen, nach welchen Bewegung auf einer schiefen Ebene
erfolgt, und einer davon hergenommenen Hypothese ist hier nirgends
die Rede.
5
36 .
von unserer Willkühr abhängenden Bestimmungsstücke bey einem
Canale so zu nehmen, dafs sowohl die Tiefe als die Geschwindig-
keit längs dem ganzen Canale zwischen bestimmte Gränzen fallen.
Bezeichnet man die Geschwindigkeit am Anfange des Canals mit c,
M
so darf man nur c Statt BE setzen.
a)
f,
Tab. XI.
Bee nu
222.
—
. Aa 437
02002020699950000900080900009-09009009990099 999955
Fir: twdemne,s
Massiliae, Manheimii, Ratisbonae, Monachii, St. Andex,
Tegernsee, Peifsenberg et montis St. Gotthardi supra libel-
lam maris mediterranei ope barometricarum et ther-
mometricarunı obseruationum determinatae
ab
Auoysıo GrLasıo KırnER,
olim Canonico Regulari Rothenbuchensi.
.
Obseruationes barometricae et thermometricae singulis diebus trina@
vice per octo annos institutae; et altitudo Manheimii supra Massi-
liam iuxta hasce obseruationes determinata.
TV arb usl.ar I
Status barom. et therm. interni menstruus, et altitudo Manheimii correspondens.
Massilia. Manheimium. Altitudo Manheimii supra Massiliam,
R Alt. | Gr. Alt. Gr. |
Menses || barom. | therm. || barom, | therm. Toises Metres |Ped. bauar.
media | medius | media | medius an an I
Jan. |l27.11,67)+ 7,30||27. 8,61|-+ 3,30 37,664 | rjer73,43 | Bm | ann |
_ Febr. 27: ı1,70| 7,4427. 8,001 4,65 .38,2845 5 | 74,62 AIR: 255,66
Mar. ||a7.10 Bl 8,7027. 8,25] 5,28 EN | _62,99 Im 215, Ay
_ April. 28. 0,50| a1,5gfa7: 9,73) 9,82 34,8902 | alu 68,00 IE 233,00
Mai. _ |28. 0,981 15,09|]27.10,22] 13,96 35 ZITIE | ZT T 236,06
Tun. 28. 0,98| 17,25] 27.10,02| 16, ‚28 38.3160 | | o | 7468 [BE 255 e7_
Il. 28. 1,56| 19,23] 2710,50) "18,00 _39,893ı | 7 | m I 266,4
Aug. |j»8. 1,36) 19,28|27.10,50| 17,14 _ 3752264 Kal: 12172, 566 | 248, 60
Sept. | |a8. 1,35] 17,87|27.10,21] 15,08 40,5602 | 79,05 | 370,86
_Oet. II28. 0,79| 14,21]]27.20,13| 10,25] | 3,7138 | € __ 65,71 ? Int ab
Boy. v. |l28. 0,37] 10,1 10||27. 9,82] 6,33 31,379 | 61,86 Jay 211,94
Dee. + ]ja7-.11,14]| 7541]]27- 8,521 3,88 32 ara Sn oo | F5, 85
ram 28. ol 12,96|27. 9,59] 10,35 36,0229 a 70,21 | |__240,56
T a
438
Tabula I.
Status barom. et therm. interni annuus et altitudo Manheimii correspondens.
Massilia. Manheimium. Altitudo Manheimii supra Massiliam,
| E
Fi
Alt. Gr. | Alt. | Gr.
ars a ER
Anni |} barom. | therm. |,barom, | therm. Toises. Metres Ped.bauar. y
media medius | media | medius | j
1783]. 0,6214 13,90|27- li u 38,8619 |. 774 | 259,52 b
1784 |]27-.11,94| ı2 ‚sale. 9,08| 9,16 36,1173 _ 361173 | 70 39 | 341,19 N
1785 |j2d. 0,28| 22,91]]27. 9,90] 985 30,0749 | | 58,62 | 200,84 1
1786 |j28. 0,13| ı2 ‚82]127- 9. 9571 83 2239 ‚3663 BT 63,08 | 264
1788 |28. 0,40) 13,30]]27.10,08, 10,94 29,4088 | 57,32 | 196,39
_1789 |28. 0,33| 12,37|]27. 9,32| 10,52 | 38,077 | 7422 N: 254,28
1792 |j28..0,73| 22,98]]27- 9,59] = 3957608 | 77,491 265,50
1792 28. 1,07| _12,79|]27. 9,65] 10,65 43, ‚2536 | I: 84, 3 ] 288,85
ne lee er a729:5917 au
medium.|[28, 0,44) 12,96 | 10,33 35,9901 a BRNAR 7014 | 240,34
Tabula I.
>
Status barom. et iherm. interni vniuersalis, et altitudo Manheimii correspondens,
Massilia, Manheimium. Altitudo Manheimii supra Massilam.
Alt. Gr. ‚Alt. | Gr. | | |
Octo annil! barom. | therm. || barom. | therm. Toises Metres Ped. bauar.
media | medius || media | medius
vnjuersim|j28.0,437, 12,96]27-95593] 10,33 35,9942 | 70,15 | 240,37
Anno-
439
Annotatio. Manheimium ideirco cum Massilia siue Marseille
comparandum esse censui, quia vrbs haec Galliae haud procul a,
littore maris mediterranei distat; et aula, in qua barometrum et
thermometrum suspensa erant, vti clarissimus obseruator S. Jaqües
de Silua belle Tomo II. Ephemeridum Manheimensium refert, libella
maris mediterranei nonnisi 24 hexapedis altior est. Quae si alti«
tudini Manheimü supra Massiliam addantur, inuenitur
Altitudo Manheimii supra libellam maris mediterranei
Vniuersim Toises Mötres Ped. bauar.
Pro Tab, I, | 60,0229 116,99 | . 400,83
SS m m
Tab. I. | 9,9942
Tab. II. | 59,9901 | 116,92 | 400,61
116,93 | 400,64
i
Obser=
440
Obseruationes barometricae et thermometricae singulis diebus trina
vice ab anno 1781 vsque ad annum 1790 exclusiue institutae; et
altitudines locorum infra scriptorum iuxta hasce obseruationes
Status b
determinatae.
T; abe. u hs/ar»el.
arom. et therm. interni menstruus,
Manheimium. Ratisbona. Monachium. St. Anderx.
s Alt. Gr. | Alt. Gr. Alt. Gr. Alt. Gr,
Menses. | barom. | therm.|| barom. | therm. || barom. |therm. || barom. | therm.
media /medius|| media |medius | media |medius|| media | medius
Jan. een . 952 3 ‚38, 26.11,56|— 0, 30,126. 5,36 SB 7,69, 25. 9,331 = 037
Febr, |l27. 8,755) 4,81126.10,62 ale 1 69, 26. 4,79 "9,2825. 8,65 +« DER 13
Mart. |j27. 8,24) 5,86126.10,14| 24,43 126. 4,12| 10,69125. 8,01 29
April. (27. 9,28| 9,7326.11,50° 8 7) 26. 5,00| 11,86125. 9,24 9,24 5,90
Maj. 27. 9,88 13,59|27. 0,48) 13 13,36, 26. 5,84| 12,84|25.10,29| 10,54
Jun 27.10,10| 16,66 27. 0,53) 16,17.26. 6,12 _ 15,16125. 1 10,81 1267
Jul. 27.10,39| 18,17 27. 0,98 17,19 26. 6,84| 15,94125.11,42 18,97
Aug. |27.10,32| 16,80 127. 0,85 16,73 26. 6,17 15,25 25.11 >| Se
Sept 27.210,16 15,09 27:.0,73| 14, 96 26. 6,31 3, ,64||25.10,90, kn.
_Oct. 27.10,25| 10,21|27, © 54 9,12 26. 5,79 Ta 08) 25.10,29 71
Nov. |27: 9,52) 6,68126.11,55. "4,30126. 5,17 10,76.25. 9,28 2,46
"Dec. 27. 9,14 __3,96126. 126.11,12 _%,69 126. 4,65 9,21 25. 8,61 055
Ex his mr — I
medium.||27. 9,63 10,40'26.11,88| 8,9226. 5,51 11,06\ 25. Be 6 55|
7
Ai
Tabula I.
Status barom, et therm. interni annuus.
Manheimium,. Ratisbona, Monachium. St. Andex.
Alt, Gr. Alt. Gr. Alt. | Gr. Alt. Gr.
Anni barom. | therm. || barom. | therm. ||barom, | therm. |, barom. | therm.
media | medius || media | medius || media | medius || media | medius
1782 |127. 9,36 0 986)26.1 11,90 8,57|126. 5,01 10,44 25. 9,91 5,96
783 27. 956) 10,96 27. 0,07 9,80 26. 5,35 13,40]25. 9,90 Er
1784 |27. 9,08 9,16206.11,64 8,2626. 5,50) 12,57]125. 9,30) 5,76
__1785 27. 9,901 9,85|126. 11,99) 7373), 26. 5,77 11,89 25. 9577 5,38
786 ar 9,83 26.11 211,54) __Ba7, 26. 5,31 11,90,25. 9,08 N 17,84
a7 a7. 9,87 10,83 27. o 34 Zahn) 937,26: 6,04 6 94 12,95 25.100,11 76,53
1788 |27.19,08 10,94 26.11 EZ 9917| ‚26. 26. 5,71 13,18|25.10,12 6,96
1789 |27. 9,32 " 10,52 136.11 1 a7] KErHR; ‚4 26. 5,23] 11,60 25. 9,531 6,40
Ex his
medium I:
1781 | 27: 994 + 11,05 11,05127. © 27. %43|-# 10, 10,26" 26. 5,704 982] 29.10,73 + 7,76
27. 9,63 el 11,88 8,92]126. 5,51 11,95125. 9,83 6,55
Tabula Ill
Status barom. et therm. interni vniuersalis.
Manheimium, Ratisbona, Monachium. St. Andex.,
Alt. Gr.
barom. || therm.
media || medius
Nouem ||, Alt. Gr. Alt. | Gr. Alt. Gr.
Rn: barom. || therm. |} barom. || therm. || barom. || therm.
media || medius || media medius || media || medius
6,55
ne pa 3
56 | Alti-
42
Altitudines Locorum infra scriptorum Tabulae I. correspondentes.
Ratisbona supra Monachium supraRa- St. Andex supra Mona-
Manheimium. tisbonam. chium.
Ped. £ F Ped. 3 > Ped,
Menses. | Toises | Mötres| Basar. Toises | Metres badar. Toises | Metres Hana
Jan, |] 122,3619) 238,49] 817,131] _78,9256] 153,83, 527,06]] 104,5237| 203,72] 698,02
Febr. 125,8360| 245,26| 840,33|| 75,0480| 146,27, 501,17|| 105,6584 205,93 705, 58
"Mart. || 126,8331| 24 247520 346,99| 78,4278 152,86. 523,74| 107,2284| 208, _ 208,99 716,07
April. 124,8089| 24 243,26 26| 833,4
833,47 85,4879| 166,62, 570,89|| 103 ‚6965| 202,11 692,48 48
Mai. 122,1398 "238,06| 815,65| 88,2675| 172,04 589,45 101,9534 198,71 680,84
Jun. 126,0151| 245,61] 841,53 86,2048 "168,02 575,67 67|| 99,6273| 194,18] 665,31
Tul. 124,5001 "242,66 831,41 82,7634 161,31] 552,09 ‚09 101,4142) 197,66] 677,24
Aug. 124,8075 243,25 833,46 89, 9212 175,26| 600,49, 95,8282| ı86,77| 639,94
Sept. 123,3264 240,37 "823,57 97 85, ‚7324 "167,10 572,52|| 100,4138 195,71 670,56
Oct, 123,8069 241,30| 82 826,78| 88,4594| 172,41] 590,73|| 99,9941| 194,89 667,76
Nov. 124,8852| 243,41 "833,98 82,7825 161,35| 552,82|| 104,2611| 203,21 696,25 25
Dec. 123,8555| 241,40| 827,10 82,8938| 161,56) 553,56|| 105,2390| 205,11 "702,78
——— mm
Ex his
media || 124,4314| 242,52| 830,95|| 83,7429 163,22] 559,23|| 102,4865| 199,75| 684,40]
SEEN! 2 BER SET E EST FESTEN EST EAN IT So a ED a De HE STE BEE BET
Inuenitur igitur Altitudo media.
Ratisbonae supra mare, Monachii supra mare. St. Andex supra Me-
nachium.
- R Ped, B ; B S ER =
aFoises | Mötres DE Toises | Metres en | Toises | Mötres ze, |
184,4543] 359,51]1231,78] 268,1972] 522,73|1791,01]] 370,6837] 722,4812475,41]]
Altı-
N en
ET nenn Eee
443
Altitudines Locorum infra scriptorum Tabulae II. correspondentes.
Ratisbona supra Man- Monachium supra Ra. St, Andex supra Mo-
heimium. tisbonam. nachium.
Anni | Toises | mätres| os en | Toises | Metres Mn | Toises |Mötres lage
122,0737| 237,93) Bıb,aıj 88,2064 171,92 589,08] 92,6791] ıt 180,63 6d,gı
120,6501 235,15 "805,70 90,2321 175, 87 602,57 »97 94, 4587 184,10 630,79
121,6416 237,08 812,32] 88,7825 173,04 592,89 100,0017, 19491 667,81
120,1941 234 „»26| 802 ‚65| .80,7310| ı57,35| 539,12|| 108, 8133, 212,08, 726,65
126,7809, 247,10, 846,641 80,6897| 157,27) 538,841| 106,5608 207,69, 711,61
127,8433) 249,17| 853,73 81,8243] ı59,45| 546,32 110,3970, 215,17 737,23
131,8847 "237,56 "813,951 83,024, 161,82) 554,43 106,0841| 206,76, 708,43
198,31, 679,45
200,50 6806,99
131,2569| 255,82| 876,53] 80,5853 ı57,06| 538,15] 101,7452
128,5856 250,62) 858,09 7954219 154,80 "530,38 102,8733
124,5457| 242,74] 831,71] 83,7218' 163,17| 559,08 102,6236| 200,02| 685,32
Est igitur iuxta hasce determinationes Altitudo media.
Ratisbonae supra mare. Monachii supra mare, St. Andex supra mare, _
- f Ped. . . Ped. "Ped. |
Toises | Metres Baar. | Toises | Mötres banır. Toises | Mötres| a
"184,5358] 359,66] 1232,32|] 268,2576] 522,83]1791,40]] 370,8812 | 722,85 2476,72
Altitudines Locorum infra scriptorum Tabulae III. correspondentes.
Ratisbona supra Man- Monachium supra Ra- St. Andex supra Me-
heimium. tisbonam. nachium.
Nouem & ; Ped. . h Ped. E Ir: Ped
= s IM M& R
Er Toise etres | yauar. Toises etres ae Toises [Metres re
vniuer-
sim a 685,42
| | |
124,5351] el | 83,7152] 163,16] 550,08] 102,6384
Ex quibus resultant Altitudines Locorum infra scriptorum supra
libellam maris mediterranei.
Ratisbona. Monachium. St. Ander.
Toises | Mötres| yauar. Toises | res] ned, | Toises | Metres ann,
184,529] 359,65] 1232,28]] 268,2445] 522,81] 1791, 31] 370,8829] 722,86]2476,7
EEE SI ANDI EZ IE HEFTE EEE EN,
Obser-
44
Obseruationes barometricae et thermometricae singulis diebus trina
vice partim per octo, partim per nouem annos instilutae; et alti-
tudines löocorum infra scriptorum iuxta hasce obseruationes
determinatae,
. Tabula
Status barom. et therm. interni menstrugs.
Tegernsee Peifsenberg Peifsenberg Mons S. Gotthardi
pro 9 annis, pro 9 annisg pro 8 annis. - pro 8 annis.
en
Alt. Gr. | Alt. Gr. Alt. Gr. Alt, Gr.
Menses, || barom. | therm.|| barom. | therm. || barom. |therm. || barom.'| therm.
media |medius N media |medius || media |medius|| media | medius
a ———— —
Jan. 1: 8,55 + 0,96||24-10, 83 — _ — 09 24.10,80|— a . 8,16 2,79
Febr. |j25. 7:78 1,18 24. 24. 9,70|— 917, 24. ‚966 — Aa 7:43 2399
Mart. 5. 7,24 hi 2,37 24. 9,60 +o 9,99 124- 914 E70 6 ,64 = — 1,69
April. |j25. 8,49 5,74||24.10,92 4,48, 24.10,89 4,08 21. 9,114 1,04
Maj. 25. 9,25j| 9,85|25. 0,28 8,7925. 0,08) 8,65) 21.120,62] 4,57
Jun. 25. 9,79| 12346125. 0,51 21,42 25. 0,59) 11,25,21.10,92 6,80,
Jul. 25.10,72 1418,25. 1.101 12.65 25. 0,08) 12,65.22. 0,00 _ 334)
Aug. 25.10,40 13,48 125. 0,93| 12,02 25. 0,84] 11,80|22. 0,02 7:93
Sept. 1125. 9,86! ı2,35.25. 0,68! 10,45 25. 0,69 10,38 21. as ‚os 6,56,
Oct. 25. 9,71| . 7,86 25. 0, 2 5,31124.1 | Baer 21.10, 10,260 2,71
Nov. 25. 8,25 3,98124.10,74, ı __1,67124.10,79 1,5421. 8,881 — — 0,79
Dec. 25. 7,85 ___0,52|24.10,25, — 0 — 0,33 24.10,07 0, 68 a1. 7,87|— 3,50) _2,50
Erh | zn |
medium, a5. 8,99 7507.24.11,46)-+-5,5g [24.11 PER 5,44. 21. Be 2,26
Ta
.
Trarbea De ET.
Status barom. et therm. interni annuus.
Tegernsee Peifsenberg Peifsenberg MonsS. Goithardi
pro 9 annis, pro 9 anniss pro 8 annis, pro 8 annis,
Alt. Gr. Alt. | Gr. | Alt. Gr. Alt. Gr.
Anni barom. | therm, || barom. | therm. barom. | therm. || barom. | therm. |!
media edine | media | medius | media
medius | media | medius
SENEREN Pr URERCHR ER ASRENE a
| ‚a5. 25. 9,594 7,76 7,7025. 0,14 An 6,79|
ırBa . 25. 8,83 7320| 124: 1127| 5, 38 24. 11,27
+5 5,38 21. ı 9,02 + 2,16 2 =
783 25. 924 7 ‚96 24. 2443| 6,10 24. a »43| _ O10 21.10,00| , 2,92
and 25. 8, 58 6,51 24. 11 an N 87 24 11,05 4,8713 21, 21. 9,31 "00
3765 |28. 8,77) 6, 13 ‚24.11, ER 4,87. 7% 11,86| 4,8721. 977 ji 2307
786 a5. 8,66) 6 ‚64 24 11,12 ln 24. 21,12 5,02] 21. 9,57 2,01
a =. 25.9 7,51124.11 a 6,20 24 a Kr 6,20121.10,27) 236];
78 25. 25.0 7,2224. 11,73, 5,523 24 2,73 5,5212 959 72
1789 CE 8,63 ‚63 _ 6,74 24.11 | 5,55 24. ıı 4 5,55ll21. Der 97
Erhisıllıe | Fu ER ArLsTRGE) EL
medium |la5. 8,99 a 6,59||24. 11,37 5,44h21. 9,63 2,26
Tabula I.
Status barom. et therm. interni vniuersalis.
Tegernsee Peifsenberg Peifsenberg Mons S. Gotthardi
i pro 9 annis, pro 9 annis, pro 8 annıs. pro 8 annis.
Busem! It - Alk, | Gr. Alt. | Gr. || Alt. Gr. | Alt. | Gr.
vel octo ||barom. | therm. || barom. | therm. || barom. | therm. }| barom. | therm.
Anni || media | medius || media | medius || media | medius || media | medius
u | a | —— zz
vniuersim |,25.8,989 7,071124.11,458 5,59124.11,372 5,44112.19,626] 2,26
m———— 000
56 * Alu-
&»
446 Neth
Altitudines Locorum infra seriptorum Tabulae I. correspondentes.
Tegernsee supra Peilsenberg supra Mons $. Gotthardi
St. Andex. Tegernsee. supra Peilsenberg,
Menses. Mensen. | 7 Toises | Mötres er Toises | Metres Be | Toises | Metres et
"Jan. | ot 1262 _19,74]_67,62] 128,4841] 250,32 "_857,68j| 550,4023 1072,75] 3675,50]
"Febr. ou „3120 a 1! Aran 133,0849 260,56 892,74 545, 8398, 1063,86 3645, 10
Mart. aoyı ‚1156 2972| 6 67,55, 198,7 7437 250,95 859,75 554,3211 1080, 37 3701,74
April. 10,0103) 19, 9,51 66, 85 12954568 292, 32 864,51 548, 1637 1068 »39 3660, 62)
Mai. || 14,1363 27,95 94,40) 1241080. 241,89 828,79 551,7589 1075,40 3687,63.
Jun. 13,9976 _ 27,28 _ 948 129,1263| 251 ‚07 "862,30|| 5( 560,6328| 1092,09 37 3,5,
|
Mart. |
Tun | 5 69,
Jul. | se 18,81 = 134,4533| 262,05 897,88] 552,7693 1077537 ‚091, 38
Aug. 10,9227 20,12) 68 68 ‚93, 132. ‚odgı 257,39 881,89) 548, 8444 1069,72 36 "3665,17
Se 142406 2776| 9 95, 10 127,9578 248,22 850,49, 548,4569| 1068,96 3062,58,
7,7758) 15, 3,16 B5ı 93 131,5202 256, 24 878,29] 548, 7611 1069,55 3664,61
13,5758 er 00,66 12752779 248, 07 07: 849,96 5443510 1060,95 3635,15
9,9728 10,24] 65,93 | 126,9387| 247,41 847,69| 544,8134|1061,87|3638,26
Ex re Exhisıl 0 jur Fa CHF RZ TEE WE FT
media 11,2639| 21,95 75,221] 129,4301 252,26] 864,33|| 549,9264]| 1071,83|3672,39
’
Inuenitur igitur Altitudo media.
Tegernsee supra mare. Peifsenberg supra mare. Montis S, Gotthardi
N supra ma mare.
5 1 Ped Ped | Ped. |
Toises | Metres x i 5 5 >
€ ee Toises | Metres Baar Toises | Metres Hauar!
381,9476] 744,43]2550,63]l 811,8777) 990,69 |3434,96]11001,3041|2068,52]7087,38|
1784 10,4279| 20,32] 69,64 129,2373| 2 251,89| 863 ‚4, 54954364 1070,87 3669,12
1785 13,3254|ı 25,97 88,99 127,4101 248,33 33 0,8 _546,7257 1065,59 3651,02
1786 6,6408] 10,99 _ 37,67 129,4225| 252,25 864,28 28] 5406,6884 1065,52 3650,77
| 9,7723 _ 19,05 65,26 129,07B1| 251, 751,58 861,98 548, 37021068 1068,79 3662,00
_ 1788 11,9216|1 23,24] 79,61) 128,9687| 251,36 861,25] 556 SICH, 4,43 3715, 58
1789 ze 12 „0478 a3 3348 80,45|| 128, _138,9491 ER = 861,12) 548,1 Zr ‚32,3660,39 39
Ein 11,3022| 22,03] 75, Be 129,4949| 252,39 Ba 550,085 11072,1413673, 8]
447
Altitudiaes Locorum infra scriptorum Tabulae II. correspondentes.
Tegernsee supra St, Peifsenberg supra Mons $. Gotghardi supra
Andex. Tegernsee, Peißsenberg.
Anni | Toises ses | Mötres Er Toises | Metres Bi "Toises |Mötres er
14, 4427 8, 3,15 96,45 129,9127 "253,26 867,55. "558, a Aa SET 46
"78a
8,8618 1727 59,18) 133, ‚6758 260,54 892, 68, 546,941 ie 3682,46
78 ji E 15,97 2798 _ 29,78 102,04]] 128,8005| 251,04 860,13)
Est igitur iuxta hasce determinationes Altitudo media.
Tegernsee Peifsenberg Montis S. Gotthardi
supra mare. supra mare, supra mare.
| Toises | Meires|yauar. | Toises | Mötres| au. | EN | Toises | Mötres Ban Toises | Mötres Be,
| 382,1834] 744,88] 2552,20|| 8]2552,20]] 511,6783] 997,2713416,906] 997,27|3416,96]]1061,7668 |2069,41|7090,44
*
Altı-
RA
448
Altitudines Locorum infra scriptorum Tabulae III. correspondentes.
Tegernsee supra Peifsenberg supra Mons S. Gotthardi supra
St, Andex. Tegernsee. Peifsenberg.
”
None, | | Ped Ped Ip
e > s f ; \ E f ed.
sh! Toises rer Base | Toises Mötres! pauar. Toises MöreS | pauar.
vniuer- l | |
sim 11,2806| 21,99| 75,33 || 129,4801| 252,36) 864,66|| 550,1265| 1072,22]3673,73
Ex quibus resultant Altitudines Locorum infra scriptorum supra
libellam maris mediterranei.
Tegernsee. Peilsenberg. Mons S. Gotthardi.
Toises | Mötres | eva. | Toises | meines! naar. | Toises | Mötres| no
| 382,1655| 744,85]2552,06|| 511,6436| 997,21 13416,72]]1061,7701|2069,43] 7090,45]
<e95::205655COSOIIYLOOYEEOE92-SEOLCOTOSSELEVEYIYY SEHE 5977:
De RN.
Ple'sii tu
Basis et Retis Triangulorum
. impensa Regis per totam Bojoariam porrectorum ad me-
ridianum speculae astronomicae Regiae relato azimuthis
observatis et ad caleulos revocatis nunc primum
definito
a
CAroro Ferıcı Seyrrer
6.94.
A lktnäines solis 3. Mart. 1807. ex aequo observatae.
Horologium Lepaute.
19. 0%. 01”. 2.h. Bor ag,
OL. ıq | AO IM
02. 17. 48: 04.
SEN EN 46. 56,5
04. 38. 4: 4:
Mr 2 On. 1.485 44- 37.
h 06. 57,5 43- 26.
08. 08. 4.17:
57 ex
ex quibus efhcitur
MenIdies nn. a a Baar
Borrectio.n.4... 0: — 20, 490
AR © observata a a
$.123
Ex elementis solis ad tabulas illustris Delambre colligitur
a
a
Longitudo solis media . . . . . Im, 10%. ı9. 263
vera teen EL 11. 59. 48; 8
Ascensio recta solis media . . . 22.h 41‘. 12, 809 h
Aequatio temporis - . .......,..# 12% 25% 4622 R
ARNO! we. | nn N EN Mn ak, 3 ae a N
obseryata ({. 1.) - » -» - 20.22. 54 51, 7243 1
a ee
Acceleratio horologi — oı. 13", 4531 h
Obliquitas echpticae . . . . 23°. 27’. 50%, 95 ı 2
Semidiameter solis . . ... » TOR WOHL LT Z
Declinatio solis a TI een)
$. 3.
Altitndines solis ex aequo 4t° Martii observatae.
1G 7.062 ga al a ab az 2.
OLEAT RT BO
DIA 55. 06.
NO ZNERSTE PULS HRR» BERN NIS GRNE
TE A EREFHARE
N 5I. 199.
OZNRZHNENE SER. 504,130,
OA TEN 49. . 20: 4
Se ale gr I 48: FT.
TO Wehe in AT: 02.
19."
451
TG N a0 030 ib As. ST
D3s0,81,.5, .< . 44. 4I. * dubie ob nubes volantes,
TU 22, Orlalıne AaAZ:
Hine meridies incorrectus... 22.b 58°. 56, 959.
Gorrecho t... rede — 20, 490.
AR observata TER EHRT)
computäta. ‘... .). 22. 57. 22, o2l
Acceleratio horologü 41° Marti .... — or’. 14”, 448.
gtio Marti „... — ol’. 13”, 450.
diunnainı or N 0740047,
horarıa u HN neh... 72 0%, 03984
‘4
Azimutha ad chronometrum Emerynum observata
3to Martii vesperi.
1.) ABEIRS AR SS UT 0.330041, 008.
I REEL Ra A OR ee NE AN TON
SV) RN EAN SH. 120:
PN ng AA.uW27 , 0 .1.30.
ee 45... 19,.5 40.
(oe NOS TL 520 En. 5O-
NA Kal A72,.03,.0 Aa .08%
Mnaobk“ I Er Kol ER er
ONE ER ABA SEEN RE LEE RN nr AO
Angulus inter apicem turris Scaephtlariae superioris et solis
limbum occidentalem observatus
290°. 00°..:. 44%
‘“ Comparato chronometro foris adhibito cum horologio Lepau-
teano intra speculam posito:
57% Emery.
452%
Emery. Lepaute
ante observationes 4.h 38. 0. = 35 ze. 55%
4.39: °.0. = a BEB TH
post obseryationes 4. 5I. o == Sun nage, 159:
4: 52. o = 3. AB.
Acceleratio horologii prae chronometro prodit intervallo 13. mi-
nutorum — 2” hinc ı minuto — 0”, 1538.
G2H5;
Altitudines solis ex aequo observatae 28° April.
Back 357. REM RT. NER ak
ERIC REEN SERIEN N BE RON C DIEE Leg
Meridies incorrectus 2. 20°. 41”, o
correctio a ken TAN OO
N ET
AR. © obseryata ... 2. 20%. 26,999
computata.. 2. 19. 26,051
accelerat Lepaute — or’. 0.948
zomo Aprilıis.
2a Zo%. TERN BAR Orr RBRENS
40. 15. iR Sl a AL 128:
Ares: BE LT EEE VE EA
Dee a2. are IE FR EM. 123,
ne DFB ee Herne sage 20:
ou. 4 26. Ed EI FR N FE EN 7in
45. 29. ET N RC CB te)
Ab." R- SE RE ale. 1.2) ante re ei AUEONT JUTIEA
22.h 47.
453
a2. 47. 35. IREFUNN. 2 6.5 09:10
48: 38. RPInK ll ale. OB: 06
Meridies 2.h 28. a1“, 775
correctio . . . — I3, 693
AR. © observata 2.h 28. 08”, 082
computata 2.h 27, 0, 427
accelerat Lepaute — oı’. 07", 655
$. 6.
Altitudines solis ex aequo Maii ımo,
Da er NR IR N,
ASEmı AGSMITe Tu o RAOTEREBI SLR FR
DEE ke te Uran TE SAFT AA 5
NE er ee GL SEL N
SSMESTZÄHE N 08 Ne TE 20,166
BO SB NE FETT 3
51. Rn > er aaa
RT SRET N,
532.7 08,5 Ele .. II. 197,5
En a u SL STE ION N IE,
55. 14,5 REN N Sue Te Dun dB
56. 18,0 ED) iR D:HROB- MARS
Meridies 2. 32°. 13%, 183
correctio . .. — 13, 234
AR. © observata 2.h 31. 59, 949
computata . 2. 30. 48, 595.
Lepaute accelerat: — 1%, 11% 354.
me
ımo Maii vesperi Maii 2do mane altitudines ex aequo.
Goa. an te DE
N EEE EL SBORERNE 48. "15, 0%
Eur2das 250 95 BEE SER 49. 18. *
a, I 50. 19. *
0 Role et. 7480 5.72, *
TR. 9,27, 00/0 8 At K2MNAH: *
EI NR a RT
Ta 20 SE he ee, 54... 30.
FE a N or ae DE eeR
10. 15,0 a ae: 56. 36.
CONTRA 57.239: ,
08. 08, 5 re Ber c ae oe 58. 42. F
Nota ad sex priores observationes ob nubes adposita
easdem in ambiguo esse significat.
Hine concluditur media nox .... 14.1 33°. 25” 125
correcio . . + 29, 663
AR. 'obhservatays...... 00T Sr WORTA, 493: .054,0 788
computata . » =... I 32. 42, 640
Lepaute accelerat . . —oı‘. 12”, 148.
Sed e re fuerit, monere, cum altitudines heri vesperi ab
alio, altitudines hodie mane a me fuerint observatae, mediam
noctem forsan parum certe fuisse definitam; cum oculi duorum
obseryatorum perfacile inter se discrepent. Observationes enim
hesternae a celeberrimo Bonne, Geographo architecturae militaris,
quam ab Ingenio nominant, et militum praefecto habitae sunt.
$. 7.
Altitudines solis 3tio Mai ex aequo.
‚Lepaute.
an 53. u 5 220. 6 26. 03,0
ARE RER UL IN FERaR EL Li ana. ae, O5 5
v EEE wre N nie une 58:
BOSSE TEE HEN SEHEN. 22 555
ET N ar 5Z-
SON ER KENT TRR DAAD ISO.
Da a oe he te Ihene (TOLL ABE
ES a Er Se
fe 209 ee
EEE Fett
DEREN EEE TG! 30,
OH ERGO on nee anne 4 1 -33=
OO ren einen chin 232) 30:
meridies 2. 39% 5
correctio — 12, 758
AR. obseryata 2.b 39. 42, 953
comp. 2. 38. 26, gır
Lepaute accelerat —o1‘, ı6”, 142
Accelerationes enim vero fuerunt
Aprilis 2gv° — 60’, 948:
zome = 67; 655.
Maii IM0 meridie= 71, 354.
media nocte = 72, 148.
as =76, ı42.
- Quorum si meridiem ımo Maii observatum, qui motum horologii inde
a 30mo Aprilis ad ımum Mai accelerasse, a’ımo Maii vero ad ztium Maii
_ retardasse perperam poneret, in rationem haud induxeris, conclusione
_ interpolata motus fere aequabilis horologii colligetur, velut
; Dif-
Differentiae
Aprilis agro — 6oK%, 948 zu adae &
2gno — 64 , 406 » 458 om, 209 . %
gomo — 67, 655 i { RE o,aı 4%
Mai ıme — 70, 693 EN ar 0,209 4
ade’ 75,922 x 0 , 209 j
gtio — 76, 142 na 5 a
Ex anikus horologium accelerare, accelerationem vero ipsam retar- |
dare, intelligitur. Methodus aceelerationem inde a meridie vero ad. %
tempus observationum accyratissime definiendi per formulam n A y’-
n—ı ; Er
+n (— ) A? Ye sl notantibus x verum meridiei tempus,
Ax kaiönem diurnam, nempe Ax= 24h, nA x variationem rä x
inde ä meridie usque ad obseryationem, y accelerationem meridiei,
A'y primas, A?” y secundas accelerationum differentias,) constat.
{ 3 a a
PositonAx=aertn— ET
$. 8. 4
- Azimutha obseryata theodolito 8 pollicum :
Scaephtlaria superior
Index Verneri AB
ABS FTSE N a ‘ +2
Re Er 35 wi
I a en:
BV:r: ps are zart,
Be
Primae observationis medium BauHas
Pi Secundapı iin die la ae Sr et a
tertiae 2 a a er aser Bau MG "
' quartae FIRE H a2 ar. Baus {
Omnium medium: Sahara agAr: O8, FAR 7
$. 9. f
\
hr
ef =
N M
$. 9,
Angulus limbum solis orientalem inter ac Scaephtlariam obser-
vatus a cel. -Bonne: L
Lepaute
20h 1m. 01. 2 2. 243°. 30%
TAT ARe HE Le... 2a °.
LE 5 REKTOR RN E (N
TOR, SaDiHaN neh tl Ela,
Beta SAsa Koh 5 30.
Tl EEE ee 7: RR 1>7
EN WE WERG-1*
EARSIRSE ERR TR =)
24. 59533 .:. 200. 50.
BO She aaa DAN ‚720,
BI BA 2 NARBE 20:
44 25,5... ..249 20
VE Oh nn Beh AO
47: 12,5. EI be 50,
AB ORN. un ı 2? oa 0,
Angulus a me observatus:
Scaephtlaria: Verneri indices _
I. 131°. 56% 48%
1 PR E N r
IV ante Snroe,
oe
medium: 131°. 56. 49”.
58 Solis
Ein
458
Solis limbus occidentalis: i
Lepaute. ‚gb? a5%. 03% 1... 20.2 197° 0%
DIR Mer N NE EN RAT.
Scaephllaria ı31° 56. 48”
8b. 51T, 3745... 98 9% x
Ban aa
$. 10.
Observationes 1808 habitae Maii 2de.
Altitudines solis ex aequo:
Lepaute. N
BE al TAU nEn a En GE TE on.
SE ET BO ORT ELSE
DAAD ae N a Dar
Eee el. a HE EEE
BOSTTADIE BLUE F Ne PEARTBENAHO,
Hinc meridies EEE ELLE
correctio . . .— 12,”769
AR. © obseryata N
eomputata 2. 37. 33, 692 _
Retardatio horologu + 2', 25, 461
Exinde horologii index duobus minutis integris fuit pro-
motus.
Maii 3tio,
ROBUBAL SE m ae az a5
BER, ea Va
BON ne 725. 10,
BIER OT Ne BERN DE 707,10
5y. 03. . > J : 23.. NOS,
459
Aa Ol AR un Ah 02,5
BORN un rn ARE.) 6
02. 10,5 De a
ER A N
NN
’ Meridies incorrectus 2b 4ı. 04”, 130
| correctio hit ee ee 1,567
AR. © obserrata . . : . 26 40. 51, 563
computata . 2 2 0..2% 41. 23, 203
retardat Lepaute » .» » . -E .1 31% 730
gt.
4t° vesperi 5to mane
GREAT I BB ART
BELIEBEN Bein Merk EN oe
DSB N Ndea da E Tara ORAIER:
ATTEBUER e ia a an al OLD:
Ba) Ol ae ah oroi
34. 02%. 4 e ee BE
DEFOAE ET ALSO aa. 25700
03 OO. Te rn a 0 ol
AT ORT 1 a ee Ad
| BE ehe DR are 55
Media nox incorrecta 14.h 46°. 05”, 0
correctio. . + 27, 178
AR. © observata 14.h 46°. 32”, 178
eomputata I4. 47. 08 , 829
Retardatio Lepaute + 36”, 651
sg” Mai 5t0-
460
22. FusTüe Fol.
52. 59.
55-102:
56. 04.
57. 06.
58. 08.
59. 10
23. (OBER 23 Meg
ol. 14
03... 78
04 21
06. 25
07.28
08. 30.
To.
11. 38.
har:
13. IAA-
I4 47.
Meridies ex aequo
correctio
AR. © observata .
computata
Retardatio
Mai 5to-
6 45,49%,
44 17,5
42. 14,5
Al... 13.
20. Cr.
39. 089,6
38. 07.
87.008:
36.. "002.
33. 59.
32.110,50)
d 30. 1,52,
29. 49.
28: 46, 6
26. 42.
er 25. 3856
24, 36.
23. 33;
Dar Also,
2.b 48. 38’, 389
— 12, 219
Le)
.2. 49: 04, 3463
+ 38%, 1763
SUB OB a re Wash, 39%. 080,
7 BEN TAB. BITTER ER Rt 03,
07. 49. SB Te er 3. 3 OL.
08. 52, RER IRRE RE Ber EREDeE A
09. 54. SER er RR RAENEE
10. 56. A RR
11. 58. IN DR Zr:
13.! fol. De. Bee aa 0, 5
14. 04. LE OR A.
15.1807: RE a ar
16. 09. eh E
VE EN EEMLLN IE ET
Meridies incorrectus ur hal Vanlune
Börzeetio. ale —ı1, 845
AR. observata .. 2. 52%. 13, 655
computata , „ 2. .52. 55, 646.
Retardatio . - . .» + 41, 991
23. oy.. 1a sur 6.6 ag". 17", 8
a ee N a 472: 10.
TEC 46. 14.
a Aral A520 12%
OR TEE: 44»), 10.
GHMI2OMEE LE u. 43. 08
Tat ai.) or „HE, 48)’ 06.
BEN a 3... 4I. 03,5
a a Me. 40. 02.
1 Re 3 39. o-
Meri-
Meridies 72 vr ea - a 7156)
Correetio Ne a Da a EIERN RAR
AR obseryata ER 2 2. 567. 02, 385
eomputata . . 2... 2 56. 475 493
Bieter a Se een 2a 45”, 108
Motus igitur retardatus horologii Lepaule fait:
„Mai 2 ;.. + 28% 461 Differentiae
RE RE DR: Ale ud
Dr RE PEDAL
BONF 0 0 176 3» 273
; 3.» Bı5
510, DAT NATL IF HGE
ZW 12.0 045,5 108 rt
A Sed cum in motus aequabilitate tantum tempora recte defi-
niantur, horologio modo accelerante modo retardante angulos ho-
rarios ex ipsis temporibus observatis, inter quae azimutha interces-
sere, cautius ad calculos revocaveris.
$. 13.
Azimutha observata:
Maii 5to 1808.
Apex turris Scaephtlariensis ad Verneri indices
1.70 ag ae
IN RN A RAITA,
HE... I3br 16
Van. MIST AHTS
- medium 76° . 31%. 10%
solis
Solis' Limbus orientalis:
ı) Lepaute 9.4 30%. 37"
Indices:
3; 147°. 45. 58”
II. 46. 0.
IL 46. ©.
IE 46. ©.
medium 147°. 45 59%
2) Limbus © oceidentalis :
9.h 37: 26”.
Indices :
1. 149°. SER ANARE,
1.25%. ; 56.
IH. 68.
IV, 56.
medium 149°. BE ET
2). 54
Indices:
is mnan , NA42r. 1,2077.
I. HE
DAN 007 2 70:
Ne eh: te,
medium 150 A ZH
4) 9. 50%. ag.
iur. safannalr.
uU. 2 24.
II. -40.
IV. 40.
medium 151°. 53%. 31%
463
$. 14.
Maii 61° Limbus solis occidentalis +
Indices
Scaephilaria superior 1. 76. . 29. a8”.
AL; 64.
u. | 2 Be a ar
Lyra ne 5 E62:
medium 76°. yo. 02,
ı) Lepaute.
9,6 ar, Be 46 ra oa
i RR
I "a2 20
IV, MEIS 2oR N08%
medium 146°. ı3. 10%
2) gb 34. 03”. 1 148°. 23°. 44
ae 1 EN Fa
IE 2 Wr ep nben
RE 56.
medium 148°. 23% 351%
4) 9: Bor: oe 1 Pa 3 Aa 3 Aa 114
BG; N 1 RR re 1,
1. ER N (0707
REVERSE Re
medium 151°. ı7%. 525
A). Nor, 1. 152%. 34% 24”.
1 HE A arg te
BIT LEE TAB:
IV. u
° medium 152°. 34. 30”
465
GL
Observationes azimuthorum in rationem inductae
sit t. angulus horarius.
d declinatio solis
Aa u — Ho
® Latitudo geographica
DI == 0081 68.1
# Azimuthum solis
d Semidiameter solis
A angulus observatus
erit
EN IN Sn
in 8 3 0!)
G . as sin 3 4 1
Te ALTE DE ENTT i
Cotg. k = sell @—P') Cotg. x t
Azimuthum apicis turris Scaephtlariensis super horizonte speculae
astronomicae
D=x— (A sr d)
ad quas quidem formulas observationum rationes retuleris.
$. 16.
Azimuthorum
Observatio Ima Martii 3tio 1807
Emery, 4.5 41% 052445
acceleratio — I. 05. 04, 43
Depauten 3, W536. 048307
acceleratio — 01. 13, 639
Tempus sidereum 3. 35. 34, 431
BER. © media” .."..''22L "Ar. 12, 809
59, Tem-
466 ee
Tempus medium |
proxime accedens 4.h 54°. 21,622
correciO . . . —48, 221
Tempus medium 4. 53 33, 401
Aequatio temporis ...— ı2. 20, 941
Tempus verum Ar AT 912,468
Angulus horarius 70°. 18°. 06,9 — t
2 1 1358,09. 03”, 45
3
|
DO 5. an
0. 90.7. 50.513897 35
A
aaa 56: Er
Blu bie
L = ar. 33. 35% 67
IL. u KHCgN aba hheor ;,,67
Sin. I = 9, 6652309... Cos. = 9, 9476923
Cotg. 3 t = 0, 1523404 - == .,,0, 15294049
Compl. sin. II —= o, 0285995 Compl.C Cos. a 4543407
Gete: X...”. , Eko) gA0ıTos Cotz. Kk = 0, 5543734
A ==,54°%. 56.’ 290,2
k= 15
Hat: Bar a Ang. observatus 33°. 50°, 16.
ee 52,7 Semid. solis — 16. 09, I
A-3009 ren.
D = 36°. 57%. 45° 8
467
$. 17.
| Observatio secunda eodem.
Emery 4.4 42! a4".
Hıepaute' 3.) A728 39.
Tempus sidereum 3. 36. 26, 065
medium 4. 54. 24, 893
verum .. 4 42. 03, 96
t = 70°. 30° 59,4
en 1 la SE N
ı = 6 59 3755
I= 27. 33. 35, 27
1 —77692750.802,27
AUTHOR 5
a. =N.15 38)656,3
NE 70. 41. 51,1
A = 33 4. 06,9
Die 4202,57. 104,2
$. 18.
Observatio tertia eodem.
Emery 4. 43. 35% 5
Lepaute 3. 38. 31, 338
Tempus sidereum 3. 37. 17, 702
medium 4. 55. 16, 3892
verum 4. 42. 55, 4623
t = 70°. 43°. ..51% 93
Me 6. 50...:36,. 71
{ 27. - 33. 34, 85
I = .69:,..26,..0'07,. 85
BL DE AR 20,7
785512 00:8 39,9
le ZI 7Eh 51. 49, I
A — 33. _54__06,9
D =',36.% 57% 42,2
59° $. 19.
468 TIEREN,
$. 19-
Observatio IVta eodem.
Emery 4 2a, 270
Lepaute 3. 99:4...22u, 197.15
Tempus sidereum 3. 38:4 095 3343
medium 4: 56. 07, 880
verum 4. 43. 46. g6o1
70°. 56%. 44,4
8.,=.1..6.',5 59., ‚353 88
Fa he
JR t=769, 26: Ol, 44
K: = .tıDh 456. 03, 4
X, '58. 15. 42, 9
PR 7% O1. WALES
Als 334 04. 06, 9
DZ WaBn ee age
(. 20.
Obseryatio Vta eodem.
Emery 4b As 108,5
Lepaute 3. 40. 15, 6058
Tempus sidereum 3. 39. 01, 869
medium 4. 57.222095 7371
verum 4. 44. 39, 460
UNE 200% 51,9
zu: 59. 35,04
1.27. 19,33..7.34, 9
HI =f69.'1 26, 1,401 590:
se Ve Se 2 rl
Nele 1247
Te ee WE
A —=3% 14: 06,9
D
—u36°. 57%. 4755
2
ar
Obseryatio Vita eodem.
Emery'. 48 46. ı1%,0
Lepaute 3. 41. 07, 2379
Tempus sidereum aaa. 253 311599
medium 4. 57: 51, 861
verum 4: 45. 30.51.0070}
v = ZI ang AN, a
ö — 6 fen er A
I1I= 27. 33. 33,6
u =ı 69 26. 00,6
em 15% 53.70.16, 3
A —= 55. 28. ER:
& == EN APR ESON LA
Au 14394, 2.244 06% 9
D = 36°. 157. a9, 5
6. 22.
Observatio VIIma eodem.
Emerya Mala NO
Lepaute .3. A 50), Z7702
Tempus sidereum + 49: 45,733
medium 4 58. 43, 852
verum 4 46. 22, 9457
Rn 2 N A |
RE RU ET y
1-2. 33. 33, 2
BR —E06092 #206: 100 2
BZ 15. 156..753,.4
RR Fr 7 58, I
NE REES re
a NIE I Dr
D= 36%. 57. 44%, 6
Obser-
479
wen Observatio VIIIva eodem.
Emery 4. 47. 55”.
Lepaute 3. 42. 51, 5044
Tempus sidereum 3 a
medium 4: 59. 35, 8488
verum 4: 47. 14, 9501
t = 71°. 48. 44%, 25
Di. 16,5. 50%, ,325,.58
IV = 12704 439: 13208.78
H.,= 69-2 BORN AS
KO: GAY BL, ST
NEISSE AT HLD
BU—ZE ZA. MEN I52 {
A WoA Rune 061,19
D= 36. 5. 45% 4 j
Observatio IXna eodem.
Emery 4. 48. 465
. Lepaute 3. 43. 43, 1341
Tempus sidereum 3. 42. 29, 502
medium 5. 0. 275 337
= "rerum 4 48. 06, 446
t 72%. 01. 36,69
6. 59. 31,74
32, 87
Il Il I
u 69. 25. 59, 37 f
14 16.7 KOM UOTE, MR
A 55 47° 39, 7 4
MOHN EL, B
Az 34. 54. 06, 9 4
D = 36°. 57. 39" 9 . j
$. 23.
71
$. 22.
Obserratio Xma imo Maii Thedolito 8. pollicum.
Lepaute 20.h ‘12°. oı”.
AR. © observata vera 30. April 2.h 28”.
08’, 082. t
=
Azimuthum observatum . . 20. I2. 01.
Differentia temporum ı7.h 43%, 52”, 918.
= 17, 731366
Hinc ex formula $i- 7. erit
n = 0, 73881
n— I =—o, 26119
n—ı
a7 ir 99.130598
Ay = 3,038
> Ary er.0,2 209
Terminus primus —= +2”, 2445
seeundus =—0, 0216
„Summa — +2”, 2229.
Acceleratio 30. Apr. = 67, 655
Acceleratio tempore obseryationis igitur prodit
— oI’. 09”, 8779 exinde
Observyationis tempus sidereum z20.h ıo‘. 51, 1221
medinm .... 17. 38
04, 351
BEXOIn, 24.10.0170 7 A807 02, 75886
OA AA ALT
= 1A KARL, 952
1. /=4169.2440=+707,.8
1 =58 32 37,8
A =]721 481 4°00,,717
Bar 30.90. 21505
Du — TO. 24 157,56 2
E er 480422. #1138,5:.3
D = 36, 97% mm,
Obser-
472.
Obseryatio XIma eodem.
Lepaute ... 20.h 14. 48” .
Tempus sidereum ...20. 13. 33, 1203
zmedtum? G.,..2...37.01.40.42 50608803
VEFUM ur 10,50 417: AS AGEITASIE
| 1 ==1y940: „ O2 a a ro
2 MITA 47290007
Ber 376:140. 0050755
I = 58. 32. 36, 755
Ai==ug2. 9486. 109,02
Be ==R3 0. 5: AT MOR.
a op ee
ee, a Sn Se
DR N
Observatio XlIma eodem.
Lepaute zoh ı5%. 43” ®
Tempus sidereum 20. 14. 33, 1184
medium 17. NA4E.DAS z17424:
verum 17. 44. 445 oo15
t = 93%. 48. 59% 97
Or IE TAN 47.> AR ITHST
1, 4 16, 11:48,,)%095 14024.
TI =” 58.7 327 736:,’74022
ko ==, gar ar 242,808
Ale 7Zan 32H aid ,62
8.) NORM 184 256,0
A. =e.-139, ‚42 38, 3
Dies 36°, 57. 41”, 4
s 24-
473
$. 24.
Observatio XIIltia eodem.
Lepaute 20.h 16’. 39”.
Tempus sidereum 20. 151 202.12
medium 17. 42. AI, 5882
verum .. I7. 45. 39, 8527
te 17 09%.1,38...20%,.209
° — 14. 47. 14, 912
I. —= 2776. 409% 09,044.
Ina =#69, 32. 36, 044
ee
Br 13010. 0ßFR ab To
A — hs (one EL:
A = 139. 32. 38, 3
D = 36%. 57‘ 45,79
Observatio XIVta eodem.
Lepaute 20.h ı7°. 34”.
Tempus sidereum 20. 16. 24, 1153
medium 170247. 30504304
verum 172 3.40:1:34313 7001
ti = 093% 2317. 104,498
37 = 148 147. 1560107
IE 10.08.7402 086.097
II 58% 32. 35,691
= ler 0. 42,03
MI) wa 129. . 17,50
Br 1022,42 50362
AN ==. 139.0 722.7 38513
D = 36 57. 38,68
60 Obser-
474 ö
Obserratio XVva eodem.
Lepaute 20 22’. 12”.
Tempus sidereum 20. 21. 02, 1057
medium 17.001 .480r 135, 00787
verum 17. 51. 11, 9643
tt. —: 1092... 12%. 04 5
Die 47. 19, 18
> 16... .40. 00,0
12758: ,32..,.%33.3.09
N, 72 04. 09, 2 ER
Be ==229, 30. 489 4
Kr Tl. 34.2 "90, 76
a = 138. .12,32,738'3
1) — Bar N 374007
6.725;
_ Observatio XVIta eodem.
Lepaute 20. 23. 08”.
"Tempus sidereum 20. 2I. 58, 1038
medium 17. 49. .09, 5128 &
verum 17. 52. 07, 8148
1 2 07.0098. 202.0.0778
8. TA DA TON ABA,
I.='16 :Ao., 06,553
I 58 32. 33, 553
Nez 2. 03; 45
BR zr2g: 24. 495 60
KAE=FOT: 24. 53,05
Ar 138. 22. 38,3 f
D =1'36. 757%. 45,25
Obser-
Obserratio XYIIma eodem.
Trpaute, ... 20:6. 24%) 03%
Tempus sidereum ... 20. 22. 53, 1019
medium. - .ur7, 50. 04, 3609
verum 7: 59.0,.02,,., 60680
a — 9L”. Aa 19%, 277
Be 14. 47. 20, 598
IE = Nm E03, 405, Pa, 20N
In, = ge 32814334 Dan
Nr alte r50s 004,208
RA =H 1208) IS 57 N 88
BR = SERTOX- LAS 580177
= 138.722. 38,90
D= 36. 57. 39% 57
Observatio XVlIIva eodem.
. Lepaute 20.5 24. 59%, 3333
Tempus sidereum 20. 23. 49, 4332
medium 172 251,11 005 5372
verum 17. 53. 58, 8499
=, .92°4. 30%, 11262508
BEN AN 070 3798
1/4. 1055 40: ‚055 84
IE Sy 58:77 82.2,,397,, 84,
a ei WwI 0: 5052,00
Be ,29#. 712, |5875 65
; 8, =41091.11,.04. 750,34
Ani 198... 022) 387,030,
DI — 36720 57'549, 90:
60 *
475
476
$. 26.
Observatio XIXna eodem.
Lepaute 20. 56. 50”.
Tempus sidereum 20. 235. 40,1
"medium 1 Ar 50,9
verum 1755 1492
€. = 198%. ‚02°. 41,4 =
De ae RENT
1% 979, 40: WOHL
1:58 32. HD
ee. 20. 701 14,5
A = 71. 4. 41,7
&.:—= 4002 AA; 56,3
A =137% 42. 38,3
D)==736%. 572 424,0
. Observatio XXma eodem.
Lepaute 20. 38. 54”
Tempus sidereum 20. 307. MAAHNE
medium 18. of. 52,9
verum 18. 07: 51,3 x
ti = 119820024. 104, 6
8. = TIMER AT 52.10
Ar 160.540: 00,5
1 ee 27,5
B = 27. 45 47, © \
Ari 70:7 AB: 52,4
u = 98 34. 39: 4
AN 195.3 32 26,3
D =. 3634 5744’ 467, 9
Obser-
477
Observatio XXIma,
Tempus observationis ‚verum 18. 13%. 227,6
an as. Ara 56, 2
e = 97% 34 46,7
Dr ei az a0, 6
Observatio XXIIda,
Tempus verum ı$.b 15. 13%, 11
! = u. 47. 37% 68
ENGE TAN A005, 4
Die =5,365,57234.494, 9
Obseryatio XXIILia,
Tempus verum 18.b 16%. 08”, 46
° = 14°. 47° 38%, 4
a O7 OANHAO ‚2
DZ 3340. I
Observatio XXIVta,
Tempus verum ı18.k 17°. 03”, 81
3° = 14°. 47° 39%, ı
E +==.06:,,543. A550
Dis an. 57 dur 9
Observatio XXYta.
Tempus verum 6.5 12‘. 03”, 68
OD N an oe a 8
2, ==21022.102,.40, 0
De ae ser Aa, 1
Obser-
478 | Be
Obseryatio XXVI- Y
Tempus verum 6. 12‘. 59”, 03
a2 = a4. 56% 49%, 47
a — ı02. 26. 46, 2
D 30, STAAT 17
Observatio XXVlIlma,
Tempus verum — HUT N
A TE de)
ar ror. ah. 4718.8
Do 1,96, 82 4
Observatio XXVllIva
GR AT NOT 3X
— 102m a An
=) 708. W281 32), 2
— 36. 57. 48>4
Ds „HH
$. 27- ER Aa
Observationes 1808. Maii 5t0 habitae
Observatio XXIXna,
A — 6. 47. 55%, 22
ER. ZEN +00. a1 19,
«& = 109. 42. 40, 2
D- = 96.) ,57- W432,
XXXma,
T— 65 54% 2221
2 69. 21.023, 2808
re N
N: 1,38. S MAZ UT
os oH
I ll
5
Us 4 Os os .H Es oH
[95]
a
Dt oH
479
zb 007.4 507.18
100... 077.7 DB, 2
04. 15,0
57. 46,3
XXXIIda Maii 6to,.
EG ENagtı 40%, 256
. 37. 58, 76
106 u,
==) 13600 57.042,55
XXXIIIa,
6.b 40%. 45”, 32
107.,38/06074517
35. 44,7
36. - 57°. 47,8
Ill I
u
[e]
ao
XNXIVta,
6. 56%. 41”, 685
16°. 38%. 18”, 29
20 37,
36. 57. 41,3
-
7
-
.
73 03. 39, 289
23’, 04
112. . 46° 16, 3
36. 57. 40, 4
I 1
wi,
EN
°
u
R
480
Ad summam igitur omnium obseryationum ratione subducta azimutha
1807. Marti gtio
Maii mo
prodierunt:
Ir:
I. 36-57
45,8
44, 2
42,2
39,4
475 5
43, 5
44, 6
45; 4
Bas
41,1
46, 6
41,4
458
38, 7
49: 7
.45, 2
39, 6
47, ©
42, 0
46, 9
40, 6
40, 9
40, I
41, 3
42, I
41, 7
435 3
£ Ä it:
"” 1808. Maii 5to- XXVIR. 2 0048%4
XUX.:. h 45,5
AXX . h 42T
XXXL . SHIT A6N.Z
Maii 60. XXXIL . Ball > ad
Be ’ XXAXIIE. SANS
R f XXXIV.. URN Z
4
XXXV.. E 40,
Hine denique, omnium medium
Azimuthum 36°. 57°. 43”, 2 Scaephtlariam altam inter
ac meridianum speculae astronomicae Regiae.
> $. 29.
Cum vero tot azimuthorum diversa supellectili ad angulos me-
_ tiendos diversisque diebus habitae observationes extremis tantulum
10’, 5 a se distantes mirifice inter se congruant, videamus sub qui-
bus conditionibus in unum ac felicem exitum speetantibus et nun-
_ quam fallentibus azimuthum loci terrestris quam accuratissime - defi-
-nmiveris: Büre
2 Imo Nihil ad rem interest, angulum a sole et a loco terrestri in-
terceptum considerare, eum azimäthum computandum integro,
si quem in observando commiseris, errore mutetur, necesse
sit; ratione quidem habita omnium in metiendis angulis adhi-
bendarum cautionum, Provisionis ac diligentiae.
=
_ IMo Latitudo loci geographica, quam accuratissime definita, inva-
Bi riabilis igitur, ponitur; z
- io Itaque -differentietur formula azimuthi solis.
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j Cos ß tg 2 — sin ß Cos t
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E R Cos ß sin °x ß #
a d?—sin ßBsin2adt
g Cos ?2 sin t }
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1) Terminus primus + dt Cot t sin 2 x evanescet, si Cot t —
0, t igitur — 99°, sive si angulus korarius — 6h. Ex quibus
infertur: Si azimutha sub horam 6tam mane, sive sub vesperam
ad eandem horam observareris, errorem minorem in obseryando
angulo- horario commissum tänto minoris esse momenti ad azi-
muthum ad caleulos relatum, quanto propius‘angulus horarius
ad horam sextam accedat, adeoque cotangente t post horam sex-
tam signa mutante, si paullulum ante et post horam sextam ob-
servationes- habueris, minores errores d t per oppositionem tolli,
zurzıgiey igitur azimutha definiendi horam sextam esse concluditur.
Cos ß sin °«
Cos23 sin t
tur, si, positis t, « et ß invariabilibus, cos ?3 fit maximum, sive
3— 0. (uanto propius igitur sol ad aequatorem accedat, tanto
minoris momenti ad azimuthi rationem, ‘si a vera declinatione
2) Terminus secundus d 3 ad minimum deprimi-
solis aliquantulum aberraveris, intelligitur. Quae cum constent,
perspicuum est aliquantulum erroris in definienda declinatione
solis nunquam aliquid esse, quod rationes azimuthi subductas
turbet. Habita enim eorum, quae tertio sequuntur, ratione, ob-
servatisque azimuthis ad horam sextam, posito ipso declinatio-
nis errore — Io minutis secundis, azimuthum in rationem in-
ductum 5 minutis secundis a vero aberrat intervallo.
3) Tertius vero {erminus in nihilum occidet, si sin *# = 0 sive
\
ME .
— 180°; ad summum autem veniet, si & — 90°.
Quae si cum iis, quae ante de termino primo dicta sunt, com-
paraveris, sequitur, angulo horario, quo « aequetur 90 gradibus, ad
calculos revocato, azimutha obseryanda eo accuratiora fore, quo
serius ultra id temporis anguli horarii computati extendantur. Ad
formulam quidem Cos t — tg 3 Cotg $ tempora inveni
gtio Martii 1807. — 5. 35%.
ımo Mai 1808 =. 5. 07. ü
so — — —..4. 250»
6 — — ==r4. 58.
„ty Quae
x I
Quae quidem cum pateat ita cecidisse, ut azimutha mo Maii
multo post 5.b 7°., hora enim sexta, pluria adeo modo proxime
ante, modo post eandem horam sint observata; ut obseryationes, si
ralionem et tempora, quae prosperrimos eventus polliceantur, spe-
ctes, ita comparatae sint, ut nihjl optatius cadere potuerit; ut de-
nique azimutha anni 1808. cum jis, quae tertio Martii 1807. adeo
ante momentum horae 5.b 35% ubi x — 90° aequatur , definita
‚sunt, ita mirabiliter conspirent ‚ ut ne quidem ultra 0’, 8 temporis
inter se distent, errori, qui vel ad ter mille sexcentesimam horae
partem nedum plus assurgat, in azimutha, quod definivimus, nec-
quicquam loci fuisse, haud temere concluditur.
Pr
738
De azimutho hactenus theodolitis, quae ab angulis semel ob-
servandis appellant, simplicibus, quamyis accuratissime definito at-
(que,in calculos basis et retis triangulorum ad tabulas topographicas
Bojoariae facientium invecto, tantum abfuit, ut omnem, quam in
definiendo posui, curam considere mihi persuaderem, ut potius, cum
primum mihi, tabularii rei topographicae et rationıs civilis, quam ex
vocabulo Status reipublicae npominant, rectori, ex AUGUSTISSIMI
LIBERALISSIMIque REGIS auctoritate a virö principe summam
rerum administrante et nomine et re Exceırentissino Üonıte DE
“ Moxteras potestas fuerit data novi theodoliti affabre, constructi,
"quod angulos, quos metiris, repeteret, comparandı, statim in azi-
muthum, tamquam totius rei tabulariae topographicae firmamentum
ac robur, de integro altius'repetendum secundas curas ac cogita-
_ tiones conferre statuerem. En! vero novas inde observationum theo-
‚dolito angulos repetente 8. pollicum diametri a. ıgı1. habitarum
61
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32.
Altitudines solis ex aequo Maii 1omo 1811. obseryatae.
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Altitudines solis ex aequo observatae Maii 120 1811.
Lepaute.
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Lepaute. \ \
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Meridies incorrectus 3. 23°. 47”, 4318
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Lepaute.
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31.0. 53. 47: 25.
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AR © observata 3.h 39%. 29, 219
computata 3. 37: _ 0,541,
accelerat Lepaute — o2'. 28”, 678
$. 34.
Maii ıgna,
3. 28%. 50%, 25 7 58”. 25,5
29.-. 5I. 57. 25.
ok SL, 8 56. 24.
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32.- 52,5 54 22,5
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35. 54. 51.'.20,5
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Meridies incorrectus
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AR ® obseryata
computata
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3. 49 58, 892
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Maii 190,
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correetar 2.2. 18 „ 130
AR obseryata ı5.h 45°. 28%, 157
computata 15. 42. 58 , 320
accelerat Lepaute — 02°. 29”, 837
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Series Ima, e
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Chronometrum Emerynurm. Werneri indices
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Lepaute.
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- Azimutha -observata.
Emery.
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Lepaute. Emery.
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angulus simplus — 66.° 16°.-53 , 875
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716°. 124%. 35% 2,0
corzeela.,..\ Au). 74,025
71694, 17,30%, 75
angulus simplus = 71°. 37°. 9%, 075
Br Lepaute Emery
Bi h “0 — 6h . 2
ante obseryationes ! N ya
““ MENSTeG .— 6.822, 0,16. 20
ost observationes | EN) Fe
. r 79. 27.307 — 02,202 15, 5
e \ Emery zelardat u. Lie on‘
} Lepaute accelerat .. ıb = — 0“, 075 prae temp. sidereo.
_ | 63 $. 45
498
$. 45-
Azımutha observata ad
Series Ima.
ı8ıı. Mail ı7mo. mane.
tempore chronom. Emery . . . 6b. 19. 54, ı
tempus observationis . ... 6". 19°. 54%, ı
tempus comparationis 5...58...27,.74
difterentia = 21’ 26°, 7
Acceleratio 21“. 26,7 = 217%, 445 + 0. 0087 — 0‘, 186 Hinc
Lepaute. Emery.
2ıh. 34°. 0%, 000. — dh. 58°. 27, 4
+ 21. 36, 54 = + 2ı 26, 7
2152557. ab, NS 6 19. ae
Acceleratio Lepaute prae tempore sidereo —
tempus sidereum zı".
Asc. © media — 3.
Medium propius accedens tempus
acceleratio
tempus medium ı8"
Elementa solis ad illustr. de Lambre.
Longitudo. Perigeum.
ı8ıı — 9°. 109. 12°. 16%, 1 ....9°.09°. 40°. 24°, 0...125. 195.278. 283. 494. 155. 716. 498.
Maur6 ‚= 4.019. 103744, 8 22,9 899. 567. 370. bo. 196. 31. 13. 209
an Se ee 12 9. 09- 40.46, 9 24, 762.648. 884. 690. 186.729.918.
RE NEN 39; 4 1.24.01. 08, 3 29.234 19.18 -
Be SE 2,3 21% 20. 10, 6 49.787. 650.887.
©. . 15 240.01°. 084,5 414. 20. 2, 76 27
Aegq. Centr. ı. 20. 30, 8 814
Var.sec. - - - - 0,2
a N N Onbr Eohpt. 1800—230. 27.57”, o Aeg.temp. —3'.57, x
AI -"- 2,200, ı Varlät.secul, - =. -.- 5, 92 Warten + 0%,13
Br ee E 6 Nat. =-- -—09 j "20 ”
- es A 2 Aequat. minor. 0, 00
BEN 3 Sala 1 ED 1 ee ns N En ee
BIDIR-r ar Data A506 Br 239%.27°.41°, 48 * » ; 7
BE 7-1 = 2-8.7,02 j
BEN SI-I- 650 fin e = 9. 6000 283
Nu yon ao fin®= 9. 9153 236
Nat a sind 9. 5153519
Aberr. (0) - m 0,9 = 19°. 07’ at, 7
© 1°. 239. 22°, 18,1 i tem-
18%.
— 3.
calculos revocata,
ah”, 868
01°, 646
04, 308
57% 338
01, 101
55”, 828
2’.
53”.
33.
19".
. 16°.
M. A BU60.D SEIEN
ar 2
[RE b 2“ ‘
de a ih
n 2
499
_ tempus medium 18". 16°. 55°, 828 ° = 19%. 07°. 24%, 7,
aequatio temporis + 83.57, 26 = 00... 62, 85, 3
tempus verum ı8". 20°. 53°, 088 3 "= 3. a 17,65
complem. 5. 39. 06, gıa ee
Angul. horar. —=t=84°. 46°. 43, 68 BEE = 140. 30%. 04%, 035
zt==tie 23. 21, 84 (H) = 56. 22. 3,, ı5
cottt= 0. 03963ıı ur an odgedr
sin I = 9. 3986330 cof. I = 9. 9859393
C sinlI= 0. 0795205 C. cof. I = o. 2566859
co A = 9. 5177846 cot x == 0. 2822563
A 17202 40% 86%, 77
w= 27. 34 06, 8
» = 09. 20.09, 5
En)
azimuthum= 36°. 57°. 48”, 4
$. 46.
Series IIda-
Emey — 66 53%. 30%, 52
Lepaute, 222 29. 03,.7172
_ tempus sidereum — 22. 26. 38, 302”
medium ° =: 18. "50. 281,7 284
verum = 18. 54. "25,7 544
ü 2 En, 38. I. 4850744
dee I OT. NG
ki) = Ya iger Nor; 5
CE) = 456. 22. la), 5
NEN 6 EL
k = 24. 13. 48, 8
4 Ba 03. ER)
D=ı30 16. 45, 0 =
azimuthum — 36.° 57%. 51%, ı
63 ? Series
300°
Dr ——
Series IMtia.
ıgı1. Maüi 17m°. vesperi.
Emery = 6. o2‘.
Splrepanite:, —— 4219: 374
tempus sidereum —= 9. 34.
medium — 5. 56.
werum'. ,—.'" 6."7'\0!
zit 458.054
Ve NED:
11) 7 0142226.
(U) = 56. 19.
EIN EEE
Ne re
DT We ER
DiR==466:70180:
azimuhum — 36°. 57.
Series TVta-
ıg11. Maii ıgvo- mane.
45", 6
16, 69
50, 34
EN 2 28
46, 27
47", 02
SSR
43, 95
IO, 95
555 „X
52, 9
4 “ I
BE WR 18
54”, L
Emery = 6.hos5‘ 26”, 15
Lepaute = 21. 39. 18, 03
tempus sidereum — 21. 36. 50, 11
medium — ı7. 56. 52, 80
verum =: 18. 0. 49, 16
a EV
Di m 110.20: 2 9
(1)? =. 703-19020,%'05
(H) = 56. 15. 47, 05
A,nz=r278.' 48.1022, 23
RO = 29. 44 024: 3
ZARU = 40370.02: 096, 0
D =14. o. 36, 0
azimutbum — 36° 57. 49,4
z i an 501
$. 47-
Series Vta.
ıgı1. Maii 18Y0- mane.
Emery. = =. 6.h!47°.)) 35,95
y Eepaule:,. —r 22.W37.0°30,'738&
tempus sidercum = 22. 19. 02, 38
: medium = 18. 38. 58 _1ı6
verum = 18%. 42,5% 47
DIE 30.38 DTESZAS
22 F=NT9., 2270.10 6
U
(I), N=4756..045.,,,355, 52
N .=299707,4.0:850,.78
u = 25 24 24 3
& _ = .95.,134, 23, 4
N
azımuthum == 36°. 57°, 58%, Eu
Series Vlta. B
ıgrı Maii 18V°- vesperi.
Emery — 6 18% 29, 225
Lepaute = 9. 53. 5, 441
tempus sider. — 9. 50. 36, 377
medium,, ——ı 6, 1u8.738, - 862
verum = at 2,
4t = 46.°. 34. 15%, 9
er = mM. 27. 4, 4
(1) = 56 aa Ban rE
HR) = TAR 79:95, 3
A = 7415: 0 12,725
[9 = 31. 4. 49
& = 105 29. 17, 4
D 2. ao, 6
azimuthum — 36°. 57°. 36.8
Series
502 —
Series VlIma.
ıgıı. Mail ıgn0. mane. ’
Emerys. = : 6b 4.59%, 5
Lepaute = 21. 38. 56, 03
tempus sidereum — 21. 36. 27, 19
medium — 17- 52.'34, 04
verum- =, 17. :,56..798,2045
en I RE
ee ee ee
(ID) zer Krßl).40,' 075
0%: == 56. W09..5075.75
A = 7. 41.59 9
eo ae
“ —=ı09. 58. m, 2
D: = 14027 55.759, 9
azimuthum = 36°. 57%. 41, 9
ıgır. Mair 19n0. mane.
Emery = 6. 53. 12%, 30
Fepaute, =: ; 22), 27.30. 10,%.:99
tempus sidereum — 22. 24. 42, 14.
medium —= ı$8. 40. 4I, 10
verum\. = 18.,:.44.35, 59
2. 39°. 25% 33,57
ı 0m ig. 34 35 9
(I. =r 14.5. ),364127; 355
(U) = 56. 8 5% 55
Ar). = 76 8. 41, 6
ko = 25. 17. 39 0
Di 905..0.2065.20,506
Dati=3132275 2458705558 \
azimuthum — 36°. 57°. 44%, 5
Series
® Series IXna.
ıgır. Maii 1900. vesperi.
Emery‘ —' Gh 13. 32”, 225
Lepauter 05 9.48%. 15... 813
tempus sidereum — 09. 45. 46, 420
medınmı &—_.95.0:50.753,, 718
verum = 6:9,3231749,,2.0098
2 Bet er 45,280 2435
d —=ir19.,° 40: 495.08
(PB) 8 14.451327024, 720
Et rn a
A = TE 4 54 4
KR -= 30. 19. 39, 0
a = 104. 05. 33, 4
DAS H6R 277,7730, 210
azimuthum — 36.° EA)
Series Xma
ıg11. Maii 19n0. vesperi.
Emery... —="..6. 30. 01%, 45
Fepawter4==,710,.7.138. 1457.73
tempus sidereum — Io. Il. 16, 30
medium. 2 ==": 6.4%.25:..19,. .53
verum Zn O0 73
N
Dr r89...299- 3730 8
BT 1 7 Te A
IL) 35h 5744, 6
BE IE OR ERBE Se
[1% EEE NAINI
u& =_.168.] 934.48, 170
D U TEDETTEN 0,4, TR
azimuthum — 36° 57%. 30%, 5
$. 49.
504 _—
$.-49. e
Cum igitur azimutha decem serierum sint:
Seriei IJmae. 36%. 57. 48% 4
LEARN Fa
Tiisaes 7, nn 54,
ya N 2 2240,04
" Mae a Er
‘ Iyaltae: Dan 3 30,
Vllmae. ’. .. 0.0.47, 9
D VAllvae 7.7 na ns
? IxXuae. PT EHER
Kmae-ı 7 ne 30
indidem efficitur azimuthorum ao. 1811 obseryatorum
Medium 36°. Sa
Azimuthum vero ex obseryationibus annis 1307. 1809. habitis Theo-
dolito simplici fuit definitum ;
— 36°. 57° 43%, 2
Itaque ergo, omnium obseryationum medium, azimuthum Scaepht-
lariam altam inter ac Meridianum speculae Regiae prodit
36°. 57°. 45% 45
Quod quidem, si obseryationum diversa tempestate diversisque ma-
chinis, Theodolitis cum simplicibus tum repetentibus, habitarum
vim atque naturam spectes, easdemque observationes in medis tan-
tum 4,5 intervalli inter se differre consideres, azimuthum, quod
saepe et diligenter pertractavimus, 'infra ter millesimam sexcentesi-
mam horae partem fuisse definitum intelligitur.
$. 50.
Sed eum olim jam tum, eum Tabularium rei topographicae
inftitueretur , azimuthum Monachii turris ecclefae divae Virgi-
nis septentrionalis a Celeberrimo Afironomo Henry, Geographo
architecturae militaris, quam ab Ingenio nominant, et militum
Prae-
{ ! Ä 505
Praefecto fuit definitum, e re fuerit et obseryationes, et quae igde
mihi azimutha de novo ad calculos revocata prodierunt, cum no-
firis ad meridianum ejusdem Ecclefiae referendis comparare. En
observationes a Celeberrimo aftronomo Henry habitass, quarum
archetypus in Tabulario rei topographicae extat.
$. 51.
Altitudines Solis ex aequo.
28Y°- Aprilis 1802.
Mane. Vesperi. a’
Series I.
19.5 20°. 24%, 8 4. 53°. 57%, 2
20. 56, 4 53. 25, 7
21. 29,4 52. 53, 4
DI. DAN On, 52. 20, 6 Br
22. 24,8 51.48, ©
ap) 51..25, 8
23.1 AO, © 50. 42, 5
24. 12, 5 50. 9, 6
24. 45, 8 49. 36, 8
25.217,06 49. AG
25. 49, 8 48. 32, 4
Series II.
zo. sau Gran ABI DEFSTA, ©
TORE! 20...39, 0
Sara, N 19. 5,4 h
54. 45 8 19. 31, 9
55. I, 7 18. 59, 3:
RE | 18. 25, .6
ee ae ee
56. 579, 8 17. 20, 8
57. 30, © 26. 47, 5
3 3 0 26. 15, 0
tempus horologii 58. 36, 4 35. 33, 2
meridie vero o.b 6. 54%, 3 oh 6°. 54%, 6
64 Obser-
> PL
wer.
E
506
Observationes azimuthorum.
28v0. Aprilis 1812.
Tempora horologii.
Series A. B. C. D..-
6.6 24°. 43°, 5 6.h 36°. 42”, 8 6.b 55°. 36,0 6.h 59°. 25”
4
25. 5, 6 37. 41, 0 56. 35, 57. .2. 22, 5
26. 47, 7 38424 23 47: 58, 2 0. 12, ©
Barome- Beh, 27. 42, 4 39. 2I, © 48. 56, 5 E. T, 7
4 28. 25, 6 40. 4 3 49. 38, 6 1. 46, o
ee ı1°,8.29 36 7 40. 52, 5 50. 25, 4 2. 53 8
301.20,.8 41.27,.7 ST, 3 OR
31.729, 9 42. 14, © 51. 53, 7 3. 59° 3
31. 59, 4 43: .©, 0 52. 30, 4 4. 31, 6
32. 5l, 3 43. 51, 8 53. Fu 0 . 48
53. 5%, 8 5.40, 4
54. 50, 0o 6, EIER
medium omni-
um temporum 6.h 28°. 56,8 6.h 40°. 21,9 6.h 52°. 137%, 5 z.h 3.29
angulus multi-
plex decimalis 1389°,. 5260 1368°, 0325 1613°, 9260 158°, 9145
lus simpl:
Send 138, 9526 136, 8032 134, 4938 132, 3262
angulus sim-
plus sexa-
gesimalis 125.9 3°. 26,4 123. 7°.22°,5 121.° 2°. 40,0 119.° 5°. 36,9
Obser-
Obseryationes azimuthorum.
2 28Y°. Aprilis 1802.
j Tempora horologiü.
Series. E. E: G. HB.
17.5 19.58’, 4 17.h 29°. 48”, 4 17.h 40°. 42,4 17. Sr. 1,4
21. 8,7 30. 27, 3 41. 1,3 ‚5I. 5% 7
x 22, N, 38. 165-0 AT NOS 5 4 052. 38,7
' 0.2 459» 5 3.4, 0 42253 53.175
nn 23. 49, 3 32. 29, 2 43. 5-7 54 9%3
um +11,02 24 29, 5 °33.2,6 43.5, 4 54.59, 0
K. 25.22, 8 34. 14, 0 44- 22, 0 55. 37, 4
25.59, 5 34. 49, 5 45. 13, 6 56. 37, 0
26. 40, 0 35. 40, 4 45. 56, 7 57. 18, 2
27. 13, 2 36. 24, 5 46. 39, 3 57. 56, o
47. 17, 4 58: 30, 6
47. 52, 3. 59. 20, 8
m om
era anhand 58,8 17h 33%. 22,7 ı7b ag. 9,0 17b55°. 16,4
e ulus multi- ;
& ; decimalis 265°, 6570 286°, 3025 370°, 6280 406°, 2915
AR 5657 28, 6302 31, 2190 33, 8576
nalis 23°.54.32°,9 25°.46.2”,0 28°.51.49,6 36°.28”. 18", 8
508
3 ..
- tempus horologü
meridie vero
$. 52.
Altitudines 'solis ex aequo.
2gno. Aprilis 1812.
Mane. Vesperi.
Series I.
29. 14. 4”, 0 U re oe!
14. 36, 3 3. 38, ©
15. Id, 2 3. 5, 0
ı5> 39:53 2. 3% '2
10.2072,..0 Re:
16. 46, © 1.0 28, 0
17.%:18, 3 0. 55 6
17. 50, © 0. 23, 4
18. 23, 0 4 59. 50%, 8
18. 58 59. 17, 8
19. 28, 2 58 44
Series 11. i
19.b 30°. 18, © 5.h 47°. 54%, 4
30. 5I, 5 47: 20, 9
31. 23, 7 46.. 49, 0
BE. 50, 48 46. 15, 5
32. 28, 8 45; 4» 53
332 1,29 45-124
33. 33 5 44. 39% ©
34 65 4: 4 6
34. 39% 5 43: 32, 6
35. 1.4 43. 09, 0
35 4 5 2. 27, 5
OR784 50, 3 oh ‚gr. 50% 4
Obser-
Observationes azimuthorun.
2900. Aprilis 1802.
509
Tempora horologii.
Series I RK. L. M.
6.b 30. 47”,5 6.6 40’. 3,0 6.h 48‘. 42,0 6.5 561. 45”, 0
31.4, 5 40.46,0 4926,0 57. 23,-7
ae cr gu, 5 32 21,4 41.25,8 50. 2, 0 58. 2, 2
Thermome- ee A ep 23 58. 49, 4
tum + 17°, 3 33- 46 2 42. 36, 3 5I. 21, 4 59. 38, 4
34. 35, 5 43. 22, 2 52. 0. 8 7. 0.20, 6
35.4126 AA 2, 52. 32, 4 14, S
35254530 44. 50, 0 53. 15, 0 1. 46,2
36.33, 6 45. 25,5 2.22, o
37- 20, 7 46.: 35 6 2. 53: 5
i 3.36, 3
A203, °2
umtemporum 6.5 344.757 Ohggugt,3 6hzı.o,3 7.401.352
augulus multi-
plex deeimalis 138 I ch 1364°,
angulus simplus ;
decimalis 138 5, I 136,
>= angulus sim-
plus sexa
1860 1079°, 1000
4186 134, 9872
1595°, 8755
132, ER
“
esimslis Pie, 27. 44”,2 222.° 46°.36%, 3 121.°23°.55%%5 119.°41°. 26,4
Obser-
7
510
- Observationes azimuthorum.
2920. Aprilis 1802.
Tempora horologii.
Series. ° N. 0. p-
ı7.höı. 31%,0 18h 1%. 58%4 18.8 14%. 4755
52. 24, 5 2.452,02 15. 49, 4
Bao, BIBABEEAM 16. 40, ©
Re) 4. 35, 6 17. 230805
Barometrum— 26°. 4,8 BA HR 5.306 18-..23..20
Thermometrum + 12°, 2 55. 38 5 6. 13, 0 19. 6, 0
56. 23, 0 6. 56, 7 20. .5,.0
57:,.8,8° 7. 57% 5 20. 51,8
SEES. E 8. 55 9 21., 38,3
58. 40, 5 9. 51, 3 22.1.10439
29.1068
2427,80
di i z
en. 17h 55%. 10°, 1 ı8.h 5‘. 51,6 18.6 19%, 31,9
sngulus muliplexdesimalis., 331% 9055 357°, 1905 469°, 0165
angulus simplus decimalis 33, I9o5 25, 7621 39, 0847
lus si z =
mon u Ampla ° ‘ u „0 ‘ “u o ‘ U x
sexagesimalis 209.52 17,4 32. 11. 9%, 4 35. 10. 34,5
—_ 5a
$. 53-
Altitudines solis ex acquo.
Mane. - -, Vesperi.
Series I.
19h 4.5. gb gar 24, 5
50. 22, 0 Bi 5
Seas. 31. IQ, 0
51. 27, -6 30. 46, 4
520.108 30.i23,.17
52. 35, 0 29. 30, 3
Ban yr.02) 20.0 Huisst
BINAL. 8 gm Has
E54. 130 4 28.2:0,,6
Series II.
20.h >24. 25, 8 4.h 19%. 45, 6
N NLEH 2, ALS, NS
ISIN B 18. 40, 2
4. 5> Z. 18. 6, 5
4 3% 7 17. 36 7
5.30, 4 16. 59, 8
232 1495200 16. 28, o
6. 17 3 "15.53 9
6. 50, 0 ES. 9,70
7. 24 1 14. 4% 2 -
7- 57. Q 14. 1, 0
[e}
=
u
°
a
un
DD
SE
ww
0:R110%. 52% 9
Alti-
512
Altitudines solis ex aequo.
Mane.
20.8 ar. ggla,a
muraunuspon
26,
28;
I,
33»
4
37»
10,
41;
15,
47>
PU PBOoo nn ow Oo
zmo. Maii 1812.
Vesperi.
Series 1.
5.h o. yü, 5
4: 59.
59-
58.
57-
57-
56.
56.
55-
55-
54
tempus horologii meridie vero o.\ 1’. 0’, 8
19.b 13°.
23:
1$-
20",
34
16,
48;
. 2I,
. 53
25,
58;
ANER
2,
35
2
“awWouo ps ouno wm
Series II.
tempus horologii meridie vero o.b 17. 0“, 8
35»
2%
29,
56,
23,
52,
20,
48;
15,
43;
BO OR Rn Oo vv
DD OOo co + un. © O0 ©
2 PER 513
= Observationes azimuthorum
| ’zmo. Maii 1802.
h
- Tempora horologii.
| R Series Q. R.
7 6.h 33. 34,4 6.47. 16%, 2
Rn 34. 375 8 48. 4 6
Er. 35. 31, 3 48.. 46, 8
N i . 36. 18, 2 45. 31, 3
-, Barometrum = 26. 6,4 37: 7% 2, 50. 4% 2
_ Thermometrum — + 13°, g 37: 55» 4 50. 42, 8
38. 4% 7 5I. 18-3
39. 23, © 52. 34
4%. 9 3 52. 52, o
40. 48, 0 53. 32, 8
41...30,..Q EA
Aa 10% 2 552.17
u Y
medium omnium temporum 6.h 38°. g9%,4 nn 6. szı. 7,3
angulus multiplex decimalis 1608°, 1850 1578°, 5085
B. angulus simplus sexagesimalis ı120.° 36. 49%, 7 118.° 23°. 17%, 3
65 $. 54-
314
$. 54
Altitudines solis ex aequo.
gvo- Mai 1802.
Mane. Vesperi.
Series I.
18.6 a5’. 33%, 5 5.h a1. 5, 8 r
46...6 8 20.433,50
240.7598,5,6 20. 110,.6
47. 13 © 19. 27, 8
47: 45, 2 18. 55 5
48. 17, 8 18. 2L, 7
48. 49, 0 17. 59 5
49. 21, 5 17. 18, 0
49: 5L, 2 10.045038
50, 26, 6 16.7.7210
50. 59, 8 15. 39, 6
tempus horologii meridie vero o.R ze ge, 6
Series 1.
'1g.h 7 13”, o 4.h 59". 25, 6
7: 4» 5 58. 51, 8
a 58. 20, 0O
250,00 ‚57. 46, 6
9. 23, 2% 57: I» 5
9. 55 © 56. 4, 7
10. 28,450 50. 9, 2
I7....1,0 A Ban
11, 33, © 5 48
12. 55 54 33, 5
12.375 5 54: ©, 0
tempus horologii meridie vero o.h 1. 4,6
Bi; N
r . 515
r .. Observationes azimuthorum
gvo. Maii 1802.
N ; Tempora horologü.
2 Series S. T.
y 6.4 26°. 29%, 0 6. ag. 28%, 7
" N 27: 3» 4 39. 27, 4
, 28. 16, 6 Bon
B- 28. 5%, 5 40. 49, 0
- Barometrum —26". 5,4 29. 40, 0 41. 24, 2°
Thermometrum — + 15°, 7 3%. 2, 7.4: 53
u 3. 9, 2 42: 43 4
u ar. 152,938 43. 19, 0
32. 31, 3 43. 55, 5
$- 33. 132.3 44 5b, 3
33. 51, ı 45. 46, 5
n IE Q 46. 25, 2
“ medium omnium temporum 6.b 30°. 43“, ı 6.b 42. 26, 7
2 angulus multiplex decimalis 1626°, 4765 1600, 5525
% angulus simplus sexagesimalis 121.° 59%, 8” 5 120.° 2°. 29%,
65? Alti-
516
Altitudines solis ex aequo,
gano. Maii 1802.
/
Mane Vesperi.
Series 1.
ao. 9. 10°, 5 a. 77.7339, 5
9. 43, 8 o. 50, 8
Tom 007, 0:98 35
10.150,20 3. 59. 4, O0
IT. 22,00 59. IL, 8
ı1. 56, 2 Sep
12.529208 59. ee
13. 2, 4 57: 3% 3
13. 35, 9 56. 5, 2
192,0, 90 56. 25, 2
142 v2, a5 SS 68
tempus horologü merjdie vero o." 5‘. 5”, 3
Series I.
20.h 20°. 16”, o 3.h 50’. 17% o
20. 48, 6 49. 45 0
DE. EB 49. 10, 5
21. 5» 4 48. 3%, ©
a2. NoB,r 48. 5 0
23. 235 47: 31. 3
23. 35 2 46. 59, 8
24 8 9 46. 25 5
24. 42, 6 45405016
25. 16, 6 7
25. 49 8 44. 43, 6
. tempus horologü meridie vero o.h 5'. 5, 4
$. 55.
817
$. 55-
Quas quidem observationes a celeberrimo Henry habitas de
Br integro ad Calculos revocare facile tanti fuerit.
’
Sint igitur
h = distantiae verae solis a vertice;
: pr" — complemento latitudinis loci geographicae ;
t — angulo horario;
ö — declinationi solis;
% — complemento ejusdem declinationis;
z — azimutho solis;
r — refractioni solis;
p = parallaxi altitudinis solis;
bh’ — distantiae apparenti solis a vertic, — h—r-+p
Did = distantiae apparenti objecti terrestris a vertice;
d’ = distantiae solis observatae ab objecto terrestri ;
& — angulo, quem objectum terrestre et sol in vertice obtendunt;
_ "m = reductioni stationis ad centrum;
n = semidiametro solis;
_ Et ad azimutha, Circulo repetente Tobiae Mayeri, quem a Borda
nominant, obseryata, ad calculos revocanda sequentes fecerint for-
mulae:
R. tgx=cetgß cost
ö yzIo x :
coS
518
cos
cos h = sinß -
cosx
- _ sintcosd
SnAz ae et
5 sinh
R=d-+h1d
TREE
3 dach) "r
N esın JR Sin aER
sın 28 SEEN RENT
sin d sin h’
fuit veroß= 48°. 08’. 20”, 8
d= 90°. .r4‘. 20%,
m— — 25” vesperi;
m—— 21“, 9 mane;
azimuthum— z—m-+ n—z vesperi
=—(2a—m+n) + z mane.
$. 56.
En typus calculi seriei A.
6h aan
95°. 22’. ABU
Tempus verum
t
: = 14°. 05°. 01%, 8
eotg ß = 9,9523232 .. . sin ßB=9,8720206 . . . sin t= 9,9980826
cos t = 8,9720213n .. cos y=9,2076000 . . . 08% — 9,9867452
ig x = 8,9243445 0 C cos x= 0,0015273 . . Csin h = 0,0031786
‘cos h= 9,0811479 "sin z = 9,9880062
”—'.75. 54 58% 2
y =\ 80°. 43°..06, 2
h= 83° 04. 35”,
—[T _ es ob. 32, 4
N 08, 8
h’= 82°. 58 10% 7
d'=' 09. T4.! 20,'0
U 2 T2B 094 20,
Summa — 208.- 15. 58, ı
dimidium = 149. 07, 59, 0
—d= 90. 14. 20
A, = 58753; 39
149. 07. 59, 0
—h"=—82. 58 ıL, 7
WW =. 06. 9 4% 3
sin R = 0,9325825 2 = 76°. 33°. 46% $
sın R’ = 9.9612785 m 25, 0
Csind = 0,0000038 ZEEFTEIEENEE
EN sn 2+m= 76°. 36°. 11. 8
sin?;& = 19,8971430
5in4x = 0,9485715
- sa = 62°. 39'. 48", 4
& = 125". 19’. 36%, 8
+n —....1l5t 53% 8
1262.035730206
— (m) ='176:. 30. 11, 8
_Denique azimuthum = 48° 5y' 18,8
519
2 = — 2. 48. 08".
$. 57-
$. 37-
Itaque azimutbum
seriei A — 48°. 59°. 18,8 °
Ex iisdem calulis mihi
prodierunt: B=48. 59. 24, 2
G.=48:359..32 112
D=48 59. 41, 4
E=48 59. 4, 7
E49. "04 23,116:*
G=48 59. 67, ı
H= 48. 59. 56, 5
I=48 59 28, 4
R=48 59. 31 3
L=48 59 4, 9
M= 48. 59. 4, 8
N=348 55. 45, 2* r
0448.15, 02004, Par
P=48. 59. 43, 7
n Q=48 59. 51, 8
R=48 59 4, 7
I ASS. Von
"T [e)
= 48. 59. 19,
Hince omnium medium = 48°. 59°. 37", 6
Exclusis seriebus F, N, O, quibus observationibus scripturae men-
dum inesse facile tibi persuaseris. Ullum vero mendum, idemque
apertum, in archetypo litura corrigere religioni habui.
$. 58.
521
$. 58.
° Sed cum Triangulum: Specula Regis astronomica, Pontes
Scaphoni, et turris divae virginis: Satis accurate sit cognitum, ex
datis angulis ad
Speculam Regiam es 78t.17,,54
Pontes Scaphonios = gan de AARE Te)
Turrem divae Virginis = 83- 47. 29, 16
ex data distantia ejusdem turris a specula ästronomica —= 2555, 89
metris, ex azimutho supra invento, cognitaque positione geographica
speculae Regis astronomicae, cum ex siderum inerrantium occultatio-
nibus, tum ex solis eclipsibus, tum variis ac multiplicibus observationi-
bus primum a me definita, ninirum Longitudine = 29°. 16’. 23°, 4 La-
titudine = 48°. 07°. 33°, Q.
Facile coneluditur Latitudo Turris divae Virginis Monachii, in
media fere urbe sitae, = 48°. 08. 20” 8 +Longitudo vero
— 29°. 14°. 42”, 401 Azimuthum autem speculam astronomicam in-
ter ac meridianum ejusdem Turris = 125°. 14°. 48”, 18. _
$. 59.
Ex quibus denique, angulo Aufkirchen etScaephtlarıam
altam inter — 160°. 02’. 32°, 6 aliunde cognito, azimuthum a celeber-
rimo militum Praefecto Henry obseryatum, siad Speculam Re-
giam et Pontes Scaphonios referas, colligitur— 36°. 57’. 38, 71
quod a nostro tantum 06, 74 intervyalli ut differret contigit.
$. 60. .
Itaque ergo omnium et obseryationum et calculorum momenta
diligentissime perpendens in azimutho a me supra definito, quod Ba-
sis et Retis triangulorum per Bojoariam impensa Regis porrecto-
rum edendarumque Tabularum Regni topographicarum firmamentum
ac fundamentum posui, omnino standum putaverim.
en ———
66 Typo-
No EIER IR I 1a a 9 BE a e BD IE DEE IE Ge PTTALRTELELKIIE
Typothetae menda a benevolo lectore tollantur:
lin. 7 nutorum —
— 13 14, 00 —_
—ı8 0 — —_
— 3 3%3. _
— ı7 addatur post pol
— 13 a6‘. 9“ —_
— ult. 28°
— 18 9,8461704 —
— 23 16‘, 3dg2
— ah 32, 87 —_
— 2 Thedolito _
— 7 20, 29 —
=, BR1600 IT
— 22 39° N
—ult. sing sim2 dt
cos ßsin ? «
I cos2dsint
— 10 2. 21°, 5007
— 10 5
— oh 48° 30“ —
=-o7 4m’. 29° =
— 8 46.24" —
— 23 aıl. 38° —
— 35 22h. 51°
— 9 21,454 Der
—.ult. 23° _
0 =
— ı4 Ian, —,
— 3 ejusdem Ecclesiae referen
— 10 ı19%, 2 —_
— 18 158°
un 370° —
— 20 3% _
— 3. ı8ıa _
—8.19,.2% _
— 5 %.°,’0 _
NR ——
— 19 25° —
—_ 2 ıdı2 —_—
Bes
lie
RL RE
Ts 12l
AR“
IIELII IE
&
8
EA ei 1
FR FREE T-I
FERIEN TEIL
ESSEN lRlet.
legas yelim:
minutdrum
16.9, 5
Theodolito
02, 209:
ı6°
39°, 689 »
sin g sin ? z dt
cos 8 sin ?z
cos 2 d sint
2. 21°, 5087
38. 334,5)
EISEN
47". 29°, 5:
46”. ah‘, 5
2ıh. 50°
22h. 38°
21 „449 0,0087
25°
er,
18”,0
speculae relata:
17°, 2 "
1587°
374°
30°
1802
88
DENKSCHRIFTEN
DER
3 Re
- AKADEMIE DER WISSENSCHAFTEN
ES - zu MÜNCHEN.
3
ı8ı1ı UND ı8ı12.
CLASSE
DER
GESCHICHTE.
Pre
=
Te
At
en
Bu
gig"
2255:2069°:5E7FO9OOILIEEODOIHOVOYOEO-299899099C8E9O990 93587550000: :55
Die
Vereinigung des Baierischen Staats
aus
den einzelnen Bestandtheilen der ältesten Stämme,
. Gauen und Gebiete,
historisch entwickelt
von
Kırı Hrıvyrıen Laxe.
D. Baierische Königreich in seinem jetzigen Umkreis war der
Würkungskreis von dreyerley Volksstämmen, oder wenigstens Völ-
ker-Bünden, der Alemannen und Thüringer (oder Ostfranken) zum
mindern, der Bojoarier zum grölsten Theil. Die Absicht ist, aus
allem bisher Gesagten oder Gefundenen das Kostbarste, Neueste,
und mit Urtheil ausgesuchte Aechteste unter einen Gesichtspunkt zu
sammeln, und den Uebergang aus der ältesten Staatsverfassung (bis
Ende des VI. Jahrhunderts) zu der geregelten Gauverwaltung (bis
Ende des Xten Jahrhunderts) aus dieser zu der Begründung erbli-
cher Regenten-Familien und den Anfang des Wittelsbacher Herzog-
thums (1180) bis zur neuesten Zeit in einem treuen Bilde darzu-
stellen.
. 7 Ale-
Alemannien.
F, J. C. Pästers Geschichte von Schwaben I. und IH, Buch, Heilbron ı803.
1805. 8. —
len Alterthum, scheint es, hiefsen Germanen diejenigen Völker
teutschen Stamms, die sich an der Gallischen Grenze bereits nie-
dergelassen hatten, nicht selten auch den Gelten gleichbedeutend
gesetzt, Suev aber der freye‘Bewohner des innern Lands, Sarmat
oder Scythe der Bewohner des Ostens. Früh ward dem Römer des
schwäbischen Landes Herkynischer Wald und der Abnoba
Alpweide bekannt. Der Cimbern und Teutonen vom tiefsten Norden
ausgewanderte Schaar stört die friedlichen Bewohner aus ihren Hüt-
ten auf. Die verdrängten Helvetier brechen nach Gallien auf. Cäsar
ficht mit Arioyist, einem wagenden Anführer Sueyischen Namens,
der unter ihm Markmanen, die ersten Anbauer am rechten Rhein-
ufer, Haruden, Harzbewohner, oder Schwarzwälder (später auch
Heermunderer, Vortrab des Volksheers genannt) Triboken, Vangio-
nen, Nemeten (Elsalser und Speyrer) Sedusier (am Kocher und
Nekar) in sich begrif *). In alter Sitte ward unter sie das J,and
nach
*) Nach Mannerts Geographie der Griechen und Römer III. S. 57 gab es nie
Sueven als Völkerstamm. Die nördlichen Abentheurer aus vielen (100 Gauen)
nannten sich selbst Sueven (Wanderer). Cäsar hielt sie für ein Volk. Später,
wo man sie in ihren Sitzen zu treffen glaubte, erschienen immer ganz andere
individuelle Stammnamen, z, E. Semnonen. So verschwand am Ende der Name
ganz. Nur dem heutigen Volke der Schwaben blieb er, das ihn im vierten Jahr-
hundert annahm, wo es. als Hermundurer aus dem nördlichen Haupttheil sei-
ner Sitze durch die merovingischen Frauken vertrieben wurde, Der eigentliche
Stammname war Hermion. Ill. 1906, Die Alemanen zum Stamm der Istävonen ge-
hörig, seyen aus einem Verein vieler Völkerschaften entstanden, wie diefs ihr
Name gäbe, und der wohlunterrichtete Agathias bezeuge ; wahrscheinlich aus
Tenkterern, aus Ussipiern, aus einzelnen Haufen von Chatten, aus Vangionen,
Nemetern, Triboken etc. a. a. O. 270.
5
nach Stämmen, Horden oder Senden vertheilt. Eine Vereinigung
mehrerer®Stämme zur Vertheidigung und Bebauung eines Landes
unter einem Aeltesten oder Grafen ward ein Gau, die Verbindung
oder Eidgenossenschaft mehrerer Gauen unter einem Altvater, An-
führer öder Herzog ein Volksverein. Während Marbod sich
von den andern trennend mit solch einem Verein Suevisch genann-
ter Völker, dem Markomanischen, den Römern in Osten ent-
gegen stellte, welche sich unter Drusus Anführung die Volks-
stämme der rhätischen Alpen unterworfen, zur Grenze Vindeliziens,
und unter Tiberius bis zur entdeckten Quelle der Donau vorge-
rückt waren, blieben andere Sueven, in der südwestlichen Strecke
zwischen dem Rhein, und der Donau in geschiedener Selbsständig-
keit für sich, zum Theil hinter den römischen Schanzen bis an des
Nekars rechtes Gestad die Agros decumatos benutzend. Arglos sa-
hen sie neben sich entstehen die Pflanzungen Augusta Vindelicorum,
Brigantia, Targaetium, beyde am Bregenzer - See, Campodunum,
Leimacum an der Mündung des Lechs, Medianae an der Zusam,
Aquileja beym Ausflufs der Iller, ad Lunam an der Donau, Samo-
lucenae bey Tuttlingen, Brigobannis, an der Breg und Brieg. Rö-
mische Stralsen innerhalb diesem Land führten
{) von Bregenz nach Chur, über Clunia, Mündung des Ills
im Rhein, Magia, am Luzensteig bey Mayenfeld, Chur (Curia).
Von Chur gieng die allerälteste Communikationsstrafse nach
Italien über Via mala, Lapidaria (am Hinterrhein) Cimmus
aureus, Splügen, Tarversede, Clavenna (Chiavenna) Riva,
Como. Ein Fulsgängersteig von Chur bis Chiavenna führte
über Tinnetio (Tinzen am Albulabach, Murus , Septimerberg.
2) von Bregenz in die Schweiz über Arber felix (Arbon) ad
fines (Pänn)
3) von Bregenz nach Kempten und von da nach Salzburg oder
Tirol über Vemania, eine Meile südöstlich von Isny, Standort
einer Römischen Besatzung, Campodunum, Sitz einer Prae-
fectura Cohortis der III. Legion, von da bis Schongau und
Bei-
6 —
Beifsenberg, links ab an Würmsee nach Salzburg, rechts nach
Tirol (s. bojoarische Strassen) .
4) von Bregenz nach Augsburg bis Kempten, wie oben, sodann
nach Rostrum Nemaviae, in der Gegend von Türkheim und
der Wertach.
5) Strafse von Augsburg
nach Tirol,
6) nach Salzburg,
7) nach Regensburg und Passau.
8) Strasse von Augsburg nach Ulm oder an die Donau nach
Ehingen, gieng- beyläufig über Ziemetshausen, Weilsenhorn,
s. Bojoarische Strassen.
Vöringen. 1
9) Von Ulm in die Schweiz, ad Lunam, Ehingen, Bragodu-
rum, Stift Beurn? Samolucenae bey Tuttlingen, Arae flaviae,
Reutlingen, Brigobannae bey Neidlingen an der Donau, Jy-
liomagus, an der Wertach, Tenedo, Zurzach.
10. Von Ulm nach Regensburg s. Bojoar. Strassen (Mannerts
älteste Geschichte Bojoariens).
Seit Hadrian (im Jahr Christi 137) hatte die gte Römische
Legion ihre Station vom Oberrhein bis an Nekar und Kocher, wel-
che die wandernden Völkerschaaren von dieser Seite weg und mehr
gegen Italien und Panonnien hindrükte. Noch sorgfältiger befe-
stigte Septimius Severus (a. 195) die Grenzen am Rhein, vielleicht
gar mit einer Mauer, und Wiedererhebung der Strafsen. Eine
Heerstrafse wird von Argentoratum bis am Nekar gezogen, und
Aquae (Baden) wird schon izt bekannt. Die.gte Legion wird von
der 23ten abgelöst. (a. 230) Aber unter Alexander Severus Persi-
schem Krieg durchbrechen die Barbaren diesen schwachen Cordon
und öffnen sich den Weg nach Gallien. (a. 235) Aurelian schlägt
sie zwar (a. 270) zieht aber zu Befestigung seines Throns alle Rhei-
nischen Truppen an sich.
Vier-
ee
Em; Trier 7
Vierzig gallische Städte fallen auf die Entblöfsung der Grenze
in die Hände der Barbaren, bis sie Probus (a. 277) wieder hin
zum Nekar treibt, und den Hadrianischen Wall erneuert. Es ver-
schwinden die alten Namen der Markomannen, der Chatten, der
Hermunduren, selbst der Germanen; aus den Hermunduren (zum
Theil vielleicht auch aus Katten, Haruden und Sedusen) gehen,
mit erst seit 213. bekanntem Namen die Alemannen hervor. Im
Jahr 287 haben sie bereits die ganze nördliche Alpenreihe besetzt, und
die Römer aus den Donaufestungen bis an die Bregenzer - Stralse nach
Augsburg, und auf der andern Seite tief nach Gallien hinein ge-
drängt. Kaum dafs sie noch Constantius, dem Konstanz den Na-
men verdankt, und Constantin von Gallien, wenigstens von Helrve-
tien abzuhalten vermögen. (J. 296 — 313) Julian schlägt sie, (J.
357) nachdem sie bereits bis Lyon vorgedrungen, bey Argentora-
tum und treibt sie über den Rhein zurück, Sein dritter Zug
reichte bis zum Capellatium, an die Salzquellen von Schwäbisch-
Halle. Längst des Römer Walles in Franken, bis in die Nähe des
Mayns, wohnten damals die Burgunder, ihnen östlich und südwärts
bis an die Donau, also im östlichen Theil von Franken, die Schwa-
ben ; alles übrige westlicher war Eigenthum der Alemannen, (Man-
nert III. 294.) So behaupteten sich die Römer noch mit Mühe,
bis endlich unter Theodosius Söhnen, wegen der nähern Italienischen
Gefahr, die Truppen ganz aus Gallien weggezogen werden mulsten.
(J. 403) Da strömte es in ungebrochener Linie hinein nach Gal-
lien; Gothen , Alanen, Vandalen (407) Sueven, Alemannen, zuerst
den Durchziehenden zu widerstehen vermeint, von ihnen geschlagen,
“und dann zum Theil selbst mitziehend, endlich (J. 4:3) die ganze
Nation der Burgundionen, länger schon von der Weichsel herge-
kommen (ungefähr seit 278. s. Mannert) und sich bisher an dem
Mittelrhein verweilend. Alan, Vandal und Suere geht nach Spanien
(408) der Vandal weiter nach Afrika; die Gothen (Westgothen)
erhalten das südliche Gallien und Spanien, die Burgundionen dis
Gebürgslande, denen sie ihren eigenen Namen gaben; den Aleman-
nen,
8 .——— on
nen, zurückzugehen gezwungen, blieben die mit der Burgunder
Abgang erweiterten Sitze am Mittelrhein und an beyden Ufern des
Oberrheins und dessen Gebürg. So schien es wieder ruhig zu
seyn, bis zu Attilas Ucbergang über die Donau (J. 451.) Nach
seiner Niederlage (452) erscheinen die seltner genannten Sueven
an der Seite der Alemannen, mit denen sie nun vereint waren, ”
südöstlich im Gebürg mit neuer Ausdehnung.
An den beyden Rheinufern bis ungefähr zur Lahn grenzten die
Alemannen an die Franken. Aus Alemannen wurden Alsasser am
linken Rheinufer. Der gröfste Theil von Helvetiien war Alemamniseh;
den Alemannen allenthalben rechts vom Rhein in gerader Linie süd-
lich am Jura hinauf, safsen die Burgundionen, vom Lech bis zum
Rhein- Thal um die Quelle der Donau die eigentlichen Sueven;
östlich am Lech und Inn nahmen die alten Ueberbleibsel des Mar- -
komanen Vereins, Ueberreste von Herulern, Seyren, Rugiern, Tur-
zilingern, zusammen in ein Volk vereint, den alten Namen Bojoa-
rier wieder an.
Die Angrenzung am Mittel-Rhein, seit Besetzung der Burgundi-
schen verlassenen Districte, brachte die Alemannen in unfreundliche
Berüh-
*) Acht Könige theilten zu Julians Zeiten die Aufsicht über das ganze Volk der
Alemannen. Einer bey Mainz, an beyden Ufern des Mains gegen Süden, Einer
nördlich bis zur Lahn, zwey Brüder östlich am Main, drey im Mittellande, Ei-
ner im Breisgau. Zu ihnen gesellten sich die aus dem innersten Teutschland ge-
drängten Sueven; beyde vereinigten sieh endlich zu einerley Volk, doch so,
dafs man in der Teutschen Schweiz und in Elsafs nebst einem Theil von Baden
noch immer die Sitze der Alemannen, und im westlichen Schwaben die Sitze
der Sueven erkennt. Mannerts R. Gesch. S. 25. dessen Geogr. I1I. 460. Da
der Alpgau, Alpegavia, Alpigauge auf dem Schwarzwald in einer Urkunde bey
Neugart, Cod. Alem. von 797. Yagus Alemanorum übersezt ist, so möchte man
schließen, dals Almänner soviel als Alpmänner oder Almenmänner (von Alm) ‘
sagen wolle.
)
Berührung mit den Westfranken. Die Alemannen, nachdem sie seit
der ihnen ungewohnten Einführung des Landeigenihums ihre damit
nicht verträgliche Kriegsverfassung aufzehoben, und unter die Ge-
walt einzelner grolser Anführer gekommen, gleich wie sie auch ein
noch unkultivirtes ruinirtes Bergland besalsen, vermochten sich ge-
gen die kultivirten, kriegsverständigern, durch ihr Königthum kräf-
tigern Franken nicht zu halten. Die Schlacht bey Zülpich (496.)
g. Ein Theil derselben zieht die Unter-
werfung an die Ostgothen vor. Ostfranken (oder eigentlich das
Rheinische Franken war der von den Erobern (338?) besezte Rhein-
und Mayndistriet. Im Jahr 548 traten auch die Ostgothen ihre Rechte
über den Anfangs an sie ergebenen District (die Churer Diöces in Schwa-
ben) ab, und Alemannien erscheint nun bleibend als ein Austrasisches
Herzogthum.
entschied ihre Unterjochun
Die Alemannen erhalten aus den Händen der fränkischen
Könige ein eigenes Gesetz, durch Columban und S. Gall in Helve-
tien, durch Fridolin am Oberrhein, durch Trudpert im Breisgau die
Cultur des Christenthums (ums Jahr 613). Als sich nun im Verfolz
die Schwäbischen Herzoge der neuen Macht der Majordemus minder
biegsam als die Herren in Helvetien und Elsafs fügen wollten, brauchte
. Karl Martell Gewalt und gab seinem Sohn Karlmann Austräsien,
Schwaben und Thüringen unter dem Titel eines Herzogthums Ale-
mannien (742) welcher das Schwäbische nationale Herzogthum
‘ganz aufhebt und dafür Nuncios Camerae bestellt (748). Doch blieb
die pipinische Familie dem Schwäbischen Land mit auszeichnender
‚Vorliebe verbunden. Karl der Grofse selbst heirathete zweymal
Schwäbische Prinzelsinen, davon eine Hildegard (773) Kempten gestiftet
haben soll. Ludwig der I. dessen Gemahlin gleichfalls eine Schwä-
bin war, hielt sich vielfältig zu Augsburg und Bregenz auf. Lud-
wig II. gebietet über Baiern, Alemannien, Sachsen und Thüringen
‚als teutscher König (843). Sein Sohn, Karl der Dicke, Anfangs Kö-
‚nig über Lothringen und Alemannıen (376), woselbst er besonders
2 in
10
in Bodmen am Bodensee weilte, wird Kaiser (880) und vereinigt
wieder die ganze fränkische Monarchie 882. König Arnulf hatte seine
Palatia zu Ulm und Wiblingen (887). Unter Ludwig dem Kind
schrecken die ungarischen Einfälle (901). Die Kammerboten Erchin-
gen und Berthold giengen damit um, sich als alemannische selbst-
ständige Herzoge aufzuwerfen. Die Bischöfe, ihre Feinde, beson-
ders der zu Constanz, brachten sie aber in den Stand der Anklage
vor der Versammlung zu Altheim, woselbst sie als Hochverräther
verurtheilt zu Oettingen aber enthauptet wurden (916). Es traten
nunmehr wieder wirkliche vom teutschen Reich abhängige Herzoge
‚von Alemannien an die Stelle und zwar in folgender Reihe:
ı) Burkart I. Gaugraf der Bar, Sohn des Gaugrafen Adalbert vom
Turgau, von den Grofsen unter K. Conrads I. Leitung gewählt.
Sitz der Herzoglichen Macht zu Bodmen$ weigert sich Anfangs sein
Herzogthum als Lehen RK. Conrads zu erkennen, will selbst vom
Kaiser Heinrich I. nicht einmal abhängig seyn. Mufs sich je-
doch auf dem Reichstag zu Worms unterwerfen, behielt aber
die volle Gewalt über die Stifter und die Verwaltung der her-
zoglichen Güter ohne Einmischung des Haiserlichen Fiskus. Bischof
Ulrich von Augsburg sein Verwandter (923). Er starb auf einem
Zug nach Italien (926).
2. Hermann I. Sohn Gebhards Grafen von Franken und Wetterau
im Grabfeld, eines Oheims K. Conrads I. heirathet die Wittwe
Regilinde des vorigen H. Burkards, aus Nellenburgischem Stamm.
Burkards Sohn behält das Turgau, und ein Stück von Aleman-
nien wird dem K.-Rudolf von Burgund zugetheilt. Die Züge nach
Italien hatten die Einfälle der Ungarn, als italienischer Hilfs-
völker, zu Augsburg, S. Gallen, Constanz und Reichenau her-
beigezogen. Herzog Hermann hielt fest an K. Otto I. bekommt
zum Lohn seine Lehen als Eigenthum und nach Eberhards Grafe
"von Franken Tod einen Theil seiner Verlassenschaft (wahrschein-
lich
1]
lich Kochergau?) Er verheirathet seine einzige Tochter Ida an
“ den Prinzen des HK. Otto Ludolf und starb bald darauf 948
(oder vielmehr 949), begraben zu Reichenau.
3) Ludolf, aus dem sächsischen Kaiser Haus, kann sich mit sei-
nem Oheim, dem Ilerzog von Baiern, nicht stellen, wirft sich
daher selbst gegen seinen Vater, Kaiser Otto, da er ihm nicht
Recht geben will, auf, und ruft die Ungarn zu Hilfe (953) un-
terwirft sich unter Bischof Ulrichs von Augsburg Vermittlung zu
Illerdiessen und legt das Herzogthum nieder 954 (957).
4) Burkart II, Sohn des H. Burkarts I. des Bischof Ulrichs Verwand-
ter. Sitz zu Hohentwiel. Grofse Schlacht auf dem Lechfeld
(955). Herzog Burkart, Bischof Ulrich sterben beide in dem-
selben Jahr (973). Die verwittibte kinderlose Herzogin Hedwig,
Tochter H. Heinrichs von Baiern, und Bruders Tochter Kaiser
Otto I. eine klassisch gelehrte Frau, behielt die Verwaltung
ihrer Familien Güter und der Klostervogteyen; Herzog aber
wurde
5) Otto I. Sohn des verzichteten Herzog Ludolf, aus dem kaiserlich
H sächsischen Haus. Besafs auch den Comitatum Rhaetiae bey
Feldkirch, nahm sein Herzogthum zu Lehen, erhielt auch das
von Baiern dazu (978) bleibt in Italien 982.
6. Konrad I. Graf von Franken, Bruder des auch in Italien geblie-
benen Herzogs Udo von Franken, ein Bruderssohn des H. Her-
manns I. welcher bisher das rheinische Franzien verwaltete,
und bereits grofse Güter in Schwaben hatte; tritt das Herzog-
thum Baiern, das ihm auch verliehen war, wieder an Heinrich
ab; der verstorbene Bischof Ulrich von Augsburg wird heilig
gesprochen 993.
ehr 7. Her-
12 Tr
7) Hermann II. seit 992 Konrads Neffe und Sohn des gebliebe-
nen Herzogs (Grafens von Grabfeld) Udo von Franken; wider-
setzt sich Anfangs der Wahl K. Heinrichs II.. (1003) schreibt
sich auch Herzog von Elsafs. Strafsburg und Zürch die zwei
vornehmsten Städte des Herzogthums.
8) Hermann III. des vorigen unmündiger Sohn seit 1004. Ordnung
und Wohlstand scheitert. Mit dem Tod der Wittib Hedwig
(s. num. 4.) fallen dem verwandten Kaiser Heinrich II. ihre Erb-
güter heim, die er grölsentheils an Klöster, meistens Reichenau,
vergibt, diese aber sodann seinem neugestifteten Bisthum Bamberg
als T'afelgüter zutheilt. Hohentwiel bleibt Herzoglich. Der Herzog
starb 1012 und hinterliels 5 Schwestern, die wegen ihrer Mutter
Gerberg, einer Schwester der Mutter Heinrichs II. mit dem Kaiser-
haus sehr nahe verwandt waren, und zwar: a) Giesela, vermählt
an Ernst Markgrafen von Oestreich, erhielt des Herzogs Thüringi-
sche Stammgüter in Schmalkalden und Eisfeld; die Güter im Mu-
lachgau, Herzogenaurach im Rangau, delsgleichen um Melrichstadt
im Würzburgischen. b) Mathilde, vermählt an Herzog Konrad
von Kärnthen; erhält die Elsalsischen Güter ihres Vaters. c)Bri-
gitta vermählt an Adalbert, später auch Herzog von Kärnthen ;
ihr zugefallener Gütertheil lag bei Ulm. d) Gerberga ver-
mählt an Markgrafen Heinrich von Schweinfurt. e) Hedwig, ver-
mählt an Grafen Eberhard von Nellenburg.
9) Ernst I. obiger Schwestersohn, Herzog Hermanns III. und kaiserli-
cher Vetter, wird Herzog; starb 1015 auf der Jagd, begraben
zu VVürzburg bei seinem Vater. Die Wittib Giesela heirathet
den Prinzen Konrad von Franken, der nachher Kaiser wird und
den Namen der Weiblinger führte. Das Herzogthum Alema-
‘nien blieb als Erbtheil, anfänglich unter Vormundschaft der
Mutter und des väterlichen Oheims, Poppo von Trier,
10)
10)
1I)
13
Ernst dem II. des vorigen Herzogs und der Gisela Sohn; ist mit
seinem Stiefyater, K. Konrad II. sehr gespannt über die Bur-
gundischen Erbansprüche, die sich jeder zueignet. Der Kaiser
sucht ihn durch Ueberlassung des Süfts Kempten zu beruhi-
gen (1016). Das Land ist nun öffentlich in zwey Partheien zer-
fallen, eine Kaiserliche und eine Herzogliche. Werner Bischof
von Stralsburg und sein Bruder Rapoto, aus einem mit den Zäh-
ringen gemeinschaftlichen Elsafsischen Herzogsstamm, begründen
das neue Haus Habsburg (1023). Welf, Erbauer von Ravensburg,
Besitzer von Altdorf, dessen Abkunft man von dem Geschlecht |
der Judith, K. Ludwig I. Gemahlin und weiter hinauf bis aus
den Zeiten des Attila, herleiten will, zeigt sich als einen Haupt-
feind des Kaiserhauses oder des Weiblinger Honrads. Aufstand
des H. Ernsts, (1027) abermals wegen Burgund. Reichstag zu
Ulm. Ernst wird als Gefangener nach Giebichenstein gebracht,
Welf des Lands verwiesen. Erster trat aufserdem seine Be-
sitzungen um Würzburg dem Kaiser ab, wird frey, aber bald
wieder verurtheilt, und bleibt kämpfend auf dem Schwarzwald
1030.
Hermann IV. Bruder des vorigen: unter Vormundschaft des
Bischofs von Konstanz; vermählt an eine Markgräfin von Susa,
für welche er die Belehnung erhielt. Die Kaiser machen jetzt
Alemannien zu ihren ordentlichen Waftenplatz für ihre Burgun-
dischen und Italienischen Züge. Der Herzog stirbt auf einem
solchen Italienischen Zug 1038.
ı2) Heinrich, der Römische König Heinrich III. seit 1039, dem
sein Vater das Königreich Burgund und die Herzogthümer Ale-
mannien und Baiern gab, die er auch als Kaiser beyzubehalten
suchte; jedech fand er gerathener es wieder abzugeben, aber
an einen in Schwaben minder begüterten Herrn, nemlich
13)
14
13) Otto II. (seit 1045) einen Sohn des Pfalzgrafen Ehrenfried am
Rhein, und der Mathilde, K. Otto II. Tochter. Der Welf, der
aus Kloster Altdorf Weingarten bildet, wird durch die Ver-
leihung des Herzogthums Kärnten zugleich aus Schwaben ent-
fernt und zufrieden gestellt. Die noch übrig gebliebenen oder
seit kurzem wieder erworbenen Herzoglichen Domänen bleiben
meistens in den Händen des Kaisers zurück. Otto starb 1048,
der Kaiser benennt
Otto III., Markgrafen von Schweinfurt, einen Sohn M. Hein-
richs und der Gerberga, Tochter H. Hermanns II. (s. num. $.)
behielt seine Fränkische Markgrafschaft darneben, und befafste
sich um so weniger mit seinem neuen Herzogthum Alemannien,
als sich der Kaiser meist selbstherrschend persönlich darin auf-
hielt. Pabst Leo erscheint in Schwaben und ordnet die geist- B.
"lichen Sachen persönlich an. Schon bey Ottos Lebenszeit ward
vom Kaiser die Nachfolge dem Grafen Berthold I. von Zährin-
gen, Besitzer von Teck, Villingen u. a. m. versprochen, aber
es folgte gleichwohl
im Jahr 1057 Rudolf, Graf von Rheinfelden, (eines mit Habs-
burg und Zähringen gemeinschaftlichen Ursprungs) ein Bruders-
sohn des H. Theodorich von Lothringen und der Habsburger
Ida, ein Schwiegersohn der in Vormundschaft regierenden
Kaiserin, dem die Gemahlin als Heirathgut auch noch das Kö-
nigreich Burgund oder Arelat zubrachte. Residenz Zürch. Ber-
thold zu seiner Entschädigung wird Herzog von Kärnten, Mark-
graf von Verona, Landgraf von Breisgau. Bertholds älterer Sohn
Berthold II. stiftete die Linie von Zähringen, der zweite-Mark-
graf Hermann, der 1074 im Kloster Hirsau starb, die von
Baden, mit den Herrschaften Hachberg, Ortenau, im Kraichgau
und Ufgau. Dieser Markgräfliche Titel in einem Land, das
keine Mark war, leiten einige von Bertholds I. geführter Würde 4
eines
15
eines Markgrafen von Verona, andere davon her, dafs man Herren,
die mehr als Eine Grafschaft beselsen, und Söhne der Herzoge
nicht selten Markgrafen betitelt, wie denn schon Burkart I.
früher sich auch zuweilen einen Markgrafen von Rhätien be-
nannt haben soll. Zum erstenmal erscheinen jetzt auch Gra-
* fen von Zollern (1061), die Pfalzgrafen von Tübingen, wie
man glaubt aus dem Hause Ruck im Hohen Rhätien, die Gra-
fen von Achalm und die mit ihnen genau verwandten Grafen von
Würtemberg, bald auch von der Burg zu Grünigen, bald von
der zu Beutelsbach benannt. Der Erzbischof Hanno von Kölln
war ein Schwäbischer Graf von Pfullingen. Rudolf wird als Ge-
genkönig gewählt 1077, bleibt aber 1080 im Treffen an der
Elster in Sachsen gegen Heinrich IV. nachdem Alemannien
durch diese Auftritte gewaltig gelitten. Die Landgrafschaft Breis-
„gau wird von Heinrich IV. dem Bischof in Strafsburg ver-
liehen.
16. Friedrich I. von Stauffen, Sohn des Grafen von Büren oder
Beuern (WVeschenbeuern) dessen Mutter auch viele Güter im
Elsals hatte, baute das Schlofs Stauffen,.unfern Göggingen oder
bey Lorch an der Rems, schon 1079 versprach ihm König
Heinrich zum Herzog von Alemannien zu machen, indem er ihn
zugleich mit seiner- Tochter vermählte. Indessen stellten nach
Rudolfs Tod seine Anhänger dessen Sohn Berthold als Her.
zog auf, so wie den Hermann von Luzeburg als Gegenkönig.
Kämpfe beider Partheyen zu Ulm. Der junge Berthold nach-
dem er sich in einem Theil des Herzogthums behauptet hatte,
starb 1090, worauf die Schwäbische Kaiserliche Gegenparthey
sofort den M. Berthold U. von Zähringen wählte, einen Schwa-
ger des verstorbenen jungen Berthold, dessen Bruder Gebhard
zugleich vielrermögender Bischof von Konstanz war. Endlich
erfolgte 1096 ein Friede zu Mainz dahin: Berthold von Zährin-
ringen behält den Herzoglichen Titel über seine nun vom
Mur-
16 a
Murgau, und Kraichgau westwärts bis an die Burgundische
Grenze gehenden Lande, die Erbschaft des verstorbenen jun-
gen Berthold mit der Landgrafschaft Riheinfelden, die Reichs-
vogtey über das Turgau und die Stadt Zürch. Der Welf, der
sich 1089 auch in die Erbschaft der Grafen von Buchhorn ein-
gedrungen, behält seine Schwäbischen Besitzungen, die vom
Bodensee bis bald da bald dort, zum HKochergau giengen und
später oft selbst Herzogthum hiefsen, unabhängig. Der übrige
District von Alemannien und Elsafs bleibt aber dem Friedrich
von Stauffen unter dem Titel eines Herzogthums Schwa-
ben (nicht mehr Alemannien). So ward also der westlichste
Theil von Alemannien den Zähringen, der östlichste den Welfen,
der mittlere den Hohenstauffen zu Theil. Diese Hohenstaufische
Regierung ist bezeichnet durch die Stiftung von Neresheim von
einem Grafen von Dillingen (1095) Ochsenhaufsen (1100). Pfalz-
graf Hugo von Tübingen gründet Blaubeuern und Anhausen an
der Brenz, ein Graf von Zollern Alpirspach. Der kinderlose
Graf von Achalm stiftet Zwiefalten, das übrige seiner Güter er-
hält der Schwestersohn Graf Werner von Grüningen. Der hei-
lige Wilhelm Abt zu Hirsau aus dieser Zeit ist als ein ziemlicher
Gelehrter bekannt. Die Grafen von Kalw treten in die Ge-
schichte ein. Die Französischen Kreuzfahrer ziehen durch Ale-
mannien (1096). Bischof Otto von Stralsburg, des Herzogs
Friedrich Bruder, der Welf und mehrere folgten ihm. Fried-
richs Mutter vermachte ihre Elsafsischen Erbgüter dem Hoph-
stift Strafsburg. Herzog Friedrich stiltet Lorch (1102) und
starb ı105 mit Hinterlassung zweyer Söhne, Friedrich und
Konrad, die ihr mütterlicher Oheim, K. Heinrich V. an seinen
Hof sich ausliefern liefs, nicht ungeneigt, des Herzogthums sich
selber zu bemächtigen. Doch sich zu geschwächt fühlend, be-
kels er
be /
17. Friedrichen II. (denEinäugigten), das Herzogthum Schwaben,
dem Bruder Konrad aber die Fränkischen Grafschaften, nament-
lich das Kochergau. Unter Herzog Berthold III. von Zährin-
ringen bildet sich in Freyburg eine der ältesten Städteverfassun-
gen, nach dem Muster von Kölln (1120). Heinrich V. starb
1025 nachdem er die zwey Hohenstauffischen Brüder Konrad
und Friedrich, seine Schwesterkinder, zu Erben seiner Güter er-
klärt. In Abwesenheit des kreuzfahrenden Konrads nahm Fried-
rich hievon Besitz in beyder Namen. Der Sohn dieses Her-
zog Friedrichs IH. nahm in der Folge den Namen von Weibling
44 an. Dieses Namens gab es drey Burgen, eine am Nekkar bey
Heidelberg, eine andere an der Rems bey Kanstatt, die aber
1086 schon Speyerisch war, und eine dritte am Kocher auf
dem Hertsfeld, auf welche letztere also zu rathen wäre, wenn
nicht anzunehmen ist, dals es die zweyte bey Kannstatt war,
die zu dieser Zeit durch ihre Wiedererwerbung den Namen ge-
geben. Der neue Kaiser Lothar nimmt die’zwey Hohenstaufischen
Prinzen wegen der Reichsdomänen, und als solcher auch wegen
Nürnberg in Anspruch (1026). Der zurückgekommene Konrad
aber entsetzt sein Nürnberg, bemächtigt sich seiner übrigen
Fränkischen Besitzungen und läfst sich sogar in Mailand als Ita-
lienischer König krönen. Dem Herzog Konrad von Zähringen
Bertholds III. Sohn wird 1127 die Grafschaft Burgund (Franche
Comte) und die Herzogliche Gewalt in Arelat und ganz Bur-
gund verliehen. Das Welfische Haus, dem König gegen Hohen-
stauffen beygethan, macht Anschläge. auf das Erbe der Grafen
von Kalw. Allenthalben in Schwaben kreuzt sich jetzt das
Welfische, das Hohenstaufische Interesse. Der heilige Bernhard
predigt ihnen Ruhe und das Kreuz (1134). Dem in Italien (1137)
gestorbenen Raiser Lothar folgt wider der Wellen Hoffen durch
Wahl ı138 der Hohenstaufische Konrad. Er nimmt nun rä-
chend der Welfen Schwäbische Güter und Lehen in Beschlag.
Ihre äufserste Burg WVeinsperg muls sich ihm ergeben (1140).
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Stiftung von Salmansweil 1138, 141? Auch König Konrad mit
seinem Neffen Friedrich von Weiblingen nimmt das Kreuz und
gramvoll über des Sohns Abschied, aber unter des Herzogs
Bernhard segnendem Gebet, stirbt der Herzog Friedrich II. 1047
dem sein Sohn Friedrich
18. Friedrich III. als Herzog folgt. Aus Jerusalem über Sizilien
heimkehrend dachte Herzog Welf Friedrichs Veste Flochberg
überraschen zu können, aber von Harburg hereilend wird er
von Heinrich, Konrads Sohn, zurückgejagt. Es kam zu einer
ernstlichen Schlacht bey Neresheim (1150) zwischen König Kon-
rad und Welf, welche endlich der junge Herzog Friedrich III.
versöhnte, den nach Konrads frühem Tod die Fürsten ı152 zu
ihrem König (Friedrich I.) erwählten. Des König Konrads
zweyter Sohn (Heinrich war gestorben) behielt als Infant von
Rotenburg (Infans de Rotenburg) das Erbtheil der Fränkischen
Güter. Friedrich hat mit seiner ersten Gemahlin Adelheid von
Vohburg Eger, mit seiner zweyten Beatrix das alte Burgund, die
diesseitigen Herrschaften hatte Zähringen erworben. Seinen Bru-
der Konrad machte er zum Pfalzgrafen am Rhein (1156). Die
Grenze der Bilsthümer ordnet er, die Schirmvogteyen der Stifter
nimmt er an sich; dem Rotenburger Infanten aber
19. Friedrich IV. überläfst er nun Schwaben und Franken, oder
totam Alemanniam (1157). Als Beystand des Pfalzgrafen
von Tübingen läfst sich dieser in neue Kämpfe mit den Welfen
ziehn, und liefert die übrigens glückliche Schlacht bey Tübin-
gen 1164. Mit vielen andern Grolsen starb auch Herzog Fried-
rich 1167 unbeerbt in Italien und wurde ins Grab nach Ebrach
gebracht; Der Kaiser sucht sich nun in seinem Schwaben im-
mer besser zu runden, er tauscht rom Herzog Heinrich die
Schwäbischen Güter seiner Zähringer Mutter gegen andere fer-
nere
19
nere ein, er handelt mit dem alten kinderlosen Weif, er be-
mächtigt sich der Welfischen Schirmvogtey über das Hochstift
Augsburg, der Kastenvrogtey über die Stadt, der Besitzungen
der ausgestorbenen Grafen von Schwabeck, der Grafschaft Pful-
lendorf gegen Umtausch mit dem Wellischen Turgau an Habs-
burg, der Lenzburgischen Lehen (1171) und 1190 mit Heinrichs
Sturz aller sciner Welfischen Lande; und nun erst theilte er
auf dem glänzenden Reichstag zu Mainz 1184 seinem volljährig
gewordenen zweyten Sohn
20. Friedrich V. das Herzogthum Schwaben, dem dritten Sohn
Monrad das Herzosthum Franken, mit den grolsen Erbgütern
des (1166) verstorbenen Herzogs Friedrichs von Rotenburg, (Eger,
Würzburg, Rotenburg) zu. Der älteste Sohn Heinrich war zur
Krone, der vierte Otto zum mütterlichen Reich Burgund und Arelat,
der jüngste Philipp zur Infel bestimmt. Es blühten damals an
alten Häusern vorzüglich die Zähringer in den Aesten zu Zäh-
ringen, Teck (Berthold IV. starb 1186) und Baden, die Habs-
burger, mit ihnen desselben Stamms, die Pfalzgrafen von Tü-
bingen in ihren Besitzungen von Rhätien bis ins Oberschwaben
hin. Die Gegend um Ludwigsburg war auch noch ihre, das
Kloster Bebenhausen ihre Stiftung, die Grafen von Asperg ihr
Nebenzweig; ferner die Grafen von Hyburg und Dillingen, die
Nellenburger mit dem Fränkischen Herzogstamm verwandt, die
Sigmaringe, Heiligenberg, Hohenberg, die Grafen von Vehrin-
gen Helfenstein, Zweige des ersten Schwäbischen Herzoghau-
ses, die Zollern, die Grafen von Urach und Fürstenberg, von
Oettingen, Vaihingen, I.aufen, Leonstein, die Grafen von Eber-
stein mit den Tübinger Pfalzgrafen verwandt, die Grafen von
Kalw, von Kirchberg, und vor allem jetzt auch schon Würtem-
berg und Grüningen, die neben den Hohenstauffen ihre Güter
bis an Nelikar und die Enz erweiterten. Angesehen am Ho-
henstaufischen Hof waren die Waldburge, ursprünglich Nellen-
= burger
20
burger Mannen, als Truchsesse, ihre Vettern die Winterstetten
und Bollande als Schenken und die Marschälle von Kallen-
thin. Eines neuern Kreuz-Zugs (1189) täuschendes Irrlicht
führt die Schwäbische Heere abermals ins Morgenland. Der
Calycadnus giebt dem König Friedrich in seinen Fluten statt
Erfrischung den schnellen Fiebertod (1190) und unter mühseligem
Rückzug stirbt auch Herzog Friedrich V. ııgı vor Akkaron.
Heinrich VI. Friedrichs ältester Sohn folgt als Kaiser; zu glei-
cher Zeit fallen ihm auch mit dem Tod des alten VVelfs die
Güter zwischen dem Lech und der \VVertach heim. Diese mit
dem Herzogthum Schwaben und Elsals verleiht er aber nun 1191
seinem Bruder
21. Konrad II. bisherigem Herzog in Franken, das er auch dazu
behält. Herzog Berthold V. von Zähringen macht Breisach zu
einer Festung, Bern zu einer Stadt. In unternommener Fehde
gegen ihn, im Lager zu Durlach stirbt Herzog Konrad 1197.
Sie fuhren seine Leiche nach Lorch.
22. Philipp, des vorigen und König Heinrichs VJ. Bruder, dem
er früher schon statt der geistlichen Bestimmung die vom Welf
angefallenen Italienischen Fürstenthümer , jetzt auch die Grie-
chische Prinzelsin Irene und mit ihr selbst Aussichten auf den
Griechischen Thron gegeben. Prächtige Hochzeitfeyer auf dem
Gunzenlech. Residenz zu Swainhausen. Heinrich VI. starb
1197. Philipp jetzt Reichsverweser, dann selbst König 1198,
der Welfische Otto IV. Gegenkönig. Sitz dieser Gegenparthey
Kölln. Durch Geld und Versplitterung seiner Güter hält sich
Philipp noch in der Höhe *), wird aber 1208 auf der Altenburg
. bey
®) Sic factum est ut nihil sibi remaneret, praeter inane nomen dominii terrae, eb.
eivitates seu villae in quibus fora habentur et pauca castella terrac. Ursperg.
21
.e
bey Bamberg vom Pfalzgrafen Otto von Wittelsbath meuchel-
mörderisch getödtet. Die Königin Irene stirbt vor Schrecken auf
dem Schlofs Stauffen. Der Gegenkönig Otto IV. verlobt sich
mit des Ermordeten jüngsten Tochter Beatrix, und will nun als
einziger Thronbesitzer das Herzogthum Schwaben an das Reich
einziehen. Heinrichs VI. Sohn, Friedrich, zog aber endlich
aus Sizilien heran, erobert Schwaben, wird Kaiser (Friedrich II.
1212) und verleiht unter vorbehaltener obervormundschaftlichen
Verwaltung das Herzogthum Schwaben seinem Sohn
. 23. Heinrich 1216, als Römischer König seit 1218 Heinrich VII.
Herzog Berthold V. von Zähringen als letzter der Zähringer
Hauptlinie stirbt 1218 und wird beerbt von den Söhnen seiner
Schwester Anna, Gemahlin Graf Ulrichs von Kyburg in den
Burgundischen Gütern, der Agnes, Gemahlin Graf Egino von
Urach und Fürstenberg, in den Gütern in Schwaben und auf
dem Schwarzwald, und vom väterlichen Oheim Adalbert genannt
von Teck, der von nun an den Titel Herzog von Teck annahm,
seine Erbansprüche aber dem Kaiser zedirte, der sie wieder
den Urachen überlies. Die Landgrafschaft Breisgau erhielt Ba-
den als Reichslehen, nebst Durlach, Ettlingen, Lauffen, Sinz-
heim, Eppingen; einen Theil des Uechtlandes und Pays de Vaud
zog der Bischof von Lausanne ein, das übrige, Zürch, Bern, So-
lothurn, Freyburg und Rheinfelden, zieht König Friedrich zum
Reich. Die Regentschaft von Burgund giebt er seinem Sohn
Herzog Heinrich von Schwaben. Der sich auflehnende Hein-
rich wird als Gefangener auf eine Italienische Burg gebracht,
wo er 1234 stirbt. Das Herzogthum läfst der Kaiser, meist zu
Hagenau und Augsburg residirend, unvergeben und sucht die ab-
gekommenen Stücke wieder heibeyzubringen. Das Land verfällt
aber immer tiefer in Verwirrung und Aufstand unter dem Ge-
genkönig Heinrich Raspo (1246) und dann Wilhelm von Hol-
land. Die Städte blieben meist dem Kaiser ergeben, mit den
Ge-
22
“r
Gegnern aber hielts besonders Strasburgs Bischof. Da starb
Friedrich 1I. 1250,
24: Konrad, Friedrichs II. Sohn, als König Konrad IV. versetzte
alles Erbtheil, das er los werden konnte, um nur eine Macht für
Italien aufzubringen. Das Hohenstauffische Gut in Schwaben
und Italien verschwindet. König Wilhelm von Holland erklärt
Schwaben dem Reich heimgefallen. Konrad stirbt 1254. Jetzt
gilt nur noch Willküöhr und Faustrecht. Ein neuer Gegenkönig,
Alphons von Sizilien, Sohn der Elise, König Philipps 'Fochter,
steht auf und forscht nach vermeintlichem Hohenstaufäschem
Erbe; Richard von Kornwallis aber erhält das Uebergewicht ‘
and behandelt Schwaben als heimgefallenes Reichsgut. Conra-
din, HKonrads IV. Sohn, am Bayerischen Hof erzogen, erscheint
zur Zeit als blofser Prätendent. WVürtemberg, das 1254 die
halbe Grafschaft Urach gekauft, läfst sich von den Herrschen-
den nun auch die andere Hälfte als Reichslehen geben. End-
lich als Richard Teutsehland unmuthsvoll selbst ha konn-
te sich
25. Conradin in seinem zersplitterten Herzogthum Schwaben als
der wahre Erbe zeigen. Der Bischof von Konstanz übernahm
seine Vormundschaft. HRavensburg war seine stille Residenz.
1267 geht er, von den Gibellinen eingeladen nach Italien, nach»
dem er auf den Todesfall seine Erbgüter den Herzogen von
Bayern vermacht; nicht zufrieden damit, liefsen sie sich sol-
che (Schongau, Möringen, die Heubisch, die Schutzvogthey über
Augsburg, Burg Schwäbeck, die Strafsenvogtey, die Vogtey über
Fülsen, Berghof etc.) auch noch verpfänden. 1268 wurde der
gefangene Conradin in Neapel enthauptet. Die einzelnen Stände
als Fürsten oder Fürstenmälsige eigneten sich nun die Herzogli-
chen Rechte als eigene Hoheit selber zu, die Herzoglichen freyen
Städte wurden Städte des Reichs, die Herzoglichen Ritter
Mannen der mächtigen Fürsten oder in behaupteter Unmittelbar-
keit des Reichs. Das Herzogthum hatte sein Ende. h
Fran-
Frankonien
Eccard Commentarü de Rebus Franciae orientalis,
Wenk Hessische Landesgeschichte.
vr. Schultes Geschichte der Grafen von Hennenberg.
Gensler Geschichte. des Fränkischen Gaues Grabfeld. Schleufsing,
1802. 4. 2 Theile.
Hentze Versuch über die ältere Geschichte des Fränkischen Kreises,
Bayreuth 1788,
Gonne de Ducatu Franciae orientalis. Erlangae, 1756,
—
D. Urbewohner Frankoniens waren Keltischen Stamms (Man-
nerts Geographie der Griechen und Römer). Keltische Helveter
salsen in frühester Zeit vom Mayn bis an Rhein, und werden von
den Suevischen Markomannen bis in die heutige Schweitz
zurückgetrieben. Auf diese Nachriehten beschränkt sich die wescnt-
liche Geschichte vor der christlichen Zeitrechnung. Der Römer Macht
drang nicht weiter, als mit vorübergehender schwacher Haltung von
‚Begensburg längs der Donau ins Eichstädtische, an die Altmühl
nach Gunzenhausen, auf der alten Landstrafse nach Dünkelsbühl,
durchs Ellwangische, bis an Schwäbischhall und Oehringen zum Nekar,
der sie wieder mit ihren Linien von Rhein her bis zum Odenwald
verband. Unterdessen nun nach Marbods Sturz Hermunduren ihre
Sitze, im Verein mit dem Alemannischen Bund, bis zur Fränkischen
Saale einnahmen, durch die Franken, ums Jahr 240 zuerst genannt,
der alte Cherusker Bund, wohl nur als Trutz- und Schutzhünd-
nils gegen die Longobarden erneuert wird, über Schlesien her-
ziehend die Burgunder sich vorerst am Nekar setzen (217), bis sie
ellmählig weiter zum westlichen Rhein hinrücken, Slavische Völker
ihres
"34
ihrer Spur folgend sich der teutschen Grenze nähern, die Franken,
welche seit 237 sich Batayiens bemächtigt, bereits im Gefühl ihrer
vereinten Macht den Rhein überschritten (414), und das geschicht-
liche Zeitalter fabelhafter Könige beginnen, Attila 451 geschlagen
wird, und die Schlacht bey Soifson (486) die Römische Herrschaft
im westlichen Europa endet, — hatte sich im Herzen von Teutsch-
land ein Thüringisches Königreich gebildet. Erst seit dem
fünften Jahrhundert (470) genännt, und keineswegs Gothischen Stamms,
scheint es sich aus den Teuriochämen am Erzgebirg gesammelt, und
gedrängt von den Slaren, mit mehreren Stämmen der Semmonen
verstärkt zu haben (Manert). Dafs sie in die ganze Gegend Ost-
frankens und in die Oberpfalz reichten, wo früher am Flufs Cham
Ptolomäus die Kampen, und um den Fichtelberg die Narilzen
setzt, die aber Jahrhunderte lang eine blofse Steppe für die wan-
dernden Züge blieb, ist Jormandes der Zeuge. Sie setzten sich
mit Erfolg, für die Nachbarn aber mit gleicher Räuberey, dem Er-
löschen des deutschen Namens durch das WVeiterschreiten der Sla-
ven entgegen, stürzten aber vor der gröfsern Kraft der schon ver-
ständiger regierten Franken, derem Interesse das Aufrechtstehn bey-
der Teile entgegen war. Hlodwig macht sie 491 zinsbar, und ‘531
wird vorgezogen, die Unterordnung einer minde: mächtigen Selbst-
ständigkeit in gerade Unterthänigkeit zu verwandeln, und mit Hilfe
der Sachsen gegen Gestattung eines kurzen Beutegenulses das Reich,.
mit angenommener Gsenze des Thüringerwalds, also zu vertheilen, .
dafs der nördliche Theil als Ostfalen ins Loos der Sachsen fal-
len, der südliche Theil aber als eine eroberte Thüringische Provinz
den Franken zufallen solle, welcher Distriet die Gauen Waldsafsin,
Taubergau, Wingartweiba, Jachstgau, Mulachgau, untere Neckar-
gau, Kochergau, Nordgau, Rangau, Ifiigau, Hassagau, Grabfeld, Tul-
"lifeld, Weringau, Gotzfeld, Saalgau, Badanachgau begriff, und mit
aufgehobener inländischer Königs- und Herzogsgewalt, unter die ge-
regelte Verwaltung eigener Fränkischen Grafen gegeben ward. Seit
596 waren die Avaren in Thüringen eingebrochen, und nachdem
vol-
25
vollends unter Ararischen Schutz Samos Wendisches Reich bedeu-
tend und durch die vielen Angriffe auf die Thüringischen und Frän-
kischen Grenzen beschwerlich geworden, glaubte man Vereinigung
und Handhabung gröfserer Kraft in Wiederherstellung eigener Thü-
ringer Herzoge zu finden, deren Rudolf im Jahr 630 in der
Gegend der Unstrut, beynahe mit Königlicher Gewalt, der erste, dessen
Sohn Hedan I. aber ums Jahr 651 eswar, der denSitzin Würzburg
erwählte. Von 651 an gebot ein Herzog unbekannten Namens und
seit 687 Gozbert, bekehrt mit christlichem Namen auch Theobald
genannt, dessen Nachfolger Hedan II. schon seit 704 erscheint. Al-
lein wie alle mächtige Herzoge des teutschen Landes, so hatten auch
diese Thüringer Herren das Unglück, der Familie der Pipinischen
Reichsyerweser widrig und verdächtig zu seyn. Hedan mit seinem
Sohn Thuring folgt gleichwohl gehorsam dem grolsen Aufgebot des
Majordomus Karl gegen das Bestreben seines letzten Nebenbuhlers
Reinfried und weil sein Tod bestimmt um die Zeit von 719 ange-
setzt wird, so starb er wohl nicht vertrieben, wie die Legende sagt,
sondern schon 717 in der Schlacht zu Yinchy, wo fast alle Männer
von den Fränkischen grofsen Geschlechtern auf dem Platze blieben
(ubi fere omnes nobilitas Francica periit, Fredegar). Abwesenheit
oder Tod gaben nun der gelokten Klage widerspenstiger Untertha-
nen über die Unerträglichkeit einer Herzoglichen Verwaltung Raum,
der man mit dem Schimmer behender Gerechtigkeit das vorbereitete
Ende gab. Doch liefs man einer Tochter Hedens ihr kindliches
Erbtheil auf dem Würzburger Berg, den sie 743 dem Bischof Bur-
kart überlieferte. Dafs ein Herzog von Baiern, als ein Schwager
Hedens sich damals und aus diesem Grund des Nordgaues und meh-
rerer Hedenischen Güter bemächtigt habe , glaubt Gensler in sei-
nem obwohl gelehrten Buch, benannt die Welfen, aber uns nicht
überzeugend, bewiesen zu haben, gleichwie dessen Satz, dafs nun-
mehr dıe Pipinische Familie die Fränkischen Lande als ein ihrer Fa-
milie zuständiges Herzogthum betrachtet hätte, gern zu glauben
und zu mancher Erklärung zu gebrauchen wäre, wenn nur nicht
4 das
26
das Verschweigen eines so wesentlichen Umstandes in den vielen
Briefen der Päbste an die Fränkischen und Thüringischen Grofsen
das stärkere Recht dem Zweifler liefs. Glaubwürdiger schon von
diesem Zeitpunkt unterdrückter Herzogswürde, als von der Handlung
befestigter Gewalt im Jahr 786 *) nannte man den neuen, Austrasiens
Reich zugetheilten District Nova Austria Francica, Neustria, Francia
orientalis, Ostfranken, Ostland, im Gegensatz des Rheinischen west-
lichen Franziens, den Alemannen im Jahr 496 abgenommen; und
als man in Folge weiterer Ländertheilungen unter Francia orienta-
lis, Franken, Herzogthum Franken, im Gegensatz der Lothringischen
Lande das Rheinische und Thüringische oestliche Franken zusam-
menbegriff, oder wohl überhaupt unter Ostfranken Deutschland
insgemein verstand; so gewöhnte man sich dafs letztere unter dem
Namen des kleinen Frankens, Franconia, (1027 zum erstenmal
erwähnt, s. Wibelii diplomatar. Hohenl. III. 55) noch besonders
kenntlich zu machen. Während diesen Ereignissen war als Pflanzer
des Christenthums der heilige Kilian zuerst 686 und nach kurzer
Reise gen Rom zum zweytenmal 687 mit günstigem Gehör des
Hofes in Würzburg aufgetreten. Als zweyter Apostel der schon
einmahl bekehrten Franken, oder vielmehr. um unter bisher schwa-
chen Christen und beschuldigten Ketzern das System Römischer
Hierarchie zu begründen, erscheint 719 der Reformator Bonifaz,
gründet aber das eigentliche Christenthum zuerst im Hessen Land
und in Ostfalen. Als die ältesten Klöster in Frankonien erheben
sich Heidenheim, Kitzingen und Ohrdruff, und um auch in der
geistlichen Eintheilung die Trennung der Fränkischen Lande von
dem Thüringischen Reich zu vollenden, wurde für immer ‘der eigene
bischöfliche Sprengel von Eichstädt und Würzburg geordnet (741).
Jetzt gedenkt auch schon eine Urkunde von 777 des ersten Fränki-
schen Weinbaus bey Hamelberg (Eccard. I. 644). Karl M. der
allent-
*, Nach unterdrückter Empörung des Grafen Hartrad; nach andern geschah die Ein- y
verleibung erst 738, nachdem die Sachsen, welche seit 716 sich Thüringen auf-
gedrungen, durch die Franken zurückgetrieben waren,
27
allenthalben in Franken gewaltsam verpflanzte Stämme der Sachsen
vertheilt (782) die sich noch durch die Namen ihrer Orte verrathen,
(Waldsachsen, Sachsen u. s. w.) gieng im Jahr g05 mit glücklichem
Zug gegen die Sorben und Böhmen gerade durchs Baireuther Land,
wo die Eger der Sammelplatz war. Auch hiervon war in den Ostfrän-
kischen Gauen eine zahlreiche Ansiedlung Sorbischer Kolonisten die
Folge, welche verstanden aus Wäldern Aecker zu machen (noyalia
ex viridi Sylva faciebant; dipl. de 996) durch ihre Herbansfreyheit
im Wohlstand, als geduldete Heiden aber heimliche nicht gefahrlose
Anhänger der Fränkischen Feinde blieben. Noch wurde der Rednitz-
gau und das Volkfeld mit den Oberpfälzischen Steppen als fremdes
Land, Slavia, betrachtet. Indem aber die nächsten Gaugrafen zu-
gleich die Bestallung und erforderliche Kriegsmacht als Markgra-
fen erhielten, und mit dieser immer weiter vorwärts rückten, die
Geistlichen aber durch errichtete Kirchen, namentlich zu Erlang,
Forchheim, Hallstadt, Bamberg, Oberhaid, Baunach,
Schlüfselfeld,Hochstädt, Bruck, Haslach, Geiselwind,
Lonnerstadt, Wachenrod, Mühlhausen, die Anstalten der
sittlichen Bezähmung erweiterten, so geschah es, dafs allmählig
beyde Districte mit einem eigenen ostfränkischen Markgräflichen Be-
zirk , unter verähnlichter Fränkischer Verw altungsform, mit ihren eige-
nen Grafen den übrigen Ostfränlischen Gauen beygefügt werden
konnten, denen insgesammt ein Grofser des Reichs, als Königlicher
Hof-Commissär (Missus) in oberster Volimacht für die Angelegenhei-
ten des Kriegs und des Friedens vorstand. Als ein solcher Missus er-
seheint aus den Zeiten Karls M. ein Graf Hunroch; im Jahr 849
ein Graf Thakulf, wahrscheinlich aus dem Gau Wealdsalsin oder Saal-
gau, im Jahr 871 ein Graf Rudold, auch Ratulf, der damals mit
dem Bischof Arno von Würzburg gegen die Böhmen zog und 873
Dux derSarbischen Mark (Limitis Sorabici) wurde. Neben der Sor-
bischen Mark, die mehr eine militärische Würde blieb, und erst lang-
samer zu einer Dotation mit Gütern gelangte, weil das Vorrücken
und Erobern jenseits derselben nicht gelang, war aber noch eine
4° eige-
28 r
eigene Markgrafschaft des neuen Ostfrankens vorhanden, die
aus den Eroberungen und christlichen Anpflanzungen in dem ur-
sprünglich nicht unter Ostfranken begriflen gewesenen Volkfeld und
Rednitzgau nebst der Oberpfalz bestand. Seit 873 mit Ratulf, oder
sofern dieser kein Babenberger gewesen seyn sollte, gleich nach
ihm ‚ vereinigten sich Sorbische Mark und Ostfränkische Markgrafschaft
in einer und derselben Familie, der mächtigen Grafen von Baben-
berg. Ein Sohn aus dieser Familie Poppo, Markgraf der Sorbischen
Mark, auch Herzog von Thüringen genannt, und Gaugraf des Grab-
felds, wurde in seinen Abkömmlingen der Stammyater der nachheri-
gen Grafen von \Veimar, von Orlamunde von Henneberg und der
Markgrafen von Meilsen; sein Bruder Heinrich aber, der 386 starb,
Gaugraf im Tullifeld, zugleich Inhaber der östlichen Markgrafschaft
und Missus Regius, behauptete jetzt in Franken ein Ansehen, wel-
ches dem Rang und Namen eines Herzogs gleich kam. Es folgt ihm
sein Sohn Adalbert als Markgraf und Missus Regius in Frankonien;
da er sich aber aus Hals gegen die Herzoglich Salische Familie von
Rhein-Franzien, die gebietend am Hof des Königs Arnulfs, wel-
cher aus gleicher Ungunst und Argwohn gegen ihn der weitern Ver-
grölserung seines Hauses entgegen arbeitete, sich zum offenen un-
glücklichen Krieg mit ihnen und dem Bischof von Würzburg, ihren
Bruder, verleiten liefs, in welchem sein jüngster Bruder Heinrich
(902) blieb, der zweyte vom Feind gefangene Bruder Adelard (902)
enthauptet wurde, er selbst aber 905 ergriffen, in Theres verurtheilt
und hingerichtet wurde; so fiel der ganze einem Frankonischen Her-
zogthum entgegen gereifte Länderbestand wieder auseinander. Adal-
berts Nachkommenschaft selbst fand ihr neues Loos in Oestreich,
wo sie im Jahre ı246 erlosch. Die Verwaltung des Nordgaues und
des Rednitzgaues gelangte an den Bairischen Markgrafen Luitpold *);
die
*) Wenn daher in Urkunden der Baiern und orientalischen Franken in Gemeinschaft
gedacht wird, so ist es blofs von dem District dieses Nordgaues und Rednitzgaues
und nur von der Periode von 905 — 938 zu verstehen. Dafs sie 1002 mit den
Baiera gemeinschaftlich zur Kaiserwahl gezogen, war das Zusammenhalten Einer
Parthey.
29
die übrigen Güter der sämmtlichen Brüder zog der kaiserl. Fiskus
ein, und vertheilte sie, namentlich Prossolzheim und Frickenhausen,
aus Adelards Verlassenschaft an den Bischof von Würzburg, das übrige
in Volkfeld, Hfigau, Grabfeld, Badanachgau an andere Günstlinge ;
ein beträchtlicher Theil der Adelbertischen Güter selbst gelangte aber
in der Folge wieder an einen Grafen von Ammertal, welcher nach
einigen ein Sohn des (902) enthaupteten Adelards, nach an-
dern aus dem Alt - Thüringer Herzogsgeschlecht, auf alle Fälle aber
ein mit den Trümmern der Babenberger Güter ausgestatteter Schwie-
gersohn des König Konrads I. war. Da nun die vorherrschende Fa-
milie in Frankonien gestürzt war, so tritt jetzt eine Reihe von Her-
zogen in Franken aus der Salischen Familie ein, welcher Name aber
mehr das Herzogthum des Rheinischen Franziens bezeichnete,
von dem jetzt Frankonien eine Zeitlang als Dependenz betrachtet
wurde, und zwar:
i o
ı) Konrad, nach Eccards Darstellung ein Enkel des Grafen Wer-
ner von Franken, nach Wenck, des Grafen Gebhard vom Nie-
derlohngau uud ein Sohn des Grafen Conrad von Hessen, der
905 ın der Fehde des Herzog Adalbert sein Leben verlohr.
Die Brüder Conrads waren Eberhard Graf des Niederlohngau,
der ebenfalls 902 gegen Adalbert blieb, Gebhard Graf in der
Wetterau und im Ober-Rhingau, gestorben gro und die Trieb-
feder alles Unfriedens Rudolf Bischof von Würzburg gestorben
908. Der Vater Konrad war eine Zeitlang Herzog von Thürin-
gen und erhielt das Rheinische Franzien als ein neues Herzog-
thum. Auch das Fränkische Herzogthum des Sohns bezog sich
eigentlich auf das Rheinische Franzien, wozu aber seit Adal-
‚berts Sturz (905) auch die oberste Verwaltung von Frankenien
gezogen war. Unter seiner Verwaltung erstreckten sich die
Ueberfälle der Ungarn bis nach Franken, besonders seit M.
Luitpolds Niederlage (907) so dafs nach Friefsens Bericht (910)
sogar Würzburg zerstört worden seyn soll. Als er im Jahre
912
30
912 Römischer König ward, überliefs er dieses, das heifst
eigentlich das Rheinische Herzogthum Franzien
2) seinem Bruder Eberhard. König Konrad I. starb gıg. Er hatte
seine einzige Tochter an einen Grafen Berthold von Ammer-
thal vermählt, der auch viele Güter difseits der Rednitz, bei
Stadt Höchstädt, vermuthlich Reste des Babenbergischen Erbes
hatte. Die Kaiserlich Tochter brachte ihm Schweinfurt und Gel-
tersheim zu, daher er, als im Jahr 938 die Ostfränkische Mark,
oder die Verwaltung der Gauen Nordgau und Rednitzgau dem
Baierischen Herzog Eberhard, Arnulfs Sohn, wieder abgenom-
men wurde, von dem erworbenen neuen Sitz den Titel eines
Markgrafen zu Schweinfurt annahm. Als Herzog Eberhard im
Jahr 939 starb, übertrug Kaiser Otto das Herzogthum seinem
Tochtermann
3) Herzog Konrad 1. aus dem Wormser Haus, das einige (Wenck)
nicht für gleichbedeutend mit dem Salischen halten, welchem
letztern die neuen Regenten des Sächsischen Hauses an sich
sehr abgeneigt waren. Er erlangte in der Folge zum Rhei-
nischen Franzien auch das Herzogthum Lothringen. Oestlicher
Markgraf war bis 954 Adalbert von Ammerthal, Bertholds Sohn,
dem sein Sohn Berthold II. als östlicher Markgraf folgte, wäh-
rend Leopold die östliehe Markgrafschaft in Baiern erhielt.
Konrad II. starb 955 und bhinterliels
4) Herzog Otto, zugleich Herzog von Kärnthen. Als Markgraf von
Ostfranken folgt dem Berthold I. (980) Markgraf Heinrich von
Schweinfurt, der den Kaiser Heinrich II. (1003) in Kreulsen bela-
gerte, von wo er sich fliehend bis Böhmen retten mulste. Otto
starb 1004. Von seinen Söhnen folgte ihm der ältere Heinrich
im herzogthum Härnthen, in Franken aber
5) Kon-
; 31
5) Konrad II. und seiner Zeit diesem der Sohn
6) Konrad IV. Als 1036 der Salische Stamm der Gaugrafen des
Grabfeldes mit Otto IV. verstarb, so gelangte die Gaugerichts-
barkeit an Bamberg, der Salzgau an Würzburg, das westliche
Grabfeld an Fulda, das nördliche an Henneberg *), der Banz-
gau an den Markgrafen Otto von Schweinfurt, seinen Schwe-
stersohn (Markgraf Heinrich war seit 1017 todt) Hildburghau-
sen an den Markgrafen von Schweinfurt und den Pfalzgrafen
von Stahleck oder Grafen von Hochstädt gemeinschaftlich, Ko-
burg und Rodach an den Pfalzgrafen allein. ‚Herzog Konrad
starb ı039 als der letzte des Wormser Hauses und der letzte
dieser Rheinisch Franzischen nicht Frankonischen Her-
zoge. Kaiser Heinrich III. aus derselben Familie älterer Linie
nahm das Erbe an sich, liefs aber das Herzogthum eingehen,
und durch Kammerboten verwalten **). Die verwittibte Kaise=
rin Gisela (gestorben 1039 ) hatte zu Herzogenaurach ihren
Wittwensitz. Im Jahr ı048 gelangte der Markgraf Otto von
Schweinfurt als Enkel des Herzog Hermann II, zum Herzogthum
Schwaben, ohne sich jedoch, wie es scheint, jemals darin auf-
zuhalten. Er hatte sich aufserdem vermählt mit der Wittwe des
Herzogs Hermanns IV., welche die Markgrafschaft Susa besals. Er
. starb 1057 als der letzte Margräflich Schweinfurischer Linie. Die
Nachkommen seiner Oheime im Rednitzgau konnten auf die blofs
weibliche Schweinfurter Erwerbungen keinen Anspruch machen;
von seinen Töchtern widmet Bertha, oder Alberade, einen
Theil
—
®) Eine eigene Meynung Genslers ist, dafs 945 den Gaugrafen von Tullifeld da-
mals noch nicht die Henneberge, sondern erst diese Gaugrafen als Grabfelder
gefolgt.
®*) Nondum adhue illo tempore Suevia in Ducatum erat redacta, sed fisco regio
peculiariter parebat, sicut hodie et Francia. Monachus $. Galli apud Gol-
dast I. 40,
32
Theil ihrer Güter den gestifteten,Klöstern zu Banz und Heidings-
feld und verkauft Zeuln, Altenkunstatt und Burg Kunstatt an Bam-
berg, Judith vermählte sich an einen Grafen von Pottenstein, Gi-
sela an einen Grafen von Querfurt, Beatrix aber an einen Grafen
von Vohburg, nach andern von Ammerthal, der mit ihr Schwein-
furt zu seinen Antheil bekommen und damit eine abermalige
Herzogs Linie, genannt Schweinfurter Linie, stiftete, durch deren
Enkeltochter Sophie endlich das Haus Andechs späterhin zu
seinen grolsen Besitzungen in Franken gelangte, wie bey der Ge-
schichte des Meranischen und Vohburger Geschlechts ausführlicher
erläutert werden soll. Ums Jahr 1096 ernannte Kaiser Hein-
rich IV. seinen Tochtermann
7) Friedrich von Hohenstaufen zum Herzog von Schwaben und
Franken, und geichwie dieses Neuschwäbische Herzogthum
von dem alten Alemannischen ganz verschieden war; so hatte
auch dieses Fränkische keinen Bezug auf die Rheinisch Franzi-
schen Lande, die der: Kaiserliche Fiskus innen behielt, sondern
nur neben der äulsern Würde auf einzelne Besitzungen im
Würzburgischen, am Nekar und Kocher, und im Bezirk des
nachherigen Fränkischen Kreises, deren Umfang unter der spe-
ziellen Geschichte der Hohenstaufischen Erwerbungen ausführ-
licher sich darstellen wird. Als Friedrich 1103 starb, wurde
dem einen Bruder, Friedrich, das Herzogthum Schwaben, dem
andern
8) Konrad (V.) das Herzogthum Franken zu Theil; seine eigen-
thümlichen Besitzungen im Hochergau vermehrte er durch die
Verlassenschaft des mütterlichen Oheims, Kaiser Heinrichs V.
(1125), worunter auch vieles sich befunden haben mag, was
früher der Würzburger Kirche gewidmet, aber nach dem Lauf
damaliger Zeiten wieder in weltliche Hände gekommen, und
vom
33
vom Kaiser Heinrich dem beungnadigten Bischof gefliefsentlich
wieder entzogen war. Die gerichtliche Gewalt über ihre Besitzun-
gen wurde ı120 der Kirche wieder zugestanden. \WVenigstens
ist von Seiten der Fränkischen Fürsten die sogenannte Verlei-
hung der Herzogengewalt an Würzburg, zu der Zeit, wo ein
Fränkischer weltlicher Herzog von Franken bestand, beschrän-
j kend nur auf dieses gedeutet worden. Als Erbe Heinrichs V.
behauptete er gegen den neuen Kaiser Lothar auch die Stadt
Nürnberg und ihre Gegend; und wird 1138 selber Kaiser, ohne
vor der Hand für das Herzogthum Franken einen andern VWVür-
deträger aufzustellen; er starb 1152 nachdem ein nicht hofnungs-
loser älterer Sohn Heinrich vorausgegangen, mit Hinterlassung
eines noch unmündigen Kindes, Infant (Infans) oder Prinz
Friedrieh von Rotenburg genannt. Bey reilern Jahren übergab
Kaiser Friedrich, Konrads Bruder, dem Neffen
ERARBEITETE
z
9) Friedrich (I.) von Rotenburg im Jahr 1157, nicht nur das
Herzogthum Schwaben, sondern auch die mit Herzoglicher
Würde gezierten Güter in Franken , welches die Geschicht-
schreiber als totam Alemanniam bezeichneten. Im Jahr
1167 sterbend beschlols er den Rotenburger Hohenstauffischen
Zweig und der Kaiser theilte nun seinem dritten Sohn
u
rr—
>
10) Konrad (VI.) die Fränkische Herzogliche Würde, mit den er-
ledigten grolsen Rotenburgischen Fränkischen Gütern (Eger,
Würzhurg, Rotenburg, den Distrikten in der Oberpfalz und dem
nachherigen Fürstenthum Baireuth) zu; daher eine Würzburgi-
sche Urkunde von 1168, nach welcher ein Herzogthum Fran-
ken an Würzburg verliehen worden wäre, sofern sie mehr als die
Gerichtlichen Gerechtsame auf den Bischöflichen Gütern bezeich-
nen sollte, von jeher schon Zweifel erregt. Im Jahr 1191
erhielt er von seinem Bruder Heinrich VI. auch noch das Her-
zogthum Schwaben dazu. Als solcher starb er 1197 in einer
5 Fehde
=,
“
TE
3+
Fehde gegen Zähringen. Von nun an findet man gar keinen be-
sondern Herzog von Franken mehr; die Rotenburger Güter in
Franken wurden aber ein Erbe der Schwäbischen Hohenstauffen,
welche sie zu Behauptung ihres Deutschen und Italienischen
Throns mit vieler Verschleuderung verwendeten. Das Schick-
sal der nach Konradins unglücklichem Ende übrig gebliebenen
Stücke weilst die Unionsgeschichte der Hohenstaulschen Be-
sitzungen nach.
BEP T EM.
(Lori) Chronologischer Auszug der Geschichte von Baiern. I. Theil. Alte
"Geschichte, vom Ursprung der Nation bis 1179. Münche: 1782,
8. (ein ater Theil ist nicht erschienen).
Vincenz von Pallhaufsen Abhandlung über die Frage: wann und wie lange
wurde Baiern in öffentlichen Schriften Noricum genannt ete. Mit
einer Charte in den Abh. der Akad. der Wiss. 1807. S. 437.
desselben Garibald ete. oder die Urgeschichte der Baiern. München
ıBıı. 8.
Mannerts älteste Geschichte Bojoariens. Nürnberg 1807. 8.
Felsmaier’s Geschichte von Baiern. ‚Landshut ı8oo, 8.
D.. älteste Bojoarische Geschichte ist eine Fabel, über welche
‘ein Kampf von dreyerley Meynungen besteht. Die erste, wozu die
Aeltern Aventin, Brunner, Adlzreiter, aus den neuern Lori, und aus
den allerneuesten, mit möglichsten Gründen für die Rettung bisheri-
gen gewöhnlichsten Glaubens, von Pallhaufsen gehört, nehmen
das, was Livius aus Hörensagen (accepimus Libr. V. c. 33) von
den
.y
*
35
den Wanderungen eines Gallischen Volkes der Bojer erzählt, buch-
stäblich als gewifs und zugleich Bojer mit Baier unzweifelhaft
als gleichbedeutend an. Nach dieser wanderte im Jahr 591 vor Christi
Geburt ein Heer der Bojer unter dem Belloves nach Italien an den
Po, wo sie Lodi, Pavia, Placentia, Parma, Bonnonia erbauen, im
Jahr ı86 vor Christi Geburt Rom erobern, sodann zu den Tauris-
kern an das südliche Ufer der Donau (zufolge anderer (Kalles, Lori)
nach Mösien) zogen und sich vom Rabfeld an bis zum Inn ausbrei-
teten. Gleichzeitig mit dem Belloves sey ein anderes Heer unter
Sigores durch den Hercyner Wald nach Böhmen gekommen und
dort 311 Jahre lang geblieben. Von da aus aber sey 280. Jahr vor
Christi Geburt der erste Schwarm nach Asien, 58. Jahr vor Christi
Geburt der zweyte Schwarm 32000 Mann stark über die Norische
‘Grenze und mit Cäsars Bewilligung nach Gallien zurückgegangen,
40 Jahr später aber der ganze übrige Hauptstamm von den Marko-
mannen vertrieben, aus Böhmen ins Noricum (nach Cluver zu den
Narifzen, nach Welser in Vindelicien) gezogen. Unter dem Namen
Noriker seyen sie alsdann den Römern unterthan verblieben, hät-
. ten sich in das entvölkerte Vindelicien und Rhätien ausgebreitet,
seyen nach hurzem Uebergang unter die Herulische Herrschaft von
493 an den Ostgothen unterworfen gewesen, hätten sich
aber 552 als ein selbstständig gewordenes Volk der Bojoarier
einen eigenen Agilolfingischen König gewählt.
Die zweyte, ganz entgegenstehende Meynung, Mannerts,
früher aber auch schon Leibnitz, Spener’s, Coccei, Herts, ist: die
Bojer seyen kein eingewandertes Gallisches Volk, sondern Urbe-
wohner Keltischen Stamms gewesen, die vom Rhein an längs
der Donau bis ins südöstliche Ungarn, und im südlichen Oestreich
“weit in die Alpen gereicht. Keltische Haufen, Tectosager, Volcer,
die sich in Böhmen festgesetzt, seyen weiter bis Asien gezogen, an-
dere hätten sich am Mayn, zu Deyona, Segodunum, Lokoritum
“(lauter keltische Namen) in der Gegend von Schweinfurt, niederge-
; 5% las-
36
lassen. Vom Mayn längs dem Rhein gegen Süden hätten sich die
Keltischen Helveter verbreitet. Längs den Ebenen der Donau salsen
die Bojer, die Taurisker (Tauern in Steyermark) die Skordisker in
Slavonien bey Belgrad. Nach einiger Zeit verschwindet aber dieser
keltisch-boische Völkerstamm gänzlich aus der Geschichte, denn
ein Theil derselben mufs wider Willen die wandernden Schaaren der
Teutonen und Cimbern einlassen, ernähren, sich aus Noth mit ihnen
anschliefsen und mitziehen, wo sie ihren Untergang fanden. Die
Keltischen Helvetier werden von teutschen Stämmen in die Schweiz
zurückgedrängt, die Bojer in den östlichen Grenzen von Ungarn durch
die Geten und Daker aus ihren Sitzen vertrieben, die nun Wüste
wurden (Deserta Bojorum). Ein Theil derselben zieht sich zu den.
Tauriskern, dann zu den Helvetern und endlich mit Cäsars Erlaub-
nifs nach Gallien, ein anderer Theil nach Böhmen zurück, wo aber
nachher Marabod mit seinem Suerisch Markomannischen Volk einrückt,
unter welches sie sich verlohren haben mögen. Durch die Revolu- .
tion des Hunnenreichs in Bewegung gesetzt, erscheinen jetzt statt
Markomannen und Quaden an den Ufern der Donau Rugier, Turci-
linger, Scyren; gedrängt von Longobarden und Herulern setzen sie
über, verlassen sogar das nördliche Ufer und verbreiten sieh in dem
damals von Alemannen und Thüringern höchlich verwüsteten Oester-
reich. ' Die Regierung des neuen Rugischen Königs sucht das Land
zu schonen und zu kultiviren; aber Odoacer, selbst ein Rugischer
oder vielmehr Turcilingischer Fürst, vertilgt als König von Italien den
ncuen Rugischen Thron und Regentenstamm, und damit füllte sich
das Land nun auch mit gebietenden Herulern, aus den Bergstädten
Oberhungarns herstammend, von den Longobarden geschlagen und
gesprengt und sich nun im Norikum Sitze suchend. Auf diesem
Boden, behauptet von den Ueberresten der Rugier, Turcilinger, Scy-
ren, vermischt mit Herulern, findet Jornander zu allererst die Bo-
joarier; von Bojen ist keine Spur bey Tacitus, nicht in der Ge-
schichte der teutschen Völkerwanderung, nicht beym Lebensbeschrei-
ber des heil. Severin, der keine andern östlichen Nachbarn der Ale-
man-
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37
mannen als die Rugier kennt, welche Jornandes Bojoarier nennt
und von ihnen dafselbe erzählt, was vorher schon im Allgemei-
nen von den Rugiern und Scyren gemeldet worden. Von einer Boi-
schen Sprache sey eben so wenig die mindeste Andeutung vorhan-
den *). Wohl mögen sich unter ihnen auch noch Quaden und Ale-
mannen erhalten haben. Ihr Urland war die Ostsee (Semnonen)
von woher sie als jüngere Verwandte der Markomannen kamen.
Ihre fünf edeln Familien waren vermuthlich Häupter der einzelnen
Stämme. Jornandes nennt als Stammhäupter der Scyren einen
Ethico und Welf. Aus Oestreich verbreiteten sich die Bojoarier
über Baiern und das nördliche Tyrol, woran sie die seit 496 gede-
müthigten Alemannen nicht hindern Konnten. Sie lebten ein Jahr-
hundert lang völlig frey, unter eigenen Königen, nicht den Ost-
gothen unterworfen, denn der ostgothische Dux der beyden
Rihätien hatte blofs die südliche Alpengegend, und nicht einmal das
Engadin (die Breonen) unter sich; ja sie breiteten sich mit Zu-
rückdrängung der Franken sogar bis nach Botzen aus.
Nach einer dritten, Fefsmaiers Meynung aber, ist die
ganze vorkarolingische Periode eine unhistorische Zeit, über
welche man lieber hinwegeilen solle. — Es werden jedoch mit dem
Glauben an unerwiesene und unfruchtbare Legenden oder Systeme
nicht auch die edeln Hörner weggeworfen werden dürfen, die sich
in den geretteten ächten Quellen aufbehalten haben, durch eine reine
Kritik gesichtet und durch treue historische Kunst in ein Ganzes,
hergestellt werden können.
Als dreyfache Provinz war das Land, von dem sich jetzo han-
delt, schon den Römern bekannt:
a) als
.
*) Aus einer alten Pafsauer Chronik führt jedoch von Pallhausen folgende Stelle
an: Bogovarici relicto proprio idiomate (vielleicht celtico?) teutenicum a
Teutonieis accomodaverunt idioma. Hingegen Paul Warnefrid L. I. cap. ult,
nennt Baiern und Sachsen homines ejusdem Linguae und sagt c. 29. die
Baiern hätten mit den Longebarden ohne Dollmetscher gesprochen,
38
a) als Norikum, i -
Grenzen: westlich der Inn, mit welchem Ptolomäus die Sal-
zach verwechselt, östlich der Mons Oetius, oder Kahlenberg in Nie-
deröstreich, südlich das Caryanka Gebürg, Kraingebürge hinter Lai-
bach, oder der Karst und Birnbaumer Wald zwischen Istrien und
der Sau und von Emona an die Sau selber. Aufser Oestreich, Krain,
Härnthen, Steyermark war von den jetzt Bairischen Landen unter
Noricum alles dasjenige begriffen, was unter Salzburgischem
und Palsauischem Sprengel und unter dem Bifsthum Regens-
burg dielseits der Donau stand (das linke Donau-Ufer war die
Ostfränkische Mar*grafschaft). Also das ganze Fürstenthum Salz-
burg, Bertholdsgaden, das Pusterthal, Zillerthal, Rattenberg, Kitz-
bühl, Kufstein, der Chiemgau, Kling, Altenmark, Burghausen, Oet-
ting, Mühldorf, Braunau, Schärding, mit allen am rechten Inn - Ufer
gelegenen östlichen Gebieten, Pafsau, Deggendorf, Vilshofen, Oster-
hofen, Landau, Dingolfing, Straubing, Regensburg, Abensberg, Neu-
stadt, Vohburg, Gaisenfeld, Mainburg, Rotenburg, Kirchberg eic.
Im Jahr 15 vor Christi Geburt wird dieses Noricum eine Römische
Provinz. Der Sitz des Präses ist Lorch, wo im Jahr 8 vor Christi
Geburt eine Römische Kolonie errichtet und die Donau mit Festun-
gen besetzt wird. Ums Jahr ı19 nach Christi Geburt wird eine
Römische Kolonie zu Juvavia gegründet, 178 zu Orilabis (Weis).
Livinius Valerianus, Präses in Norikum und in Rbhätien wird (253)
zum Kaiser ausgerufen. Die Alemannen verheeren von 261 bis 270
ganz Rhätien und Norikum. 292 wird Norikum dem König Gale-
rius zugetheilt, und in ein Ripense und Mediterraneum abgesondert,
welches sich jedoch nur auf die militärische Verfassung bezog. No-
ricum ripense in militärischer Hinsicht stand unter dem Dux von
Pannonia I, das Mediterraneum hatte gar kein Militär - Gouverne-
ment. Im.Jahr 314 erhielt Norikum mit Rhätien wieder Einen Herrn
an Konstantin dem Grolsen,, der seit 330 seinen Sitz zu Konstanti-
nopel nahm. Rhaetien wird unter die Diöces Italien, Noricum zu
illy-
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39
Illyrien geschlagen. 336 belkommt Konstans Italien und Illyrien,
Residenz seit 340 Mayland. Nach ihm sind zu bemerken die Re-
genten Julian (361) Valentinian I. (364). Gratian (375) der lilyrien
(379) in das östliche und westliche theilt, welches letztere Pan-
nonien, Norikum, Dalmatien begrief. Gemeinschaftliche Haupt-
stadt Sirmium. Im Jahr 395 wird Theodos Reich getheilt, statt
Mayland Ravenna die Residenz. (451) Zug des Attila, aber jenseits
der Donau. (454) kommt der heilige Severin in Norikum an, des-
sen Lebensbeschreibung noch jetzt eine der wichtigsten historischen
Quellen Norischer Geschichte ist. (474) verwüstet Odoacer Juva-
vien, wird 476 König von Italien. Die Alemannen und Thüringer
streifen bis Palsau und treiben die Römer über Lorch zurück. Auf
der andern Seite bemächtigen sich Heruler des Lands und sfürzen
den Rugischen neu errichteten Thron. Odoacer räumt das Land (488)
gänzlich von den Hömern in welchem das Volk der Bojearier er-
scheint:
db) Rhätien und
c) Vindelicien
grenzten beyde westlich an der Donau Quelle, und den Lauf
des Rheins von seiner Entstehung an bis zum Austritt aus dem Bo-
densee; nördlich an die Donau, östlich an den Inn, südlich
an die höchsten Rücken der mitten durch Tyrol laufenden Berge,
an Gotthardsberg, Pfin. Der Lech theilte Rhätien in Primam und
Secundam, oder Vindelicien. Rhaetia prima, oder Rhätien im
eigentlichen Sinn war der nachherige Bezirk der Bisehöflichen Spren-
. gel von Chur und Brixen. Aus dem übrigen Distriet, den Rönern,
soweit sie ihn kannten, Vindelizien genannt, bildeten sich in der
Folge Alemannen (Konstanzer Sprengel) und Schwaben (Augsburger
Sprengel) von welchen unter der Aufschrift Alemannien im Anfang
schon gehandelt worden. Gegenstand der jetzigen historischen Er-
wägung ist also nur noch das Vindelizien ‚nachherigen Neuburger
und Freysinger Sprengels. Der Sitz des Rhätischen Präses war
Chur,
\
40 BIETER ER
Chur, des Vindelizischen Augsburg, und eines General-Einnehmers im
Bergschlofs Terioli (Tyrol). Im Jahr 14 vor Christi Geburt also ein
Jahr später als Norikum, wird auch Rhätien und Vindelizien eine
Römische Provinz, Augusta Vindelicorum eine Colonie. Im Jahr 119
nach Christi Geburt erhält Vindelizien den Namen Rhaetia secunda
und gemeinschaftlich mit Rhaetia prima einen Dux oder Militär-Gou-
verneur. Hadrian läfst an den Vindelizischen Grenzen ein Vallum
erbauen. Der Markomannische Krieg (Jahr 168) bedroht die bishe-
rige Donaugrenze, noch mehr der Einfall der Alemannen, die 271
Augsburg jedoch vergeblich belagern. Kaiser Probus ergänzt und er-
weitert die frühern Hadrianischen Befestigungen (276). In der Thei-
lung von 292 fällt Rhätien dem Kaiser Chlorus zu und 312 Konstan-
tin dem Grolsen, der es zur Diöces Italien schlägt. Es steht in der Folge
mit Norikum unter denselben Italienischen Regenten. Nach dem
s; Untergang des Römischen Reichs in Italien überliefs Odoacer das
Land mit Abführung der angesessenen Vertheidiger ganz seinem
Schicksal, wodurch es einer Steppe ähnlich, und Rhätien und Vin-
delizien (Augsburger und Konstanzer Sprengels) den Alemannen, das
übrige Vindelizien den Bojoariern zu Theil wurde.
Als Denkmäler ihres ehemaligen Besitzes und Verkehrs ha-
ben die Römer die Spuren ihrer vielfachen Stralsen hinterlassen
und zwar f
ı. Salzburger Stralsen.
a) Hauptverbindungsstrafse von Salzburg nach Kempten von
Juvavum nach Artobriga, südlich von Traunstein bey Siegsdorf, oder
nach y. Stichaner bey Deissendorf, nach Bedajum, an der Südwest-
spitze des Chiemsee bey Bernau (oder nach v. Stichaner an der
nördlichen Seite) zu Seon bey Bidenhart, nach Enum, Pons Oeni .
(Fabianae im V. Jahrhundert) dafs ist Happing am Inn, südlich unter
Rosenheim und der Mündung der Mangfall, wo eine Römische Gaval-
leriebesatzung lag, oder nach y. Stichaner zu Ponten bey Rosenheim,
i nach
4:
nach Isuniska bey Helfendorf, Bratananium an der rechten Isarseite
‘ bey Gerezried, Urusa, (Südwestseite des 'Würmsee) Abudiacum,
Abuzacum, (Beifsenberg) Esco, (Oberndorf an der Geltnach, oder
Schongau?), Kempten.
b) Stralse von Salzburg nach Augsburg; gieng früher von
Salzburg über Kempten; wurde aber unter Severus oder Caracalla
von Happing aus mit Anlegung eines Brückenkopfes beym Iserüber-
gang zu Grünewald nach Ambre (Gaising) ünd sodann im gewöhnli-
chen geraden Weg nach Augsburg fortgeführt.
c) Stralse von Salaburg nach Wien.
Juvavum. Tarnantum. (Neumarkt) Laciacum, (Völklmarkt, nach v.
Pallhausen Frankenmarkt) Tergolapis bey Buchheim (nach v. Pallhau-
sen Fergolapis Vöckelbruck) Ovilabis, Wels oder Lambach, ein wich-
tiger Ort, bis Lorch höher gestiegen. Elegium (v. Pallhausen Oehling)
oder Klein Erlach. Pons Isen, (Ensbruck nach v. Pallhausen Ips) Lau-
riacum, Lorch, Station der dritten Legion, und einer Donauflotte, Sitz ei-
ncs Bischofs, von den Ungarn zerstört.
d) Stralse von Salzburg nach Passau.
Von Juvavum nach Oyilabis und dann über Joviacum, Stannacum zum
Inn, nach Passau.
e) Strafse von Salaburg nach Kärnthen über Cucullum, Ku-
cheln, Vocasis, Hüttau, Ani, Altenmarkt, in Alpe, auf die Tauern, in
Imurio, Muhrbrücke bey St. Michel.
& Nach Tirol gieng man von Salzburg auf der Kempter Stralse
bis Happing, und dann riach Kufstein, Rattenberg u. s. w.
2. Regensburger Stralsen;
a) von Regensburg nach Passau.
Reginum, Regensburg, Sitz eines Präfeeten der III. Legion und einer
6 Reuter
4 Ze
Reuter Ala II. Valeria, nach Augustana Castra, Azelburg bey Strau-
bing, auch Serviodurum genannt, Garnison der Rhätischen Cayallerie,
nach Quintana Castra, vom‘Flufs Quintana,' Osterhofen , Garni-.
son einer Ala Equitum der Rhätischen Cavallerie, nach Pontes
Rensibus, Mannert zufolge Plättling über der Iser, welches aber
von Osterhofen “wieder rückwärts gieng; also wohl eher Pleinting, wel-
ches mit der angegebenen Entfernung der XVII. Milliarien gehau zutrifft;
nach Castra Batava, Passau, auf der Höhe des gegenüber liegen-
“ den linken Inn Ufers; Garnison ‘der neunten Batavischen Cohorte, die
unter dem Dux Rhaetiae stand, nach Böjödurum, Innstadt, Stand-
quartier eines Cohorten Tribuns, der zum Militär-Gouvernement des
Ripensischen Norikums ‚gehörte... En y
N
b) Stralse von Re Re nach ‚Augsburg (s. v. Pallhausen
Preisschrift über das Norikum S$. 567).
s s
Reginum. Abusina, Abensberg, Celeusum, "Seligenstadt bey
Neustadt. Germanicum, Vohbürg, Wetoniana, Winten an der Ilm,
Buriciana, Reicherzhofen an der Ilm. "Teiniacum, Jetzendorf, Mediana,
Dannern, Losodica, Zeidelbach, Septemiacum, Sittenbach, Opia,
Ombach. Augusta. &
Mannert dem man in Angabe dieser Römerstrafse sonst
hauptsächlich folgt, hat diese Strafse theils ganz übersehen, theils mit
der Ulmer: verwechselt.
c) Strafse von Regensburg nach Ulm.
Von Reginum bis Germanicum, wieoben. Burkheim. Clarenna,
Rhain. Lamiacum Lechsgemünd. Medianae, Zusammündung bey
Donauwörth, nach Höchstadt, Lauing, zurMündung der Mindel, Aqui-
leja, bey Ulm.
3. Tiroler Strafsen.
-
—- 43
a) von Trident nach Augsburg, erst vom Haiser Severus re-
gelmäfsig angelegt, da man vorher der alten Strafse von Chur über
Bregenz folgen mufste. Tridentum, nachher ein Longobardisches
Grenz-Gouyernement gegen Bojoarien, Pons Drusi, Cardaun bey
Botzen, Sublavio, Scben (nach v. Pallhausen I.ayen), Vipetenum, Wipp-
thal, Gegend von Sterzing, Matrejum, Matrey. Veldidena, Wilten.
Scarbia, Scharnitz, Parthanum, Partenkirchen, Garnison der ersten
Rhätischen Cohorte, Herculea genannt, Coveliace, Kofelberg bey Ettal
(von Pallhausen) Abuzacum, Beifsenberg, ad Novas, nach v. Pallhau-
sen bey Landsberg, am Uebergang des Lechs, Augusta.
b) Strafse von Tirol nach Baiern.
Früher stand nur die von Chur nach Bregenz und Kempten
offen.
Von Wilten nach Partenkirchen, wie oben..
Murnau, Weilheim, ad Pontes Tessenios, nach von Pallhausen
- Oberdiesen am Lech, frägt sich aber, ob nicht eher Diesen, oder Ge-
. gend am Ammersee. Ambre, Geilsing, und damit auf der ordentli-
chen Stralse von Salzburg nach Augsburg.
c) Stralse von. Tirol nach Passau.
Wilten. Insbruck. Masciacum, Schwatz, vielleicht auch Matzen
bey Rattenberg, Albiacum, WVörgel, über die Salzburger Stralse bey
Happing hinüber, nach Turun, bey Neu-Oetting, Passau.
Als bey dem Vordringen der Alemannen die Römer von der
obern Donau ganz zurückwichen, behaupteten sie nur noch die Com-
munication auf der Stralse von Augsburg nach Bregenz , und setzten
sich durch die Stralse von Augsburg nach Regensburg in Verbindung
mit der untern Donau. Sie legten aber an der Mündung der Abenst
noch ein besonders Vallatum an, wohin man später die Präfectura
der III. Legion aus Regensburg versetzte, und ein Summonto-
rium, Hohenwart, bey Haberghausen, unweit Schrobenhausen
65 Aulser-
4
Aufserdem zog sich aber noch ein Vallum von Pföring an der linken
Donau Seite über Kösching, Hepperg, Nafsenfels nach Pfaldorf, Tit-
ting, Raitenbuch, Wilzburg, Pleinfeld, durch Gunzenhaufsen, nach
Klein Lellenfeld, Dambach, Königshofen, Ehingen, den Hesselberg
hinauf, nach Wittelshofen, Michelbach, Ammelbruch, Dünkelsbühl,
Deufstetten, Rechenberg, Sontheim, Schwäbischhall, Heilbronn, von
wo es gegen Amorbach und Aschaffenburg mit einem andern Vallatum
am Rhein in Verbindung kommt. Von Nafsenfels aus gieng noch ein
Seitenwall (oder Strafse?) auf Lechsgemünd zu, und einen ähnlichen
Seitenwall von Auflirch im Oettingischen nach Pfalheim im Ellwangi-
“ schen glaubte auch ehemals der Oettingische Geschichtsammler Mi-
chel gefunden zu haben; weil aber das Gemäuer allenthalben zwölf
Schuh breit, das Vallum meist nur sechse war, so mag dieses wohl eher
eine eigentliche Communications-Stralse gewesen seyn, um von dem
Vallum bey Pfalheim nach Lechsgemünd und von da wieder nach Pföring,
Regensburg, am schnellsten und sichersten kommen zu köunen,
Nähere Nachricht von diesem Vallum und selbst eine Charte
gibt:
Hanselmann Beweis, wie weit der Römer Macht vorgedrungen,
U. Theil Kap. ı. 2.
Döderlein von der Pfahlhecke oder Teufelsmauer.
Eccard Commentariü de rebus Franciae orientalis Lib. I.
Aventin vermuthet, sie sey vom Aurelius Probus, Eccard aber,
schon zwischen dem Jahr 117—138 vom Hadrian als Vallum, vom
Probus aber als förmliche Mauer hergestellt worden. Hanselmann gibt
ihr noch eine frübere Entstehung, als unter Hadrian, und zwar bald
nach Abzug der Markomannen. Mannert unterscheidet:
a) die Römerschanze, oder Teufelsmauer, von Pföring bis
Dünkelsbühl ; deren Römischer Ursprung sey noch sehr zweifelhaft;
viel-
-
3 43
vielleicht wäre sie nur eine Landwehre aus der Karolinger Zeit ge-
gen die streifenden Thüringer und Sachsen.
b) Den Römer Wall in Franken, von Hohenlohe bis in die Graf-
schaft Erbach; angefangen im Jahr 257 unter dem Posthumus, Dux
transrhenani limitis et Praeses Galliae, in sieben Jahren vollendet, und
vom Kaiser Probus wieder hergestellt.
c) Den Pohlgraben, der Mainz gegenüber anfängt, unfern Wiss
baden und längs dem Gebürg, die Höhe genannt, nach Friedberg,
. Grüningen fortläuft. Dieser sey schon im ersten Jahrhundert errichtet wor-
den, sein Busen habe die neu angebauten decumatischen Felder um-
schlossen, und hier sey das Vallum Hadriani und die von Trajan neu
_ errichtete Festung zu suchen. Rettenbacher zu Pappenheim in seiren
den litterarischen Blättern eingerückten vorläufigen Anzeigen hält die
Teufelsmauer für das Vallum Hadriani, die aber nicht erst in Pföring
anfange; Vallum und Via seyen verschieden; es könnten oft beyde
nebeneinander laufen. Innerhalb diesem Vallum Hadriani gebe
es noch ein älteres und mehrere Viae publicac et militares. Die seit
1800 versprochene Charte und nähere Ausführung ist aber seitdem
nicht erfolgt. Sonst ist noch anzuführen :
Sammlung Römischer Denkmäler in Baiern. München 1808. 4.
1. und 2. Heft (vom v. Stichaner).
Das nach gebrochener Römischer Macht selbstständige Bojoa-
rien hatte Regenten, Anfangs Könige, genannt, aus einem eigenen
Geschlecht der Agilolfinger *). Nächst diesen nennen die ältesten
Gesetze als die höchsten Geschlechter, die Huosier; ihre Güter
lagen an der Amper, Glon, am Kochel und Staffelsee, im Huosi,
oder Hausen Gau, vermuthlich das nachherige Geschlecht der An-
dechse
*) Ein Agilo, von dem v. Pallhausen diefs Geschlecht herleiten möchte, kommt vor
bey Ammian Marcellin L.XX.XXI,
46
dechse, das Geschlecht der Fagena, welches noch im Jahr 750
blühte, ihr Sitz war zu Yazen an der Mangfalt. Als letzter aus einem
Geschlecht Vagin kommt im Jahr 1255 vor ein Heinricus de Vagin
mit Besitzungen um Partenkirchen (Meichelbeck hist. Frising. Tom. II.
instr. num. 28). Der Lage nach könnten dieses wohl die nachherigen
Grafen von Falkenstein gewesen seyn — das Geschlecht der Drozza,
vom Crollius nach Trosberg in Chiemgau, von Einzinger nach Trols-
berg in Tirol, versetzt. Ein Pot von Drofs zu Krems in Oesterreich
kommt vor Mon. Boı. XI. 261. Man könnte vielleicht auf die Lamba-
che, als eines der ältesten und mächtigsten Geschlechter Bojoariens
rathen — das Geschlecht Hahilinga, Hailing, Haindling bey Geisel-
höring, also vielleicht das ausgestorbene Geschlecht der Grafen von
Kirchberg? Haindling, das alte in Urkunden vorkommende Hloster
Berg, Haindlingsberg, soll ehedessen in Urkunden wirklich Hahilinga
geheifsen haben, (Nagel Orig. Dom. Boic. p. 65). Endlich das Ge-
schlecht Aniona, wie man glaubt, von Eining bey Weltenburg, der
Lage nach also Abensberge?
In einer noch immer nicht durchaus zu verbürgenden Zeitfolge
gehen nun folgende Namen Agilolfischer Regenten vorüber:
ı) GaribaldI. von 554— 595, der letzte König der Baiern (wiewohl
ihn auch Regino und Gregorius Turonensis nur Dux nennen) aber
der erste, den wir kennen.
2) Tassilo I. sein Sohn, Enkel oder Neffe, von 595 — 609, steht be-
reits in einer bundesmälsigen Abhängigkeit von den Franken;
treibt die von Süden über Kärnthen, Krain und Steyermark ein-
brechenden Slaven zurück. Nachbarschaft der Avaren im Osten.
3) Garibald II. Tassilos Sohn, von 609—640. Fortwährende
Kämpfe mit den Slaven im Pusterthal, Friaul etc. (610). Reich
des Samo (623). Ausbreitung der Slavischen Herrschaft von
Cilley,
u a Ar
Cilley, dem Hauptsitz ihres Regiments, über die Drau und die
Mur,. das ist Gründung .der Provinz Rärnthen. Eustasius und
Agilus, erste christliche Missionarien (617) und geglaubte Stifter
von Weltenburg. Leges Bajuvarıorum, aus den Alemannischen
zwischen den Jahren 630— 638 redigirt von cinem Chädoin-
dus, der Referendarius des Königs Dagobert war und in ‚Frede-
gar beym Jahr 635. und 636 vorkommt, einem Agilulf, Bischof
von Valence (Fredegar cap. 79 und $0). Der in der Gesetzkom-
| ° missiöh als ihr Präsident zuerst genannte Claudius war Subroga-
tus Major Domus Theuderici, genere Romanus, homo prudens,
1: - jueundus in fabulis, strenuus in eunctis, patientiae deditus, pleni-
- tudine consilii abundans, literarum studiis eruditus, fide plenus,
N amieitiam cum cunctis sectans (Fredegar ad a. 606.); wenn Magno
so viel als Macco, Maccone heilsen darf, so kommt bey Gregorius
Turonensis auch ein solcher Comes Macco vor, — (von Pallhau-
sen Garibald),
4) Theodol. Garibalds II. Sohn von 640— 680. Ankunft des heil.
Emerans a. 649, dessen und RupertsLegende, PaulDiaconus, und
Arnons Indiculus, die einzigen historischen Quellen werden. Re-
gensburg tritt wieder aus seinem Dunkel hervor als CGivitas. Die
Ens bildet die Grenze gegen die Ayaren. Die im Innern zu sehr
beschäftigten Major Domus lassen den entfernten Herzogen ziem-
lich freye Hände.
Er
5) Theodo I. ein Vetter Theodos I. von 680— 702, Eine ganz
quellenlose historische Zeit,nachdem der Longobardische Geschicht-
schreiber schliefst. Ankunft des heil. Ruperts zu Regensburg a.
696.
6) Mitregentschaft und Theilung der Söhne des Theodo a. 702 (über-
haupt noch sehr dunkel und zweifelhaft, da Bischof Arno von
Salzburg nichts davon meldet) und zwar wie man will
Theodo
EEE TE NEUERE
48
Theodo I. der Vater, behält Ostbaiern bis an die Slavischen und
Avarischen Grenzen, Residenz Regensburg, gestorben 717.
Theodebert, sein Sohn, erhält die Gegend in Montanis, Residenz
Botzen. F
Grimoald, im Sundergau,, Residenz Freysing.
Theobald, in einem übrigen Theil von Ostbaiern, Residenz Passau,
soll auch angeblich ein Stück vom Nordgau erobert haben,
gestorben 712. Ihm folgt sein Bruder Theodebert und über»
läfst die Montana dem Grimoald. Dem alten Theodo I. folgte
717 Theodebert. Gar:bald fällt 725 durch einen Meuchelmör-
der. Ankunft des heil. Corbinian zu Freysing und Regensburg.
Gründung des ersten Benediktiner Klosters zu Freysing. Ru-
pert, der das Christenthum im Salzburgischen eingeführt, das
- heilst reformirt und den Römischen Supremat organisirt, denn
Christen waren sie dort schon seit Emeran, starb nach richtig-
ster Berechnung im Jahr 718.
7) Hugibert, Theodeberts Sohn, von 725—737 einziger Regent.
Nun erklären sich die Hoheitsansprüche der Fränkischen Major
Domus deutlicher. Karl Martell rückt zweymal, im Jahr 725
und 72$; mit einer Armee ins Land, und nimmt seiner nach
Freysing geflüchteten Stiefschwester Plectrud die mitgenommenen
Schätze ab.
8) Odilo, Utilo, Hugiberts Sohn, nach Mannert aus einer Neben-
linie, von 737—748: Verlegung des Bifsthum Lorch nach
Passau 737. Bonifaz regulirt die drey Sprengel der Bischöfe
zu Salzburg, Freysing, Regensburg. Errichtung eines Bilsthums
in Eichstädt 746. Sufiung von Benediktbeuern 740 durch
drey Brüder Landfried, Eliland und Waldram, von Nieder- und
Ober-Altaich durch Odilo (741) von Tegernsee und Illmünster
von
9)
>
49
von Adalbert und Ottokar 746. Aufserdem 748 Mondsee u. s. w.
von Odilo. Odilo heirathet eine Tochter des verstorbenen H.
Karl Martell wider Willen ihrer Brüder, und läfst sich gegen
sie mit den Herzogen von Alemannien in Aquitanien in ein
Bündnils ein. Die Brüder, nach Bezwingung des Herzogs von
Alemannien rücken mit einem gewaltigen Aufgebot über den
Lech ins Bayern, schlagen den Herzog, nehmen ihn mit nach
Frankreich und machen endlich im Jahr 746 mit ihm einen
Frieden, der nicht mehr die blofse Anerkennung einer Bundes-
oder Schutzhoheit, sondern einer viel beschränktern Abhängig-
keit zur Folge hatte, und zwar unter Karlmannen als Regen-
ten von Austrasien, mach dessen Abdankung aber (747) unter
Pipin. *
Tassilo, Odilos Sohn, damals noch ein Kind von 748 — 788.
Gripho, Pipins Stiefbruder, der sich gegen ihn auflehnte, wird
als Sohn einer Bairischen Prinzessin am Bairischen Hof aufge-
nommen. Pipin überzieht zur Rache das Land und hohlt den
Gripho, den Grafen Suitger, Stifter von Eiehstädt und den
Herzog Landfried von Alemannien. Vom Tassilo fordert er die
Lehensempfängnifs (per beneficium ei ducatum eom-
missit) und nimmt sich während Tassils; Minderjährigkeit sogar
der innern Verwaltungan, Im Jahr 757 übergab er dem funfzehnjäh-
rigen Prinzen die eigene Regierung, bestand aber auf der wirk-
lichen Ablegung des Lehen-Eides. Im Jahr 763 entzieht sich
Tassilo dem Heerzug gegen den Herzog von Aquitanien, aus
stiller Theilnahme an ähnlichem Geschick, und flieht nach Hause.
Der Oheim Pipin scheints nieht zu schen, der Pabst vermittelts
und Pipin stirbt ohne geübte Rache im Jahr 768. Der Abt
Sturm von Fulda stiftet Freundschaft zwischen Pipins beyden
Prinzen und Tassilo, der sich (771), ohne dafs es auffällt, und
wahrscheinlich selbst unter Vermittlung der dureh Baiern nach
Italien gereisten Mutter des Pipin, mit einer Longobardischen
® 7 Prin-
50 —
Prinzefsin vermählte. Unter den innern Angelegenheiten ist
die Staats- und Kirchenvrersammlung zu Aschheim im Jahr 763
(nach Winter 754) zu Dingolfing, ums Jahr 769 und zu Neu-
ching im Jahr.772 zu bemerken, auf welcher Tassilo noch mit
zaemlichen Ansehen handelnd erscheint (s. Anton Winter
die drey grofsen Synoden der Agiloläschen Periode 1806 in den
hist. Abh. der Akad. ıg07 und dessen Vorarbeiten). Auch
wird (772) die Eroberung Kärnthens vollendet, wo 786 der
heil. Virgil als Apostel des Christenthums starb. Zu Chiemsee
wurde 782 von einem Griechischen Mönch Dobda eine Schule
eröffnet. Im Jahr 774 läfst Tassilo seinen Schwiegervater De-
siderius als ruhiger Zuschauer entihronen, und erklärt seinen
_unmündigen Sohn Theodo als Mitregenten. Diese Handlung
nimmt Karl der Grolse, dessen Einwilligung hiezu nicht einge-
holt war, als eine offene Erklärung gegen das eingeführte Lehn-
verhältnifs auf, und um dieses zu wahren-und dem Regenten
sein Mifsfailen fühlen zu lassen, bietet er nun im Jahr 778 die
bisher verschonten Baiern zum erstenmal zum Heereszug auf.
Einer im Jahr 781 von Karl und dem Pabst selbst erhaltenen Ge-
sandschaft zufolge, die ihm seine Treubrüchigkeit vorstellt,
stellt sich Tassilo auf dem Reichstag zu Worms und erneuert
seinen Pflichteid. @hne aber den Folgen seiner Unterwerfung,
gemäls zu handeln, liefs er sogar gegen den Statthalter von
Trident, der Eingriffe bey Botzen machte, Gewalt brauchen.
Alle diese Handlungen eines eigensinnigen, schwachen und un-
klugen Geistes verminderten die Anhänger des Herzogs immer
mehr. Im Jahr 787 läfst er durch seinen Gesandten, den Bi-
schof Arno von Salzburg und den Abt Heinrich den Pabst um
Vermittlung und Aussöhnung beym Karl bitten. Der Pabst pre-
digte unbedingten Gehorsam, oder arbeitete vielmehr nun auch
selbst am Untergang dieses Longobardischen Schwiegersohns,
Tassilo läfst die Vorladung auf den Wormser Reichstag unbe-
folgt, und nun rückt Karl vom Lechfeld, ein Ostfränläsch Thü-
rin-
nn
5ı
ringisches Heer über Pföring, Pipin über Trident und Botzen
her. Von Bairischer Seite waren nicht die mindesten Anstalten
dagegen getroffen. Tassilo erscheint um Gnade flehend in Karls
Lager, resignirt sein Herzogthum, erhält es aber auf erneuer-
ten Eid und gegebene Geilselbürgschaft zurück, vermuthlich
nur, um es ihm feyerlicher, und in anderer Form auf dem
Reichstag in Ingelheim auf immer nehmen zu können. Denn
hier, wo er 788 neben andern Fränkischen Ständen und Vasal-
len erschien, mulsten ihn seine eigenen Unterthanen eines
neuern Eidbruchs anklagen, weil er sich selbst in staatsverrä-
therische Unterhandlungen mit den Avaren eingelassen, seinen
- Untergebenen Treulosigkeit gegen die Franken zugemuthet und
sich öffentlich lieber den Tod, als das Fortbestehen . solcher
Verhältnilse gewünscht habe. Es wird hierüber und über die
hervorgesuchte Anklage des (763) verlassenen Heeres (Herislit)
die gesetzliche Todesstrafe erkannt, und von Karl unbedeutend
dahin gemildert, dafs sich Tassilo das Hlosterleben wählen
dürfe. Man bringt ihn sofort nach Gemedium bey Rouen, der
älteste Sohn Theodo mufste ebenfalls Mönch zu S. Maximin,
der zweyte Theodbert anderswo werden. Auch der regieren-
den Herzogin wurde der Schleyer aufgedrungen, eine Prinzelsin
ins Kloster nach Cala, eine nach Laudun gebracht.
Die nun folgende Reihe Karolingischer Regenten muls
um so sorgfältiger unterschieden werden, um was von diesen in
Ostfranken, im Nordgau, in Oestreich geschah, nicht so zu betrach-
ten, als wäre es aus dem Besitz der einzelnen Proyinz Baiern her-
vorgegangen.
a) Karl der Grofse, als nunmehriger unmittelbarer Gebieter
_ in Baiern, nachdem er Tassilos Verbündete, die Avaren zurückge-
schlagen, kommt noch im Jahr 788 selbst in die Hauptstadt Re-
gensburg, ordnet die bisherige Landesverwaltung der Gaugrafen un-
7% ter
52%
ter einen Statthalter Namens Gerold, einen Kaiserlichen Verwand-
ten, und mehrere neu verordnete Markgrafen, meist aus vertrau-
ten und ‚begünstigten Fränkischen Geschlechtern. Es werden inlän-
dische Synoden 792 und 803 zu Regensburg, eine aufserhalb Baiern
zu Frankfurt a. 794 gehalten, auf welcher Tassilo das Schauspiel
seiner öffentlichen Entsagung persönlich wiederholen mufs. Dem
Statthalter.Gerold, der 799 gegen die Hunnen blieb, und welchen
eine gegen die Helden dankbare Kirche zum Heiligen erhob, folgte
in der Oestreichischen Markgrafschaft ein Gotram, in der innern
Provinz Baiern aber als Statthalter Audulf, Gaugraf des Tauber-
gaues. Nach der Kaiserlichen Theilungsurkunde von 806 sollte dereinst EB
der Prinz Pipin mit Italien und dem Theil von Alemannien diefseits
der Donau auch die Provinz Baiern erhalten. ‚Da Pipin a. gro vor
dem Vater verstarb ‚so wurde sein Antheil Pipins Prinzen Bernhard
zugesichert, nach Haiser Karls Tod a. 914 aber die Sache dahin
abgeändert, dals
b) Lothar, König Ludwigs des Frommen ältester Sohn, sofort
als König in Baiern erklärt wurde, dem man, als Lothar a. 817
zum Mitregenten seines Vaters stieg, den unmündigen Bruder Lo-
thars,
c) Ludwig folgen liefs, dem man zur eigentlichen Provinz Baiern,
auch Kärnthen, Böhmen, Avarien fügte.
Von 817 bis 825 wurde die Regierung dieser Länder von
Kaiser Ludwig selbst in Vormundsweise geführt und der a. 819 ver-
storbene Statthalter Audolf mit dem Missus und Judex publicus Ki-
salhard ersetzt. Der junge König trat im Jahr 825 seine Bairische
Regierung zu Regensburg an. Er errichtet 928 vier neue Markgraf-
schaften, in Kärnthen, in Friaul und Istrien, in Krain und Libur-
nien, in Nieder-Pannonien. Als allgewaltiger Günstling erscheint
seit Kisalhards Abgang Herzog Ernst, der seine Tochter mit dem
Prinzen Harlmann verbindet, grolse Güter zu Lauffen am Neltkar
ge-
er
Er FAR 53
geschenkt erhielt, die Heere mit Ruhm gegen die Slavischen Feinde
führt, im Jahr 861 gestürzt und aller Ehren beraubt wird, 965 aber
stirbt,‘ ein berühmter Gegenstand späterer Heldengeschichten, die
jedoch die Handlung ins XI. Jahrhundert vorrückten. Die Königliche
Gemahlin Emma stiftet im Jahr 831 Niedermünster zu Regensburg.
Im Jahr 837 eignet sich Ludwig auch die Provinzen Ostfranken,
Alemannien, Thüringen, Sachsen zu, mufs aber 838 wieder davon
abstehen und wird 8.43 durch die Verduner Theilung König von
Teutschland. Im Jahr 861 empört sich sein Prinz Karlmann
gegen ihn und bemächtigt sich der Lande zwischen der Donau und
dem Inn, die er unter erfolgter vorläufiger Aussöhnung behält,
nach (363) dargebrachter unbedingter Unterwerfung aber wieder zu-
rückgibt. König Ludwig starb 876 und folgt ihm, kraft der zu Ho-
henaltheim im Riels beschlossenen Theilung
d) Karlmann, als König in Baiern, wozu Pannonien, Kärnthen,
Mähren, Böhmen, aber nicht Franken und Thüringen, beygefügt
wurden. Er stiftete das Kloster Oettingen, bemächtigte sich auch
des Königreichs Italien, starb aber 880. Das Königreich Baiern
wurde
e) dem kränkelnden Ludwig (als nachherigem Kaiser III.) Karl-
manns Bruder zu Theil, der aufserdem schon Sachsen, Franken und
Thüringen besafs, und Karlmanns natürlichen Sohn Arnulf (wiewohl
einige sagen dem ächten) zu Mosburg bey Klagenfurt residirend,
Kärnthen überließs, bereits 882 aber starb; worauf
5) der dritte Bruder Kaiser Karl der Dicke, als allgemeiner
Regent in Deutschland und seit 885 auch in Frankreich folgt. Er
wird aber entsetzt und
g) Arnulf, bisheriger Herzog in Kärnthen, Karlmanns Schn 887
zum König von ganz Deutschland gewählt. Er stirbt 899. Die
deutsche Krone verbleibt
h)
54 a0
h) dem Prinzen Ludwig (dem Kind) Arnulfs Sohn ; während
dessen Kindheit sich die Bairischen Angelegenheiten meist in den
Händen des Markgrafen Luipolds und des Bischofs Adalbero von
Augsburg befanden. Die vorher mit Unvorsicht herbeygerufenen
Ungarn fallen nun :go1 selbst als Feinde ins Land. Es wird die
Stadt Ens erbaut, Brixen dem Bischof von Seben gegeben. Mark-
graf Luipold fällt in grofser Niederlage der Bairischen Nation 907,
die Ungarn rücken bis an den Lech und gıı stirbt Ludwig als der
letzte Karolinger. Damit endet sich das alte Karolingische König-
reich der Baiern und es herrschen nunmehr’als über eine einzelne
wieder abgesonderte Provinz als Herzoge:
1) Arnulf, Markgrafen Luipolds Sohn, seit dessen Tod 907 Mark-
graf und oberster königlicher Feldherr; handelt nach König
Ludwigs Tod grı ohne die Wahl König Konrads zu beachten,
als selbstständiger Befehlshaber von Baiern, fügt den Ungarn
912 eine entscheidende Niederlage zu, setzt 913 als neue Mark-
grafen den Rudiger an die Ens, Ratolden von Semt nach
Kärnthen, seinen eigenen Bruder Berthold an die Etsch. Allein
914 rückt der König Konrad in Baiern ein, läfst sich zu Regens-
burg huldigen und setzt seinen Bruder Eberhard zum Statthal-
ter. Ein Concilium zu Hohenaltheim ım Riefs 916 nimmt gegen
die Gegner des Königs, die Grafen Erchanger, Berthold und
Burkart von Schwaben und den Herzog Arnulf Parthey und er-
klärt sie in den Bann, dem 917 gegen Arnulfen , der Regensburg
nur auf kurze Zeit wieder gewonnen, und sich an die Ungarische
Grenze geflüchtet, die Reichsacht folgt. Er kommt 919 zurück,
will aber auch den neu gewählten König Heinrich I. nicht an-
erkennen, und bemächtigt sich, zu Befriedigung seiner Anhän-
ger .der geistlichen Güter (daher der Beynahme des Bösen)
Er unterwirft sich jedoch dem König der ihn 920 zu Regensburg
belagert, auf Bedingungen, woraus man das sogenannte Jus Re-
gium der folgenden Bairischen Regenten hergeleitet. Im Jahr
932
3
[677
932 hatten Kirchenversammlungen zu Regensburg und Dingol-
fing statt. Der Feldzug Arnulfs nach Italien, um dem König
Hugo die Italienische Krone zu entziehen (934) mifslingt, und
936 wird Otto I. von Arnulf förmlich mitgewählt. Er stirbt 937.
Sein Sohn Eberhard glaubte ihm aus eigener Befugnils folgen
zu dürfen, wird aber von König Otto vertrieben, der zweyte
Sohn Arnulf, Stammyater der nachherigen Grafen von Scheyern,
zum Pfalzgrafen, hingegen zum Herzog
2) Berthold I. Bruder des vorigen Herzogs Arnulf, Markgraf an
der Etsch, und Graf im Vintschgau, ernannt, der eine Nichte
des Kaisers zur Gemahlin nehmen mulste. Er schlägt 943 auf
der Welser Heide und noch einmal 944 die Ungarn aufs erg
starb 948.
1 - 3) Heinrich I. König Ottos Bruder, und mehrmals begnadigter
\ Gegner, beygenahmst der Zänker, vermählt mit Judith, einer
Prinzelsin des ersten Herzog Arnulfs, wohnt dem Feldzug des
Kaisers nach Italien (951) bey, erhält als Lohn die Markgraf-
schaften Verona und Aquileja Baiern einverleibt (952), und ist
nun meistens bey Hof und von der Hofparthey. In solcher Ab-
wesenheit bemächtigt sich Pfalzgraf Arnulf, aus altem Schmerz
über das seiner Familie entgangene Herzogthum, der Hauptstadt
Regensburg (953), die er dem verschwornen Kaiserlichen Prinzen
Ludolf einhändigt,. treibt Heinrichs Familie über die Grenze,
läfst sich vom Lande huldigen und von seinen Anhängern die
Ungarn zur Hilfe herbeyrufen. Er verliert bey wiederholter
Belagerung von Regensburg durch das Kaiserliche und Herzog-
‚liche Heer sein Leben (954). Regensburg und ganz Baiern er-
gibt sich dem siegenden Kaiser auf Gnad und Ungnade (55):
Herzog Heinrich wird wieder eingesetzt, der Erzbischof von
Salzburg, Arnulfs Partheygänger, der die Ungarn herbeygerufen,
zur Strafe geblendet , der von Aguileja entmannt, Die vorge-
drun-
56
drungenen “Ungarn finden auf dem Lechfeld bey Augsburg ihre
gänzliche letzte Niederlage. Herzog Heinrich stirbt noch m
nemlichen Jahr 955-
4) Heinrich II. des vorigen Sohn, wohnt dem Italienischen Feldzug
von 967 — 969 bey, unter Begleitung seines Ministers und Günst-
lings, Bischofs Abraham von Freysing, der 972 zu Innichen
noch einen grofsen Distrikt ander Brenta, in der Bairischen
Markgrafschaft Verona dazu erhält. WVolfgang, ein Schwabe
und Mönch aus Einsiedel, nach vielem Schulmanns Fleifs Prediger
des Evangels in Ungarn, wird 973 Bischof in’Regensburg, und
Heinrich Graf von Geilsenhaufsen folgt dem berühmten (993
canonisirten) Bischof Ulrich von Augsburg. Der Herzog widınet
sich ganz dem Hof des jungen Kaisers Otto II. (974) und Bischof
Abraham gewinnt neue Güter in Krain uud Pusterthal. Von
den Grafen von Ebersberg werden die Klöster Kuebach und Ebers-
berg, von Bertholds I. Wittib Bergen gestiftet. Bischof‘ Abra-
ham flüstert dem Herzog Heinrich Verschwörung gegen Kaiser
Otto und verwegene Gedanken auf die Kaiserkrone ein. Hein-
rich, verrathen und gefangen genommen (975) rettet sich mit
der Flucht und empfängt zu Regensburg von seinem Abraham
wirklich die Krönung (976) die aber mit der schnellen Entwei-
chung des vermeinten Königs und seiner Anhänger nach Böh-
men endet. Abraham verbirgt sich auf seinen Krainischen Gü-
tern. N
5) Otto I. König Otto I. Enkel, Herzog Ludolfs Sohn, seit 973 Her-
zog in Schwaben, erhält 976 auch das Herzogthum Baiern, Kärn-
then wird dem Hezilo, Bertholds I. Sohn verliehen, und ein An-
fangs nicht glücklicher Feldzug gegen den vertriebenen Herzog
Heinrich II. nach Böhmen begonnen, der sich aber 978 mit der
Ergebung des Herzog Heinrichs und dessen Abführung nach
Utrecht enlet, Dem ungetreuen Herzog Hezilo wird Kärnthen
genom-
I
57
genommen und dem Prinzen Burkart von Lothringen gegeben. Her-
zog Otto mit seinem Bundesheer der Schwaben und Baiern wird
im Feldzug geyzen die Sarazenen in Calabrien (982) geschlagen.
Der Bischof von Augsburg, der Markgraf Berchtold, der Burggraf
von Regensburg bleiben auf der Wahlstatt, der Kaifer entgeht
mit der Flucht, Herzog Otto starb bald darauf zu Lucca.
6) Hezilo, Bertholds I. Sohn, vertriebener Herzog von Kärn-
then, wird durch die Laune des Schicksals und die Politik des
Hofs in sein altväterliches Herzogthum als Regent zurückgerufen.
Als aber im selben Jahr Kaiser Otto II. starb, ergreift der alte
Herzog Heinrich II. die Anschläge auf die Königskrone wieder,
verlälst seine Verbannung (984), bemächtigt sich unter dem Vor-
wand als natürlicher Vormund und Reichsregent des vierjährigen
Kaiser Otto III., läfst sich mit bereits abgelegter Verstellung selbst
zum König ausrufen,trifft zuVV eilsenstadt (im Baireuthischen) seinen
geschäftigen Rathgeber Bischof Abraham mit Anhang wieder, fin-
det aber doch räthlicher, den kleinen Otto Ill. wieder auszuliefern
und sich zu unterwerfen (985), wogegen er sein altes Herzogthum
Baiern zurückerhält, das ihm Hezilo gegen Kärnthen abtreten
muls.
7. Heinrich II. 985 zum zweytenmal. Das gute Vernehmen mit dem
kaiserlichen Hof bleibt nun bestehen. Leopold von Babenberg
wird Markgraf in Oestreich, Rärnthen nach dem Tod des Herzogs
Hezilo (989) bleibtnebst Verona mit Baiera wieder unmittelbar ver-
einig. Herzog Heinrich besucht den Reichstag zu Magdeburg
und stirbt alda 995.
“8. Heinrich IM. des vorigen Sohn, von Heiligen und Bischöfen auf-
erzogen, wird sofort als Herzog von Baiern anerkannt; Kärnthen
und die Markgrafschaft Verona erhält der Fränkische Prinz Otıo.
Im Jahr 997 begleitet Heinrich den Kaiser Otto III. von Pavia nach
8 Rom.
58 \
Rom. Der Bischof zu Passau erhält vom Kaiser den Königsbann
über die Stadt (999). Der Herzog wohnt (1000) einem abermali-
gen Zug nach Italien gegen die Sarazenen bey. Durch die Schwe-
ster Gisela wirder 1001 ein Schwager des Königs Stephan von Un-
garn. Kaiser Otto III. stırbt in Italien, und Herzog Heinrich als
kronsüchtiger Sohn eines kronsüchtigen Vaters bemächtigt sich zu
Polling der aus Italien gebrachten Reichs -Insignien und des kai-
serlichenLeichnams, und läfst sich unter dem Namen Heinrichs I.
zum König wählen (1002). Prinz Bruno, des Königs Bruder,
Prinz Ernst von Oestreich, Markgraf Heinrich von Schweinfurt,
aufgebracht, dafs er das Herzogthum Baiern für sich Lehalten wol-
le, erklären sich öffentlich als feine Gegner, plündern bey Hers-
bruck das königliche Gepäck und bringen es nach Ammerthal
(1003). Der König aber zerstört rächend Ammerthal, schleift
Creulsen; Kronach wird von den Fliehenden selbst angezündet,
Schweinfurt seiner Mauern beraubt. Im Jahr 1004 aber gibt end-
lich der König das Herzogthum Baiern, den andern Bewerbern
angeblich wegen des eigenen Wahirechts der Baiern versagt,
ab an
9) Heinrich IV. Grafen von Ardenne und Luxenburg, Bruder der
allgewaltigen Kaiserin Kunegund. Weil er aber in der Folge der
Stiftung des Bifsthums Bamberg entgegen war, und sich seines Bru-
ders, des neugewählten, nicht bestätigten Erzbischofs von Trier
annahm, so wurde er gleicher Ungnade theilhaftig und 1008 förm-
lich entsetzt. Der Kaiser hielt sich in den Jahren 1009, Io1o,
ı011 vielfältig selbst in Baiern auf, und verfügte unmittelbar über
die Regierung des herzogslosen Landes. Im Jahr 1017 wurde
der Herzog wieder eingesetzt. Es entsteht 1020 durch die Gräfin
Kunegund von Diefsen das Chorstift Diefsen, durch den Bischof
von Freysing 1020 das Kloster Weihensteffan und St. Veit, durch |
Graf Mangold v. Kyburg 1026 das Hlcster heil. Kreuz bey Donau-
wörth. Dem 1024 verstorbenen Kaiser Heinrich II. folgt auch 1026
der unbeerbte Herzog Heinrich IV. im Tode nach. j
a eine
i
%
4
j
10)
R
u
pe SE
59
10) Heinrich V. Kaiser Konrads I. zehnjähriger Sohn, seit 1015
11)
12)
schon als nachfolgender Römischer König erwählt, wird von
dem kaiserlichen Hof, bereits gewohnt über die Herzogthümer
zu seinem Besten zu verfügen, Baiern als Regent vorgesetzt,
erst unter Bischof Brunos von Augsburg Vormundschaft, dann
seit 1028 unter Bischof Engilberts von Freysing, ‘der den jun-
gen Regenten in Andechs erzog. Herzog Adalbero in Kärnthen
unterliegt im Jahr 1035 Haiserlicher Ungnade, damit auch da-
hin 1036 ein Prinz des Kaiserlichen Hauses, Herzog Konrad
von Worms, befördert werden könne. Graf Eberhard von
Ebersberg stiftet 1030 das Kloster Geilsenfeld; der junge Her-
zog Heinrich empfängt 1038 auch das Herzegthum Schwaben,
tritt nach Konrads Tod 1039 die teutsche Regierung unter dem
Namen Heinrichs III. an, gibt aber Baiern, weil es ohne grolfse
Mifsgunst nicht beyzubehalten war, ab an:
Heinrich VI. Sohn des Grafen Friedrichs von Luxenburg,
Neffen Herzog Heinrichs IV. im Jahr 1040, einem im Grund
minder mächtigen Herrn, der den wegen der Böhmischen und
Ungarischen Kriege meist in Baiern sich aufhaltenden Kaiser ”
walten lassen mulste. Stiftung des Klosters Atl. Graf Welf
wurde 1047 Herzog in Kärnthen und Markgraf von Verona.
Unvermuthet und unbeerbt, nicht ohneHoffnung auf den Thron,
stirbt der Herzog ı047 auf dem Reichszug gegen den Herzog
von Lothringen. Da der Kaiser sich fortwährend in Baiern
aufhielt, [o wurde die Ernennung eines neuen Regenten nicht
dringend befunden, Bischof Poppo zu Brixen 1048 zum Pabst
(Damasus II.) befördert, endlich aber 1049 das Herzogthum
Baiern dem
Konrad I. Sohn des Grafen Ludolf von Zütphen verliehen,
dessen Verdienst hauptsächlich darin bestand, dafs er von sei-
ner Mutter her ein Urenkel Kaiser Otto’s II. und ein Schwie-
3. ger-
60
gersohn des vielrermögenden Herzogs Otto von Schwaben und
Markgrafens von Schweinfurt war. Bischof Gebhard von Re-
gensburg, des Kaisers Oheim, Günstling und gewaltsamer Mini-
ster, veranlalst 1050 einen unnöthigen und unrühmlichen Krieg
mit Ungarn, den endlich Pabst Leo IX. 1052 vermittelt, und
heimkehrend Regensburg besucht. Der Herzog Konrad, beschul-
digt schlechter Günstlings-Regierung, und weil er dem Ungari-
schen Feldzug sich entzogen, und gegen den grofsen Mann, Bi-
schof Gebhard, öffentlicher Fehde sich unterstanden, wird auf '
dem Reichstag zu Merseburg 1053 entsetzt und wegen frucht-
los gewagter Widersetzung noch dazu geächtet. - Er floh nach
Ungarn und starb ums Jahr 1056, nach vergeblich erregten Un-
ruhen in Kärnthen.
13) Heinrich VII. Herzog Heinrichs des VI. (jetzt Kaiser Hein-
richs III.) dreyjähriger Sohn, wird.den Baiern durch HKaiserliche
Macht als Regent, Bischof Gebhard von Eichstädt als Vormünder
und Landesverweser gegeben, der die Güter, der Grafen von
Scheyern, die sich an die Spitze der milsvergnügten Inländer
gestellt, verwüsten liefs (1054). Im nemlichen Jahr wird das
Kaiserliche Kind Heinrich VII. zum Römischen König, Bischof
Gebhard zum Pabst (Victor II.) gewählt. Bischof Gebhard von
Regensburg, der sich mit dem abgesetzten Herzog Konrad I.
verbunden, wird gefangen gesetzt. Herzog Welf III. von Kärn-
then, sein Mitverschworner stirbt 1055, und beschliefst den ur-
sprünglichen männlichen Welfischen Stamm, der in weiblicher
Folge, durch seinen Erben Welf IV. Sohn seiner Schwester,,
einer Markgräfin von Este fortgesetzt wird. Nach Heinrichs VI.
Gelangung auf den kaiserlichen Thron 1056 (als Heinrich IV.)
sollte Baierns Herzogthum dem dreyjährigen Bruder ;
ı4) Konrad Il. überlassen werden, der aber im nemlichen Jahr
noch starb, worauf die Kaiserliche Mutter Agnes, eine geborne
Prin-
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15).
egihen ne 61
„Prinzessin von Aquitanien und Poitou, so wie als Mutter, Vor-
münderin für Heinrich IV. die Regierung des ganzen Haiserli-
chen Hofs, so insbesondere Baiern für sich selbst behält, und
bald in Regensburg, bald in Neuburg und Freysingen resi-
dirt. Das Herzogthum Kärnthen wird einem andern Kaiserli-
chen Vetter Konrad verliehen. Durch Erlöschung der Mark-
grafen von Schweinfurt (1057) gelangt das Gebiet von Cham an
das Baierische Geschlecht der Vohburge. Agnes, gebeugt durch
das unglückliche Schicksal des Königs Andreas und seiner Fa-
milie, dessen Prinzen Salomon sie ihrer Tochter vermählt, de-
ren Rechte und Hofungen durch das reichlich vergossene Blur
nicht zu retten waren, entsagt dem Besitz des Herzogthums
Baiern (1061) um es aus weiblicher Gnade, als vorausgereich-
ten Lohn gehoffter Dienste dem
Otto II. Grafen von Nordheim und Boineburg zu geben, der
seiner Wohlthäterinn durch seine Theilnahme an der Verschwö-
rung von 1062 dankte, wodurch ihr der Sohn Heinrich IV. und
damit die vormundschaftliche Regierung des Reichs geraubt
wurde. Heinrich IV. setzt mit einer Baierischen Armee den
Prinzen Salomon auf den Ungarischen Thron und weilt auf der
siegreichen Rückkehr zu Regensburg (1063). Es beginnen mit
Theilnahme des Bischofs von Regensburg, der Scheyern und
der Andechse, auch aus Baiern die Kreuzzüge ins heilige Land
(1064). Zu Regensburg kommen Schottische Mönche für das
Jakobskloster an. Altmann, der Kaiserin Agnes Caplan, wird
Bischof von Passau (1065). Heinrich glaubt über mehrere Klö-
ster durch Vergebung an Layen verfügen zu können. Er feyert
1067 das Osterfest zu Regensburg, wo das Milsvergnügen so
vieler Stände bereits kein Geheimnils mehr war. Herzog Otto
ist sein Comissär auf dem Conzil zu Mantua. "Sein Kanzler
Sieghard, ein Graf von Plaien, wird Patriarch zu Aquileja. Als
sein Hofpfalzgraf erscheint ein Baierischer Graf von Rot. Her-
2085
62
zog Otto, als ein Sachse dem Kaiser nunmehr ganz verdächtig,
wird mittelst Anklage, einen Meuchelmörder des Kaisers gedun-
gen zu haben, nach erschwerter Rechtfertigung zur Flucht be-
wogen, sodann als Majestätsverbrecher erklärt, geächtet und
entsetzt 1070.
16) Welf I. Tochtermann des entsetzten Herzogs, Sohn des Mark-
grafen Azo von Este, Herzog von Kärnthen, Erbe der grofsen
Alt-Welfischen Güter in Baiern und Schwaben, gelangt durch
Hoflünste, Bestechung und Verrathung seines Schwiegervaters,
dem er die Tochter zurückschickt, zum Herzogthum, und der
«König begeht einen doppelten Staatsfehler, durch die Entsetzung
des Einen sich einen gewandten schlimmen Feind in Sachsen,
durch diesen WVelf aber, statt das Herzogthum beym regieren-
den Hause zu behalten, oder es nur einem unschädlichen Min-
dermächtigen eine Zeitlang zuzugestehen, sich nur einen seinem
bekannten Gemüth nach unzuverlässigen, übermächtigen und
der allgemeinen Ruhe lästigen Freund gemacht zu haben. Der
König begibt sich (1072) selbstnach Regensburg, um dem neuen
aufgedrungenen Herzog die Stände des Landes zu gewinnen.
Die Mifsgriffe des Königs, um einen Vetter, den Grafen von
Eppenstein versorgen zu können, verleiten ihn, dem Herzog
Berthold von Zähringen Kärnthen zu nehmen, und sich gelflis-
sentlich einen neuen Feind in Schwaben zu schaffen. Von ei-
nem vergeblichen Feldzug nach Ungern kehrt der König nach
Regensburg zurück (1074). Der Herzog Welf erklärt sich
durch die an Sachsen verwilligte Hülfstruppen (1075) öffentlich
gegen den König, und bey der 1076 mit dem Pabst ausgebro-
brocbenen Fehde sind neben dem Erzbischof von Salzburg und
Bischof von Passau, Herzog Welf, der dem König den Weg
nach Italien versperrt, Herzog Berthold von Zähringen, die
Markgrafen von Oestreich, die Grafen von Fornbach und Steyer
die nicht unbedeutende Stützen der päbstlichen Parthey. Welf
hilft
63
hilft 1077 den Gegenkönig Rudolf wählen, ir sucht ihn zu
schützen, wird aber gezwungen, Baiern, von dessen Verwaltung
er entsetzt wird, zu verlassen. Der König feyert 1078 in sei-
ner errungenen Uebergewalt das Pfingstfest zu Regensburg,
zieht sich nach gelieferter zweifelhafter Schlacht gegen die
Sachsen wieder dahin zurück, verwüstet das dem Welf gehor-
chende Lechfeld, überfällt die Grafen von Fornbach, und be-
setzt die Stühle von Salzburg und Passau mit seinen Anhängern.
Drey päbstliche Legaten in Regensburg (1079) gebieten vergeb-
lich Stillstand, Vielmehr schreitet 1080 eine Kirchenversamm-
lung zu Brixen, Königlichen Anhangs vor, und entsetzt den
Gregor, und das Schicksal scheint sich ferner für Heinrich zu
erklären, indem der Gegenkönig Rudolf auf dem Schlachtfeld
bleibt. Allein Welf, der Augsburg verwüstet, stellt 10g1 in
Grafen Hermann von Luxenburg einen neuen Gegenkaiser auf.
In der Schlacht zu Hochstädt bleibt der Pfalzgraf Kuno von
Rot. Der Tod des gewesenen Herzogs Otto II. befreyt Heinri-
chen 1083 von einem bedeutenden Gegner. Regensburg empfängt
ihn 1084 als gekrönten Kaiser, und er eilt, den Welfen ganz
vom Lech zurückzudrängen. Aber nach gewandter Gunst des
Glücks bemächtigt sich 1085 WVelf Regensburgs und Freysings,
und nöthigt den Kaiser, Baiern gänzlich zu verlassen. Zwar
stirbt 1088 der Gegenkönig Hermann, aber dem Welfischen
Haus geht 1089 eine neue Blüthe auf durch Vermählung des
Herzoglichen Prinzen Welf mit der berühmten Mathilde. Die
Vereinigung der Welfischen Güter in Deutschland, mit den Esti-
schen und nun auch den Mathildinischen in Italien, schienen jetzt
alle fernere Ausdehnung kaiserlicher Macht über die Alpen aus-
zuschliefsen. Heinrich, um sich dieser Begründung des Welli-
schen Hauses in Italien zu widersetzen, beginnt 1090 einen
neuen Krieg in Italien. Der junge Welf und Mathilde stellen
ihm 1093 im eigenen Sohn Konrad einen Italienischen Gegen-
könig zur Seite. Allein mit der Scheidung des jungen Welf
von
64
von der Mathilde (1095) ändert sich der Schauplatz. Der alte
Welf tritt auf Heinrichs Seite und erhält das Herzogthum Baiern
zurückk Die Horden der Kreuzfahrer nehmen ihren Durchzug .
durch Baiern (1096), der ı2000 im Fanatismus erschlagenen
Bairischen Juden das Leben. gekostet haben soll. Im Jahr 1097
folgt Gottfried von Bouillon ebenfalls durch Baiern nach. Der
Herzog Welf selbst, nachdem er 1099 noch einem Hoftag in
Regensburg beygewohnt, wird von dem Taumel ergriffen, auf
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der Stralse von Kärnthen durch die Bulgarey mit einem grolsen
Baierischen und verbündeten Aquitanischen Heer einen solchen
Kreuzzug zu wagen (1101), nach dessen höchst unglücklichem
Ausgang er als verkleideter Pilger auf die Insel Cypern ent-
rinnt und dort verstirbt. \WVährend seiner Laufbahn sind in
Baiern immer noch mehrere neue Klöster entstanden, 1070 St.
Niclas, gestiftet vom Bischof Altmann in Passau, 1071 Rot vom
Pfalzgrafen Kuno, 1074 Raitenbuch vom Herzog Welf selbst,
und Hohenwart von einem Grafen Ortulf, 1083 Häbach durch
den Bischof Norbert zu Chur, einen Grafen von Andechs,
1094 Fornbach, 1098 Kastell durch einen Grafen von
Kastell.
37) Welf II. des vorigen Sohn, der Mathilde geschiedener Gemahl,
seit ırorl. Heinrich IV. reizt bey seinem Aufenthalt in Regens-
burg durch seinen meist aus Sachsen und Franken gebildeten
Hof die eifersüchtigen Baiern. Die zufällige Ermordung des
Grafen Sieghard von Burghausen (1104) ist das Signal zum Auf-
stand, an dessen Spitze die beleidigten Verwandten M. Diepold
von Vohburg und Graf Beringer von Sulzbach sich stellen. Dem
Kaiser soll nun sein Sohn Heinrich V. entgegengesetzt werden.
Herzog Welf versammelt ein Baierisches Heer zu seiner Unter-
stützung. Am Ufer des Regen begegnen sich beyder Armeen
(1105). Die Böhmischen Hilfsvölker des Kaisers verheeren die
Markgrafschaft Cham. Bischof Gebhard von Regensburg wird
er-
65
ermordet. Der Gegenkönig Heinrich V. bemächtigt sich Re-
gensburgs, und der 1105 entsetzte Heinrich stirbt 1106. Als
Gesandter des neuen Kaisers trotzt H. Welf 1107 vor dem
Pabst zu Chalons; im folgenden Jahr 1108 wohnt er einem un-
nützen Feldzug des Königs gegen die Ungarn bey. Zu dem
ı11o auf dem Regensburger Reichstag ‚beschlossenen Römerzug
& “stellen sich alle Baierischen Grolsen ein. Otto IV. Graf von
| Scheyern erscheint jetzt als der erste Pfalzgraf dieses Hauses.
Enger bleibt der Herzog Welf dem Kaiser vereinigt, in allen
Kämpfen des Investiturstreits gegen den Pabst, und gegen die
inländischen Grolsen. Er starb 1120 zu Kaufingen, unterhalb
Landsberg. Noch immer erheben sich neue Stifte und Klöster,
h als Dietramszell 1102 vom Abt zu Tegernsee gestiftet, Usenhofen
N - ' 1107 vom Grafen Otto zu Scheyern und Bertold zu Burgeck er-
| baut, 1108 Berchtoldsgaden von einer Gräfin von Sulzbach gewid-
met, Prüfening 1109 vomBischof Otto zu Bamberg und Mallerstorf
von einem Kirchberger Grafen, Bernried 1120 und Griees 1111
vom Grafen Otto zu Phalley, Reiehenbach 111g vom M. Diepold
von Vohburg errichtet.
18) Heinrich VIN. zugenamst der Schwarze, seit 1120, des vorigen
Bruder, durch seine Gemahlin die Erbtochter des erloschenen Bil-
lungisch Sächsischen Hauses, der Erwerber grofser Allodien in
Sachsen, hilft auf dem Wormser Reichstag ıı2ı den endlichen
Frieden zwischen Kaiser und Pabst herstellen. Man sucht nun al-
lenthalben in den Stiftern die regulirten Chorherren einzuführen.
Das Rloster Beurberg wird 1120 durch einen Otto von Eurasburg,
Ensdorf durch Pfalzgraf Otto IV. zu Scheyern, durch die Wittels-
bacher nicht minder 1124 Inderstorff gestiftet, das Kloster Usen-
hofen 1129 nach Scheyern versetzt, und mit der neuen Residenz
zu Wittelsbach des Hauses neuer Name begründet. Kaiser Hein-
rich V. der letzte des Fränkischen Regentenstammes, stirbt 1125
in Beyseyn Herzog Heinrichs und des Grafen Beringer von Sulz-
9 bach.
66
bach. Das auf die Hohenstauffen eifersüchtige Welfische Haus hilft
den Lothar auf den teutschen Thron erheben, der auf dem Reichs-
tag in Regensburg seine Absicht zu erkennen gibt, alle kaiserli-
chen Kammergüter aus den Händen der Hohenstaufen und ihrer .
Anhänger wieder zurück zu nehmen. Der Herzog Heinrich VIIL
stirbt 1126 zu Ravensburg in einen Mönch umgestaltet.
19) Heinrich IX. des vorigen Herzogs Sohn, von seinem prachtvol-
len Hochzeitfest am Gunzenlech beygenamst der Prächtige,
Superbns, Magnificus, regiert seit 1126 mit Kraft und Ernst; Ge-
mahl der Kaiserlichen Prinzefs und Erbtochter von Sachsen,
Gertraud, Tochter Kaiser Lothars Il., und daher ein treuer An-
Anhänger der Raiserlichen Sache und natürlicher Feind der Ho-
henstaufen. Dem letzten Herzog Heinrich von Kärnthen aus dem
Hause Eppenstein folgt 1127 die Linie der Grafen von Sponheim
Ortenburg. Die Eppensteinischen Allodialgüter im Murzthal (heuti-
gem Obersteyr) fielen an M. Leopold von Oestreich. Der neue
Herzog von Baiern behauptet sein Ansehn durch Bekriegung der
übermüthigen Grafen von Bogen (1128). Ein grofser Hoftag’wird
vom Kaiser Lothar in Beyseyn seines Schwiegersohns zu Regens-
burg gehalten (1130) Der König ernennt denselben 1132 zu seinen
Reichsverweser, und trägt die vom Pabsi erhaltene Belehnung mit
den Mathildinischen Gütern ‚ bestehend in einem Theil des Her-
zogthums Mantua, Parma, Reggio, Modena, und Grafagnana,
1133 auf ihn über. Das Hohenstauffiische Haus ist gezwungen,
sich mit höchster Demüthigung zu unterwerfen. Erbauung der
berühmten Brücke zu Regensburg 1135. Der Herzog, der den
Titel Marchio Tusciae seit 1136 führt, erhält von seinem Kaiserli-
chen Schwiegervater neuerdings Guastalla und Garda zu Lehen,
Der Kaiser aus Italien heimreisend stirbt im Dorf Breitwang ober-
halb Hohenschwangau. Der Herzog Heinrich ergreift sogleich Be-
sitz vom Herzogthum Sachsen, sieht aber seine Hoffnungen auf die
Krone durch die Wähler, denen er zu übermächtig war, getäuscht.
67
Er wird 1138 geächtet und entsetzt, weil er den neuen KönigKon-
rad aus dem ihm feindlichen Haus Hohenstauffen nicht anerkennen
und die Italienischen Güter und Sachsen nicht herausgeben will.
Stiftung vom Kloster Aspach durch B. Otto von Bamberg 1127
von $. Mang in Regensburg durch einen Grafen von Raining und
Rotenburg 1127, von Biburg und Ror durch die dortigen Gra-
fen 1128 und 1133, von St. Veit durch einen Grafen von Leonberg
1130, Kaisersheim durch einen Grafen von Lechsgemund 1130,
Schamhaupten durch eine Edelfrau 1137, Waldersbach durch ei-
nen Gıafen von Riedenburg 1130, Beiharding 1132, Waldsassen
durch einen Markgrafen von Vohburg 1133, von Weyern durch
einen Grafen von Falkenstein 1130. Die ersten Prämonstratenser
werden 1127 im Stift Osterhofen eingeführt. Der berühmte Ge-
schichtschreiber Otto Frisingensis wird zum Bischof in Regens-
burg erwählt, 1138.
20) LeopoldI. von Babenberg, Sohn Markgrafen Leopold des Hei-
ligen von Oestreich, Stiefbruder des Hohenstauffischen König Kon-
rads II. durch die gemeinschaftliche Mutter Agnes, wird als Baie-
rischer Herzog vom König 1139 mit starker Hand eingesetzt. Der
vorige Herzog Heinrich IX., nachdem er den neuen Sächsischen
Herzog Albrecht den Baiern aus Sachsen und Brandenburg ver-
drängt, rückt nun auch gegen Baiern vor, stirbt aber, bevor er es
erreicht 1139 an Gift. Sein Bruder Welf tritt an seine Statt als
Prätendent von Baiern auf (1140), wird aber bey Neresheim und
Weinsberg geschlagen. Stiftung der Klöster Scheftlarn, Schlech-
dorf (1140), Neustift (1141). Die Hauptstadt Regensburg empört
sich und büfst durch grofse Verheerung. Der neue Herzog Leo-
pold in beständigem Kampf mit dem Sinn des Volks und den
Häuptern der Gegenparthey stirbt, wenig geliebt, doch nicht ge-
fürchtet ı14ı im Rloster zu Niederaltaich durchreisend.
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68
21) Heinrich X. (Jasomirgott) des vorigen Bruder, erhält das eine
Zeit lang leergestandene Herzogthum A. 1142. Die Sache ward
überdem dahin eingeleitet, dafs er die junge Wittwe Herzog
Heinriehs IX. heirathete, deren Sohn, dem nachherigen Heinrich
dem Löwen, man gegen Verzicht auf das Herzogthum Baiern das
Herzogthum Sachsen wieder gibt. Doch blieb eine grofse Zahl
mächtiger Stände, welche die Regierung dieses Oestreichischen
Herzogs nicht anerkennen wollten, als der Oheim Welf, die Gra-
fen von Dachau, WVittelsbach, Steyer u.s. w. — Ein Ungarischer
Zug bereitete dem Herzog einc grofse Niederlage an der Leitha
1143. Auf dem Reichstag zu Regensburg 1147, wo eine Menge
Baierischer Bischöfe und Grofsen dem Ruf der Kreuzprediger
folgt, tritt der junge Heinrich der Löwe mit erneuerten Ansprü-
chen an sein väterliches Herzogthum Baiern auf. Ruhmlos kehrt
der König Konrad mit dem Herzog Heinrich 1149 von der verun-
glückten Kreuzfahrt zurück, während Welf vorher im Stillen Krieg
beretet, und der junge Heinrich jetzt ernstlicher fordert. Der
neue König Friedrich zeigt sich den Baiern 1152 auf dem Reichs-
tag zu Regensburg. Dieser, den ihm mütterlich verwandten Wel-
fen bereits weniger abhold, und zum grölsern Zweck seines Italie-
nischen Zugs innere Ruhe und kräftige Anhänger suchend, spricht
das Herzogthum Baiern dem Heinrich Jasomirgott, der sich nicht
zur Rede stellen wollte, 1154 ab, und Heinrich dem Löwen zu,
der aber damit noch keinen offenen Besitz vorfand. Während
dieses Zeitraums erhielten abermals folgende Klöster ihre Entste-
hung: ı143°Windberg, und Raitenhaslach, Pöring, Neustift bey
Brixen, 1144 S. Zeno, 1147 Steingaden vom Herzog Welf vor
seinem Kreuzzug, 1155 Altmühlmünster durch einen Grafen von
x
Ruedenburg.
22) Heinrich XI. beygenamst der Löwe, Herzog Heinrichs IX. Sohn,
gelangte erst 1156 zum Besitz, nachdem der Widerstand des Her-
zogs Heinrichs X, Jasomirgott durch einen Machtspruch des Raisers
dahin
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dahin beseitigt war, dafs das Land ob der Ens von Baiern
getrennt, und mit der übrigen Oestreichischen Markgrafschaft dem
Hause Babenberg als ein Herzogthum zustehen solle. Der neue
Regent läfst 1157 die Isarbrücke bey Vöring abtragen, sie weiter
oberhalb, nebst einer Salzniederlage und Münze errichten, und
legt damit den Grund zur Stadt München. Die Reichstäge zuRe-
gensburg und Augsburg gehen 1158 dem Italienischen Heerzug
voraus, in welchem vor dem belagerten Mailand der lezte Graf von
Neuburg und Fornbach bleibt. Dem Welf werden vom günstigen
Kaiser die Mathildinischen Güter in italien zurückgestellt. Der
Herzog führt dem Kaiser 1159 eine grolse Verstärkung zu, und
kehrt 1161 nach Baiern zurück, wo Unruhen der Grofsen aus-
braehen. A. 1162 schliefst er sich wieder dem Haiser an, und
hält sich abwesend bald im Herzogthum Sachsen, bald in Baiern
auf, wo die Spaltung zwisehen zweyerley Päbsten unaufhörli-
chen Zank und Widerstand erregt. 1164 zieht der Herzog die er-
ledigte Grafschaft Burghausen ein. Der Kaiser läfst sich vom al-
ten Welf 1169 die Italienischen Güter verkaufen, und schleicht
auch der Erbschaft der Schwäbischen nach, wodurch er des ver-
wandten Herzog Heinrichs Unmuth und Argwohn reizt. Mit die-
sen in der Brust kommt er 1171 aus Sachsen nach Regensburg,
bestellt eine Landesverwesung allda, und tritt eine vom Kaiser
nicht minder beargwohnte Wallfahrt nach Jerusalem an, von der
er 1172 durch Baiern glücklich nach Braunschweig zurückkommt.
Ohne sich zum neuern Italienischen Feldzug 1176 erflehen zu las-
sen, neigt er s'ch vielmehr auf die Seite des gegnerischen Pabstes.
Aber nun ward auch das Ende.des Päbstlichen Zwiespalts 1177
der Anfang Kaiserlicher Rache gegen Heinrich. Man warb um
die Klagen der Sächsischen Stände über die Handlungen der Ei-
genmacht, des Drucks und verletzter Kirchengesetze, und ver-
urtheilte den Herzog, der sich zu rechtfertigen verschmähte,
"1179 als Majestätsverbrecher. In Folge dieses Erkenntnisses wur-
de auch auf Ständischer Versammlung in Baiern 1180 dem Hein-
rich
7o TUR IE
rich das Herzogthum Baiern abgesprochen , und dem standhaften
Anhänger des Kaisers. Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, jedoch
in der Beschränkung ertheilt, dafs die Pfalzgrafschaft auf den Bru-
der übergieng, die Grafen von Steyer mit erhöhtem Heerschild sich
als Herzoge vom bisherigen Verband abzogen, gleich wie auch die
mächtigen Herzoge von Meran sich in ihren Besitzungen, jenseits
der Gebürge, wie es scheint, mit ähnlicher Vertretung des Kaisers,
als selbstständig behandelt wissen wollten.
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Aus der Vertheilung der Hirtenvölker in Stämme oder Horden ist,
bey ihrem Uebertritt zum festern Ackerbau, die Verfassung der Gauen
hervorgegangen, wo sämmtliche umzäumte Besitzungen eines Bebauers
einen Hof, mehrere Höfe eine Mark, mehrere Marken unter einem
* Schultheilsen eine Zent ‚ mehrere Zenten eine Gau gebildet, in wel-
chem ein anfangs nicht erblicher Graf den Vorsitz bey den mit Ge-
nossen besetzten Gerichten geführt, die öffentliche Polizey verwaltet,
die Heerbannsmäner gemustert, und sie dem Herzog als militärischen
Commandanten mehrerer Gauen (ursprünglich ı2) *) und obersten
Machthaber des Königs zugeführt. Mansus hiels die bewohnte Besizung
des Einzelnen, die wenigstens 12 Jauchert halten und für die Arbeit
eines Gespann Ochsens hinreichen sollte; Mansus ingenuilis, der von
einem Freyen, servilis, der von einem Hörigen, dominicatus, der vom
Gutsherrn bebaut wurde, vestitus, den der Gutsherr einem Bauern
zu
*) Als Pipin seinen Bruder Griffo wieder aus Baiern nach Hause brachte, gab er
ihm more Ducum XII. Comitatus. Chron. Lauresh, ad a. 748. Nach Ver-
treibung H. Balderichs v. Friaul ist seine Potestas inter quatuor Comi-
tatus aufgelöst worden. A. 880 in der Schlacht gegen die Normannen blieb
der H. Bruno mit ı2 Grafen. Baiern zu Pipins Zeiten soll jedoch nur 9
Grafen gehabt haben. Eccard Com. I, 399.
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zu Lehen leiht, absus, den er einzieht; Curtis, Curia eine gutsherrli-
"che Besitzung, die aus mehrerern bewohnten Mansis und den allgemei-
nen Wirtlschaftsgebäuden bestand, Regia, wenn sie dem König als
Domäne gehörte, von einem Verwalter, Villicus, besorgt. Mallum
war die Versammlung im Gau, besonders um Gericht zu halten,
Placitum vor dem Herzog. Die zum wechselnden Aufenthalt des
Regenten in Bereitschaft gehaltenen Orte und Gebäude hiefsen Pa-
latia, Pfalzen. Zuweilen setzten die Könige in Einen Gau mehrere
Grafen mit abgetheiltem Sprengel, zuweilen gaben sie einem Grafen
mehr als Einen Gau, besonders denen, welche die Landesgrenze neben-
bey zu vertheidigen hatten, und sich daher auch abwechselnd Graf,
oder auch Markgraf benannten. Unter der Verwaltung der Fränki-
schen Major domus und Karls des Groisen Regierung selbst war es
Grundsatz, die Herzoge, deren Uebermacht man scheute, eingehen zu
lassen, und dafür wandelbarer Hofkommissarien (Missos regios)
aus den Bischöfen und den vertrautern Grafen zu ernennen, die,
wenn sie zugleich die kaiserliche Domänenverwaltung hatten, Procura-
tores Fisci, Nuncii Camerae, “und in Betracht ihres öffentlichen Ranges
selbst Duces hiefsen. Da, wo die Bischöfe von der gewöhnlichen
Gerichtsbarkeit der Grafen befreyt wurden, traten Vögte, jedoch
nicht unabhängig vom Herzog oder dem königlichen Machthaber, an
die Stelle. Mit dem Verfall des königlichen Ansehens selbst, nach
Karl dem Grofsen, mufste natürlich auch jenes der königlichen Mis-
sen oder Machthaber sinken; ; und man kam also, der kräftigen
Handhabung innerer und äufserer Sicherheit willen, wieder auf die
Anstalt bestehender Herzoge zurück , mit denen aber nun Hof In-
triken und Nepotismus der kaiserlichen Familie wunderbarlich
spielte. Der von jedem regierenden Haus verfolgte Plan, die Kronen
von Deutschland und Italien zu vereinigen und erblich zu machen,
bestimmte sie, die wichtigsten Güter und Freyheiten an ihre An-
hänger und Borger dahin zu geben, so dafs die Schwäbischen und
Fränkischen Herzogthümer der letztern Hohenstaufen (Baiern und
Sachsen war schon seit ı1go zersplittert) nur mehr die Dotation
kai-
72
kaiserlicher Prinzen und Grofs-Dignitarien vorstelten. Gleicheir
Schritts wurden die Comitate der Gauen erbliche Grafschaf-
ten-der mächtigern Gaugräflichen, oder anderer, vom Zufall oder
vom Hof begünstigter Familien, anfangs noch unter einiger Aner-
kennung Herzoglicher Ehrenrechte und militärischer Commandobe-
fugnisse, nach dem letzten Fall der Hohenstaufen aber (1268) mit
Unmittelbarkeit von der Herzoglichen Zwischenmacht und mit vol-
ler Befugnils, über ihre erworbenen Rechte und Besitzungen, so
weit sie nicht selbst schon lehenbar waren, durch Verträge unter
sich und im Weg der Veräufserung an weltliche und geistliche Stän-
de zu verfügen, welche letztere sich dieses, und in einzelnen Fällen,
namentlich bey Gelegenheit der Kreuzzüge durch besondere Ver-
günstigung schon früher ziemlich zu Nutze gemacht, gleich wie
auch einige derselben den bereits folgeleeren Dignitarien- Titel eines
Herzogs ihren Hochstiftern erworben haben.
I. Alemannische Gauen.
Es wird sich nicht leicht treffen, dafs ein Gau sich in zweyer-
ley Bifsthümer erstreckt hätte, weil es in der Natur der Sache lag,
sich bey der später erfolgten hierarchischen Eintheilung der schon
früher bestandenen politischen anzufügen *). Kennen wir also die
sich länger erhaltene geistliche Eintheilung, so dürfen wir auch, wie
bisher von Kremer, Schultes und andern mit Erfolg geschehen , auf
die frühere politische mit ziemlicher WVahrscheinlichkeit zurück-
schliefsen , sofern nicht das Gegentheil, oder spätere Abweichungen
der Regel, historisch bekannt sind. Dieses trifft nun auch bey den
Bifsthümern Chur, Konstanz und Augsburg zu, deren Sprengel ge-
rade den Umfang des alten Herzogthums Alemannien, und zwar
Chur
*) Pabst Gregor IT, sendete 716 seine Gesandten an H. Theodo II, mit der Voll-
macht, „ut juxta gubernationem uniuscujusque Ducis Episcopia
disponatis,
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73
“Chur des Rhaetischen an Allemannen wieder restituirten Theils, Kon-
stanz des eigentlichen Alemanniens, Augsburg aber bis an Lech
des eigentlichen Schwabens bezeichnen. Weil aber die Geschichte
die Grenzen des Herzogthums Baiern bestimmt bis an den Lech
setzt, und die Kapitel Füfsen. Leeder, Schwabmünchen, Archidia-
'konat Augsburg, und Westendorf sich mit einziger Ausnahme von
Spötting bey Landsberg, dem Ort Schongau selbst, und Lechhausen
bey Augsburg, von Füfsen an bestimmt an die Lechgrenze halten;
so ist anzunehmen, dafs das ursprüngliche Bifsthum Augsburg die
von Fülsen aus jenseits dem Lech liegende Kapitel Schongau, Lands-
berg, Weilheim, Oberalting, Schwabhausen, Baierisch Menching,
Friedberg, Schrobenhausen, Hohenwart, Rain, Neuburg, und auch
Burkheim noch nicht in ’sich begriffen habe, sondern dafs diese den
Sprengel des alten Baierischen Bilsthums Neuburg .bildeten, so fern
ein solches wirklich existirt haben sollte, und dafs sie erst mit Ein-
verleibung dieses Bilsthums, oder durch sonst eine spätere politische,
Zutheilung, zu dem Schwäbischen Bifsthum Augsburg gelangt. Der
Umfang der Bifsthümer Chur, Konstanz und Augsburg samt seiner
Kapitel, deren gewöhnlich ein Paar oder mehrere einen Gau for-
mirten, war zu ersehen im Allgemeinen aus den gedruckten Bischöf-
lichen Staats- und Diöcesankalendern und bey Chur aus P. Ambro-
si Eichorn Episcopatus Curiensis Typis San Blasianis 1797. 4,
bey Konstanz aus Neugart Episc. Constantiensis und aus dem
Chronicon Constantiense in Pistorii Scriptores T. IH. 782, bey
Augsburg aber aus Probst Charte des Bifsthums Augsburg 1792.
Aulser dem Chronicon Gottwicense, das man zwar als eine ältere
bedeutende Vorarbeit, keineswegs aber als erschöpfte und gelöste
Aufgabe betrachten darf, sondern wobey man allenthalben auf die
Resultate der neuern Specialgeschichten zurückgehen muls, ist bey
Schwaben besonders zu Grund gelegt worden: Neugart Codex
diplomaticus Alemanniae Tom. I. 1791. Einzelne Quellen finden sich
bey Aufzählung der besondern Gauen benannt.
Io a)
74
a) Alemannische Gauen, Churer Sprengels.
ı) Walgau.
Von dem sogenannten Trastthal bildet der obere Theil das
Walgau, der untere das Nebelgau. DBegrief nach Bessel
Chron. Gottw. die Herrschaften Sonnenberg, Bludenz und das
Montafuner-Thal, oder wie man hier noch bestimmter angeben
zu dürfen glaubt, das. Churische Kapitel Trisen obern Di-
strikts, wohin also von Tyrol ‘auch noch Galthürn, Malthau,
Ischgels kommt. Gaugrafen die nachherigen Grafen von Wer-
denberg. ° ‘
2) Comitatus Rhaetiae
übereinstimmend mit dem Churischen Kapitel Trisen äulsern
Distrikts, im jetzigen Bezirk von Feldkirchen, _Montfort
heraus bis Raggald, Marvel, Buchboden und Damils, wozu
noch aufser dem jezt Königlich Baierischen Gebiet die
Fürstlich Lichtensteinische Souveränität Vaduz gehört; .alles
längs des Rheins. Von Bessel unrichtig Nebelgau genannt,
der nach einer Menge von Urkunden bey Neugart vielmehr um
Leutkirchen zu suchen ist. Nach einer Urkunde von 909 bey
Neugart hat Feldkirch zu Retia Curiensis gehört, und ist
unter dem Grafen Burkart gestanden. Eine weitere Urkunde
von 971 zählt zum Comitatum Rhetiae: Schnifs, Schlins, Na-
zıdern, Drisen. Rangweil kommt im Leben des H. Fridolins
als eine Villa publica und Residenz eines Landgrafen vor.
Gaugraf 979 Herzog Otto von Schwaben.
b) Konstanzer Sprengels.
3) Rhingau, nicht wie Bessel glaubt, in Graubünden bey Splügen,
Riheinwald, welches wenigstens ein anderer Rhingau seyn mülste,
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4)
73
sondern nach Neugart und kraft einer Urkunde von 890 ober-
halb Bregenz, im sogenannten Rheinthal, wo der Curtis Lustenau
ausdrücklich erwähnt wird, diedem Grafen Ulrich vom Linzzau und
Argengau gehörte. Grenzte von Schwarzenek bis Maningen
und von da bis zum Bodensee an den Thurgau. Nach einer Ur-
kunde von 957 und 9g0 bey Neugart, begreift er aber auch Dornbirn,
und erstreckte sich also weiter als das Rheinthal selbst, wie man
bis jetzt angenommen, über Haselstauden, Lingenau, Huttau,
Sifersgfell, Schönenbach, Hirscheggen an die Iller. Aus dem
jetzigen Königlich Baierischen Gebiet gehörte nur dazu Hohen-
Ems, Lustenau, eine Curtis Regalis, wo sich auch Karl der Grofse
aufgehalten, Geilsau, Fussac, Höchst, Huderdorf u. s. w. A.
797 scheint jedoch Höchst unter den Argengau gehört, oder doch
unter dem Grafen Rodbert vom Argengau und Linzgau gestanden
zu haben (s. Neugart), vielleicht nur in derselben Art, wie die
Curtis Lichtenau a. 890, dem Grafen Ulrich gehörte. ggoist Höchst
ausdrücklich als Rhingauisch genannt.— A.8g53 Comes Cunradus,
879 Hiltiboldus, 903 Reginbold, 957 Adalbert noch 980.
Argengau, Pagus Argunensis, nach Urkunden von 794, 797;
834 bey Neugart von der Argen am rechten Ufer des Bodensees
und auf der Südseite bis ans Rheinthal. ' (Eigentlich das Capitel
Lindau und Stiffenhofen.) Der Distrikt von Langenargen, Was-
serburg, Tettnang, Lindau, Wangen, hiefs besonders - Mitin-
bach. Dafs auch Bregenz selbst als ein Theil des Argengau
betrachtet werden müsse, ergibt sich aus einer Urkunde bey Neu-
gart von 802. Liubilunaha (Leublach) quod situm est inter Bre-
ganciae castrum et inter fluvium qui vocatur Ascaha (Eschach),
actum in Preganzia. Desgleichen über Lingenau von 805.
Die Gaugrafen dieses Gaues, nachherige Grafen von Bregenz,
stammten‘von den Grafen des Curischen Rhätiens ab. A. 769
Gaugraf Rudhard und Warin, Karmmerboten. A.784, 794,
798 Rotbertus, zugleich Gaugraf im Linzgau, 802, 805,
2
10’ 808,
5)
808, 809, 815 Odalricus, 807 Ruadbertus, 822 Ruethar, 839 ECunra-
dus, im Argengau und Algeu, 846 Welfo, 855 Udalrieus, Pabo. 856
Cunradus, 860 Udalricus, im Argengau, Linzgau und Nibelgau, 885
Udalricus junior in Ungnade, weil ers mit dem Prinzen Bern-
hart gehalten und wieder rstituirt 890-
Algeu, Algovia, Albigoi. Diesen nimmt Bessel vermuthlich
aus dem verfälschten neuern Begriff des Provinzialnamens Algeu
für einen Hauptgau an, der mit den Untergauen Argenau,, Kel-
tenstein, Illergau, Augstgau, Burgau alles Land zwischen dem
Lech, von seinem Ursprung an, auf der einen, und dem Boden-
see und der Donau auf der andern Seite, mit den Distrikten
von Kemten, Isny, Wangen, Leutkirchen, Memmingen, Mindel-
heim, Fülsen, Kaufbeuern, Wurzach, Bibrach, Burgau, Tett-
nang, Immenstatt, Weingarten, Ravensburg in sich begriffen
hätte. Allein aus dem ungeheuern Umfang dieses angeblichen
Gaues, der vielmehr ein Herzogthum vorgestellt haben würde,
und. dem Verhältnils der Gauverwaltung nicht anpassend ge-
wesen wäre, aus der unzulässigen Vermischung der Diöcesan-
sprengel von Konstanz und Augsburg in diesem angeblichen
Gau, aus den Urkunden, welche die mehresten der angeführ-
ten Orte wieder als andere Gauen, und zwar nicht als Unter-
gauen, sondern als Hauptgauen, wie Burgau, darstellen, muls
das Daseyn eines solchen Algeus geleugnet, oder nur als
eine spätere hier keinen Bezug habende Provinzialbezeichnung
zugelassen werden, die aber doch auch in diesem Fall
sich nur auf den obern Distrikt des Bilsthums Konstanz er-
‚strecken sollte. Der eigentliche Ursitz dieses Gaues ist bey
Kemten auf der linken Illerseite, binnen dem Bifsthum Konstanz
anzunehmen, dehnte sich wohl bis gen Ravensburg aus, wahr-
scheinlich über das ganze Kapitel Ysni, umfalste aber aus dem
jetzt Baierischen Gebiet blos die in der Charte benannte Orte:
Elkkarts, Martinzell, Mencholz, Waltenhofen, Rechtis, Wengen,
\ Bu-
77
Buchenberg, Kreuzthal, Kirnach, Wiggensbach, Frauenzell,
HKimratshofen, Metmanshofen, Altosried, Hofs, Legau, Lauterach,
Steinbach, Altmanshofen, Aichstetten.
c) Schwäbische Gauen, Augsburger Sprengels.
6) Augstgau
begrief das Ealane) Reutti. Bessel und Apell dehnen ihr
viel zu weit bis ins Lechfeld aus, und halten ibn aus Namens-
ähnlichkeit am Ende auch für einerley mit dem bey Donau-
wörth gelegenen Ogesgau. Auf diese Art würde auch dieser
Gau eine unförmliche Gestalt und Ausdehnung erhalten. Apell
führt eine Urkunde an, nach welcher ein gewisser Heriland
perlicentiam Tassilonis fünfSöldengüter übergibt (Annot.
Arnonis). Allein wie soll Tassilo zur Regierung in einem
Schwäbischen Gau gekommen seyn? Diese Lizenz des Tassilo,
wenn sie ihre Richtigkeit hat, bezog sich auf alle Fälle nicht
auf den Augstgau, sondern auf den unter Baierischer Hoheit
stehenden Erzbischof von Salzburg, welchem die Schenltung
des Herilandischen Gutes anzunehmen erlaubt wurde. Weil
.es ferner in einer \Wessobronner Chronik heifst: Tassilo con-
gregationem Wessibrunnensem cum praedüs suisin Augusten-
si regione sitis, Deo constituit; so wird Augustensis regio,
wolches auch Augsburger Sprengel heilsen kann, für
Augstgau genommen, und Wessobrunn, ebenfalls wieder unter
Tassilonischer Hoheit, dahin versetzt. Allein die Stelle sagt
nicht einmal, dafs \Wessobrunn in Augustensi regione gelegen
sey, sondern nur, dals es Praedia darinnen liegen gehabt.
Die Gaugrafen, welche Lori für den Augstgau anführt, gehö-
ren mehr ins Lechfeld; es scheint jedoch, dals Augstgau, Lech-
feld, und Ammergau, im Herzogthum Baiern, längst schon in
der Welfischen Familie vereinigt war.
)u-
8
7)
DD)
Illergau. Hauptort Kemten. Zog sich vom Ursprung der
Nler längs diesem Flusse, der die Grenze von dem eigentli-
chen Alemannien, so wie von dem Bifsthum Konstanz, machte, noch
über Memmingen hinaus; begrief in seinem obern Gebiet das
Kapitel Kempten (a. 1451 noch Kapitel VVertach), und weil noch
die Orte Heimerdingen, Amadingen u. s. w. als Illergauisch benannt
werden, im untern Gebiet auch das Kapitel Ottobeuern ; ; eh-
mals Memmingen. Da das Gcbiet an beyden Seiten der. Min-
del, in dessen Mitte Mindelheim liegt, zur Zeit als ein eigener
Gau oder Untergau in den Urkunden nicht bekannt ist; so
bleibt nichts übrig, als auch dieses, oder den Umfang der Ka-
pitel Mindelheim und Baisweil (chedem Schlingen) auch zum
lllergau zu rechnen, jedoch mit der Einschränkung, dafs die
OrteMohrenhaufsen, Harberg, Winzer, Nattenhaulsen, Mindel-
zell, Krumbach, Edenhaufsen, Deifsenhaufsen, Billenhaulsen,
Ursperg, dem angrenzenden Burgau belassen werden, weil
sonst durch sie die Grenze des Burgau gar zu unnatürlich er-
schien, und weil bekanntlich die spätere Markgrafschaft ihre
Ansprüche bis dahin, und namentlich über Ursperg ausgedehnt
hat. Auch in diesem Gau mögen die Welfen ansehnlich be-
gütert gewesen seyn. Es scheint jedoch nicht, dafs hier, we-
gen der vielen Anwesenheit des Herzoglich Schwäbischen und
des Kaiserlich Hohenstaufischen Hofs, aus der Gaugrafschaft
ein geschlossener erblicher Distrikt sich hat bilden können, son-
dern was nach dem vermuthlich sehr frühzeitigen Abgang der
unbekannten Gaugrafen und nach den eraichteten vielen Stif-
tern und Klöstern übrig geblieben, wurde als Herzogliches und
Kaiserliches, am Ende überhaupt als Hohenstauffsches Tafel-
gut behandelt. ,
Keltenstein, von der Keltnach bey Kaufbeuern benannt
(Neugart); nach Bessel zwischen Fülsen und Kaufbeuern
an der HKeltnach und Wertach, eine Begrenzung, welche ganz
e deut-
& 9)
79
deutlich die Kapitel Oberdorf und Füfsen bezeichnet. Da Con-
radin a. 1263 mit andern Welfischen Gütern auch Fülsen an
Baiern versetzte, so ist anzunehmen, dafs der Keltensteingau
ebenfalls ursprünglich Welfisch war. Vielleicht gehörte er als
Untergau zum Illergau; wenigstens scheint das Kapitel Oberdorf
neuer gebildet und früher zu einer Art Archidiakonatsdistrikt von
HKemten gehört zu haben.
Das Lechfeld, welches man bisher zum Augstgau heraufzic-
hen wollen, wo doch der ganze Heltensteingau darzwischen liegt,
ist wohl richüger als ein eigener Gau anzunehmen, den von
Schongau aus der Lech und jenseits die \Vertach bis zur Stadt
Augsburg mit ihren Umgebungen begrenzt. Er begreift auf die-
se Art die Kapitel Kaufbeuern, Leeder (ein neueres Kapitel, in
ältern Zeiten vermuthlich auch.zu Kaufbeuern gehörig), Schwab-
münchen (ehemals Erring) und das Archidiakonat Augsburg. So
hat ihn das VWVelfische Haus, mit Ausschlufs der schon früker ab-
gerissenen Dependenzen, bis 1192 als die uralte Gaugrafen - Fa-
milie besessen, von welcher Lori folgende Individuen nennt:
‚ Welf4. Schwiegervater König Ludwig des Frommen. Welf i.
876. Eticho *k 900. Rudolf]. 940. Welf II. (?) 973. Rudolf II.
»k vor 1014. WVolfhart k vor 1030. Welf III. Residenz Altdorf.
Herzog in Kärnthen. 1047 starb 1055. Seine Schwester war ver-
heirathet an einen Este. Welf IV. seit 1055 eigentlich ein Este;
als Herzog von Baiern WelfI. Welf 1. Heinrich VIIL Welf VI.
Welf VIL * 1167.
10) Burgau
für diesen, da sich im Umkreis andere Gauen urkundlich nicht
darbieten, mittelt sich der Umfang der Kapitel Agawang, sonst
Horgau, Jettingen, sonst Thannhaufsen, Ichenhaulsen, sonst
Falheim, Oberroth, sonst Unter-Eichen, Kirchheim und der ein- 0
geschlossene Bezirk des Kapitels Mindellieim aus. Ziemlich
dieser
80
1I)
12)
dieser Linie folgten auch bis in die neuesten Zeiten die Oester-
reichischen Hoheitsansprüche der Markgrafschaft Burgau, Gau-
grafen des Burgau waren die Grafen von Roggenburg, und aus
demselben Stamm wohl auch die Grafen von Schwabeck und
Balzbaufsen. Den Markgrafen-Titel scheinen sich die Gra-
fen von Burgau zu Bezeichnung ihres höhern Ranges beygelegt
zu haben, weil sie mehr als Einem Comitat vorstanden. Denn
sonst ein anderes wirkliches Marchionat ist in dieser Gegend
nicht denkbar. :
Ochesgau, von dem auf derStrafse von Rain nach Donauwörth
liegenden DorfOchesheim benannt, begreift nach Bessel die Ge-
gend zwischen Donauwörth und Kloster Holzen, wo namentlich
Mardingen vorkommt. In derselben Nähe kommt auch ein Di- .
strikt vor, genannt die Failau, mit den Orten Logena (Laugnd
bey Werdingen), Vaillau und Biberbach. Nach dieser Begren-
zung hat der Gau nothwendig die Kapitel Westendorf und Wer-
tingen begriffen, und wie es scheint der obere Theil die Failau,
der untere Ochesgau insonderheit geheilsen. Bessel hält ıhn für
einen Untergau des Burgau. Moringen in Pago Ogesgowe im
Jahr 1077 dem Herzog Welf genommen und ans Bilsthum Augs-
burg gegeben (Origg. Guelf. III. praef.), mufs wohl am schick-
lichsten Mortingen gelesen werden, und ist dann das Marding
im Ochesgau, und nicht im Augstgau, mit welchem dieser Gau
öfters verwechselt wird. Ein Comes Otgozi in pago Falaha
(Failau) kommt in einer Urkunde von 890 vor. Comes Arnoldus
in Pago Owesgaue in einer Urkunde von 1077 ist vielleicht Huosi-
gaue zu lesen.
Das Riefs, Riesgau, Retia (nicht Rhaetia) Riezin.
Zinkernagel’s historische Untersuchung der Grenzen des
Riesgaues. Mit einer Charte: WVallerstein 1802. 4.
Das Riefsgau, schon in einer Pipinischen Urkunde von 762 ge- _ 3
nannt,
„>
De a namen tn > un Sum Zn Bien ge
;
81
nannt, ganz ın den Grenzen des alten Bilsthums Augsburg ver-
bleibend, begrief die Kapitel Donauwörth und Harburg (a. 1411
Fronhofen, 1451 Holzkirch, auch anderwärts Nördlingen genannt),
Höchstädt, Neresheim, welches man insbesondere das Hartfeld,
Härzfeld, heifst, Wallerstein (1451 Maihingen) und Dünkelsbühl.
Dals Donauwörth selbst noch zum Riefs gehörte, beweist eine
Urkunde von 1030, wodurch Kaiser Konrad II. dem Grafen Man-
gold von Dillingen Markrecht für Weridi in pago Riete verleiht.
Herrieden oder Hasaried, als im Bilsthum Eichstädt gelegen, kann
unmöglich zum Riels gehört haben, und esist vielmehr Hafaried, He-
fenried, zulesen. Zinkernagel willauf den Grund einer an sieh schon
zu späten Urkunde von 1365 und 1381 auch Ellwang zum Riefs rech-
nen, und die Grafen von Oettingen als Vögte von Ellwang darstellen.
Allein eine Urkunde, worinn die Grafen ihre Vogtei zu Ellwang auf
dem Land außerhalb der Stadt und auf der Stadt verkaufen,
kann nur von den zerstreuten gerichtlich gutsherrlichen
Rechten verstanden werden, welche Oettingen, wie bis zu den
neuesten Zeiten noch Dünkelsbühl, mitten im Ellwangischen Ge-
biet besessen. Ein gaugräfliches Recht der Grafen von Oettingen
über Ellwang oder ein Schirmrecht über das Stift selbst ist von
allen geschichtlichen Beweisen entblölst. Als a. 836 die Gebeine
des heil. Venantius aus Baiern geliefert wurden, geschah die Be-
gleitung durchaus recht bestimmt nach den Grenzen der Gauen
und Bisthümer. Die Baiern begleiteten sie bis Solnhofen, in re-
gione Sualafeld. Von da holten sie die Alemannen ab, brach-
ten sie ad locum Holzlürcha, situm in Alemannia (also ge-
hörte das Riels zu Alemannien und nicht zum Nordgau), und über-
gaben sie zu Herrieden den Ostfranken, welche wieder damit
bis Walthürn im Rheinischen Franzien zogen. (Schannat hist.
fuldens. num. 117.) Dafs das Riels von jeher zu Schwaben und
nicht als vermeintlicher Untergau zum Nordgau gehörte, beweist
auch ferner eine Urkunde Kaiser Heinrich Ill. von 1053, worinn
er dem Hochstift Eichstädt den Wildbann von Weching an der
TEN Wer-
82
Werniz bis zum Einfluls des Mühlbach, am Mühlbach hinauf EN
' Belzheim, nach Busen (wird heilsen müssen Haufsen), nach Seg-
loch, hinüber nach Frankenhofen, alles im Riefsgau gelegen, ver-
leiht (Schultes kl. hist. Schr. II. 346), wo es aber alsdann weiter
heilst: hinc ad villam Ursingen (Irsingen) hine ad fontem S. Wu-
nibaldı (heut zu Tag Karlsbrunn, vielleicht ursprünglich Bald-
brunn, die Gegend selbst heifst der Karlsbach) hine iterum ad flu-
men \Vernizza in vadum Rindgazza (heutzu Tag Rindgasse, ehemali-
ge Furth von Wassertrühdingen nach Irsingen, wo man noch in
neuern Zeiten zwey grolse Landgrenzsteine fand) hinc ad fontem
ubi duae Provinciae dividuntur Suevia quidem et Franco-
nia (am Vilsbronn oder am Rökinger Bach) und sodann nach
Röckingen, Lentersheim, Schwaningen, Hohentrühdingen, über
den Orselbach (Urselbach, heut zu Tag Arrabach) nach Obermö-
gersheim, auf der Stralse nach Gnozheim, Kirschenloch (heut zu
Tag Kirschenlohe, das Thal zwischen der Heidenheimer und Spiel-
berger Markung, wo auch die Kirschenmühle) an die Rorach (auch
Rorbach, fliefst von Heidenheim nach Hechingen, Ursheim, Pol-
singen, Laub, und fällt bey Wechingen in die Werniz) und wie-
der an die VVerniz, welcher Distrikt in Franconien vom Vilsbronn
an, Sualafeldisch war. Ganz übereinstimmend mit dem oben an-
gegebenen Umfang des Rielsgaues nach benannten Kapiteln ist auch Ye
die Grenze des Oettingischen Landgerichts in dem Privilegium von
1419, welches wahrscheinlich aus viel ältern nur übergetragen ist.
Wenn es in einer sonst merkwürdigen teutschen Urkunde
von 1258 bey Zinkernagel heilst: zu Feuchtwarg auf fränkischer
Erde, so willdas wohl nicht sagen, dafs Feuchtwang damals inFran-
ken gelegen habe; sondern dafs es ein Salland, eine Terra
Salica, das ist, eine Beichsdomäne, gewesen. Sollte das Rhiusiaya
(Pıssızs&) des Ptolemäus , nach seinen gewöhnlich schr verscho-
benen Gradangaben, im 31. Grad der Länge und 47. der Breite ‘2
liegend, welches Mannert sich nicht zu bestimmen getraut, nicht
das Riefs im 28. Grad der Länge und 49. der Breite seyn? Als
Gau-
83
Gaugrafen kommen vor 1007 Comes Sigehardus. 1053 Comes
\ Fridericus. Es sind ganz unstreitig die noch jetzt existirenden
\ Fürsten von Oettingen. Sie haben jedoch nicht den ganzen
Gau als erbliches Land erworben. Harburg, Aufkirchen, Dün-
kelsbühl, Feuchtwang, Nördlingen waren laiserliche Domänen,
davon sie nur die beyden erstern durch Pfandschaft überkom-
men; Dünkelsbühl, Nördlingen wurden Reichsstädte, Feucht-
wang ein Reichsstift, das sich mit den Fränkischen Prälaten
conföderirte. Die Gegend um Donauwörth und Höchstädt ge-
hörte als eine separate dynastische Familienbesitzung den Gra-
j fen von Dillingen, von welchen -die Stadt Donauwörth selbst
j erst später wieder zum Hohenstaufischen Domänen -Fiskus ge-
langte.
ı13) Brenzgau, begreifend die Kapitel.Lauing (1451 Staufen), Dil-
lingen und Giengen, cehedem Heidenheim. Wird von Bessel
ohne Grund als ein Untergau des Rielses aufgeführt, und hatte
seine eigenen mächtigen Gaugrafen an den Grafen von Kyburg
und Lechsgemünd zu Dillingen, die aulser ihrer Gaugrafschaft
auch noch ohne Gaugräfliche Function, aber in dynastischer Ei-
genschaft, die Grafschaft Höchstädt im Riefsgau (Kapitel Höch-
städt) und die Grafschaft Lechsgemünd im Sualafeld (Kapitel
Burkheim) dazu besafsen. Die natürliche Lage und der Um-
stand, dafs diese Grafen Stifter von Neresheim sind, würde
sehr viele Vermuthung darreichen, auch das Kapitel Neresheim,
welches ohnedem nicht Riefs, sondern Herzfeld heifst, dem
Brenzgau, oder wenigstens den Besitzungen der Grafen von
HKyburg anzureihen, wenn nicht der jetzt sich noch erhaltene
Oettingische Besitz und der Zug der Oettingischen Landgerichts-
grenzen dieser Vermuthung zur Zeit mit bestimmteren Gründen
entgegenstände. R
BEER
ET BERNER ET
14) Auf der Alb; Albigau.
» ; In.“ Die
8
Die Kapitel Elchingen, ehedem Göttingen und Geifslingen, könn-
ten der Lage nach entweder zum Filsgau, oder zum Blau-
thal mit dem Kapitel Blaubeuern gerechnet worden seyn. Be-
stimmte Urkunden haben sich bey der Untersuchung nicht dar-
geboten. — Da aber die Gegend heut noch den alten Urna-
men auf der Alb führt, und der Name Albigau nicht un-
gewohnt ist; so hat man bis auf sicherere Data diesen Namen
für hinlänglich gegründet gehalten *). Gaugrafen können die
Grafen von Schelklingen oder die Grafen von Albeck gewesen
seyn. A. 904 Comes Arnulfus. Unter Königlich Baierischer
Hoheit sind nur die Ser Elehingen und Füiedheim geblie-
ben **).
1.
*) Nach einer Urkunde bey Neugart vou 904 (num. 648) wird zum 'Gau Mun-
nigisingeshundert von Munsingen auf der rauhen Alp, und unterschieden
vom Gau Mundeshingeshundert an der Donau, gerechnet Egilinga (Eglingen)
Taflo (Thalfingen) und Echenhusa (Neugart glaubt Anhaufsen). Es scheint hier-
nach, dafs Munsigeshundert im Constanzer Bilsthum, unter Schelklingischen Gau-
grafen der Hauptgau, der Comitat auf der Alb, (vielleicht die Albara statt AL
boinsbara) unter dem Grafen von Alpech im Augsburger Sprengel, der zuge-
wandte Nebengau gewesen.
*) Der Schwäbische Virngrund begrief die Kapitel Lorch und Ellwang, ehe
mals Aalen, und liegt nunmehr ganz aulser der jetzigen Baierischen Reichs-Li-
nie, Die Gaugrafen waren vielleicht die alten Limpurge.
Der Fränkische Virngrund lag in der Gegend um Hall, im Mulach
und Kochergau; dipl. Henriei II. de 1024: Virgunda Sylva, ad Ellvacense
Coenobium pertinens, cujus pars franconiae legibus subjacet, et in pagis Mu-
legewe et Kochengeuwe in Comitatibus Henrici Comitis et alterius Henrici Co-
mitis. Man mufs beyde Distrikte wohl unterscheiden, um nicht das Ganze zu
verrücken oder zu verwirren. Nur der Schwäbische Virngrund war ein eige-
ner Gau. Der Fränkische Virngrund, jenseits Jaxtzell und Gaildorf, war Depen-
denz anderer Gauen.
Ge u
I. Ostfränkische Gauen.
a. Würzburger Sprengels.
s. Würdtwein Subsidia dipl. V. 345. Archidiaconatus
Herbipolenses.
P. Ussermann Episcopatus Wirceburgensis. Typis s. Blasia-
nis 1794. 4.
15) Rangau.
Fürstlich Bambergische Deduktion, die gegen Ansbach Bai-
reuth behauptete Landeshoheit über Fürth betr. 1774. Fol.
Eine diplomatische Hauptqueile über die Ostfränkischen
Gauen Rangau, Volkfeld, Rednizgau, und Nordgau. Vom
geh.Rath Lorber aus den Subsidien des Archivar Heyber-
ger.
Journalvon und für Franken VI. $S. 548. Auszug aus der
Bamb. Deduktion mit Erweiterungen aus einem alten Kloster
Heilsbronner Urbar des Officii de Rangau.
Spiels Archiv. Nebenarbeiten. II. 67. Namensberichtigungen
der Bamb. Ded. enthaltend.
Der Rangau, ‘den man früher mit Rednitzgau. als gleichbedeu-
tend hat nehmen wollen, ist nun in seine eigene Selbstständigkeit,
und ohne Ueberschreitung des Bifsthums Würzburg hergestellt
worden. — Als Grenzen nahm man bis izt an, westlich die
Rezat von ihrem Ursprung an oberhalb Dachstetten bis nach Ans-
bach; weil aber der ganze Gau das Archidiaconat Ansbach mit
den Kapiteln Windsheim und Langenzeun begreift, und in dem
Würdtweininischen Archidiaconats-Register auch noch Leuters-
5 „ haufsen, Kolmberg, Ober Sulzbach, Geslau, Buch am Wald,
| Auerbruch, Windelsbach, Binzwang, Dachsteiten, Rothenburg,
Schweinsdorf, Gatfenhofen, Bettwar, Scheckendorf, Habels-
@
E
heim,
86
— _—
heim, Mörlbach, u. s. w. genannt sind, und ohne urkundlichen
Gegenbeweis eine Zerstücklung desselben Kapitels nicht wahr-
scheinlich ist; so hat man die westlichen Grenzen vom rechten
RezatUfer über die AltmühlsGegend, die Brunst genannt, bis
nach Rothenburg zur Tauber vorgerückt, welchen Distrikt man
aufserdem zum Mulachgau hätte mitrechnen müssen. Von
Ansbach aus südlich ist die Grenze ganz dieselbe mit der Diö-
cesangrenze von Eichstädt, nemlich die noch im Würzburgischen
Sprengel, aber an der Grenze des Eichstädtischen liegenden Pfarr-
distrikte vonLichtenau, Immeldorf, Dettelsau, Heilsbronn, Busch-
schwobach, auf der Nürnberger Strafse fort nach Stein zur Redniz.
Die zum Eichstädtischen Kapitel Eschenbach gehörigen Orte Ror,
Abenberg, Schwabach, Windsbach, Büchenbach, Marienburg,
können also nicht wohl zum Rangau gehört haben ; was die Bam-
berger Deduktion für diese Behauptung namentlieh von Abens--
berg anführt, ist zu diesem Behuf sehr unbestimmt und
selbst historisch unrichtig, und eine Stelle von Schwabach
ın den an sich nicht unverdächtigen Traditionibus Fuldensibus,
wenn daselbst nicht von Schwepich in Franken die Rede
seyn sollte, unterscheidet mit berichtigter Interpunktion Schwa-
bach gerade ausdrücklich vom Rangau. (Historisch statisti-
sche Beschreibung des Rezatkreises, von Lang, Büttner,
Schulz. Seite 5.) - Oestlich zieht sich nun die Grenze
von Stein, dieses ausgeschlossen , an der Rezat hinab an
die Aurach, nach Frauenaurach, Büchenbach, bis Mehren-
dorf an den Sebach, dieses selbst ausgeschlossen, von da
an dem Sebach nördlich fort, WVeilsendorf einschliefsend,
bis zu seinem Ursprung, nach Danzenheid, Hochholz, Detten-
dorf, Neustadt an der Aisch, sodann an der Ehe fort
nach Langenfeld, Uhlstatt, Sugenheim, Ezelheim, Nordheim,
Kottenheim, Kraut Ostheim, Deitenheim, und wieder hinauf nach
Herbolzheim, Seenheim, Ergerskeim, Ermezhofen, Mörlbach. E
Ein
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mar 87
Ein namentlich vorkommender Untergau des grolsen Rangau ist
der Distrikt zwischen der Aisch und der Ehe, die bey Neustadt
sich in die Aisch ergielst, genannt Ehgau oder Hegau, mit den
Orten Ulstatt, Krautostheim, Deitenheim, Külsheim, Sugenheim,
Ezelheim. Seegifeldon, wenn es Scheinfeld heilsen sollte,
wäre für den Ehgau schon zu entlegen, vielleicht war in den Ur-
kunden Langenfeldon zu lesen. Folgende Stelle in einer Urkun-
de von 816. „Etin alio pago qui dicitur Regawugcazul Ul-
gestat, Ostheim, Dyttenheim, Hezolheim, deutet Eccard H. 124.
sehr glaublich: Et in alio pago, qui dieitur Hegawu (Ehgau), Ha-
bul, c. e. Honbühl, Ulgestate (c. e. Ulstatt), Ostheim (i. e. Kraut-
ostheim), Dyttenheim (Deittenheim), Hezolheim (Ezelheim). Die-
ser Ehgau war grofsentheils eine dynastische Nebenbesitzung des
Gaugrafen Megingoz im Iffigau. Als Gaugrafen im Rangau selbst
erscheinen: Adelmund, Reginswint. (Trad. Fuld.) Adil-
brecht, Eggilbrecht, welche auch im Badengau Grafen oder
doch angesessen waren. Adalhard 996. 1008. Ernfrid 1019. Al-
buin 1021. Rapoto 1160. der sich einen Grafen von Abenberg
(bei Schwabach) und belehnten Vogt des Bamberger Schlos-
ses (Advocatus Burgi Babenberg, ecclesiaeque Babenbergen-
sis beneficio Comes in Rangau) nennt, und von denen
die nachherigen Burggrafen von Nürnberg entweder in gerader
männlicher, oder doch in weiblicher Abstammung ausgegangen
sind. Bei Hoffmann in Annal. Eccl. Bab. ad. a. 1158 heifst aber
dieser Rapoto Razengaviensis, und der Distrikt seines Comitats
begrief Herzogenaurach, Langenzenn, Höchstadt, Dachsbach,
Uhlfeld, Wachenrode, welche vier letztern nicht im Rangau, son-
dern im Schlüsselfelder Comitat des Ifigau lagen. Es geht also
daraus hervor, dafs dieser Rapoto kein eigentlicher Graf des
Rangau mehr gewesen, sondern nur Bambergischer Schirmvogt
über einen Complex von Bambergischen Stiltsgütern im Rangau
und Iffigau, den man damahls uneigentlich die Radnitzgauer
Grafschaft genannt. Im Jahr 1000 soll Otto III. dem Hoch-
stift
88 ern
stift Würzburg den Comitatum Rangau in proyincia, quae
dicitur orientalis sive Australis Francia geschenkt ha-
ben. Da aber doch zur nemlichen Zeit und, auch noch später
Gaugrafen von Rangau vorkommen, so waren darunter vermuth-
lich nur die Grafschaftsrechte über des Stifts eigene Gü-
- ter um Ansbach und Bergel zu verstehen, die allerdings damals
von bedeutendem Umfang waren, und dem Stift zum Theil wohl
‘durch seine eignen Vögte, die Dornberge, wieder allmählig
entzogen worden sind. Der Name des Rangau hat sich noch
bis 1387 erhalten, wo Hohenlohe das Schlofs Endsee und seine
Besitzungen im Rangau zu Ober- und Niedernesselbach , Die-
tersheim, Dottenheim, Urfersheim, Külsheim, Westheim, Otten-
hofen und M. Bergel, defsgleichen die Güter zu Saunsheim,
Uffigheim, Hernsheim, Weigenheim, (im Iffigau) an Hatheubike
verkaufte.
16) Mulachgau
begreift nach der Angabe von Schultes (Versuch einer geograph.’Be-
schreibung des östlichen Grabfelds in dessen neuen dipl. Beiträgen
#792. I. 285.) das halbe Gebiet der .ehmaligen Reichsstadt Ro-
thenburg, jenseits der Tauber, das Gebiet von Hohenlohe Schil-
lingsfürst, das Fürstenthum Hohenlohe Kirchberg, und das ehe-
malige Ansbaehische Oberamt Krailsheim. Ein Ort Mulach
oder Maulach liegt noch zwischen Kirchberg und Krailsheim.
Es ist zu vermuthen, dafs das Archidiaconat Krailsheim, nach- .
dem es aus drey Kapiteln zu Krailsheim, Hall und Mecnen be-
standen, binnen welchen die zweierlei Gauen, der-Mulachgau und
der Jaxtgau erscheinen, in seinen zwei Kapiteln Krailsheim und
Hall den Mulachgau, in dem Kapitel Ingeilingen aber den Jast-
gau gebildet, welcher nach Schultes auch Hohenlohe Langen-
burg, Bartenstein und Amt Jaxtberg begrief, und dann wieder
an den Kochergau grenzie. Der Mulachgau umfalste auch ei-
nen Theil des Fränkischen Virngrund-YValds. Von den Orten
des
“
89
des Mulachgaues sind nur die auf der Charte angezeigte Grim-
schwind, Wildenholz, Erzberg, Wettringen, Schillingsfürst, In-
singen, Diebach, Lohr, Lenzendorf unter Königlich Baierischer
Hoheit geblieben; der übrige ganze Gau ist jetzt Königlich
Würtembergisch, für dessen Geschichte also auch die nähere
Begrenzung desselben gehört. Als Gaugraf kommt 1024 vor
ein Comes Henricus; ein Hohenlohe ?
Der Taubergau begrief nach Schultes das ehemals
Mainzische Amt Miltenberg, und Bischofsheim, das Amt Box-
berg, die Würzburgischen Aemter Lauda, Hartheim, Röttingen,
das Deutschmeisterthum Mergentheim, einen Theil der Hohen-
lohe-Neuensteinischen Linie und desjenigen Theils von der
Grafschaft Werthheim, der nicht zum Gau Waldsassin gehört.
Bessel rechnet minder richtig auch dazu Schillingsfürst, und
Gebsattel zum Mulachgau gehörig. Vermuthlich theilte sich
das Archidiaconat Ochsenfurt, so wie in zwey Kapitel, Ochsen-
furt und Mergentheim, auch in die ihnen entsprechende zwey
Gauen, Badenachgau und Taubergau. Der Taubergau ist jetzt
ganz aufser-der Königlich Baierischen Reichs-Grenze. Den Gol-
lachgau, zum Iifigau gehörig, erklärt Herr v. Schultes für ei-
nen Untergau des Taubergau. Die weitern Forschungen erge-
ben aber, dafs die Grafen von Gollachgau nur Güter im Tau-
bergau besessen, der Comitat selblt aber zum Ifigau gehörte.
Sonst aber sind die Gaugrafen in der Baierischen Geschichte
merkwürdig durch den Grafen Audulf.a. 806, der Kaiser Karls
des Grofsen Seneschall und Küchenmeister war, die Armee gegen
dieBrittanier anführte und dann Statthalter in Baiern wurde. 1819.
Seine V\ittwe Keyla blieb mit ihrem Sohn dem jungen Audulf in
Baiern. Audulfs Vorfahrer hiefs Hundulf. Der Gaugraf des Gol-
lachgau hatte ebenfalls Besitzungen im Taubergau, namentlich
Baldowesheim (Ballersheim), Sundronhof (Sonderhofen), Reigels-
berg (Hegelsperg), Aub, Buch.
12 17.
90
ı7) Badenachgau, üss Würzburgische Landkapitel Ochsenfurt
umfassend, mit Heidingsfeld, Ochsenfurt, M. Breit. Durch den
Main geschieden vom Landkapitel Kitzingen und dem analogen
Gau Gotzfeld. Erstreckte sich über Grünsfeld, Königshofen,
Gelchsheim an den Taubergau: Gaugrafen: Adilbrecht,, Egil-
brecht (auch im Rangau), Egino 887. Dem Königlich Baierischen
Gebiet ist von diesem Gau nur noch übrig geblieben: Enheim,
Gnotstatt, Martinsheim.
ıg) Iff ig au, gleichen Umfangs mit dem alten Archidiaconat Iphofen,
welches
«) das Capitulum Iphofen, das ist, das Amt Iphofen, die Graf-
schaft Kasteil, Herrschaft \Viesentheid. Einersheim;
b) das Capitulum Schlüsselfeld, mit Stadt Höchstädt, Bie-
bert, Scheinfeld, Guttenstetten, Schornweilsach, Wachen-
rode, Craiz, Sambach, Schlüsselfeld, Diesbeck, Stiebach,
Schnotzenbach, Aspach, Taschendorf, Gremsdorf, Ezelkir-
chen, Bautenbach, Dachsbach, Grofsenbirkach, Nieder-und
Ober-Leinbach — (Wachenrode, anfänglıch zum Rednitzgau
gehörig, und sich 1007 zum Bilsthum Würzburg vorbehalten,
kam also erst nach dieser Zeit zum Kapitel —)
c) das Capitulum Uffenheim, oder die Plaga Uffenheim,
östlich an das Fangau, westlich an Taubergau und Baden-
achgau grenzend, begrief.
nn
Das Kapitel Iphofen machte ein eigenes Comitat, dem der im Eh-
gau angesessene Megingoz als Gaugraf vorstand, und de Stirpe
Bojorum gewesen seyn soll. (s. Chr. Schwarzach. bey Ludewig.)
Er stiftete .a. 816 das Kloster Megingodeshaulsen, nachher
nach Schwarzach versetzt, dem er seine meisteu Güter hinter-
liefs; und der Comitat selbst, indem sich jedoch eine besondere
dynastische Linie der Grafen von Kastell bildete, scheint sehr
früh-
yı
frühzeitig an Würzburg gelangt zu seyn. Der Comitat von Schlüs-
selfeld, worinn die Grafen von Schlüsselfeld oder Hochstadt an-
gesessen war, gelangte mit deren Abgang an Bamberg; der Di-
strikt von Diesbeck, Dachsbach, erscheint, vielleicht durch spä-
0 tere Beleihung- oder Austausch, in Truhendingischeu Händen.
Das Kapitulum oder die Plaga Uflenheim aber war nach der poli-
R tischen Eintheilung der Gollachgau, von der in die Tauber
flielfsenden Gollach benannt, woher auch noch der Name Golho-
fen, Gollach Ostheim. DBessel rechnet auch noch namentlich zum
Gollachgau Archshofen, Frauenthal, Freudenbach, Lorhof, Wald-
mannshofen, nun an Würzburg abgetreten. Ehuhinegeshofen ist
wohl das heutige Equarhofen. Angernheim ist aber nicht wohl
für Ergersheim zu nehmen, weil dieses bestimmt im Rangau lie-
gend aufgeführt wird; vielleicht Igersheim im Taubergau, unter
den andern dortigen Besitzungen der Grafen vom Gollachgau.
Grafen desGollachgau waren 779 Kunibert; sodann ein Eberhard;
ferner 962, 973 ein Gerungus, der auch Güter im Taubergau be-
sals, 1015 und 1023 abermals ein Gunbertus. Ein Ramwold un-
ter König Konrad II, ein Egino und ein Sohn des Egino a. 888,
sodann ein Ernestus a. 912 kommen überhaupt im grolsen Ifigau
vor, ohne dals man vor der Hand bestimmen will, ob sie im Co-
mitat von Höchstädt oder vom Gollachgau zu Hause waren. Die
Grafen des Gollachgau nahmen nach der Hand von ihrem Schlofs
Hohenloh im Gollachgau den Namen Hohenlohe, defsgleichen
auch von einem andern Schlofs den Namen Brauneck an; sie
stammten von den Gaugrafen des Mulachgau her, die auch aufser-
dem mehrfache Besizungen im Taubergau, Jaxtgau, und im Ko-
chergau hatten.
19) Banzgau, ein Untergau des östlichen Grabfelds (s. v. Schultes)
zwischen der Itz und dem Mayn gelegen, mit den Orten Lahm,
Melz, Bussendorf, Brunn, Rattelsdorf, Cleufsen, Höret, Füllbach,
Graits, Zeuln, Zeutliz, Schney, Rosach, Banz, Döringstatt ; wozu auch
2 r
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92% ee
v. Schultes den Distrikt hinter Koburg bis Sonnenberg und den Thü-
ringer Wald mit Neustadt, Neuhaus, Sonnenberg rechnet. Dafs
jenseits dem Main gelegene, vielmehr zum Rednizgau gehörige Staf-
felstein, möchte nicht wohl zum Banzgau gezogen werden. Der
Stiftungsbrief des Kloster Banz (Ludewig Script. Rer. Germ. T. I.
P- 47.) nennt als Fundationsgüter Banz, Effeltern, Mupperg,
Zettliz, Graits, denen Hofimann in seinen Annalen auch noch
Zeuln, Hennersdorf, Gostendorf, Aschem, Kunstatt, beifügt (r.
Pfeffel Abhandl. der Akad. der WW.), wovon jedoch die letzten
aulser dem Banzgau gelegen seyn werden. Die Gaugrafen des
Banzgaues waren die Gaugrafen des Grabfelds und der Wetterau.
Sie nahmen vielleicht wegen ihren Niederlassungen im Banzgau den ,
Grafentitel vom Banzgau an. Die Schwester eines solchen Gau-
. grafen (vermuthlich des in einer Urkunde von 1017 vorkommen-
den Gebhards), Namens Gerberg (1016), heirathete den M.
Heinrich von Schweinfurt; von welcher Familie endlich das Klo-'
ster Banz seine Stiftung erhielt.
20) Der noch in der Grenze des Baierischen Staats aber aufser dem
Banzgau liegende Distrikt von Selslach und Dambach hat zum
östlichen Grabfeld, und dessen Untergau Halsgau, Kapitel
Ebern, gehört. 3
21) Volkfeld, von der bey Rüdenhaufsen entspringenden Volkach
benannt, von Hallstadt an, am rechten Maynufer über Stettfeld, Zeil,
Hafsfurt, Theres hinab, bis zum Einflufs der Schwarzach ; sodann jen-
seits Wiesentheid, Prichsenstadt vorbey und längs der Ebrach
zurück hinauf; umschlofs das ehemalige Würzburgische Archi-
diaconat Gerolzhofen; und mulste bey der Errichtung desBils-
thums Bamberg seine östlichste Spitze, bestehend aus Bamberg,
oder vielmehr damals erst der blofsen Burg Babenberg, mit dem e
Distrikt der jetzigen Orte, Buch, Dobring, Seehof, die in dorti-
ger Slavischer Wüste wohl gar noch nicht existirten, der neuen Bi-
schöf-
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schöflichen Kirche ablassen. Die Gaugrafen dieses Gaues waren
aus der mächtigen Familie der Grafen von Babenberg; es kommt
vor Heinrich, 886, ein Sohn des Grafen Poppo von Tullifeld
und Grabfeld, Vater des nachherigen unglücklichen M. Adalbert.
A. 891 ein Graf Ebbo (vermuthlich Eberhard), a. 904 ein Poppo,
ein Hesso, grı zugleich Graf im Saalgau; ein Comes Bertholdus
a. 975. t 980; ein Tietmarus, auch Tiemon, zu Ammerthal in
Urkunden von 1007 bis 1023. Durch die unglückliche Fehde der
Gaugräflichen Familie mit der Konradingisch - Salischen Familie
verlor jene ihre Gaugräfliche Würde im Volkfeld. Was nachher
aus den geretteten Resten die Ammerthalische Familie noch besafs,
hatte mehr die Eigenschaft erblichen Dynastenbesitzes an sich.
Die Volkfeldischen Güter gelangten meistens durch Vergebung an
das Stift Würzburg, und ein Theil derselben a. 1007 durch Ab-
tretung an die neu errichtete Bambergische Kirche. Im Jahr gıg
überliels der Bischof Drachulf von Freysingen, der zugleich Abt
in Schwarzach war, an dieses Kloster seine Besitzungen zu Ger-
lachshaulsen, im Volkfeld bey Schwarzach, Weifeld, (?) Tiefen-
stockheim, im Iffigau, Grofsen-Langheim (im Badanachgau), Feuer-
bach (zum Ifiigau), Kastimallesdorf (?), Selinsdorf (?), die Wein-
berge bey Nordheim (im Volkfeld am Mayn), und erhielt dagegen
Güter zu Hezelheim und Hüttenheim (vermuthlich Herrnsheim und
Hüttenheim im Iffigau) ; dazu legte der König selbst dem Kloster
noch zu Güter in Tullstadt (Düllstadt im Volkfeld), Stadeln (?) und
Wiesentheid (Eccard ll. 821.)
b) Bamberger Sprengel.
s. Ussermann Episcopatus Bambergensis 1801.
22) Rednizgau.
s. v. Shultes historische Beschreibung des Rednizgau in seinen
kleinen hist. Schriften II. Th. num. V.
Der
94
Der ganze von diesem Gau umfalste grofse Distrikt war ur-
sprünglich kein teutsches ostfränkisches Land, sondern hiefs noch
bis ins achte Jahrhundert nebst der angrenzenden Ober-Pfalz Sla-
via, Slavenland. Die von den Karolingern planmälsig betriebe-
ne Bekehrung zum Christenthum, ward auch politische Unterwer-
fung und allmählige Einverleibung zu Ostfranlen; so wie der Bi-
schof mit seiner christlichen Pflanzung, so rückte der Grenzgraf
mit seinem Limes vor; und es entstund mit den neuen bischöfli-
chen Sprengeln des Würzburger Stuhls zu Bamberg, Kronach,
und Holfeld auch der neueste allerjüngste Gau, Rednizgau ge-
nannt, a.8$89 zum erstenmal, zu dem’auch das vorher Eichstäd--
tische Kapitel Eggolsheim geschlagen wurde, und der dann ganz
genau die noch heut. zu Tag bestehende Bamberger Diöces
begrief, mit Ausschluls von Bamberg#selbst, welches zum Volk-
feld gehörte, und des schon oben beschriebenen Untergaues Banz-
gau. Seine Grenzen sind also nördlich von Asch bis Kronach
die heutigen Grenzen des Baierischen Reichs und des Bamberger
‚Sprengels; östlich von Asch herab bis Sulzbach die Grenze des
Regensburger Bifsthums, welche den Wunsidler Kreis des Bai- E
reuther Fürstenthums, oder die ehemals genannten Sechsämter, den
Fichtelberg, sodann Reuslas, Kirmsees, Kirchenlaibach, Kötliz,
Forbach, Emtmansberg, Heinersreut, Tüurndorf, Tumbach, Mei-
lendorf, Frankenohe, Ober- und Unterhag, vom Rednizgau aus-
schliefst, und sodann an der Sulzbachischen Grenze herab bis
Hartmanshof läuft; südlich der Lauf der Pegniz von Hartmans-
hof bis Nürnberg, welches zur Hälfte dadurch geschieden wird;
westlich, an Doos, Fürth, beyde eingeschlossen, an der Red-
niz fort nach Frauenaurach, an der Grenze des Rangau bis Weilsen-
dorf und des Iffigau, Lonnerstadt, Mühlhaufsen, und Wachenrode
einschlielsend, bis zur. Ebrach, sodann Bamberg zum Volkfeld
ausschliefsend bey Hallstadt am Mayn, an der Grenze des Banz-
gau hinauf bis Kronach. — Der grolse Rednizgau umschlofs einen _
kleinen, von Schultes zuerst aus einer Urkunde ven 966 entdeckten
Un-
menge 95
Untergau, Kulmgau genannt, der zwischen dem rothen und
weilsen Mayn lag, und Kulmbach, Burbach, Bechtelsreut u. s. w.
begrief, worin ein Wigger und Wilhelm, Grafen von Beichlingen,
angesessen waren, welcher Distrikt im Jahr 1149 aber wieder zum
Rednizgau und den Grafen von Plassenberg gehörte.
Die Geschichte des Gaues entwickelt sich am deutlichsten nach
seinen vier Archidiakonaten, die, obgleich mit vieler Verstümm-
lung der Namen in \Würdtwein noyis subsidüs dipl. T. VII. 195.
in den Acten des Frankfurter Synodes von 1007 enthalten
sind.
a) Das Archidiakonat Bamberg und Kronech war der Hauptsitz
der Gaugraien aus der Babenbergischen Familie,
die zugleich die östliche Markgrafschaft (in der Obern Pfalz)
verwalteten; nach Enthauptung des Grafen Adelhard a. 902,
der vorzüglich im Volkfeld zu Hause schien, und des M.
- Adalberts a. 905 fielen die Güter als konfiszirt und erledigt
der Haiserlichen Kammer heim, die einen Theil davon an
begünstigte Grolse und ans Hochstift Würzburg vertheilte,
und unter Heinrich II. aueh das Hochstift Bamberg mit do-
tirte. Einen ansehnlichen Theil erhielt die Familie der Gra-
fen von Ammerthal, und am Ende von diesem durch weibliche
Abstammung das Haus derGrafen vonAndechs und Herzoge von
Meran. Die bis go5 vorkommenden Gaugrafen, z. E. 886 Hein-
rich, Adalberts Vater, sind Babenberger, nach 905 aber Am-
merthaler oder Schweinfurter; zuletzt Andechser. Z. E.
Hesso, d.i. Heinrich a. 981, Markgraf Heinrich a. 1002
(ist M. Heinrich v. Schweinfurt), Adalbert a. 1007, 1017, 1024,
Kraft 1056 bis 1070, Adalbert 1130, Berthold 1143 (beyde letz-
tere wahrscheinlich Andechse). Das weitere wird bey der be-
sondern Geschichte der Herzoge von Meran und der Markgra-
fen von Vohburg und Schweinfurt vorkommen. Die Familie .
der
der alten ausgestorhenen Grafeu von Giech, ein Zweig der
Grafen von Truhendingen im Swalafeld, war auch bereits
im Rednizgau angesessen; aber wie es scheint meist nur
in Eigenschaft Bambergischer Lehenmänner. Zu gröfserer
Bedeutung erhoben sie sich erst im dreyzehnten Jahrhun-
dert als Meranische Allodialmiterben.
d) Das Archidiakonat Holfeld oder Ebermanstatt gehörte
zwar auch mit zum Gaugrällichen Amtsdistrikt der Grafen
von Babenberg; es waren aber als Eigenthümer in dynasti-
scher Eigenschaft dar!nnen vorzüglich die Grafen von Höch-
stadt zu Ebermanstadt, Gösweinstein, Weischenfeld u. s. w.
ansässig. In Forchheim war ein bedeutendes Stift, Botten-
stein eine Bambergische Grafschaft; so dafs nach 905 von
einer weitern Gaugräflichen Verfassung daselbst keine Rede
mehr war. Späterhin hat Bamberg, wie es scheint, seine _
Besitzungen von Hochstadt, Ebermanstadt, Herzogenaurach,
worüber ı158 ein Graf von Abenberg die Kastenvogtei zu
Lehen trug, mit dem Namen der Rednizgauer Graf-
schaft bezeichnet. Forchheim war ein Palatium Regium
und zugleich eine Faktoreystadt des Slavischen Handels. Das
Forchheim aber, wo a. 872 König Ludwig seine Lande an
seine Söhne auf seinen Todesfall vertheilt, und a. 874 mit
ihnen eine Zusammenkunft hielt, liegt bey Speyer.
Das Archidiakonat Eggolsheim begrief ungefähr dasjeni-
ge, was in dem gezeichneten Umfang des Rednizgaues abge-
schnitten werden würde, wenn man folgende Linie zöge:
Grub, Thurn, Hausen (alle benannte Orte jedesmal zum
Eggolsheimer Arclidiakonat mit eingeschlossen), Kersbach,
Reut, Eggolsheim, Kirchehrenbach, Wampach, Kirchen-
birkach, Pegniz, Troschenreut. Dieses gehörte ursprünglich
nicht zum Bilsthum Würzburg, oder nachher Bamberg, son-
-dern
97
dern zum Bifsthum Eichstädt, und also vermuthlich auch zum
. Ostfränkischen Nordgau derselben Eichstädter Diöces, so-
fern er nicht einen eigenen Gau, Eggolsgau oder sonst
4 genannt, gebildet haben möchte; ist aber a. 1014 zum Bifs-
thum Bamberg geschlagen, und von dieser Zeit an auch zum
Rednizgau gerechnet worden; daher findet man denn auch
in diesem Distrikt keine Besitzungen der Babenbergischen
Gaugrafen, oder nachher der Merane; sondern fast lauter
Kaiserliche, nachher Hohenstaufische Domänen, deren Ver-
waltung oder Kammer-Prokuratur mit der Bürggrafschaft
Nürnberg, wie es scheint, verbunden war. ®
b) Eichstädter Sprengel.
Dessen Archidiakonate sind verzeichnet in Falkenstein Antiq.
Nordg. ; auch existirt eine Diöcesankarte.
\
23) Sualafeld. .
Nach Schultes auf beyden Seiten der Altmühl, von Morgen aber
nicht weiter, als bis zum Weissenburger Forst, wo der Gau Rud-
marsberg angefangen. Gegen Abend durch die Eger (müfste eher
heilsen Werniz, die Eger liegt ganz im Rielsgau) und durch die
Brenz? (da gieng es über den Rielsgau hinaus) vom Ricelsgau ge-
trennt. Nach Zinkernagel an der Grenze von Eichstädt, diefs
und jenseits der Altmühl bis links an die Rezat, rechts an Ha-
nenkam, und sich oberhalb Leutershaulsen endigend.. Um aber
eine Angabe des Annalista Fuldensis zu retten, der die Theilung
der drey Ludowigischen Söhne zu Saulifeld, inPago Reciensi
"geschehen läfst, dem zu Folge man das Sualafeld’als Untergau des
Ruelsgaues betrachten mülste, unterscheidet er einen Tractum
Sualafeld, zwischen der Rorach, dem Kaybach, der Werniz und
dem Hanenkam, der zum Riels gehöre, und nie Gau heilse, und
den Gau Sualafeld, der immer ad Almonam heilse, da-
13 B
98 _———
gegen der Tractus super Fluvio Sualava bezeichnet sey.
Die deutliche Grenze des Eichstädter Bifsthums beweist hinläng-
lich, dafs Sualafeld nicht zum Rielsgau im Augsburger Sprengel
gehören konnte. Die oben beym Riefsgau angeführte Urkunde
von 1053 setzt die Orte des Riefsganes und dss Sualafelds be-
stimmt in duas Provincias, und eben so ist die eigene Gau-
gräfliche Verfassung und Familie des Sualafelds, ja sogar die ei-
gene Lex Sualaveldica (Vita S. Walburgis) historisch erwie-
sen, so dals eine einzelne irrige oder inkorrekte Angabe eines
alten Chronisten gegen solche Gründe nichts vermag. Den Namen
leiten einige von der heiligen Sola, die sich eine Zelle bey
Solnhofen erbaut, andere wahrscheinlicher von der Schwale,
einem Flüfschen oberhalb Wemdingen, das bey Bühl in die Wer-
niz fällt, her. Die Grenzen des Gaues sind südlich nothwendig
das Kapitel Burkheim, denn sonst würde der Gau in zweyerley
Bifsthümer und Provinzen fallen; östlich hat er das Pappen-
heimer Gebiet eingeschlossen, weil eine Urkunde von 914 die
Orte Altheim, Pappenheim, Binzwang, Dettenheim ausdrücklich
als Sualafeldisch bezeichnet, so wie von Solnhofen dieses ohnedem
aus der Rirchengeschichte bekannt ist; eine Urkunde bey Neugart
aber von 802 Pappenheim, Dietfurt und Schambach bestimmt zum
Suwalafeld und ad Sacrificium (i. e. legem) Francorum rechnet.
Von\Veifsenburg an, welches als Marcha communis Nordogarensium
(dipl. de 888 v. Falkenstein Cod. dipl. Antig. Nord.) bestimmt
nicht zum Sualafeld gehörte, bildete nach der übereinstimmenden
. Angabe der andern die Rezat.die Grenze bis Lichtenau; und hier
war dienördliche Grenze jene desRangau und des Bilsthums
Würzburg; die westliche jene desRiefsgaues und des Bilsthums
Augsburg. Hiernach mufls der Gau begriffen haben die alten Ru-
ral-Kapitel Monheim, Gunzenhaufsen und Wassertrühdingen ganz,
das Kapitel Eschenbach mit Ausnalime der Orte Wallisau, Aben-
berg, Rittersbach, Rednizkembach, Schwand, Roth, Schwabach,
Liehrsietten, Veitsaurach, Windsbach , Petersgemünd, Georgs-
Sur ee-
o
>3
E ET TCHeE 99
i gemtind, Büchenbach und Marienburg, und vom Kapitel Weilsen-
F burg die Orte Pleinfeld, Dettenheim, Pappenheim, Neudorf,
4 Schambach, Treuchtling, Bubenheim, Suffersheim, Graben, Em-
ne - mezheim, Kazenhochstadt, Weimersheim, Stopfenheim, Veits
{ Erlbach, Wettelsheim. WVahrscheinlich hat in frühern Zeiten
ein eigenes Kapitel Pleinfeld aus unvermischt Sualafeldischen Or-
ten bestanden, das erst später mit dem Weilsenburger vereinigt
worden; und eben so haben die aufser dem Sualafeld liegenden
.) Orte des Eschenbachs Kapitels vorher wohl einem eigenen Ka-
| pitel zu Abenberg angehört, indem die Archidiakonate meistens
auf den alten Stiftern gehaftet. Als Gaugrafen kommen na-
_ mentlich vor: Helmovinus oder Helmus a. 793 (s. Meichelbeck
und Falkenstein), Erloinus a. 802 (s. Neugart), Ernest a. 889,
914, Ernst 952 Stifter von Kl. Auhausen, Werner a. 1007, Chu-
no a. 1053. Aufser allem Zweifel ist dieses die nemliche Familie,
welche nachher den Namen von Truhendingen angenommen.
Der Distrikt von Monheim war eine dynastische Besitzung der
Grafen von Graisbach.
24) Nordgau.
v. Falkenstein delineatio Nordgoviae veteris; im Cod. dipl.
Antig. Nordg.
Pfeffel von den Grenzen desBaierischen Nordgaues in den
Abh. der Baierischen Akademie der VVW. ıterBand; mit
einem Chärtchen.
v. Schultes über die Grenzen des Baierischen Nordgaues,
- in dessen historischen Schriften, I. Abtheil. mit einer
Charte.
v. Pallhaufsen Preisschrift über das Noricum. Historische
Abh. der Akad. der VVW. 1807.
Bamberger Deduction von 1774.
Dar? Man-
ke
ı00 er en
Mannert’s Geographie III. 615.
desselben älteste Geschichte Bojoariens.
Man hielt es lange für eine kostbare Dekoration der
Baierischen Geschichte, den Nordgau so auszumahlen, dafs er
bis an die äulsersten Grenzen Thüringens reichend, ganz Ost-
franken als eine Baierische Provinz darstellte; und so wie die
Aeltern, z.B. Bessel, v. Falkenstein, von dem verlängerten Schat-
ten eines solchen Nordgaues nur dunkle und schwankende Um-
risse gaben, so setzten sie dem ungeheuern Nordgau mit glei-
cher Unbestimmtheit einen ähnlichen Südgau entgegen, wornach
das ganze Herzogthum oder Königreich Baiern sich in zwey einzige |
Gauen, und am Ende die vollkommene Beichs-Regicrung in zwey
einzige Gauverwaltungen aufgelöst hätte, welches der Natur der
Sache und der Möglichkeit widerspricht. Pfeffel, indem er
Nordgau mit der Nordgauischen oder Ostfränlischen Markgraf-
schaft, nachher auch Herzogthum Franken genannt, irrig als
gleichbedeutend nahm, und wo er von Grenzen Franziens die
Pıede fand, nicht unterschied, ob dies das Ostiränkische oder
das Rheinische Franzien bezeichne, rückte den Nordgau
nun vollends gar bis zum Spessart vor, und erhob mit seinem
Einfluls diese Meynung eine Zeitlang zur symbolischen Lehre
der Baierischen Akademisten. Sie fand jedoch gleich Anfangs
den sarkastischen Widerspruch Mederers, der in einer Abhand-
lung bewies, dafs Frauken nicht in Baiern gelegen
sey. ‚Noch ziemlich grofs genug, doch schon viel beschränkter
gibt Schultes die Grenzen desselben also an: Nördlich und
östlich der grofse Böhmer Wald, genannt Nordwald, von
Eger an bis zum Ursprung des Regen. Von Regensburg an
wende sich die Grenze südlich nach Ingolstadt, wo die Donau .
den Nordgau und Sundgau scheide; gegen Süden habe er zur
Grenze den Rielsgau, Mulachgau und Kangau, gehe von Gun-
del-
— 104
| delfingen an der Brenz hinauf nach Dünkelsbühl und Feucht-
wang, und bey Herrieden über die Altmühl hinüber; alles
rechts dieser Linie, also die Kapitel Monheim, Wassertrühdin-
gen, Herrieden, gehörten zum Nordgau. Von Herrieden wende
sich die Grenze rechts um, auf Lichtenau zu, nach Veitsaurach
und Schwabach (Kapitel Eschenbach), setze bey Diepersdorf
unweit Schwabach über die Redniz, ued laufe dann am rechten
Ufer derselben bis Erlang, wo die Redniz den Rednizgau und
mit ihm Ostfranken und Nordgau scheide. Von hier aus ziehe
sich die Grenze nördlich nach Hilpoltstein, Creufsen, zum
Fichtelberg, an der Eger fort bis wieder an die Stadt Eger, und theile
alles, was linker Hand dieser Linie liege, dem Rednizgau zu. Als
Untergauen begreife der Gau den Ilzgau, Schwinachgau, Grunz-
witi, Kinzinggau, Kelsgau, Brenzgau, das Sualafeld. Bey dieser
Schultesischen Meynung ist zu erinnern:
a) dafs Eger und die Baireuthische Fichtelberggegend nicht
zum.Nerdgau, sondern zu Slavyia gehörten;
d) dafs als östliche Grenze nicht der Regen bis Regensburg
herab, sondern die Laber bis Sinzing anzunehmnn sey.
Was zwischen Regen und Laber liegt, ist mehr für Land
der Ostfränkisehen Markgrafschaft zu halten. Ueber das
Bilsthum Eichstädt hinaus in das Bisthum Regensburg hin-
ein erstreckte sich der Nordgau in der Regel nicht; blos
beym Kelsgau muls aus bestimmten Günden eine Ausnah-
me zugelassen werden;
c) dals er über die sich selbst gesetzte Regen-Grenze sogar
die Gauen Schwinachgau, Grunzwiti, Kinzinggau dem Nord-
gau zueignen will; so wie
d) das als eigener Gau bestandene Sualafeld, und sogar
e) den in Alemannien im Bifthum Au gsburg gelegenen
Brenz gau. Das Gundelfingen und Herclanta in einer Ur-
kunde
”
kunde von 895 (v. Falkenst. Cod. dipl.), womit der Be-
weis geführt werden will, ist nicht das Gundelfingen an
der Brenz und Hleinerdlingen im Riels, sondern Gundel-
fingen und Harlant an der Altmühl bey Riedenburg im
Kelsgau, d. i. in Comitatu Cheldionis. Dagegen
wird
f) der Rednizgau zu weit bis Hilpoltstein vorgerückt, von
wo aus alles bis zur Pegniz noch Nordgauisch war ; indem
der Rednizgau vom Bilsthum Bamberg nichts als das 1014
zugetheilte Kapitel Eggolsheim begrief, und vor 1014
selbst dieses noch zum Nordgau gehört haben möchte.
Die Bamberger Deduktion kommt der Sache noch näher,
indem sie Sualafeld und Rieflsgau aufser Anspruch läfst,
und den Brenzgau, Schwinachgau, Rinzinggau gar nicht in
Erwähnung zieht. Dagegen setzt sie die Grenze nördlich
auch noch an Böhmerwald, welches daher rührt, dafs sie
östliche Markgrafschaft des Nordgaues oder Ost-
frankens, und den Nordgau selbst, nicht genug unter-
schied. Mannert in seinen geäulserten Zweifeln hat
die Hauptmomente der jetzigen Resultate über den wahren
Umfang des Nordgaues am glücklichsten geahnet. Je-
doch hat unter den Neuesten von Pallhaufsen das alte Sy-
stem mit den möglichsten Gründen zu retten gesucht, und
zwar:
ı) hätten die Römer den Strich von Pföring bis Neckarsulm er-
obert, und mit einem Pfahlrain umgeben. In diesem
und in den Agris decumatibus hätten auch Bojer gewohnt,
Daraus würde noch kein näherer Schluls auf die Gren-
zen des Nordgaues, und dafs er zu Baiern gehöre, her-
vorgehen. Die Römer sind im Nordgau, so wie überhaupt
in einem Theil von Ostiranken, vorgedrungen. Nicht ihr
tem-
‘ a ee 103
temporärer Besitz, sondern die Formation der Gauen durch
die eingewanderten Völker und die Entstehung der Bün-
de hat die Bildung der Provinzen begründet. Ob der
Pfahlrain ein römisches oder ein teutsches Werk sey, be- °
ruht noch auf verschiedenen hier nicht eingreifenden Hy-
pothesen. Die Agri decumates aber erstreckten sich wohl
schwerlich hicher. ObBojer im Nordgau gewohnt, wissen
wir nicht gewils. Aus allem aber, geläugnet oder zugege-
ben, folgt für die Hauptfrage nichts.
2) Ein alter Wessobrunner Codex enthalte folgende Stellevon einem '
ums Jahr 420 gestörbenen Hieronymus: Germania, Retia,
Ager norieus ab oriente flumine Fistula et Sylva Hercynia,
ab occidente flumine Reno, ab septentrione Oceano, a meri-
die jugis Achemü, sic est vocabula montis, et flumine Dano-
bio terminatur. Retia heifse hier Riels in Schwaben, Ager
noricus Nordgau, und Juga Achemü seyen die Berge bey Il-
- lereichheim in Schwaben. ;
- Retia ist Rhaetia, und zwar hier in Verbindung mit Ager No-
ricusund den Jugis Achemii Rhaetia Prima. Eshat a.420
weder einen Rielsgau, Pagus Reziensis, Retia, noch einen
Nordgau gegeben. Ager Noricus, (Ar-noricus) wird in
dem Vocabular des nemlichen Codex für Baierland er-
klärt. Juga Achemiü sind nicht die unbedeutenden Berge
bey Illereicheim, die ohnedem nicht gegen Süden, sondern
gegen Westen liegen, sondern die Achem Berge
mit dem noch heut zu Tag wohlbekannten und die Grenze
zwischen Baiern und Tyrol bildenden Achenthal. Wie
übrigens Hieronymus Deutschland südlich zu gleicher Zeit
durch Achemberge und die Donau begrenzen lassen kann,
ist nicht wohl einzusehen. Wahrscheinlich hat er oder sein
Epitomator zweyerley Grenzen, die von Deutschland über-
haupt,
104
haupt, und die von Ager noricus, Baierland, vermengt.
Baierische Grenze ist auf einer Seite Donau, südlich aber,
gegen Rhaetien, der Achemberg.
3) Im Leben des heil. Emerans von Meginward (bey Basnage)
heifse es: Emeramus in Bojoarios lines, qui ad Aquilonem
Hircano nemori limitem Germaniae protendunt, deyenit.
Also seyen die Grenzen Baierns bis an Böhmerwald gegan-
gen, weil dieser Hircanum nemus heilse. |
Letzteres wird bezweifelt. Der schon dem Ptolomäus beltannte
Herkynische Wald bedeutet die £chwäbischen Alpen. Der von
Pfeffel aus Schannat Trad. fuld. num. 94 als Böhmerwald‘
angezogene Sylya Bohoma;; heilst dort nicht so, sondern Sylva
Buconia; und der Flufs ist nicht die Zenn im Ansba-
chischen, sondern die Sinn an der Fuldischen Grenze.
4) Das Bilsthum Eichstädt sey mit Einwilligung des Herzogs Odilo
von Baiern gestiftet worden, und im Nordgau, in finibus
Bajuvariorum, d.i. in Baiern gelegen gewesen.
Die Errichtung der Bifsthümer Salzburg, Passau, Frey-
sing, Regensburg, sämtlich in Baiern gelegen, geschah al-
lerdings Otilone duce consentiente a. 740. (s. Vita S. Bo-
nifacii ap. Basnage T. III), hingegen bey der Stiftung.
Eichstädts ist nur von dem annuente Karlmanno die
Rede (s. Annal. Fuld. ad a. 746.), und der Odilonische
Consens beruht nur auf einer vermengten unrichtigen Er-
zählung Welser. Eichstädt war nach dem Leben des
. heil. Bonifaz.cap. 10 in intimis ÖOrientalium Franconiae
partibus et Bojoariorum terminis. Ist nun Eichstädt -
in parte, d.i. in regione (s. Ducange v. pars) und zwar
in intima parte von Östfranken gelegen, so kann es nicht
in-
105
innerhalb den Grenzen von Baiern, sondern an denselhen
gelegen haben.
5) im Breviarium des Abts Urolf von. Niederaltaieh, eines Zeit-
genossen des Herzogs Tassilo (Mon. Boic. XL P- 14.) finde
sich die Schenkung mehrerer Besitzungen in folgenden Or-
ten: Schwarzach, Auerbach, Bogen, Gozboldesberg, Wisunta,
Welchenberg, alle am linken Donauufer ‚ unter ausdrückli-
cher Erwähnung des Commeatus Tassilonis. Folglich
müsse Tassilo über der Donau auch noch zu befehlen ge-
habt haben.
Diese Orte liegen nicht mehr in den ron uns angenomme-
nen Grenzen des Nordgaues. In wiefern noch ein beson-
derer Gau Pogana angenommen werden könne, wird sich
weiter unten zeigen. Uebrigens bezog sich der Commea-
tus Tassilonis, d.i. die Licentia sich die benannten Gü-
ter erwerben zu können, mehr auf das Kloster Niederalt-
aich selbst, als auf die Objekte. Wirkliche und morali-
sche Personen, die unter einer höhern Vormundschaft stan-
den, konnten ohne Erlaubnifs nicht einmal etwas erwer-
ben, und dieser: Consens mulste nicht von dem Richter
der Sache, sondern der Person ‚ dem Adrvocato, beyge-
bracht werden.
6) Das Congestum Arnonis besage: Otilonis filius Tassilo dux,
etradidit in pago Tonawgawe villam nuncupatum Poh, et ter-
ritorium in eodem Pago, in loco qui dicitur Chruchenberg,
qui adjacet secus amne Danubio. Folglich hätte sich Donau-
gau und Baiern auch über die Donau, secus amne Danubio,
erstreckt.
Das wird sich bey Untersuchung des Donaugau näher zei-
; gen. Territorium in damaliger Urkundensprache heifst ein
bebautes Land (du Cange) keine Ortschaften; und es
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l -
Me
ist also doch sehr glaublich, dafs, wie Mannert meynt, nur
von den Weinbergen über der Donau die Rede sey.
7) In der Charta divisionis von 806 vermache Karl M. seinem
Sohn Pipin:
Bojoariam, sicut Tassilo tenuit, exceptis duabus villis, In-
goldestatt et Lutrahof (der Loshof zwischen Neuburg und
Ingolstadt (s. Ecard), quas quondam Tassiloni inbeneficia-
vimus, et pertinet ad pagum gui dicitur Nort-
gowe;
dem Sohne Karl aber;
Partem Bojoariae, quae dieitur Nortgowe,
Der Nordgau sey also Pars Bojoariae gewesen; und schen
dem Tassilo habe Ingolstadt gehört.
Kaiser Karl unterscheidet hier sehr bestimmt:
a) Bojoariam, sicut Tassilo eam tenuit, nemlich das
eigentliche Baiern bis an die Donau, und Ingolstadt und
Lutrahof im Nordgau, die Tassilo insonderheit zu Lehen
‚getragen ;
b) Bojoariam, wie es als Provinz unter Karls Verwaltung be-
stand, nemlich Baiern, und Nordgau, zwischen den
Jahren 788 bis 806. Den Kaiser Karl, der in derselben
Art über den Nordgau, wie über Baiern selbst zu
befehlen hatte, konnte nichts verhindern, nach der ihm be-
liebigen neuen Departemental-Eintheilung Nordgau zu
Baiern, aber nicht zum Herzogthum, sondern zur Kai-
serlichen Provinz Baiern zu schlagen, wie er denn auch aus
derselben Regentenmacht dem alten Baiern ein Stück von
Pannonien zugeschlagen. (Bernardus Noricus: Garolus
M. post Tassilonis Ducis cessionem partem Pannoniae ad-
. didit Bavariae regioni (s. N. Abh. d. Akad. d. WW.I. 9.)
A. 789 Karolus ad Radesponam venit ibique marcas et fines
ba-
207
bajoariorum disposuit. Chron. Reichersberg. Wäre Tassi-
lo schon als Herzog von Baiern Regent des Nordgaues gewe-
sen, wozu hätte ihn Karl erst mit Ingolstadt und Lutrahof
belehnen sollen? Uebrigens wollte die Theilung von 806,
indem sie dem Pipin Baiern ohne Ingolstadt, dem Karl
aber den ganzen Nordgau anwies, den reinen alten Unter-
schied zwischeu Baiern und Nordgau gerade wieder herstellen.
Wenn es aber in der spätern Theilung von 817 abermals
heilst: Ludwig sollhaben Baiern und die zwey Kammergü-
ter auf dem Nordgau, so geht auch daraus hervor, dafs der
Nordgau an sich nicht zu Baiern gehörte.
8) Heinrich II. habe die Babenberger Markgrafschaft an Baiern ge-
schenkt. Herzog Arnold sey von den Baiern und Östfran-
ken feyerlich empfangen worden.
Nur die Verwaltung des Rednizgaues und Nordgaues von
905—938 ist dem Markgrafen Luitpolds in Amtsweise über-
tragen gewesen (s. oben in der Geschichte Frankoniens).
Von der Angabe, dafs Herzog Theobald sich Meister vom
Nordgau gemacht, ihn aber 725 schon wieder abtreten müs-
sen, findet sich keine hinlängliche Spur in der thüringischen
Geschichte. Es würde auch aus dieser kurzen militärischen
Occupation eines Theils vom Nordgau nichts folgen. Denn
dafs sich die Thüringer und Baiern wechselseitig ins Land
gefallen, ist bekannt. Hierzu will man nun
9) auch die von Pfeffel so dringend vorgehaltene Stelle aus Adel-
bolds Leben König Heinrichs I. fügen:
„Inde Rex in Sylvam Speukeshart veniens, quae Bavariam
a Francia diyidit.
Dieser Schriftsteller nannte überhaupt alles Baiern, wasHein-
rich I]. als damaliger Regent von Baiern zufällig zusammen
beherrschte, oder kennt wenigstens die genauen Grenzen der
A be-
108
besondern Provinzen nicht deutlich genug. Das Francıia, wel-
ches am Spessert lag, hätte ohnedem nicht das Ostfränkische
Franzien seyn können, sondern er meynt damit offenbar das
Rheinische Franzien. Folglich läfst sich auf den Ostfränkischen
Nordgau nicht einmal eine Anwendung machen. Dieselbe Legende
sagt aber beym Jahr 1073 ganzrichtig vom Thüringer Wald: Ve-
nientes ergo ad Sylvam, quae T'buringiam dirimitaFrancia, und
hätte, wenn sie den Nordgau in solcher Ausdehnung für Baiern
gebalten, nothwendig sagen müssen: a Bavaria. Endlich
10) bezieht man sich auf eine Stelle mehrerer Chronisten, welche
besagen, der gefangene König Berengarius sey naeh Baiern
auf die Burg Bamberg gebracht worden, und daselbst
gestorben. Sie ist aber nur sehr verstümmelt aus dem Anna-
lista Saxo ad a. 964 entnommen, welcher ganz richtig erzählt:
Berengarius in Bavyariam mittitur et postmodum in Castel-
lo Babenberg vitam finivit. Dafs übrigens Bamberg nicht in
Baiern, sondern in Ostfranken gelegen war, erkennt Dittmar
Merseburgensis in folgender Stelle: Rex quandam Üivitatem
nomine Babenberg in Orientali Francia sitam, prae cae-
teris excoluit; und Heinrich II. selbst in einer Urkunde (bey
Neugart I. 21.) quia Castrum Babinberg in Austrifranciae
parte sitam, jam molimur in sedem episcopatus sublimare.
Der Nordgau selbst, ehe er als ein Fränkischer Gau erschien,
war eine Provinz des Thüringischen Reichs, welches bis
an dieDonau grenzte. Dies beruht auf folgenden klassischen
Zeugnissen:
a) Ptolomaeus L.I. c. 14. der Noricum, d.ı. Baiern aus-
drücklich durch die Donau begränzt.
b) Anonymus Ravennas
„per Thuringorum patriam transeunt plurima flumina,
inter caetera quae dieuntur Bac (die Nab) et Reganum, quae
in Danubium merguntur.
c
109
c) Jornandes de bello Gothico L. 55.
„regio illa Suevorum habet a Septentrione Thurin gos,
ab oriente Bojoarios. he
d) Procopius (Version).
„Super Thuringos Suevi et Alemanni.
e) Paulus Diaconus.
„Noricorum Provincia, quam Bojoariorum populus inhabitat,
habet ab aquilone Danubium.
s. Eccard Comment. Rer. Francor.
Erst nachdem das Thüringische Reich unterdrückt und der Thü-
ringische Magnat Suitger nach Frankreich abgeführt war
(748), ergeben sich Spuren des nun den Franken unmittelbar
unterworfenen Nordgaues in dem Bezirk des Bifsthums Eich-
städt. BaireuthundOber-Pfalz gehörte aber nicht dazu, sondern
war damals noch ursprünglich Thüringisches , jetzt von Slaven
besetztes Land, Slavia. Aribo im Leben des heil. Emerams L. I.
c. 3. erzählt, wie ein den slavischen Parathanern (Baireu-
thern) entflohener Sklav, um nach Regensburg durchzukommen,
fünfzehn Tagelang durch lauter VWüsten wandern mufste. Auch als
Besitzer von Baiern erkannte Karl der Grolse die Oberpfalz als
‘Slavenland, daser durch die angelegten Faktoreyen zu Halstadt,
Forchheim, Bremberg, Regensburg und Lorch sperrte. Selbst
in Regensburg gab es keine Brücke zum andern Ufer. (Man-
nerts älteste Geschichte Bojoariens 8. 266.)
Dieses ursprünglich Thüringische, seit 748 Fränkische Nordgau
begrief mit Ausnahme des eigenen Sualafeldgaues das ganze Bils-
thum Eichstädt, und vom Bilsthum Regensburg auch noch den
Kelsgau, der vielleicht früher auch noch zum Bilsthum Eichstädt
gehörte. Vor 1014 war wohlauch das an Bamberg abgetretene Ra-
pitel Eggolsheim, also die Linie von Forchheim an bis Pegniz
und Troschenreut Nordgauisch. Nordgau hiefs der Distrikt,
entweder weil er der nördliche Theil des Bilsthums Eich-
städt
110
8
städt war, oder nicht sowohl vom Nord, als dem alten Wurzel-
wort Or, Nor, welchesHoch, Norgau also das Hochland
“ von Ostfranken bedeutet haben kann; und da man auch im Sla-
vischen findet, dafs sie demselben Ort einen slavischen und
übersetzten teutschen Namen zugleich gegeben, z. B. Forstlam,
Kulmberg u. s. w., welchos nichts anders ist als Forstforst und
Bergberg; so könnte vielleicht auch der Name der Nordgaui-
schen Hauptmunizipalstadt Nürnberg oder Norberga nur in
alter und neuer Sprache Berg zugleich ausdrücken.
Der Gau selbst hatte wieder folgende Untergauen unter
sich:
«) den Rudmarsberg, der östliche Theil des Nordgaues,
zuerst von Schultes aus einer Urkunde von 1080 an Tag ge-
bracht (hist. Schr. II. 333.) Gaugraf: Heinrich de Wizen-
burg.
b) Der Sulzgau, schon von Bessel gekannt, und in der Ge-
gend von Neumarkt, Sulzbürg, Freystatt gesucht. Gaugraf
Henricus de Sinzingen. König Heinrich IV. übergibt a. 1080
dem Stift Eichstädt den Wildbann im Rudmarsberggau und
Sulzgau :
vonEichsädt anfangend im Weg nach Sigewesesholz (Seu-
bersholz?) nach Salach (Burgsalach) und Bttenstatt, dem
Flufs in diesem Dorf nach. vorwärts zur Schmalenwiese
nach Liebstatt, im Thal fort bis zur Dolaha (Talach) her-
ab bis zu ihrem Einflufs in die Schwarzach, vorwärts bis
nach Mazingen (Ober-Mössingen) im Weg fort nach Gries-
bach (Greisbach), Widinewanch (Weidenbaeh ?), Eriches-
bach (Erresbach?) in die Furth bey der Wolfprechtsmüh-
le (müfste der Lage nach bey Mühlhaufsen zu suchen seyn)
an die Solenze (Sulz) am Flufs fort bis Bieberbach, der
Stralse
EEG
on.6s
PP Pan Lan in -
ware
_— 1ıl
Strafse nach gen Osterendorf (Otmaring ?), Tegening,
Werede (Wir) an die Altmühl und dieser nach wieder bis
Eichstädt.
Beyde Gauen zusammen, von welchen dieser Forst ein
Theil war, sind wohl zwischen der östlichen Grenze des
Nordgaues bis an die Redniz, nördlich von der Schwarz-
ach, östlich an beyden Ufern der Sulz von der kleinen
Laber begrenzt zu suchen, und möchte wohl der Rud-
marsberg die Kapitel Ingolstadt und’Berching, der Sulzgau
aber das Kapitel Hilpoltstein begriffen haben. Gaugraf
‚des Sulzgau:: a.900 Luipolt (der den ganzen Nordgauhatte) s.
Ried Geschichte der Gr. v. Hohenburg.
c) Der Kelsgau, Chelesgau, Comitatus Cheldionis, von der
bey Ottling entspringenden Kels benannt. Es kommen
darinn vor: Pfaldorf, Gundelfingen, Harlanten, in einer
Urkunde von 895 bey Falkenstein God. dipl. Ant. Nordg.
Pföringen, in einer Urhunde von ı007. Mendorf bey
Schamhaupten, Hösching, Lippeltshof. Bessel gibt ihm
‚die Altmühl und Donau zur südlichen und östlichen Gren-
‚ze; führt aber, so wie Zirngiebl, Orte an, die ganz aufser
diesem Distrikt gelegen wären, und entweder nur zu ei-
mer gewissen Zeit, oder gar nie zum Helsgau gehört
haben können; z.B. ein Sandelshaulsen und Gundelshaulsen
im Landgericht Moosburg, ein Theting, im Landgericht
Vohburg, Meckenleh und Adelschlag im Eichstädtischen, Vo-
'burg selbst; ferner unbestimmte Orte Bozinwang, Mande-
chingen (wenn’s nicht Menning seyn soll), Egwil, Zullin-
gen, Mammingen. Eine eingesehene Urkunde zu St. Eme-
ran von 844 setzt zwär wirklich ein Sandolveshusun, Gun-
tereshusun und Mandechingon in den Pagum Chelesgau;
man ist jedoch noch immer geneigt, darnnter die Orte
Sandersdorf, Sinzenhausen und Marching zwischen Scham-
haupten
ni
haupten und Pföring zu verstehen; sollte es aber Sandels-
haufsen, Gundelzhaufsen (bey Mainburg) und Mandellirchen
seyn. und die von Zirngiebl genannten Orte sich wirklich
noch aus ächten Urkunden als wahrhaft Kelsgauisch dar-
stellen, so bleibt nichts übrig, als dem alten Kelsgau auch
noch den nachher beschriebenen Abenstgau beyzulegen,
so dafs der später zum Nordgau gehörige Subpagus Kels-
gau ein besonderer Comitat eines grölsern Kelsgau, und
eine Riedenbürgische Dynastie gewesen seyn mülste. Hier
wird als südliche Grenze des Kelsgau die Donau von Sin-
zing bis Möhring oberhalb Vohburg genommen, als östli-
che aber unterhalb Luppurg die Laber bis zu ihrem Ein-
Aluls in die Donau bey Sinzing. Er begreift also gerade
die beyden Bischöflich-Regensburgischen Rural-Kapitel La-
ber und Pföringen, aber nichts vom Kapitel Kelheim, folg-
lich fällt Kelheim selbst, mit Pockham und Kapfelberg,
die jezt, aber vielleicht nicht in ältern Zeiten, auf der
linken Donauseite liegen, aufser der Grenze des Unter-
gaues HKelsheim und der Ostfränkischen Provinz Nordgau,
wie es denn auch bekannt ist, dafs die Burg Kelheim
schon eine uralte Baierische Dependenz, und nachherige
Wittelsbachische Besitzung war, die Stadt aber erst von
den Wittelsbachischen Herzogen angelegt worden. Be-
stimmte Data machen es nothwendig, gegen die allgemeine
Regel mit dem Nordgau, so weit es den Untergau Kels-
heim betrifft, aus dem Sprengel des Eichstädter Bilsthums
auch in das Regensburger herauszurücken. Denn in obi-
ger Urkunde von 895 heilst es ausdrücklich: in pago
Nordgew, in Comitatu Cheldionis, und in einer andern von
1007 (Bamberger Dedukt. 1774.): Pferingum, in pago
Chelsgowe et in Comitatu Nortgowe (hier ist der
Comitat gröfser als der Pagus) Berengeri Comitis situm.
Wer weils, ob nicht die beyden Kapitel Laber und Pfö-
ringen
113
ringen in frühern Zsiten doch zum Bilsthum Eichstädt ge-
hörten, welches vielleicht, da es vom aufgelösten ihm so
wohl gelegenen Bifsthum Neuburg nichts erhalten, und so-
gar das grolse Kapitel Eggolsheim an Bamberg hat abge-
ben müssen, vom Kaiser und Pabst also nicht sonderlich
begünstigt war, auch diese beyden Kapitel dem Hochstift
Regensburg wider Willen hat überlassen müssen. Dieser
Kelsgau bildete nach der Hand den Bezirk der Burggraf-
schaft Regensburg oder Grafschaft Riedenburg.
d) Der Westermann soll auf der linken Donauseite un-
fern der‘ Nab gelegen, und Raitenbuch bey Velburg,
Schorshofen bey Parsberg begriffen haben (s. Bessel, Zirn-
gibl), hatte auch eigene Grafen. Dieser Lage nach begrief
der Untergau die Lande der nachherigen Grafen von Velburg,
welche, so wie dieLuppurge, von diesen Untergaugrafen abge-
stammt seyn mögen.
In höchster Uebereinstimmung mit dem also angegebenen Um-
fang des Nordgaues steht denn nun auch die Grenze des alten
Landgerichts Hirschberg. Diese fängt ältester Beschreibung zu-
folge an ob der Frünirg an der Donau, als die Laber zu Sin-
zing in dieselbe flielst; geht der Donau aufwärts nach, immer
einen Spiels lang vom Ufer entfernt, bis Neuburg ans Ried und
Kloster Berg, letzteres im Landgericht Graispach belassend;, von
dannen zum Öttenberger Forst und dem Dorf Obereichstädt, zum
Weifsenburger Wald, an demselben fort, so dafs er imLand-
gericht Graispach verbleibt, bis Nensling, Neuhaus, ins Dorf
Walting, wo derBach die beyden Landgerichte Graispach und
Hirschberg scheidet; fort nach Alt-Heideck, Mauk, auf der
Nürnberger Stralse bis Roth an die Redniz und der Redniz
nach bis vorSchwabach, wo dieSchwarzach in die Redniz flielst;
der Schwarzach nach bis Eichenbruck und Rasch, (den zwi-
15 schen
214
schen der Schwarzach und Pegniz gelegenen Distrikt, wel-
‚cher ursprünglich auch zum Nordgau gehörte, versah das
besondere Landgericht des Bürggrafthums Nürnberg,) von
Rasch im Raschbach nach Stöckelsberg, durchs Dorf hin-
durch bis durch Trautmanshofen gegen den Thierstein an
die fernere Laber, und an derselben hinab bis zu ihren
Einflulfs bey Sinzing. — (Der noch ober der Laber lie-
gende Distrikt von Engelthal, Stöckelsberg, Altdorf, Gna-
denberg, Happurg, Reicheneck, Kastell, und der Distrikt
jenseits der Laber von Velburg scheint vom Landgericht
Wirschberg defswegen nicht mit eingeschlossen, weil sich
dahin nach späterer Ausdehnung einerseits das Landgericht
Sulzbach erstreckte, andrerseits die besondere Grafschaft
Velburg, oder Luppurg, als alter Untergau Westermann an-
schlofs.) \
Die Gaugräfliche Würde in diesem Nordgau behauptete
die im Rudmarsberg und Sulzgau angesessene, aber aus Baiern
bey Kranzberg und an der Glon abstammende F amilie der Gra-
fen von Hirschberg, die auch 1030 sich von besondern
Schlössern zu Weifsenburg, Sinziug, später auch von Kreglin-
gen, Dollenstein, Altendorf nannten, in XI. Jahrhundert ihre
Agnaten die Grafen von Sulzbach beerbten und 1304 erloschen.
(s. unten Hirschberg.)
Als Grafen im Kelsgau kommen vor: 868, 879 ein Eugildeo,
908 Arnold, Arnolfus, 1002 Magenes, 1007 Berenger, 1040
Otto. Im Westermann auch ein Engildeo. Jene sind offenbar
die Vorfahrer der Grafen von Riedenburg und Burggrafen von
Regensburg, und weil derselbe Name eines Gaugrafen Engildeo
auch im Westermann vorkommt, und die Riedenburge auch
Besitzer von Kalmünz waren, so dürften wohl beyde Gaugrafen-
geschlechter für Eines genommen werden.
in
115
Die in den Urkunden anderweit genannten Grafen von
Nordgau sind nicht die Gaugrafen dieses Nordgaues, sondern
die Markgrafen vom Nordgau, welche aber innerhalb
den Grenzen des eigentlichen Nordgaues den Distrikt des nach-
her gebildeten Landgerichts Nürnberg und Sulzbach als beson-
dern Comitat in dynastischer Eigenschaft dabey besessen, wo-
her es auch gekommen, dafs nachher das Landgericht Hirsch-
berg dieselbe aufser der Linie seines Nordgauischen Landge-
richts gelassen. Dahin gehören: Heinrich, Adalberts Vater,
aus der Babenbergischen Familie, * 886 dem seine Söhne Adel-
hard, Adelbert und Heinrich folgten. Nach deren unglückli-
chem Ende a. 902 und 905 erhielt die Markgrafschaft Nordgau
der Graf Luitpold von Oestreich, der im Treffen gegen die Un-
garn bei Prefsburg a. 907 blicb. Die nachher genannten Gra-
fen oder Markgrafen von Nordgzau sind Grafen von Ammerthal,
die sich auch Markgrafen von Schweinfurt nannten; und zwar
954 Adalbert, 961 Bertold v. Ammerthal sein Sohn, 98I— 1021
Heinrich sein Sohn, in dessen Grafschaft 981 ein Scierstätt in
Suburbano Reginae Civitatis lag *). Nach seinem
Tod ging der Markgräfliche Titel in das Haus Vohburg über.
Aus Irrthum werden zuweilen unter diesen Markgrafen
auch aufgeführt die Brüder Wilhelm und Engelschalk, En-
gildeo, Udaschalk, welche nicht Markgrafen der Ostfrän-
kischen Mark, sondern von Ocstreich waren. Doch
scheinen unter dem nemlichen Namen auch Riedenburge vor-
zukommen.
52 So
*) A. 1021 verleiht König Heinrich der Kirche zu Bamberg folgende Güter, ba-
varicis legibus servientia, als den Wald zwischen der Schwabach
und Pegniz mit Crinitlaha , Margeresbrunum, Altrihesdorf, Heribrechtesdorf
- im Pago Norgowe et in Comitatu Heinrici Comitis sita, Unter Bavari-
eis legibus versteht man hier die Baierische Art, die Landgüter an freye Men-
schen, Barschalken, zu verstiften. j
116
So glaubt man also aus den bisherigen dunkeln
und immer verwechselten Nachrichten eine bestimmte Anga-
be des Nordgaues entwickelt zu haben, die in gröfster
Uebereinstimmung mit den Bischöflichen Sprengeln, mit dem
aus der Nordgauischen Gaugrafschaft gebildeten Landgericht
Hirschberg, und mit dem Daseyn der Gräflich Hirschbergi-
schen und Ammerthalischen Familie steht. Es war leicht zu
irren, wenn man nicht die Hirschbergische Gaugrafschaft
Nordgau, und die Babenbergische, nachher Ammerthalische
und Schweinfurtische Markgrafschaft Nordgau unterschied,
oder sich unter beyden Namen einerley Gebiet dachte. Die
Geschichte erlaubt nicht mehr, den Nordgau in solche ferne
Grenzen auszudehnen, wo sie das Daseyn ganz anderer Gauen
unter andern Herzogen und Bischöfen bewiesen hat. Ein Gau-
graf von solchem Umfang, als man dem Nordgau ehedem hat
geben wollen, würde mächtiger als der Herzog selbst gewesen
seyn, und die einfache Verwaltungsform der Gauen alsdann
nicht zugereicht haben; auch würde es ein ewiges Räthsel blei-
ben, wie sich der ungeheure Gäu auf einmal in so ganz ver-
schiedene erbliche Regierungen aufgelöst haben sollte, welches
jetzt in den Geschichten der einzelnen Gaugrafschaften ganz
klar vor Augen liegt. Und sollte sich nun irgendwo der Name
Nordgau sonst noch in einem Sinn angeführt finden, der mit
dem jetzt gegebenen durchaus nicht zu vereinigen wäre, wovon
man aber zur Zeit keine Kenntnifshat, so ist bey vorausgesetzter
ächter Quelle nichts anders übrig, als’zuzulassen, dafs Nord-
gau zuweilen auch einen grölsern Distrikt, aber alsdann nur in
chorographischer Bedeutung, und ohne alle Beziehung auf die
politische Eintheilung und Abhängigkeit, bezeichnet haben kön-
ne, so wie esim Elsafs auch einen Nordgau und einen Südgau gab,
in dem als Nordgau bezeichneten Landesbezirk aber die wirk-
lich von Grafen regierten Gauen an sich ganz verschieden sind
und unter verschiedenen Namen erscheinen.
c)
Te 117
ce) Regensburger Sprengel.
25)
Episcopatus Ratisbonensis Deiparae devotus ejusdemque beneli-
ciis ac favoribus dicatus. 1710. Eine Charte in Scherers
Atlas Marianus, $. 73. Der Regensburgische Diöcesan-Ka-
lender,
P2
Slavia, Regio Slavorum.
So hie[s anfänglich nach zertrümmerten Thüringischen Reich der
ganze Distrikt vom Mayn bey Schwarzach an bis an die Saale,
woraus erst später und allmählich durch Gründung des Christen-
thums, und Erneuerung der Fränkischen Macht über die vorge-
rückten Slaven der Gau Volkfeld, Rednizgau und Banzgau gebil-
det worden. (s. Henze Versuch über die ältere Geschichte des
Fränkischen Kreises.) Am längsten Slavisch und ganz ohne Gau-
verfassung blieb der Distrikt des Kapitels Eger, wohin der Baireu-
ther Wunsidler Kreis, Redwiz, Waldsachsen, Mitterteich, Wal-
tershofen, Tirschenreut, Neuhaus, Bernau gehörte. , Im eilften
Jahrhundert scheint es der ostfränkischen Markgrafschaft gelun-
gen zu seyn, sich darinn festzusetzen, wefshalb auch dieser Di-
strikt nachher eine Vohburgische Erwerbung wurde, die durch
Heirath in die Hohenstaufischen Besitzungen überging.
Ostfränkische Markgrafschaft, Markgrafschaft des
Nordgau.
Als solche wird hier bezeichnet das Gebiet östlich von Bernau
herab an der Böhmischen Grenze bis Eschellkam und Somerau fort-
laufend, sich dann links über Bodenmais nach Gotszell und an
der östlichen Bogen herab nach Deggendorf ziehend; von Deg-
gendorf herauf an der Donau laufend bis über Regensburg an die
Laber; westlich aber an der gegebenen Grenze des Nordgaus
bis Hohenstatt, des Rednizgaues bis Warmensteinach, und so-
dann
118 re N =
dann nördlich durch das Slavenland begrenzt. Dieser Distrikt *)
bildete sich aus den Trümmern des Thüriugischen Reichs durch
das allmählige und fortgesetzte Vorrücken der militärischen Mark-
grafen und der christlichen Missionäre gegen die zu bändigende
Thüringische Stämme, und sich dazu gesellten Slavische Anbauer.
Er begrief vom Bilsthum Regensburg die Dekanate Deggendorf,
Pondorf, Cham, Nabburg, Donaustauf, Schwandorf, Hirschau,
Sulzbach, Leuchtenberg und Stadt Kemnat, als Untergauen aber:
a) Die Bogenäu, benamnt von den zwey Flüssen Bogen, da-
von die östliche, diePogana orientalis, bey Kloster Gotteszell
entspringt, und bey Deggendorf in die Donau fällt, die west-
liche, Pogana occidentalis, bey Elsbettenzell entspringend,
nächst Bogen sich in die Donau ergielst. Die Landschaft
um diese Flüsse hiefs die Pogena, Bogenau, noch heut zu
Tag bey Windberg im Bogen, kommt bereits vor in einer
Karolingischen Urkunde von 882 und erscheint nach der
Hand als ein eigener Comitat. (s. Scholliner Stemmato-
graphia Comitum de Bogen in den N. Abh. der Ak. der WW.
IV.288.) Diesem Comitat-glaubt man mit ziemlicher Gewils-
heit das Kapitel Deggendorf, bestehend aus den PfarrortenArn-
bruck, Böbrach, Deggendorf, Engelmays, Geisstall, Gotts-
zell, Gräfling, Hundesdorf, Maria Pösching, Metten, Neu- _
haufsen, Neukirchen, Oberwinkling, Perastorf, Perg, Pfel-
ling, Bodenmais, Ruemansfelden, Schwarzach, Tegernbach,
Unteryichtag, Waltendorf, Wetzel, Windberg, und das Ka-
pitel Pondorf, bestehend aus den Pfarreyen Arrach, Aschach.
Bo-
*) Dals er zuFranken und nicht zu Baiern gerechnet wurde, s. unter andern
Adelboldi de rebus gestis Henrici (Ludewig Scriptor. Rer. Epis. Bainb.):
Rex igitur intrante Augusto in Franciam exercitun super Hezelonem duxit. —
In primo igitur impetu Mertula (Ammerthal) dirimitur — post haee et Crusi-
nam (Kreulsen) obsidet,
119
Bogenberg, Conzell, Kreuzkirchen, Frauenbründl, Falken-
stein, Haslbach, Kirchenroth, Loizendorf, Oberaltaich, Park-
stetten, Pfaflenmünster, Pondorf, Rattenberg, Ratiszell,
Reibersdorf, Sossau, Stallwang, Steinach, Wezelsberg,
Wiesenfelden zueignen zu dürfen; jedoch mit Ausschlufs
von Straubing selbst, welches als eine alte Domstift Augs-
burgische Besitzung chedem wohl gar nicht zu dem Kapitel
Pondorf gehörte. ee
b) Das Horevun
soll zwischen Naab und Regen gelegen haben, woselbst ein
Holzheim und ein Graf Udo im Jahr 1007 vorkommt (s.
hist. Abh. der Ak. der WW. 1807.). DerLage nach bie-
tet sich für diesen Distrikt das Kapitel Donaustauf auf
dem linken Donau-Ufer mit Aholfing, Altenthann, Brenn-
berg, Frauenzell, Illkofen, Obertraubling, Röttenbach,
Sielsenbach, Tegernheim, Winzenbach, Wiesent und Wörth,
also mit Ausnahme von Geisling, Pfetters, Sarching, und
das Kapitel Schwandorf mit Burglengenfeld, Calmünz, Die-
teldorf, Duggendorf, Hainsacker, Hohenfels, Kirchberg,
Kirn, Lamberts- Neukirchen, Leonberg, Neukirchen, Petten-
dorf, Pettensreut, Rambspan, Regenstauff, Rieden, Salten-
dorf, Schmidmühlen, Steinsberg, Vilshofen, Wackersdort,
Wiflsdorf, Zeitlarn dar.
Das Chambrich,
genannt als Pagus in einer Urkunde von 849 in der Ge-
gend von Weilsregen, mit einem Bach Chudratispach (Katz-
bach) unter einem Grafen Sizo. Man nimmt hiefür das
eigentliche Markgrafenland mit dem Kapitel Cham also Alt
und Neuschwand, Arnschwang, Camerau, Dalking, Eisen-
stein, Eschelkam, Fischbach, Furth, Gleifsenberg, Grafen-
ried, Herzogau, Kirchen-Rorbach, kötzing, Lam, Martins-
neu-
neulürchen, Mosbach, Neukirchen Balbini, Neukirchen b.
h. Blut, Nittenau, Pempfling, Penting, Playbach, Pösing,
Pruck, Pänkam, Regenbeilstein, Reichenbach, Rimbach,
Roding, Runding, Sattelbeilstein, Schönthal, Schorndorf,
Stamsried, Waffenbrunn, Wald, Waldersbach, Waldmün-
chen, Zant, Zehl; — das Kapitel Nabburg mit Altendorf,
Alt uud Neustadt, Böhmischbruck, Dieterskirchen, Eslarn,
Heinrichskirchen, Kemnat bey Fuhrn , Mosbach, Murach,
Neuburg vorm Wald, Neukirchen bey St. Christoff, Ober-
vichtach, Pullenrieth, Retz, Schönsee, Schwarzach und Af-
falter, Schwarzenfeld, Schwarzhofen, Seebarn, Stadle,
Tanstein, Tenesberg, Teunz, Tieffenbach, Trausniz im
Thal, Unterauerbach, Weidenthal, Weidhaufsen, Waldau,
Waldthürn, Weihern, Winklarn, Wirz; das Kapitel
Hirschau mit: Amberg, Ammerthal, Aschack, Bruck, Ehen-
feld, Ensdorf, Gebenbach, Hanbach, Hohenkemnat, Kem-
nat bey Neunaigen, Lindach, Poppenberg, Paulsdorf, Pit-
tersperg, Rottendorf, Schlicht, Schmidgaden, Schnaiten-
bach, Schönbrunn, Theuern, Vilseck, Wutschdorf und
endlich das Kapitel Allersburg mit Aldertshaufsen, Haulsen,
Hohenburg, Pillenhofen, Utzenhofen.
Von der Familie der Markgrafen, den Babenbergen, an deren
Stelle seit 954 bis 1057 die Grafen von Ammerthal erscheinen,
war oben beym Nordgau schon die Rede. Ihnen folgten als
Markgrafen die Grafen von Vohburg, und erhielten den Um-
fang der Kapitel Cham, Nabburg und Hirschau als die eigentliche
Dotation der Markgrafschaft. In dem kleinen Kapitel Ailersburg
separirte sich eine wahrscheinlich Voburgische Seitenlinie, die
Markgrafen von Hohenburg genannt. Die Bogenau wurde eine
erbliche Grafschaft der Grafen von Bogen, das Horevun der Burg-
grafen von Regensburg, die man einerley Stams mit den Grafen
von Riedenburg hält. Noch blieb übrig ; der Distrikt des Kapitels
Sulz-
FE EEE ZEN 121
Sulzbach mit Erbendorf, Flofs, Friedenfels, Kaltenbrunn, Kol-
berg, Misbrunn, Neukirchen bey Weiden, Parkstein,, Pleystein,
Plösberg, Prennersberg, Püchersreuth, Rottenstall, Steinfels,
Vohenstraus, Weiden, welchen wir, jedoch untermischt mit
den nachher an die Hohenstaufen gelangten Reichsdomänen Flofs,
Parkstein, Weiden, Vohenstraus, als besondern Comitat der Gra-
fen von Sulzbach, aus dem Gaugräflichen Geschlecht der Grafen
von Hirschberg erblicken. Endlich aus dem Umfang der Kapitel
Leuchtenberg mit Köbliz, Luhe, Michldorf, Pfreunt, Purk, Rocken-
stein, Schirmitz, Wernberg, und des Kapitels Stadt Kemnat, zu
Castell, Culmain, Ebnat, Falkenberg, Grafenwörth, Kirchenlai-
bach, Rirchentumbach, Mokersdorf, Pressat, Pullenreuth, Schlam-
mersdorf, Speinshard, Stadt Eschenbach, Kemnat, Fichtelberg,
Waldeck, WVindischeschenbach, Wisau, ging das Gebiet der
Grafen von Leuchtenberg hervor. Sie schalteten als dynastische
Eigenthümer, und zur Erblichkeit in diesen Untergau - Bezirken
gelangte Grafen, jedoch in Beziehung auf auswärtige Verhältnisse
und die Landesdefension noch in einiger Abhängigkeit, von denen
die herzogliche Gewalt repräsentirenden Markgrafen, nach Ab-
gang der Ammerthaler Familie aber, wo den Vohburgen nur die
Markgräflichen Rechte in ihrem eigenen Bezirk von Cham, Nab-
burg und Hirschau verblieben, mit vollkommener Reiehsständischer
"Unabhängigkeit, so weit sie sich nicht dem Einflufs und der Ue-
bermacht der Hohenstaufen zu fügen hatten, der dann seiner Zeit
für diese Gegend auf das Haus Wittelsbach überging.
II. Bojoarische Gauen.
P. Beda Appells historische Untersuchung der Grenzen, Gauen
und Ortschaften des Herzogthums Baiern unter den Herzogen
des Agilolfischen Stammes. (Abh. der Akad. der WW. VI.
Band.)
P. Roman Zierngiebls Abh. von der Lage der Mark- und Graf-
16 schaf-
schaften des karolingischen Baierns. (Neue hist. Abh. der Ak.
der WW. I. Band.) Eine gemeinschaftliche Quelle aller bey-
den ist Hund Metropolis Salisburgensis.
a) Passauer Sprengel.
27) Ilzgau,
nach Bessel der Distrikt von der rechten inkiee) Seite der Ilz,
die sich bey Passau in die Donau gielst, bis zum Nordwald und
Regenbruck am Regen. Eine Urkunde König Philipps von 1207
beschreibt ihn also: Comitatum quendam, qui durat a ponte qui
Regenbrugge (von einigen mit grofsem Milsverständnils auf Re-
gensburg gedeutet,) usque ad flurium, qui Ilse nuncupatur, et
a fluvrio Danubii usque ad terminum Boemiae. A. Ioro gibt König
Heinrich dem Frauenkloster zu Passau einen Theil des Nordwalds
in Comitatu Adalberonis vom Ursprung der llz bis zum Ende
des Walds, wo er Böhmen von Baiern scheidet, und dann ab-
wärts der Ilz und der kleinen Rot bis zur Donau hin. (Hansiz
Germ. Sacra I. 241.) Dieser Gau ward zur occidentalis plaga ge-
rechnet, im Gegensatz von Böhmen, welches orientalis Plaga
hiefs, vermöge einer Urkunde König Heinrichs I. von 1009: inde
al magnum lapidem, qui ex orientali plaga prope stratam
jacet, quae Bayariam tendit et sic per stratam usque ad nigrum
Regin, et sursum per eundera flurium ad locum ubi interlluit aqua
Fladinz et inde ad fontem ejusdem aquae et ita usque ad Nauffina.
(Ludewig Script. rer. Epis. Bamb. I. 332.) Ferner in einer Ur-
kunde von 1oIL: item in orientali plaga — usque in fluvium
Danubii et inde rursum in latitudine usque in occidentalem
plagam. — Die oben beschriebene Lage des Gaues stellt ihn
ganz vollkommen dem Inbegriff der beyden Passauischen Kapitel
Schönberg und Waldkirchen gleieh, nach welcher seine Grenzen
sind: östlich der Böhmerwald, südlich die Donau von Ober-
zell bis Windorf, Deggendorf gegenüber; westlich eine von
Win-
28)
{ — 123
Windorf, Otterkirchen und Tiefenbach, vorbeygehende, diese
Orte mit einschlielsende Linie an die Ilz, an dieser fort und jen-
seits Langenbruck westnördlich an Regen ablenkend, und an der
Grenze von Bodemäis, welches aulserhalb verbleibt, sich in einer
Spitze wieder an den Böhmerwald anschliefsend. — Die Gau-
grafen dieses Gaues waren Fornbache, aus deren Erbschaft die
Herzoge von Meran denselben unter der Bestätigung König Phi-
lipps in der oben angeführten Urkunde von 1207 an das Hochstift
als eine Grafschaft abtraten. Dynastische Besitzer im Gau nächst
Passau waren die Grafen von Hals.
Schweinachgau, eigentlich Schwanengau, von Schwanenkir-
chen bey Winzer benannt; schlieft sich, wenn man ihm das Ka-
pitel Aichach vorm Wald zum Umfang gibt, durch die Linie von
Deggendorf (dieses jedoch nicht mit eingeschlossen) an der Donau
bis Vilshofen gegenüber, dem vorigen Gau an. Dieser fällt nun
gerade in dieselben Grenzen, welche Appell dem Gau beschreibt,
ohne seine Angaben mit der Analogie der Kapitel-Grenzen ver-
stärkt zu haben. Bessel und auch Zierngiebl rücken etwas zu
weit in den Ilzgau an den Böhmerwald vor, welches daher kommt,
dafs der zum Schweinachgau gehörigegrofse Nordwald mit dem
Böhmerwald verwechselt wird. . Dieser Nordwald, worinn Nieder-
altaich lag (Ecclesia Niederaltaich, sita in Eremo, quae vocatur
Nordwald, in dipl. a. 1009. Ludewig l.c. p. 332.), erstreckte sich
von Niederaltaich bis über die Ilz, und ist der nachher sogenannte
Langwald, Aicha also nicht vor dem Böhmerwald, sondern
dem Nordwald. In Henricischen Urkunden von 1005 — 1009 sind,
als im Sckweinachgau belegen genannt, Niederaltaich, Flinsbach,
und was zwischen WVinzer und Hofkirchen liegt, Hengersberg.
Metten aber, das andere auch auflühren, liegt bestimmt in der Bo-
genau, Rinchnach und Zwisel im Ilzgau. Der Gau Grunzwidi,
der sich bis Krems ersteckt haben soll, in Oestreieh, Viertel Wie-
nerwald unter der Ens, kann unmöglich ein Untergau des
20. * Schwein-
ı24 . A:
Schweinachgau gewesen seyn, und gehört gar nicht hieher unter
die Baierischen Gauen. Bis zu den Zeiten Ludwig des Teutschen
war der Schweinachgau Untergau des sich jenseits der Donau über
Osterhofen und Vilshofen verbreitenden Kinzinggau. Seit
König Arnulfs Zeiten aber erscheint er als ein eigener ganz unab-
hängigerGau, unter Gaugrafen aus dem Fornbachischen Geschlecht:
Hunbold 833, Gumbert 880, Luipold, Sieghard 905, Iringus 1005,
Thiemo 1009, Ditmar 1040. i
29) Vilsgau, Vilsthal.
Der Distrikt zwischen der Vils, Iser und Donau, wo die Haupt-
orte Vilshofen und Osterhofen sind, führte ehedem den beson-
dern Nameu Kinzinggau, von Kinzing bey Pleinting, und
hatte den Schweinachgau mit eingeschlossen. Durch die Ab-
sonderung des letztern löste sich der Kinzinggau gänzlich auf,
und bildete nun mit Vilshofen, Osterhofen, Landau, dem Gebiet
an beyden Ufern des Kolbachs und der Rot bis herunter bey
Pfarrkirchen und Prombach einen eigenen neuen Gau, Vils-
gau, noch heut zu Tag in einem Theil desselben als Vilsthal
bekannt. — Er umfalste auf diese Art das Kapitel Galgweis,
oder das ehemalige eigentliche Kinzinggau, welches am rechten
Flufsgebiet der Vils von Reinding, Mistelbach, Heidenburg, Ei-
chendorf sich an die Iser zog *), das Kapitel Landau, und das
von Passau aus unmittelbar behandelte Kapitel am Kolbach und
der obern Rot mit den Pfarreyen Baumgarten, Dietersburg,
Egstetten, Gärtlberg, Haiming oder Neuhofen, St. Johanniskir-
chen, Kirchberg, Kirchdorf, Neuhofen, Neham, Pfarrkirchen,
Pirnbach, Postmünster, Schönau, Stubenberg, Thurnstein, Trift-
lern,
eu
*) Däs Chronicon Lunaelacense ‘enthält Urkunden, welche folgende Orte in Rinzing-
gau setzen: Harioldeswis, Mistilespah, den Chalpaha (Kolbach), Rota, Marca de
Gaginpah usque in Castoropah, Meginhardishusin, Rossopah, Sulzipah ad Filusa.
..w
ar 25
lern, Utlau, Waldburgskirchen, Waldhofen, Witlibreit. Den
Quiringau, den Hleinmayern für einen Theil des Kinzinggau,
der Verfasser ‘des Mausolei Emeranei für einen Theil des Fils-
'thals, Zierngiebl aber für blofse unrichtige Leseart, und ganz
gleichbedeutend mit Kinzinggau hält, mufs man gleichwohl, weil
dessen Orte aufserhalb dem Passauischen Sprengel in
der Gegend der ehemaligen Grafscheft Frontenhaulfsen vorkom-
men, deren Grafen v. Lori als Gaugrafen aulführt, für einen
besondern Baierischen Gau Regensburger Bifsthums an-
nehmen, welches izt noch ein Kapitel Frontenhaufsen hat. Inner-
halb diesem Vilsgau war Osterhofen ein berühmtes Palatium
Regium unter König Ludwig dem Teutschen, auch früher schon
eine Residenz Herzog Udilos von Baiern, der daselbst ein Klo-
ster gestiftet,, welches nachher König Heinrieh I. dem Hoch-
sift Bamberg geschenkt. Für die Gaugrafen hält man die Gra-
fen von Ortenburg, indem sie noch lange Zeit später den
gröfsten Theil dieser Gegend besessen, wiewohl nach andern
Griesbach mit sieben Landgerichten eine Fornbachische Be-
sitzung gewesen seyn soll, welches bey der Geschichte der
Fornbachischen Grafen noeh näher beleuchtet werden wird.
Es hommen vor ein Graf Amalrich g066— 831, ein Graf Hu-
nolfus a. 890, in dessen Grafschaft Schönau bey Eggenfelden
lag; ein Graf Bruno a, 1064, Ekebert 1077. Doch waren
auch noch im Gau dymnastisch angesessen bey Osterhofen,
die Grafen von Hals, und zu Landau die Grafen «von
‚Landau, deren Gebiet sich vielleicht auf das ganze Kapi-
tel Landau mit Adelsdorf, Arnsdorf am Kolbach, Aufhaulsen
und Vilsthal, Ettling, ‚Graefendorf am Kolbach, Hannersdorf
im Vilsthal, Igendorf, Kamern, Malgersdorf, S. Marie am Kol-
bach, Mettenhaufsen, Münchdorf am Kolbach, Niederhaufsen,
Oberpöring, Reichersdorf, Rorbach am Kolbach, Simbach,
Wildthurn und Zenolfing erstreckt.
30)
126 -
30) Rotgau, Rotthal.
Bessel, Appell und Zierngiebl deuten denselben einstimmig also
an: am untern Theil der Rot von Triftlern an gegen Riedenburg
zu (Triftlern selbst als Passauischen Kapitels hat man dielsorts
dem Vilsgau zugetheilt belassen), von Riedenburg aus nach Schär-
ding. Den Appelschen Zusatz an beyden Ufern des Inns
mufs man bezweifeln. Dieser Gau, nach seiner in der Hauptsache
"schon angedeuteten Lage am Inn, stellt sich noch bestimmter dar,
wenn man ihn für das Passauische Rural-Kapitel Aigen am Inn
hält, mit Ausschlufs jedoch der Fornbachischen Residenzen Forn-
bach und Neuburg, welche auf die Dependenz von der gegenüber-
liegenden Fornbachischen Gaugrafschaft am Antels-Fluls deuten.
Das Chronicon Lunaelacense nennt als Orte im Rotachgau,
vermuthlich Rotgau: Perg, Holthurn, Wolfaha (Wolfach bey
Reinding?), Ecclesia $. Martini, Rota, Pochingas (Poking), Rota
ad Intinstegen (Rotersheim?), Intinstegon (Inzing?), Scheffouwa
(Schwain ?); eine Urkunde von 927 (s. Juvavia), Sunninberh (Schön-
berg?), Pigersto, Rihkozereot, Heubergers Ichnogr. Eringa
Ering am Inn; eine, übrigens nicht unverdächtige Passauische Ur-
kunde vom Herzog Tassilo Sulzipah und ein Castrum Pazawa?
s. Neue Abh. der Akad. der VVW. I. 242. Bessel nennt ein Kirch-
bach, Kurtanbach, Holzhorn, Malching, Berg, ad Rota, ubi Boni-
naha (Bina) in ipsaRota egreditur; ein Sauerstedt, das man nicht
mehr findet, und von einigen für das aufgehobene Kloster
Wolfach gehalten werden will. Gaugrafen waren die Grafen
von Ortenburg, die später ihre ganze Grafschaft im Rotthal,
mit Ausnahme Ortenburgs, an Baiern verkauften. Ein Graf
Gerold kommt vor a. 1007 (Eringa in pago Rotgauwe, et in
Comitatu Heroldi s. Abh. der Akad. der WW. IV. 116.), ver-
muthlich derselbe, den Zierngiebl Kerold nennt, und dem ein’
Engilbert folgte. ıorz Comes Chadoloch.
37) Antessengau, ist zuerst entdeckt von Lipowsky in den Abh.
der-
BEP ERRIDE Weed — hen
mn nn 127
der Akad. der WW. S. 255 aus einer Urkunde der Monumento-
rum. Boicorum T. IV. S. 426 vom Jahr 1205, welche besagt: ‚in
pago quem transit fluvius Antessen, in Comitatu Gomitis Perchtol-
di de Andehse, welches Lipowsky für das Gericht Ried im Inn-
viertel hält, dem man ganz beistimmend jedoch auch noch das Ge-
richt Schärding mit den Fornbachischen Residenzen Fornbach und
Neuburg jenseits Inns beyfügt; denn auch Schärding war Fornba-
chische Besitzung, auch Schärding gehörte 1205 dem Grafen
Bertold v. Andechs als Fornbachischem Erben, und es bliebe nicht
wohl ein anderer schicklicker Gau übrig, dem man Schärding
aufserdem zutheilen könnte, es mü/ste denn der Schweinachgau
seyn. Denn das Rotthal war Ortenburgisch und das Traungau
Lambachisch; und aufserdem würde alsdann auch der Antessen-
gau mit dem Gericht Ried allein zu gering dastehen, der eben so
wenig für einen Untergau des Mattichgau anzunehmen ist, weil
die Urkunden nichts von Fornbachischen Grafen im Mattichgau
erwähnen. Da man von dem jenseits des Inns liegenden Theil des
Bifsthums Passau weder eine Diöcesankarte , die gar nicht existi-
rensoll, noch Dekanatsverzeichnisse hat, so mul man ssichllediglich
an die ältere Amtsgränze von Ried und Schärding halten. Gaugra-
fen waren die Grafen von Neuburg, am Inn, eine Linie, und zwar
die letzt übrig gebliebene, der Grafen von Fornbach, von welchen
bey der Geschichte der erblichen Grafschaften ausführlicher ge-
handelt werden soll.
32) Mattichgau
begrief nach Lipowsky und Appell die Gerichte Friedburg,
Braunau, Mattighofen, Uttendorf, Mauerkirchen, Schärding, Ried;
indem er sich nach diesen von Mattsee und von der Mattich aus
bis an die Pram erstreckt haben soll. Das Chronicon Lunaelacen-
se aber dehnt seine Grenzen nicht bis an die Pram, sondern nur
bis Stralswalchen und den Distrikt von Mondsee aus, wornach die
Gerichte Schärding und Ried wegfielen, die ron uns auch zu ei-
nem
128
nem eigenen Gau, den Antessegau, gerechnet worden sind. Der
Bergrücken bey Frankenmarkt und Vöklabruck scheidet ihn vom
Trungau und südöstlich schlielst sich der kleine Attergau an ilın
an. Das Chronicon Lunaelacense benennt folgende Orte: Manin-
seo (Mondsee), Auistetti? Triupach (Treupach), Gurtina (Gurten),
Heiminga (Inging?), Mochundorf(Mosdorf?), Helphawa (Helpfau),
Maticha (Mattighofen). Bessel unter Beziehung auf den Indicu-
lum Armnonis führt an: Inging bey Mattighofen, Gürten, Lupihe-
"hinesbach (etwa Laufenbach, aber im Traungau ?) Pollinga (Polling),
Stein, Höhnhard,. Altheim (wo Bessel irrig das Concilium Althei-
mense hin versetzen wollte), Osternach (im Antessengau). Der
Indiculus enthält aber keineswegs diese Orte, sondern nur Inging.
Ein Tassilonisches Diplom von 788 nennt auch ein Ankinoha, und
eine Urkunde von 934 (Juvavia) Tetilinesdorf. Ein Untergau des
Mattichgau war der Attergau, werinn der Irschsee, Mondsee °
und Attersee lag. Da das berühmte Kloster Mondsee bald als
Zubehörde des Mattichgau, bald des Attergau aufgeführt wird,
und derselbe Graf Gebhard a. 1007 als Gaugraf im Mattichgau und
‚ eben so im Attergau erscheint, so geht daraus hervor, dafs
der Attergau als Untergau zum Mattichgau als dem gröfsern gehört
haben müsse. Das Chronicon Lunaelacense nennt als Attergaui-
sche Orte: Steindorf (Stein?), Einwalhesdorf (Seewalchen?),
Mulipah, Pogindorf(Polnsdorf?), Adalhohesdorf, Chemata (Kam-
mer?), Pirichinwang (Berwang?), Flumen agra (die Eger), die
vom Atterseenach Vöcklabruck flielst; Pohbett, Puhiberbar (Buch-
berg?). Die Mondseeischen Stiftungsgüter, die aber nicht alle
im Attergau und Mattichgau lagen, waren: Ninzilingen, Allers-
bach, Chalpaha, Oberachalpaha, Untraha (Untracht), Wizinpah,
Liubensperg, Iskila (Ischel), Preitenfelden, Gynginpah, Alblingon,
Chunisperg, Cinkin, Michilnpah (rechts der Mattich), Rindertal,
Nezzeltal, Mons Stoegshe, Spenztale, Burchstal, Buchebach,
Rinte, Cella, Mattighofen, Pohhe, Steinbach, Heimga, Mochen-
‚dorf. — Mattighofen war eine Curtis regia; Kaiser Heinrieh IV.
rich-
129
richtete zu Isengrimesheim an der Marchluppe über einen gewis-
sen, wegen Statsverrath angeklagten Bodo, und schenkte dessen
Güter an Salzburg. Eben so soll Randeshofen eine Curtis Regia
des Carlmann gewesen seyn, woraus nachher Braunau entstanden,
Als Gaugrafen, aus dem, Geschlecht der Grafen von Wels und
Lambach, kommen vor: Machelmus, unter Tassilo, Richarius,
unter Karl M. Engelbert a. 808, Drotricus 823, Isengrimm 904,
Arnold und Wilhelm zu Wels und Lambach 971, Gebhard 1007,
Arnold 1032, Piligrim 1038, Arnold von VVels 1089.
33) Trungau
ist, so weit er sich in den jetzigen Baierischen Staat erstreckt,
der Distrikt, welcher noch innerhalb der Grenze an die Gerichte
Schärding und Ried, oder den Antessengau und den Attergau an-
stölst, mit den Hauptorten Frankenmarkt, Vöcklmarkt, Vöckla-
bruck, Frankenburg, Schwanenstadt, Haag, Zill, Bayerbach,
Weizenkirchen. Er dehnte sich von beyden Seiten des Traun-
Sees oder Gmündner Sees und des daraus fliefsenden Traunflusses
bis in die Gegend von Ens, und ihren Einfluls in die Donau, bis
Wels, Kremsu.s.w. aus. Als Untergau, Appell glaubt als ganz
gleichbedeutend, kommt yor der Uffgau, mit den benannten
Orten Bimuinaha, Pachmanna (Pachmanning), denen das Chroni-
con Lunaelacense beyfügt: Chavinga, Ostarperhtesdorf, ad Bur-
cam prope Suaneseo, ad Kundeschiringam, Groninbah. Es scheint
doch, als hätte der Uffgau nur den Specialdistrikt der obern Traun
bis zum Landgericht Weizenlürchen begriffen, um so mehr, da
im untern Distrikt eine eigene dynastische Familie des Grafen von
Sehaumburg sich zeigt. — Die Hauptorte des Gaues waren Ens
und Steyer, die Residenz der Grafen, die zugleich Markgrafen
gegen die südöstlichen Slaven waren, und sich daher Markgrafen
von Steyermark nannten. Die Mark haftete aber auf der Gau-
grafscha:t des Traungaues, welche die Dotation des Markgrafen
bildete. Später und bis 1127 biels der Umfang dieses Gaues
17 Ober-
130
Obersteyer, Kärnthen aber, welches damals nach Abgang der Ep-
pensteinischen Herzoge dazu kam, bezeichnete man als Unter-
steyer. Die Gaugrafen des Trungaues, Markgrafen von Steyer-
mark, zuletzt mit angenommenem Herzoglichen Titel, waren aus
dem wegen seiner Macht, Reichthum, und agnatischen Verbin-
dung mit den Fornbachen höchst bedeutendem Haus der Grafen
von Wels und Lambach , und erscheinen in folgender Reihe:
unter dem Tassilo Hleodro 791 in der Gegend von Krems und-
Münster 'angesessen. Gotram 799 Markgraf. Werner Missus regius
. 805. Gerold Marligraf 834. Arbo 876— 888. Unter ihm, den man
schon für einen Lambach hält, soll der Gau Grunzwidi dem Trun-
.gau einverleibt worden seyn. Isanricus, ein Sohn des Arbo, der
sich im Jahr 899 zu den Mähren flüchtete, im Jahr 901 wieder.
ausgesöhnt wurde, gemeiniglich Isengrim genannt, soll in dem al-
ten Roman Reinecke de Vos, der verkappte Wolf Isengrim, der
Fuchs Reinecke aber der GrafReinhard von Lothringen, nachheriger
Abt zu Stablo seyn, den Zwentebold von Mähren unter Isengrims
Einblasungen um sein Land bringen wollte. Reinharts Schlofs
Durfos ist das romantische Malaparte, der Löwe ist Zwentebold.
s. Eccard Commentarii II. 798. — Meginhard ein Fornbach a,
930. Ottocar I, 974. Ottocar I. Graf im Trungau, Markgraf in
Steyermark, Ottocar III. 1038 erscheint bestimmt als ein Lam-
bach. Ottocar IV. 1088. Leopold zu Steyer } 1129. Ottocar V.
1139. Ottocar VI. und letzte } 1192.
Nicht zu verwechseln mit dieser Kärnther Markgrafschaft ist
also die chemalige andere Markgrafschaft von Ostbaiern, Oestreich,
Ostirriche genannt, welcher Name zuerst in einer Urkunde von
996 (bey Hundmetropol. Salısb. I. 139: in regione vulgari nomine
Ostirichi) vorkommt. Gebhardi unterscheidet der Zeitfolge nach
zweyerley_Oestreichische Markgrafschaften::
a) die Fränkische oder Pannonische in Nieder-Ungarn,
gegen die Ungarn. Daselbst waren-Markgrafen: Gerold }
799
131
Guntram + 802, Werner, Alberich, Gottfried 8:7, Theode-
rich, Gerold II. 826, Rapot 829, Ernst 844—61, Werner
U. Prinz Karlmann, Wilhelm, Engelschalk, Gebrüder , oder
Neffe und Oheim, deren Familie (ums Jahr 893) vertilgt wur-
de, und welcher der vom Kaiser und den Mähren unterstütz-
te Arbo von Lambach auch in dieser Markgrafschäft, diesem
aber ein Engelschalk II. ein Ruprecht folgte. Da sich aber
die Mark gegen die Ungern nicht halten konnte, so wurde
sie ums Jahr goo ganz aufgegeben und bis an die Ens zu-
rückgezogen, daher also
b) eine ganz andere zweyte östliche Mark von Baiern,
wo Markgraf Leopold blieb 907, Arnulf, Leopolds Sohn,
Eberhard, Herzog von Franken gıı, die Rutgere von Pech-
larn. A. 944 rückt die Markt wieder etwas vor, a. 983 bis an
Kahlenberg, und heifst nun Österrichi. Leopold von Baben-
berg, Markgraf von Oestreich. Heinrich II. 991, Ernst,
Herzog von Schwaben, } 1015. Ernst. Leupold sein Sohn
1075. Leupoldus largus 1089. Leopold sein Sohn 1096. Im
Jahr 1156 wurde dieses Ocstreich ein unabhängiges, von
Baiern getrenntes Herzogthum, in welchem sich nach dem
Babenbergischen Stamm a. 1248 ein Markgraf von Baden,
als Gemahl der Oestreichischen Prinzessin Gertrud, und die-
sem entgegen seit 1251 König Ottokar von Böhmen, als Ge-
mahl der Prinzessin Margaretha zu behaupten suchte, bis er
1276 der Familie des Kaisers Rudolfs von Habsburg weichen
mulste.
b) Salzburger Sprengel.
Franz Thadd. v. Kleimayrn Nachrichten von Juvavia.
v. Aretin Literärisches Handbuch S. 239 von den geistlichen
Charten des Erzbifsthums Salzburg.
Salzburger Diöcesan-Kalender.
De : 34)
132
34) Salzburggau, Pagus Juvaviensium; (Pagus Luboacensis bey
Appell, den’er um Laybach sucht, möchte wohl auch verschrie-
ben statt Juvaviensis seyn,) liegt nach dem Indiculo Arnonis ober-
halb dem Flufs Igonta, qui et Salzaha vocatur. Kleimayrn gibt
seine Grenzen an: ober Kuchl von der Bergenge, oder dem Pals
Lueg an, zu beyden Seiten der Salzach herab, bis zum Ein-
flufs in Inn. Statt des Ausdrucks, bis zum Einflufs in
Inn, wodurch Chiemgau und Trunwalchau in ihren Grenzen theils
verrückt, theils versperrt würden, setzt man hier lieber: ‚zu bey-
den Seiten der Saale, links derselben an den Grenzen des Amtes
Traunstein, dann am Tachensee bis unterhalb Dengling fort, an
die Salzach, Ostermüthing gegenüber. In diesem Umfang sind
aufser dem eximirten Distrikt von Berchtoldsgaden, das seiner
Lage nach mit hieher zu rechnen gewesen, folgende Rural - Kapi-
tel begriffen: Hallein, Kestendorf, Lauffen, Seekirchen, Teilsen-
dorf und St. Zeno bey Reichenhall. Ostermutinga, Ostermiething
eine Villa regia, wo sich König Ludwig der Teutsehe viel aufge-
halten, wird in einer Urkunde von 1041 dem Hochstift Freysing ge-
schenkt. Die Gaugrafen waren aus dem Geschlecht der Grafen
von Plain, desselben Stamms mit den Grafen von Burghaufsen
und im Chiemgau. Zierngibl stellt folgende Beihe derselben her:
798 Imino. 843 Norbert. 996 Jungo. 909 Sieghart (kommt in ei-
ner Urkunde über Salzburghofen bey v. Kleimayrn schon a. 908
vor) 920. Engelbert, der in den genealogischen Hypothesen Buats
seine Rolle spielt, 940 Reginbert; denen Hartwich aus einer Ur-
kunde von 963 bey v. Kleimayrn beyzufügen. 'T'hiemo 1007.
Arıbo Hartwiei ülius a. 1104 heilst Graf von Salzburggau und Co-
mes Palatinus, dessen Bruder Graf Bode von Bodenstein a.
1104 gewesen seyn soll. Noch kommt vor 963 ein Graf Wilhelm
mit seinem Sohn Liutold, woraus zu ersehen, dafs damals auch.
schon die Söhne den Grafen Namen geführt. Die ausgedehnte
Exemtion der Kirchen zu Salzburg und Berchtoldsgaden be-
schränkte sie allmählig auf den engern Distrikt ihrer erblich
8
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WERE OZEZEE WEL WEDD GENE ZU NE ENTE PR
35)
GEHE FC 133
gemachten Grafschaftslande, wovon sie den Namen Plain an-
nahmen.
Pongau, führt noch heut zu Tag diesen Namen, in der Gegend
von Werfen bis an die Ens bey Radstadt. Eine Urkunde bey r.
Kleimayrn von 930 nennt duo flumina Arla und Tannindorf. Pan-
talar (s. Appell) wird Pon-Thal heifsen. Das Rural-Kapitel Alten-
markt, zu dem aber ehehin auch Grosarl und Gastein gerechnet
worden, stellt wohl den eigentlichen Umfang dieses Pongau dar.
Gaugrafen kann man nieht benennen, die bey der Nähe des Hoch-
stifts Salzburg nieht zur Erblichkeit gelangen konnten. Späterhin
erscheint noch der Name Provineia Gastein, in welcher die Herzo-
ge von Baiern noch verschiedene Nutzungsrechte unmittelbar zu
beziehen hatten,
Lungau, das Archidialtonal-Commissariat Lungau, Gericht Mau-
terndorf. Der Gaugraf Bertholdus vom Jahr 1003, den Bessel
anführt, ist nicht hier, sondern in der Gegend von Eggenfelden
“im Lingau zu suchen. Die Gaugrafen von Lungau sollen aus
dem Geschlecht der Grafen von Leonsberg im Isengau gewesen
seyn.
37) Pinzgau, Bisontium; nach Appell von der Urquelle der
Salzach an ihren beyden Ufern (adde: und rechts hinauf bis Böck-
stein und Rothhaus-Berg an der Illyrischen Grenze) bis zum Städt-
chen Daxenbach (adde: ‚und links hinab nach Lofer zum Steinbach-
pals bey der Unken) nach der Diöcesan-Eintheilung bestehend aus
den Kapiteln Piesendorf, Salfeld und Daxenbach, welches letztere
ohnedem früher mit Salfeld vereinigt war. Ein Pagus Salfeld
kommt in einer Urkunde von 888 bey v. Hleimayrn mit einem Ort
Ramseiden vor, und steht also noch dahin, ob Salfeldgau mit
Pinzgau gleichbedeutend, oder ob ersterer ein Untergau des letz-
tern, oder ganz anderswo gelegen war. Achnliche Urkunden
bey
134
bey Kleimayrn nennen ein Ort Letum (II. 129.) vielleicht Lend?
Chataprunin a. 931 vielleicht Kaprun. Ruit a. 976. *) Gaugrafen
waren hier ebenfalls die Grafen von Plain, die sich in dem obern
‚Distrikt in die Grafen von Mittersil, in dem untern in die Grafen
‚von Peilstein abtheilten. Aus Daxenbach und Goldeck bildete
sich eine besondere Herrschaft. Der Diotmarus nobilis vir et Co-
mes in Salvelden ums Jahr 930 war zweifelsohne ein Plain.
38) Pusterthal, Pustrissa, aus dem Slavischen: ödes Thal
s. v. Hormayr Beyträge zur Geschichte Tirols. Wien 1804. 8.
I. S. go.
ist. ein grolser Landesbezirk ‚ welcher von der Harbacher oder
Mühlbacher Rlause, unfern Brixen zwischen den teutsch Tirolischen
und Salzburgischen Gebürgen auf einer, und den Italienisch Istri-
schen auf der andern Seite, bis zur Lienzer Klause eine Strecke
von 10 Meilen lang fortläuft, und sich dann noch weit über Saxen-
burg bis an die Grafschaft Frisach in Steyermark hinzieht. Resch
gibt die genaue Grenze des Pusterthals mit dem Norithal also an:
vom Berg Meransen an in gerader nördlicher (südlicher ?) Linie
bis zum Berg Egeden in den Graben, wo sich zwischen Egeden
und dem Torrent eine Tiefe in die Cur gräbt; von da nach dem
Fluls Rünz, über denselben von Süden gegen Norden zum Rodneg,
Hachelstein, über Rödel, Teuschöln bis zum Welschhöln, wo er
die Gäder berührt, nach Postpack, rechts ab nach Püntlkofl nächst
Pe-
/
*) In einer Urkunde von 979 bestätigt Kaiser Otto dem Erzstift: Foresten a ter-
mino qui in Pisoncia incipit, hoc est de rivulo Erilibach (Arlbach) usque ad
acutum montem, qui diutisce Wassinperch dieitur, prope Iscalam (Ischel) in illo
loco, ubi terminus forestis Rapotonis Comitis se ab isto distinguit. — Slierbach
in Comitatu Rapotonis in pago vero Ouliupestale, kommt vor in einer
Urkunde vom König Heinrich II. a. 1005, (HKleimayrn) weils man nicht zu deu-
ten, und wäre man geneigt, weil die Grafschaft des Rapoto bey Ischel angren-
zen muls, im Trungau .zu suchen.
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VORDER BEE © u
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PETER 133
Petrazes, zum Pfaunes, über ihn hinüber nach Puchenstein (Vul-
piglaz inter Carfaram et Andraz, nach dem Berg Lanaga (Coll’ di
Latdi, Hochberg), wo sich die Grafschaft Eneberg endet, von da,
ohne die Höhen zu besteigen, zum Achen-Gebürg. Dieses grolse
Pusterthal müssen wir nothwendig in ein Kärnthisches und
ein Baierisches abtheilen, davon das erstere die Grafschaft Lurn,
mit den Herrschaften Lienz und Innichen, und der Grafschaft
Windischmatrey, das Baierische aber die eigentliche Grafschaft
Pusterthal, und zwar nicht mehr im Salzburger, sondern im
Brixner Sprengel begreift.
A) Kärnthisches Pusterthal
liegt zwar gänzlich aufser dem jetzigen Baierischen Gebiet in
Illyrien; mufs aber doch seines genauen Zusammenhangs we-
gen mit der Baierischen Geschichte hier aufgenommen werden.
Grafschaft Lurn, von Lurn, Liburnia, Lurnfeld bey
Saxenburg, Standort der ersten Legion der Militum Noricorum
Liburniorum, an der Stelle des zerstörten Noreia. Im Jahr 590
von den Slaven erobert und verwüstet; im Jahr 772 dem Her-
zogthum Baiern, nachher Kärnthen zugetheilt. Grenzen gegen
Südost: die Grafschaft Villach, gegen Osten die Grafschaft Fri-
sach im Steyermark, gegen Süden Istrien und Aquileia, gegen
Norden der Lungau, Pinzgau und Pongau, gegen Westen die
Herrschaft Innichen. Es kommen darinn urkundlich vor die
Orte: Anras, Ried, Aslıng, Neuenburg, Lienz, Gödnach, Zett-
lach, Amblach, Leysach, Tristach, Görsach, Feistriz, Katsch,
Botzarniz, Tauern, Tefereggen, Babojach, Rügenthal, Draaburg,
Stall, Lesach, St. Peter im Holz, Vellach, Lisniz, Malentein.
= Die Gaugrafen des Kärnthischen Pusterthals waren die Gra-
fen von Lurn, von welchen die nachherigen Grafen von Görz
und Herzoge von Kärnthen abstammen. Hartwic Gaugraf in
Lurn
136
Lurn und in Villach wird 965 abgesetzt. Otwin, Gaugraf im
Lurn, im Baierischen Pusterthal und im Pagus Goriza stiftet
978 das Georgen-Frauenkloster am Lengensee, und starb 1008
als Einsidler. Sein Sohn war Gerloch, dem ums Jahr 1018 En-
gelbert sowohl im Kärnthischen als im Baierischen Pusterthal
folgte, und der im Jahr 1027 auch die Welfische Grafschaft
Botzen im Norithal dazu erhielt, die aber 1028 nebst dem
Städtchen Claufsen an das Bifsthum Brixen verschenkt wurde.
Er starb im Jahr 1045. Mit ihm lebte 1030 Bischof Hartwich
von Brixen, auch ein geborner Graf von Lurn. Heinrich, Mein-
hard, Engilbert, des vorigen Engilberts Söhne, hatten anfangs
das Kärnthische Pusterthal allein; im Jahr 1060 erhielt Engil-
bcrt das Baierische Pusterthal dazu, das aber ı0o9ı dem Bischof
von Brixen geschenkt wurde. Meinharden blieb die Grafschaft
"Lungau. Von nun an wird der Name der Grafen von Görz
üblicher. Unterabtheilungen dieser Grafschaft Lurn waren:
a) die Herrschaft Lienz, im Umfang des Kapitels Lienz,
welches eine Unterabtheilung vom Archidiakonat Gemünd
war; ein ursprünglich Görzisches Stammgut, das erst _
nach Abgang derselben zur Grafschaft Tirol geschlagen
worden.
5) Die Herrschaft Innichen (Agunt) mit Vierschach, Arn- _
bach, Sillian, Heimfels, Tessenberg, Abfaltersbach, Toblach,
Aufkirch, Niederdorf, Villgraten u. s. w. schied sich von
Lurn durch den unter Abfaltersbach liegenden Anrasser-
Berg; wurde vomHerzog Tassilo, als er von seiner glück-
lichen Brautwerbung am Longobardischen Hof zurückkehr-
te, dem Hochstift Freysing geschenkt, im Jahr 770 (nach
andern 772), seit welcher Zeit das Hochstift eigene, dem
Gaugrafen nicht mehr unterworfene-Vögte dahin setzte.
Später wurde demselben Hochstift (819) vom König Lud-
wig Intichen und 891 von Arnulf Curtis Liburna ge-
schenkt.
£ c)
137
c) Die Grafschaft Windischmatrey, eine eigene Dynastie
der Grafen von Lechsgemünd, seit 1160 auch von Matrey
genannt, mit den Orten Virgen, Babajach, Zettlach, Lien-
zer Klause (Nieunburg), Pregatteh, Signitz, Windischmatrey,
Falkenstein, Leysach, Teflereggen, Weiflsenstein, Aschau,
Rabenstein, welches auch dem Umfang des Prodekanats
Windischmatrey gleichkommen möchte. A. 1207 vom Hoch-
stift Salzburg erworben.
u 0 DB 0
B) Baierisches Pusterthal, Comitatus Pusterthal.
Grenzte nördlich an Zillerthal und Pinzgau, östlich an die Graf-
4 schaft Windischmatrey und Herrschaft Innichen; südlich an S.
Vito, Caprile, Canazei; östlich schlols sie folgende Grenzorte in
ihren Umfang ein: Armentaroll, Stern, Campill, S. Nicolaus,
: Lüsen, Vill, Nauders, Mühlbacher Rlause, Meransen, Weiden-
B- 3 thal, hinauf zum Moselberg. Gaugrafen waren 861 Katto, 990
a Otwin, zugleich Gaugraf von Lurn, und in der nemlichen Reihe
Y auch Engelbert, der a. 1028 diesen Comitat sammt Klausen un-
ter Seben an Brixen überlassen muls. Im Jahr 1045 erscheimt
aber gleichwohl wieder ein Graf dieses Pusterthals, das ver-
muthlich von Brixen wieder abgetreten oder verliehen wurde,
mit Namen Siegfried. Im Jahr 1048 schenkte König Heinrich
III. dem Hochstift Brixen das Forst- und Jagd-Regat in einem
grofson Theil der Grafschaft. 1060 und 1070 kommt Gaugraf
Engelbert von Lurn wieder als Graf dieses Pusterthals vor.
ıoyı gab Heinrioeh IV. dem Bischof von Brixen die ganze Graf-
schaft Pusterthal, welche solche den Herzogen von.Meran, spä-
ter den Grafen von Tirol wieder zu Lehen reichten.
39) Unter Innthal, Inter Valles, Binnenthal.
s. v. Hormayr.
heifst Inter Valles, weil es vom Ziller- und Kebenthl begrenzt
ist, gewöhnlicher aber Unteres Innthal. Bessel, indem er den
18 Na-
138
Namen inter Valles durch Thalgau angedeutet glaubte, suchte
denselben im Salzburggau an der Mondseer Grenze bey dem
Ort Talgeu, welches aber nur ein Dorf, nicht ein besonderer
Gau ist. Man hält es auch für einen hieraus abzuleitenden
Irrthum, wenn von Hormayr, der übrigens in diesen Gegenden
grofses Licht aufgesteckt, das Innthal für einen Untergau vom
Salzburggau angibt, mit dem es nicht einmal angrenzt. v. Rlei-
mayrn bestimmt die Grenzen dieses Gaues alse: dies und jen-
seis Inns (jenseits Inns, d. i. auf dem linken Ufer, mu[s man
bezweifeln, indem man ohne bestimmten Beweis nicht anneh-
men kann, dafs er den. Sprengel von Salzburg überschritten)
von Rattenberg oder Rothfelden bis an Isen und Chiemgau.
Besch und nach ihm Appell sagen: der Bezirk zwischen Achen
und Zillerthal von Rotholz, Rattenberg und so weiter im un-
tern Innthal fort. Bestimmter sagt v. Hormayr: vom Einfluß
der Ziller in Inn, den Pinzgau in Rücken, bis gegen Rosenheim,
wo er an Chiemgau stölst. — Man nimmt an, der Gau habe
in sich begriffen die Salzburgischen Kapitel Zell, Ebs und Rat-
tenberg, dan Archidiakonat Chiemsee mit den Orten: Prutting,
Riedering, Rohrdorf, Alt- und Neubeuern, Vogtareut, Nufsdorf,
Steffanskirchen, S@chtenau, Rosenheim, folglich mit Ausschluls
der Orte Frauenchiemsee, Grabstatt und Seele, welche eine
eigene Grafschaft im Chiemgau gebildet, und den obern Di-
strikt vom Bifsthum Chiemsee zu Kitzbühl, welches Bifsthum
zur Zeit der Gauverfassung noch gar nicht bestanden. Zu Be-
gründung dieser Meynung, die mit der Hormayrschen ohnedem
sehr zusammentrifft, führt man an: das Chronicon Monasterii
S. Petri Salisburgi (bey v. Kleimayrn) nennt als Ortschaften .
inter Valles: Rotfeld, Brixlech, ad Quantulas Ecclesias (Kniedel)
ad Prixina (Brixenthal), Pirschnawang, Caofstein (Kufstein), Epi-
sas (Ebs) ad Orleano montem (Erl), Michdorf (Nufsdorf), Hros-
sulcha (Rofsholzen), Burones (Neubeuern), Rordorf, Latrin-
bach (Lauterbach), Huimmos (Hochmafs), Hroderinga (Rodring),
Sinsa
RE 139
Sinsa (Simbs). Ferner sind urkundlich genannt, zum Beweis,
dafs auch der Distrikt von Kitzbühl hieher gehört, Wörgl, Walchen-
see, Kössen, Waidring, Witschenau, Völtersdorf, Jochberg,
Leuchtenthal, Rattenberg.
Das Zillerthal (Kapitel Zell) aber wird als ein Untergau
des Unter-Innthals angenommen aus doppeltem Grund: einmal
weil es mit dem Innthal dieselben Gaugrafen hatte, und dann,
weil nach der ältester Diöcesan-Eintheilung Zillerthal mit Ebs und
Rattenberg auch nur ein einziges Kapitel ausmachten. Gaugrafen
im Unter-Innthal waren im Jahr 844 Rapoto, ein Huosier, 889
im Zillerthal: Jetzo und Engelbert, vorher ein Isengrimm , 890
| Rapoto, zugleieh auch Graf im Salzburggau, nachher ins Norithal
; versetzt, 908 Sieghart, 926 Engelbert, 927 Reginbert und Engel-
= bert, 959 Hartwich I., 980 Hartwich II. Pfalzgraf. Ums Jahr 976
besitzt Arbo, Schn eines damals schon verstorbenen Grafen Cha-
} dalhoh, Güter zuReit, Birchenwang und Brislechim Innthal, 1000
Rapoto von Andechs, zugleich Graf im Norithal. 1010 0tto, 1051
Rapoto, Graf von Thauer und Hohenwart. 1080 Rapoto von An-
dechs, Pfalzgraf.
40) Chiemgau (Hunnigau bey Hund ist wohl nur eine unrichtige
Lesart).
a) Der bis 1215 Salzburgische, seitdem aber zum Bilsthum
Chiemsee gehörige Diöcesanbezirk, aufser dem von Kitzbühl, den
wir zum Unter-Innthal gerechnet. Dieser wird begrenzt: westlich
durch das Unter-Innthal, und liegen innerhalb demselben
zunächst an der Grenze: Prem, Bernau, Umbrazhaufsen, Haun-
dorf, Aschau, Hohenaschau, Sachrang; westlich ebenfalls
durch das Unter-Innthal mit den eingeschlossenen Grenzorten
Reiterwinkel, Achberg, dem Weitsee, östlich an Marquartstein,
15 2 Egern-
140
Egernbach, Buchberg hinauf zum Chiemsee, der die nördliche
Grenze macht.
b) Das Archidiakonat Baumburg.
5. Archidiakonatus Baumburgensis Tabula Geographica „in den
Monum. Boicis T. I.
Grenzt östlich an den Salzburggau mit den Orten Flinken, Spir-
ka, Siegsdorf, Traunstein, Prinnig, Thöring, Tittmaning, geht
an der Salzach fort bis Burghaufsen, dieses auch mit eingeschlos-
sen, und dann von Osten gen Westen über Marienberg, Wald,
Garching, Engelsberg, Pirckwang, Schazwinkel, Mittergars, Jet-
tenbach an Inn, diesen westlich aufwärts bis Berg, herab nach
Hemhofen am Chiemsee, wozu man noch Otting am Tachensce -
fügt, weil dieses in den Urkunden ausdrücklich zum Chiemgau ge-
rechnet wird.
Den Trunwalgau können wir nicht als einen beson-
dern Untergau des Chiemgau anerkennen, weil die Urkunden we-
der Orte noch Gaugrafen desselben benennen, und nur eine einzi-
ge Urkunde eines Pagi Trunwalchau erwähnt (s. Bessel), welches
nicht der Gau, sondern das Dorf Trunwalchen ist. v. Hormayr
zählt zum Chiemgau auch die Orte Auerdorf, Langkampfen, Brei-
tenbach, HKiferfeld, Münster, Wising, Brandenberg, Achen,
Achenthal, Bucham, St. Georgenberg, Vomp im Tirol. Da sie
aber vom Chiemgau durch den Innthal-Distrikt von Altbeuern,
Neubeuern , - Nufsdorf, Erl, Ebs abgeschnitten sind, und
nicht wie der übrige ganze Chiemgau zum Salzburger Spren-
gel gehören, so hat man solche aufser der Grenze belassen.
Als Gaugrafen werden angeführt vom Jahr 780 ein Gundahar,
Gunther, ein Grimbert, ganz zweifelhaft. 306 ein Adalbert, soll
an der Traun angesessen gewesen seyn. 830 Hartwich. 844 Ri-
charius. 860 Adalbert. 959 Reginbert. Hartwich. Ottocar. Wil-
helm. Ottocar. Sighard, bis 980. Kadaloh. Ratho. Aribo. Arnold
von
Be ep ep 151
von Grabmanstatt. 1020 Otto. Rapoto v. Hohenwart. Ortolf. Ul-
rich. 1021 Papo. Da er in Vogtareut residirte, so gehört er ins
Innthal. 1027 Chadalohus. 1048 Ottocar. 1060 Sieghart zu Burg-
hausen. 1096 Marquart v. Marquartstein. Es sind hier offenbar
mehrere verschiedene, auch wohl gar nicht in diesen Gau gehöri-
ge Familien unter einander gemengt. Aus diesem Gau stammen:
a) die Grafen von Burghausen, führten besonders viel den
Nameu Sieghard, Wilhelm, Friedrich, Hartwich ;
b) die Grafen von Wasserburg, zu Kling; hatten die Fa-
milien-Namen Cadaloch, Engelbert;
c) zum Theil als nächste Nachbarn die Grafen von Neuburg
und Falkenstein führten die Familien-Namen Otto,
Bertold, und sind vermuthlich diejenigen, die oben als An-
dechse und Hohenwart angegeben sind, da die Andechse in
diesen Gau nicht begütert waren;
d) die Grafen von Frontenhaufsen ais Besitzer der Herr-
schaft Marquartstein, denen die Ortenburge in der-
selben folgten. Endlich
£) gab es sogar eine eigene Grafschaft Grabmanstatt am
Chiemsee, wozu Grabmanstatt, Seebruck gehörten. Solche Gra-
fen von Grabmanstatt, wie man glaubt aus Fornbachi-
schem oder Steyerschem Geschlecht (wenn es nicht
vielmehr Neuburge von Falkenstein sind, die man mit
den Neuburgen von Fornbach vermischt) waren a. 959 Otto-
car, Sieghard, Wilhelm, 980 Arnold. Im Jahr 1048 lebte
Ottocar mit seiner Gemahlin Pilihild kinderlos. Welche
von ihnen aber nun die eigentlichen Gaugrafen gewesen, und
welche nur in dynastischer Eigenschaft darinn ihre Güter be-
sessen, wird sich erst aus fortgesetzter Beobachtung der Ur-
kunden bestimmen lassen. Wahrscheinlich die Plainischen
Grafen von Burghaufsen, mit welchen die Wasserburge
einerley Stammes sind.
41)
142 - PLA,
41) Isengau, von der Isen, die Oettingen gegenüber in den Inn
fällt, begrief das Archidiakonat Gars mit dem gr
Kapitel Mühldorf. r
s. Archidiaconatus Garsensis Tabula Geographica in Mon. Boic.
T.I. das Archidiaconats-Register bey v. Kleimayrn führt
auch noch Than, Egberg, Zeilern, \Vurmannsquik, Mitters-
kirchen, Neumarkt auf, dasnach andern Registern izt Regens-
burgisch ist. &
Die Grenzen dieses Gaues sind: südlich der Chiemgau, östlich
von Burghaufsen im Chiemgau bis Braunau im Mattichgau der Inn,
dann folgende im Isengau verbleibende Orte: Rizing, Ringdorf,
Lanhofen, Taubenbach, Reut; nördlich in der Richtung nach
Westen: Egberg, Mertinskirchen, Gern, und dann an der Rot
fort bis Neumarkt, dann Tegernbach, Weinbach, Schönberg,
Aschperzheim, Ranatsberg, und dann östlich: Tozkirchen, Wal-
kersaich, Hofgiebing, Schönbrunn, Hohenthan, Danbach, Gars.
Appell und andere, indem sie glaubten, dafs der Ort Isen selbst
doch auch zum Isengau gehören mülste, haben denselben viel zu
weit links in das Gericht Dorffen und Burg-Rain ausgedehnt, und
damit die andern Sprengel von Salzburg und Regensburg (ja selbst
auch noch Freysing) in Einem Gau vermischt. Von den Orten,
welche Appell in Isengau setzt, finden sich wirklich: Ornau,
Ampfing, Au, Gars, Mermosen, Erharding, Holzhaufsen (Hoccin-
husin), Haselbach, Lohkirchen, Lauterbach, Mettenheim, Mühl-
dorf, Piernbach, Berg, Pochbach, Puch bey Oetting, Burk,
" Stamheim, Tißlingen, Teilsing, Furt, Wald, Schönberg, Zeid-
lern; allein in ganz andere Gauen gehören: Ering am Inn
(Rotthal), Kiemberg bey Tacharting (Chiemgau, wiewohl auch
ein Kiemberg im Mattichgau kege); Dorffen, Episas (Ebs im
Innthal), Hoizze bey Raitenhaslach, also in Mattichgau, Holza
bey Tacherding, also im Chiemgau, Hochmos (Innthal), Isen,
Pietenbach, Buch bey Burgrain, Pohkirchen (Bodenkirchen),
Rosdorf (Innthall). Unbekannt sind: Chreidorf, Diupstadt, Hoz-
zın,
u ER TE
FE
I FABETTET En
EEE 143
>
zin, Hroderingas (vielleicht Rüdering im Innthal), Liubin (Lauffen ?)
Poizchusdorf, Widenbach, WVila.
v. Kleinmayrn führt ebenfalls mehrere sehr unbekannte
Namen als zum Isengau gehörig an: Messelingen (Mösling) aber
Utanhusa? a. 891 Tagraperhtesheim et Paldrichersheim in Comi-
tatu Orendilis a. 925 (vielleicht Tarprechting?), Timinperh juxta
Utinhusa, in ejusdem Comitatu a. 930, Paldrichesheim a. 925,
Breitindorf, Tiufstadon, in Comitatu Orendili a. 931, Wilkircha,
juxta fluviolum Ina a. 935, Gunzinghofen et Messelingon a. 935,
Harthusa, Paldramesstetti supra ripam Isana a. 976, Eihhi in Co-
mitatu Hartwiei, juxta fluyium Isana a. 976, Tagaperhtesheim in
Comitatu Hartwici a. 963, Holzheim in Comitatu Orendilonis a. 926.
Arno in seinem Indiculus nennt folgende Kirchen des Isengau:
Flohinnus (Flofsing), Hidlar (Zidlarn?), Turtin (Furt?), Diup-
stedum, ad Riyulum RoteIV. Pochbach (Buchbach?), Lohkirchen,
Wila, Holhha, Perh, Pohkirch, ad $. Stephanum (Stephansktr-
chen), Isana, Liubin, Archanowa, Pochardorf, Richerishusier,
ad Rotam ubi Boninnaha (Binna, ingreditur (Dietfurt?).
Untergau war der Zeidlargau, oder der südliche Theil
des Isengau, am rechten Ufer der Isen bis zu ihrem Einfluls in
den Inn, und dann bis zum Zusammenfluls des Inn und der
Salzach. Oetting war ein Fiscus dominicus und eine Curtis regia,
wo König Karlmann begraben seyn, defsgleichen Udo, Her-
zog Theodors II. Sohn, hier residirt haben, und Udo vom heil, Ru-
pert getauft worden seyn soll. Von den Gaugrafen, welches die
nachherigen Grafen von Frontenhaufsen und Meglingen waren,
gibt Zierngiebl folgende Liste: 792 bis 820 Job, 928 Heimo, 836.
843 Kunbold, 880 Erenbert. Da sie alle in der Gegend bey Isen
handelnd auftreten und ausdrücklich nicht Gaugrafen im Isengau
heifsen, so muls man sie eher für Grafen von Mosburg oder im
Erdinggau halten. Bestimmter sind von Bessel angeführt ein
Eber-
144
Eberhard und Ulrich, und von HKleimayrn: 899 Kupold,
925 Orendil, 950 Chadalhohus, 963 Hartwicus de Seon, Cha-
dalhohus zu Winhering 1018. Vom Zeidlar Gau nennt Bessel Ozo
1051, Ulrich 1079 (ein Dornberg). Die Güter der ausgestorbe-
nen Grafen von Meglingen gelangten an die Grafen von Orten-
burg; im nordöstlichen Theil des Isengau hatte sich eine eigene
dynastische Besitzung der Grafen von Julbach, gebildet, so wie
der Grafen von Leonsberg und Dornberg.
€) Brixner Sprengel.
42)
Das hieher gehörige Baierische Pusterthal ist bereits oben Num. 38
vorgekommen.
v. Hormayr geographisch historisch diplomatische Abhandlung
über die im Mittelalter in Tirol bestandenen Herzogthümer,
Gauen und Grafschaften; in dessen Beyträgen zur Ge-
schichte Tirols. ı. Band. Wien 1804.
Ober-Innthal, Poap-Innthal (wahrscheinlich vom alten
Stammwort Boben, d.i. oben. — v. Hormayr ahnt, ob es
nicht Pfaffenthal heilsen könne, weil auch der Pfaffenwin-
kel (Ammergau) daran gestolsen, Opingau (vermuthlich dassel-
be als Oben-Gau, und schwerlich von Roppen, oberhalb In-
spruck), Pagus Vallensium, Procip Innthal, wahrscheinlich mils-
geschrieben, statt Poap-Innthal, Bertholdsthal, Vallis Enensium.
Grenzen westlich: der Arlberg und Landgericht Landeck, nörd-
lich das Gebiet von Altbaiern, Oberseefeld, Achensee, östlich
Rattenberg, Dux, beyde im untern Innthal, südlich Grafschaft
Matray, dieStuben Ferner, Oezthaler Ferner, Kauner-Thal. Ap-
pell wirft Innthal und Norithal sehr in einander, deren genauere
Scheidung das Verdienst von Hormayrs ist. Als Gaugraf kommt
vor von 799—829 ein Comes Reginhard. Die folgenden Gau-
grafen, worüber jedoch die Urkunden noch fehlen, schienen
Wel-
145
Welfen gewesen zu seyn, die später Grafen von Eppan und
Ulten heilsen. Von diesen kam der Gau an König Friedrich II.
und die Hohenstaufen, zuletzt an Conradin, der ihn 1263 an
Baiern überliels.
Hierinn, und nicht wohl im Unter-Innthal (da dieses zum
Salzburger Sprengel gehörte), bestand jedoch eine eigene Dy-
nastie der Andechse, östlich vom Melach-Flufs abgemarkt, welche
die Orte Kemmaten, Axams, Vellenberg, Natters, Wilten, Pra-
del, Ambras, Inspruck, Hötting, Arzel, Thaur, Absan, Hall,
Baumkirchen, Batsch, Tarzling, Lans, Sistrans, Ellenbogen, Al-
rams, Ampals, Schönberg, Volders, Wattens, Colsafs, Hautzen-
heim, Werberg, Schwatz, Herrschaft Rottenburg, Strafs, Schlit-
tern begrief; und wo die Residenzen Thaur und Ambras aus der al-
ten Heroen Zeit der Andechse zu suchen sind. Genannt sind a.
900 Rapoto I., 949 Rapoto II, 9gg0— 1020 Rapoto III. und Otto
sein Bruder, welch letzterer nach Rapotos Tod auch Graf im No-
rithal wird. } 1025 Rapoto IV. (Poppo im Norithal), 1055 Or-
tolf, Rapoto, Pfalzgrafen, 1100. Otto. von Wolfratshaulsen, 1157
Otto I., Otto IH., Heinrich II., Bertold I, von Dielsen, Ber-
e told IL, ’
43) Norithal, Orithal, Vallis Eniana, das nachherige Eifsak-
Viertel, begrief dreyerley Gomitatus :
a) Den Comitatum Mareit, oder das nordöstliche Norithal ;
dessen innerhalb der Grafschaft verbleibende Grenzorte von
Süden nach Norden herab waren: Müders, Gasteig, Volde-
rai, zum Ursprung des Gschnizerbachs, Pferseh, Grolsen-
sals, Strasberg, Sprechenstein, Trens, Mauls, Mittelwald,
Schalders, Reinswald, Nordheim, Sarenthal. Die westli-
chen Grenzen waren die Stubayer und Oezthaler Ferner,
und die Gebürge von Passeyer; südlich die Grafschaft Bot-
19 zen,
2)
zen, östlich Claufsen, Brixen und die Eissak. Urkundlich
benannt sind: Mareit, Ober- und Untertelfes, Tulfers, Ster-
zingen, Flains, Tschöfs, Trins, Thuins, Stilfes, Reifenstein,
das Jauffengebürg, Ratschings, Sarenthal, Sareniheim, Pens,
Durnholz, Nordheim, Oberberg, Mittelwald, Luditschen-
brücke, Riol, Eissak, Talfes. Grafen: a. 927 Quartin, 1080
Adalbert, 1100 Conrad, Graf von Mareit mit einer einzigen
Tochter Adelheid, 1140 Arnold, Graf von Eppan zu Greif-
fenstein, Schirmvogt von Brixen, Innichen, Neustift, Ge-
mahl der Mareiter Adelheid, Stifter von Neuzell und Gries,
t 1167.
Den Comitatum Botzen, auf der Mannertschen Charte
begreifend die Orte: Villanders, Saunders, Barbian, Coll-
mann, Constantin, Vels, Tiers, Wangen, Mittelberg, \Volf-
grub, Sıfıan, Botzen, Cardaun, Campen, Morizing, Gries,
Neuhaus, Rofenstein, Terlan, Ulpian, Motten, Gargazan,
Affıngen, Campidel, von welchen allen izt nur noch mehr
Villanders, Saunders, Barbian, Collman in Höniglich Baieri-
scher Landesgrenze verblieben sind. Dieser Distrikt gehör-
' te schon unter Herzog Theodor II. zu Baiern, als eine Genz-
grafschaft gegen das Lombardische Herzogthum Trident, spä--
ter wurde er ein Erbtheil der Welfen. Ethiko der Stolze,
der sich über die von seinem Sohn Heinrich dem König
Arnulf geleistete Lehenpflicht so grämte, soll schon Güter
im Gebürg gehabt haben, vermuthlich also diese Graf-
schaft Botzen. Heinrich, Ethikos Sohn, Arnulfs Vasall.
Rudolf, Heinrichs Sohn, Graf in Botzen, + 1020. Welß,
Rudolfs Sohn, ein unruhiger Fehdemann, verbündet mit
Herzog Ernst von Schwaben und Grafen Werner von Hyburg,
lehnt sich 1026 gegen König Konrad auf, verliert darüber
seine Grafschaft Botzen, die der Kaiser dem Bilsthum Brixen
a. 1028 schenkt. (die anderweite Schenkungsurkunde dersel-
ben
147
ben Grafschaft vom nemlichen Jahr 1028 an Trient ist offen-
bar falsch). Die Bischöfe von Brixen reichten die Grafschaft
Botzen den Grafen von Eppan zu Lehen; 1040 Graf Altmar.
1070 Ulrich, Altmars Bruder. 1098 Friedrich, Ulrichs Sohn.
A. 1190 war die Grafschaft bereiis im Besitz der Bischöfe
von Trident, welche sie den Grafen yon Eppan abgenöthigt.
c) Den Comitat der Andechse, oder das östliche Nori-
thal; dessen Grenz-Linie ging über die eigenen Comitats-
Orte Tiers, Vels, Constantin, sodann an der Eissak bis
Klausen, Lassons, Velthurns, Schötschs, Tils, Brixen, Neu-
stift, Schabs, Vals, Pfunders, Kemmaten, über den Brenner,
nach Lueg, Obernberg, Gschniz , Trins, Steinach, Matrey,
Miezens, Altenstadt. Als Andechsische Gaugrafen werden
genannt: 901 Rapoto I. 962— 72 Rapoto II. 985, 990 Ra-
poto III. } 1006 des vorigen Sohn. 1006 Otto, Rapotos III.
Bruder, schon tod 1029. Von 1029 Poppo, + 1060. Von
1060 Arnold I. Poppos Neffe. 1080 Otto. Der meiste Theil
dieses Comitats gelangte in der Folge an das Bifsthum
Brixen.
d) Churer Sprengel.
44) Vintschgau, Venusta Vallis. Grenzen südöstlich: die
Grafschaft Botzen, dann rechter Hand des Etschstroms der Fal-
zauner, links der Gargazaner Bach; südlich die Felsen von Val
de Non, westlich die hohen Gebürge von Bormio und Engadin;
nördlich die Ferner Klüfte.
Der Vintschgau gehörte ursprünglich mit Graubünden und
Engadin zu Rhaetien, das ungefähr seit 548 seine eigene von den
Franken gesetzte Praesides hatte, und zwar namentlich genannt:
Victor I. + 600. Vigil, Paschal, Jactat, Victor II. VigillI. Victor II.
Tgr® Vi-
148 EN,
e)
2)
Vigils Sohn, den letzten dieser Reihe, a. 800 Hunfrid, vorher
schon Grafen in Istrien, Stifter von Schennis a. 809, administrirte
hierauf auch Vintschgau und Engadin, und } 825. Von seinem
ersten Sohn Adalbert, der Dux et Comes Rhaetiae war, und 846
starb, stammen in weiblicher Linie die Grafen von Lenzburg ab;
der zweyte Sohn Burkart, Graf von Istrien, und seit 846 auch
von Rhaetien, auch Dux und Marchio genannt, von einigen mit
(dem a. gu verordneten Herzog Burkart von Schwaben , der ein
Graf von Turgau war, verwechselt, hatte zu Nachfolgern *):
.a. 912 Ulrich, Grafen von Chur Rhätien, a. gı2 Adalbert, zuerst
abgesetzt, und mit Berthold von Scheyern, Arnulfs des Bösen
Bruder, a. 930 ersetzt, seit 937 aber, da Berthold Herzog in
Bayern wurde, wieder restituirt. Kommt noch vor a. 940, nun
aber'bleibt eine Lücke bis 1055, wo der Tod eines Grafen Otto
von Vintschgau, Engadin und Chur-Rhätien gemeldet ist, dem
drey Söhne folgten, Egino, im öbern Bund, Adalbert im Got-
teshausbund und Gerung im Vintschgau. Als letzterer 1035 kin-
derlos starb, folgte ihm der Bruder Adalbert, dessen beyden Söh-
ne Adalbert und Bertold a. 1140 als Grafen von Tirol erschei-
nen. Im Ultenthal waren die Grafen von Eppan,
Augsburger Sprengel, am rechten Ufer des Lechs, oder
vielmehr das alte Bilsthum Neuburg (existirte diplomatisch
gewils schon 738, aber damals unter Karl Martells Superiorität,
und hörte nicht auf vor 809.
s. Mappa geographica olim Dioecesis Neuburgensis; Neue hist.
Abh. d. Ak. d. WW.1.386, und Winters kritische Unter-
suchung über das vor 1000 Jahren aufgehobenem Biflsthum
‚zu
»
Ein Rudolf Dux Raetianorum kommt vor bey Neugart a. 890 tödtet 8gı den
Prinzen Bernhard, Karls des Dicken empörten Sohn. 903 Burkart Marchio Ca-
riensis Rhactiae und 906 auch in der Bertoldsbara,
———— 1.49
zu Neuburg an der Donau, in dessen Vorarbeiten, 1.
Band.
45) Schongau, bestehend aus dem Kapitel Schongau; ein kleiner
der Welfischen Familie gehöriger Gau, der mit vom Augstgau oder
Ammergau aus scheint verwaltet worden zu seyn, und an die Ho-
henstaufen kam.
46) Haufsengau, Huosigau, von der alten Veste, dem jetzigen
Dorf Haufsen bey Weilheim, nach Bessel zwischen der Loysach
und Amper, dem Würmsee und Staffelsee, nach Appel zwischen
der Loysach und Iser, weil auch Benedictbeuern dahin gehört.
Zwischen beyden Meynungen ist das vereinigende Mittel, wenn
man die Kapitel Oberalting (chedem auch Perchting) und Weil-
heim als den Umfang des Gaus annimmt, den man ohnedem
nicht wohl in das Bilsthum Freysing ausdehnen kann. Altheim
bey Appel ist ohne Zweifel Ober-Alting und Karashusium Dirren-
haufsen. Ugesgau, wo Polling, Weilheim u. s. w. liegen sellen,
mufs offenbar Huosi, Uosigau, gelesen werden. In diesem Gau
war die Familie der Gaugrafen von Andechs und Diefsen zu Hau-
se und zwar a. 955 Gaminolf. ı100 Adalbero zu Herteshaufsen,
Razo zu Dielsen. 1027 Bertold I. von Richerishusen zu Andechs.
Arnold zu Andechs, Razo zu Diefsen. 1048 Udasehalk, Sieghard
zu Beurn (Benedictbeuern, aber vielleicht auch Altbeuern im Un-
ter-Innthal, wo auch die Andechse waren). 1050 Razo, Friedrich
zu Dielsen. Rapoto zu Hohenwart. 1065 Sigemar (Polling in pago
Hösen, s. Oefele 1. 833.) 1ogo Arnold zu Andechs. ı12o Adalbe-
‘ro zu Beuern oder llaulsen. Siegmar I. J. Arnold III. zu Dielsen.
Friedrich der Roche zu Diefsen. Bertold III. zu Andechs, Gemahl
der Hedwig, Erbtochter Graf Konrads Ill. von Dachau, Herzog
von Dalmatien, seit 1173 Markgraf von Istrien (s. Lori). Das
ganze rechte Ufer des Würmsees mit der Grafschaft Wolfrats-
haufsen gehörte ebenfalls den Grafen von Andechs, die eine be-
son-
ı 509
sondere Linie daselbst bildeten. Sie besafsen solche aber nicht
als Zubehörde des Haufsengau und als Gaugrafen desselben, son-
dern als eine besondere Dynastie. Buat hat diesen Haufsen-
gau und den Scheyerischen Huosi oder Eisengau wunderbarlich
in einander gemengt, und damit auch die ganz verschiedenen Ge-
schlechter der Andechse und Scheyern. Es ist wahrscheinlich,
dafs in diesem Gau Huosi das Altbaierische Geschlecht der Huo-
sier zu suchen sey, zu welchen auch die Stifter von Benedictbeuern,
Landfried, Eliland und Waldram gehört haben dürften, da ihre
hauptsächlichsten Güter im Haufsen Gau angetroffen werden.
47) Baierisches Lechfeld oder Lechrain. Durch diesen Na-
men glaubt man den Theil des Lechfelds bezeichnen zu dürfen,
der auf der rechten Seite des Lechs gelegen ist, und sich von
Apfeldorf und Wessobronn hinab bis nach St. Leonhard bey
Schrobenhaufsen erstreckte, damit also die Kapitel Friedberg,
Menching (sonst Winkel), Schwabhaulsen (sonst Erring) und
Landsperg begreift. Sollte, wie einige überhaupt das Lechfeld
Augstgau genannt wissen wollen, auch dieses Baierische Lechfeld
eine Abtheilung des Augstgau seyn, so mülste wenigstens dieser
Augstgau als der untere von dem obern Augstgau (Nro. 6.)
unterschieden werden. Dafs das Gebiet des Lechs in zwey Di-
strikte getheilt gewesen, beweist auch eine Urkunde König Lud-
wigs von 1336, wo er die Güter des Kl. Raitenbuch jenseits
Lechs und diefseits Lechs zu schirmen befiehlt. s. Lori Ge-
schichte des Lechrain II. Band S. 53 (I. Band ist nicht erschienen) ;
Herzog Ernst, nennt 1436 Möringen seine Grafschaft an dem
Lechrain. Gaugrafeu im Baierischen Lechfeld eben sowohl als
im Schwäbischen (Nro. 9.) waren die Welfe, jedoch mit dem
Unterschied, dafs das Schwäbische Lechfeld dem erst 1192 ge-
storbenen alten Welf, das Baierische aber dem abgesetzten Her-
zog Welf von Baiern gehörte, und als konfiscirt von den Hohen-
staufen besessen wurde. Auch safsen darinn in dynastischer Ei-
gen-
48)
En — 131
genschaft die Grafen von Landsberg, deren Comitat sich vermuth-
lich auf das Kapitel Landsberg ausdchnte,
Oberer Donaugau.
In der Angabe der Donaugau-Grenzen sind die bisherigen
Schriftsteller sehr dunkel und unbestimmt. Bessel und Kleimayrn
lassen ihn von Regensburg bis Passau, also in zweyerley Bilsthü-
mer gehen. Lori, diese Schwierigkeit ahnend, nimmt die Gren-
ze nur an an von Regensburg bis zum Einflufs der Iser in die Do-
nau bey Deggendorf und zum Anfang des Passauer Sprengels,
welches der Sache sehr nahe gekommen seyn möchte, sofern nur
von einem untern Donaugau die Rede seyn sollte. Zierngiebl ist
bereits auf der Spur zwey Donaugauen anzunehmen, welches bey
grolsen Flufsgebieten gar nichts ungewöhnliches ist (z. E. Oberer
Lahn, untererLahn, Oberer Neckar, unterer Neckargau u. s. w.).
Er läfst also den ersten Donaugau gehen von Regensburg bis Strau-
bing, den zweyten aber von Straubing bis Deggendorf, und da er
auf dieser rechten Donau-Seite sehr klein ausfällt, so gibt er ihm
auch noch auf der linken Seite den Distrikt von Bogen. Dem
steht aber entgegeu, dafs die Ausdehnung des Donaugaues, so
wie von Baiern überhaupt, auf die andere Donauseite nicht zu er-
weisen ist, und dafs der Distrikt von Bogen als ein Untergau, Po-
gana genannt, zur Nordgauischen Markgrafschaft gehörte, folg-
lich mit dieser Abtheilung in zwey Donaugauen, also angewandt,
nicht viel gewonnen ist. Eine ganz andere Entwicklung ergibt
sich aber, wenn man
a) denobern Donaugau in die Gegend von Donauwörth bis
gegen Vohburg hin laufen läfst, so lange die Grenze des
Augsburger Bifsthums währt, wo alsdann der zwischen liegen-
de Abenstgau des Rgensburger Sprengels beginnt;
Hingegen
b) untern Donaugau den Donau-Distrikt im Regensbur-
ger Sprengel von Regensburg bis Deggendorf nennt.
Nach
352
Nach dieser Voraussetzung begreift der obere Donaugau die Ka-
pitel Burkheim, Rain, Neuburg, Aichach und Hohenwart, oder
den Rest des Augsburger Sprengels im Herzogthum Baiern mit
drey Comitaten:
ı) Den Comitatus Neuburg, erweislich aus einer Urkunde
König Heinrichs II. von 1007, wo es heilst: Zell, situm in
Comitatu'Neunburg,. (Ussermann Episc. Bamb. Cod.
prob.) dem man den Umfang des Kapitels Neuburg allenfalls
wird anweisen dürfen. Ein grolser Theil davon war Kaiser-
liches Domänen- oder Pfalzgrafengut, und wurde zu Neu-
burgischen Hlosterstiftungen verwendet; das übrige kam mit
andern Dependenzen der Pfalzgrafschaft an die Grafen von
Scheyern.
2) Den Comitatus Lechsgemünd, in einer Urkunde vor
1057 (Falkenstein Cod. dipl. Ant. Nordg.) genannt Pagus
Mitarshofen (Rannerzhofen?), eine dynastische Besitzung
der Grafen von Lechsgemünd, Gaugrafen im Brenzgau; be-
stehend aus dem Kapitel Burkkheim, begreifend ‚das Lechsge-
münder, izt Burgkheimer Kapitel.
3) Den Comitat der Grafen vonScheyern, als der eigentli-
chen Gaugrafen dieses Gaues, auf ihren erblich gewordenen
Ansitzen zu Scheyer, dann Wittelsbach. Die Pfalzgräfliche
Administration war, wie es scheint, in Neuburg angeordnet.
Dieser Comitat begrief die Kapitel Aichach (sonst Kuebach),
Hohenwart (a. 1451 Hohenried) und Rain. Das Daseyn ei-
nes eigenen Gaues in dieser Gegend liegt durch das Tiesultat,
die entstandene erbliche Grafschaft Scheyern, am Tag; die
Unter-Comitate Lechsgemünd und Neuburg sind urkundlich
genannt; die Begrenzung desselben nach den bischöflichen
Grenzen ist eine Folge historischer Erfahrung; es könnte also
= nicht
153
nicht mehr die Sache, sondern nur der Name oberer Do-
naugau bezweifelt werden. Weil aber auch dieser vor-
kommt, ohne die Scheyersche Grafschaft auszuschliefsen,
vielmehr auch schon von Lori die Scheyern als Grafen
des Donaugau mit aufgeführt werden, so kann diese Be-
nennung in so lange als richtig bezeichnend und glaub-
würdig zugelassen werden, als sich nicht durch später
entdeckte Urkunden das Gegentheil erweisen wird,
f) Regensburger Sprengel.
49) Viehbachgau.
Grenzen nördlich: von Mamming oberhalb Landau an die
Donau, nach Dingolfing, Viehbach, jenseits Viehbach, Wörtb
über der Donau einschliefsend am Donau-Ufer der Strafse auf
Landshut nach bis an Landshut hin, wo die Regensburger
Strafse herkommt; westlich: an Stattwang, Helmsdorf, Vils»
Biburg, Wurmsheim, alle diese Orte eingeschlossen hinauf;
südlich die schon beschriebene Grenze vom Isengau, östlich
die vom Vilsthal. .In so fern gibt also Bessel die Lage richtig
an, wenn er sagt: „an der Iser, zwischen Landshut und Din-
golfing, begreifend die Pfleggerichte Teispach und Goldern u. s. w.
Allein es ist nicht anzunehmen, dafs dieser an sich schon grofse
Gau im Regensburger Sprengel ein Untergau des ohnedem schon
übergrolsen Sundergaues im Freysinger Sprengel gewesen seyn
sollte. Er enthält nach der Diöcesan -Eintheilung die beyden
Kapitel Frontenhaufsen und Dingolfing, und folgende Comitate
oder Untergauen:
i a) Quiringau; Bessel war der Sache schon sehr auf der
Spur, indem er Quiringau mit Viehbachgau für einen
hielt; er verlor sie aber wieder, indem er zu gleicher Zeit
Viehbachgau mit Vilsgau verwechselt, so wie die, welche
im Quiringau den Kinzinggau zu finden glaubten. Die
20 von
von Bessel angeführte Grenze der Marl Schönau aus ei-
ner Arnulfischen Urkunde von 890: de Muribach (Mara-
bach bey Trinbach), nach Marachleo (Marklkofen), nach
Reispach, ad caput Theanbach (Ursprung des Thembachs)
.an die Rot, ex Rota ad Horgingpach, dann ad Golda-
rum (Goldern?) nach Smalagasceit bis Grassa Maresaho
-(Marschalling?) und endlich ad Evicem läfst, obgleich noch
grolse Schwierigkeiten in Entzifferung sämmtlicher Namen,
und dem zu schliefsenden Zirkel, doch keinen Zweifel
übrig, von welcher Gegend überhaupt die Rede seyn kön-
ne. Eine ‚Bambergische Urkunde von ıo1ı (die Kanzley
Heinrichs I. scheint überhaupt mit den Gaubestimmungen
‚etwas flüchtig gewesen zu seyn) nennt diese und mehrere
andere Orte als im Isinincgowa in Comitatu Geroldi gele-
gen, die sonst ganz bestimmt zum Quiringau gezählt sind;
wie z. B. Dingolfing selbst, Goldern; es kann auch nicht
wohl später der Viehbachgau dem Isengau als einem Pa-
gus major einverleibt worden seyn, weil dies ganz die bey-
den Diöcesan-Grenzen von Regensburg und Salzburg ver-
mischt haben würde. Sehr wohl möglich hat die Kanzley
statt Quiringigowa in der Eile Isinincgowa gelesen und
geschrieben. Der Isengau hat sich sonst bekanntlich nie-
“mals bis nach Dingolfing erstreckt. Man gibt demnach
diesem Quiringau die Grenze des Kapitels Frontenhaufsen,
von Frontenhaufsen an der Vils hinab bis an die Grenze
des Vilsgaues, und westlich an Nied, Trienbach, Seemanns-
haufsen, Gangkofen, Wolfeck, Märsing an die Grenze des
Isengau. Es ist dieses die eigentliche Grafschaft Fronten-
haufsen. — Zierngiebl führt eine Grafschaft Lingau
unter einem Grafen Berthold bey Eggenfelden an. Es ist
dies aber wohl vielmehr der Lungau im Salzburgischen,
wo a. 1003 ein Graf Berthold regierte. Eine Bambergi-
sche Urkunde von 1o1I nennt einen Pagus Spehtreino (im
Bam-
155
Bamberger Archiv zuerst entdeckt), vermuthlich von Ober-
spechtrain bei Teispach, mit den Orten Luzilun (Lüzelkir-
chen), Satalarun (Satlern), Haselbach (Haselbach), Chirichun
Leiberskirchen?), Geigingun, Pah, Phistarheim, Punaha,
Tuntanispah, Zigiruiti, Chiristeti, in Comitatu Udalrici,
augenscheinlich also entweder gleichbedeutend mit dem Qui-
ringau, oder ein späterer Name oder noch eine weitere Un-
terabtheilung desselben ;
b) der Comitatus Teisbach bey Dingolfing. Dingolfing selbst
war eine Villa regia;
ec) die Feldauer Mark, bey Vils-Biburg (s. Nagel Origi-
nes Boicae) oder die nachherige Grafschaft Vils-Biburg.
Gaugrafen waren die berühmten Grafen von Frontenhaufsen, die
sich in diesem Gau die Grafschaft Frontenhaufsen (Kapitel Fron-
tenhaufsen) und die Grafschaft Teisbach (Kapitel Dingolfing) aus-
schlüfslich der Stadt und den Besitzungen der Grafen von Vilsbiburg,
erworben und welche auch Gaugrafen im Isengau waren, wo sie die
Grafschaft Megling hesalsen. In einem grofsen Theil folgte ihnen
theils die verwandte Familie Ortenburg, theils aus besondern Er-
werbtiteln das Hochstift Regensburg. In der Arnulfischen Urkun-
de von 390 kommt vor Hunolfus Comes.
50) Die Halberthau (Abenstgau) bezeichnet Bessel als Hallerthau
an der Abenst, wo fer Name Hallerthau (Halberthau) noch be-
kannt seyn soll, und auf der Finkischen Charte von Freyfsing
beym Ursprung der Abenst anfangend bezeichnet wird. Da nun
um die Abenst die grolsen Besitzungen der Grafen von Abens-
berg, von Altrain, von Rotenburg, alle verwandt unter sich, zu-
sammentreffen, so bietet sich dieser Name der Halberthau, dem
man allenfalls auch den desHabenstgau, Abenstgaues, substituiren
kann, gelegen dar, um einen Distrikt zu bezeichnen, der sich al-
lerdings als ein eigener Gau der Vorzeit anltündet. Aventin
230.” L
156
L. IV. p. 431 nennt ihn Pagum ScHirorum; und der von Falken-
stein, Geschichte des Herzogthums Baiern III. 40. gebrauchte Aus-
druck Raningau könnte auch für diesen Distrikt gebraucht. wer-
den. ‘Man gibt ihm zum Umfang das KapitelKelheim, jenseits der
Donau, ferner die Kapitel Geifsenfeld, Mainburg, Rotenburg und
Altheim. Seine Grenze ist nördlich von Irsching bis an Regens-
burg hin, die Donau, westlich der obere Donaugau, östlich
von Regensburg herauf an folgenden im Gau selbst verbleibenden
Orten: Bending, Abbach, Weichenlohe, Lukepoint, Lankwaid,
Labersberg, Hegelsdorf, Haselbach, Wolfersdorf, au der kleinen
Laber fort bis Pfeffenhaufsen, und dann an der Landshuter Stralse
fort nach Neuhaufsen, WVeihmichel, Arth, Altheim. Die Gaugra-
fen in diesem Gau waren die Grafen von Abensberg, nach ihren
verschiedenen Linien, desselben Stammes mit den Scheyerischen
Gaugrafen im Oberdonaugau, und neben ihnen safsen in dynasti-
seher Eigenschaft
a) die Grafen von Vohburg im Kapitel Geifsenfeld, welches
die Orte Ainau, Engelbrechtsmünster, Ernsgaden, Eschl-
bach, Gebrontshaußen, Geifsenfeld, Geilsenhaulsen, Gerolts-
haulsen, Gosseltshaufsen, Irsching, Königsfeld, Lauterbach,
Münchsmünster, Niederbinhard, Niedergeroldshaulsen, Ober-
empfenbach, Rotenek, Vohburg, Walkersbach, Wolnzach
- begreift.
b) Die Grafen von Rotenburg, im Kapitel Rotenburg und
Altheim.
Sollte dieser Halberthau oder Abenstgau nicht zugegeben
werden wollen; so bliebe nichts übrig, als ihn noch dem fol-
gendenden untern Donaugau beyzufügen, wo aber die Ver-
mischung mit den dortigen vielen andern fremdartigen Grafen-
geschlechtern keine gröfsere Einfachheit herstellt, oder wie
oben schon beym Kelsgau bemerkt worden, diesen ganzen Gau
noch zum Subpagus Kelsgau zu schlagen, welches aber die
Schwie-
51)
nn 1 57
Schwierigkeit erzeugt, den Nordgau noch diesseits der Donau
bis an die Laber zu erstrecken, es sey denn, dafs man zwey Kels-
gaue annimmt, einen Subpagus Kelsgau im Nordgau, jenseits der
Donau bey Riedenburg, und einen andern selbstständigen Pa-
gus Helsgau diesseits der Donau, hier Abenstgau genannt,
welches dann wieder die alten gezeichneten Grenzen herstellt.
Unterer Donaugau hat nach dieser Entwicklung folgende
Grenzen: nördlich von Regensburg und Stadt am Hof an der
Donau fort bis zum Einfluls der Iser, an der Iser südhieh hin-
auf gegen Landshut bis Altheim, westlich die Grenze von Hal-
lerthau. Es kommen darinn vor folgende besondere Comitate:
a) Haidau, unmittelbar um Regensburg, und im Kapitel Re-
gensburg. Die Grafen dieses Comitats, die auch Praefecti
der Stadt Regensburg selbst hiefsen, nennt Zierngiebl:-
Babo, Praefectus Urbis, ums Jahr 842 —852. Die frühern
Namen Audulf, Hatto, Ratpot sind zur Zeit noch sehr idea-
lische Schöpfungen. Vom Jahr 871 kommt vor .ein Alprath
(Albrecht), Babo 983 (Ekkolvinga in page Tunagewe in co-
‚mitatu Babonis) Rupert a. 998, ein Abkömmling .des Babo.
Heinrich a. 1027 und Babo 1040, beyde Enkel von Rupert.
Heinrich a. 1057, 1060 Sohn des vorigen Heinrichs.
2) Mallerstorff, nachher Kirchberg; dessen Grafen sich
auch von einzelnen Schlössern zu Schierling, Eiting, Hof-
fedorf, Winkelsaas nannten, im Umfang der Kapitel Geilsel-
höring und Schierling; begreift den gröfsern südlichern Theil
des untern Donaugaues zwischen der Donau und Haidau
und östlich der Linie von Mosheim, Langenerling, Geifsel-
höring, Leibelfing, Dunzenberg, Ottering,. Zu diesem Ge-
schlecht rechnet man die Grafen Walto, und Engelbert
852, weil jener an der Laber, dieser bey Senkofen ansäs-
sig gewesen seyn soll; ferner den Comes Salocho, zu
Schierling, Lindhart, Rocking bey Eckmühl und um die
La-
158
€
nn
Laber, ferner einen Rupert bey Geilselhöring, Siffkofen,
Salach, einen Kunibert a. 890 um Wolfersdorf und Schier-
ling.
Die Grafschaft an der Aitrach, der östliche Distrikt des
Donaugaues von Pfeter, Straubing, Plattling, Pilsting, nebst
Straubing die Kapitel Atting und Pilsting begreifend. Die
Geschichte dieser Grafschaft, die hier eigentlich zum er-
stenmal angedeutet ist, bedarf noch eines grofsen Lichtes.
Kunibert I. a. 814. Kunibert II. a. 859 hatten Güter an
der Aitrach, bis zu ihrem Einflüfs in die Donau. Ein
Enngildeo (Engelschall), der zugleich Oestreichischer oder
Pannonischer Marchio war, und dessen Grafschaft bis an
die Aitrach ging, vomJahr 879 bis 895 vorkommend, wur-
de entsetzt, und wegen Entführung einer Tochter König
Arnulfs durch seinen Neffen Wilhelm,.geblendet. Neben
ihm erscheint 886 um Mundelfing zwischen der Iser und
Aitrach ein Rumolt und nach ihm Babo in der Gegend
um Straubing bis zum Jahr 904, und in der Gegend von
Alburg, Aiterhofen Eberhard a. 916, ein Markgraf Luipold
983 und ı021 ein Adalbero. Es möchte also doch wohl
die Oestreichische Markgrafenfamilie bis hier aufsen ein be-
sonderes Patrimonium, dessen Hauptsitz Plattling war, be-
sessen haben, das durch einen uns zur Zeit noch unbe-
kannten Titel an die Herzoge von Baiern, oder durch sie
an die Wittelsbachische Familie zurückgefallen, aus wel-
chen Spuren ehehin Gemeiner das Herzogthum Oestreich
selbst bis nach Straubing herauf hat rücken wollen (s.
Westenrieders Beyträge IH. S. 23). Welches von den drey
Grafengeschlechtern die Gaugrafen\Vürde über den gan-
zen Gau behauptet, ist im Augenblick nicht wohl zu be-
stimmen ; für die Haidau spricht der Sitz bey der Resi-
denz Regensburg, welches aber für sich allein schon ein
se-
a 159
separirtes Amt bildete, für die Kirchberge der Umfang
ihrer Besitzungen,
g) Freysinger Sprengel.
s. Episcopatus Frisingensis Chorographica descriptie, von
Finck.
52) Erdinggau, Hartingau; nach Bessel zwischen den Flüssen
Semt und Dorfen (Dorsen) eigentlich zwischen der Isen und
dem noch etwas über der Semt parallell laufenden Flüfschen
Dorsen. Grenzen, östlich von der Landshuter Stralse bis
Lappach der Viehbachgau und Isengau, südwestlich zur Iser
hinab folgende im Gau liegende Orte: Lappach, Hörlkofen,
Wifling, Aufhaufsen, Alten-Erding, Nozing, Schwaig, Eiding,
und dann bis Landshut hin die Iser, mit Ausnahme von Volk-
anansdorf; begrief hiernach die Kapitel Landshut, Dorffen, Er-
ding. Pliening, Neuching, Vöring u. s. w. fällt also aufserhalb
‚dem Gau, da Zierngiebls Angaben hiervon ohnedem nur auf Ar-
gumentationen aus der Rangfolge der Gaugrafen beruhen. Der
zwischen der Iser und Strogen liegende Theil, oder das eigent-
liche Kapitel Erding führte noch den besondern Namen We-
stergau, den Bessel mit dem Nordgauischen Untergau We-
stermann bey Velburg verwechselt. Es kommt darinn unterm
Jahr gıı ein Graf Suitger vor. Gaugrafen waren die a. 1045
ausgestorbene Grafen von Semt und Ebersberg, Agnaten der
Grafen vonMosburg. Aus zum Theil sehr zweifelbaften Schlüs-
sen glaubt Zierngiebl als älteste Gaugrafen zu finden: a. 806
Kotram, 816 Ellambert, 870 Meginhard; dann als Grafen von
Ebersberg Sighart } 906. Ratold seinen Sohn, Herzog von Kärn-
then + 919. Eberhard, Ratolds Sohn, Stifter der Kirche zu
Ebersberg, a. 929. } 994. Adalbero, Eberhards Bruder, + 994.
Ebersberg selbst kann nicht wohl zum Erdinggau gezogen wer-
den. Landshut als Stadt ist jünger als die Gauverfassung.
Viel-
160
53)
Vielleicht war dort eine Herzogliche Curtis oder Domäne (Ludo-
vicus Dux Bavariae castrum et opidum in Landshut construere coe-
pit a. 1204 s. Steindelii Chronicon.)
Eisengau, Huosigau, Usengau, Ugesgau, an der Ammer
und Glone, wo noch izt das ehemalige Kloster Usenhofen , jetzt
Eisenhofen, vorher Glaneck, Eisenholzried u. s. w. , so dafs der
Husen oder Usengau unserer Mundart nach Eisengau muls ausge-
sprochen werden, wodurch er sich auch von dem Haufsengau bey
Weilheim von selbst unterscheidet. Grenzen, nördlich, der
Abenstgau und obere Donaugau, östlich, der Erdinggau, süd-
lich die eingeschlossenen Grenzorte Dietersham, Grasselfing, Ol-
ching, Fürstenfeld, Biburg, Sunderburg, Wildenroth, westlich
das Baierische Lechfeld. Er begreift die Freysingischen Kapitel
Ambs, Dachau, Egenhofen, Freysing, Gundelkofen, Sittenbach,
und
a) denComitat Mosburg, im Kapitel Ambs und Gündelkofen ;
die Grafen von Mosburg gehörten zur Gaugräflichen Familie
des Erdinggau;
b) den Comitat Kranzberg und den Distrikt der Kirche von
Freysing, meist zwischen der Stralse von Schleifsheim bis
Wabach und dann den beyden Flüssen Amper und Iser gele-
gen. Die Grafen von Kranzberg gehörten zum Gräflich Hirsch-
bergischen Geschlecht;
c) Den Comitat von Da chau und Scheyern in den Kapiteln
Dachau, Egenhofen, und Sittenbach. Diese Grafen waren
“ zugleich Gaugrafen des ganzen Gaues und Schirmyögte von
Freysing. Der älteste Gaugraf, der g802—8ı5 in der Ge-
gend um Sulzemos vorkommt, ist Engelhard. Diesem fügt
Lori bey: Arnulf, Pfalzgrafen von Scheyern, 938 Arnulf II.
seinen Sohn, + 954. Babo, Arnulfs H. Sohn, } 985. Otto I.
Otto II. des vorigen Sohn f 1077, Otto III. Ernst, Bernhard,
Gebrüder zu Scheyern. Arnold zu Dachau, Otto IV.
Pfalz-
161
Pfalzgraf. Die Gegend an der Maisach bey Sulzemos
und Aufkirchen, oder ungefähr das Kapitel Egenhofen,
hiefs das Uperach, worina noch heut zu Tag ein Ort
Uecberacker ist.
54) Sondergaun.
Nachdem der grofse Nordgau verschwunden ist, so wird sich
“wohl auch die Luftgestalt des grolsen Sondersgaus, unter wel-
chem Namen Pfeffel alles Baiern auf der rechten Donauseite hat
darstellen wollen, vor dem näher betrachtenden Aug verlieren.
Der Chiemgau, der Rotgau, der Vilsgau, der Isengau, der Qui-
ringau, der Eisengau,; der Haufsengau, der Ammergau, sollen
blofse Untergauen des Sondergau gewesen seyn. Die Beweise
hierüber fehlen, vielmehr zeigen ausdrückliche Urkunden, wel-
che jener Gauen mit ihren Grafenfamilien als selbstständig er-
wähnen, die Natur der Sache, die Uebereinstimmung aller die-
ser Gauen mit den verschiedenen bischöflichen Sprengeln gera-
de vom Gegentheil, und‘ wenn ja noch eine ächte Aussage
aufgebracht werden könnte, welche Orte Eines dieser Gauen zu-
gleich als Sondergauisch bezeichnete, so könnte Sondergau als-
dann nicht mehr in dem Begriff eines politisch organisirten
Gaues, sondern eines geographischen Landesstrichs angenommen
werden. Die meisten bisherigen scheinbaren Angaben aus Bes-
sel u. s. w. werden sich verlieren, wenn man die nur abgeris-
senen Beweisstellen in ihrem Zusammenhang aufsucht, die Aecht-
heit der Urkunden und die Richtigkeit der Namendeutung näher
erwägt. Z. B. Benedicetbeuern soll nach Bessel im Sondergau liegen,
welches wir oben zum Haufsengau, Augsburger Sprengels gerechnet.
Sucht man die Beweisstelle bey Hund und Meichelbeck auf, so heilsts
in einer Urkunde Heinrichs1V. von 1065 Biubin in Pago Sondergo-
we. Dieses Biubin soll nun Beuern, und weiter Benediktbeuern
heifsen. Nun besagt aber ein Schenkungsbrief von Benedict-
beuern vom Jahr 955 (Meichelbeck Chronicon Benedictoburanum
21 P-
ı62
p- 29.) ausdrüchlich: ad Ecclesiam $. Benedicti, quae est sita
in Pago Housi, in Comitatu Gaminolfi, in loco nunc Bura;
ferner eineUrkunde Heinrichs II., von 1048 (Meichelbeck p. 40)
Monasterium Buron, situm in Comitatu. Oudaschalchi Gomitis, in
pago vero Huoson. Derselbe Heinrich IV. in einer Urkunde von
1078 (p. 78) wiederholt den Satz, dafs Buron in Pago Sonder-
gaue liege, mit keinem Wort mehr, und alle folgenden Urkunden
schweigen davon. Die Urkunde selbst ist also unächt gewesen,
oder es hat sich in der Kanzley eine falsche Bezeichnung des Gaues
eingeschlichen. Ferner soll nach Zierngiebl zum Sondergau ge-
hören Affalterbach im Gericht Pfaffenhofen (nach unserer Ausfüh-
rung im Oberdonaugau). Zum Beweis wird angeführt eine Urkunde
bey Meichelbeckhist.Fris. T.I. 54. und diese nennt den Sondergau mit
keinem Wort, überhaupt gar keinen Gau. Ferner sollen im Son-
dergau liegen Arnschwant, Aiterbach, im Pfleggericht Mosburg,
Beweis Meichelbeck hist. Fris. Tom. II. (soll ParsII. Tom. I. heilsen)
num. 49. 71, woselbst man aber nur die Orte, keineswegs aber
die Angabe findet, dafs sie im Sondergau liegen sollen. Altomün-
ster soll im Sondergau liegen, den Beweis findet man wieder nicht
beymallegirtenHund, wohl aber, dalsesin confinio Bavariae
et Alemanniae sey, welches zutrifft, wenn man erwägt, dafs
. die alten Cleriker Alemannien mit Augsburger Diöces oftmals gleich-
bedeutend genommen, Altomünster aber, im Eisengau, Freysin-
ger Sprengels (in Bavaria) an den obern Donaugau, Augsburger
Sprengels, in Alemannia, grenzt. — In ähnlicher Art erledigen
sich alle übrigen entgegenstehenden Allegate. Es bleiben aber für
den Sondergau nur noch die Kapitel Hochenbrunn, Mosach, Mün-
chen, Obervöhring, Wasserburg, Wolfratshaulsen, Aibling und
Miesbach über; man ist jedoch geneigt, selbst aus diesen zweyerley
Gauen auszuscheiden, einen Sondergau, und einen durch Na-
mensähnlichkeit verwechselten Sunl- oder Südgau. Für den
Sondergau hält man den Landesstrich der Kapitel Mosach , Ho-
chenbrunn, München, Oberyöhring und Wasserburg. Das Wort
i Son-
163
Sonder scheint bezeichnet zu haben, dafs der Gau keine eigene
Gaugrafen hatte, sondern dalser als ein Sondergau der Herzo-
ge betrachtet wurde. Spuren dieses Namens sind noch in der Sun-
derburg, an der Grenze des Gaus bey Wildenroth, in Sonder-
haulsen, Landgerichts Schwaben u.s. w. Grenzen sind: nörd-
lich von Erching an bis unterhalb dem Würmsee der Eisengau,
östlich der Isengau, und Chiemgau, südlich die Linie folgender
eingeschlossener Orte: Leutstetsen, Puelach, Grünewald, Laufl-
zorn, Faisthar, Grefling, Arget, Dürrenhar, Glon, Beurn, Schönau,
Holzen, Feldkirch. Es lag darinn
a) ein separater an die Grafschaft Wolfratshaufsen stofsender
Andechser Comitat, der bis an die Mauern der Stadt Mün-
chen ging, und von Pühlach bis Garching dem linken Isar-
Ufer als Grenze folgte. Beweise dieses Comitats hat v. Kren-
ner (über die Siegel der Münchner Bürger S. 92) aus einer ganz
neuen Urkunde von 1150 und einer andern von 1189 gege-
ben. Die S.9ı aus den M. B. Ferner allegirte Urkunde von
. 1153 betrifft aber den Ort Haufsen im Weilheimer Gericht,
im Haufsengau und die Villa Egresingen, wo Graf Bertold
Gericht gehalten, ist wohl nicht Ernsing im Gericht Schro-
benhaufsen, sondern Eberfingen im Gericht Weilheim, wo
auch die meisten Zeugen, von Uilelndorf (Iffeldorf), Weil-
heim, Seefeld, Andechs, Haufsen, unwidersprechlich zu su-
chen sind;
b) Comitat Wasserburg, Kapitel Wasserburg bis jenseits
Haag, Ramsau, und Berg, der an die Grafschaft Kling im
Chiemgau, der nemlichen Familie Plain gehörig, anstiels;
ec) der Gomitat Ebersberg, mit dem Kapitel Mosach, und
dem westlichen Theil des Kapitels Wasserburg, den anstofsen-
den Grafen von Semt im Ardinggau gehörig.
ei Alles
164
Alles übrige war Sondergut der Herzoge, in welchem sich erst
nacher (1319 durch Ludwigs Privil.) noch ein Gomitat Ismaning
der Freyfsinger Kirche über Obervöhring, Untervöhring, Engel-
schalling, Tagolfing, Ismaning, bildete. Dieses Sondergut erhiel-
ten dann auch hauptsächlich die Herzoge aus dem Hause Wittels-
bach zu ihrer neuen Dotation. — Wenn daher aufser der Her-
zoglich Welfischen und Wittelsbachischen Familie von andern
Grafen und Dynasten im Sondergau die Rede ist, so sind solche
entweder Wasserburge, oder Ebersberge. Zierngiebls Weise aus
dem zuerst genannten Grafen in einer Urkunde immer auf den
functionirenden Gaugrafen zu schliefsen, ist, wie aus einer Menge
‚Beyspiele bey Neugart erhellt, noch gar zu ungewils, denn wie
oft gehen denn wirklichen Gaugrafen einige ältere, oder vorneh-
mere, z. B. der Missus, oder derjenige, der die Kirche zu vertre-
ten hat, u. s. w. vor. Es scheinen aber unter denen als Grafen
des Sondergaus angeführten Personen folgende:
b) Ebersberge oder Mosburge:
A. 788 Alprat, functionirt in der Gegend von Nerting, also
ein Graf von Mosburg im Eisengau. 802 Nidhard auf dem
Plazitum zu Ergolding, im Abenstgau, vielleicht ein Graf von
Rotenburg, 816 Mezzi ein Nachfolger des Alprats, functio-
nirt um Sinzhaulsen, Hergertshaufsen, Pettenbach ‚ Adels-
haufsen, 828 Anzo, am rechten Iser Ufer zwischen Mos-
burg und Landshut, also im Erdinggau. 821 Erchanfrid,
wohl derselbe mit dem Ellambert im Erdinggau. 876 Sieg-
hard von Sempt. ı02ı Graf Walter zu Finsing, ein Ebers-
berg? —
b) Wasserburge. i
1021 Graf Poppo zu Rot, 1040 Pfalzgraf Kuno (oder ein
Megling): 1070 Graf Engelbert. ı102 Graf Dietrich.
c)
un 165
c) Frontenhaufsen, in Isengau gehörig. 796 Kunihart.
806 Orendil I. 824. Orendil II. Vielleicht gehören auch
hieher 808: Kiselhard, Orendil. Kiselhards Vorfahrer, Fri-
doard, Kiselhards Nachfolger. Jezo. (kommen in der Gegend
von Aicha und Schrobenhaufsen vor).
d) Kranzberge, im Eisengau.“ 808 Chadaloch. 810 Ri-
cherus. 843 Ratold. 860 Kepolf.
2) Noch ganz dunkle Familien.
802 Richeri, vielleicht. 907 Heribert, erscheint auf dem
Placitum zu Vöhring. 829 Chumbert, Arnold, Meginward
(vielleicht Ebersberge?) — 871 Godaschalk. 904 Abra-
ham um Neuching. 950 Piligrin. 959 Radolf.
55) Südgau, Sundgau.
Als solchen nimmt man an den von den Kapiteln Wolfratshau-
sen, Aibling und Miesbach begriffenen Distrikt, die zum Ober-
Innthal gehörige Stadt Rosenheim ausgenommen. Grenzen:
nördlich vom Inn bis zum Würmsee der Sondergau; westlich
von Straslach bis zur Jachenau und Iser der Hausengau, öst-
lich der Inn bis Rattenberg; südlich Steinberg, zwischen Achen-
thal und Achensee hindurch an die Rifs und die Iser. Es
scheint, dafs dieser Südgau oder Sundgau (vom altdeutschen
Wort Sund, d.i. ein sich südlich ziehendes Bergthal) *) mit
dem benachbarten ähnlich klingenden Sondergau vermischt wor-
den, da er jedoch sonst ganz eigene Grafen und selbstständige
Grafschaften hatte, und zwar:
a) Den Comitat Falley, ungefähr durch die Linie von Prut-
ting,
*) 1344 verkauft Rud. v. Waldeck seine Leut und Gut in der Sundermark im
. Rosenheimer Gericht, und zwar das Gut Ober-Sunder und Nieder-Sunder,
166
)
s)
ting, Pfaffenhofen, Maxlrain, Högling, Hohenkirchen, Fal-
ley, Thannhaufsen, von dem südlichern Theil des Gaues abge-
schnitten,
Den Comitat Wolfratshausen, Kapitel Wolfratshaulsen,
der westnördliche Theil des Gaus, zwischen Würmsee und
Grafschaft Falley, herauf bis zum inbegriffenen Tölz; eine
dynastische Besitzung der Andechsischen Grafen des an-
stofsenden Haulsengaus.
Den Comitat Falkenstein, im Kapitel Aibling, was nicht
davon zu Failey gehörig war, und dem Kapitel Miesbach,
oder den grölsern südlichen Theil des Gaus, in welchem die
Grafen von Neuburg und Falkenstein, auch Weyern ge-
nannt, die eigentlichen Gaugrafen des ganzen Gaues, an-
gesessen waren.
Aus der Vermengung der vielenGrafen, die man alle zum Son-
dergau hat rechnen wollen, mögen wohl zum Südgau besonders
folgende gehören:
a) Falleye.
b)
ı102 Bernard von Grube. Otto von Grube stiftet Bern-
ried. Conrad von Grube nahm seinen Sitz zu Falley.
Andechse,
sind schon aus dem, angrenzenden Haufsengau bekannt.
816 —849 Odeschalk in der Gegend von Wolfratshaufsen -
und Scheftlarnı. 826 Heriland eben daselbst. Im Jahr
1003 wurde ein Forst in der Grafschaft Friedrichs, bey
Häching, zwischen der Iser und Loisach, bis Hechenberg,
nach Hippenberg, Kümsdorf, Karpfsee, Weierbach, bis _
Wolfratshaufsen, dem Grafen Adalbero im Haufsengau ver-
lieben.
c)
a ... Ti 167
7
c) Falkenstein.
804 Pipin (vielleicht Piligrin) functionirt bey Aibling und
an der Mangfalt. Droant, bey Tegernsee, :Auerdorf. Deut-
munt sein Sohn. Piligrin bey Warngau. 1048 Udeschalk
bey Tegernsee. 1070 Beringer zu Aibling. 1075 Sigemar
bey Tegernsee, Siegbot v. Weyern ı102.
56) Ammergau.
Nach Bessel an der Ammer, von der Tirolischen Grenze bis
an Staffelsee (Staffelsee bleibt aufserhalb der Grenze im
Haufsengau.) Begreift das Archidiakonat Raitenbuch. Schon-
gau gehörte nicht zu demselben, sondern war ein eigener Gau,
wohl aber das sogenannte Bittageu, Peutengau. Grenzen:
nördlich der Lechrain und das aulserhalb verbleibende Klo-
ster Wessobrunn; westlich Schongau, östlich Haufsengau; süd-
lich Germischgau, Schlosberg, Ober-Seefeld, Scharniz, Mitte-
wald, und sodann die Iser fort bis zum Einflufs der Jachenau:
Der Gau gehörte der Welfischen Familie. _ Graf Eticho stifte-
te das Kloster Ammergau. Herzog Welf überliefs a. 1167 dem
Kloster Hemten mehrere Güter in Villa Ammergau, also
nicht sowohl im Gau, als im Ort Ammergau. A. 1295 verkauf-
te das Stift Kemten Besitzungen im sämmtlichen Ammergau
an das Kloster Raitenbuch. Die Gauherrlichkeit selbst war
früher schon durch Konradin von Hohenstaufen an Baiern ge-
kommen. Walgau war kein besonderer Untergau, wie Appell
will, der die Freysingische Herrschaft Werdenfels begriffen
hätte, sondern nur einDorf, und noch dazu ödes Dorf, pagus de-
sertus, welches dem Hloster Scaranzia (Scharniz) geschenkt wurde.
Mit einer sämmtlich beschriebene Gauen darstellenden illuminirten
Charte; die einfassende himmelblaue Linie bezeichnet die Grenzen
desReichs, von den übrigen Umgebungen aber, Carmoisin das Bilsthum
Chur, Zinnober Augsburg, Indigoblau das alte Bifsthum Neuburg,
Violet
168
Violet Eichstädt, Braun VVürzburg, Roth Bamberg, Schwefelgelb Regens-
burg, Orangegelb Passau, Stahlgrün Salzburg, Fleischfarb Freysing, Grau
Brixen. — Eine zweyte Charte mit ausgeführter Darstellung der aus die-
sen Gauen entstandenen und im Jahr ı180 vorhandenen Terrilorial-
Gebiete folgt im nächsten Band. —
2
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München, gedruckt bey Franz Seraph Storno.